BT-Drucksache 17/2931

Die Rolle der Hochschulen in der staatlich geförderten Rüstungs- und militärrelevanten Sicherheitsforschung

Vom 14. September 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/2931
17. Wahlperiode 14. 09. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Nicole Gohlke, Jan van Aken, Dr. Petra Sitte, Christine
Buchholz, Sevim Dag˘delen, Wolfgang Gehrcke, Annette Groth, Inge Höger, Andrej
Hunko, Dr. Lukrezia Jochimsen, Harald Koch, Niema Movassat, Kathrin Vogler und
der Fraktion DIE LINKE.

Die Rolle der Hochschulen in der staatlich geförderten Rüstungs- und
militärrelevanten Sicherheitsforschung

Gemäß der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion
DIE LINKE. „Das Bundesministerium der Verteidigung als Drittmittelgeber für
Hochschulen“ (Bundestagsdrucksache 16/2431) wurden von 1991 bis 2005 vom
Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) 105,6 Mio. Euro Drittmittel an
Hochschulen vergeben. An den Ausgaben für Drittmittel aller Ressorts in die-
sem Zeitraum von etwa 7,3 Mrd. Euro macht dies 1,4 Prozent aus.

In den folgenden Fragen geht es um militärrelevante Forschung. Darunter ver-
stehen die Fragesteller u. a. jene Forschung, die vom BMVg finanziert wurde.
Gemäß dem Stufenmodell des BMVg zu wehrtechnischer Forschung und Tech-
nologie wird zwischen „Forschung und Basistechnologie“, „Zukunftstechnolo-
gien“ und „Systemtechnologie der Analysephase“ unterschieden. Jede For-
schung oder Technologieentwicklung, die zu irgendeinem Zeitpunkt in einer
dieser Stufen Relevanz in Bezug auf Wehrtechnik, Wehrfähigkeit, Verteidi-
gungspolitik oder äußere Sicherheit erkennen ließ oder diesen Bereichen direkt
zugeordnet werden kann, gelte im Kontext dieser Kleinen Anfrage ebenfalls als
militärrelevant.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Forschungsaufträge hat das BMVg seit 2000 erteilt (bitte jeweils Pro-
jektname, aufgewendete finanzielle Mittel und beauftragte Institutionen an-
geben)?

2. Welche militärrelevanten Forschungsprojekte haben die übrigen Ressorts seit
2000 auf Antrag unterstützt oder als Auftragsforschung vergeben (bitte je-
weils Projektname, aufgewendete finanzielle Mittel, beauftragte Institutio-
nen angeben und, ob es sich um Auftrags- oder Antragsforschung handelte)?

3. Wie verteilten sich die Drittmittelzuwendungen des Bundes an deutsche
Hochschulen in den Jahren 2006 bis 2009 auf die Ressorts des Bundes (bitte

nach Jahren und Ressort aufschlüsseln)?

4. Wie verteilten sich die Drittmittelzuwendungen des BMVg in den Jahren
2006 bis 2009 auf die Fächergruppen

a) Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften,

b) Sprach- und Kulturwissenschaften,

Drucksache 17/2931 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

c) Agrarwissenschaften,

d) Humanmedizin,

e) Ingenieurwissenschaften,

f) Mathematik und Naturwissenschaften,

g) Sportwissenschaften?

5. Welche Hochschulen haben Drittmittelzuwendungen des BMVg seit 2000
erhalten (bitte jeweils Zweck und Umfang der Zuwendung, Forschungsein-
richtung und Fachbereich angeben)?

6. Fand eine Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und den in den Fragen 1
und 2 genannten Einrichtungen im genannten Zeitraum statt?

Falls ja,

a) welche Hochschulen haben mit welchen Institutionen zusammengear-
beitet,

b) welchen finanziellen, zeitlichen und personellen Umfang hatte diese Zu-
sammenarbeit,

c) welche Maßnahmen wurden an den beteiligten Hochschulen und For-
schungseinrichtungen ergriffen, um die Trennung zwischen ziviler und
militärischer Forschung sicherzustellen,

d) waren Studierende oder Doktorandinnen und Doktoranden dabei an mi-
litärrelevanter Forschung beteiligt?

7. Findet zurzeit eine Zusammenarbeit der wehrwissenschaftlichen Dienststel-
len des BMVg oder der vom BMVg grundfinanzierten Forschungseinrich-
tungen mit Hochschulen statt oder fand diese seit 2000 statt?

