BT-Drucksache 17/2384

Kapitalanlagen in Immobilien - Offene Immobilienfonds

Vom 2. Juli 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/2384
17. Wahlperiode 02. 07. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Daniela Wagner, Dr. Gerhard Schick, Bettina Herlitzius,
StephanKühn,NicoleMaisch, IngridNestle,WinfriedHermann,Dr. AntonHofreiter,
Dr. Valerie Wilms und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Kapitalanlagen in Immobilien – Offene Immobilienfonds

Seit nunmehr 50 Jahren bestehen offene Immobilienfonds in der Bundesrepublik
Deutschland und wurden in den letzten 20 Jahren in immer mehr europäischen
Ländern eingeführt. Seit den 90er-Jahren stieg der Anteil internationaler Immo-
bilienanleger an Immobilien-Neuanlagen von 6 auf über 50 Prozent. In Deutsch-
land wird ein Fünftel der europaweiten Investitionen in Immobilien getätigt und
weißt somit nachGroßbritannien das zweitgrößte Investitionsvolumen in Europa
auf. Der Anteil internationaler Investoren am Immobilienbestand lag in 2005 bei
13 Prozent, mit einem Transaktionsvolumen von über 40 Mrd. Euro. Diese be-
ruhen zumeist auf indirekten Anlageformen wie geschlossenen oder offenen
Immobilienfonds, Immobilienaktiengesellschaften und Real Estate Investment
Trusts. Aufgrund der seit 2008 andauernden weltweiten Finanzkrise kam es zu
erheblichen Diskussionen betreffend dieser Anlageformen. Die Vorteile dieser
Anlageform werden im Bericht über die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft
2009 mit höherer Flexibilität, besserer Diversifikation, geringem Verwaltungs-
aufwand und niedrigen Informationskosten beschrieben. Darüber hinaus be-
zeichnet der Bericht den deutschen Wohnungsmarkt als Anlageobjekt mit hoher
Stabilität und geringem Risiko. Infolge der sich zuspitzenden Weltwirtschafts-
krise wurden die meisten der offenen Immobilienfonds im aktuellen Scope
Analysis Rating in ihrem Rating deutlich abgewertet.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie schätzt die Bundesregierung die Entwicklung der Volatilität des laut Be-
richt über die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft 2009 traditionell von
hoher Stabilität und Wachstumschancen geprägten deutschen Immobilien-
marktes ein?

2. Wie fällt die im Bericht über die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft 2009
angekündigte Analyse der Entwicklung der Fonds aus?

3. Wie bewertet die Bundesregierung, dass trotz der im oben erwähnten Bericht
konstatierten hohen Fungibilität offener Immobilienfonds acht von diesen die
Rücknahme von Anteilscheinen aussetzen mussten?

4. Liegen der Bundesregierung Informationen vor, durch welches Anlegerver-
halten welcher Anlegerkreise die Liquiditätskrise der offenen Immobilien-
fonds in den Jahren 2005 sowie 2008 überwiegend ausgelöst wurde (bitte auf-
schlüsseln nach Groß- und Kleinanleger, Fonds, Anlagevolumen)?

Drucksache 17/2384 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

5. Wie werden die Aussagen bewertet, dass die Liquiditätskrise der offenen
Immobilienfonds überwiegend dadurch ausgelöst wurde, dass institutionelle
Anleger überschüssige Liquidität einlagerten und bei Bedarf kurzfristig wie-
der abzogen, und es nicht Kleinanlegerinnen und Kleinanleger waren, die
dieses Problem bewirkt haben?

6. Wird vor dem in Frage 5 dargestellten Hintergrund die Notwendigkeit ge-
sehen, die Anlegerkreise bei der im Diskussionsentwurf eines Gesetzes zur
Stärkung des Anlegerschutzes und Verbesserung der Funktionsfähigkeit des
Kapitalmarkts vom 3. Mai 2010 (Diskussionsentwurf) angekündigtenRegu-
lierung der offenen Immobilienfonds differenziert zu behandeln, um einer
unangemessenen Benachteiligung gerade vonKleinanlegerinnen undKlein-
anleger vorzubeugen.

