BT-Drucksache 17/1618

Sicherstellung der Unternehmensfinanzierung des Mittelstands

Vom 5. Mai 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/1618
17. Wahlperiode 05. 05. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Peter Friedrich, Garrelt Duin, Hubertus Heil (Peine),
Doris Barnett, Klaus Barthel, Martin Dörmann, Iris Gleicke, Rolf Hempelmann,
Ute Kumpf, Manfred Nink, Thomas Oppermann, Wolfgang Tiefensee,
Andrea Wicklein, Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion der SPD

Sicherstellung der Unternehmensfinanzierung des Mittelstands

Mittelständische Unternehmen in Deutschland spüren die Auswirkungen der
Wirtschaftskrise in besonderem Maße. Die Eigenkapitalbasis kleiner und mitt-
lerer Unternehmen, die Herz und Motor der deutschen Wirtschaft repräsen-
tieren, reduziert sich angesichts ausbleibender Aufträge massiv und lässt den
Konkurs durch Überschuldung zu einer realen Gefahr werden.

Das gemeinsame Ziel aller Akteure muss es deshalb sein, gerade kleinen und
mittleren Unternehmen aus der Kreditkrise herauszuhelfen. Mittelständische
Branchenstrukturen sowie die Unternehmen mit ihren Belegschaften und deren
Qualifikationen müssen erhalten bleiben, um nachhaltigen Schaden von der
Volkswirtschaft abzuwenden. Dies gilt auch, um die Innovationsfähigkeit der
deutschen Wirtschaft über die Krise zu retten. Ein Land, das kein Gold im Boden
hat, muss auf das Gold in den Köpfen setzen – vor allem in den kleinen und
mittleren Unternehmen unseres Landes.

Traditionell basiert die Finanzierung mittelständischer Unternehmen in
Deutschland auf zwei Säulen: der Innenfinanzierung aus einbehaltenen Gewin-
nen sowie der Kreditfinanzierung über Banken. Die Folgen der Wirtschaftskrise
und die sich nur langsam verbessernden konjunkturellen Zukunftsaussichten
verschlechtern die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Unternehmen.
Durch rückläufige Umsätze bei konstanten Betriebskosten sind die Unterneh-
men gezwungen, zur Finanzierung laufender Kosten ihre Eigenkapitalbasis
heranzuziehen, was ihre Bonität beeinträchtigt und die Konditionen neuer Kre-
dite verschlechtert. Die Bonität einzelner Unternehmen verschlechtert sich auch
durch rückläufige Ertragserwartungen und führt zur Anwendung verschärfter
Kreditvergabebedingungen, in deren Folge die Banken für höhere Kreditrisiken
eine höhere Eigenkapitalausstattung vorhalten müssen.

Zahlen der Europäischen Zentralbank zur Vergabe von Krediten an Unterneh-
men in der Eurozone belegen eine deutlich nachlassende Kreditdynamik, die als
eindeutiges Alarmzeichen gesehen werden kann. Zwischenzeitlich spürt auch

der Mittelstand die zurückgehende Kreditvergabe der Banken. Zudem wird als
problematisch bewertet, dass innovative Unternehmen und Existenzgründer zu-
nehmend Finanzierungsschwierigkeiten haben. Auch die große Exportabhän-
gigkeit der deutschen Wirtschaft erweist sich als verschärfender Faktor. Bei der
Bewertung der momentanen Entwicklung wird vielfach befürchtet, dass eine
Situation eintreten könnte, in der Beschränkungen des Kreditangebots den kon-
junkturellen Aufschwung hemmen.

Drucksache 17/1618 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie bewertet die Bundesregierung die aktuelle Situation bei der Finanzie-
rung kleiner und mittlerer Unternehmen?

2. Welche Entwicklung erwartet die Bundesregierung bei der Finanzierung
kleiner und mittlerer Unternehmen für den weiteren Jahresverlauf 2010 und
das Jahr 2011?

3. Welche Faktoren macht die Bundesregierung für die nachlassende Dynamik
bei der Vergabe von Krediten an kleine und mittlere Unternehmen verant-
wortlich?

