BT-Drucksache 17/14650

Beschlussempfehlung und Bericht des Verteidigungsausschusses als 2. Untersuchungsausschuss gemäß Artikel 45a Absatz 2 des Grundgesetzes

Vom 2. September 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/14650
17. Wahlperiode 02. 09. 2013

Beschlussempfehlung und Bericht
des Verteidigungsausschusses als 2. Untersuchungsausschuss
gemäß Artikel 45a Absatz 2 des Grundgesetzes

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Bericht des Verteidigungsausschusses als 2. Untersuchungsausschuss gemäß Artikel 45a Absatz 2 des Grundgeset-
zes wird zur Kenntnis genommen.

Berlin, den 26. August 2013

Der Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss
gemäß Artikel 45a Absatz 2 des Grundgesetzes

Dr. h. c. Susanne Kastner Markus Grübel Rainer Arnold Joachim Spatz

Vorsitzende Berichterstatter Berichterstatter Berichterstatter

Jan van Aken Omid Nouripour

Berichterstatter Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/14650

SeiteI n h a l t s v e r z e i c h n i s

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Erster Teil:
Einsetzung des Untersuchungsausschusses und Verlauf
des Untersuchungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

A. Einsetzung und Konstituierung des Untersuchungsausschusses . . . 17

I. Vorgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

II. Konstituierung des Untersuchungsausschusses und
Untersuchungsauftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

1. Untersuchungsauftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

2. Mitglieder des Untersuchungsausschusses . . . . . . . . . . . . . . . 20

3. Benannte und ermächtigte Mitarbeiter der Fraktionen . . . . . . 22

4. Beauftragte der Bundesregierung und des Bundesrates . . . . . 23

5. Sekretariat des Untersuchungsausschusses . . . . . . . . . . . . . . . 23

B. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

I. Rechtsgrundlagen für die Arbeit des Untersuchungsaus-
schusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

II. Beschlüsse und Absprachen zum Verfahren . . . . . . . . . . . . . . 25

III. Beweiserhebung durch Beiziehung und Verlangen der
Herausgabe von Akten und sonstigen Unterlagen . . . . . . . . . . 29

1. Art, Herkunft und Umfang des Beweismaterials . . . . . . . . . . 29

2. Bitten um fristgemäße Aktenvorlage und Vollständigkeits-
erklärung gemäß § 18 Absatz 2 PUAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

3. Einstufungen von Beweismaterialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

IV. Beweiserhebung durch Vernehmung von Zeugen . . . . . . . . . . 30

1. Behandlung von Beweisanträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
a) Entscheidung über die Beweisanträge . . . . . . . . . . . . . . . . 30
b) Terminierung der Vernehmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

2. Durchführung der Zeugenvernehmungen . . . . . . . . . . . . . . . . 30
a) Keine Live-Übertragung öffentlicher Sitzungen . . . . . . . . 32
b) Aussagegenehmigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
c) Rechtsbeistand von Zeugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
d) Zeugnis- und Auskunftsverweigerungsrechte . . . . . . . . . . 32

3. Vernehmung ausländischer Zeugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

4. Beschlossene, aber nicht terminierte Zeugen . . . . . . . . . . . . . 32

5. Formeller Abschluss der Zeugenvernehmungen . . . . . . . . . . . 32

V. Zeit- und Arbeitsaufwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

VI. Bericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

Drucksache 17/14650 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

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1. Zeitplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

2. Feststellung des Berichtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

3. Rechtliches Gehör . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

4. Anfügung von Protokollen an den Bericht . . . . . . . . . . . . . . . 35

VII. Umgang mit Beweismitteln nach Vorlage des Berichtes . . . . . 35

Zweiter Teil:
Feststellungen zum Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

A. Beginn und Verlauf des Entwicklungsprojektes EURO HAWK
bis zum Vertragsschluss im Jahr 2007 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

I. Schrittweise Aussonderung des Systems Breguet 1150
Atlantic SIGINT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

II. Durchführung von Konzeptstudien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

III. Verfahrensbestimmungen des Customer Product Manage-
ments (CPM) 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

1. Analysephase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
a) Feststellung einer Fähigkeitslücke in der Systemfähig-

keitsforderung (SFF) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
b) Aufzeigen eines Lösungsweges in der abschließenden

funktionalen Forderung (AF) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

2. Projektierungsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

3. Einführungsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

IV. Rechtliche Rahmenbedingungen für die Zulassung und
den Betrieb von Luftfahrzeugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

1. Allgemeine luftverkehrsrechtliche Regelungen . . . . . . . . . . . 39

2. Ausnahmeregelung des § 30 LuftVG für die
Bundeswehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
a) Zulassungskategorien von unbemannten Luftfahrzeugen. . 39

aa) Kategorie 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
bb) Kategorie 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
cc) Kategorie 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

b) Musterprüfung und Musterzulassung . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

V. Beauftragung und Erstellung einer Systemfähigkeits-
forderung (SFF) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

VI. Phasendokument „Abschließende funktionale Forderung
(AF) für das System Signalerfassende Luftgestützte
Weiträumige Überwachung und Aufklärung“ (SLWÜA) . . . 41

1. Aufgabenspektrum eines Systems SLWÜA . . . . . . . . . . . . . . 41

2. Funktionale Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

3. Untersuchte Lösungswege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

4. Entscheidung für ein unbemanntes Luftfahrzeug mit einer
SIGINT-Missionsausstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/14650

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a) Trägersystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
b) Entwicklung eines SIGINT-Missionssystems ISIS . . . . . . 42

5. Realisierungsrisiken beim Entwicklungsprojekt . . . . . . . . . . . 42
a) Aufbau auf einer US-amerikanischen Musterzulassung . . 42
b) Nutzung teilweise gesperrter Lufträume für den Steig-

und Sinkflug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

6. Bau eines Full Scale Demonstrators . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

7. Vorgaben zum Kostenrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

VII. Projektbezogene Aktivitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

1. Gespräche mit der Industrie über den Musterzulassungs-
prozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

2. Aufforderung zur Angebotsabgabe an die Firma
EuroHawk GmbH für die Projektierungsphase für
ein System SLWÜA im September 2004 . . . . . . . . . . . . . . . . 44

3. Entscheidung für den Stationierungsstandort Militärflugplatz
Schleswig-Jagel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

4. Vorlage von Vertragsangeboten durch die Firma
EuroHawk GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

5. Abschluss diverser Vereinbarungen vor Vertragsschluss . . . . 46
a) Memorandum of Understanding (MoU) . . . . . . . . . . . . . . 46
b) Technical Assistance Agreements (TAA) . . . . . . . . . . . . . 46

VIII. Erste Zwischenentscheidung zum Phasendokument
AF SLWÜA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

1. Präzisierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

2. Kostensteigerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

3. Risikoabschätzung gegenüber der AF SLWÜA . . . . . . . . . . . 47

B. Vertragsschluss im Januar 2007 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

I. Verfolgte Absicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

1. Trägerplattform auf Basis des GLOBAL HAWK . . . . . . . . . . 49

2. Entwicklung eines SIGINT-Missionssystems . . . . . . . . . . . . . 49

II. Freihändige Vergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

III. Vertragsvorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

IV. Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

1. Entwicklungsziel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

2. Geschuldete Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
a) „Bemühensklausel“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
b) Fester Leistungsanteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
c) Optionale Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
d) Aktivitäten zum Erreichen einer Musterzulassung . . . . . . 51

3. Laufzeit und Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

4. Vertragliche Risikoverteilung und -minimierung . . . . . . . . . . 53

Drucksache 17/14650 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

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a) Risikoverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
b) Gewährleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
c) Kündigungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54

V. Prüfung von Rechtsfragen durch eine Rechtsanwalts-
kanzlei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

VI. Billigungsverfahren/Mitwirkungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

1. Beteiligung des Bundesministeriums der Finanzen . . . . . . . . . 55

2. Beteiligung des Deutschen Bundestages . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

VII. Unterrichtung der Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

C. Verlauf des Entwicklungsprojektes EURO HAWK 2007 bis
2009 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

I. Vorlage eines unvollständigen Musterprüfprogramms
durch die Industrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

II. Vorlage der für die Musterprüfung erforderlichen Nachweise
durch die Industrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

1. Überlassung qualitativ und quantitativ unzureichender
Dokumente und Unterlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

2. Auswirkungen auf den Musterzulassungsprozess . . . . . . . . . . 58

III. Personalsituation bei der WTD 61/ ML und beim BWB . . . . . 58

IV. Vertragliche Änderungen/Anpassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

2. Erster Änderungsvertrag vom 17. Dezember 2008 . . . . . . . . . 60

3. Zweiter Änderungsvertrag vom 26. März 2009 . . . . . . . . . . . 60

4. Dritter Änderungsvertrag vom 26. Juni 2009 . . . . . . . . . . . . . 60
a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
b) Inhaltliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
c) Projektrisiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

V. Abbruch des Gemeinsamen Auswertesystems der tech-
nischen und elektronischen Aufklärung (GAST) . . . . . . . . . . . 61

VI. Joint Mission Planning Station (JMPS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

a) Die Aufnahme in den Entwicklungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . 61

b) Die neue Version 1.3.3. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

c) Der Rückgriff auf das Air Force Mission Support System . . . 62

D. Verlauf des Entwicklungsprojektes EURO HAWK Ende 2009
bis Anfang 2013 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

I. Allgemeiner Verlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

1. Roll-Out des Full Scale Demonstrators . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

2. Überführungsflug des Full Scale Demonstrators am
20. und 21. Juli 2011 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/14650

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3. Integration ISIS und Erprobungsflüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
a) Integration des Missionssystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
b) Aufnahme der Erprobungsflüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
c) Ziel der Erprobung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

aa) Verfahren zur Erprobung ISIS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
bb) Datenschutzrechtliche Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

II. Vertragliche Änderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

1. Änderungsverträge 4 bis 7 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

2. Änderungsverträge 8, 9 und 10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

III. Auftretende Probleme im Bereich der Zulassung . . . . . . . . . . 67

1. Grundlagen des Zulassungswesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
a) Zulassungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
b) Zuständigkeiten und Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

2. Abstimmung Musterprüfprogramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
a) Ausgangssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
b) Musterprüfrahmenprogramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
c) Zugang zu und Verfügbarkeit von relevanten

Dokumenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
d) Schwierigkeiten im Herbst 2009 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

3. Musterzulassung des Full Scale Demonstrators . . . . . . . . . . . 70
a) Gesprächsbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70

aa) Anregung einer Besprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
bb) Informationen im Vorfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71

b) Besprechung am 3. Februar 2010 in Manching . . . . . . . . . 72
aa) Standpunkt von Northrop Grumman . . . . . . . . . . . . . 72

aaa) Erkenntnisgewinn zu den (nicht) leistbaren
Anforderungen der Musterprüfung des
Full Scale Demonstrators . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72

bbb) Lösungsvorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74
bb) Bewertung und Entscheidung des Projektleiters . . . . 74

aaa) Zweck des Full Scale Demonstrators . . . . . . . . . 74
bbb) Bedeutung der Vorläufigen Verkehrszulassung 75
ccc) Unterschied Musterprüfung – Prototypenprüfung 75
ddd) Verschieben der Aktivitäten . . . . . . . . . . . . . . . 76
eee) Weiterer Verlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77

c) Unterrichtung über die getroffene Entscheidung . . . . . . . . 77
aa) Auf dem Dienstweg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
bb) In den Projekstatusberichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
cc) Auf anderen Kommunikationswegen . . . . . . . . . . . . . 78
dd) Rückblickende Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78

4. Musterzulassung der Serie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
a) Frühere Kenntnis zur Frage der Entscheidung der

Projektleitung zum Umschwenken auf eine
Prototypenprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78

b) Entwicklung im Jahr 2011 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

Drucksache 17/14650 – 8 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

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aa) Erkenntnis über unterschiedliche Zulassungs-
philosophien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

bb) Einschätzung der WTD 61 vom 15. Juni 2011 . . . . . . 80
cc) Unmittelbare Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
dd) Erkenntnis über Mehrkosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82

aaa) Kenntnisse des BWB über erhebliche
Kostenrisiken in 2010 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82

bbb) Unterrichtung des Abteilungsleiters Rüstung
am 24. November 2011 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

ccc) „Hoher zweistelliger Millionenbetrag“ . . . . . . . 83
c) Validierung der Mehrkosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84

aa) „100 Millionen Euro“ (Bericht vom 20. Dezem-
ber 2011) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84
aaa) Rückfragen des Abteilungsleiters Rüstung . . . . 84
bbb) Vorlage vom 18. Januar 2012 . . . . . . . . . . . . . . 84
ccc) E-Mail des Abteilungsleiters Rüstung vom

19. Januar 2012 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
bb) „250 bis 500 Millionen Euro“ (Besprechung vom

25. Januar 2012) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
cc) „596 Millionen Euro“ (Vorlage vom 30. Januar

2012) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
d) Informationsvorlage an Staatssekretär Beemelmans

vom 8. Februar 2012 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86
aa) Rüstungsklausur am 1. März 2012 . . . . . . . . . . . . . . . 87
bb) Bewertung durch die Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . 88
cc) Rückblickende Einschätzung der realisierbaren

Muster- bzw. Verkehrszulassung . . . . . . . . . . . . . . . . 89

IV. Probleme bei der Zulassung der EuroHawk GmbH als
Luftfahrtbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

1. Ausgangssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

2. Erweiterung der Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

3. Terminliche Sicherstellung der ISIS-Erprobungsflüge . . . . . . 90

4. Gesprächsvorbereitungen September 2012 . . . . . . . . . . . . . . . 90

5. Erteilung der Zulassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91

V. Maßnahmen zur Schadensvermeidung/Handlungs-
alternativen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91

1. Absehen von der Fortführung des Projektes . . . . . . . . . . . . . . 91
a) Vorzeitiger Abbruch des Projektes . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91

aa) Schließen der bestehenden Fähigkeitslücke
SLWÜA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
aaa) Vorlage an Staatssekretär Wolf vom 15. Juni

2012 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
bbb) Studie zu „Zwischenlösungen“ . . . . . . . . . . . . . 92

bb) Rückblickende Bewertung der Beteiligten . . . . . . . . . 92
b) Vertragskündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94

2. Zurückstellen der Beschaffung von Langläuferbauteilen . . . . 94
a) Erste Vorlage vom 10. Oktober 2011 . . . . . . . . . . . . . . . . 94

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 9 – Drucksache 17/14650

Seite

b) Rückfragen der Staatssekretäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94
c) Anhalten der zweiten Vorlage vom 22. November 2011 . . 95
d) Kenntnisnahme der Staatssekretäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95

3. Alternative Zulassungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96
a) Erste Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96

aa) Billigung des Vorgehens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96
bb) Besprechung vom 28. Februar 2012 . . . . . . . . . . . . . . 97
cc) Bewertung der Abteilung Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . 97

b) Ausnahmeregelung nach ZDv 19/1 Nr. 316 . . . . . . . . . . . 97
aa) Einsetzung einer Arbeitsgruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . 97

aaa) Bericht vom 30. April 2012 . . . . . . . . . . . . . . . . 97
bbb) Bericht vom 14. Mai 2012 . . . . . . . . . . . . . . . . . 98
ccc) Vorlagen vom 25. Juni 2012 . . . . . . . . . . . . . . . 98

bb) Unterrichtungsvorlage vom 1. Oktober 2012 . . . . . . . 99
aaa) Gesamtschau Zulassung HALE/MALE . . . . . . . 99
bbb) Interner Bericht des BAAINBw . . . . . . . . . . . . . 100

cc) Ergebnis der Arbeitsgruppe vom 22. Novem-
ber 2012 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100

c) Stückbezogene Vorläufige Verkehrszulassung . . . . . . . . . 101
aa) Anfrage des Projektleiters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
bb) Stellungnahme des Leiters ML . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
cc) Bewertung des Projektleiters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

d) Abschließende zusammenfassende Bewertung des
BAAINBw . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

4. Alternative Trägerplattform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
a) Studien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103

aa) Untersuchung vom 28. November 2012 . . . . . . . . . . . 103
aaa) Mögliche Alternativen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
bbb) Bewertung des BAAINBw . . . . . . . . . . . . . . . . 103
ccc) Weiteres Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104

bb) Vertiefende Untersuchungen vom März 2013 . . . . . . 104
cc) Kostenrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105

b) Bedeutung für die Integration von ISIS . . . . . . . . . . . . . . . 105

5. Vorbereitung einer Entscheidungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . 106
a) Gesprächsvorlage für den Minister vom 5. Dezem-

ber 2012 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
b) Staatssekretärsvorlage vom 20. Dezember 2012 . . . . . . . . 107

VI. Überwachung des Projektverlaufs durch die Bundes-
regierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108

1. Controlling und Fachaufsicht im BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . 108
a) Kritik des Bundesrechnungshofes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108
b) Umsetzung im Projekt EURO HAWK . . . . . . . . . . . . . . . 109

aa) Projektstatusberichte und Schwachstellen . . . . . . . . . 109
bb) Bewertung des Ministers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109

2. Novellierung des Customer Product Managements 2010 . . . . 109
a) Anlass der Novellierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110
b) Neuerungen des CPM (nov.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110

Drucksache 17/14650 – 10 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Seite

3. Zweite Zwischenentscheidung zur Abschließenden
funktionalen Forderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111
a) Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111
b) Verzögerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

VII. Eingesetzte Haushaltsmittel seit dem dritten Änderungs-
vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112

1. Veranschlagte Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112
a) Entwicklungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112
b) CLS-Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112

2. Tatsächliche Ausgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113

VIII. Bewertung des Bundesrechungshofes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
1. Informationsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113

2. Neubewertung 2009 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
a) Ansicht des Bundesrechnungshofes . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
b) Ansichten der Vertreter des BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113

3. Neubewertung 2011 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114

E. Entscheidung zum Verzicht auf die Serienbeschaffung
EURO HAWK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115

I. Inhaltliche Aspekte der Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115

II. Beweggründe für die Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116

1. Finanzielles Risiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116
a) Mehrkostenschätzung der Industrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116
b) Mehrkostenschätzung des BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
c) Stellungnahmen zu der Kostendifferenz . . . . . . . . . . . . . . 118

2. Zeitliche Verzögerung im Hinblick auf das Missions-
planungssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119

3. Fehlende Beherrschbarkeit des Musterzulassungsprozesses 119

4. Alternative Trägerplattformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119
a) Vorliegende Untersuchungen und Studien zu alter-

nativen Trägerplattformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120
b) Zeugenaussagen zur möglichen Weiterverwendung

von ISIS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121

III. Information über und Kenntnis von Zulassungs-
problemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123

1. Innerhalb des Bundesministeriums der Verteidigung . . . . . . . 123
a) Kenntnis auf Staatssekretärsebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123
b) Kenntnis des Ministers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123

aa) E-Mail des Abteilungsleiters Rüstung vom
19. Januar 2012 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124

bb) Rüstungsklausur am 1. März 2012 . . . . . . . . . . . . . . . 125
cc) Besuch des Ministers bei der Firma EADS Division

Cassidian in Manching am 10. Dezember 2012 . . . . . 126
dd) Abteilungsleitervorlage vom 3. Januar 2013 mit

Anmerkung des Abteilungsleiters . . . . . . . . . . . . . . . 126

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 11 – Drucksache 17/14650

Seite

ee) Ministervorlage vom 6. März 2013 zur Vorberei-
tung des Gespräches mit den Berichterstattern
des Haushaltsausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127

ff) Zeitungsartikel im Donaukurier vom 8. Mai 2013 . . . 128

gg) Differenzierung nach Vorlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . 128

hh) Verantwortlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130

2. Innerhalb der Bundesregierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130

IV. Information des Parlamentes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

1. Verschiedene parlamentarische Anfragen an die Bundes-
regierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

2. Sitzungen des Verteidigungsausschusses am 24. April 2013
und 15. Mai 2013 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132

3. Regierungserklärung am 16. Mai 2013 vor dem
Deutschen Bundestag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133

4. Sitzung des Verteidigungsausschusses am 5. Juni 2013 . . . . . 133

5. Sitzung des Verteidigungsausschusses am 10. Juni 2013 . . . . 134

6. Information des Haushaltsausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135

7. Zeugenaussagen zur rechtzeitigen Einbindung des
Parlamentes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135

V. Information der Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137

1. Pressekonferenz am 15. Mai 2013 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137

2. Pressekonferenz am 5. Juni 2013 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137

3. Pressekonferenz am 10. Juni 2013 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137

VI. Juristische Überprüfung von etwaigen Haftungs- und
Gewährleistungsansprüchen gegenüber der Auftrag-
nehmerin sowie Eintritt eines eventuellen Schadens . . . . . . . . 138

1. Prüfung von Regressmöglichkeiten durch eine Rechts-
anwaltskanzlei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138

2. Eventueller materieller Schaden und seine Höhe . . . . . . . . . . 138

3. Schadensvermeidung durch früheren Abbruch des
Projektes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140

VII. Auswirkungen der Entscheidung auf andere Rüstungs-
vorhaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

1. Auswirkungen auf NATO-Alliance Ground Surveillance
(AGS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

a) AGS Core . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

b) Konsequenzen für die Nationale Beistellung für
NATO AGS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143

2. Auswirkungen auf MALE Überbrückungslösung . . . . . . . . . . 144

Drucksache 17/14650 – 12 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Seite

Dritter Teil:
Bewertungen des Untersuchungsausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145

A. Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145

B. Bewertung der Untersuchungsergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147

I. Schließung der Fähigkeitslücke nach „Breguet Atlantic“ . . . . 147

II. Projektverlauf CPM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147

1. Frühe Kenntnis über Entwicklungsrisiken . . . . . . . . . . . . . . . 147

2. Absenkung der Forderungen zur Teilnahme am allgemeinen
Luftverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149

3. Mangelnde Verzahnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149

4. ISIS-Erprobung wird sinnvollerweise fortgesetzt . . . . . . . . . . 150

5. Serie wird sinnvollerweise nicht beschafft . . . . . . . . . . . . . . . 150

6. Kein Schaden durch Entscheidung zur Nichtauslösung der
Serienbeschaffung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150

7. Richtige Schlussfolgerungen aus dem Euro Hawk Entwick-
lungsprozess gezogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151

III. Vertragsgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152

IV. Kenntnisstand des Bundesministers der Verteidigung
Dr. Thomas de Maizière, MdB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153

V. Befassung des Ministers mit dem Entwicklungsvorhaben
Euro Hawk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153

1. Verantwortung der Staatssekretärsebene im Bundes-
ministerium der Verteidigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155

2. Angeblicher Informationsstand der politischen Leitung
des Bundesministeriums der Verteidigung . . . . . . . . . . . . . . . 156
a) E-Mail des Abteilungsleiters Rüstung an das Büro von

Staatssekretär Beemelmans vom 19. Januar 2012 . . . . . . . 156
b) Paraphe auf der Informationsvorlage an den Abteilungs-

leiter Rüstung vom 3. Januar 2013 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156

VI. Verantwortlichkeiten des Bundesministers der
Verteidigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157

VII. Lessons learned . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158

1. „Waffengleichheit bei Vertragsschluss“ . . . . . . . . . . . . . . . . . 158

2. Gemeinsames Verständnis entwickeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158

3. CPM [nov.] ist ein wichtiger Markstein, bedarf aber der
weiteren Optimierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158

4. Projekt-Controlling verbessern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158

5. Aufstellung des BAAINBw („Protagonisten an einem
Tisch“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159

6. „Man muss auch mal Nein sagen können“/Ausstiegs-
kriterien definieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13 – Drucksache 17/14650

Seite

7. EU-weite Regelungen zwingend erforderlich . . . . . . . . . . . . . 159

8. Verbesserte Information des Deutschen Bundestages . . . . . . 159

VIII. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159

Vierter Teil:
Sondervoten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163

A. Sondervotum der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163

I. Erwiderung der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN zu den Anmerkungen der Ausschuss-
mehrheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163

II. Anlass und Ergebnis des Untersuchungsausschusses . . . . . . . 163

1. Der Anlass: Parlament und Öffentlichkeit werden falsch
informiert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164
a) Überraschende Bruchlandung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164
b) Mehrwöchige Untersuchung „führt hinter die Fichte“ . . . . 165
c) Wer weiß was von wem – und wer ist verantwortlich? . . . 165

2. Weitere und zukünftige Rüstungsprojekte: Die Ver-
pflichtung der Bundeswehr als Parlamentsarmee . . . . . . . . . . 166
a) Dauerbrenner Rüstung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166
b) Parlamentarische Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167

3. Wesentliche Erkenntnisse des Untersuchungsausschusses . . . 167

4. Kein „Geburtsfehler“ vor oder bei Abschluss des
Vertrages Anfang 2007 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167
a) Fähigkeitslücke, Risikoanalyse und -abwägung . . . . . . . . 168
b) Vertragsgestaltung: Wer trägt das Realisierungsrisiko? . . 168
c) Redliches Bemühen ausreichend? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168
d) Geld zurück? Oder: Die Show mit den Rechtsanwälten . . 169
e) Zulassung, Kat. 2 & 3 und CPM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169

5. Unzureichende Begleitung des Projektes und offenkundi-
ges Desinteresse der Leitung des BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . 170
a) Wesentliche Ereignisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170

aa) 3. Februar 2010: Verzicht auf die Musterzulassung 170
bb) 20./21. Juli 2011: Überführungsflug nach

Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171
cc) Herbst 2011: Beschaffung der Langläuferbauteile

wird angehalten, Serienbeschaffung fraglich . . . . . . . 172
dd) Januar 2012: Information der Spitze des Hauses . . . . 172
ee) 1. März 2012: Rüstungsklausur . . . . . . . . . . . . . . . . . 173
ff) 26. Juni 2012: Gespräch mit Abgeordneten der

