BT-Drucksache 17/26

Polizei- und Zolleinsätze im Ausland (Stand drittes Quartal 2009)

Vom 12. November 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 17/26
17. Wahlperiode 12. 11. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Jan van Aken, Sevim Dag˘delen,
Wolfgang Gehrcke, Annette Groth, Heike Hänsel, Inge Höger, Harald Koch,
Niema Movassat, Wolfgang Neskovic, Petra Pau, Paul Schäfer (Köln),
Frank Tempel, Alexander Ulrich und der Fraktion DIE LINKE.

Polizei- und Zolleinsätze im Ausland (Stand drittes Quartal 2009)

Auslandseinsätze von Polizeibeamtinnen und -beamten entwickeln sich immer
mehr zu einem Mittel deutscher und EU-Außenpolitik. Die Militärdoktrin der
Europäischen Union, die sogenannte Europäische Sicherheitsstrategie, sieht
ausdrücklich den kombinierten Einsatz militärischer und ziviler (d. h. auch
polizeilicher) Mittel vor, um „einen besonderen Mehrwert“ zu erzielen. Diese
Entwicklung ist aus mehreren Gründen besorgniserregend.

So leistet sie der Vermischung von polizeilichen und militärischen Zuständig-
keiten Vorschub. Die Grenzen zwischen Polizei und Militär drohen zu ver-
schwimmen. Das gilt umso mehr, als gerade bei Einsätzen in Kriegs- und
Krisengebieten Polizisten immer wieder in lebensbedrohliche Situationen kom-
men. Diese dienen dann wiederum als Legitimation für eine Aufrüstung der
Polizei bis hin zu Überlegungen, schwerbewaffnete Einheiten der Bundes-
polizei speziell für Auslandseinsätze aufzustellen.

Hinzu kommt, dass für polizeiliche Auslandseinsätze keinerlei parlamenta-
rische Zustimmung erforderlich ist. Je nach Rechtsgrundlage ist noch nicht ein-
mal die Information des Deutschen Bundestages vorgeschrieben. Damit wird
ein wichtiger Bereich der Außenpolitik der parlamentarischen Kontrolle entzo-
gen. Bedenklich ist dies vor allem wegen der gerade bei Einsätzen in Kriegs-
und Krisengebieten stets vorhandenen Eskalationsgefahr.

Ähnliches gilt für Einsätze von Zollbeamtinnen und Zollbeamten. Auch für ihre
Entsendung ins Ausland ist keine Zustimmung des Deutschen Bundestages er-
forderlich.

Mit einigem Unverständnis bewerten die Fragesteller die Tatsache, dass die
Bundesregierung auf die bisherigen einschlägigen Anfragen der Fraktion DIE
LINKE. keine Angaben zu sicherheitsrelevanten Vorfällen machen konnte oder
wollte, denen deutsche Polizeibeamte in ihren Missionen ausgesetzt waren.
Nach Ansicht der Fraktion DIE LINKE. gehört die Erfassung solcher Vorfälle
zur Sorgfaltspflicht der Bundesregierung.
Wir fragen die Bundesregierung:

1. An welchen bi- und multilateralen Missionen sind derzeit deutsche Polizis-
tinnen und Polizisten (bitte aufgliedern nach Bundesländern, Zugehörigkeit
zu Bundespolizei/Bundeskriminalamt – BKA) sowie Zollbeamtinnen und
Zollbeamte beteiligt?

Drucksache 17/26 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

a) Welche rechtliche Grundlage hat die Mission, wer ist Missionsträger bzw.
wer hat gegebenenfalls das Mandat erteilt, welche Mandatsobergrenze ist
vorgesehen, und welche tatsächliche Gesamtstärke hat die Mission der-
zeit?

b) Welchen Auftrag haben die Polizistinnen und Polizisten sowie Zollbeam-
tinnen und Zollbeamten?

c) Wann wird die Mission voraussichtlich beendet sein?

2. Wie viele deutsche Polizistinnen und Polizisten (bitte aufgliedern nach Bun-
desländern, Zugehörigkeit zu Bundespolizei, BKA) bzw. Zollbeamtinnen
und Zollbeamte sind dabei jeweils eingesetzt?

a) Welche konkreten Aufgaben verrichten sie dort (bitte jeweils die einzel-
nen Personalzahlen angeben)?

b) An welchen Orten sind sie eingesetzt?

c) In welchen Stäben, Einrichtungen und Stellen sind sie tätig (bitte jeweils
die einzelnen Personalzahlen angeben)?

d) Wie bewertet die Bundesregierung die Relation von Mandatsobergrenze,
derzeitigem tatsächlichem Gesamtumfang und dem Umfang der deut-
schen Beteiligung?

e) Inwieweit beabsichtigt die Bundesregierung eine Veränderung hinsicht-
lich der Art und/oder des Umfangs der deutschen Beteiligung, und bis
wann soll diese umgesetzt sein (bitte ggf. konkrete Angaben und Zahlen
zu den einzelnen Missionen geben)?

3. Wie viele Verbindungsbeamtinnen und Verbindungsbeamte des BKA halten
sich derzeit in welchen Ländern auf (bitte jeweils die Einsatzländer und Ein-
satzorte sowie die zugehörige Zahl von Beamtinnen/Beamten angeben)?