Falls ja,

a) welche Hochschulen arbeiten mit welchen Institutionen zusammen,

b) welchen finanziellen, zeitlichen und personellen Umfang hat diese Zu-
sammenarbeit,

c) welche Maßnahmen werden an den beteiligten Hochschulen und For-
schungseinrichtungen ergriffen, um die Trennung zwischen ziviler und
militärischer Forschung sicherzustellen,

d) sind Studierende oder Doktorandinnen und Doktoranden dabei an mili-
tärrelevanter Forschung beteiligt?

8. An welchen Hochschulen im Bundesgebiet existieren Zivilklauseln, d. h.
Vorschriften, die eine Beschränkung der Forschung auf friedliche Zwecke
vorsehen?

9. Welche Bereiche ziviler Grundlagenforschung besitzen nach Einschätzung
der Bundesregierung besondere Relevanz für wehrtechnische Anwendun-
gen, und welche davon will die Bundesregierung zukünftig in diesem Sinne
durch Forschungsförderung des Bundes nutzen?

10. Welche Forschungsbereiche plant das BMVg darüber hinaus durch eigene
Forschung oder Auftragsforschung in der Zukunft zu unterstützen?

11. In welchem Maße wird die Forschungskapazität der Hochschulen bei den
genannten Forschungsplänen eingeplant?

12. Findet bei den genannten Forschungsplänen ein regelmäßiger Austausch
mit den Hochschulen statt?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/2931

13. Gibt es eine Zusammenarbeit zwischen dem Sonderforschungsbereich 700
(SFB 700: „Governance in Räumen begrenzter Staatlichkeit: Neue Formen
des Regierens?“) der Deutschen Forschungsgemeinschaft e.V. (DFG) und
der Bundesregierung?

Falls ja,

a) wie viele Drittmittel aus dem Bundeshaushalt sind dem SFB 700 zuge-
kommen,

b) welche weitere Unterstützung erhielt der SFB 700 seitens der Bundes-
regierung?

14. Beziehen das BMVg oder sonstige militärische Institutionen wie Verteidi-
gungsministerien anderer Länder, Militärbündnisse (z. B. NATO), interna-
tionale Interventionsmissionen etc. die Forschungsergebnisse des SFB 700
in die Planung und Fortführung von Auslandseinsätzen ein oder ist dies ge-
plant?

Falls ja, findet dazu eine direkte Zusammenarbeit mit dem SFB 700 statt
oder ist eine solche geplant?

15. Erhält der SFB 700 Unterstützung von sonstigen militärischen Institutionen
wie die in Frage 14 genannten?

Falls ja,

a) wie viele Drittmittel erhält er aus diesen Quellen (bitte nach Drittmittel-
gebern aufschlüsseln),

b) welche weitere Unterstützung erhält er von dieser Seite?

16. Wird nach Ansicht der Bundesregierung im DFG-Sonderforschungsbe-
reich 28 „Kognitive Automobile“, der u. a. am Karlsruher Institut für Tech-
nologie (KIT) – Campus Nord, der Universität der Bundeswehr München,
Neubiberg sowie dem Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und
Bildauswertung (IOSB) (hierin wurde das ehemalige BMVg-finanzierte
FGAN-Institut für Optronik und Mustererkennung eingegliedert – FGAN,
Forschungsgesellschaft für Angewandte Naturwissenschaften) eingerichtet
ist, militärrelevante Forschung betrieben?

a) Falls ja, wie verträgt sich das nach Ansicht der Bundesregierung mit der
am Campus Nord des KIT bestehenden Zivilklausel?

b) Falls nein, wie soll nach Ansicht der Bundesregierung sichergestellt
werden, dass die im Sonderforschungsbereich 28 erarbeiteten Erkennt-
nisse keiner militärischen Forschung zugute kommen, obwohl zwei der
Projektleiter (Dr. Hans-Joachim Wünsche, Universität der Bundeswehr
München, Neubiberg, und Prof. Dr. Jürgen Beyerer vom IOSB) in andere
militärrelevante Projekte im gleichen Themenbereich eingebunden sind?

c) Wie können vor diesem Hintergrund nach Ansicht der Bundesregierung
Kriterien für die Unterscheidung zwischen Forschung zu ausschließlich
zivilen Zwecken und Forschung, die militärrelevant ist, formuliert wer-
den?

Berlin, den 13. September 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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