BT-Drucksache 17/1632

Rüstungsexportförderungsmaßnahmen der Bundeswehr

Vom 6. Mai 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/1632
17. Wahlperiode 06. 05. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Paul Schäfer (Köln), Jan van Aken, Christine Buchholz,
Dr. Diether Dehm, Annette Groth, Heike Hänsel, Harald Koch, Katrin Werner
und der Fraktion DIE LINKE.

Rüstungsexportförderungsmaßnahmen der Bundeswehr

Die Unterstützungsleistungen der Bundesregierung für die Exporte der deut-
schen Rüstungsindustrie beschränken sich nicht nur auf eine wohlwollende
Genehmigungspolitik. Auf vielfältige Weise wird das Zustandekommen dieser
Exportgeschäfte von ihr positiv beeinflusst und gestaltet. Zu den Instrumenten
gehören unter anderem die Gewährung von staatlichen Exportgarantien zur
Absicherung der Rüstungsexporte (Stichwort Hermes-Bürgschaften) und die
direkten Verhandlungen der Bundesregierung mit anderen Staaten über die
Weitergabe bzw. Überlassung von Wehrmaterial aus Beständen der Bundes-
wehr – gekoppelt an entsprechende Modernisierungsaufträge für deutsche
Rüstungsunternehmen.

Das Genehmigungsverfahren für Rüstungsexporte droht insbesondere dann zu
einer Farce zu werden, wenn bei den Beschaffungsverträgen der Bundeswehr
bereits der zukünftige Export der Waffensysteme in die Stückpreiskalkulationen
einfließt. So wurde zwischen den Eurofighter-Partnerländern Deutschland,
Großbritannien, Italien und Spanien 1986 vereinbart, dass die Partner den Ver-
kauf der gemeinsam entwickelten Produkte durch ein anderes Partnerland nicht
behindern dürfen. Damit wurde bereits im Vorfeld der Spielraum für eine Ver-
weigerung von Exportgenehmigungen erheblich eingeschränkt. Zudem scheint
die Bundesregierung auch andere exportfördernde Maßnahmen für die Rüs-
tungsindustrie durchzuführen, u. a. die Unterstützung auf Messen oder Ausbil-
dungsleistungen für Käufer. Im Januar letzten Jahres wurde z. B. bekannt, dass die
Bundeswehr zur Unterstützung von EADS (European Aeronautic Defence and
Space Company), das auf einen Verkauf des Eurofighter an Indien hofft, Euro-
fighter zur Rüstungsmesse AeroIndia nach Indien verlegt hatte. Dabei sind der
Bundeswehr Kosten von mehr als 600 000 Euro entstanden. EADS wurden
lediglich die Kosten für die Flugstunden in Indien in Höhe von etwa 177 000 Euro
in Rechnung gestellt. Auch beim derzeit teuersten Beschaffungsvorhaben der
Bundeswehr, dem Transportflugzeug A 400M, hat sich die Bundesregierung so-
gar schon vor der endgültigen Abnahme des Transportflugzeugs verpflichtet,
Kreditgarantien für den späteren Export bereitzustellen.

Über diese Aktivitäten zur Unterstützung von Rüstungsexporten und die da-

durch entstandenen Kosten hat die Bundesregierung bislang keine Rechenschaft
gegenüber der Öffentlichkeit ablegen müssen. Offen bleibt, ob das Bundesmi-
nisterium der Verteidigung angesichts der eigenen Beteiligung am Zustande-
kommen von Rüstungsexportgeschäften überhaupt im Bundessicherheitsrat
unbefangen über die Implikationen für die Sicherheit Deutschlands und die
Sicherheit in anderen Regionen bei den entsprechenden Anträgen auf Erteilung
der Genehmigung dieser Exporte urteilen kann.

Drucksache 17/1632 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Arbeitsgruppen oder ähnliche Einheiten für die Unterstützung
und Koordination des Exports von Waffensystemen sind derzeit im Vertei-
digungsministerium aktiv, wann wurden diese eingerichtet, und für welche
Waffensysteme sind diese zuständig?

2. Welche Initiativen haben diese Arbeitsgruppen jeweils entwickelt und um-
gesetzt, und wie bewertet die Bundesregierung jeweils die Arbeitsbilanz
dieser Arbeitsgruppen?

3. Welche unmittelbaren Unterstützungsleistungen, z. B. durch Ausbildung an
und mit Waffensystemen, wurden im Rahmen exportfördernder Maßnah-
men für Produkte der Rüstungsindustrie von der Bundeswehr seit 2005 für
wen und wo geleistet (bitte jeweils unter Angabe des Produktes und des
beteiligten Personals des Bundesministeriums der Verteidigung und der
Bundeswehr)?

