BT-Drucksache 17/2335

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Gerhard Schick, Dr. Thomas Gambke, Lisa Paus, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 17/284 - Grauen Kapitalmarkt durch einheitliches Anlegerschutzniveau überwinden

Vom 30. Juni 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/2335
17. Wahlperiode 30. 06. 2010

Beschlussempfehlung und Bericht
des Finanzausschusses (7. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Gerhard Schick, Dr. Thomas Gambke,
Lisa Paus, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 17/284 –

Grauen Kapitalmarkt durch einheitliches Anlegerschutzniveau überwinden

A. Problem

Die globale Finanzkrise hat erhebliche Defizite in der Beaufsichtigung von
Finanzmarktakteuren und bei der Transparenz von auf den Finanzmärkten ge-
handelten Produkten offengelegt, die das Vertrauen in die Funktionstüchtigkeit
der Marktmechanismen beeinträchtigen. Namentlich der Graue Kapitalmarkt ist
nur unvollständig staatlich reguliert, so dass neben seriösen Anbietern dort ein
hoher Anteil von Initiatoren und Vermittlern tätig ist, die durch betrügerisches
Handeln Anleger schädigen.

B. Lösung

Mit dem Antrag wird angestrebt, die Bundesregierung aufzufordern, das Wert-
papierdienstleistungsrecht zu einem ganzheitlichen Kapitalanlagerecht weiter-
zuentwickeln und auf diese Weise insbesondere ein vom Anlageprodukt oder
Vertriebsweg unabhängiges Schutzniveau für Anleger zu gewährleisten. Dazu
soll das Regulierungsniveau geschlossener Fonds an den nach dem Wertpapier-
handelsgesetz für Anlageprodukte geltenden Schutz angeglichen werden. Ferner
soll die Kontrolle durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
ausgeweitet und die rechtliche Durchsetzbarkeit berechtigter Schadenersatzan-
sprüche erleichtert werden. Schließlich wird mit dem Antrag vorgetragen, dass
die Möglichkeiten der Justizverwaltung auszubauen und auch die finanzielle
Allgemeinbildung der Bürger zu stärken seien.
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der SPD

C. Alternativen

Keine

Drucksache 17/2335 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

D. Kosten

Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte von Bund und Län-
dern werden in dem Antrag nicht beziffert.

E. Bürokratiekosten

Angaben zur Einführung, Vereinfachung oder Abschaffung von Informations-
pflichten werden in der Vorlage nicht mitgeteilt.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/2335

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/284 abzulehnen.

Berlin, den 28. Juni 2010

Der Finanzausschuss

Dr. Volker Wissing Klaus-Peter Flosbach Dr. Gerhard Schick
Vorsitzender Berichterstatter Berichterstatter

Ausschüsse bei Vertrieb und Beratung gespielt habe. Auch in der Fach-
Der Rechtsausschuss hat den Antrag in der 18. Sitzung am
28. Juni 2010 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU, FDP und SPD gegen die Stim-

welt greife zunehmend die Auffassung um sich, dass im Be-
reich der Beratung von der Provisionsorientierung wegge-
gangen werden solle.
Drucksache 17/2335 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Klaus-Peter Flosbach und Dr. Gerhard Schick

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
17/284 in seiner 19. Sitzung am 28. Januar 2010 dem
Finanzausschuss federführend und dem Rechtsausschuss
sowie dem Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz zur Mitberatung überwiesen.

Der Finanzausschuss hat den Antrag in seiner 8. Sitzung am
24. Februar 2010 erstmals behandelt und seine Beratungen
in der 22. Sitzung am 28. Juni 2010 abgeschlossen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Mit dem Antrag wird angestrebt, die Bundesregierung auf-
zufordern, das Wertpapierdienstleistungsrecht zu einem
ganzheitlichen Kapitalanlagerecht weiterzuentwickeln und
auf diese Weise insbesondere ein vom Anlageprodukt oder
Vertriebsweg unabhängiges Schutzniveau für die Bürger zu
gewährleisten. Die Novellierung soll insbesondere eine dif-
ferenzierte Angleichung des Regulierungsniveaus geschlos-
sener Fonds an das nach dem Wertpapierhandelsgesetz für
Anlageprodukte geltende vornehmen. Die Initiatoren sollen
einer Zulassungspflicht unterliegen wie auch für die Ver-
triebsebene einheitliche Mindeststandards (Qualifikation,
Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherung) gelten sol-
len. Darüber hinaus wird beabsichtigt, die Kontrolle durch
die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)
auszuweiten, indem Prospekte künftig auf Schlüssigkeit und
Widerspruchsfreiheit geprüft sowie eine materielle Inhalts-
prüfung durch die verpflichtende Erstellung eines Wirt-
schaftsprüfergutachtens vorgegeben werden. Es soll eine
Task Force Grauer Kapitalmarkt eingerichtet werden, die die
laufende Kontrolle des Geschäftsgebarens von Finanzdienst-
leistern am grauen Kapitalmarkt übernimmt. Die personellen
Kapazitäten der BaFin sollen an den Aufgabenzuschnitt an-
gepasst werden. Des Weiteren sollen das Kapitalanleger-
Musterverfahrensgesetz reformiert und Beweiserleichterun-
gen für klagende Anleger eingeführt werden, um die prozes-
suale Durchsetzbarkeit berechtigter Schadenersatzansprüche
zu erhöhen. Der Ausschluss von Prospekthaftungsansprü-
chen, wenn ein Anleger einen Fondsanteil mehr als sechs
Monate nach Veröffentlichung des Prospektes erwirbt, soll
gestrichen werden. In dem Antrag wird ferner vorgetragen,
das Fachwissen und die Kapazitäten der Justizverwaltung
seien im Bereich Kapitalanlagerecht auszubauen (Spezial-
kammern bei den Landgerichten, Unterabteilungen bei den
Schwerpunktstaatsanwaltschaften) und schließlich sei auch
die finanzielle Allgemeinbildung der Bürger zu stärken.

