BT-Drucksache 17/2274

Abordnungspraxis und innerer Zustand der Bundespolizei

Vom 23. Juni 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/2274
17. Wahlperiode 23. 06. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Frank Tempel, Jan Korte, Ulla Jelpke, Petra Pau,
Jens Petermann, Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

Abordnungspraxis und innerer Zustand der Bundespolizei

In der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE
LINKE. zur „Situation der Beschäftigten bei der Bundespolizei“ (Bundestags-
drucksache 17/1565) wird ausgeführt, dass „keine gesonderten Statistiken über
die Dauer und Anzahl von durchgeführten (Einzel-)Abordnungsmaßnahmen“
geführt werden. Sicherlich ist die Erhebung der Zahlen mit hohem Aufwand ver-
bunden. Angesichts der deutlichen Hinweise für das Scheitern der Reform der
Bundespolizei sind diese Zahlen für die parlamentarische Arbeit aber unabding-
bar. Trotz nicht explizit geführter Statistiken zu Abordnungen, müssen entspre-
chende Zahlen zumindest ab 2008 zu ermitteln sein, denn Abordnungen werden
an verschiedenen Stellen erfasst. Sie sind in Dienstplänen der versendenden und
der empfangenden Dienststellen verzeichnet. Weiterhin existieren Abrechnungen
zu finanziellen Mehrausgaben für abgeordnete Beamte (Trennungsgeld, Fahrt-
kosten etc.).

Die Fragesteller wollen die Dimension der Abordnungen und weitere Faktoren
zum inneren Zustand der Bundespolizei ermitteln.

Aus Gesprächen, die Vertreter von Gewerkschaften und Personalräten nach der
Vorlage des Zwischenberichts zum Stand der Polizeireform vermutlich mit allen
Fraktionen des Deutschen Bundestages geführt haben, ergibt sich etwa folgendes
Bild: Bei der Bundespolizei sind aktuell über 1 300 im Organisations- und
Dienstpostenplan (ODP) eingerichtete Arbeitsplätze für Polizeibeamte nicht be-
setzt. Weiterhin sind bei der Bundespolizei seit 1993 insgesamt fast 2 000 Plan-
stellen und Stellen, überwiegend im Verwaltungsbereich der Bundespolizei, ein-
gespart worden. Es kam zu einer Ausweitung von Einsätzen zur Unterstützung
der Länderpolizeien. Ungefähr 2 000 Beamte der Bundespolizei sind polizei-
dienstunfähig. Die Zahl der im Ausland eingesetzten Bundespolizisten steigt
kontinuierlich.

Zusammenfassend verdichtet sich der Eindruck, dass sich die Bundespolizei
einem hohen Aufgabenzuwachs ausgesetzt sieht, der weder personell noch mate-
riell untersetzt ist.

Eine umfängliche Abordnungspraxis und eine jenseits des Organisations- und

Dienstpostenplans existierende informelle Dienstpostenplanung führt zu erheb-
lichen Überlastungen der Bediensteten.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Abordnungen gab es in den einzelnen Direktionen der Bundespoli-
zei im Jahre 2008 und 2009 (auf Jahre und Direktionen aufgeschlüsselt)?

Drucksache 17/2274 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

2. Wie viele Abordnungen wurden im Rahmen der sogenannten 6. Rate zur
Verstärkung von Flughafendienststellen und Schwerpunktdienststellen getä-
tigt?

3. Welche abgebenden Direktionen sind (im Rahmen der 6. Rate) nicht in der
Lage gewesen, ihre volle Dienststärke (nach Maßgabe des Organisations-
und Dienstpostenplans) einzuhalten?

4. Wie viele Fehlstellen zur vollen Dienststärke gab es (im Rahmen der 6. Rate)
in den jeweiligen abgebenden Direktionen?

5. Wie bewertet die Bundesregierung den andauernden Zustand von Abord-
nungen (nunmehr die Planung der 8. Rate) im Rahmen der Reform der Bun-
despolizei?

