BT-Drucksache 17/2961

zu dem Antrag der Abgeordneten Karin Binder, Caren Lay, Dr. Martina Bunge, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. -17/2120- Nährwert-Ampel bundesweit einführen

Vom 16. September 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/2961
17. Wahlperiode 16. 09. 2010

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
(10. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Karin Binder, Caren Lay, Dr. Martina Bunge,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 17/2120 –

Nährwert-Ampel bundesweit einführen

A. Problem

Unklare Angaben über die Zusammensetzung insbesondere von kalorienreichen
Fertiglebensmitteln und eine damit einhergehende oft irreführende Werbung der
Hersteller tragen nach Auffassung der Antragsteller zur Desinformation der Ver-
braucherinnen und Verbraucher bei. Das als Gegenmodell zum dreifarbigen
Ampelkennzeichnungssystem entwickelte GDA-System (Guideline Daily
Amount) wird als wenig aussagekräftig angesehen, weil es die Portionen will-
kürlich und häufig in sehr geringen Größen festlege. Fett-, Zucker- und Salzge-
halt könnten dadurch in täuschend geringen Mengen dargestellt werden.

B. Lösung

Der Antrag sieht vor, die „Nährwert-Ampel“ zur Kennzeichnung von Lebens-
mitteln bundesweit anstelle der „GDA-Kennzeichnung“ einzuführen und ein-
heitliche Vorgaben zur Darstellung auf Lebensmittelverpackungen zu entwi-
ckeln.

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimment-
haltung der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

C. Alternativen

Annahme des Antrags.

D. Kosten

Wurden nicht erörtert.

Drucksache 17/2961 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/2120 abzulehnen.

Berlin, den 7. Juli 2010

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Hans-Michael Goldmann
Vorsitzender

Carola Stauche
Berichterstatterin

Iris Gleicke
Berichterstatterin

Dr. Christel Happach-Kasan
Berichterstatterin

Karin Binder
Berichterstatterin

Ulrike Höfken
Berichterstatterin

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/2961

Bericht der Abgeordneten Carola Stauche, Iris Gleicke,
Dr. Christel Happach-Kasan, Karin Binder und Ulrike Höfken

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
17/2120 in seiner 49. Sitzung am 17. Juni 2010 zur Federfüh-
rung an den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz und zur Mitberatung an den Ausschuss
für Gesundheit überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Die Antragsteller weisen auf wissenschaftliche Unter-
suchungen hin, wonach die „Nährwert-Ampel“ am besten zu
einer richtigen Beurteilung von Produkten durch die Ver-
braucherinnen und Verbraucher beitrage. Unklare Angaben
bei kalorienreichen Fertiglebensmitteln und eine damit ein-
hergehende, oft irreführende Werbung der Hersteller führen
nach Auffassung der Antragsteller hingegen zur Desinfor-
mation der Verbraucherinnen und Verbraucher.

Von der Lebensmittelindustrie sei als Gegenmodell zum
dreifarbigen Ampelkennzeichnungssystem gezielt das wenig
aussagekräftige GDA-System (Guideline Daily Amount)
entwickelt worden, das eine Festlegung von Portionen will-
kürlich und häufig in sehr geringen Größen ermögliche. Fett-,
Zucker- und Salzgehalt könnten dadurch in täuschend gerin-
gen Mengen dargestellt werden.

Der Antrag sieht vor, die „Nährwert-Ampel“ zur Kennzeich-
nung von Lebensmitteln bundesweit anstelle der „GDA-
Kennzeichnung“ einzuführen und einheitliche Vorgaben zur
Darstellung auf Lebensmittelverpackungen zu entwickeln.
Die Angaben sollten sich einheitlich auf 100 Gramm oder
100 Milliliter beziehen und miteinander vergleichbar sein.
Mit Hilfe des Ampel-Modells könnten Verbraucherinnen
und Verbraucher die Nährwertzusammensetzung eines Le-
bensmittels auf den ersten Blick besser einschätzen.

Die Bundesregierung solle deshalb aufgefordert werden, ei-
ne umfassende Information über die Ampelkennzeichnung
zu gewährleisten und sich bei den Verhandlungen im Rat der
Europäischen Union über die Verordnung betreffend die In-
formation der Verbraucher über Lebensmittel für die EU-
weite Einführung einer verpflichtenden Ampelkennzeich-
nung einzusetzen.

III. Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses

Der Ausschuss für Gesundheit hat in seiner 15. Sitzung am
7. Juli 2010 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei
Stimmenthaltung der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN empfohlen, den Antrag auf Drucksache
17/2120 abzulehnen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz hat den Antrag in seiner 20. Sitzung am
7. Juli 2010 beraten. Er empfiehlt mit den Stimmen der

Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die
Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der
Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den An-
trag abzulehnen.

Die Fraktion der CDU/CSU führte aus, die Verbraucher
seien durchaus dazu in der Lage, sich über die Zusammen-
setzung von Lebensmitteln zu informieren. Den Verbrau-
chern sollte mehr zugetraut werden, als die einfache Ampel-
kennzeichnung zu lesen. Mit dieser Kennzeichnung könnten
ernährungsphysiologische Fragen, etwa in welcher Menge
und Zusammensetzung Lebensmittel dem Organismus zuzu-
führen seien, damit er je nach Alter, Geschlecht und Lebens-
bedingungen eine optimale Ernährung erhalte, nicht hin-
reichend erläutert werden. Gesunde Ernährung werde als ein
sehr komplexes Thema angesehen, das durch die vorgeschla-
gene Ampelkennzeichnung nicht angemessen dargestellt
werden könne. Die Ampelkennzeichnung differenziere zu
wenig und sei dadurch irreführend. Sie setze zudem falsche
Anreize, beispielsweise bleibe mangelnde Bewegung völlig
unberücksichtigt.