4. Schließt sich die Bundesregierung der Befürchtung an, dass in absehbarer
Zeit eine Situation eintreten könnte, in der Beschränkungen bei der Kredit-
vergabe den konjunkturellen Aufschwung hemmen könnte?

5. Mit welchen Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung dieser Gefahr
entgegenzuwirken und gerade kleinen und mittleren Unternehmen aus der
Kreditkrise herauszuhelfen?

6. Gedenkt die Bundesregierung Maßnahmen zu ergreifen, um kleineren und
mittleren Unternehmen, deren Eigenkapitalbasis durch die Krise ange-
griffen und teilweise aufgezehrt ist, bei der Überwindung ihrer Bonitäts-
probleme zu unterstützen?

7. Wie bewertet die Bundesregierung Forderungen nach einer stärkeren
Eigenkapitalfinanzierung von Unternehmen, um über eine unmittelbare
Absicherung der wirtschaftlichen Substanz gerade kleiner und mittlerer
Unternehmen die aktuelle Problemlage zu meistern?

8. Schließt sich die Bundesregierung der vielfach geäußerten Befürchtung an,
dass gerade innovative Unternehmen sowie Existenzgründerinnen und
Existenzgründer Finanzierungsschwierigkeiten unterliegen, was der Inno-
vationsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland nachhaltigen Scha-
den zufügen könnte?

9. Mit welchen Maßnahmen will die Bundesregierung einer solchen Gefähr-
dung der Innovationsfähigkeit der deutschen Wirtschaft entgegenwirken?

10. Wie bewertet die Bundesregierung die Forderung nach Einrichtung eines
Beteiligungsfonds zur Stärkung mittelständischer Unternehmer, die unver-
schuldet in die Krise geraten sind?

11. Wie bewertet die Bundesregierung das Instrument einer Mittelstands-
anleihe, die teilweise durch die Banken und teilweise durch den Staat zu
verbürgen wäre und den Liquiditätsbedarf der mittelständischen Wirtschaft
zu annehmbaren Konditionen sicherstellen könnte?

12. Zu welchem Ergebnis ist die von der Bundesregierung zugesagte Prüfung
der Möglichkeit gelangt, zur Schaffung zusätzlicher Spielräume für die Mit-
telstandsfinanzierung die Kreditvergabe durch Portfoliogarantien zu risiko-
adäquaten Preisen zu beleben?

13. Schließt sich die Bundesregierung der Auffassung an, dass ein auf Bundes-
ebene eingerichteter Kreditmediator ohne niedrigschwelliges Mediations-
angebot in der Fläche, z. B. auf Ebene der Kommunen oder im Rahmen der
regionalen Wirtschaftsförderung, einen nur begrenzten Wirkungsradius
hat?

Wie grenzt sich die bundesweite Mediation von den regionalen „Media-
tionstischen“ der Spitzenverbände der Wirtschaft ab?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/1618

14. Beabsichtigt die Bundesregierung, unter angemessener Wahrung der Ge-
schäftsgeheimnisse kreditvergebender Banken die Transparenz für mittel-
ständische Kreditnehmer zu steigern und für sie nachvollziehbar zu ma-
chen, und anhand welcher Kriterien wird ihre Kreditwürdigkeit auf- bzw.
vor allem abgewertet?

15. Wie beurteilt die Bundesregierung die Einschätzung der großen internatio-
nalen Ratingagenturen, wonach die Kreditwürdigkeit mittelständischer Un-
ternehmen abnimmt?

16. Beabsichtigt die Bundesregierung, die Beratung von Unternehmen hin-
sichtlich der zahlreichen Förderprogramme für den Mittelstand in der Flä-
che zu verbessern, dadurch deren Nutzung zu verstärken und zu einer bes-
seren Entfaltung ihrer Wirkung beizutragen?

Ist daran gedacht, durch unterstützende Maßnahmen das Verhältnis zwi-
schen Kreditnehmern und Kreditgebern zu verbessern und Vertrauen in die
Hausbanken zu steigern?

Beabsichtigt die Bundesregierung, die Beratungskompetenz insbesondere
kleiner Regionalbanken in Bezug auf Förderinstrumente vor allem der KfW
Bankengruppe zu stärken?

Berlin, den 5. Mai 2010

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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