Koalition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173
gg) September 2012: Irreführende Informationen des

BMVg gegenüber dem Parlament zur Bestellung
von Langläuferbauteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173

hh) 18. Oktober 2012: Parlamentarischer Abend
des BDSV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174

Drucksache 17/14650 – 14 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Seite

ii) 10. Dezember 2012: Besuch des Ministers in
Manching . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174

b) Fehler der Fachebene als Organisationsverschulden
der Leitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175

c) Minister kommt seiner Informationspflicht nicht nach . . . 177
aa) AGS und die Parallelen zu Euro Hawk . . . . . . . . . . . 177
bb) Fähigkeitslücke war seit 2010 offen und gegen-

wärtig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178
cc) Verhältnis de Maizière und Beemelmans . . . . . . . . . . 179

6. Verschwendung von Steuergeldern in dreistelliger Millionen-
höhe durch zu späten Projektabbruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179
a) Vermeidbarer Schaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180

aa) Außerordentliches Kündigungsrecht . . . . . . . . . . . . . 180
bb) Richtiger Zeitpunkt zur außerordentlichen

Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180
aaa) Fachebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180
bbb) Leitungsebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180

b) Weiterentwicklung war falsch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180
aa) Luftfahrzeug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
bb) Missionssystem „ISIS“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181

c) Weitere finanzielle Risiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
aa) Unsicherheitsfaktor „alternative Trägerplattform“ . . . 181
bb) NATO AGS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182

IV. Ausblick: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182

1. Defizite und fehlerhafte Strukturen im Ministerium . . . . . . . . 182

2. Reform des Beschaffungswesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183

3. Personeller und struktureller Neuanfang . . . . . . . . . . . . . . . . . 184

4. „Bermudadreieck“ aus Bedarfsträger, Amt und Industrie . . . 184

B. Sondervotum der Fraktion DIE LINKE. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187

I. Einleitende Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187

II. Die Rolle von Thomas de Maizière . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187

III. Militarisierung der deutschen Außenpolitik . . . . . . . . . . . . . . . 189

1. Euro Hawk für Auslandseinsätze der Bundeswehr . . . . . . . . . 189

2. Global Hawk für NATO-AGS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191
a) Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191
b) Funktionalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191

IV. „Ressortübergreifender“ Einsatz des Euro Hawk . . . . . . . . . . 192

1. Funktionen und Fähigkeiten des ISIS-Sensors . . . . . . . . . . . . 192

2. Euro Hawk und ISIS im ressortübergreifenden Einsatz . . . . . 192

3. Verschlüsselungstechnologie von der NSA . . . . . . . . . . . . . . 193

4. Datenerfassung bei Testflügen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194

V. Verzahnung zwischen Politik und Rüstungsindustrie . . . . . . . 195

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 15 – Drucksache 17/14650

Seite

1. Persönliche Verflechtungen am Beispiel EADS . . . . . . . . . . . 195

2. EADS-Einfluss zu Beginn des Euro Hawk-Projekts . . . . . . . . 195

3. EADS-Drohne als Alternative zum Euro Hawk? . . . . . . . . . . 196

4. EADS profitiert von der Ausentwicklung von ISIS . . . . . . . . 197

VI. Vertragsfragen: Die Industrie wird aus der Verantwortung
entlassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198

1. Freiwilliger Verzicht auf Erbringung vertraglich geschul-
deter Leistungen: Musterprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198

2. Keine Anstrengungen des Ministeriums zur Rechts-
durchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199

3. Haftungsbeschränkung: Öffentliches Risiko – Privater
Gewinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200

VII. Die Zulassungsprobleme des Euro Hawk . . . . . . . . . . . . . . . . . 201

1. Vernachlässigung der Verkehrssicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . 201

2. Druck auf die Mitarbeiter – Musterzulassung . . . . . . . . . . . . . 203

VIII. Verfahrensfragen: Die Grenzen der Aufklärung . . . . . . . . . . . 204

Fünfter Teil:
Übersichten und Verzeichnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207

I. Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207

II. Übersicht der Beratungsunterlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213

III. Beschlüsse zu Beweisanträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240

IV. Verzeichnis der Materialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281

V. Verzeichnis der Sitzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295

VI. Verzeichnis beigefügter Stenografischer Protokolle . . . . . . . . 296

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 17 – Drucksache 17/14650

Erster Teil:
Einsetzung des Untersuchungsausschusses
und Verlauf des Untersuchungsverfahrens
A. Einsetzung und Konstituierung des

Untersuchungsausschusses
I. Vorgeschichte
Am Anfang des Jahres 2013 erkundigten sich mehrere
Abgeordnete des Deutschen Bundestages bei der Bundes-
regierung nach dem Sachstand zum EURO HAWK-Pro-
jekt.

Auf eine schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Tobias
Lindner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), inwiefern es
seitens der Bundesregierung Überlegungen gebe, die Be-
schaffung des Systems EURO HAWK zu stoppen bzw.
zeitlich zu verzögern und welche Gründe dafür vorlägen,
antwortete der Parlamentarische Staatssekretär im Bun-
desministerium der Verteidigung (BMVg) Christian
Schmidt, MdB, am 25. Januar 2013:

„[…] Der Prozess der Zulassung des ersten unbe-
mannten Luftfahrzeugs dieser Größenordnung in
Europa hat sich als deutlich aufwändiger und zei-
tintensiver herausgestellt als erwartet. Dies hat zu
Verzögerungen geführt, die sich auch auf die Pla-
nungen zur Beschaffung der Serienluftfahrzeuge
ausgewirkt haben. Eine Entscheidung zum weite-
ren Vorgehen zur Serienbeschaffung Euro Hawk
wird derzeit erarbeitet.“1

Der Abgeordnete Dr. Hans-Peter Bartels (SPD) wandte
sich mit einem Schreiben vom 18. Februar 2013, in dem
er ebenfalls um Informationen zum Stand des Entwick-
lungs- und Beschaffungsvorhabens EURO HAWK bat, an
das BMVg. Der Parlamentarische Staatssekretär im
BMVg, Thomas Kossendey, MdB, antwortete in einem
Schreiben vom 20. März 2013, es sei zutreffend, dass
zum Erwirken einer Muster- und Verkehrszulassung nicht
unerhebliche Mehrkosten identifiziert worden seien.2
Ebenfalls mit Schreiben vom 18. Februar 2013 bat die
Vorsitzende des Verteidigungsausschusses Dr. h. c.
Susanne Kastner (SPD), MdB, auf Bitte des Abgeordne-
ten Rainer Arnold (SPD) um Übersendung eines schriftli-
chen Berichtes zum aktuellen Sachstand des Projektes
EURO HAWK. In diesem ersten Sachstandsbericht,
durch den Parlamentarischen Staatssekretär im BMVg
Thomas Kossendey mit Schreiben vom 22. April 2013 an
die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses übermit-
telt, wurde ausgeführt, dass nach aktueller Bewertung
hinsichtlich des Erwirkens einer Muster- und Verkehrszu-
lassung erhebliche Risiken und Mehrkosten festgestellt
worden seien. Das Bundesministerium der Verteidigung
bewerte derzeit, ob eine Beschaffung der Serie EURO
HAWK unter Berücksichtigung dieser neuen Erkennt-
nisse weiter verfolgt werden solle.3

Daraufhin bat die Abgeordnete Elke Hoff (FDP) in einer
E-Mail vom 23. April 2013 um kurzfristige Beantwor-
tung ihrer Fragen nach der Höhe der zu erwartenden Kos-
ten für die notwendigen Qualifikationsnachweise für die
Muster- und Verkehrszulassung sowie den dafür erwarte-
ten Zeitaufwand.4

Auch erreichten das BMVg zwischenzeitlich mehrere
Presseanfragen zu Zwischenfällen beim Betrieb des
EURO HAWK.5

Der Bericht des BMVg zum aktuellen Sachstand EURO
HAWK vom 22. April 2013 wurde in der 139. Sitzung
des Verteidigungsausschusses am 24. April 2013 beraten
und diskutiert.6

Am 26. April 2013 bat die Vorsitzende des Verteidigungs-
ausschusses, veranlasst durch ein Schreiben des Abgeord-
neten Rainer Arnold (SPD), das BMVg um Vorlage eines
schriftlichen Berichtes zum Thema „Entwicklung des
Systems EURO HAWK auf der Basis der 25 Millionen
Euro-Vorlage des BMF“. Zu den von dem Abgeordneten
Rainer Arnold (SPD) gestellten 14 Fragen, unter anderem
nach den zu beziffernden Kosten, wurde durch ein
Schreiben des Staatssekretärs im BMVg Stéphane
Beemelmans vom 14. Mai 2013 an die Vorsitzende des
Verteidigungsausschusses Stellung genommen. In diesem
Schreiben wurde auch die inzwischen erfolgte Entschei-
dung mitgeteilt,

„[…] den Erprobungsflugbetrieb bis zum
30. September 2013 mit dem Ziel des qualifizier-
ten Abschlusses der industrieseitigen Erprobung
des integrierten SIGINT Missionssystems (ISIS)
fortzuführen und die Serienbeschaffung des
EURO HAWK nicht vorzunehmen.“7

Mit gleichem Datum wurde der angeforderte Sachstands-
bericht zur „Entwicklung des Systems EURO HAWK auf
der Basis der 25 Millionen Euro-Vorlage des BMF“ an-
lässlich der nächsten Sitzung des Verteidigungsausschus-
ses am 15. Mai 2013 an die Ausschussvorsitzende über-
mittelt, in dem zu den bisherigen Ereignissen und
Hintergründen des Projektes EURO HAWK, zur weiteren
Vorgehensweise und zu den Kosten Stellung genommen
wurde.8

In der 141. Sitzung des Verteidigungsausschusses am
15. Mai 2013 wurde der „Bericht des BMVg zur Ent-
wicklung des Systems EURO HAWK auf der Basis der
25 Millionen Euro-Vorlage des BMF“ in Anwesenheit
des Staatssekretärs im BMVg Stéphane Beemelmans, des
Parlamentarischen Staatssekretärs Thomas Kossendey,
des Generalleutnants Peter Schelzig (Stellvertreter des

1 Bundestagsdrucksache 17/12239, S. 35.
2 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, Beilage 4 zu Anlage G, S. 1 f.
3 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, Beilage 6 zu Anlage G, S. 1 ff.

4 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe
EURO HAWK, Beilage 7 zu Anlage G, S. 1 (4).

5 Vgl. MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeits-
gruppe EURO HAWK, Beilage 7 zu Anlage G, S. 1 (2).

6 Vgl. Kurzprotokoll der 139. Sitzung des Verteidigungsausschusses
am 24. April 2013, MAT 17-1 zu BB 17-92, S. 401 ff.

7 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe
EURO HAWK, Beilage 9 zu Anlage G, S. 1.

8 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe
EURO HAWK, Beilage 8 zu Anlage G, S. 1 ff.

Drucksache 17/14650 – 18 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Generalinspekteurs der Bundeswehr), des Ministerial-
direktors Detlef Selhausen und des Präsidenten des Bun-
desamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nut-
zung der Bundeswehr (BAAINBw) Harald Stein
beraten.9 Staatssekretär Beemelmans berichtete, das
BMVg habe die „Reißleine“ an dem Vorhaben gezogen,
das nicht ohne erhebliche Mehraufwendungen hätte funk-
tionieren können. Die Abgeordneten erkundigten sich
nach Kosten und Mehraufwendungen, den Vertragsab-
schlüssen, nach Auswirkungen dieser Entscheidung und
Alternativen. Sie interessierten sich ferner für die Hinter-
gründe der Zulassungsproblematik, wann die Probleme
aufgetaucht seien, wann wer in der Bundesregierung was
gewusst habe und ob ein Abbruch nicht früher hätte erfol-
gen sollen. Auch wurde thematisiert, ob eine rechtzeitige
Information des Parlamentes erfolgt sei.10 In dieser
141. Sitzung beschloss der Verteidigungsausschuss, Ver-
teidigungsminister Dr. Thomas de Maizière in die nächste
Ausschusssitzung einzuladen und zu der Thematik EURO
HAWK zu befragen.

Zur Vorbereitung auf diese Sitzung des Verteidigungsaus-
schusses wurde im BMVg am 17. Mai 2013 eine Ad-hoc
Arbeitsgruppe EURO HAWK unter Leitung des Abtei-
lungsleiters Ausrüstung, Informationstechnik und Nut-
zung (AIN), Ministerialdirektor Detlef Selhausen, einge-
richtet. Der Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe11 lag in der
142. Sitzung des Verteidigungsausschusses am 5. Juni
2013 dem Ausschuss vor.

Kurz zuvor, mit Schreiben vom 3. Juni 2013, übersandte
der Bundesrechnungshof (BRH) seinen „Bericht nach
§ 88 Absatz 2 BHO an den Haushaltsausschuss des Deut-
schen Bundestages zur Entwicklung des EURO HAWK
Systems“ an die Vorsitzende des Verteidigungsausschus-
ses. Der Bundesrechnungshof nahm ausweislich der Dar-
stellung in seinem Bericht „Verzögerungen und Kosten-
steigerungen“ zum Anlass, ab November 2011 das
Vorhaben zu prüfen.12

In der erwähnten 142. Sitzung wurde zu Beginn der Be-
richt der Ad-hoc Arbeitsgruppe verteilt und die Beratung
der Berichte des Bundesministeriums der Verteidigung
zur Entwicklung des Systems EURO HAWK auf der Ba-
sis der 25-Millionen-Euro-Vorlage des Bundesministe-
riums der Finanzen aus dem Jahr 2007 in Anwesenheit
des Bundesministers der Verteidigung Dr. Thomas de
Maizière fortgesetzt. Im Rahmen der Beratung wurde
auch der vom BRH vorgelegte Bericht mit seinen Anmer-
kungen und Empfehlungen thematisiert.13 Unter Bezug-
nahme auf den vorgelegten Bericht der Ad-hoc Arbeits-
gruppe EURO HAWK trug der Bundesminister der

Verteidigung zu Beginn der Sitzung seine Bewertungen
und Konsequenzen zum EURO HAWK-Projekt vor.14
Nach eingehender Beratung waren aus Sicht der Opposi-
tionsfraktionen aber noch Fragen offengeblieben. Daher
wurde die weitere Diskussion auf die nächste Sitzung des
Verteidigungsausschusses vertagt.

Dementsprechend fand in der 143. Sitzung des Verteidi-
gungsausschusses am 10. Juni 2013 die Fortsetzung der
Beratung der Berichte des Bundesministeriums der Ver-
teidigung zur Entwicklung des Systems EURO HAWK
auf der Basis der 25-Millionen-Euro-Vorlage des Bundes-
ministeriums der Finanzen aus dem Jahr 2007 sowie zum
Rüstungsvorhaben NATO AGS statt.15

Die Sitzungen des Verteidigungsausschusses im Mai und
Juni wurden von einer umfänglichen Presseberichterstat-
tung begleitet. Aus Sicht mehrerer Abgeordneter blieben
zahlreiche Fragen unbeantwortet. Dies und die dargestell-
ten Umstände führten zur Einsetzung des Verteidigungs-
ausschusses als 2. Untersuchungsausschuss gemäß
Artikel 45a Absatz 2 Grundgesetz aufgrund eines ge-
meinsamen Antrages aller Fraktionen in der 145. Sitzung
des Verteidigungsausschusses am 26. Juni 2013. In der
gleichen Sitzung wurde ein Antrag auf Einsetzung der
Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
auf Ausschussdrucksache Nr. 17(12)1225, der bereits in
der Sitzung am 10. Juni 2013 verteilt worden war, für er-
ledigt erklärt.16

II. Konstituierung des Untersuchungsaus-
schusses und Untersuchungsauftrag

Am 26. Juni 2013 ist die konstituierende Sitzung des Ver-
teidigungsausschusses als 2. Untersuchungsausschuss un-
ter Leitung der Vorsitzenden des Verteidigungsausschus-
ses, Dr. h. c. Susanne Kastner, MdB, durchgeführt
worden.17

Aufgrund der sehr kurzen Untersuchungszeit bis zum
Ende der Legislaturperiode hat der Untersuchungsaus-
schuss bereits in seiner konstituierenden Sitzung 12 Ver-
fahrensbeschlüsse sowie 126 Beweisbeschlüsse gefasst.

1. Untersuchungsauftrag

Die Mitglieder der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP,
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben
dem Verteidigungsausschuss einen gemeinsamen Antrag
zum Untersuchungsauftrag auf Ausschussdrucksache
Nr. 17(12)1235 mit folgendem Wortlaut vorgelegt:

9 Kurzprotokoll der 141. Sitzung des Verteidigungsausschusses am
15. Mai 2013, MAT 17-1 BT-VA zu BB 17-92, S. 413 ff.

10 Kurzprotokoll der 141. Sitzung des Verteidigungsausschusses am
15. Mai 2013, MAT 17-1 BT-VA zu BB 17-92, S. 413 ff.

11 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe
EURO HAWK, S. 1 ff.

12 MAT 17-4 BRH zu BB 17-90, Ordner 1, S. 13 (20).
13 Kurzprotokoll der 142. Sitzung des Verteidigungsausschusses am

5. Juni 2013, MAT 17-1 BT-VA zu BB 17-92, S. 459 ff.

14 Bewertungen und Konsequenzen zum EURO HAWK durch den
Bundesminister der Verteidigung Dr. Thomas de Maizière anlässlich
der Vorlage des Berichtes der Ad-hoc Arbeitsgruppe EURO HAWK
des Bundesministeriums für Verteidigung, MAT 17-1 A BT-VA zu
BB 17-92, S. 1 ff.

15 Kurzprotokoll der 143. Sitzung des Verteidigungsausschusses am
10. Juni 2013, MAT 17-1 BT-VA zu BB 17-92, S. 516 ff.

16 Kurzprotokoll der 145. Sitzung des Verteidigungsausschusses am
26. Juni 2013, MAT 17-1 A BT-VA zu BB 17-92, S. 14 f (24).

17 Kurzprotokoll der 1. Sitzung des Verteidigungsausschusses als
2. Untersuchungsausschuss gemäß Artikel 45a Absatz 2 GG, S. 9.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 19 – Drucksache 17/14650

„Der Verteidigungsausschuss im Deutschen Bun-
destag konstituiert sich als Untersuchungsaus-
schuss gemäß Artikel 45a Abs. 2 GG.

Der Ausschuss hat den Auftrag, bis zum 31. Au-
gust 2013 den Umgang der Bundesregierung mit
dem Entwicklungsvorhaben EURO HAWK un-
ter vertraglichen, rechtlichen, haushälterischen,
militärischen, technologischen und politischen
Gesichtspunkten zu untersuchen sowie die Auf-
klärungs- und Informationspraxis der Bundesre-
gierung zu diesem Vorgang zu überprüfen. Ein
Schwerpunkt ist dabei die Aufklärung über den
Umgang mit den seit Abschluss des Entwick-
lungsvertrages bekannt gewordenen schwerwie-
genden Problemen.

Hierzu sollen insbesondere folgende Fragen ge-
klärt werden:

1. Wie und auf Grundlage welcher Informatio-
nen und Konsultationen kam es zu dem Plan,
das Entwicklungsprojekt EURO HAWK zu
beauftragen und welche Kosten wurden für
welche erwarteten Fähigkeiten des Aufklä-
rungssystems damals geschätzt?

2. Wie, mit welcher Zweckbestimmung und auf
Grundlage welcher Informationen und Kon-
sultationen kam es zum Vertragsabschluss
des Bundesamtes für Wehrtechnik und Be-
schaffung (BWB) mit der EURO HAWK
GmbH im Januar 2007? Waren Verfahren,
Vertragsgestaltung und vereinbarte Risiko-
verteilung damals sachgerecht und entspra-
chen sie den damals geltenden Rechtsvor-
schriften?

3. Was war zu welchem Zeitpunkt Vertragsge-
genstand, insbesondere im Hinblick auf ver-
traglich geschuldete Erfolge, und inwieweit
wurden gegebenenfalls wann welche Verän-
derungen am Vertragswerk vorgenommen?

4. Wie wurde seit Abschluss des Vertrages im
Januar 2007 von Seiten der Vertragspartner
an die Stellen des Bundes über den Verlauf
des Entwicklungsvorhabens berichtet und
wie wurde seitens der Bundesregierung der
Projektverlauf überwacht?

5. Welche Probleme traten im Projektverlauf auf
und welche Personen in Leitungsfunktionen
in der Bundesregierung, insbesondere in den
Bundesministerien der Verteidigung und der
Finanzen, einschließlich der Hauptabtei-
lungsleiter und Abteilungsleiter sowie der
Leitung des BWB/BAAINBw, hatten zu wel-
chem Zeitpunkt welche Informationen über
diese Probleme?

6. Wie wurde mit den Informationen über diese
Probleme verfahren, wer wurde darüber wie
informiert und auf Grundlage welcher Infor-
mationen und Konsultationen wurden wel-

che Maßnahmen ergriffen, um die Probleme
zu lösen?

7. Zu welchem Zeitpunkt hatte Bundesminister
Dr. Thomas de Maizière Kenntnis über
(lösbare oder unlösbare) Probleme beim
Entwicklungsvorhaben EURO HAWK und
welche Vorgaben machte der Minister gege-
benenfalls hinsichtlich der Lösung dieser
Probleme?

8. Welche der im Bereich des Bundesministe-
riums der Verteidigung vorliegenden Infor-
mationen über die Probleme beim Entwick-
lungsprojekt EURO HAWK wurden wann
und aus welchem Anlass innerhalb der Bun-
desregierung, an den Deutschen Bundestag
und seine Fachausschüsse sowie an dritte
Stellen und die Öffentlichkeit weitergegeben?

9. Wurden in diesem Zusammenhang Informa-
tionen zurückgehalten, verändert oder nicht
weitergeleitet? Falls ja: Wie kam es hierzu
und wer trägt hierfür die Verantwortung?

10. Welche Haushaltsmittel werden vom Beginn
des Entwicklungsvorhabens bis zu seiner Be-
endigung Ende September 2013 für welche
Zwecke und welche durch den Auftragneh-
mer erbrachten Leistungen aufgewendet wor-
den sein? Welche Beträge werden davon aus
welchen Gründen als Verlust zu verbuchen
sein und wer trägt hierfür die Verantwortung?
In welcher Projektphase und in welchen Ent-
scheidungen liegen die Ursachen für einen
gegebenenfalls eingetretenen Schaden? Wem
auf Seiten der Bundesregierung wurde hierzu
wann berichtet? Was wurde unternommen,
was unterlassen, um während des Projekts
Schäden zu vermeiden oder zu vermindern?
Welche Mitwirkungsrechte und -pflichten
hinsichtlich der nach dem Vertrag auszuzah-
lenden Mittel obliegen den beteiligten Minis-
terien? Wurden diese ausreichend wahrge-
nommen? Hat das Entwicklungsvorhaben
Ergebnisse erbracht, die weiter genutzt wer-
den können?

11. Welche Informationen und Erkenntnisse wa-
ren zu welchem Zeitpunkt Grundlage für Ent-
scheidungen zum Verzicht auf die Serienbe-
schaffung des EURO HAWK, wurden diese
Entscheidungen jeweils auf bestmöglicher In-
formationsgrundlage fachlich und sachlich
angemessen vorgenommen. Auf welche
Weise war der Minister in diese Entscheidun-
gen einbezogen?

12. Welche Auswirkungen haben das Ende des
Entwicklungsprojekts EURO HAWK und der
Verzicht auf die Serienbeschaffung auf an-
dere Rüstungsvorhaben der Bundeswehr, der
NATO und der EU im Zusammenhang mit
unbemannten fliegenden Systemen (AGS/
Global Hawk/waffenfähige Drohnen)?

Drucksache 17/14650 – 20 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

13. Welcher Änderungsbedarf in der Organi-
sation des Beschaffungswesens der Bundes-
wehr folgt gegebenenfalls aus den Erfahrun-
gen mit diesem Entwicklungsvorhaben?

14. Welche Maßnahmen wurden in der Bundesre-
gierung auf welcher Informationsgrundlage
durch wen ergriffen, um Haftungs- und Ge-

währleistungsansprüche gegenüber der Auf-
tragnehmerin zu prüfen und gegebenenfalls
geltend zu machen?”

Der Antrag ist in der 145. Sitzung des Verteidigungsaus-
schusses am 26. Juni 2013 einstimmig beschlossen wor-
den.