6. Welche finanziellen Aufwendungen sind in der Bundespolizei für die Ab-
ordnungspraxis in den Jahren 2008 und 2009 (auf Jahre aufgeschlüsselt) ent-
standen?

7. Aus welchen Haushaltstiteln und auf welcher Rechtsgrundlage wurden und
werden die Zusatzaufwendungen für Abordnungen jeweils entnommen?

8. Wie bewertet die Bundesregierung den Anteil der eingesetzten Gelder für
Abordnungen am Gesamtvolumen der laufenden Personalkosten?

9. Wie bewertet die Bundesregierung dieses Verhältnis vor dem Hintergrund
unbesetzter Stellen bei der Bundespolizei?

10. Wie viele Beamte der Bundespolizei sind polizeidienstunfähig (bitte die
aktuellen Zahlen mitteilen)?

11. Wie hoch ist die Zahl der unbesetzten Stellen in der Bundespolizei (bitte die
aktuellen Zahlen mitteilen)?

12. Wie viele Arbeitsplätze für Bundespolizeibeamte sind in den Bundesländern
Saarland, Rheinland-Pfalz, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Baden-
Württemberg aktuell nicht besetzt (bitte die aktuellen Zahlen mitteilen)?

13. Wie hoch ist die Zahl der seit 1993 eingesparten Planstellen und Stellen bei
der Bundespolizei?

14. Wie viele Einsätze hat die Bundespolizei in welchem Umfang jeweils in den
Jahren 2006, 2007, 2008 und 2009 zur Unterstützung der Polizeien der Län-
der geleistet, und welche Kosten entstanden dadurch den Landespolizeien in
den angegebenen Jahren (die Aufschlüsselung bitte nach Bundesländern
aufführen)?

15. In welcher Höhe wurden dabei jeweils Kosten vom Bund wofür übernom-
men?

16. Aus welchen Haushaltstiteln und auf Grund welcher Rechtsgrundlage ist
dies erfolgt?

17. Ist das laut Dienstpostenplan vorgesehene Personal vorhanden oder sind
Stellen nicht besetzt (die Aufschlüsselung bitte nach Bundesländern auffüh-
ren)?

18. Wird Personal aufgabenfremd (nicht nach ODP-Zuweisung) eingesetzt?

Um welche Stellen (Aufgabenzuordnung) handelt es sich, und wie viele Per-
sonalstellen sind davon betroffen?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/2274

19. Ist der Bundesregierung bekannt, wie viele Beamte nicht auf ihrem Dienst-
posten verwendet, sondern mit anderen Aufgaben betraut werden, für die es
laut dem Organisations- und Dienstpostenplan gar keine Stellen gibt (bitte
Aufschlüsselung nach Bundesländern und Dienststellen vornehmen)?

20. Wenn ja, wie bewertet die Bundesregierung diese Praxis?

21. Ist der Bundesregierung bekannt, wie viele Beamte der Bundespolizei Tag-
dienst im Innendienst leisten, obwohl sie laut ODP den Dienstgruppen und
dem Streifendienst zuzuordnen wären?

22. Wie viele Bundespolizisten leisten tatsächlich noch operativen Dienst in den
Dienstgruppen im Schichtdienst?

Wie hat sich die Zahl seit 2006 verändert (bitte pro Jahr aufführen)?

23. Wie hoch ist der Anteil der Vollzugsbeamten im höheren, gehobenen und
mittleren Dienst?

24. Wie viel Personalverantwortung hat durchschnittlich ein Dienstgruppen-
leiter der Bundespolizei im Vergleich zu den Dienstgruppenleitern der Län-
derpolizeien?

25. Wie ist der Berechnungsmodus der Stundenanzahl der Präsenzstreifen, die
neben der Anzahl der Streifen und der Schichtstärke der Reviere Element der
Präsenzstatistiken sind, zu deren Führung die Bundespolizeiinspektionen
durch das Präsidium in Potsdam seit 1. Mai 2010 angewiesen wurden?

26. Was sagen nach Ansicht der Bundesregierung die auf diesem Wege ermittel-
ten Stundenzahlen konkret aus?

Berlin, den 23. Juni 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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