4. Welche Kosten sind der Bundeswehr jeweils durch diese unmittelbaren Un-
terstützungsleistungen entstanden, und welcher Anteil wurde durch Dritte
erstattet (bitte jeweils unter Angaben, ob die Erstattungen durch Unterneh-
men oder Staaten erfolgten)?

5. Welche dieser unmittelbaren Unterstützungsleistungen wurden durch An-
frage der Industrie, anderen nicht-staatlichen Körperschaften, wie z. B. Mes-
severanstalter, oder anderen Staaten ausgelöst?

6. Welche mittelbaren Unterstützungsleistungen, z. B. Unterstützung durch
Organisationseinheiten, personelle Unterstützung und Messebesuchen,
wurden im Rahmen exportfördernder Maßnahmen für Produkte der Rüs-
tungsindustrie von der Bundeswehr seit 2005 für wen geleistet (bitte jeweils
unter Angabe des Produktes, der beteiligten Unternehmen und des beteilig-
ten Personals des Bundesministeriums der Verteidigung und der Bundes-
wehr)?

7. Welche Kosten sind der Bundeswehr jeweils durch diese mittelbaren Unter-
stützungsleistungen entstanden, und welcher Anteil wurde durch Dritte er-
stattet (bitte jeweils unter Angaben, ob die Erstattungen durch Unternehmen
oder Staaten erfolgten)?

8. Welche dieser mittelbaren Unterstützungsleistungen wurden durch Anfrage
der Industrie oder anderer nicht-staatlicher Körperschaften ausgelöst?

9. Bei wie vielen offiziellen Delegationsreisen der Bundesregierung seit 2006
in welche Staaten waren Vertreterinnen/Vertreter der Rüstungsindustrie
dabei (bitte aufgeschlüsselt nach Jahren)?

10. Welche Unterstützungsleistungen, z. B. durch Bereitstellung von Räumlich-
keiten, haben die deutschen Botschaften seit 2006 für die Anbahnung von
und Verhandlung über Rüstungsexportgeschäfte geleistet?

11. Für welche Exporte in welche Staaten im Zusammenhang mit dem A 400M
wurden der Herstellerfirma EADS im März 2010 staatliche Exportkredite in
welcher Höhe zugesichert?

12. Welche rechtliche Bindungskraft entfaltet eine solche vertragliche Verein-
barung für die Bundesregierung im Hinblick auf das Genehmigungsverfah-
ren von Exportkrediten im Interministeriellen Ausschuss und das Genehmi-
gungsverfahren für Rüstungsgüter, u. a. im Bundessicherheitsrat?

13. Welche Möglichkeiten hat die Bundesregierung solche vertraglich verein-
barten Exportkreditgarantien bei einem konkreten Rüstungsexportgeschäft

zu verweigern, und was wären die rechtlichen und finanziellen Konsequen-
zen?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/1632

14. Bei welchen laufenden Entwicklungs- und Beschaffungsvorhaben der Bun-
deswehr hat sich die Bundesregierung vertraglich dazu verpflichtet, den
Export dieser Waffen sowie entsprechender Teile an Drittstaaten zu unter-
stützen bzw. bei Versagung eines solchen Exportes aufgrund der deutschen
Ausfuhrgesetze und politischen Richtlinien für den Export von Kriegswaf-
fen und sonstigen Rüstungsgütern, für Alternativen zu sorgen bzw. das
Unternehmen zu entschädigen oder anderweitig dessen Verlust zu kompen-
sieren?

15. Bei welchen Verkäufen und unentgeltlichen Abgaben von Bundeswehr-
material an Drittstaaten seit 1998 erhielten welche deutschen Unternehmen
nach Kenntnis der Bundesregierung entweder vor oder nach der Ausliefe-
rung Aufträge für die Instandsetzung und Modernisierung dieser Rüstungs-
güter?

16. In welchen Fällen hat bereits während der Vertragsverhandlungen der Bun-
desregierung über die Abgabe oder den Verkauf von Wehrmaterial die
Beteiligung deutscher Unternehmen eine Rolle gespielt, und in welchen
Fällen wurde eine solche Beteiligung zu einer Bedingung gemacht?

17. Welche Einnahmen hat die Bundesregierung aus Rückerstattungen bzw.
Rückzahlungen von Entwicklungskosten und aus Lizenzeinnahmen im Zu-
sammenhang mit dem Export von Rüstungsgütern seit 2005 erzielt (bitte
nach Jahren und Rüstungsgütern aufgeschlüsselt)?

Berlin, den 6. Mai 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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