2. Mitglieder des Untersuchungsausschusses

Die Fraktionen haben folgende Ausschussmitglieder benannt:

CDU/CSU:

Ordentliche Mitglieder: Ernst-Reinhard Beck

Michael Brand

Dr. Reinhard Brandl

Ingo Gädechens

Markus Grübel

Florian Hahn

Jürgen Hardt

Robert Hochbaum

Dr. Dr. h. c. Karl A. Lamers

Henning Otte

Anita Schäfer

Bernd Siebert

Karin Strenz

Stellvertretende Mitglieder: Dorothee Bär

Veronika Bellmann

Peter Beyer

Clemens Binninger

Dr. Michael Fuchs

Christian Hirte

Axel Knoerig

Dr. Rolf Koschorrek

Dr. Joachim Pfeiffer

Dr. Andreas Schockenhoff

Detlef Seif

Thomas Silberhorn

Marcus Weinberg

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 21 – Drucksache 17/14650

SPD:

Ordentliche Mitglieder: Rainer Arnold

Dr. Hans-Peter Bartels

Karin Evers-Meyer

Wolfgang Hellmich

Dr. h. c. Susanne Kastner

Lars Klingbeil

Fritz Rudolf Körper

Ullrich Meßmer

Stellvertretende Mitglieder: Uwe Beckmeyer

Bernhard Brinkmann

Dr. h. c. Gernot Erler

Gabriele Fograscher

Dr. Edgar Franke

Johannes Kahrs

Caren Marks

Uta Zapf

FDP:

Ordentliche Mitglieder: Rainer Erdel

Elke Hoff

Burkhard Müller-Sönksen

Christoph Schnurr

Joachim Spatz

Stellvertretende Mitglieder: Bijan Djir-Sarai

Jörg van Essen

Dr. h. c. Jürgen Koppelin

Holger Krestel

Dr. Rainer Stinner

DIE LINKE.:

Ordentliche Mitglieder: Christine Buchholz (bis 26. Juni 2013)

Jan van Aken (ab 26. Juni 2013)

Inge Höger

Harald Koch

Paul Schäfer

Drucksache 17/14650 – 22 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Stellvertretende Mitglieder: Christine Buchholz (ab 26. Juni 2013)

Sevim Dağdelen
Andrej Hunko (ab 26. Juni 2013)

Stefan Liebich (bis 26. Juni 2013)

Thomas Nord (ab 18. Juli 2013)

Kathrin Vogler (bis 26. Juni 2013)

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

Ordentliche Mitglieder: Agnes Brugger

Katja Keul

Tom Koenigs

Omid Nouripour

Stellvertretende Mitglieder: Hans-Josef Fell

Dr. Tobias Lindner

Dr. Frithjof Schmidt

Wolfgang Wieland

Nach der Konstituierung des Verteidigungsausschusses
als 2. Untersuchungsausschuss hat es folgende Änderun-
gen in der Zusammensetzung gegeben:

Von der Fraktion DIE LINKE. ist Abgeordneter Jan van
Aken am 26. Juni 2013 für die Abgeordnete Christine
Buchholz als ordentliches Mitglied benannt worden. Ab-
geordnete Christine Buchholz ist seit dem 26. Juni 2013
stellvertretendes Mitglied des Ausschusses.

Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Dr. h. c.
Susanne Kastner (SPD), MdB, hat den Vorsitz im Unter-
suchungsausschuss wahrgenommen. Stellvertretender
Vorsitzender war Abgeordneter Dr. Dr. h. c. Karl A.
Lamers (CDU/CSU).

Als Sprecher haben die Fraktionen die Abgeordneten
Markus Grübel (CDU/CSU), Rainer Arnold (SPD),
Joachim Spatz (FDP), Paul Schäfer (DIE LINKE.) und
Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) be-
nannt.

Als Berichterstatter im Untersuchungsausschuss hat die
Fraktion DIE LINKE. den Abgeordneten Jan van Aken
benannt. Bei allen übrigen Fraktionen haben die Sprecher
auch die Funktion des Berichterstatters im Untersu-
chungsausschuss ausgeübt.

3. Benannte und ermächtigte Mitarbeiter der
Fraktionen

Folgende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fraktio-
nen sind für die Teilnahme an den Sitzungen des Verteidi-

gungsausschusses als 2. Untersuchungsausschuss gemäß
Artikel 45a Absatz 2 Grundgesetz benannt worden:

CDU/CSU-Fraktion:

Claudia von Cossel

Dr. Andreas Feser

Dr. Christoph Hellriegel
Andreas Henne

Dr. Matthias Höninger

Marie-Isabel Kane

Dan Kühnau

Bernd Weber

Volker Zimmermann

SPD-Fraktion:

Dr. Harald Dähne
Ulrike Fleischer
Kevin Francke
Sebastian Haag
Anne Hawxwell
Christian Heyer
Ingo Reichelt
Axel Schneider
Maja Winter

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 23 – Drucksache 17/14650

FDP-Fraktion:

Jörn Hasler
Dr. Christian Lange
Sebastian Schweiger
Marcel Schwemmlein

Fraktion DIE LINKE.:

Dr. Kirsten Jansen
Thomas Kachel
Matthias Monroy (ab 15. August 2013)
Dr. Alexander Neu

Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

Steffen Buchsteiner
Thorsten Freers (bis 31. Juli 2013)
Christina Gerts (bis 31. Juli 2013)
Dr. Verena Haan
Sascha Hach (ab 1. August 2013)
Michael Hack
Ann-Kristin Otto
Florian Schoeppe
Nicola Wermer
Christian Wussow (ab 1. August 2013)

4. Beauftragte der Bundesregierung und des
Bundesrates

Die nachfolgenden Beauftragten der Bundesregierung
sind dem Sekretariat des Untersuchungsausschusses
schriftlich benannt worden und ermächtigt gewesen, als
Vertreter ihrer Behörde an den Sitzungen des Untersu-
chungsausschusses teilzunehmen:

Bundeskanzleramt:

– Fregattenkapitän Christian Bock
– Andreas Delp
– Technischer Regierungsdirektor Alexander Dudde
– Dr. Oliver Linz
– Regierungsdirektorin Susanne Schmidt-Radefeldt
– Oberst i. G. Stefan Zeyen

Bundesministerium der Verteidigung:

– Technischer Oberregierungsrat Dipl. Ing. Thomas
Bertram

– Andreas Bröenhorst
– Ministerialrat Andreas Conradi
– Marek von Fintel
– Markus Gabel
– Stefan Kleinheyer

– Mirco Kubbe
– Regierungsdirektor Nils Kuhnert
– Regierungsrat Nathanael Liminski
– Oberstleutnant i. G. Markus Messelhäußer
– Oberstleutnant i. G. Boris Nannt
– Dipl. Ing. Stefan Prämaßing
– Stefan Schneider
– Regierungsdirektor Björn Theis
– Regierungsdirektor Björn Voigt

Presse- und Informationsamt der Bundesregierung:

– Franz-Josef Hackert
– Oberstleutnant Burkhard Lindhorst

Bundesministerium der Finanzen:

– Anna Gerits
– Dirk Wölky

Bayerische Staatskanzlei:

– Andreas Klump

5. Sekretariat des Untersuchungs-
ausschusses

Angegliedert an das Sekretariat des Verteidigungsaus-
schusses unter Leitung von Ministerialrat Hans-Ulrich
Gerland ist ein Sekretariat des Untersuchungsausschusses
eingerichtet worden. In dessen Aufgabenbereich sind die
inhaltliche und organisatorische Vor- und Nachbereitung
der Ausschusssitzungen, die Klärung von Rechts- und
Verfahrensfragen sowie die Ausfertigung und Umsetzung
von Beschlüssen gefallen. Dem Sekretariat haben ange-
hört:

Geschäftsführender Referent: Regierungsdirektor
Norman Plaster

Referenten: Oberregierungsrätin
Dr. Jasmin Merati-Kashani

Regierungsdirektor
Dr. Christian Schnellecke

Sachbearbeiterin: Oberamtsrätin
Angelika Fülbier

1. Ausschusssekretärin: Marianne Steinert

2. Ausschusssekretärin: Denise Kayser

Darüber hinaus sind die geprüften Rechtskandidatinnen
und -kandidaten Renke Bruhn, Ina Kitzmann, Robert
Lagemann und Melanie Schaller im Sekretariat eingesetzt
worden. Die Arbeit des Sekretariats ist des Weiteren
durch die studentischen Hilfskräfte Barnabas Behrends,
Sebastian Schwerdtfeger, Sara Oslislo, Franziska
Krauthausen, Lorenzo Skade und Tobias Grosser unter-
stützt worden. Weitere Unterstützung erfolgte durch Re-
gierungsdirektor Andreas Christoph.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 25 – Drucksache 17/14650

B. Gang der Untersuchung

I. Rechtsgrundlagen für die Arbeit des
Untersuchungsausschusses

Gemäß Artikel 45a Absatz 2 Grundgesetz (GG) hat der
Verteidigungsausschuss auch die Rechte eines Untersu-
chungsausschusses. Artikel 44 Absatz 1 GG, nach dem
nur das Plenum des Deutschen Bundestages das Recht
hat, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, findet
nach Artikel 45a Absatz 3 GG auf dem Gebiet der Vertei-
digung keine Anwendung. Rechtsgrundlagen für die Ar-
beit des Verteidigungsausschusses als Untersuchungsaus-
schuss sind weiterhin die sinngemäße Anwendung der
Vorschriften über den Strafprozess, das Gesetz zur Rege-
lung des Rechts der Untersuchungsausschüsse des Deut-
schen Bundestages (Parlamentarisches Untersuchungs-
ausschussgesetz – PUAG) vom 19. Juni 2001 (BGBl. I
S. 1142), zuletzt geändert durch Artikel 4 Absatz 1 des
Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (Kosten-
rechtsmodernisierungsgesetz – KoRMoG) vom 5. Mai
2004 (BGBl. I S. 718), die Geschäftsordnung und die Ge-
heimschutzordnung des Deutschen Bundestages.

II. Beschlüsse und Absprachen zum
Verfahren

Der Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsaus-
schuss hat in seiner 1. Sitzung am 26. Juni 2013 einstim-
mig die folgenden 12 Verfahrensbeschlüsse gefasst:

Beschluss 1

Zutritt von Fraktionsmitarbeiterinnen
und -mitarbeitern

(zu § 12 Absatz 2 Untersuchungsausschussgesetz)

Von den Fraktionen benannte Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter haben Zutritt zu allen Sitzungen
des Ausschusses, jedoch zu den VS-VERTRAU-
LICH oder höher eingestuften Sitzungen nur, so-
weit sie die persönlichen Voraussetzungen erfüllen.

Beschluss 2

Protokollierung der Ausschusssitzungen
(zu § 11 Untersuchungsausschussgesetz)

Die Protokollierung der Sitzungen des Untersu-
chungsausschusses gemäß § 11 Untersuchungs-
ausschussgesetz wird wie folgt durchgeführt:

1. Alle Sitzungen, die der Beweiserhebung oder
sonstiger Informationsbeschaffung des Ausschus-
ses dienen, sind stenographisch aufzunehmen.

2. Ergebnisse und wesentliche Argumente aller
Beratungssitzungen und Beratungen werden in
einem durch das Sekretariat zu fertigenden Kurz-
protokoll festgehalten. Auf Antrag eines Viertels
seiner Mitglieder beschließt der Ausschuss die
stenographische Protokollierung einer nichtöf-
fentlichen Sitzung.

Beschluss 3

Behandlung der Ausschussprotokolle

I. Protokolle nichtöffentlicher Sitzungen

1. Protokolle nichtöffentlicher Sitzungen erhal-
ten die Mitglieder des Untersuchungsausschusses
und ihre Stellvertreter, die benannten Mitarbeiter/
-innen der Fraktionen sowie die Beauftragten der
Bundesregierung und des Bundesrates.

2. Dritte haben grundsätzlich kein Recht auf
Einsichtnahme in Protokolle nichtöffentlicher
Sitzungen und folglich auch nicht darauf, dass
ihnen Kopien solcher Protokolle überlassen wer-
den. Eine Ausnahme besteht nur gegenüber
Behörden, wenn der Untersuchungsausschuss
entschieden hat, Amtshilfe zu leisten.

II. Protokolle öffentlicher Sitzungen

1. Protokolle öffentlicher Sitzungen erhalten
der unter Punkt I. 1. genannte Personenkreis, da-
rüber hinaus auf Antrag auch Behörden, wenn der
Untersuchungsausschuss entschieden hat, Amts-
hilfe zu leisten.

2. Einem Dritten kann Einsicht in die Proto-
kolle gewährt werden, wenn er ein „berechtigtes
Interesse nachweist“ (Abschnitt II der Richtlinien
für die Behandlung der Ausschussprotokolle ge-
mäß § 73 Absatz 3 GO-BT in der gültigen Fas-
sung). Das Vorliegen des berechtigten Interesses
prüft die Vorsitzende. Die Entscheidung über die
Gewährung von Einsicht trifft der Ausschuss.

3. Den Zeugen ist zur Prüfung der Richtigkeit
der Protokollierung das Protokoll über ihre Ver-
nehmung zuzustellen (§ 26 Absatz 1 Untersu-
chungsausschussgesetz).

III. Protokolle VS-VERTRAULICH oder höher
eingestufter Sitzungen

Ist das Protokoll über die Aussage einer Zeugin
oder eines Zeugen VS-VERTRAULICH oder hö-
her eingestuft, so ist ihr bzw. ihm Gelegenheit zu
geben, dies in der Geheimschutzstelle des Deut-
schen Bundestages einzusehen. Eine Kopie erhält
sie bzw. er nicht.

Beschluss 4

Verteilung von Beratungsunterlagen, Beweis-
beschlüssen und Ausschussmaterialien

I. Grundsatz der Verteilung von Beratungsun-
terlagen, Beweisbeschlüssen und sonstigen Aus-
schussmaterialien

Beratungsunterlagen, Beweisbeschlüsse und Aus-
schussmaterialien sind durch das Sekretariat des
2. UA (PA 12) – 17. WP zu verteilen an:

1. Ordentliche und stellvertretende Mitglieder

2. Benannte Mitarbeiter/-innen der Fraktionen

Drucksache 17/14650 – 26 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

3. Beauftragte der Bundesregierung und des
Bundesrates

II. Verteilung von Beratungsunterlagen, Be-
weisbeschlüssen und sonstigen Ausschussmateria-
lien in elektronischer Form:

Beratungsunterlagen, Beweisbeschlüsse und Aus-
schussmaterialien, die nicht VS-VERTRAULICH
oder höher eingestuft sind, werden vom Sekreta-
riat an den in Ziffer I. genannten Personenkreis in
elektronischer Form übermittelt. Soweit Unterla-
gen dem Ausschuss nicht in elektronischer Form
zur Verfügung gestellt werden, besorgt das Sekre-
tariat die Ablichtung in elektronischer Form.

III. Verteilung von Beratungsunterlagen, Be-
weisbeschlüssen und sonstigen Ausschussmateria-
lien in gedruckter Form:

1. Beratungsunterlagen, Beweisbeschlüsse und
Ausschussmaterialien mit einem Umfang bis
100 Seiten sind an den in Ziffer I. genannten Per-
sonenkreis zu verteilen.

2. Ausschussmaterialien mit einem Umfang ab
101 Seiten werden in je zwei Exemplaren an alle
Fraktionen verteilt.

Der Verfahrensbeschluss Nr. 4 wurde in der 2. Sitzung
des Untersuchungsausschusses am 22. Juli 2013 neu ge-
fasst und enthielt Änderungen bzgl. der Verteilung der
beigezogenen Unterlagen in Papierform, die aufgrund der
Materialmenge reduziert wurde:

Beschluss 4 (neu)

Verteilung von Beratungsunterlagen, Beweis-
beschlüssen und Ausschussmaterialien

I. Grundsatz der Verteilung von Beratungsun-
terlagen, Beweisbeschlüssen und sonstigen Aus-
schussmaterialien

Beratungsunterlagen, Beweisbeschlüsse und Aus-
schussmaterialien sind durch das Sekretariat des
2. UA (PA 12) – 17. WP zu verteilen an:

1. Ordentliche und stellvertretende Mitglieder

2. Benannte Mitarbeiter/-innen der Fraktionen

3. Beauftragte der Bundesregierung und des
Bundesrates

II. Verteilung von Beratungsunterlagen, Be-
weisbeschlüssen und sonstigen Ausschussmateria-
lien in elektronischer Form:

Beratungsunterlagen, Beweisbeschlüsse und Aus-
schussmaterialien, die nicht VS-VERTRAULICH
oder höher eingestuft sind, werden vom Sekreta-
riat an den in Ziffer I. genannten Personenkreis in
elektronischer Form übermittelt. Soweit Unterla-
gen dem Ausschuss nicht in elektronischer Form
zur Verfügung gestellt werden, besorgt das Sekre-
tariat die Ablichtung in elektronischer Form.

III. Verteilung von Beratungsunterlagen, Be-
weisbeschlüssen und sonstigen Ausschussmate-
rialien in gedruckter Form:

1. Beratungsunterlagen, Beweisbeschlüsse und
Ausschussmaterialien mit einem Umfang bis
100 Seiten sind an den in Ziffer I. genannten
Personenkreis zu verteilen.

2. Ausschussmaterialien mit einem Umfang ab
101 Seiten werden in je zwei Exemplaren an
alle Fraktionen verteilt.

3. Ausschussmaterialien von einem Umfang ab
1 000 Seiten werden lediglich in je einem
Exemplar an die Fraktionen CDU/CSU, SPD,
FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN verteilt.

Beschluss 5
Verteilung von Verschlusssachen

(zu § 16 Absatz 1 Untersuchungsausschussgesetz)
I. Grundsatz der Verteilung von zugeleiteten
Verschlusssachen

Von den für den 2. UA (PA 12) – 17. WP in der
Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages
eingehenden VS-VERTRAULICH oder GE-
HEIM eingestuften Beweismaterialien sind Aus-
fertigungen herzustellen und zwar für

1. die Fraktionen im Ausschuss je zwei,

2. das Sekretariat zugleich für die Vorsitzende
zwei.

Den Mitgliedern der Fraktionen sowie den be-
nannten Mitarbeitern der Fraktionen, die zum
Umgang mit Verschlusssachen ermächtigt und
zur Geheimhaltung förmlich verpflichtet sind,
werden auf Wunsch die jeweiligen Exemplare
ausgehändigt.

Der Geheimschutzbeauftragte des Deutschen
Bundestages wird aufgefordert, den Mitgliedern
und Mitarbeitern der Fraktionen in Räumen, die
von diesen bestimmt werden, Verwahrgelasse zur
Aufbewahrung der Ausfertigung zur Verfügung
zu stellen und unverzüglich die gegebenenfalls
weiteren notwendigen technischen Sicherungs-
maßnahmen zu treffen.

II. Verteilung der vom UA eingestuften Ver-
schlusssachen

Für die vom 2. UA (PA 12) – 17. WP selbst VS-
VERTRAULICH, VERTRAULICH gem. § 2 a
GSO, GEHEIM, GEHEIM gem. § 2 a GSO oder
ggf. STRENG GEHEIM eingestuften Unterlagen
und Protokolle gilt Ziffer I. entsprechend.

III. Verteilung von „VS-Nur für den Dienstge-
brauch“ eingestuften Unterlagen

VS-NfD-eingestufte Unterlagen werden verteilt
und behandelt gemäß Beschluss 4 zum Verfahren

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 27 – Drucksache 17/14650

in Verbindung mit der Geheimschutzordnung des
Deutschen Bundestages.

Der Verfahrensbeschluss Nr. 5 wurde in der 2. Sitzung
des Untersuchungsausschusses am 22. Juli 2013 neu ge-
fasst und enthielt Änderungen bzgl. der Verteilung der
beigefügten Unterlagen in Papierform, die aufgrund der
Materialmenge reduziert wurde:

Beschluss 5 (neu)

Verteilung von Verschlusssachen
(zu § 16 Absatz 1 Untersuchungsausschussgesetz)

I. Grundsatz der Verteilung von zugeleiteten
Verschlusssachen

Von den für den 2. UA (PA 12) – 17. WP in der
Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages
eingehenden VS-VERTRAULICH oder GE-
HEIM eingestuften Beweismaterialien sind Aus-
fertigungen herzustellen und zwar für

1. die Fraktionen im Ausschuss je zwei,

2. das Sekretariat zugleich für die Vorsitzende
zwei.

3. Ausschussmaterialien von einem Umfang ab
1 000 Seiten werden lediglich in je einem
Exemplar an die Fraktionen CDU/CSU, SPD,
FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN verteilt.

Den Mitgliedern der Fraktionen sowie den be-
nannten Mitarbeitern der Fraktionen, die zum
Umgang mit Verschlusssachen ermächtigt und
zur Geheimhaltung förmlich verpflichtet sind,
werden auf Wunsch die jeweiligen Exemplare
ausgehändigt.

Der Geheimschutzbeauftragte des Deutschen
Bundestages wird aufgefordert, den Mitgliedern
und Mitarbeitern der Fraktionen in Räumen, die
von diesen bestimmt werden, Verwahrgelasse zur
Aufbewahrung der Ausfertigung zur Verfügung
zu stellen und unverzüglich die gegebenenfalls
weiteren notwendigen technischen Sicherungs-
maßnahmen zu treffen.

II. Verteilung der vom UA eingestuften Ver-
schlusssachen

Für die vom 2. UA (PA 12) – 17. WP selbst VS-
VERTRAULICH, VERTRAULICH gem. § 2 a
GSO, GEHEIM, GEHEIM gem. § 2 a GSO oder
ggf. STRENG GEHEIM eingestuften Unterlagen
und Protokolle gilt Ziffer I. entsprechend.

III. Verteilung von „VS-Nur für den Dienstge-
brauch“ eingestuften Unterlagen

VS-NfD-eingestufte Unterlagen werden verteilt
und behandelt gemäß Beschluss 4 zum Verfahren
in Verbindung mit der Geheimschutzordnung des
Deutschen Bundestages.

Beschluss 6

Behandlung von Beweisanträgen

Zur ordnungsgemäßen Vorbereitung der Bera-
tungssitzungen werden Beweisanträge nur dann
in einer Beratungssitzung behandelt, wenn sie
schriftlich bis zum Donnerstag der Vorwoche,
9.00 Uhr, im Sekretariat des 2. UA (PA 12) –
17. WP eingegangen sind. Von dieser Frist kann
einvernehmlich abgewichen werden.

Beschluss 7

Nichtöffentlichkeit der Sitzungen
(gemäß § 14 Absatz 4 Untersuchungsausschussgesetz

i. V. m. Artikel 45a Absatz 3 GG)

Die Sitzungen des Verteidigungsausschusses als
Untersuchungsausschuss sind grundsätzlich nicht
öffentlich.

Bei der Einvernahme von Zeugen kann hiervon
im Einzelfall durch Beschluss abgewichen und
die Einvernahme öffentlich durchgeführt werden,
wenn das öffentliche Interesse dies gebietet und
der Beweisgegenstand es zulässt.

Derzeitige und ehemalige Mitglieder der politi-
schen Leitungsebene (Mitglieder der Bundesre-
gierung, beamtete und parlamentarische Staatsse-
kretäre, Abteilungsleiter und Pressesprecher) und
militärischen Führung (Generalinspekteur und
Stellvertreter) werden grundsätzlich in öffentli-
cher Sitzung einvernommen. Die Vorschrift des
§ 14 PUAG bleibt unberührt.

Im Einzelfall können auch Personen aus dem
nachgeordneten Bereich öffentlich gehört wer-
den.

Beschluss 8

Verzicht auf Verlesung von Schriftstücken
(zu § 31 Untersuchungsausschussgesetz)

Gemäß § 31 Absatz 2 Untersuchungsausschuss-
gesetz wird auf die Verlesung von Protokollen
und Schriftstücken verzichtet, soweit diese vom
Ausschusssekretariat allen Mitgliedern des Un-
tersuchungsausschusses zugänglich gemacht
worden sind.

Beschluss 9

Verpflichtung zur Geheimhaltung

1. Die Mitglieder des 2. UA (PA 12) – 17. WP
sind aufgrund des Untersuchungsausschussgeset-
zes, der Geheimschutzordnung des Deutschen
Bundestages, ggf. ergänzt um Beschlüsse des
2. UA (PA 12) – 17. WP in Verbindung mit § 353 b
Absatz 2 Nr. 1 StGB zur Geheimhaltung derjeni-
gen Tatsachen und Einschätzungen verpflichtet,
die ihnen durch Übermittlung der von amtlichen
Stellen als VS-VERTRAULICH bzw. VER-

Drucksache 17/14650 – 28 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

TRAULICH und höher eingestuften Unterlagen
bekannt werden. Der 2. UA (PA 12) – 17. WP
wird mit Blick auf die Einstufung von übermittel-
ten Unterlagen auf die Beachtung der Entschei-
dung des Bundesverfassungsgerichts vom
17. Juni 2009 (BVerfG, 2 BvE 2 3/07) dringen.

2. Diese Geheimhaltungsverpflichtung er-
streckt sich auch auf solche Tatsachen und Ein-
schätzungen, die aufgrund von Unterlagen be-
kannt werden, deren VS-Einstufung bzw.
Behandlung als VS-VERTRAULICH oder höher
sowie als VERTRAULICH oder höher durch den
Untersuchungsausschuss selbst veranlasst oder
durch die Vorsitzende unter Berücksichtigung der
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
vom 17. Juli 1984 (BVerfGE 67, S. 100 ff.) zur
Wahrung des Grundrechtsschutzes (Betriebs- und
Geschäftsgeheimnisse, Steuergeheimnisse und
informationelles Selbstbestimmungsrecht) vorge-
nommen wird.

3. Die Geheimhaltungsverpflichtung entfällt,
wenn und soweit die aktenführende Stelle bzw.
der Untersuchungsausschuss die Einstufung als
VS-VERTRAULICH und höher bzw. die Be-
handlung als VERTRAULICH und höher auf-
hebt.

4. Im Übrigen gilt die Geheimschutzordnung
des Deutschen Bundestages.

5. Anträge, deren Inhalt möglicherweise ge-
heimhaltungsbedürftig ist, sollen in der Geheim-
schutzstelle des Deutschen Bundestages hinter-
legt werden. Über die Hinterlegung soll der
Antragsteller das Ausschusssekretariat unterrich-
ten.