7. Wie wird vor dem Hintergrund der in dem Diskussionsentwurf angekündig-
ten Gesetzesänderungen der Vorschlag einer differenzierten Abkehr von
einer täglichen Anteilsrücknahme und Ausgestaltung der Kündigungs-
fristen, so dass zwar zunächst eine Mindesthaltefrist für aller Anlegerinnen
und Anlager gilt, sodann jedoch etwa ein Betrag von 30 000 Euro zumindest
für Kleinanlegerinnen und Kleinanleger von der Kündigungsfrist ausge-
nommen und eine tägliche Anteilsrücknahmemöglich ist, bewertet.

8. Wie wird – wie in Frankreich vorgesehen – ein quartalsweiser Turnus, um
den Wert der Immobilien festzustellen, und eine dementsprechende Ände-
rung des § 79 Absatz 1 Satz 3 des Investmentgesetzes bewertet?

9. Wie werden Medienberichte (vgl. etwa www.finanzen.net) bewertet, wo-
nach angesichts der im Diskussionsentwurf angekündigten Gesetzesände-
rungen zahlreiche Anlegerinnen und Anleger ihre Mittel in den letzten
Wochen aus den Immobilienfonds abzogen und mehrere Investmentgesell-
schaften die Anteilsrücknahme bei Immobilienfonds daraufhin aussetzen
mussten?

10. Wie werden die Befürchtungen der Branche bewertet, dass der mit der im
Diskussionsentwurf angekündigten Abschlagsregelung verbundene Wert-
verlust der Anteile in Zukunft dazu führen wird, dass Anlegerinnen und
Anleger aus Immobilienfonds aussteigen und die Schließung weiterer
Immobilienfonds droht?

11. Wie werden die Konsequenzen der im Diskussionsentwurf angekündigten
Maßnahmen (maximal zwei Rücknahmetermine im Jahr sowie die Ver-
längerung der Kündigungsfristen), dass Anlegerinnen und Anleger künftig
– unwiderrufliche – Kündigungen zu den festgelegten Rücknahmetermin
aussprechenwerden, obwohl der Anleger oder die Anlegerin zu diesemZeit-
punkt unter Umständen noch keine Kenntnis davon hat, welchen Wert die
Anteile haben, da die Wertermittlung erst am Rücknahmetermin erfolgt, be-
wertet?

12. Wie wird vor diesem Hintergrund der Vorschlag bewertet, von der im Dis-
kussionsentwurf angekündigten Änderung des § 79 Absatz 3 Satz 1 des In-
vestmentgesetzes abzusehen, so dass die Ermittlung des Wertes des Anteils
am Sondervermögen sowie des Ausgabe- und Rücknahmepreises eines An-
teils nach wie vor börsentäglich erfolgt?

13. Inwieweit wird die im Diskussionsentwurf angekündigte Abhängigkeit der
Mindestliquiditätsquote von der Länge der Kündigungsfrist als zielführend
erachtet?

14. Wird die Befürchtung einiger Analysten geteilt, dass sich ein Sekundärmarkt
infolge der Einführung von Kündigungsfristen herausbilden könnte?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/2384

15. Wenn diese Ansicht geteilt wird, wie werden die Auswirkungen auf die
Liquiditätsrisiken der Fonds eingeschätzt?

16. Sieht die Bundesregierung gesetzlichen Handlungsbedarf beim Rating von
offenen Immobilienfonds (bitte mit Begründung)?

17. Werden gesetzliche Regelungen zur Erhöhung der Transparenz offener
Immobilienfonds als erforderlich erachtet?

Wenn ja, auf welche Aspekte sollte sich eine erhöhte Transparenz beziehen?

Wenn nein, warum nicht?

18. Wie werden verschiedene Instrumente zur Herstellung von mehr Transpa-
renz, wie die Einführung unabhängiger Aufsichtsratsmitglieder/Indepen-
dent Directors, Veröffentlichung der Anzahl von Mietverträgen und ihrer
Laufzeit in einem Portfolio, Ökologische und Energetische Standards der
Gebäude, Energieausweis für Gebäude, Siegel ökologisches Bauen im Ein-
zelnen, bewertet?

19. Gibt es Bestrebungen, die Fremdkapitalfinanzierungsquote von Immobi-
lienfonds einzuschränken und eine höhere Eigenkapitalfinanzierungsquote
einzuführen (bitte mit Begründung)?

20. Wie wird die Marktauswirkung der Ankündigung eines 10-prozentigen Ab-
schlags bewertet?

21. Welche Berechnungen und/oder wissenschaftliche Studien führten zu der
Einführung eines 10-prozentigen Abschlags, und wie wird die Einführung
des Abschlags in dieser Höhe begründet?

Berlin, den 2. Juli 2010

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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