BT-Drucksache 17/1783

zu dem Antrag der Abgeordneten Katrin Kunert, Dr. Axel Troost, Dr. Barbara Höll, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. -17/783- Für eine Verstetigung der Kommunalfinanzen - Die Gewerbesteuer zur Gemeindewirtschaftsteuer weiterentwickeln

Vom 19. Mai 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/1783
17. Wahlperiode 19. 05. 2010

Beschlussempfehlung und Bericht
des Finanzausschusses (7. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Katrin Kunert, Dr. Axel Troost, Dr. Barbara Höll,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 17/783 –

Für eine Verstetigung der Kommunalfinanzen – Die Gewerbesteuer
zur Gemeindewirtschaftsteuer weiterentwickeln

A. Problem

Nach dem Ergebnis der Steuerschätzung vom Mai 2010 haben die Kommunen
aufgrund der schwachen Entwicklung der Gewerbesteuer mit Steuerminderein-
nahmen gegenüber den bisherigen Annahmen von 1 Mrd. Euro im Jahre 2010
zu rechnen. Die Steuereinnahmen der Städte und Gemeinden werden damit im
laufenden Jahr um voraussichtlich 2,9 Mrd. Euro gegenüber 2009 absinken. Ins-
gesamt müssen die Kommunen nach der Steuerschätzung in den Jahren 2010 bis
2013 mit etwa 12 Mrd. Euro weniger Einnahmen auskommen als bisher erwartet,
während gleichzeitig zahlreiche kommunale Leistungen für die Bürger sicher-
zustellen sind.

B. Lösung

Mit dem Antrag wird angestrebt, die Bundesregierung zu einem Gesetzentwurf
aufzufordern, mit dem die derzeitige Gewerbesteuer durch eine Gemeindewirt-
schaftsteuer ersetzt werde. Insbesondere seien durch die Verbreiterung der Be-
messungsgrundlage der bisherigen Gewerbesteuer die Einnahmen der Gemein-
den auf dem Niveau der Jahre 2006 und 2007 zu verstetigen. Der Kreis der
Steuerpflichtigen soll um die selbständig Tätigen erweitert werden. Darüber
hinaus seien in die Bemessungsgrundlage sämtliche Schuldzinsen wie auch die
Finanzierungsanteile von Mieten, Pachten, Leasingraten und die Lizenzgebüh-
ren in voller Höhe einzubeziehen. Kleine Unternehmen und Existenzgründer
sollen durch angemessene Freibeträge beim Gewerbeertrag entlastet werden.

Die Gewerbesteuerumlage der Gemeinden an den Bund sei sofort, die Gewerbe-
steuerumlage an die Länder bis zum Endes des Jahres 2015 abzuschaffen.

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthal-
tung der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 17/1783 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Die insgesamt zu erwartenden finanziellen Auswirkungen auf die öffentlichen
Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden werden in dem Antrag nicht be-
ziffert.

E. Bürokratiekosten

Angaben zur Einführung, Vereinfachung und Abschaffung von Informations-
pflichten für Unternehmen, Bürger und Verwaltung werden in der Vorlage nicht
mitgeteilt.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/1783

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/783 abzulehnen.

Berlin, den 19. Mai 2010

Der Finanzausschuss

Dr. Volker Wissing
Vorsitzender

Antje Tillmann
Berichterstatterin

Dr. Birgit Reinemund
Berichterstatterin

Dr. Axel Troost
Berichterstatter

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sprach sich im
IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Der federführende Finanzausschuss empfiehlt mit den

Ausschuss gleichfalls für die Weiterentwicklung der Gewer-
besteuer zu einer Gemeindewirtschaftsteuer aus. Insbeson-
dere sei eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage und
Drucksache 17/1783 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Antje Tillmann, Dr. Birgit Reinemund und Dr. Axel Troost

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag der Fraktion DIE
LINKE. auf Drucksache 17/783 in der 27. Sitzung am
4. März 2010 beraten und dem Finanzausschuss zur Feder-
führung sowie dem Haushaltsausschuss und dem Ausschuss
für Wirtschaft und Technologie zur Mitberatung überwiesen.

Der Finanzausschuss wie auch die mitberatenden Ausschüs-
se haben den Antrag in ihren Sitzungen am 19. Mai 2010 ab-
schließend beraten.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Die auch infolge der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise
zurückgehenden Einnahmen der Kommunen bei gleichzeiti-
gem Anstieg der Sozialausgaben führt zu einer angespannten
Finanzlage im kommunalen Bereich. Die Antragsteller for-
dern vor diesem Hintergrund die Bundesregierung auf, einen
Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem die derzeitige Gewerbe-
steuer durch eine Gemeindewirtschaftsteuer ersetzt wird.
Unter Berücksichtigung sozialer Belange kleiner Unterneh-
men und Existenzgründer sollen durch die Verbreiterung der
Bemessungsgrundlage der bisherigen Gewerbesteuer die
Einnahmen der Gemeinden auf dem Niveau der Jahre 2006
und 2007 verstetigt werden. Dabei sei zum einen der Kreis
der Steuerpflichtigen um die selbständig Tätigen zu erwei-
tern. In die Bemessungsgrundlage seien sämtliche Schuld-
zinsen wie auch die Finanzierungsanteile von Mieten, Pach-
ten, Leasingraten und die Lizenzgebühren in voller Höhe
einzubeziehen. Kleine Unternehmen und Existenzgründer
sollen durch angemessene Freibeträge beim Gewerbeertrag
für natürliche Personen und Personengesellschaften von
30 000 Euro, bei juristischen Personen des öffentlichen
Rechts entlastet werden. Die Gewerbesteuerumlage der Ge-
meinden an den Bund sei sofort, die Gewerbesteuerumlage
an die Länder bis zum Ende des Jahres 2015 abzuschaffen.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Haushaltsausschuss hat den Antrag der Fraktion DIE
LINKE. in seiner 22. Sitzung beraten und empfiehlt mit den
Stimmen der Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und FDP
gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimm-
enthaltung der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN die Ablehnung.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat den
Antrag der Fraktion DIE LINKE. in seiner 13. Sitzung bera-
ten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktion DIE
LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN Ablehnung.