Beschluss 10

Fragerecht bei der Beweiserhebung

Das Fragerecht bei der Vernehmung von Zeugen
und Sachverständigen nach § 24 Absatz 5 und
§ 28 Absatz 1 Untersuchungsausschussgesetz
wird auf der Grundlage der Geschäftsordnung des
Deutschen Bundestages und der parlamentari-
schen Praxis bei Aussprachen im Plenum wie
folgt gestaltet:

Die Vernehmung zur Sache wird in zwei Ab-
schnitte aufgeteilt:

1. Im ersten Abschnitt stellt zunächst die Vor-
sitzende, nachdem der Zeugin bzw. dem Zeugen
Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde,
weitere Fragen zur Aufklärung und Vervollstän-
digung der Aussage sowie zur Erforschung des
Grundes, auf dem das Wissen der Zeugen beruht.

2. Der zweite Abschnitt besteht aus einzelnen
Befragungsrunden der Fraktionen. Bei der Rei-
henfolge der Fraktion innerhalb der Befragungs-
runden ist dabei die Fraktionsstärke und der

Grundsatz von Rede und Gegenrede zu berück-
sichtigen. Für die Bemessung des Zeitanteils der
Fraktion innerhalb der Befragungsrunden wird
die Verteilung der Redezeiten im Plenum entspre-
chend angewendet. In jeder Befragungsrunde be-
ginnt die Fraktion der CDU/CSU. Daran schließt
sich an die Befragung durch die Fraktion der
SPD, die Fraktion der FDP, die Fraktion DIE
LINKE. sowie durch die Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN.

3. Bei Sachverständigenanhörungen und infor-
matorischen Anhörungen wird entsprechend den
vorstehenden Regelungen verfahren.

Beschluss 11

Mitteilung aus nichtöffentlichen Sitzungen
(zu § 12 Absatz 3 Untersuchungsausschussgesetz)

Die Vorsitzende wird gemäß § 12 Absatz 3
PUAG dazu ermächtigt, die Öffentlichkeit über
die in nichtöffentlicher Beratungssitzung erfass-
ten Beschlüsse und Terminierungen des Aus-
schusses zu informieren.

Hiervon unberührt bleibt das Recht der übrigen
Ausschussmitglieder, ihre Position hierzu öffent-
lich zu äußern.

Beschluss 12

1. Alle Mitglieder des Verteidigungsausschus-
ses können an den Sitzungen des Verteidigungs-
ausschusses als 2. Untersuchungsausschuss teil-
nehmen.

2. In allen weiteren Sitzungen des Verteidi-
gungsausschusses als 2. Untersuchungsausschuss
ab seiner entsprechenden Konstituierung wird das
Stimmrecht lediglich von vier Ausschussmitglie-
dern der CDU/CSU, drei Ausschussmitgliedern
der SPD, zwei Ausschussmitgliedern der FDP
und jeweils einem Ausschussmitglied der Frak-
tionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN ausgeübt.

3. Es besteht Einigkeit darüber, dass eine Rüge
nach § 9 PUAG nur erhoben werden soll, wenn
weniger als sechs der nach Ziffer 2. stimmberech-
tigten Mitglieder anwesend sind.

4. Es besteht weiter Einigkeit darüber, dass in
allen Fällen, in denen es auf den Anteil von Mit-
gliedern an der Gesamtmitgliederzahl des Aus-
schusses ankommt, der Anteil von elf zu zählen
ist.

Im Gegensatz zum Verteidigungsausschuss als 1. Unter-
suchungsausschuss in der 17. Wahlperiode gemäß Arti-
kel 45a Absatz 2 Grundgesetz wurde kein Interfraktionel-
les Gremium eingesetzt, sondern stattdessen zu
Obleuterunden eingeladen. Hervorzuheben ist die Pai-
ringvereinbarung (Beschluss Nr. 12). Die Pairingverein-
barung wurde getroffen, nachdem zuvor Überlegungen

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 29 – Drucksache 17/14650

zur Einsetzung eines Unterausschusses gem. § 34 Absatz 3
PUAG zurückgestellt worden waren. Ein weiteres No-
vum war der Verfahrensbeschluss Nr. 4, der eine zusätzli-
che elektronische Verteilung der Materialien bis zum Ein-
stufungsgrad VS-NfD über ein neu einzurichtendes
Laufwerk vorsieht, wie es bereits der sog. NSU-Unter-
suchungsausschuss in der 17. Wahlperiode praktiziert hat.

Gleichfalls in der 1. konstituierenden Sitzung verstän-
digte sich der Ausschuss einvernehmlich darauf, alle Zeu-
gen in öffentlicher Sitzung zu vernehmen und bei Bedarf
in eine nichtöffentliche oder VS-VERTRAULICH bzw.
höher eingestufte Sitzung einzutreten.

III. Beweiserhebung durch Beiziehung und
Verlangen der Herausgabe von Akten
und sonstigen Unterlagen

1. Art, Herkunft und Umfang des Beweis-
materials

Zum Zweck der Beweiserhebung hat der Verteidigungs-
ausschuss als 2. Untersuchungsausschuss Akten, Be-
richte, Protokolle und sonstige Unterlagen aufgrund von
100 Beweisbeschlüssen beigezogen bzw. die Herausgabe
verlangt. Der Bestand an Beweismaterialien umfasste
zum Zeitpunkt der Berichtserstellung rund 1 600 Akten-
ordner, davon etwa 240 Aktenordner, die VS-VER-
TRAULICH oder höher eingestuft wurden. Die sehr um-
fangreichen Aktenlieferungen, insbesondere des BMVg,
erfolgten parallel zur Arbeitsaufnahme und zu den Ver-
nehmungen des Untersuchungsausschusses. Sie wurden
auch nach den Vernehmungen fortgeführt. Die Unterla-
gen wurden entsprechend den Verfahrensbeschlüssen ver-
teilt und bei der Erstellung des Berichts berücksichtigt.

Es handelt sich um Unterlagen folgender Stellen:
– Deutscher Bundestag:

– Verteidigungsausschuss
– Haushaltsausschuss

– Bundesrechnungshof

– Bundesregierung:
– Geschäftsbereich des Bundeskanzleramtes
– Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Ver-

teidigung
– Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Fi-

nanzen

– Private Unternehmen:
– EuroHawk GmbH
– EADS Deutschland GmbH, Division Cassidian
– Northrop Grumman LITEF GmbH

2. Bitten um fristgemäße Aktenvorlage und
Vollständigkeitserklärung gemäß
§ 18 Absatz 2 PUAG

Die um Aktenvorlage ersuchten Ministerien und Behör-
den sowie die privaten Unternehmen sind ihrer Verpflich-
tung auf Vorlage der sächlichen Beweismittel durch die

Herausgabe der in den Beweisbeschlüssen benannten Un-
terlagen nachgekommen. Bei den auf Grundlage der Be-
weisbeschlüsse vorgelegten Unterlagen hat es sich durch-
gängig um Kopien gehandelt.

Die in den jeweiligen Beweisbeschlüssen genannten Fris-
ten, bis zu denen eine Vorlage des Materials erbeten war,
wurde von allen, zumindest durch Übersendung einer ers-
ten Teillieferung an den Ausschuss, eingehalten.

Die Vorlagen der Materialien wurden lediglich seitens des
Bundeskanzleramtes mit einer Vollständigkeitserklärung
nach § 18 Absatz 2 PUAG versehen.

3. Einstufungen von Beweismaterialien

Bei einem großen Teil der von Ministerien und Behör-
den übermittelten Materialien handelte es sich um Doku-
mente mit einer Einstufung VS-NfD. Im Hinblick auf
das Interesse des Untersuchungsausschusses, die Zeu-
gen möglichst in öffentlicher Sitzung zu befragen, gab
der Beauftragte des BMVg in der 2. Sitzung am 22. Juli
2013 die grundsätzliche Zustimmung, dass Dokumente
des BMVg und seines Geschäftsbereiches, die dem Aus-
schuss in Erfüllung von Beweisbeschlüssen übermittelt
wurden und VS-NfD eingestuft sind, auch in öffentli-
chen Sitzungen vorgehalten und zitiert werden können,
soweit schutzwürdige Rechte Dritter nicht berührt seien.
Dies gelte nicht pauschal, sondern ausschließlich für die
Zeugenvernehmungen.

Mit einem Schreiben vom 5. Juli 2013, als Beratungsun-
terlage 17-129 vom Untersuchungsausschuss zur Kennt-
nis genommen, teilte der Beauftragte des BMVg der Aus-
schussvorsitzenden mit, dass Unterlagen, die einen
sogenannten ITAR-(International Traffic in Arms Regula-
tions) Sperrvermerk aufweisen, dem Ausschuss als
GEHEIM eingestufte Verschlusssachen übermittelt wür-
den. Ausgangspunkt hierfür seien Exportvorschriften der
USA, mit denen der Handel mit Waffen, Rüstungs- und
Verteidigungsgütern kontrolliert werde. Danach verstoße
die Weitergabe von mit einem solchen Sperrvermerk ver-
sehenen Unterlagen an Stellen, die ein sogenanntes Tech-
nical Assistance Agreement (TAA) nicht unterzeichnet
hätten, gegen US-amerikanische Regelungen. Im Juni
2013 habe das US Department of State einem Antrag der
Firma Northrop Grumman entsprochen und der Weiter-
gabe der ITAR- kontrollierten Informationen an den
Deutschen Bundestag unter der Voraussetzung zuge-
stimmt, dass die Unterlagen zuvor als GEHEIM einge-
stuft werden.

Auf Bitte der privaten Unternehmen EuroHawk GmbH
und EADS Deutschland GmbH, Division Cassidian,
wurde ein Teil der von diesen Firmen übermittelten Mate-
rialien, soweit Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse be-
rührt werden, zunächst durch die Vorsitzende gemäß § 15
Absatz 1 Satz 2 PUAG in Verbindung mit § 2a Absatz 2
der Geheimschutzordnung des Deutschen Bundestages
vorläufig eingestuft. In seiner 2. Sitzung am 22. Juli 2013
hat der Untersuchungsausschuss beschlossen, diese Ak-
ten gemäß § 15 Absatz 1 Satz 1 PUAG in Verbindung mit

Drucksache 17/14650 – 30 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

§ 2a Absatz 2 der Geheimschutzordnung des Deutschen
Bundestages endgültig als VERTRAULICH einzustufen.

Zudem hat der Untersuchungsausschuss in seiner 9. Sit-
zung am 26. August 2013 beschlossen, eine Ergänzungs-
lieferung an Beweismaterialien, die mit Schreiben vom
16. August 2013 durch die Firma EuroHawk GmbH über-
mittelt wurde, gemäß § 15 Absatz 1 Satz 1 PUAG in Ver-
bindung mit § 2a Absatz 2 der Geheimschutzordnung des
Deutschen Bundestages als VERTRAULICH einzustufen.

Darüber hinaus wandte sich die Firma EuroHawk GmbH
schriftlich am 18. Juli 2013 an die Bundesregierung und
teilte mit, dass sie den Inhalt der mit dem BMVg ge-
schlossenen Verträge und den Inhalt der Kommunikation
mit dem BMVg, soweit sie technische Daten zu dem
EURO HAWK-Programm enthalte, als Betriebs- und Ge-
schäftsgeheimnisse betrachte. Die EuroHawk GmbH
bestehe darauf, dass das BMVg die entsprechenden Un-
terlagen gemäß §§ 2 Absatz 3, 2a Absatz 1 der Geheim-
schutzordnung des Deutschen Bundestages für die Zwe-
cke der Übermittlung an den Untersuchungsausschuss als
GEHEIM einstufe und dies auch für bereits übermittelte
Dokumente noch veranlasse.

Hinsichtlich der bereits vom BMVg an das Ausschussse-
kretariat übermittelten Dokumente hat der Untersu-
chungsausschuss in seiner 2. Sitzung am 22. Juli 2013
einstimmig beschlossen, dass zur Wahrung von Be-
triebs- und Geschäftsgeheimnissen Vorhalte aus den Un-
terlagen der Firma nur in nichtöffentlicher Sitzung ge-
macht werden sollten und jeweils von Fall zu Fall
entschieden werde. In einem späteren Begleitschreiben
des BMVg zu übermittelten Dokumenten, die sich auf
Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der EuroHawk
GmbH beziehen könnten, wies das BMVg darauf hin,
dass es eine Einstufung nach der Geheimschutzordnung
des Deutschen Bundestages zum Schutz von Betriebs-
und Geschäftsgeheimnissen nicht selbst vornehmen
könne. Das BMVg hat sich zur Klärung der Frage, wel-
che Unterlagen aus welchem Grund konkret mit einem
Geheimhaltungsgrad zu versehen sind, an die Firma
EuroHawk GmbH gewandt. Eine Verteilung dieser Ak-
ten, soweit sie Unterlagen der Firma EuroHawk GmbH
enthielten, wurde bis zur Rückäußerung der EuroHawk
GmbH zurückgestellt, die bis zur Drucklegung nicht er-
folgt ist. Die Unterlagen waren im Ausschusssekretariat
unter diesem Vorbehalt einsehbar.

IV. Beweiserhebung durch Vernehmung von
Zeugen

1. Behandlung von Beweisanträgen
a) Entscheidung über die Beweisanträge
Über Beweisanträge hat der Untersuchungsausschuss ge-
mäß §§ 17 ff. Untersuchungsausschussgesetz entschie-
den. Nach § 17 Absatz 2 PUAG sind Beweise zu erheben,
wenn sie von einem Viertel der Mitglieder des Ausschus-
ses beantragt sind, es sei denn, die Beweiserhebung ist
unzulässig oder das Beweismittel ist auch nach der An-
wendung der in diesem Gesetz vorgesehenen Zwangsmit-
tel unerreichbar. Der Ausschuss hat einstimmig 26 Be-
weisanträge zur Vernehmung von Zeugen in seiner
1. Sitzung am 26. Juni 2013 beschlossen. Weitere vier
Beweisanträge auf Beiziehung von Akten, die nicht von
einem Viertel der Mitglieder des Ausschusses beantragt
wurden, wurden in der 2. Sitzung am 22. Juli 2013 abge-
lehnt.

b) Terminierung der Vernehmungen
Für die Zeugenvernehmungen wurden aufgrund des sehr
engen Zeitfensters zwei Sitzungsblöcke in der 30. und
31. Kalenderwoche à drei Sitzungstage vorgesehen. Eine
Zeugenliste mit den konkreten Vernehmungsterminen
von 20 Zeugen wurde in der 1. Sitzung am 26. Juni 2013
verabschiedet. Aufgrund der Eilbedürftigkeit und mögli-
cher Verhinderung einzelner Zeugen wurden die Obleute
ermächtigt, nach Abklärung der Verfügbarkeit der Zeu-
gen die endgültige Terminierung festzulegen. Die Ob-
leute haben diese Liste am 28. Juni 2013 endgültig ein-
vernehmlich beschlossen.

In einem Fall wurde zum gleichen Vernehmungstermin
ein Ersatzzeuge geladen, da unklar war, ob der primär ge-
ladene ausländische Zeuge dem Untersuchungsausschuss
zur Verfügung stehen würde. Nach Zusage des ausländi-
schen Zeugen konnte dieser Ersatzzeuge zeitnah abgela-
den werden.

2. Durchführung der Zeugenvernehmungen
Alle Vernehmungen von Zeugen wurden in öffentlicher
Sitzung entsprechend dem Beschluss in der 1. Sitzung am
26. Juni 2013 durchgeführt, welche ausnahmslos im Sit-
zungssaal des Europaausschusses im Paul-Löbe-Haus des
Deutschen Bundestages in Berlin stattfanden. Für VS-
VERTRAULICH und höher eingestufte Sitzungen hätte
der Sitzungssaal des Innenausschusses im Paul-Löbe-
Haus zur Verfügung gestanden.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 31 – Drucksache 17/14650

Folgende 18 Zeugen wurden öffentlich vernommen:

Name BB 17- Beschlossen Vernehmung

General a. D.
Wolfgang Schneiderhan

106 26.06.2013 22.07.2013

Bundesminister a. D.
Rudolf Scharping

119 26.06.2013 22.07.2013

Bundesminister a. D.
Dr. Franz Josef Jung, MdB

120 26.06.2013 22.07.2013

LTRDir Rüdiger Knöpfel,
BAAINBw

112 26.06.2013 23.07.2013

DirWTD
Wolfgang Steiger, WTD 61

125 26.06.2013 23.07.2013

Oswald Böhm, ehem. Vorsitzender des
Personalrates beim BWB

118 26.06.2013 23.07.2013

Harald Stein,
Präsident des BAAINBw

110 26.06.2013 23.07.2013

MRn Angelika Bauch,
Bundesrechnungshof

114 26.06.2013 24.07.2013

MD Detlef Selhausen, BMVg 108 26.06.2013 24.07.2013

DirWTD a. D. Walter Storz,
WTD 61 von März 2007 bis
September 2010

126 26.06.2013 24.07.2013

Bernhard Gerwert,
CEO Fa. EADS Division Cassidian

121 26.06.2013 29.07.2013

Janis G. Pamiljans,
Sector Vice President
Fa. Northrop Grumman

123 26.06.2013 29.07.2013

Staatssekretär
Werner Gatzer, BMF

113 26.06.2013 29.07.2013

MD Dr. Paul Jansen, BMVg 109 26.06.2013 29.07.2013

Staatssekretär
Stéphane Beemelmans, BMVg

103 26.06.2013 30.07.2013

Staatssekretär
Rüdiger Wolf, BMVg

102 26.06.2013 30.07.2013

General Volker Wieker, Generalinspek-
teur der Bundeswehr, BMVg

107 26.06.2013 30.07.2013

Bundesminister der Verteidigung
Dr. Thomas de Maizière, MdB

101 26.06.2013 31.07.2013

Drucksache 17/14650 – 32 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

In einer nach der Vernehmung des Zeugen Dr. Thomas de
Maizière durchgeführten Beratungssitzung beschloss der
Untersuchungsausschuss einvernehmlich, den für diesen
Tag geladenen Zeugen Prof. Dr. Dieter Engels, Präsident
des Bundesrechnungshofes, nicht mehr zu vernehmen,
die entsprechende Ladung aufzuheben und die öffentliche
Sitzung zu beenden.

a) Keine Live-Übertragung öffentlicher
Sitzungen

Im Vorfeld der in öffentlicher Sitzung für den 22. Juli
2013 beschlossenen Vernehmungen von General a. D.
Wolfgang Schneiderhan, Bundesminister a. D. Rudolf
Scharping, sowie von Bundesminister a. D. Dr. Franz
Josef Jung hat sich der Fernsehsender „Phoenix“ an die
Vorsitzende mit der Bitte gewandt, eine Live-Übertra-
gung der Vernehmung zu ermöglichen. Unter Hinweis da-
rauf, dass gemäß § 13 Absatz 1 Satz 2 PUAG Ton- und
Filmaufnahmen sowie Ton- und Bildübertragungen
grundsätzlich nicht zulässig seien, wurde das Ansinnen
des Fernsehsenders abgelehnt.

b) Aussagegenehmigungen
Die meisten der vernommenen Zeugen haben für ihre
Aussage vor dem Untersuchungsausschuss eine Aussage-
genehmigung benötigt, die sie vom Bundesrechnungshof,
vom Bundesministerium der Verteidigung sowie vom
Bundesministerium der Finanzen erhalten und dem Un-
tersuchungsausschuss vorgelegt haben.

Bundesminister a. D. Rudolf Scharping, Bundesminister
a. D. Dr. Franz Josef Jung sowie Bundesminister
Dr. Thomas de Maizière ist jeweils eine Aussagegeneh-
migung gemäß § 6 Absatz 2 BMinG erteilt worden. Zu-
dem hat der Präsident des Deutschen Bundestages nach
§ 44d AbgG für diese drei Zeugen Aussagegenehmigun-
gen erteilt.

c) Rechtsbeistand von Zeugen
Bei nachfolgend aufgeführten inländischen wie ausländi-
schen Zeugen ist die Vernehmung im Beisein eines
Rechtsbeistandes erfolgt:

d) Zeugnis- und Auskunftsverweigerungs-
rechte

Auf ein Zeugnis- oder Auskunftsverweigerungsrecht ge-
mäß § 22 PUAG, auf das sowohl in den Ladungen als

auch zu Beginn der Vernehmungen hingewiesen wurde,
hat sich keiner der Zeugen berufen.

3. Vernehmung ausländischer Zeugen
Im Gegensatz zu deutschen Staatsangehörigen, die nach
§ 20 Absatz 1 PUAG in Verbindung mit Artikel 44 Ab-
satz 2 Grundgesetz sowie als Ausfluss ihrer allgemeinen
Bürgerpflicht verpflichtet sind, einer Ladung des Unter-
suchungsausschusses nachzukommen, gilt diese Ver-
pflichtung nicht für Ausländer, die sich nicht in Deutsch-
land aufhalten. Ein Ausländer kann sich aber freiwillig
bereiterklären, vor einem deutschen Untersuchungsaus-
schuss auszusagen.

In Umsetzung seiner Beweisbeschlüsse hat der Untersu-
chungsausschuss einen im Ausland lebenden ausländi-
schen Zeugen gebeten, sich zu einer Aussage vor dem
Untersuchungsausschuss bereit zu erklären. Dem La-
dungsschreiben ist dieser ausländische Zeuge gefolgt.

4. Beschlossene, aber nicht terminierte
Zeugen

In einigen Fällen hat der Untersuchungsausschuss vor
dem Hintergrund der erfolgten Beweisaufnahme von ei-
ner Vernehmung der folgenden Zeugen, bezüglich derer
es Beweisbeschlüsse gegeben hat, abgesehen:

5. Formeller Abschluss der Zeugen-
vernehmungen

Am Ende jeder Vernehmung hat die Vorsitzende die Zeu-
gen gemäß § 26 Absatz 3 PUAG belehrt, dass der Unter-
suchungsausschuss durch Beschluss feststellt, dass die
Vernehmung des Zeugen abgeschlossen ist. Die Entschei-
dung dürfe erst ergehen, wenn nach Zustellung des Ver-

Zeuge Rechts- beistand Vernehmung

Bernhard Gerwert,
CEO Fa. EADS
Division Cassidian

Rechtsanwalt
Dr. Daniel M.
Krause

29. Juli 2013

Janis G. Pamiljans,
Sector Vice
President
Fa. Northrop
Grumman

Rechtsanwalt
Martin
Seyfarth,
Kanzlei
WilmerHale

29. Juli 2013

Zeuge Beschlossen
Beweis-
beschluss-
Nr. 17-

Staatssekretär a. D.
Dr. Peter Eickenboom

26. Juni 2013 104

Staatssekretär a. D.
Dr. Walther Stützle

26. Juni 2013 105

Dienststellenleiter
WTD 61, Herbert
Hauck

26. Juni 2013 111

Leiter des Referates II
D 1 im BMF im Dezem-
ber 2006,
MR Ottenburger

26. Juni 2013 116

Vizepräsident beim
BAAINBw,
Thomas Wardecki

26. Juni 2013 117

Ehem. CEO von EADS
Division Cassidian,
Stefan Zoller

26. Juni 2013 122

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33 – Drucksache 17/14650

nehmungsprotokolls zwei Wochen verstrichen sind oder
auf die Einhaltung dieser Frist verzichtet worden ist.

In seiner 9. und zugleich letzten Sitzung am 26. August
2013 hat der Untersuchungsausschuss folgenden Be-
schluss einstimmig gefasst:

Beschluss 13

Ende der Beweisaufnahme und
Abschluss von Zeugenvernehmungen

(zu § 26 Untersuchungsausschussgesetz)

1. Die Beweisaufnahme endet mit Ablauf der
17. Wahlperiode.

2. Nach Beschlussfassung eingehende Beweis-
materialien werden abweichend zu den Beschlüs-
sen 4 und 5 zum Verfahren im Sekretariat bzw. in
der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundesta-
ges lediglich in Papierform vorgehalten.

3. Die Vernehmungen folgender Zeugen, die
das stenografische Protokoll über ihre Verneh-
mung durch den Untersuchungsausschuss erhal-
ten und dazu Stellung genommen bzw. auf eine
Stellungnahme verzichtet haben, sind abgeschlos-
sen.

Name BB 17- beschlossen am vernommen am Protokoll Nr.

Bauch, Angelika 114 26.06.2013 24.07.2013 5

Beemelmans, Stéphane 103 26.06.2013 30.07.2013 7

Böhm, Oswald 118 26.06.2013 23.07.2013 4

Gatzer, Werner 113 26.06.2013 29.07.2013 6

Gerwert, Bernhard 121 26.06.2013 29.07.2013 6

Jansen, Dr. Paul 109 26.06.2013 29.07.2013 6

Jung, Dr. Franz Josef 120 26.06.2013 22.07.2013 3

Knöpfel, Rüdiger 112 26.06.2013 23.07.2013 4

de Maizière, Dr. Thomas 101 26.06.2013 31.07.2013 8

Pamiljans, Janis G. 123 26.06.2013 29.07.2013 6

Scharping, Rudolf 119 26.06.2013 22.07.2013 3

Schneiderhan, Wolfgang 106 26.06.2013 22.07.2013 3

Selhausen, Detlef 108 26.06.2013 24.07.2013 5

Steiger, Wolfgang 125 26.06.2013 23.07.2013 4

Stein, Harald 110 26.06.2013 23.07.2013 4

Storz, Walter 126 26.06.2013 24.07.2013 5

Wieker, Volker 107 26.06.2013 30.07.2013 7

Wolf, Rüdiger 102 26.06.2013 30.07.2013 7

Drucksache 17/14650 – 34 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

V. Zeit- und Arbeitsaufwand

In der Zeit von seiner Konstituierung am 26. Juni 2013
bis zu seiner abschließenden Sitzung am 26. August 2013
hat der Untersuchungsausschuss insgesamt neun Sitzun-
gen durchgeführt, davon sechs öffentliche Sitzungen zur
Beweisaufnahme und drei nichtöffentliche Beratungssit-
zungen gemäß § 12 Absatz 1 PUAG.