4. Wie viele deutsche Polizeibeamte werden derzeit im Ausland als

a) Dokumentenberater,

b) Sicherheitsbeamte,

c) grenzpolizeiliche Verbindungsbeamte,

d) Unterstützungskräfte sowie Berater in Fragen der Grenzsicherheit

eingesetzt (bitte jeweils, d. h. zu jedem Unterpunkt das Einsatzland und den
Einsatzort sowie die Zahl der eingesetzten Polizeibeamten nennen und ange-
ben, ob sie vom BKA, der Bundespolizei oder einer Länderpolizei gestellt
werden)?

5. Wie viele deutsche Polizeibeamte wurden bislang in diesem Jahr im Rah-
men der Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den
Außengrenzen (FRONTEX) eingesetzt

a) als Dokumentenberater im Rahmen welcher Operationen und an welchen
Standorten,

b) als Mitarbeiter in der Warschauer Zentrale (bitte mit der jeweiligen Funk-
tion auflisten),

c) als Teilnehmer von Operationen zur Überwachung und Kontrolle der
Außengrenzen, die deutsches Gerät aus der FRONTEX-„tool box“ bedie-
nen (bitte mit Einsatzstandort und jeweiligem Tätigkeitsprofil),

d) als Mitglied der Rapid Border Intervention Teams (RABIT),

e) und welche Melde- und Berichtswege zwischen diesen Beamten und

deren deutscher Führungsstelle bestehen für die einzelnen operativen
Bereiche?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/26

6. Wie viele deutsche Polizeibeamte werden zum gegenwärtigen Zeitpunkt im
Rahmen der Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an
den Außengrenzen (FRONTEX) eingesetzt

a) als Dokumentenberater im Rahmen welcher Operationen und an welchen
Standorten,

b) als Mitarbeiter in der Warschauer Zentrale (bitte mit der jeweiligen
Funktion auflisten),

c) als Teilnehmer von Operationen zur Überwachung und Kontrolle der
Außengrenzen, die deutsches Gerät aus der FRONTEX-„tool box“ be-
dienen (bitte mit Einsatzstandort und jeweiligem Tätigkeitsprofil),

d) als Mitglied der Rapid Border Intervention Teams (RABIT)?

7. Welche Informationen liegen der Bundesregierung bezüglich sicherheitsre-
levanter Vorfälle vor, in die deutsche Polizistinnen und Polizisten sowie
Zollbeamtinnen und Zollbeamte bislang in diesem Jahr involviert bzw.
denen sie ausgesetzt waren?

8. Wie bewertet die Bundesregierung die politische und militärische Gefähr-
dungslage in den jeweiligen Einsatzgebieten?

9. Welche mittlerweile abgeschlossenen Ausbildungsmaßnahmen für auslän-
dische Sicherheitskräfte haben deutsche Polizeibeamtinnen und Polizei-
beamte seit Beantwortung der letzten diesbezüglichen Kleinen Anfrage
durch die Bundesregierung (Bundestagsdrucksache 16/13897) begonnen
bzw. an welchen waren sie beteiligt?

a) Wie lauteten die Bezeichnungen der Maßnahmen, und wo fanden sie
statt?

b) Was waren die Ziele der Maßnahmen, wann haben sie begonnen, und
wann wurden sie beendet?

c) Wie vielen und welchen ausländischen Sicherheitskräften wurde welche
Art der Ausbildung gewährt?

d) Worin bestanden die Aufgaben und Tätigkeiten der deutschen Polizeibe-
amtinnen und Polizeibeamten, und in welchen Stäben, Einrichtungen
und sonstigen Stellen waren sie vertreten?

e) Wie viele deutsche Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte waren jeweils
an den Maßnahmen beteiligt (bitte für die einzelnen Maßnahmen detail-
liert ausweisen)?

f) Welche Kosten entstanden der Bundesrepublik Deutschland für die Aus-
bildungsmaßnahmen, und aus welchen Haushaltstiteln wurden diese
bestritten?

10. Welche Ausbildungsmaßnahmen für ausländische Sicherheitskräfte führen
deutsche Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte gegenwärtig durch bzw. an
welchen sind sie beteiligt?

a) Wie lautet die Bezeichnung der Maßnahmen, und wo finden sie statt?

b) Was ist Ziel der Maßnahmen, wann haben sie begonnen, und bis wann
sind sie voraussichtlich beendet?

c) Wie vielen und welchen ausländischen Sicherheitskräften wird welche
Art der Ausbildung gewährt?

d) Worin bestehen die Aufgaben und Tätigkeiten der deutschen Polizeibe-
amtinnen und Polizeibeamten, und in welchen Stäben, Einrichtungen

und sonstigen Stellen sind sie vertreten?

Drucksache 17/26 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
e) Wie viele deutsche Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte sind jeweils
an den Maßnahmen beteiligt?

f) Welche Kosten entstehen dem Bund für die Ausbildungsmaßnahmen,
und aus welchen Haushaltstiteln werden diese bestritten?

11. Welche Ausbildungsmaßnahmen für ausländische Sicherheitskräfte sind
für die nächste Zukunft geplant, welche Kosten werden dem Bund dafür
entstehen, und aus welchen Haushaltstiteln sollen diese bestritten werden
(bitte nach dem Schema der vorangegangenen Frage beantworten)?

12. In welchem Rahmen sind außerdem noch deutsche Polizistinnen und Poli-
zisten bzw. Zollbeamtinnen und Zollbeamte im Ausland eingesetzt, und
welche Tätigkeiten verrichten sie dort (bitte nach Einsatzländern und Ein-
satzorten sowie Zugehörigkeit zu Bundesländern, BKA, Bundespolizei
aufgliedern)?

Berlin, den 12. November 2009

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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