Stimmenthaltung der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN, den Antrag abzulehnen.

Die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und FDP legten
in den Ausschussberatungen dar, dass der angespannten
Haushaltssituation der Kommunen eine ebenso schwierige
Lage der Haushalte des Bundes und der Länder gegenüber-
stehe. Darüber hinaus sei das kommunale Investitionspro-
gramm in einem Umfang von über 13 Mrd. Euro aus Bun-
des- und Landesmitteln finanziert worden. Zudem sei das
Kindergeld erhöht und weitere Maßnahmen beim Familien-
leistungsausgleich ergriffen worden, die den Spielraum der
Gemeinden erweiterten.

Die Koalitionsfraktionen wiesen ferner auf die am 4. März
2010 konstituierte Gemeindefinanzkommission hin, die auf
der Basis einer Bestandsaufnahme Lösungsvorschläge zu
den drängenden Problemen des kommunalen Finanzsystems
erarbeite. Die Kommission prüfe alle Handlungsmöglichkei-
ten, wobei die Gemeinden in die Arbeit der Kommission
durch Vertreter der kommunalen Spitzenverbände eingebun-
den seien. Die Empfehlungen der Kommission, deren Zwi-
schenbericht für den 8. Juli 2010 angekündigt sei, sollten
daher zunächst abgewartet werden. Die Fraktion der FDP er-
gänzte im Ausschuss, dass eine Substanzbesteuerung der
Unternehmen ausgeschlossen werden müsse, da diese kri-
senverschärfend wirke und Arbeitsplätze gefährde.

Die Fraktion der SPD verdeutlichte im Ausschuss, dass die
Gewerbesteuer weder ersetzt oder abgeschafft, sondern wei-
terentwickelt werden sollte. Gleichwohl sei der zur Beratung
stehende Antrag nicht zustimmungsfähig, da die Abschaf-
fung der Gewerbesteuerumlage gefordert werde. Insbeson-
dere sei in diesem Zusammenhang auf die Frage zu verwei-
sen, ob Bund und Länder bei Wegfall der Umlage noch ein
Interesse am Fortbestand der Gewerbesteuer hätten. Der An-
trag finde deshalb nicht die Zustimmung der Fraktion der
SPD.

Die Fraktion DIE LINKE. erläuterte in den Ausschuss-
beratungen, dass die Haushaltssituation vieler Gemeinden
sich dramatisch verschlechtert habe. Die Finanzsituation
habe sich einerseits durch Steuerrechtsänderungen, die auf
Bundesebene beschlossen worden seien, und andererseits
durch die konjunkturelle Abschwächung erheblich ver-
schärft. Die Fraktion DIE LINKE. merkte an, dass Vertreter
des Parlaments nicht an der Arbeit der Gemeindefinanzkom-
mission beteiligt seien. Neben Überlegungen zur Weiterent-
wicklung der Gewerbesteuer zu einer Gemeindewirtschafts-
steuer sei nicht auszuschließen, dass ein Ersatz der
Gewerbesteuer durch höhere Anteile an der Umsatzsteuer
und einen kommunalen Zuschlag zur Einkommen- und Kör-
perschaftsteuer vorgeschlagen werde. Vor diesem Hinter-
grund sei eine Positionierung des Deutschen Bundestages
zugunsten der fortentwickelten Gewerbesteuer erforderlich.
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die
Stimmen der antragstellenden Fraktion DIE LINKE. bei

eine krisenfestere Ausgestaltung anzustreben, so dass ein
Hebesatzrecht auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/1783

vor dem Hintergrund der aktuellen Aufkommenseinbrüche
nicht zielführend erscheine. Es sei im Hinblick auf die Arbeit
der Gemeindefinanzkommission sicherzustellen, dass nicht
nur in einer Richtung Vorschläge geprüft würden. Dem vor-
liegenden Antrag könne indes nicht zugestimmt werden, da
in der inhaltlichen Ausgestaltung hinsichtlich der Abschaf-
fung der Gewerbesteuerumlage Differenzen beständen.

Berlin, den 19. Mai 2010

Antje Tillmann
Berichterstatterin

Dr. Birgit Reinemund
Berichterstatterin

Dr. Axel Troost
Berichterstatter

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