Die Dauer der öffentlichen und nichtöffentlichen Sitzun-
gen betrug insgesamt ca. 60 Stunden. Die Stenografi-
schen Protokolle der öffentlichen Sitzungen zur Beweis-
aufnahme umfassen etwa 1 000 Seiten.

VI. Bericht

1. Zeitplan

Der Untersuchungsausschuss hat in seiner 2. Sitzung am
22. Juli 2013 nachfolgenden Zeitplan zur Erstellung des
Berichtes des Verteidigungsausschusses als 2. Untersu-
chungsausschuss gemäß Artikel 45a Absatz 2 GG be-
schlossen:

2. Feststellung des Berichtes

Der Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsaus-
schuss gemäß Artikel 45a Absatz 2 GG hat in seiner
9. und zugleich letzten Sitzung am 26. August 2013 fol-
genden Beschluss gefasst:

Beschluss 16

Feststellung der Teile des Berichtes nach § 33 PUAG
und Vorlage an den Deutschen Bundestag

1. Der Verteidigungsausschuss als 2. Untersu-
chungsausschuss gemäß Artikel 45a Absatz 2 des
Grundgesetzes stellt den in seiner 9. Sitzung am
26. August 2013 beschlossenen Bericht in der
Fassung der Beratungsunterlage 17-151 als Be-
richtsteile des Untersuchungsausschusses zum

Gang des Verfahrens (Erster Teil) und zu den er-
mittelten Tatsachen (Zweiter Teil) sowie Über-
sichten und Verzeichnisse (Fünfter Teil) gemäß
§ 33 PUAG fest.

2. Der Verteidigungsausschuss als 2. Untersu-
chungsausschuss gemäß Artikel 45a Absatz 2 des
Grundgesetzes stellt den in seiner 9. Sitzung am
26. August 2013 beschlossenen Bericht in der
Fassung der Beratungsunterlage 17-148 als Be-
richtsteil des Untersuchungsausschusses Ergebnis
der Untersuchung (Dritter Teil) gemäß § 33
PUAG fest.

3. Der Verteidigungsausschuss als 2. Untersu-
chungsausschuss gemäß Artikel 45a Absatz 2 des
Grundgesetzes stellt die in seiner 9. Sitzung am
26. August 2013 vorgelegten Berichte der
Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN sowie der Fraktion DIE LINKE. in der
Fassung der Beratungsunterlagen 17-152 und
17-153 als Sondervoten gemäß § 33 Absatz 2
PUAG (Vierter Teil) fest.

4. Die festgestellten Teile des Berichtes werden
als Bundestagsdrucksache veröffentlicht.

5. Die festgestellten Teile des Berichtes werden
dem Deutschen Bundestag mit folgender Be-
schlussempfehlung vorgelegt:

„Der Bundestag wolle beschließen:

Der Bericht des Verteidigungsausschusses als
2. Untersuchungsausschussgemäß Artikel 45a
Absatz 2 des Grundgesetzes wird zur Kenntnis
genommen.“

6. Das Sekretariat wird ermächtigt, den Ersten
Teil (Gang des Verfahrens) gemäß Beschlussfas-
sung vom 26. August 2013 zu ergänzen sowie re-
daktionelle Überarbeitungen offensichtlicher Un-
richtigkeiten in allen festgestellten Berichtsteilen
vorzunehmen.

7. Das Sekretariat wird beauftragt, in Abstim-
mung mit den federführend benannten Mitarbei-
tern der Fraktionen die redaktionelle Schlussbear-
beitung der festgestellten, zur Veröffentlichung
als Bundestagsdrucksache bestimmten Berichts-
teile vorzunehmen.

Ziffer 2 des Beschlusses wurde mit den Stimmen der
Fraktion der CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bei Enthaltung der Fraktion DIE LINKE.
beschlossen. Alle übrigen Ziffern des Beschlusses wur-
den einstimmig gefasst.

3. Rechtliches Gehör

In seiner 9. Sitzung am 26. August 2013 hat der Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss zudem
folgenden Beschluss zur Gewährung rechtlichen Gehörs
einstimmig beschlossen:

1 Sekretariat: Vorlage des Entwurfs des
Verfahrensteils und des Feststel-
lungsteils

16.08.2013

2 Fraktionen: Ganztägige Beratungen
auf Arbeitsebene mit dem Ziel eines
gemeinsamen Verfahrens- und
Feststellungsteils

20.08.2013

3 Vorlage des Bewertungsteils der
Mehrheit

21.08.2013

4 Vorlage möglicher Sondervoten 23.08.2013

5 Beratungssitzung zur Beschluss-
fassung des Ausschusses über den
gemeinsamen Verfahrens- und Fest-
stellungsteil sowie über die Bewer-
tung des Ausschusses und die Son-
dervoten

26.08.2013,
12.00 Uhr

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 35 – Drucksache 17/14650

Beschluss 14
Gewährung rechtlichen Gehörs zum Bericht

gemäß § 32 PUAG
Der Verteidigungsausschuss als 2. Untersu-
chungsausschuss stellt fest, dass zu den ermittel-
ten Tatsachen (Feststellungsteil des Berichtes),
dem Ergebnis der Untersuchung (Bewertungsteil)
und den Sondervoten vor einer Veröffentlichung
des Berichtes nach § 32 PUAG keiner Person Ge-
legenheit zu einer Stellungnahme zu geben ist.

4. Anfügung von Protokollen an den Bericht
Am 26. August 2013 hat der Untersuchungsausschuss
einvernehmlich beschlossen, die stenografischen Proto-
kolle der öffentlichen Zeugenvernehmungen in den Be-
richt aufzunehmen:

Beschluss 15
Anfügung von Protokollen an den Bericht

nach § 33 PUAG
Der Verteidigungsausschuss als 2. Untersu-
chungsausschuss nimmt folgende Protokolle in
den Bericht nach § 33 PUAG als Anlagen auf:

1. Stenografisches Protokoll der 3. Sitzung über
die Vernehmung der Zeugen:

General a. D. Wolfgang Schneiderhan, Bundes-
minister a. D. Rudolf Scharping und Bundes-
minister a. D. Dr. Franz Josef Jung, MdB, am
22. Juli 2013

2. Stenografisches Protokoll der 4. Sitzung der
Vernehmung der Zeugen:

Leitender Technischer Regierungsdirektor
Rüdiger Knöpfel, Bundesamt für Ausrüstung, In-
formationstechnik und Nutzung der Bundeswehr,
Direktor WTD Wolfgang Steiger, Wehrtechnische
Dienststelle (WTD) 61, Oswald Böhm, ehem.
Vorsitzender des Personalrates beim Bundesamt
für Wehrtechnik und Beschaffung, und Harald
Stein, Präsident des Bundesamtes für Ausrüstung,
Informationstechnik und Nutzung der Bundes-
wehr am 23. Juli 2013

3. Stenografisches Protokoll der 5. Sitzung über
die Vernehmung der Zeugen:

Ministerialrätin Angelika Bauch, Bundesrech-
nungshof, Ministerialdirektor Detlef Selhausen,
Bundesministerium der Verteidigung, und Direk-
tor einer WTD a. D. Walter Storz, ehemaliger
Dienststellenleiter WTD 61, am 24. Juli 2013

4. Stenografisches Protokoll der 6. Sitzung über
die Vernehmung der Zeugen:

Bernhard Gerwert, Chief Executive Officer
(CEO), Fa. EADS Division Cassidian, Janis G.
Pamiljans (Sector Vice President), Fa. Northrop
Grumman, Staatssekretär Werner Gatzer, Bundes-
ministerium der Finanzen und Ministerialdirektor

Dr. Paul Jansen, Bundesministerium der Verteidi-
gung am 29. Juli 2013

5. Stenografisches Protokoll der 7. Sitzung über
die Vernehmung der Zeugen:

Staatssekretär Stéphane Beemelmans, Bundes-
ministerium der Verteidigung, Staatssekretär
Rüdiger Wolf, Bundesministerium der Verteidi-
gung und General Volker Wieker, Generalinspek-
teur der Bundeswehr am 30. Juli 2013

6. Stenografisches Protokoll der 8. Sitzung über
die Vernehmung des Zeugen

Bundesminister der Verteidigung, Dr. Thomas de
Maizière, MdB, am 31. Juli 2013.

VII. Umgang mit Beweismitteln nach Vorlage
des Berichtes

Zum Umgang mit Protokollen und Materialien
nach Kenntnisnahme des Berichtes durch den
Deutschen Bundestag hat der Untersuchungsaus-
schuss einvernehmlich folgenden Beschluss in
seiner letzten Sitzung am 26. August 2013 ge-
fasst:

Beschluss 17

Behandlung der Protokolle und Materialien nach
Kenntnisnahme des Berichtes durch den

Deutschen Bundestag

1. Protokolle

Der Untersuchungsausschuss empfiehlt gemäß
Ziffer II Nr. 2 der Richtlinien gemäß § 73 Absatz 3
GO-BT:

VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH ein-
gestufte Protokolle über Beratungssitzungen wer-
den nach der Geheimschutzordnung des Bundes-
tages behandelt. Der Vermerk VS-NUR FÜR
DEN DIENSTGEBRAUCH verliert am 31. De-
zember 2017 seine Gültigkeit. Danach können
diese Protokolle von jedem eingesehen werden,
der ein berechtigtes Interesse geltend machen
kann. Über das Vorliegen eines berechtigten Inte-
resses entscheidet der Präsident.

2. Beweismaterialien (MAT)

Die zu Beweiszwecken gemäß § 18 Absatz 1
PUAG sowie § 29 PUAG beigezogenen Materia-
lien und die VS-NUR FÜR DEN DIENSTGE-
BRAUCH und höher eingestuften Beweismateria-
lien werden nach Ablauf der 17. Wahlperiode an
die herausgebenden Stellen zurückgegeben, es sei
denn, die herausgebenden Stellen widersprechen.
Im Übrigen werden Kopien ebenso wie die vom
Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsaus-
schuss gefertigten Kopien vernichtet. Die Ver-
nichtung ist in einem Protokoll festzuhalten.

Die auf dem Gruppenlaufwerk U im Ordner
„UA_Materialen“ des Verteidigungsausschusses als

Drucksache 17/14650 – 36 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

2. Untersuchungsausschuss digital gespeicherten
Materialien werden nach Ablauf der 17. Wahlpe-
riode durch das zuständige Referat der Verwal-
tung des Deutschen Bundestages gelöscht.

3. Geschäftsakten

Die dem Verteidigungsausschuss als 2. Untersu-
chungsausschuss von dritter Seite vorgelegten
Geschäftsakten werden als „VS-NUR FÜR DEN
DIENSTGEBRAUCH“ eingestuft, soweit diese
nicht bereits mit einer höheren Einstufung verse-
hen sind.

Darüber hinaus hat der Ausschuss einstimmig folgenden
Beschluss zur Rückgabe von Beweismaterialien und
Mehrausfertigungen von Protokollen gefasst:

Beschluss 18

Rückgabe von Beweismaterialien und Mehr-
ausfertigungen von Protokollen

1. Nach Ablauf der 17. Wahlperiode geben

– die Mitglieder des Verteidigungsausschus-
ses als 2. Untersuchungsausschuss,

– die benannten Mitarbeiterinnen und Mitar-
beiter der Fraktionen und

– die Beauftragten der Bundesregierung so-
wie der Stenografische Dienst

gegenüber dem Sekretariat eine Erklärung ab,
dass verteilte oder elektronisch bereitgestellte
Kopien der als VS-NUR FÜR DEN DIENSTGE-
BRAUCH eingestuften Beweismaterialien sowie
die davon gezogenen weiteren Kopien, soweit
dies nicht bereits erfolgt ist, vernichtet werden.

2. Die von der Geheimregistratur des Deut-
schen Bundestages an

– die Mitglieder des Verteidigungsausschus-
ses als 2. Untersuchungsausschuss,

– die benannten Mitarbeiterinnen und Mitar-
beiter der Fraktionen und

– die Beauftragten der Bundesregierung so-
wie den Stenografischen Dienst

verteilten Kopien der VS-NUR FÜR DEN
DIENSTGEBRAUCH oder höher eingestuften
Beweismaterialien sind bis Ablauf der 17. Wahl-
periode der Geheimregistratur zum Zwecke der
Vernichtung zuzuleiten.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 37 – Drucksache 17/14650

Zweiter Teil:
Feststellungen zum Sachverhalt

A. Beginn und Verlauf des Entwicklungs-
projektes EURO HAWK bis zum
Vertragsschluss im Jahr 2007

Zur Deckung des Informationsbedarfes der politischen
Führung und aller militärischen Führungsebenen zur
Lage in den Interessen-, Krisen- und Einsatzgebieten so-
wie zu militärisch-technologischen Entwicklungen be-
treibt die Bundeswehr Nachrichtengewinnung und Auf-
klärung.18

Neben der weltweiten Aufklärung, zum Beispiel durch
Satelliten, und der taktischen Aufklärung, die dem unmit-
telbaren Erkenntnisgewinn der eigenen Truppe in ihrem
Einsatzraum und dem ihn umgebenden Interessenraum
dient, gibt es die sogenannte weiträumige Aufklärung.
Diese befähigt zur großräumigen echtzeitnahen Lagefest-
stellung in einer definierten Region besonderen Interesses
sowie in einem potentiellen oder aktuellen Operations-
oder Einsatzgebiet.19

I. Schrittweise Aussonderung des Systems
Breguet 1150 Atlantic SIGINT

Für die Signalerfassende Luftgestützte Weiträumige Über-
wachung und Aufklärung (SLWÜA) standen der Bundes-
wehr vier Luftfahrzeuge des Typs Breguet 1150 Atlantic
Signal Intelligence (SIGINT) zur Verfügung. Diese be-
fanden sich seit dem Jahr 1972 bei der Deutschen Marine
im Einsatz und sollten bis zum Jahr 2010 genutzt wer-
den.20

Aufgrund altersbedingter Defizite sowohl in technischer
als auch in operationeller Hinsicht sollte das System eine
Kampfwertanpassung „zur Verbesserung der Missions-
ausrüstung, Anpassung an das erweiterte Aufgabenspekt-
rum sowie zur Sicherstellung der technischen Versorg-
barkeit“ erfahren. Diese Absicht wurde aber
insbesondere aus Kostengründen in der Folgezeit nicht
weiter verfolgt.21

Der Zeuge General a. D. Wolfgang Schneiderhan hat zu
diesem Punkt ausgeführt:

„Man hatte zunächst geplant, dieses System län-
ger in Betrieb zu halten und bis 2010 auch noch
eine Kampfwertanpassung bei der Breguet Atlan-
tic zu machen. Das ist dann verworfen worden,
weil es für die Breguet Atlantic ab 2010 keine
wirtschaftliche Versorgungsmöglichkeit durch
die Industrie mehr gibt und die Nachrüstungszeit,
die 2007 fertig gewesen wäre, bis zum Auslaufen
2010 völlig unwirtschaftlich gewesen wäre, für
die Investitionen über 200 Millionen an Nachrüs-

tung. Und deshalb wurde entschieden: Es gibt
keine Kampfwertanpassung für die Breguet
Atlantic.“22

Auch der Bundesrechnungshof stellte in seinen Bemer-
kungen 2005 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des
Bundes fest, dass die Bundeswehr mit der Breguet 1150
Atlantic SIGINT ein weiträumig signalerfassendes Auf-
klärungssystem betreibe, dessen Trägerflugzeuge und
Missionsausrüstungen inzwischen so veraltet seien, dass
es seine Aufgaben schon seit Jahren nicht mehr annä-
hernd erfüllen könne. Ursprünglich vorgesehene Kampf-
wertanpassungen hätten sich angesichts der geringen
Restnutzungszeit als zu teuer erwiesen.

Als Empfehlung sprach er aus,

„[…] das veraltete Aufklärungssystem so schnell
wie möglich und vollständig außer Dienst zu stel-
len, zu prüfen, ob die Beschaffung eines Nachfol-
gesystems bedarfsgerecht ist und ggf. dessen Be-
reitstellung mit Nachdruck zu verfolgen.“23

Angesichts der Entscheidung, keine Kampfwertanpas-
sung beim System Breguet 1150 Atlantic SIGINT vorzu-
nehmen, wurde die schrittweise Aussonderung des Sys-
tems beginnend ab dem Jahr 2004 vom BMVg
angewiesen.24

II. Durchführung von Konzeptstudien

Vor dem Hintergrund der bereits vorhandenen Defizite im
Bereich der signalerfassenden luftgestützten weiträumi-
gen Überwachung und Aufklärung sowie der sich zusätz-
lich abzeichnenden Fähigkeitslücke [Anm.: Die Fraktion
DIE LINKE. sieht im Begriff der „Fähigkeitslücke“ hier
und im Folgenden kein Faktum, sondern eine von ihr
nicht geteilte politische Position der anderen Fraktionen
im Untersuchungsausschuss] in diesem Bereich wurde ab
dem Jahr 2000 mittels mehrerer Studien untersucht, auf
welche Weise und gegebenenfalls mit welchem Nachfol-
gesystem dieses Problem behoben werden könnte.25

Der Zeuge Bundesminister a. D. Rudolf Scharping hat in
seiner Vernehmung dazu ausgeführt:

„In diesem Zusammenhang war ganz klar, dass
das Ziel der Informationsbeschaffung, der Infor-
mationsüberlegenheit auch im Zusammenhang
mit luftgestützten Systemen bisher nicht erreicht
werden konnte. […] Wie kann man im Zusam-
menhang mit Entwicklungen, die in Amerika im
Gange waren, den Rückstand der Europäer besei-
tigen oder aufholen? Das hat in meiner Amtszeit
zu Konzeptstudien geführt, mit denen die IABG
und die EADS beauftragt wurden, um überhaupt
mal herauszufinden, ob und welche Möglichkei-

18 MAT 17-22 BMVg zu BB 17-33, Abt Plg, Ordner 1, S. 6.
19 MAT 17-9 BMVg zu BB 17-4, Abt Plg, S. 4.
20 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 6.
21 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 6.

22 Schneiderhan, Protokoll-Nr. 3, S. 3 f.
23 MAT 17-63 A BMVg zu BB 17-66, Ordner 1, Kdo Lw, S. 107 f.
24 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 6.
25 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, Anlage E zum Bericht.

Drucksache 17/14650 – 38 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

ten bestehen könnten, mithilfe eines solchen Sys-
tems den Mangel der Informationsbeschaffung
und der Informationsüberlegenheit – der ange-
strebten, aber nicht erreichten Informationsüber-
legenheit – zu beseitigen.“26

Im Rahmen der Konzeptstudien wurden auch bereits in
anderen Ländern genutzte Systeme betrachtet.

Im Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe EURO HAWK
heißt es dazu:

„Bereits am 19. Oktober 2001 wurde ein soge-
nanntes ,Project Agreement – High Altitude Long
Endurance (HALE) Unmanned Aerial Vehicle
(UAV) Concept of Operations, Sensor Integration
and Flight Demonstration Project‘ zwischen dem
US Department of Defense und dem BMVg un-
terzeichnet. Diese Vereinbarung sollte die Basis
für die Vorbereitung und Durchführung der GLO-
BAL HAWK Demonstrationsflüge in Deutsch-
land schaffen. Weiterhin sind im Vorfeld für diese
Flugdemonstration eine Bewertung durch die
WTD 61/ML durchgeführt und entsprechende
Verfahren mit der Deutschen Flugsicherung
GmbH (DFS) vereinbart worden. Zu diesem
Zweck erfolgte eine Einsichtnahme in die ent-
sprechenden Unterlagen vor Ort in den USA. Im
Ergebnis sind für ein Luftfahrzeug der US Air
Force (GLOBAL HAWK RQ-4A) die Überflug-
und Landerechte für sechs Flüge in drei Wochen
in Deutschland erteilt worden. Die Demonstrati-
onsflüge fanden im Oktober 2003 in Nordholz
statt.“27

Ausweislich der Aussage des Zeugen Direktor einer
Wehrtechnischen Dienststelle Wolfgang Steiger, Wehr-
technische Dienststelle (WTD) 61, führte seinerzeit die
WTD 61 vor Erteilung der Freigabe zum Einfliegen des
GLOBAL HAWK in den deutschen Luftraum eine Si-
cherheitsbewertung durch:

„Als herausragendes Event – ich selber war da-
mals nicht in Manching, weil ich in der Zeit im
BMVg war – war ja diese Demonstration 2003 in
Nordholz, als ein Global Hawk dort für, glaube
ich, drei Wochen stationiert war und von Nord-
holz aus mehrere Flüge durchgeführt hat, um
eben zu demonstrieren, wozu dieses System eben
in der Lage ist, und da hat die WTD 61 eine Si-
cherheitsbewertung durchgeführt, damit eben die
[…] angesprochene Freigabe zum Einfliegen in
den deutschen Luftraum erteilt werden konnte.“28

Auch der Zeuge Scharping hat über eine frühe Zusam-
menarbeit mit US-amerikanischen Unternehmen im Rah-
men der Suche nach geeigneten Systemen berichtet:

„Im Jahr 2001 war das im Rahmen der Konzept-
studien – wenn ich das richtig erinnere, sind da
immer auch Fachleute zwischen der Bun-
desrepublik Deutschland und den USA hin- und
hergereist; aber das sage ich mit dem Vorbehalt
einer möglicherweise nicht vollständigen Erinne-
rung -, dass man jedenfalls mit dem möglichen
Lieferanten der Basistechnologie – ich glaube,
das war Northrop Grumman – in einem ständigen
Austausch steht. Das macht Sinn, jedenfalls so-
lange man sich entscheidet, keine Eigenentwick-
lung zu betreiben, sondern ein System dem Kern
nach zu übernehmen und auf die eigenen Bedürf-
nisse zu adaptieren, anzupassen.“29

Der Projektverlauf von der Bedarfsermittlung bis hin zum
Abschluss eines Entwicklungsvertrages verlief nach den
Bestimmungen des Customer Product Managements
(CPM) aus dem Jahre 2001, das in den Folgejahren mehr-
fach weiterentwickelt wurde.

III. Verfahrensbestimmungen des Customer
Product Managements (CPM) 2001

Bei dem Customer Product Management (CPM) aus dem
Jahr 2001 handelte es sich um ein Verfahren zur Bedarfs-
ermittlung und -deckung mit Produkten und Dienstleis-
tungen im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der
Verteidigung. Dabei bestimmten die Grundsätze der Wirt-
schaftlichkeit den gesamten Verfahrensablauf. So waren
beispielsweise verfügbare Produkte und Komponenten
vorrangig zu betrachten und für neue Produkte zu ver-
wenden, „um kostenträchtige und risikobehaftete Ent-
wicklungen zu vermeiden“ .30

Gemäß dem CPM 2001 wurden Rüstungsprojekte in ver-
schiedene Phasen gegliedert, wobei jede Phase mit einem
Phasendokument abgeschlossen wurde, in dem die Er-
gebnisse der abgelaufenen Phase und die Entscheidung
zum weiteren Vorgehen dokumentiert wurden.

1. Analysephase

In der Analysephase wurden Fähigkeitslücken festgestellt
und Lösungsmöglichkeiten in den Planungskategorien
Organisation, Personal, Rüstung, Betrieb und Infrastruk-
tur beziehungsweise ein möglicher Lösungsweg zum
Schließen von Ausstattungslücken aufgezeigt.31

Die gesamtplanerische Verantwortung für eine die Bun-
deswehr übergreifende Fähigkeitsanalyse sowie die zen-
trale Bedarfsermittlung lag beim Generalinspekteur (Gen-
Insp) der Bundeswehr. Für die Erstellung entsprechender
Phasendokumente war die jeweilige Integrierte Arbeits-
gruppe Fähigkeitsanalyse (IAGFA), die sich aus Mitglie-
dern verschiedener ziviler und militärischer Führungs-
stäbe und Abteilungen des Bundesministeriums der
Verteidigung zusammensetzte, zuständig.32

26 Scharping, Protokoll-Nr. 3, S. 39.
27 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 7.
28 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 85.

29 Scharping, Protokoll-Nr. 3, S. 40.
30 MAT 17-31 BMVg zu BB 17-12, AIN I 1, Ordner 1, S. 1 f.
31 MAT 17-31 BMVg zu BB 17-12, AIN I 1, Ordner 1, S. 7.
32 Schneiderhan, Protokoll-Nr. 3, S. 2 f.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 39 – Drucksache 17/14650

a) Feststellung einer Fähigkeitslücke in der
Systemfähigkeitsforderung (SFF)

Eine in der Analysephase erkannte Fähigkeitslücke war
nach dem CPM in der Stufenentscheidung Systemfähig-
keitsforderung (SFF) auf der Grundlage konzeptioneller
Überlegungen und Erfahrungen zu dokumentieren und
festzustellen.

Eine Systemfähigkeitsforderung enthielt die funktionalen
Vorgaben, die für die Analyse alternativer Lösungswege
zum Schließen einer Fähigkeitslücke erforderlich wa-
ren,33 und war ein sogenanntes bedarfsbegründendes Do-
kument gemäß den Regelungen des CPM 2001.

b) Aufzeigen eines Lösungsweges in der
Abschließenden funktionalen
Forderung (AF)

Ein Lösungsweg zum Schließen der in der SFF erkannten
Fähigkeitslücke wurde in der Abschließenden funktiona-
len Forderung (AF) festgelegt.