III. Stellungnahmen der mitberatenden

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz hat eine mitberatende Stellungnahme nicht
vorgelegt.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und FDP wiesen
in den Ausschussberatungen auf den zur 17. Wahlperiode
geschlossenen Koalitionsvertrag hin, nach dem zukünftig
Finanzmarktprodukte, Finanzmarktakteure und Finanz-
märkte einer verbesserten Regulierung zur Vermeidung wei-
terer Finanzkrisen unterworfen werden sollen. Es werde
angestrebt, ein konsistentes Finanzdienstleistungsrecht zu
schaffen, das Verbraucher in Zukunft wirksamer vor ver-
meidbaren Verlusten und falscher Finanzberatung schütze.
Die Haftung für Produkte und Vertrieb sollten verschärft
werden, wobei die Koalitionsfraktionen sich in Richtung ei-
ner produktspezifischen Regelung äußerten. Indes sei eine
mehr als formelle Prüfung der Produkte durch die Bundes-
anstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) genau ab-
zuwägen, da eine um den materiellen Aspekt erweiterte Prü-
fung Haftungsfragen desjenigen aufwerfe, der die Prüfung
vornehme. Die Koalitionsfraktionen verdeutlichten, dass es
einen hundertprozentigen Verbraucherschutz nicht geben
könne und es durchaus legitim erscheine, Verbrauchern ein
gewisses Risiko zu belassen, wenn sie auf den Kapitalmärk-
ten investieren. Vorrangig sei die Schaffung von Transparenz
in diesem Bereich. Zudem sei es anzustreben, europäisch ab-
gestimmte Lösungen zu finden. Ferner habe die vom Aus-
schuss bereits in der 16. Wahlperiode durchgeführte öffent-
liche Anhörung deutlich werden lassen, dass die zum Grauen
Kapitalmarkt zu treffenden Entscheidungen sorgfältig abzu-
wägen seien. Dies betreffe insbesondere das Thema der Ver-
triebsorientierung und des Provisions- oder Honorarsystems.

Die Koalitionsfraktionen wiesen auf die Ankündigungen der
Bundesregierung hin, einen Gesetzentwurf zur Stärkung des
Anlegerschutzes und zur Verbesserung der Funktionsfähig-
keit des Kapitalmarktes vorzulegen, in dem Teile der im vor-
liegenden Antrag angesprochenen Regelungsbereiche Be-
rücksichtigung fänden. Derzeit finde – wie die Bundesregie-
rung im Ausschuss mitteilte – die Ressortabstimmung über
den Diskussionsentwurf des Bundesministeriums der Finan-
zen statt.

Die Fraktion der SPD sprach sich dafür aus, nach konkre-
ten Lösungen zu suchen und den Entscheidungsprozess nicht
dilatorisch zu behandeln. Es gehe um die Fragen eines funk-
tionierenden Kapitalmarkts und eines funktionierenden An-
legerschutzes. Die Fraktion der SPD verwies gleichfalls auf
die in der 16. Wahlperiode durchgeführte öffentliche Anhö-
rung, in der eine erhebliche Rolle die Provisionsorientierung
men der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN, die Vorlage abzulehnen.

Die Fraktion DIE LINKE. merkte an, in der grundsätz-
lichen Frage der Verbesserung des Anlegerschutzes sei ein

Berlin, den 28. Juni 2010

Klaus-Peter Flosbach
Berichterstatter
chende Regulierungen auf nationaler Ebene vorgenommen
werden könnten.

Der Finanzausschuss empfiehlt mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Frak-
tionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktion der SPD, den Antrag abzu-
lehnen.

Dr. Gerhard Schick
Berichterstatter
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/2335

weitgehendes Einvernehmen im Ausschuss festzustellen.
Der vorliegende Antrag beziehe sich im Wesentlichen auf
den finanziellen Verbraucherschutz. Das Anliegen der Frak-
tion DIE LINKE. sei indes umfassender. Insbesondere bezie-
he der Antrag das Regulierungsniveau geschlossener Fonds
nicht hinreichend konsequent ein. Es stelle sich in Ergän-
zung zum vorliegenden Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN die Frage, ob die Beteiligung an geschlosse-
nen Fonds nicht auch einen gewissen einschlägigen Profes-
sionalisierungsgrad erfordern solle.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erinnerte an
die vorhergehenden Befassungen des Ausschusses mit den
Fragen des Grauen Kapitalmarktes und die zu der Thematik
durchgeführte öffentliche Anhörung am 1. Juli 2009. Der
Regulierungsbedarf sei allgemein sichtbar geworden. Insbe-
sondere weise der Graue Kapitalmarkt ein unterdurch-
schnittliches Regulierungsniveau, sowohl was die Produkte
als auch was die Beratung mit Blick auf Qualität und Haf-
tung angehe, auf. Es sei festzustellen, dass der Verbraucher
strukturell benachteiligt sei und es angestrebt werden müsse,
das Informationsdefizit gegenüber den Fondsinitiatoren zu
verkleinern. Im europäischen Kontext seien an verschiede-
nen Stellen z. B. bei der Umsetzung der Europäischen Fi-
nanzmarktrichtlinie MiFID-Bereiche ausgenommen worden,
so dass im Vorgriff auf europäische Regelungen entspre-

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