Die Fraktion der SPD erklärte, sie befürworte die Einfüh-
rung einer Ampelkennzeichnung, die sie keineswegs für ver-
wirrend halte. Das Kennzeichnungssystem beziehe sich auf
verarbeitete Produkte mit häufig großen Unterschieden beim
Nährwertgehalt, die für den Verbraucher nicht deutlich zu er-
kennen seien. Auf europäischer Ebene sei die Ampelkenn-
zeichnung leider verhindert worden. Die Kennzeichnung auf
den Lebensmittelprodukten habe in den letzten Jahren zwar
zugenommen, sie sei jedoch nach wie vor sehr verwirrend
und viel zu klein gedruckt. Inzwischen werde sogar der Ser-
vice angeboten, mit dem Handy den Strichcode von Lebens-
mitteln einzuscannen, um sich über die Inhaltsstoffe zu in-
formieren. Nach dem Scannen eines Lebensmittel-Barcodes
werde auf eine Internetdatenbank zugegriffen, die die genau-
en Inhaltsstoffe kenne und nach dem System der Ampel-
kennzeichnung darstelle. In Anbetracht dieser Möglichkei-
ten unterstütze die SPD-Fraktion grundsätzlich die Forde-
rung zur Einführung der Ampelkennzeichnung. Bei dem nun
vorliegenden Antrag werde man sich jedoch enthalten.

Die Fraktion der FDP legte dar, die Ampelkennzeichnung
berücksichtige nicht die individuellen Bedürfnisse von Ver-
brauchern, schließlich gebe es nicht nur Menschen mit Fett-
leibigkeit, sondern auch solche mit Magersucht oder mit
besonderen Erkrankungen, bei denen die Ampelkennzeich-
nung zu Fehlinformationen führen könne. Viele in der heu-
tigen Gesellschaft weit verbreitete Krankheiten seien auf
mangelnde Bewegung zurückzuführen. Mit der Ampel-
kennzeichnung werde auf den Umstand der mangelnden Be-
wegung jedoch überhaupt nicht eingegangen und dem Ver-
braucher suggeriert, er müsse lediglich auf die farbliche
Kennzeichnung der Lebensmittelprodukte achten, um sich
gesundheitsfördernd zu verhalten. Viel wichtiger sei jedoch
eine ausgeglichene und vielseitige Ernährung, verbunden
mit einer gesunden Lebensweise, zu der auch viel Bewegung
gehöre. Im Übrigen werde der Aussage in dem Antrag wi-
dersprochen, wonach es schwierig sei, sich über die Inhalte

Drucksache 17/2961 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

von Nahrungsmitteln zu informieren. Vor einigen Jahren ha-
be es noch lange nicht so umfangreiche Informationen auf
den Verpackungen von Lebensmittel gegeben wie heute.

Die Fraktion DIE LINKE. erläuterte, mit dem vorgelegten
Antrag werde die Bundesregierung aufgefordert, sich end-
lich für die Belange der Bevölkerung einzusetzen. Das EU-
Parlament habe sich zwar in seiner ersten Lesung gegen die
Ampelkennzeichnung ausgesprochen, für besondere Perso-
nengruppen jedoch eine zusätzliche Kennzeichnung in Er-
wägung gezogen. Für die Zwischenzeit bis zum Inkrafttreten
einer EU-Norm sollte auch auf nationaler Ebene eine Rege-
lung erarbeitet werden, die zusätzliche Informationen für be-
sondere Personengruppen biete. Außerdem könne davon
ausgegangen werden, dass sowohl die Kommission als auch
der Rat weitere Änderungswünsche einbringe. Die Bundes-
regierung sollte mögliche Änderungen unbedingt unterstüt-
zen. Bei dem Antrag gehe es vor allem um industriell weiter-
verarbeitete Lebensmittel, deren Zusammensetzung die
Menschen nach wie vor nicht eindeutig erkennen könnten.
Die bestehenden Möglichkeiten, sich über gesündere Ernäh-
rung zu informieren, seien völlig unzureichend. Im Interesse
der Verbraucher sollte endlich das einfache und nachvoll-
ziehbare System der Ampelkennzeichnung eingeführt wer-
den.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bezeichnete
das vorgesehene GDA-System als bürokratisch, unkontrol-
lierbar, verbraucherfeindlich und nicht zielführend. Stattdes-
sen sollte die einfachere Ampelkennzeichnung bevorzugt
werden. Aus diesem Grunde begrüße man den vorliegenden
Antrag, auch wenn es nach der Entscheidung des EU-Parla-
ments nicht mehr ohne Weiteres möglich sei, eine nationale
Regelung zu treffen. Der Antrag komme insofern etwas zu
spät und deshalb werde sich die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei der Abstimmung enthalten. In der Sache
selbst halte man jedoch die Ampelkennzeichnung für die
bessere Lösung, die keineswegs dazu führe, die Freiheit des
Verbrauchers einzuschränken. Stattdessen unterstütze diese
Kennzeichnung die freie Entscheidung, indem sie zur Orien-
tierung beitrage.

Berlin, den 7. Juli 2010

Carola Stauche
Berichterstatterin

Iris Gleicke
Berichterstatterin

Dr. Christel Happach-Kasan
Berichterstatterin

Karin Binder
Berichterstatterin

Ulrike Höfken
Berichterstatterin

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