Soweit funktionale Forderungen nur mit neuen Produkten
zu realisieren waren, waren diese unter Verwendung ver-
fügbarer Komponenten über Leistungsanforderungen
funktional zu definieren.34

2. Projektierungsphase

Die Projektierungsphase war nach den Regelungen des
CPM 2001 zusätzlich zu durchlaufen, wenn bei der ge-
planten Realisierung neuer zu entwickelnder Produkte
das Realisierungsrisiko einen unmittelbaren Eintritt in die
Einführungsphase nicht zuließ.

In dieser Phase sollte nachgewiesen werden, dass die ge-
forderten Produkte zur Erfüllung der funktionalen Forde-
rung auch herstellbar sind.

Die Leistungsfähigkeit und Eignung waren unter Beteili-
gung der künftigen Nutzer zum Beispiel mittels Demons-
tratoren zu untersuchen. Bei Letztgenanntem handelte es
sich um das Muster eines künftigen Produktes „zur Dar-
stellung einsatzrelevanter Produktmerkmale oder zur Be-
urteilung als kritisch erachteter (Teil-) Funktionen“.35

Die Projektierungsphase endete mit der Erstellung des
Phasendokuments Realisierungsgenehmigung (ReG).

3. Einführungsphase

In der Einführungsphase wurden schließlich die betref-
fenden Produkte beschafft oder deren Herstellung auf Ba-
sis der getroffenen Auswahlentscheidung beauftragt.36

Am Ende der Einführungsphase stand das Phasendoku-
ment Abschlussbericht.

IV. Rechtliche Rahmenbedingungen für die
Zulassung und den Betrieb von
Luftfahrzeugen

Bei der Bewertung und Auswahl eines geeigneten Nach-
folgesystems zum Schließen der Fähigkeitslücke SLWÜA
waren die in der Bundesrepublik Deutschland bestehen-
den Luftfahrtbestimmungen und Zulassungsregelungen
zu berücksichtigen.

1. Allgemeine luftverkehrsrechtliche
Regelungen

Auf nationaler Ebene regeln das Luftverkehrsgesetz
(LuftVG) sowie dazu erlassene Verordnungen, wie zum
Beispiel die Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung (Luft-
VZO), die Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO), die Verord-
nung zur Prüfung von Luftfahrtgerät (LuftGerVO) oder
die Flugsicherungs-Anlagen- und Geräte-Musterzulas-
sungs-Verordnung (FSMusterzulV) die Teilnahme am
Luftverkehr. Die Bestimmungen gelten grundsätzlich für
bemannte und unbemannte Luftfahrzeuge im militäri-
schen oder zivilen Bereich.37

2. Ausnahmeregelung des § 30 LuftVG für
die Bundeswehr

Gemäß § 30 LuftVG kann die Bundeswehr von den ge-
nannten Vorschriften abweichen, „soweit dies zur Erfül-
lung ihrer besonderen Aufgaben unter Berücksichtigung
der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung erforderlich
ist.“

In Umsetzung dieser Ausnahmeregelung hat die Bundes-
wehr insbesondere mittels der Zentralen Dienstvorschrif-
ten (ZDv) der ZDv 19er Reihe luftrechtliche Verwal-
tungsvorschriften für die Zulassung und den Flugbetrieb
militärischer Luftfahrzeuge erlassen.

a) Zulassungskategorien von unbemannten
Luftfahrzeugen

Gemäß der ZDv 19/3 und der Lufttüchtigkeitsforderung
Sonderbestimmungen bei Prüfung und Zulassung unbe-
mannter Luftfahrzeugsysteme der Bundeswehr (LTF
1550-001) werden unbemannte Luftfahrzeuge in drei Ka-
tegorien eingeteilt:

aa) Kategorie 1

Unbemannte Luftfahrzeuge der Kategorie 1 werden nur
innerhalb von speziell gekennzeichnetem militärischen
Übungsgelände oder abgesperrtem Gelände mit jeweils
darüber liegendem Luftsperrgebiet oder Gebiet mit Flug-
beschränkungen betrieben.

Derartige Luftfahrzeuge sind prüfpflichtig, sie benötigen
aber keine Musterzulassung.38

33 MAT 17-31 BMVg zu BB 17-12, AIN I 1, Ordner 1, S. 8.
34 MAT 17-31 BMVg zu BB 17-12, AIN I 1, Ordner 1, S. 2.
35 MAT 17-31 BMVg zu BB 17-12, AIN I 1, Ordner 1, S. 17.
36 MAT 17-31 BMVg zu BB 17-12, AIN I 1, Ordner 1, S. 11.

37 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe
EURO HAWK, S. 10.

38 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe
EURO HAWK, S. 11.

Drucksache 17/14650 – 40 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

bb) Kategorie 2
Unbemannte Luftfahrzeuge der Kategorie 2 starten und
landen innerhalb von speziell gekennzeichnetem militäri-
schen Übungsgelände oder abgesperrtem Gelände. Der
Flugweg dazwischen verläuft in einem Gebiet mit Flug-
beschränkungen oder in für den allgemeinen Luftverkehr
gesperrten Lufträumen auch außerhalb von militärischem
Übungs- oder Erprobungsgelände.

Derartige Luftfahrzeuge werden auf Verkehrssicherheit
geprüft und benötigen eine Muster- und Verkehrszulas-
sung.39

Unbemannte Luftfahrzeuge dieser Kategorie dürfen nur
von solchem Bedienpersonal betrieben werden, das im
Besitz einer gültigen Lizenz für bemannte Luftfahrzeuge
ist.

Um eine Zulassung für den Flugbetrieb der Kategorie 2
zu erhalten, müssen unbemannte Luftfahrzeuge zudem
über „Notverfahren zur automatischen oder manuellen
Fehlerbehandlung, über Notsysteme zur Behandlung die-
ser Notverfahren sowie über ein Flugabbruchsystem ver-
fügen“.40

cc) Kategorie 3
Unbemannte Luftfahrzeuge der Kategorie 3 nehmen am
allgemeinen Luftverkehr teil und werden auch außerhalb
von Gebieten mit Luftbeschränkungen in allen Luftraum-
klassen gemäß den luftrechtlichen Bestimmungen betrie-
ben.

Derartige Luftfahrzeuge werden auf Verkehrssicherheit
geprüft und benötigen eine Muster- und Verkehrszulas-
sung.

Ausweislich des Berichtes der Ad-hoc Arbeitsgruppe
EURO HAWK wird eine Teilnahme unbemannter Luft-
fahrzeuge am allgemeinen Luftverkehr gemäß Kategorie 3
erst möglich sein, „wenn die dafür erforderlichen gesetz-
lichen Regeln und Verfahren geschaffen sind“.

Weiter heißt es darin:

„Darüber hinaus ist die Teilnahme nur dann mög-
lich, wenn ein sogenanntes ‚Sense and Avoid-
System‘ verfügbar sein wird. Ein solches System
ist noch nicht marktreif. Die entsprechenden
Technologien und Standards sind noch nicht ent-
wickelt.“41

b) Musterprüfung und Musterzulassung
Die Durchführung der Musterprüfung und Erteilung der
Musterzulassung richtet sich nach der ZDv 19/1. Den da-
rin festgelegten Zulassungsprozess müssen alle Luftfahr-
zeuge und Luftgeräte der Bundeswehr durchlaufen. Ver-
antwortlich für die Durchführung der Prüfung und
Erteilung der Musterzulassung ist die Wehrtechnische

Dienststelle für Luftfahrzeuge – Musterprüfwesen für
Luftfahrtgerät der Bundeswehr (WTD 61/ML).

Zweck der Musterprüfung ist die Feststellung der Ver-
kehrssicherheit/ Lufttauglichkeit des Luftfahrtgerätemus-
ters unter den vorgegebenen Betriebs- und Umweltbedin-
gungen. Diese erfolgt auf Grundlage festgelegter Bau-
und Prüfvorschriften, die in Musterprüfrahmenprogram-
men festgelegt und die in Verträgen vereinbart werden. 42

In der Entwicklung, Erprobung und Beschaffung erhält
ein Luftfahrzeug von der WTD 61/ML eine vorläufige
Zulassung zum Flugbetrieb.43

V. Beauftragung und Erstellung einer
Systemfähigkeitsforderung (SFF)

Im März 2001 beauftragte die Integrierte Arbeitsgruppe
Fähigkeitsanalyse (IAGFA) „Nachrichtengewinnung und
Aufklärung“ die Erstellung einer Systemfähigkeitsforde-
rung (SFF) für die luftgestützte weiträumige Überwa-
chung und Aufklärung.44 Das daraufhin erstellte Phasen-
dokument SFF wurde vom Generalinspekteur der
Bundeswehr am 18. August 2002 genehmigt.45

Zu den in der Systemfähigkeitsforderung an ein künftiges
Aufklärungssystem gestellten Forderungen hat der Zeuge
Schneiderhan in seiner Vernehmung ausgeführt:

„Das Ziel war, eine eigenständige politische und
militärische Urteils-, Entscheidungs- und Hand-
lungsfähigkeit im gesamten Einsatzspektrum si-
cherzustellen […]. Und so wurde die Beschaf-
fung eines luftgestützten, signalerfassenden
Systems empfohlen. Die Aufklärungskomponen-
ten sollten in nationaler Verfügungsgewalt sein.
Das hängt mit dem direkten Zugriff und der Steu-
erung zusammen. Das hängt auch mit dem unge-
filterten Zugriff auf die Rohdaten zusammen. Das
waren die Überlegungen.

[…] Zum Träger. In der SFF wurde nur ausge-
führt: aus großer Höhe – das hat mit der Abstrah-
lung, der Sicherheit und der Erfassung zu tun –,
lange Stehzeit. Und es wurde allgemein formu-
liert, weit ins Interessen-, Krisen- und Einsatzge-
biet hineinwirken zu können. Ob bemannt oder
unbemannt, wurde in der SFF noch offengehal-
ten. Allerdings wurde in der SFF auch schon er-
wähnt, dass der Träger sich in die vorhandenen
zivilen und militärischen Luftraumstrukturen ein-
ordnen können muss und dafür mit den erforderli-
chen technischen Einrichtungen versehen sein
sollte. Das geht unter anderem auf die Studien zu-
rück, die im Vorfeld der SFF schon angelegt wa-
ren und deren Ergebnisse wir ausgenutzt hat-
ten.“46

39 MAT 17-51 BMVg zu BB 17-40, Ordner 1, S. 11.
40 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 19.
41 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 12.

42 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe
EURO HAWK, S. 12 f.

43 MAT 17-51 BMVg zu BB 17-40, Ordner 1, S. 10.
44 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 7.
45 MAT 17-22 BMVg zu BB 17-33, Abt. Planung, S. 1 ff.
46 Schneiderhan, Protokoll-Nr. 3, S. 4.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41 – Drucksache 17/14650

VI. Phasendokument „Abschließende funktio-
nale Forderung (AF) für das System
Signalerfassende Luftgestützte
Weiträumige Überwachung und
Aufklärung“ (SLWÜA)

Unter Berücksichtigung der bislang erstellten Konzept-
studien und in Umsetzung der Systemfähigkeitsforderung
wurde das Phasendokument „Abschließende funktionale
Forderung (AF) für das System Signalerfassende Luft-
gestützte Weiträumige Überwachung und Aufklärung“
(SLWÜA) erstellt und vom damaligen Generalinspekteur
der Bundeswehr General Schneiderhan am 17. August
2004 genehmigt sowie von Staatssekretär Dr.
Eickenboom am 27. August 2004 gebilligt.47

1. Aufgabenspektrum eines Systems SLWÜA

Gemäß der AF musste ein künftiges System SLWÜA in
der Lage sein, als Bestandteil der nationalen Aufklä-
rungsstruktur die Aufgaben der luftgestützten weiträumi-
gen Fernmelde- und elektronischen Aufklärung zu erfül-
len. Als Aufklärungsgebiete waren die jeweiligen
aktuellen Einsatzgebiete, mögliche Krisengebiete sowie
festgelegte Interessengebiete der Fernmelde- und elektro-
nischen Aufklärung der Bundeswehr definiert.

Als Nebenaufgabe sollte das System „im Rahmen verfüg-
barer Kapazitäten auch die ressortübergreifende Nach-
richtengewinnung und Aufklärung und Hilfs- und Ret-
tungsaktionen“ unterstützen.48

Auf die Frage zu den Einsatzmöglichkeiten eines solchen
Systems im Rahmen der beschriebenen Nebenaufgabe
(Amtshilfe) hat der Zeuge General Volker Wieker, Gene-
ralinspekteur der Bundeswehr, ausgeführt:

„Wenn wir ein solches System betreiben zum
Beispiel mit einem IR/UV-Sensor, dann können
wir ihn zum Beispiel dafür einsetzen, wie wir es
jetzt mit der alten DO getan haben bei der Ma-
rine, indem wir einen solchen IR/UV-Sensor zum
Entlangfliegen der Deiche nutzen, um den Auf-
weichungsgrad der Deiche festzustellen; das ist
möglich.“49

Der Zeuge Staatssekretär Rüdiger Wolf hat bezüglich ei-
ner möglichen Unterstützung anderer Ressorts durch die
Bundeswehr klargestellt:

„[…] militärische Mittel werden im Rahmen ihrer
verfassungsrechtlichen Zulässigkeit angewandt.
Und ein kleiner Aspekt, ein Nebenaspekt – und
der einzige – der Anwendbarkeit von militäri-
schen Mitteln ist im Rahmen der Amtshilfe der
Katastrophenschutz, Naturkatastrophenschutz, so
wie das beim Hochwasser auch der Fall war. […]
Ich schließe nicht aus, dass auch Aufklärungssys-
teme im Zusammenhang mit dem Amtshilfe-

grundsatz Anwendung finden, aber nur im Rah-
men – ich wiederhole es – des verfassungsrechtlich
Zulässigen. Insofern kann es auch sein, dass Auf-
klärungsmittel der Bundeswehr auf Anforderung
der zuständigen Behörden im Rahmen ihres ver-
fassungsrechtlich zulässigen Einsatzes mit ver-
wandt werden.“50

2. Funktionale Forderungen

In der AF wurden die Leistungsanforderungen, die ein
künftiges System zu erfüllen hatte, präzisiert beschrieben
und in drei Kategorien eingeteilt:

– „Muss“-Forderung: Die Forderung ist unverzichtbar.

– „Soll“-Forderung: Eine Forderung ist zu realisieren,
wenn technisch möglich und finanzierbar.

– „Kann“-Forderung: Eine Wunschforderung ist zu re-
alisieren, wenn dies ohne zusätzliche Kosten möglich
ist oder nach Erfüllung der Muss- und Soll-Forderun-
gen noch Finanzmittel verfügbar sind. 51

Bei der vergleichenden Bewertung möglicher Lösungs-
wege bezüglich einer Trägerplattform für das System
SLWÜA wurden die hierfür aufgestellten funktionalen
Forderungen herangezogen.

So wurden bestimmte Anforderungen, wie die „Durch-
führung von Flug-/Notverfahren“ als „Muss“-Kriterium
gewertet. Des Weiteren musste ein solches System eine
„operativ nutzbare Reichweite von 3.000 Kilometern“
aufweisen und eine „24-stündige Verfügbarkeit des Ge-
samtsystems im Operationsgebiet“ gewährleistet sein.52

Der Zeuge Schneiderhan hat dazu in seiner Vernehmung
ausgeführt:

„Wir haben in der AF präzisieren müssen: min-
destens 3 000 Kilometer entferntes Einsatzgebiet.
Das hängt dann auch mit der NATO-Strategie zu-
sammen. Wir haben die Stehzeit im Operations-
gebiet definiert: 24 Stunden. Wir haben die Hö-
hen definiert, um die Abschottungen zu
minimieren. Und es war die Forderung erhoben
worden, möglichst viele Funktionen zu automati-
sieren. Das waren die Präzisierungen, die in der
AF im Gegensatz zur SFF dann entstanden
sind.“53

3. Untersuchte Lösungswege

Nachdem kein marktverfügbares Gesamtsystem den
funktionalen Forderungen ganzheitlich genügt hatte und
weitere potentielle Trägersysteme nicht die geforderten
Leistungsmerkmale erfüllten, waren letztlich für die Trä-
gerplattform zwei Lösungswege vertieft untersucht wor-
den:

47 MAT 17-9 BMVg zu BB 17-4, Abt. Planung, S. 1 ff.
48 MAT 17-9 BMVg zu BB 17-4, Abt. Planung, S. 5.
49 Wieker, Protokoll-Nr. 7, S. 175.

50 Wolf, Protokoll-Nr. 7, S. 139.
51 MAT 17-9 BMVg zu BB 17-4, Abt. Planung, S. 55.
52 MAT 17-9 BMVg zu BB 17-4, Abt. Planung, S. 56 f.
53 Schneiderhan, Protokoll-Nr. 3, S. 5 f.

Drucksache 17/14650 – 42 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

– Ein kommerzielles bemanntes Geschäftsreiseflugzeug
(z. B. Gulfstream V) sowie

– ein unbemanntes Luftfahrzeug für den großen Flughö-
henbereich mit sehr großer Flugdauer (HALE UAV
EADS EURO HAWK auf Basis Northrop Grumman
GLOBAL HAWK),54

jeweils in Verbindung mit einer noch zu entwickelnden
SIGINT-Sensor-Technik.

4. Entscheidung für ein unbemanntes
Luftfahrzeug mit einer SIGINT-
Missionsausstattung

a) Trägersystem
Im Ergebnis fiel die Entscheidung auf ein unbemanntes
Luftfahrzeug EURO HAWK auf Basis des Trägersystems
GLOBAL HAWK. In der AF SLWÜA wird die Entschei-
dung für das Trägersystem wie folgt begründet:

„Aufgrund der Schätzung der Lebenswegkosten
und des nur geringfügig höheren Realisierungsri-
sikos wird im Rahmen der Projektierungsphase
die Alternative ‚Unbemanntes Luftfahrzeug
(EURO HAWK)‘ weiter verfolgt. Nicht zuletzt
vor dem Hintergrund der geringeren Gefährdung
von eigenem Personal im Einsatz, der längeren
Missionsdauer und des weniger aufwändig zu ge-
staltenden Arbeitsablaufs sowie des insgesamt ef-
fizienteren Personaleinsatzes […] ist die ausge-
wählte Alternative überlegen.“55

Untersucht worden waren unter anderem die Lebensweg-
kosten auf Basis einer Nutzungsdauer von 20 Jahren.
Diese hätten ausweislich der AF SLWÜA für den EURO
HAWK bei etwa 1 400 Millionen Euro gelegen, für ein
kommerzielles Geschäftsreiseflugzeug wären etwa
2 480 Millionen Euro angefallen.

Zudem konnte bei der „Auswahl der Systemlösung auf
Basis GLOBAL HAWK aufgrund der Flughöhe und der
daraus resultierenden Abstandsfähigkeit, in erster Linie
aber aufgrund der fehlenden Besatzung auf ein kosten-
treibendes DASS [Defensive Aid Subsystem, Anm.] ver-
zichtet werden.“ Im schlimmsten Fall müsse „der Verlust
eines UAV hingenommen werden.“56

Zu der getroffenen Entscheidung hat der Zeuge
Schneiderhan erläutert:

„Wir hatten eine Lebensdauer für das Projekt von
20 Jahren zugrunde gelegt, und aufgrund dieser
20 Jahre Nutzungszeit wurden die Lebenshal-
tungskosten für das System vergleichend – Flug-
zeug und unbemannt – gemacht. Und das Reali-
sierungsrisiko für das unbemannte Projekt
erschien uns damals nur geringfügig höher zu
sein als beim Flugzeug, was ja von der Integra-
tion der Sensorik auch noch Geldaufwendungen

und unbekanntes Terrain bedeutet hätte. Letzt-
endlich war dann die Entscheidung für unbe-
mannt.“57

Als langfristiges Ziel definiert die AF SLWÜA die unein-
geschränkte Teilnahme des Serienluftfahrzeuges EURO
HAWK am zivilen Luftverkehr nach Kategorie 3 als eine
„Soll“-Forderung, für den Full Scale Demonstrator wurde
die Teilhabe am zivilen Luftverkehr als „Kann“-Forde-
rung festgelegt.58

Dazu hat der Zeuge Schneiderhan erklärt:

„Für den Demonstrator, den Full Scale Demon-
strator, wurde ‚Kann‘ entschieden. Sein Betrieb,
so die AF, soll im kontrollierten Luftraum als
durchführbar gesehen werden. Und für Start und
Landungen haben wir in der AF schon den Ge-
danken gehabt, dass zusätzliche Flugbeschrän-
kungen nötig werden würden. Und für den
Demonstrator wurde auch ein zusätzliches Radar-
system gefordert, das mit zivilen und militäri-
schen Gegenständen zusammenarbeiten können
sollte; so hatte es die AF vorgesehen.
Für die Serie wurde ein ,Soll‘ festgelegt. Das
,Soll‘ bedeutet: ‚wenn technisch machbar und
finanzierbar‘. Denn es war flugbetrieblich gese-
hen Neuland, das betreten wurde. Das war bei der
Erstellung der AF klar, dass wir Neuland betreten
wollen und müssen.“59

b) Entwicklung eines SIGINT-Missions-
systems ISIS

Mangels Marktverfügbarkeit eines geeigneten Systems
und aufgrund von Exportbeschränkungen wurde bezüg-
lich der Missionsausrüstung die Entwicklung eines
SIGINT-Missionssystems ISIS durch nationale Firmen
als erforderlich erachtet.60 Dieses sollte in das Trägersys-
tem integriert werden.

5. Realisierungsrisiken beim Entwicklungs-
projekt

In der AF SLWÜA wurden auch die Realisierungsrisiken
für den gewählten Lösungsweg aufgeführt. Dabei wurde
das finanzielle Risiko „für die Variante mit den forde-
rungsgerechten moderaten Veränderungen am Basisflug-
zeug […] als beherrschbar bewertet.“61

a) Aufbau auf einer US-amerikanischen
Musterzulassung

Man ging seinerzeit davon aus, dass „auf die bestehenden
US-amerikanischen Zulassungen […] bei der Erarbei-
tung der erforderlichen nationalen Zulassung zeit- und
kostensparend“ aufgebaut werden könne.62

54 MAT 17-9 BMVg zu BB 17-4, Abt. Planung, S. 16 f.
55 MAT 17-9 BMVg zu BB 17-4, Abt. Planung, S. 24.
56 MAT 17-9 BMVg zu BB 17-4, Abt. Planung, S. 20.

57 Schneiderhan, Protokoll-Nr. 3, S. 5.
58 MAT 17-9 BMVg zu BB 17-4, Abt. Planung, S. 57.
59 Schneiderhan, Protokoll-Nr. 3, S. 5.
60 MAT 17-9 BMVg zu BB 17-4, Abt. Planung, S. 20.
61 MAT 17-9 BMVg zu BB 17-4, Abt. Planung, S. 19.
62 MAT 17-9 BMVg zu BB 17-4, Abt. Planung, S. 19.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 43 – Drucksache 17/14650

Der Zeuge Ministerialdirektor Detlef Selhausen, Abtei-
lungsleiter AIN im Bundesministerium der Verteidigung
(BMVg), hat in seiner Vernehmung dazu ausgeführt:

„Nach den Planungen vor Vertragsschluss sollte
die beabsichtigte Musterzulassung der Euro-
Hawk-Serie durch eine vereinfachte Musterprü-
fung erlangt werden. Eine vereinfachte Muster-
prüfung kann vorgenommen werden, wenn für
das betreffende Muster die Verkehrssicherheit be-
reits amtlich bescheinigt ist, so unter anderem bei
im Ausland militärisch musterzugelassenen Luft-
fahrzeugen. […] Als Basis für eine solche verein-
fachte Musterzulassung des Euro Hawk sollte die
von der US Air Force zu diesem Zeitpunkt noch
erwartete Zulassung der US-Global-Hawk-Platt-
form nach amerikanischem Recht dienen.“63

Das Realisierungsrisiko für die Erfüllung der in der Bun-
desrepublik Deutschland gültigen Luftfahrtbestimmun-
gen, insbesondere die in „ICAO Annex 10“ und in der
Flugsicherungs-Anlagen- und Geräte-Musterzulassungs-
Verordnung (FSMusterzulV) festgelegten Standards,
wurde „aus technischer Sicht als gering“ eingestuft.64

b) Nutzung teilweise gesperrter Lufträume
für den Steig- und Sinkflug

Bezüglich einer möglichen Teilnahme von unbemannten
Luftfahrzeugen am allgemeinen Flugverkehr nach Kate-
gorie 3 wird in der AF SLWÜA ausgeführt:

„Ein zeitliches Risiko existiert derzeit hinsicht-
lich der uneingeschränkten Teilnahme von UAV
am allgemeinen Luftverkehr. Aufgrund des Feh-
lens diesbezüglicher internationaler Standards ist
ein umfangreicher nationaler als auch internatio-
naler Koordinierungs- und Abstimmungsprozess
notwendig, um die uneingeschränkte Nutzung
von unbemannten Luftfahrzeugen zu realisieren.
Zum Abbau dieses Risikos wird sowohl interna-
tional als auch national ein erheblicher Aufwand
[...] betrieben, der die zügige Generierung ab-
schließender national und international gültiger
Standards für unbemannte Luftfahrzeuge zum
Ziel hat. Dabei wird durchgängig ein […] Weg
verfolgt, indem auf Vorschriften für die bemannte
Luftfahrt zurückgegriffen wird, welche im Be-
darfsfall um spezifische Regelungen für unbe-
mannte Luftfahrzeuge ergänzt werden.“65

Eine Nutzung in zeitweilig gesperrten/reservierten Luft-
räumen sei aber unkritisch und gängige Praxis. Die freie
Wahl des Flugweges deutlich oberhalb des zivil genutzten
Luftraumes sei bereits weitestgehend möglich. Der opera-
tive Einsatz eines High Altitude Long Endurance
(HALE)-Systems lasse sich durch die Nutzung von zeit-
weise zu sperrenden Lufträumen für den Steig- und Sink-

flug sowie der Missionsdurchführung oberhalb des zivi-
len Luftverkehrs bereits grundsätzlich sicherstellen.

