BT-Drucksache 17/2423

Befugnis des Bundeskriminalamtes zur Online-Durchsuchung aufheben

Vom 7. Juli 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/2423
17. Wahlperiode 07. 07. 2010

Antrag
der Abgeordneten Jan Korte, Ulla Jelpke, Petra Pau, Jens Petermann, Raju Sharma,
Frank Tempel, Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

Befugnis des Bundeskriminalamtes zur Online-Durchsuchung aufheben

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

einen Gesetzentwurf zur Aufhebung der Befugnisse des Bundeskriminalamtes
zum verdeckten Eingriff in informationstechnische Systeme (§ 20k des Bundes-
kriminalamtgesetzes – BKAG) und zur Verwendung und Übermittlung solcher
Daten (§ 20v BKAG) vorzulegen.

Berlin, den 7. Juli 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Begründung

Die Bundesregierung soll einen Gesetzentwurf vorlegen, der die Befugnis des
Bundeskriminalamtes für die Durchführung der sog. Online-Durchsuchung ge-
mäß § 20k des BKAG und die darauf aufbauenden Befugnisse zur Verwendung
und Übermittlung der entsprechenden Daten gemäß § 20v BKAG aufhebt.

Die Befugnis zur Online-Durchsuchung durch das Bundeskriminalamt (§ 20k
BKAG) ist nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Februar
2008 (BVerfG, 1 BvR 370/07 vom 27. Februar 2008) durch das Gesetz zur Ab-
wehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminal-
amt vom 25. Dezember 2008 (BGBl. I S. 3083) geschaffen worden. Daten, die
gemäß § 20k BKAG erhoben worden sind, können verwendet und unter
bestimmten Voraussetzungen an andere Stellen übermittelt werden (vgl. § 20v
BKAG). Die Befugnis zum verdeckten Eingriff in informationstechnische
Systeme begegnet verfassungsrechtlichen Bedenken. Weitere Verfahren beim
Bundesverfassungsgericht gegen das BKAG sind anhängig.

Die sogenannte Online-Durchsuchung und die Verwendung und Übermittlung

etwaiger Daten wird durch die Aufhebung der entsprechenden Befugnisnormen
wieder unzulässig. Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass die „verdeckte
Online-Durchsuchung“ mangels einer besonderen Ermächtigungsgrundlage un-
zulässig ist (BGH, Beschluss vom 31. Januar 2007, Aktenzeichen: StB 18/06).
Die vor diesem Beschluss herrschende Praxis von Bundesbehörden, die Online-
Durchsuchung ohne gesetzliche Grundlage durchzuführen, wurde damit für un-
zulässig erklärt.

Drucksache 17/2423 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die Online-Durchsuchung gehört wie der Große Lauschangriff und die soge-
nannte Vorratsdatenspeicherung zu den umstrittensten Befugnissen des Staates.
Diese Eingriffsmaßnahmen in die Freiheitsgrundrechte der Menschen sind wei-
terhin sehr umstritten, weil sie das grundlegende Verhältnis des Staates zu den
Grundrechtsträgerinnen und -trägern berühren.

Die grundrechtsintensive Eingriffsbefugnis zur Durchführung der Online-
Durchsuchung ist aufzuheben. Die Norm hat sich praktisch als überflüssig er-
wiesen.

Seit Inkrafttreten des geänderten Gesetzes über das Bundeskriminalamt (BKAG)
im Januar 2009 wurde vom Bundeskriminalamt kein einziger verdeckter Eingriff
in informationstechnische Systeme gemäß § 20k BKAG (sogenannte Online-
Durchsuchung) beantragt oder vorgenommen (vgl. Antwort der Bundesregie-
rung vom 21. Mai 2010 auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf
Bundestagsdrucksache 17/1814).

Die öffentlichen Auseinandersetzungen um die Online-Durchsuchung und die
strengen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts haben dazu geführt, dass das
Bundeskriminalamt die Möglichkeit weniger eingriffsintensiver Ermittlungs-
maßnahmen wahrgenommen hat – ohne dass die öffentliche Sicherheit gefähr-
det worden oder eine allgemeine Sicherheitslücke entstanden wäre.

Nur ein Bundesland, nämlich Bayern, hat bisher die rechtliche Voraussetzung
zur Durchführung von Online-Durchsuchungen geschaffen. Nach Kenntnis der
Bundesregierung wurde bisher in keinem Bundesland eine Online-Durch-
suchung durch die Polizei vorgenommen (vgl. Antwort der Bundesregierung auf
Bundestagsdrucksache 17/1814).

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