Abschließend wird festgestellt, dass „der Nachweis hin-
sichtlich der grundsätzlichen technischen Realisierbar-
keit eines unbemannten Gesamtsystems SIGINT Nach-
folge unter Verwendung von EURO HAWK […] durch die
F&T-Studie ‚Weiträumige unbemannte luftgestützte Auf-
klärung‘ und […] durch praktische Demonstrationsflüge
des GLOBAL HAWK ELINT Demonstrators, einer Vor-
stufe der möglichen Lösung, erbracht“ worden sei. 66

6. Bau eines Full Scale Demonstrators

Zum Abbau der noch vorhandenen Realisierungsrisiken
wurde entschieden, dass im Rahmen der Projektierungs-
phase ein Full Scale Demonstrator gebaut werden sollte.
Im Rahmen eines schrittweisen Vorgehens sollte zunächst
der Träger in Form eines „Green Aircraft“ beschafft wer-
den, welcher dann „parallel zur Entwicklung der Sensor-
systeme deren integrativen Erfordernissen angepasst und
sukzessive mit diesen ausgerüstet“ werden sollte. Eine
„isolierte Sensorsystem-Entwicklung ausschließlich auf
Basis vorliegender Konstruktions- und Schnittstellenda-
ten des Trägers“ erschien „hinsichtlich des erforderli-
chen […] Integrationsprozesses nicht realisierbar“ und
hätte zudem „das technische, zeitliche und finanzielle
Risiko in einem nicht vertretbaren Maße“ erhöht.67

Der Zeuge Schneiderhan hat dazu erläutert:

„Für mich war wichtig, dass wir zunächst einmal
den Weg gegangen sind, für die Projektierungs-
phase einen Demonstrator vorzusehen und nicht
in Serie zu gehen, und dass wir bei der Entwick-
lung von Komponenten der SIGINT-Sensor-Sys-
teme unter Anwendung von bekannten Technolo-
gien mit der Integration in einen verfügbaren
Träger ausgehen wollten und damit im Grunde
eine ganz umfassende Neuentwicklung des Ge-
samtsystems nicht notwendig war.“68

Ausweislich der Aussage des Zeugen Leitender Techni-
scher Regierungsdirektor (LTRDir) Rüdiger Knöpfel,
Projektleiter EURO HAWK beim Bundesamt für Ausrüs-
tung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr
(BAAINBw), sollte der Full Scale Demonstrator zunächst
nach Kategorie 2 betrieben werden, solange noch kein für
den Betrieb nach Kategorie 3 erforderliches „Sense and
Avoid-System“ verfügbar ist. Zu etwaigen Einschränkun-
gen im Betrieb des Luftfahrzeuges hat er erklärt:

„Der Unterschied zwischen Kategorie 3 und 2 ist
das zurzeit noch allgemein fehlende Sense and
Avoid System wie dazugehörige luftfahrtrechtli-
che Zulassungen. […] Das bedeutet natürlich
eine operationelle Einschränkung für unbemannte
Luftfahrzeuge, die aber bei unserem System
keine großen Auswirkungen haben, weil ich diese

63 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 44.
64 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 9.
65 MAT 17-9 BMVg zu BB 17-4, Abt. Planung, S. 19.

66 MAT 17-9 BMVg zu BB 17-4, Abt. Planung, S. 19 f.
67 MAT 17-9 BMVg zu BB 17-4, Abt. Planung, S. 25.
68 Schneiderhan, Protokoll-Nr. 3, S. 5.

Drucksache 17/14650 – 44 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Beschränkung nur für die Zeit der Start- und Lan-
desphase brauche. Für die operationelle Tätigkeit
ganz oben, wo keine Luftfahrzeuge mehr sind,
habe ich per se einen gesperrten Luftraum, weil
andere Luftfahrzeuge auf die Höhe gar nicht
kommen. Deswegen ist Kategorie 2 keine Ein-
schränkung für das Euro-Hawk-System.“69

7. Vorgaben zum Kostenrahmen

Der Finanzbedarf für die Projektierungsphase wurde mit
insgesamt 250 Millionen Euro beziffert.

Für die Beschaffung (Einführungsphase) von insgesamt
fünf Luftfahrzeugen EURO HAWK wurde ein zusätzli-
cher Bedarf von insgesamt 350 Millionen Euro benannt.70

Der Zeuge Schneiderhan begründete die Stückzahl der
anzuschaffenden EURO HAWK-Luftfahrzeuge wie folgt:

„Das System soll die signalerfassende Überwa-
chung und Aufklärung für einen Einsatzraum per-
manent sicherstellen – das heißt sieben Tage,
24 Stunden –, für zwei Einsatzräume gleichzeitig
regelmäßig, aber nicht lückenlos, und das dann
für mehrere Monate. Es wurde gefordert, dass die
Ausbildung in Deutschland stattzufinden habe.
Und so entwickelte sich dann die Forderung nach
fünf Flugsegmenten. Die klassische Aufteilung:
Drei sind im Einsatz, einer ist in der Wartung und
einer wird als Ausbilder benutzt bzw. in Reserve
gehalten – das klassische System plus zwei Bo-
densegmente. Und das wurde in den Bundes-
wehrplan 2005 dann durch den Generalinspekteur
eingestellt und im 38. Finanzplan auch abgebil-
det.“71

VII. Projektbezogene Aktivitäten

1. Gespräche mit der Industrie über den
Musterzulassungsprozess

Mit Blick auf den Zulassungsprozess für das unbemannte
System EURO HAWK wurden in der Wehrtechnischen
Dienststelle für Luftfahrtzeuge – Musterprüfwesen für
Luftfahrtgerät der Bundeswehr (WTD 61/ML) entspre-
chende Musterprüfrahmenprogramme erarbeitet. Die
dritte Entwurfsfassung eines Musterprüfrahmenpro-
gramms vom 30. Juni 200472 enthielt Bau- und Prüfvor-
schriften der „Joint Aviation Regulations 23“ (JAR) – an-
gepasst an Unmanned Aerial Vehicle, deren Erfüllung
seinerzeit gemäß der ZDv 19/1 zur Erlangung einer deut-
schen Musterzulassung für die EURO HAWK-Serie er-
forderlich war. Im Vertrag wurden später inhaltlich identi-
sche Prüfvorschriften vereinbart.73

Der Industrie lag das Musterprüfrahmenprogramm im
Juli 2004 vor. Der Zeuge Selhausen hat dazu ausgesagt:

„Aus den Akten ist ersichtlich, dass schon vor
Vertragsschluss Besprechungen zur Zulassung
der Euro Hawk mit der Firma Northrop Grum-
man stattfanden. Ein Plan der WTD 61/ML zur
Erreichung dieser Musterzulassung lag der Firma
im Sommer 2004 vor. Dieser enthielt die deut-
schen Zulassungsforderungen sowie die Angabe
der anzuwendenden Vorschriften.“

Er hat weiter ausgeführt, dass die Industrie hinsichtlich
der Musterzulassung des EURO HAWK in mehreren Be-
sprechungen auf Arbeitsebene bis in das Jahr 2006 darge-
legt habe, wegen der Vergleichbarkeit des militärischen
US-Design-Standards mit dem entsprechenden zivilen
europäischen Standard könnten die für den US GLOBAL
HAWK erstellten Einzelnachweise auch für den EURO
HAWK herangezogen werden.74

Ausweislich des Berichtes der Ad-hoc Arbeitsgruppe
EURO HAWK sollte die beabsichtigte Musterzulassung
der EURO HAWK-Serie durch eine vereinfachte Muster-
prüfung erlangt werden. Basis hierfür sollte die von der
US Air Force zu diesem Zeitpunkt noch erwartete Zulas-
sung nach amerikanischem Recht der dem EURO HAWK
zugrunde liegenden GLOBAL HAWK-Plattform sein.75

Weiter heißt es, dass die Industrie zum Full Scale De-
monstrator in mehreren Besprechungen vor Vertrags-
schluss dargestellt habe, auf welchem Weg eine deutsche
Musterzulassung im Rahmen des vorgesehenen Entwick-
lungsvertrages erreicht werden könne. Dabei sei auch auf
die Vergleichbarkeit der Anforderungen des militärischen
US-Designstandards (MIL-Hdbk-516) mit dem zivilen
europäischen Standard (CS 23) hingewiesen worden. Zu-
sammenfassend habe die Firma Northrop Grumman
schon vor Vertragsschluss dargestellt, dass der militäri-
sche US-Zulassungsprozess mit dem zivilen US-Zulas-
sungsprozess vergleichbar sei.76

2. Aufforderung zur Angebotsabgabe an die
Firma EuroHawk GmbH für die Projektie-
rungsphase für ein System SLWÜA im
September 2004

Am 17. September 2004 wurden die beteiligten Unter-
nehmen, die Firma European Aeronautic Defence and
Space Company (EADS) Deutschland und die US-ameri-
kanische Firma Northrop Grumman, vom damaligen
Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung (BWB)
aufgefordert, ein Angebot für ein System zur signalerfas-
senden luftgestützten weiträumigen Überwachung und
Aufklärung zu unterbreiten.77

69 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 18.
70 MAT 17-9 BMVg zu BB 17-4, Abt. Planung, S. 26 f.
71 Schneiderhan, Protokoll-Nr. 3, S. 5.
72 MAT 17-79 D BMVg zu BB 17-59, WTD 61 GF 300, Ordner 1,

Historie Musterprüfrahmenprogramm, S. 101.
73 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 20.

74 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 44.
75 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 20.
76 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 22.
77 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 20.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 45 – Drucksache 17/14650

Der Präsident des Bundesamtes für Ausrüstung, Informa-
tionstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw)
Harald Stein hat dazu in seiner Vernehmung erklärt:

„Mit Erlass vom 16. September 2004 erhielt das
BWB in Umsetzung der gebilligten AF den Auf-
trag, die Angebotsaufforderungen für die Projek-
tierungsphase HALE UAV Euro Hawk herauszu-
geben, um eine erste Einsatzbefähigung des
SIGINT-Nachfolgesystems bis Ende 2008 zu er-
reichen. Der Erlass enthielt die Vorgabe, die
Shareholder der in Gründung befindlichen Euro-
Hawk GmbH, Firma EADS und Northrop Grum-
man, zum Angebot aufzufordern. Basierend auf
den Erkenntnissen der Analysephase sei kein an-
deres Unternehmen im Zusammenwirken mit
dem US-Plattformhersteller Northrop Grumman
in der Lage, die Forderungen gemäß der AF an
ein HALE-UAV-System für die signalerfassende,
luftgestützte Überwachung und Aufklärung ohne
erhebliche technische, finanzielle und zeitliche
Risiken zu erfüllen.“78

Zur Struktur der Firma EuroHawk GmbH hat der Chief
Executive Officer (CEO) von EADS Division Cassidian
Bernhard Gerwert erläutert:

„Die beiden Anteilseigner fungieren gleichzeitig
als Unterauftragnehmer der EuroHawk GmbH.
Die Aufteilung der zu erbringenden Leistungen
aufseiten der Industrie ist folgendermaßen: Nor-
throp Grumman liefert das Luftfahrzeug, wäh-
rend die EADS Deutschland GmbH – meine Di-
vision, Cassidian – für das Missionssystem ISIS
verantwortlich ist. Für beide Unternehmen be-
steht eine Alleinverantwortlichkeit der getrennten
Arbeitsanteile, das heißt ein Unterauftrag der Eu-
roHawk GmbH an die beiden Unternehmen. Le-
diglich hinsichtlich der Integration von ISIS in
das Luftfahrzeug besteht eine gemeinsame ver-
tragliche Verantwortlichkeit.“79

Er hat bestätigt, dass die Gründung der Firma EuroHawk
GmbH eine Forderung des Auftraggebers BMVg war:

„[…] der Auftraggeber hat gefordert, dass es
eben keine Einzelbeauftragung gibt, auf der einen
Seite Northrop Grumman, auf der anderen Seite
EADS, sondern dass er einen Ansprechpartner
für das Gesamtsystem haben möchte; daher die
EuroHawk GmbH.“80

In der übersandten „Angebotsaufforderung für die Pro-
jektierungsphase für ein System zur signalerfassenden
luftgestützten weiträumigen Überwachung und Aufklä-
rung (SLWÜA)“ waren die wesentlichen Projektgrund-
sätze, die funktionalen und logistischen Anforderungen
sowie technische und auch vertragliche/kommerzielle Er-
fordernisse aufgeführt.81

Unter dem Punkt „Gewährleistungsfrist“ wird darin vom
BWB abweichend zu den Allgemeinen Bedingungen für
Entwicklungsverträge mit Industriefirmen (ABEI) gefor-
dert, dass das Angebot „für das bis Ende erstes Quartal
2009 an die Bundeswehr zu übergebende SLWÜA-De-
monstratorsystem einen Gewährleistungszeitraum ab
Übergabe von mindestens 2 Jahren vorsehen“ solle.
Diese Gewährleistung solle die Bereiche Hardware und
Software, Übereinstimmung mit den Spezifikationen,
Mängel im Rahmen der Herstellung, des Materials oder
des Designs abdecken.

Der künftige Hauptauftragnehmer (HAN) „muss als Un-
ternehmen nach deutschem Recht eingetragen sein und
seinen Sitz in Deutschland haben.“ Weiter wird gefordert,
dass etwaige Joint Venture-Partner des Hauptauftragneh-
mers gesamtschuldnerisch mit diesem haften sollen.82

3. Entscheidung für den Stationierungs-
standort Militärflugplatz Schleswig-Jagel

In einer Vorlage vom 9. März 2005 wurde Staatssekretär
im Bundesministerium der Verteidigung Biederbick über
die Absicht der Luftwaffe unterrichtet, die geplanten un-
bemannten Aufklärungssysteme, darunter auch das Sys-
tem EURO HAWK, am Standort Kropp auf dem Militär-
flugplatz Schleswig-Jagel zu stationieren.

Im Rahmen einer Rücksprache mit Staatssekretär
Biederbick stimmte der damalige Bundesminister der
Verteidigung Dr. Peter Struck am 12. April 2005 der vor-
geschlagenen Stationierung zu.83

4. Vorlage von Vertragsangeboten durch die
Firma EuroHawk GmbH

Am 17. März 2005 legte die Firma EuroHawk GmbH
i. G. erstmals in Reaktion auf die Aufforderung zur Ange-
botsabgabe des BWB vom 17. September 2004 ein Ange-
bot vor. Da dieses Angebot aus Sicht des BMVg mit „er-
heblichen technischen Informationsdefiziten (u. a.
Spezifikationsanteil Trägerplattform von Northrop Grum-
man) und kommerziellen Mängeln (u. a. Transparenz der
Preisbildung)“ behaftet war, wurden umfangreiche Ge-
spräche zum erforderlichen Nachbesserungsbedarf ge-
führt.84

Im Projekt-Quartalsbericht vom 30. September 2005
heißt es dazu:

„Trotz umfangreicher Angebotsaufforderung
(91 Seiten) entsprach das Angebot in keinster
Weise der in der Aufforderung verlangten Quali-
tät. Im Rahmen einer amtsseitigen Bewertung
und in Gesprächen mit der Industrie wurden die
Mängel herausgearbeitet.“

Zu dem im Industrieangebot veranschlagten Finanzvolu-
men wird weiter ausgeführt:

78 Stein, Protokoll-Nr. 4, S. 121.
79 Gerwert, Protokoll-Nr. 6, S. 3.
80 Gerwert, Protokoll-Nr. 6, S. 48.
81 MAT 17-78 A BMVg zu BB 17-52, AIN V 5, Ordner 73, S. 429 ff.

82 MAT 17-78 A BMVg zu BB 17-52, AIN V 5, Ordner 73, S. 463.
83 MAT 17-80 B BMVg zu BB 17-44, FüSK I 6, Ordner 1, S. 1 f.
84 MAT 17-3 BMF zu BB 17-81, II D1, Band 1, S. 290.

Drucksache 17/14650 – 46 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

„In der AF wurden für die Entwicklung des Euro
Hawk Full-Scale-Demonstrator in Anlehnung an
das in 2003 im Bw-Plan verfügbare Finanzvolu-
men 250 Millionen EUR eingeplant. Im Rahmen
des […] Industrieangebots wurden […] 350 Mil-
lionen EUR gefordert, wobei einige, gem. AG
[Auftraggeber, Anm.] geforderte Leistungen, von
der Industrie noch nicht mal angeboten wurden.“ 85

Am 21. Dezember 2005 wurde dem BWB von der Firma
EuroHawk GmbH ein überarbeitetes Angebot für die Ent-
wicklung und den Bau des SLWÜA Full Scale Demon-
strators unterbreitet.86 Dieses sah zur Erfüllung der in der
AF SLWÜA niedergelegten Forderungen einen Mindest-
bedarf an Finanzmitteln für die Projektierungsphase in
Höhe von 447,6 Millionen Euro vor.

Bezüglich der Musterzulassung basierte das Angebot auf
der Annahme, „dass die durch die US Airforce erwirkte
US-militärische Musterzulassung für die Musterzulas-
sung seitens der [WTD 61/] ML vollständig und ohne Zu-
satzaufwand bzgl. der Basisplattform übernommen wer-
den kann.“87

5. Abschluss diverser Vereinbarungen vor
Vertragsschluss

a) Memorandum of Understanding (MoU)

Aufgrund der in den USA geltenden International Traffic
in Arms Regulations (ITAR)88 bestanden Beschränkun-
gen beim Export militärischer Güter, Dienstleistungen
und Informationen. Um Risiken aufgrund von aus ITAR
resultierenden Beschränkung des Informations- und Da-
tenaustausches zu begegnen, schloss das Bundesministe-
rium der Verteidigung (BMVg) am 16. Mai 2006 ein Ab-
kommen mit dem US Department of Defense über die
Kooperation der Programme GLOBAL HAWK und
EURO HAWK.89 Es sieht den Austausch von Daten aus
dem GLOBAL HAWK-Programm zum Zweck der Inte-
gration, Erprobung und Nachweisführung sowie auch der
Verkehrszulassung des EURO HAWK-Systems in nicht
gesperrten Lufträumen vor.90

b) Technical Assistance Agreements (TAA)

Des Weiteren waren in der Vergangenheit zur Vorberei-
tung der Zusammenarbeit mit der Firma Northrop Grum-
man sog. Technical Assistance Agreements (TAA) ge-
schlossen worden. Hierbei handelt es sich um
Vereinbarungen, mit denen vor Übergabe von Unterlagen
der Transfer späterer Leistungen zwischen einer US-
Firma und ihrem ausländischen Vertragspartner sowie
Nutzungsrechte geregelt werden. Gemäß den US-ameri-

kanischen Exportkontrollvorschriften ITAR sind US-Fir-
men vor der Ausfuhr derartiger Unterlagen verpflichtet,
durch Vorlage unterzeichneter TAAs beim US Depart-
ment of State die Zustimmung zur Übergabe an ihre aus-
ländischen Vertragspartner einzuholen.91

Für den Import des GLOBAL HAWK hatte das Bundes-
amt für Wehrtechnik und Beschaffung (BWB) bereits am
4. Februar 2003 ein Technical Assistance Agreement92
mit dem Hersteller Northrop Grumman geschlossen, das
während des Projektes mehrfach geändert und angepasst
wurde.93

Das Wesen von TAAs hat der Abteilungsleiter Ausrüs-
tung, Nutzung und Informationstechnologie im BMVg,
Ministerialdirektor Selhausen, wie folgt beschrieben:

„Bei Industrieverträgen sind die US-Firmen nach
ITAR aufgefordert, in sogenannten Technical As-
sistance Agreements, TAA, die Modalitäten der
Übergabe und Nutzung von Unterlagen zu regeln.
Diese TAA legen die US-Firmen der US Kon-
trollbehörde, dem US Department of State, vor.“94

Mit Unterzeichnung des TAA akzeptierte das BWB, dass
der Leiter des Musterprüfwesens der Bundeswehr für
Luftfahrtgerät (Leiter ML) ausschließlich in den USA be-
schränkte Einsicht in Detaildaten zu Konstruktionen so-
wie in Zeichnungen und Standardspezifikationen zum
Herstellungs- und Montageverfahren erhält. Diese Unter-
lagen werden für die Musterzulassung benötigt. Trotz der
Abkommen waren der Hersteller und die US-Luftwaffe
weiterhin an die ITAR gebunden.95

VIII. Erste Zwischenentscheidung zum
Phasendokument AF SLWÜA

Am 13. November 2006 genehmigte der damalige Gene-
ralinspekteur der Bundeswehr, General Schneiderhan, die
„1. Zwischenentscheidung zum Phasendokument Ab-
schließende funktionale Forderung (AF) für das System
der Signalerfassenden Luftgestützten Weiträumigen
Überwachung und Aufklärung (System SLWÜA)“.

Die Gründe für die Erstellung dieses Dokumentes hat der
Zeuge General a. D. Schneiderhan dargelegt:

„Es wurde dann 2006, am 13.11., von mir eine
erste Zwischenentscheidung zur ,Abschließenden
funktionalen Forderung‘ gezeichnet und am 12.12.
vom Staatssekretär gebilligt. Diese erste Zwi-
schenentscheidung wurde notwendig, weil Pro-
grammverzögerungen und Kostensteigerungen
angefallen sind, und die müssen nach CPM dann
in einer solchen ersten Zwischenentscheidung er-
fasst und vorgelegt werden, um den Programm-

85 MAT 17-74 BMVg zu BB 17-58, Sekr Ltg, Ordner 2, S. 9.
86 MAT 17-74 BMVg zu BB 17-58, Sekr Ltg, Ordner 2, S. 40.
87 MAT 17-74 BMVg zu BB 17-58, Sekr Ltg, Ordner 2, S. 83.
88 Amerikanische Richtlinien, die den Handel mit Waffen, Rüstungs-

und Verteidigungsgütern regulieren.
89 Memorandum of Understanding vom 16. Mai 2006 siehe MAT 17-4

BRH zu BB 17-91, Ordner 12, S. 47 ff.
90 MAT 17-4 BRH zu BB 17-90, Ordner 1, S. 24.

91 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe
EURO HAWK, S. 25.

92 TAA siehe MAT 17-4 BRH zu BB 17-91, Ordner 12, S. 55 ff.
93 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 26.
94 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 43.
95 MAT 17-4 BRH zu BB 17-90, Ordner 1, S. 24 f.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 47 – Drucksache 17/14650

verlauf neu zu bewerten und zu gewichten und
Risiken abzuleiten.“96

1. Präzisierungen
Die in der AF SLWÜA enthaltenen funktionalen Forde-
rungen hatten weiterhin unverändert Bestand.97 Im Rah-
men des Projektfortschrittes gewonnene Erkenntnisse
führten aber zu einer Präzisierung bestimmter Fähigkei-
ten, verbunden mit einem dadurch erforderlich geworde-
nen Nachbesserungsbedarf.

So war beispielsweise deutlich geworden, dass bei der
Missionsdurchführung „die systeminterne Kommunika-
tion zwischen Flug- und Bodensegment sowie innerhalb
des Bodensegments kryptiert, störungsresistent, zuverläs-
sig, missbrauchsverhindernd und in nahezu Echtzeit“ ab-
gewickelt werden muss. Dies erforderte die Beschaffung
geeigneter Kryptogeräte im Rahmen sogenannter Foreign
Militäry Sales (FMS).

Weitere Präzisierungen erfuhr der Bereich der externen
Kommunikation, in der unter anderem eine „sichere, zu-
verlässige, leistungsfähige und nahtlose Einbindung des
Systems über das Bodensegment an GAST [Gemeinsames
Auswertesystem Technische Aufklärung, Anm.] und an
den Verbund NG&A [Verbund Nachrichtengewinnung
und Aufklärung, Anm.]“ als erforderlich erachtet
wurde.98

Der Zeuge Schneiderhan hat dazu erläutert:

„Bei der Präzisierung ging es zunächst einmal um
interne Kommunikation im System selbst, es ging
um den Verbund Nachrichtengewinnung und
Aufklärung, die Frage der Kooperation mit Part-
nern. Und damals war noch relevant, was dann
später nicht mehr relevant war: der Einbau in das
gemeinsame Auswertungssystem der technischen
und elektronischen Aufklärung, GAST als Ab-
kürzung, das dann 2008 eingestellt wurde.“ 99

2. Kostensteigerungen
Der Finanzbedarf für die Projektierungsphase wurde in
der „1. Zwischenentscheidung“ mit 447,58 Millionen Euro
beziffert. Gegenüber dem ursprünglich in der AF
SLWÜA geplanten Finanzbedarf betrug der Kostenauf-
wuchs damit 197,58 Millionen Euro.

Grund hierfür war unter anderem die Einplanung von
20 Millionen Euro für Foreign Military Sales von Teil-
komponenten (u. a. Kryptogeräte) der SIGINT-Nachfolge.

Als weitere Gründe wurden unter anderem „eine Kosten-
und Aufwandsunterschätzung durch die Industrie in der
Analysephase mangels hinreichender Konkretisierung
bzgl. Art und Umfang der zu erbringenden Leistungen im
Vergleich zu den dezidierten funktionalen Forderungen

der AF“ (Gesamtumfang ca. 79 Millionen Euro) sowie
eine „Unterschätzung der (insbesondere USA-DEU ko-
operativen) Kosten für die industriellen Managementleis-
tungen“ (Umfang ca. 28 Millionen Euro) genannt. 100

Der Finanzbedarf für die Beschaffung erhöhte sich um
46 Millionen Euro auf 396 Millionen Euro.101

3. Risikoabschätzung gegenüber der AF
SLWÜA

Im Rahmen des Projektfortschrittes wurden auch bereits
in der AF SLWÜA identifizierte Realisierungsrisiken
beim Trägersystem insbesondere mit Blick auf den Mus-
terzulassungsprozess neu bewertet:

„Der Musterzulassungsprozess für das System
SLWÜA (EURO HAWK) nach ZDv 19/1 ist mit
einem höheren Risiko in finanzieller als auch
zeitlicher Hinsicht behaftet, als zum Zeitpunkt
der AF-Erstellung bekannt war. Ursächlich hier-
für ist eine zum Teil unterschiedliche Philosophie
im Zulassungsprozess für den Träger GLOBAL
HAWK durch die US-Streitkräfte im Vergleich
zum angestrebten Zulassungsprozess EURO
HAWK durch das Musterprüfwesen der Bundes-
wehr (WTD 61/ML). Die dem US-amerikani-
schen Zulassungsprozess zugrunde liegenden
Vorschriften, Verfahrensweisen, Sicherheitsforde-
rungen und erbrachten Nachweise und Doku-
mente sind daher ggf. durch weitere Nachweise
und Dokumente entsprechend des Musterzulas-
sungsprozesses nach ZDv 19/1 zu ergänzen. Zu-
gleich sind international anerkannte, einheitliche
Zulassungsvorschriften für unbemannte Luftfahr-
zeuge zurzeit noch in Erarbeitung. Die Vorschrif-
ten für den Musterzulassungsprozess des EURO
HAWK müssen daher sukzessive aus den Vor-
schriften der bemannten Luftfahrt abgeleitet wer-
den, um gleichwertige Sicherheitsstandards zu
gewährleisten. Sich hieraus eventuell ergebende,
ergänzend durchzuführende Maßnahmen im Rah-
men des Musterzulassungsprozesses für den
EURO HAWK umfassen daher aufgrund ihrer
gegenwärtig noch unzureichenden Überschaubar-
keit auch Risiken in finanzieller und zeitlicher
Hinsicht.“102

In seiner Vernehmung hat der Zeuge Selhausen erläutert,
weshalb anstelle einer vereinfachten Musterprüfung auf
Grundlage einer US-amerikanischen Musterzulassung
des GLOBAL HAWK nunmehr eine umfassende Muster-
prüfung beim EURO HAWK durchgeführt werden sollte:

„Zur Musterzulassung des Euro Hawk stellte die
Industrie in mehreren Besprechungen auf Ar-
beitsebene bis in das Jahr 2006 dar, dass wegen
der Vergleichbarkeit des militärischen US-De-
sign-Standards mit dem entsprechenden zivilen

96 Schneiderhan, Protokoll-Nr. 3, S. 5 f.
97 MAT 17-3 BMF zu BB 17-81, II D 1, Band 1, S. 298.
98 MAT 17-3 BMF zu BB 17-81, II D 1, Band 1, S. 287 f.
99 Schneiderhan, Protokoll-Nr. 3, S. 6.

100 MAT 17-3 BMF zu BB 17-81, II D 1, Band 1, S. 291.
101 MAT 17-3 BMF zu BB 17-81, II D 1, Band 1, S. 292.
102 MAT 17-3 BMF zu BB 17-81, II D 1, Band 1, S. 299.

Drucksache 17/14650 – 48 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

europäischen Standard die für den US Global
Hawk erstellten Einzelnachweise auch für den
Euro Hawk herangezogen werden könnten. Nach-
dem im Sommer 2006 jedoch erkennbar wurde,
dass die US Air Force eine Musterzulassung ihres
Global Hawk nach amerikanischem Recht nicht
mehr anstrebte, wurde der Ansatz einer verein-
fachten Musterprüfung aufgegeben und der Weg
einer umfassenden Musterprüfung am Full Scale
Demonstrator gewählt. Die Industrie hatte darauf-
hin einen Schwenk vollzogen und nun dargelegt,
dass man die Informationen und Unterlagen aus
dem nunmehr vorgesehenen US-Verkehrszulas-
sungsprozess für Global Hawk für eine deutsche
Musterzulassung heranziehen könnte. Da die Zu-
lassungsforderungen für Global Hawk mit denen
für Euro Hawk vergleichbar seien, würden in
weiten Teilen keine zusätzlichen Nachweise und
Tests erforderlich. Der Projektleiter ist diesem
Ansatz gefolgt. In der ersten Zwischenentschei-
dung vom 12. Dezember 2006 zur ‚Abschließen-
den funktionalen Forderung‘ ist das Zulassungsri-
siko höher eingestuft als in der ‚Abschließenden
funktionalen Forderung‘ vom 27. August 2004.“103

Als weiteres Risiko in zeitlicher und finanzieller Hinsicht
wird in der „1. Zwischenentscheidung“ eine Abhängig-
keit der Firma EuroHawk GmbH bei der Systemkompe-
tenz von den Firmen Northrop Grumman und EADS
sowie Defizite in der Handlungs- und Durchsetzungsfä-
higkeit der EuroHawk GmbH gegenüber den Konsortial-
partnern benannt.

So stütze sich die mit der AF SLWÜA angestrebte umfas-
sende Systemverantwortung der EuroHawk GmbH wäh-
rend der Projektierung, Einführung und Nutzung des
Systems SLWÜA hinsichtlich der notwendigen techni-
schen Informationen und Kompetenzen für den Träger
auf den US-amerikanischen Hauptauftragnehmer North-
rop Grumman und in Bezug auf die Missionsausrüstung
auf den Hauptauftragnehmer EADS ab. Beide Konsortial-
partner stellten für ihre Zuständigkeitsbereiche Mitarbei-
ter zur Dienstleistung zur EuroHawk GmbH ab, deren
Aufgabe die Koordinierung und gesamtverantwortliche
Führung des Projektes sei.

Weiter heißt es in dem Dokument:

„Auf Grund der US-amerikanischen ITAR-Regu-
larien bestehen standardmäßige Beschränkungen
beim Export von US-produzierten militärischen
Gütern, Dienstleistungen und Informationen.
Gleichsam ist der Informations- und Datenaus-
tausch zwischen den Hauptunterauftragnehmern
selbst und innerhalb der Euro Hawk GmbH auf
Grund berechtigter Eigeninteressen zum Schutz
firmeneigener IPR [Intellectual Proberty Rights,
Anm.] an der Träger- und Missionsausrüstungs-
technologie begrenzt. Die Wahrnehmung der Sys-
temverantwortung zum national autonomen Be-
trieb des Systems SLWÜA sowie die
Weiterentwicklung insbesondere der Missions-
ausrüstung bleibt hiervor jedoch unberührt.

[…] Es kann jedoch davon ausgegangen werden,
dass wegen des am 16. Mai 2006 unterzeichneten
MoU zwischen dem BMVg und dem US Depart-
ment of Defense (DoD) zur Regelung der zukünf-
tigen Interoperabilität der Systeme GLOBAL
HAWK und EURO HAWK sowie des beiderseiti-
gen Informations- und Datenaustausches […] das
oben dargestellte Risiko im Lauf der Projektreali-
sierung stetig abnehmen wird.“104

Zu der Einschätzung der Auswirkungen des Abschlusses
des MoU auf den Datenaustausch hat die Prüferin am
Bundesrechnungshof, Ministerialrätin Angelika Bauch,
ausgeführt:

„Auch die Einschränkungen durch ITAR wurden
letztendlich unterschätzt. Man hat gemeint, durch
einen MoU, durch ein Memorandum of Under-
standing - - Das ist ein Abkommen, was das Bun-
desverteidigungsministerium mit dem Bundesver-
teidigungsministerium der US - - der Amerikaner
gemacht hat. Die haben gedacht: Na ja, mit dem
Abkommen, da vereinbaren wir, dass wir uns die
Daten gegenseitig austauschen und dass wir auch
Einblicke in die Zulassungsunterlagen bekom-
men. - Aber letztendlich sind das Abkommen - -
und letztendlich ist man nach wie vor auch an die
ITAR-Regularien der US-Regierung gebunden
gewesen. Und deswegen haben die letztendlich
nicht so gewirkt, wie sie wirken sollten und wie
man sich erhofft hat, dass man damit die Pro-
bleme in den Griff kriegen könnte.“105

103 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 44.
104 MAT 17-3 BMF zu BB 17-81, II D 1, Band 1, S. 300.
105 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 3.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 49 – Drucksache 17/14650

B. Vertragsschluss im Januar 2007

I. Verfolgte Absicht

Ende 2006 beabsichtigte das Bundesministerium der Ver-
teidigung, einen Vertrag über die Entwicklung des
Systems EURO HAWK zur Signalerfassenden Luftge-
stützten Weiträumigen Überwachung und Aufklärung
(SLWÜA) mit einem Volumen von 431 Millionen Euro
zu schließen. Die Projektplanung sah die Entwicklung ei-
nes EURO HAWK-Prototypen einschließlich einer Bo-
denkomponente bis Ende 2010 vor. Geplant war zudem,
den Prototypen nach Fertigstellung und spezifikationsge-
rechter Abnahme in die Nutzung zu übernehmen.106

1. Trägerplattform auf Basis des GLOBAL
HAWK

Als Basis für die Trägerplattform des EURO HAWK war
das von der US Air Force bereits über 8 000 Flugstunden
operativ betriebene Aufklärungssystem GLOBAL
HAWK mit den Anteilen der Trägerplattform, Daten-
Link und Bodenkomponente ausgewählt worden. Aus-
weislich eines Beitrages des BMVg für eine Vorlage des
Bundesministeriums der Finanzen an den Haushaltsaus-
schuss des Deutschen Bundestages habe sich das HALE
UAV GLOBAL HAWK der Firma Northrop Grumman
Corporation (NGC) in einer mehrstufigen nationalen Sys-
temkonzeptstudie, in der verschiedene mögliche Träger
für eine Aufklärungssensorik unter technischen und wirt-
schaftlichen Gesichtspunkten untersucht worden waren,
„als eindeutig überlegen erwiesen“.107

2. Entwicklung eines SIGINT-Missions-
systems

Die seinerzeit von der US Air Force für den GLOBAL
HAWK in Entwicklung befindliche Aufklärungssensorik
stand für die Bundesrepublik Deutschland nicht zur Ver-
fügung. Nach Darstellung des BMVg seien die USA nicht
bereit gewesen, die Ergebnisse ihrer Entwicklung in eine
deutsch-amerikanische Kooperation einzubringen. Zu-
dem habe das in den USA in Entwicklung befindliche
System nicht oder nur eingeschränkt von der Bundeswehr
benötigte Fähigkeiten zur Fernmeldeaufklärung aufge-
wiesen. Daher sei des Weiteren die Entwicklung eines
Systems zur Signalerfassenden Luftgestützten Weiträu-
migen Aufklärung in nationaler Verantwortung und die
Integration dieses SIGINT Missionssystems in die EURO
HAWK-Plattform erforderlich gewesen.108

II. Freihändige Vergabe

Der Entwicklungsvertrag sollte gemäß § 3 Nummer 4
Buchstabe a) der Verdingungsordnung für Leistungen –
Teil A (VOL/A), Abschnitt 1, freihändig, d. h. ohne eine
umfassende Ausschreibung, an die Firma EuroHawk
GmbH vergeben werden.109

Als Grund für diese Vorgehensweise hat der Zeuge
Harald Stein in seiner Vernehmung genannt:

„Die Auftragsvergabe erfolgte freihändig auf der
Grundlage der damals geltenden VOL/A, da für
die Leistung nur ein Unternehmen in Betracht
kam. Alle vergaberechtlichen Aktivitäten, ein-
schließlich der Auswahl des Auftragnehmers, er-
folgten in Umsetzung der Erlasse des BMVg.“110

Der Zeuge Selhausen hat ergänzend erläutert, dass die an
der Firma EuroHawk GmbH beteiligte Firma Northrop
Grumman der einzige Anbieter für unbemannte Luftfahr-
zeuge der HALE-Klasse war, weshalb die Vergabe „al-
ternativlos“ gewesen sei:

„Der Generalinspekteur der Bundeswehr hatte
sich entschieden […] hier ein unbemanntes Luft-
fahrzeug der HALE-Klasse zu nutzen, also mit
einer Steigleistung bis auf 60 000 Fuß. Das kön-
nen normale Luftfahrzeuge nicht, und der einzige
Anbieter auf diesem Gebiet war Northrop
Grumman, und vor dem Hintergrund war die Ver-
gabe an Northrop Grumman alternativlos, weil
ein aus Sicht der Streitkräfte hoher Bedarf daran
bestand, ein Luftfahrzeug dieser Klasse zu nut-
zen.“111

In seiner Vernehmung hat der im Jahr 2006 amtierende
Bundesminister der Verteidigung Dr. Franz Josef Jung
bestätigt, dass im vorliegenden Fall aus Sicht des Hauses
nur die Firma EuroHawk GmbH als Vertragspartner in
Frage kam:

„Im Rahmen der Einweisung in das Rüstungsvor-
haben wurde […] dargelegt, dass verschiedene
Alternativen geprüft worden sind und dass das
die einzige sinnvolle und richtige Alternative ist.
Es gab ja auch die entsprechende Studie, die im-
merhin über fast zwei Jahre, wenn ich es richtig
aus dem Kopf sage, gemacht wurde, und von daher
war klar, dass diese entsprechende Vorbereitung
für den Vertrag nur über EuroHawk erfolgt.“ 112

Auf die Frage, ob in diesem Fall eine Ausschreibung
hätte erfolgen müssen, hat die Zeugin Bauch geantwortet:

„[…] Man hat im Vorfeld den Global Hawk als
Träger identifiziert, der eigentlich nur als Lösung
infrage kam letztendlich. Auch die ISIS-Entwick-
lung, da hat sich herausgestellt: Aufgrund Ex-
portbeschränkungen gab es keine andere Mög-
lichkeit, dieses Projekt auf dem Markt - - Es war
kein marktverfügbares Projekt da. Deswegen war
eine nationale Eigenentwicklung erforderlich
letztendlich, die auch diese militärischen Forde-
rungen abbildet. […]“113

106 MAT 17-4 BRH zu BB 17-91, Ordner 7, S. 9 f.
107 MAT 17-4 BRH zu BB 17-91, Ordner 7, S. 9 ff.
108 MAT 17-4 BRH zu BB 17-91, Ordner 7, S. 16.
109 MAT 17-4 BRH zu BB 17-91, Ordner 7, S. 9 ff.

110 Stein, Protokoll-Nr. 4, S. 121.
111 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 62.
112 Jung, Protokoll-Nr. 3, S. 69.
113 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 26.

Drucksache 17/14650 – 50 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

III. Vertragsvorbereitung

Die Vertragsvorbereitung wurde im Bundesamt für Wehr-
technik und Beschaffung vorgenommen. Zu Details hat
sich der Präsident des Bundesamtes für Ausrüstung, In-
formationstechnik und Nutzung der Bundeswehr
(BAAINBw) Harald Stein in seiner Vernehmung geäußert:

„Die Vertragsvorbereitung – und das gilt für alle
Verträge, die über 25 Millionen im Hause ge-
schlossen werden – obliegt der zuständigen Ver-
tragsabteilung des Projektes. Das heißt, die Ab-
teilung Luft hat dort die Vertragsverhandlungen,
die wirtschaftliche Bewertung, die Leistungsbe-
schreibung logischerweise für die Ausschreibung
erarbeitet und den Vertrag verhandelt und im
Hause durch die verschiedensten Stellen, die dort
beteiligt sind, im Rahmen der Mitzeichnung - -
durchgeführt.

Der Vizepräsident als derjenige, der den Vertrag
dann letztendlich auch unterzeichnet – so ist die
Vorgabe –, bekommt einen Vertragsentwurf vor-
gelegt, wo er die gesamten Mitzeichnungen des
Hauses raus entnehmen kann und gegebenenfalls
auch Mitzeichnungsbemerkungen sich anschauen
kann. Ich habe zu meiner Zeit als Vizepräsident
mir auch immer noch einen Vortrag geben lassen
von der Abteilung, wie der Vertrag zustande ge-
kommen ist, wie die Bewertung aus Sicht der Ab-
teilung zum Vertrag ist, bevor wir den Vertrag
dann erst einmal so weit akzeptiert haben, dass er
dann den Weg ins Ministerium gehen konnte als
Entwurf.“114

Ausweislich der Aussage des Zeugen Stein verweigerte
ein Mitarbeiter aus dem Justiziariat zunächst die Mit-
zeichnung des Vertragsentwurfes. Nach Abklärung des
kritisierten Punktes zeichnete dieser den Entwurf schließ-
lich mit:

„Wir hatten bei dem Vertrag 2007 eine Mitzeich-
nungsbemerkung eines Mitarbeiters aus dem Be-
reich des Justiziariats. Und dieser hatte darauf
hingewiesen, dass die Nutzungsrechte am System
nicht dem üblichen Standardvertrag entsprechen
würden. Nach Abklärung der Situation und unter
Berücksichtigung, dass eben der Euro Hawk als
Entwicklung aus amerikanischer Seite gekauft
werden sollte und wir keine Entwicklungsmittel
aufgewandt haben, um diese Entwicklung durch-
zuführen, hat sich dieser Mitarbeiter in der Mit-
zeichnungserklärung dann zur Mitzeichnung des
Vertrages entschlossen, sodass kein Problem er-
kennbar war.“115

IV. Vertrag
Am 31. Januar 2007 wurde zwischen dem Bundesamt für
Wehrtechnik und Beschaffung (BWB) und der Firma

EuroHawk GmbH nach deutschem Recht ein „Vertrag
über die Entwicklung eines Systems zur signalerfassen-
den, luftgestützten, weitreichenden Überwachung und
Aufklärung“ 116 geschlossen.

Dieser basierte in seiner Gestaltung auf einem mit dem
Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) abge-
stimmten Musterentwicklungsvertrag des BWB.117 In den
folgenden Jahren wurden insgesamt elf Vertragsänderun-
gen vorgenommen.118

1. Entwicklungsziel

Der Vertrag sah als Ziel die Entwicklung eines Full Scale
Demonstrators als Prototyp vor.

Zum gewählten Verfahren, vor einer Entscheidung über
eine Serienbeschaffung zunächst einen Prototypen zu ent-
wickeln, hat Staatssekretär im BMVg Stéphane
Beemelmans in seiner Vernehmung am 30. Juli 2013 er-
klärt:

„Für das Euro-Hawk-Projekt wurde von Anfang
an ganz bewusst der Weg über ein zweistufiges
Vertragsverfahren gewählt, das heißt einen Ent-
wicklungsvertrag und einen nachgelagerten, vom
Erfolg des Entwicklungsvertrages abhängigen
Beschaffungsvertrag.

Die Bundeswehr wollte hier für die Trägerplatt-
form eine in Deutschland nicht verfügbare
Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts in die
Bundeswehr einführen, mittels eines Versuchsträ-
gers die Vorgabe des Customer Product Manage-
ment 2001 […] zur Risikominimierung umsetzen
und schließlich ein bisher auf dem Markt nicht
verfügbares Missionssystem ISIS in Deutschland
selbst entwickeln lassen. […] Im Ergebnis sollten
in der ersten Stufe dieses Verfahrens eine unbe-
mannte US-Global-Hawk-Plattform, Block 20,
als Prototyp Euro Hawk beschafft werden, ein
System zur signalerfassenden, luftgestützten,
weiträumigen Aufklärung in nationaler Verant-
wortung entwickelt, die Integration dieses so ent-
wickelten SIGINT-Missionssystems in den Euro
Hawk zu einem Full Scale Demonstrator erfolgen
und abschließend die Qualifizierung aller Sys-
temkomponenten – Träger und Missionssystem –
zur Vorbereitung der Serienherstellung des Euro
Hawk in der zweiten Stufe des Verfahrens.“119

2. Geschuldete Leistungen

Die im Vertrag beschriebenen Leistungen bestanden aus
einem festen Leistungsanteil und Optionen. Bei der ver-
traglichen Festschreibung der einzelnen Leistungsanteile

114 Stein, Protokoll-Nr. 4, S. 126.
115 Stein, Protokoll-Nr. 4, S. 126.

116 MAT 17-4 BRH zu BB 17-91, Ordner 9, S. 000 ff.
117 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 22.
118 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 27 f.
119 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 3.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 51 – Drucksache 17/14650

wurde den Besonderheiten von Entwicklungsverträgen
mit der „Bemühensklausel“ Rechnung getragen.

a) „Bemühensklausel“

Beim Abschluss eines Entwicklungsvertrages können
Auftraggeber und Auftragnehmer regelmäßig nicht mit
hinreichender Sicherheit davon ausgehen, das definierte
Entwicklungsziel auch zu erreichen, da Aufwand und Ri-
siko für das Erreichen des Entwicklungsziels in zeitlicher
und technischer Hinsicht nicht kalkulierbar sind. Aus die-
sem Grund werden Auftragnehmer in derartigen Verträ-
gen regelmäßig nicht verpflichtet, das zu entwickelnde
Werk auch tatsächlich zu erbringen (Werkvertrag).

Gemäß der „Bemühensklausel“ kommt der Auftragneh-
mer seinen Verpflichtungen zur Durchführung der Ent-
wicklungsarbeiten nach, „wenn er sich nach besten Kräf-
ten bemüht, unter Ausnutzung des neuesten Standes von
Wissenschaft und Technik und unter Verwendung der ei-
genen Kenntnisse und Erfahrungen das bestmögliche Er-
gebnis zu erzielen.“120

Es handelt sich insoweit um Dienstleistungsverträge, mit
denen die Dienstleistung erfolgsunabhängig geschuldet
wird.

Der Zeuge Beemelmans hat dazu ausgeführt:

„[…] insbesondere wegen des Entwicklungsrisi-
kos verwendet die Bundeswehr für solche Ent-
wicklungsverträge mit dem Bundesverband der
Deutschen Industrie abgestimmte Musterver-
träge. Darin verpflichtet sich der Auftragnehmer
üblicherweise zu einer Dienstleistung und nicht
dazu, ein konkret beschriebenes Werk auch tat-
sächlich im Sinne eines Werkvertrages zu erbrin-
gen. Der Auftragnehmer kommt dann seinen
Verpflichtungen zur Durchführung der Entwick-
lungsarbeit nach – ich zitiere –, wenn er sich nach
besten Kräften bemüht, unter Ausnutzung des
neuesten Standes von Wissenschaft und Technik
und unter Verwendung der eigenen Kenntnisse
und Erfahrungen das bestmögliche Ergebnis zu
erzielen. Das ist die sogenannte Bemühensklau-
sel.“121

Der Entwicklungsvertrag enthielt dabei Leistungsanteile,
bei denen die „Bemühensklausel“ Anwendung fand, und
solche, bei denen diese Klausel ausgeschlossen war.

Die Zeugin Bauch hat dazu ausgesagt:

„Also, wir haben hier so eine gewisse Mischform
bei dem Entwicklungsvertrag. Man kann nicht sa-
gen: Es ist ein reiner Entwicklungsvertrag. Es
gibt auch Werklieferleistungen, wie zum Beispiel
den Global Hawk, also die Hülle, das Trägerflug-
zeug. Das ist keine Entwicklung in dem Sinne ge-
wesen, sondern das sollte natürlich geliefert wer-

den. […] Die Sensorik sollte entwickelt werden.
Und dann das Zusammenfügen der Sensorik in
den Träger, das ist letztendlich auch noch mal
eine Entwicklungsleistung gewesen, weil man da
den Erfolg von vornherein noch nicht absehen
konnte. Deswegen ist im Vertrag das eigentliche
Zusammenführen der Sensorik in den Träger
auch als Optionsleistung vorgesehen […].“122

b) Fester Leistungsanteil

Gegenstand des festen Leistungsanteils im Entwicklungs-
vertrag war die Herstellung der fliegenden Aufklärungs-
plattform, die aus den Komponenten Luftfahrzeug, Bo-
denanlage zur Steuerung und Kontrolle des Luftfahrzeugs
sowie den benötigten Flugfunkgeräten bestand.

Dabei sollte das Basisflugzeug GLOBAL HAWK unter
fertigungsbegleitender Entwicklung und Einrüstung der
notwendigen Modifikationen zur Trägerplattform des
EURO HAWK-Prototypen einschließlich der Bodenan-
lage umgewandelt werden. Von diesen Arbeiten entkop-
pelt sollte das SIGlNT-Missionssystem für die signaler-
fassende luftgestützte weiträumige Überwachung und
Aufklärung entwickelt werden. Leistungen für Logistik,
Tests, Zulassung und Qualifikation der fliegenden Träger-
plattform sowie des Missionssystems komplettierten den
Umfang des festen Leistungsanteils.123

Nach Darstellung des Bundesrechnungshofes bestanden
diese Leistungen

„[…] u.a. aus Leistungen für Logistik, Test, Zu-
lassung und Qualifikation zum Festpreis […], für
die die sogenannte Bemühensklausel […] aus-
drücklich ausgeschlossen wurde.“124

Soweit für einzelne Leistungsanteile die „Bemühensklau-
sel“ ausgeschlossen wurde, schuldete der Auftragnehmer
einen Leistungserfolg.125

c) Optionale Leistungen

Des Weiteren wurden im Vertrag optionale Leistungen für
die Bereiche „Integrationsarbeiten“ und „Tests“ verein-
bart, die zu einem Selbstkostenerstattungspreis und unter
Anwendung der „Bemühensklausel“ erbracht werden
sollten.126

Der Bereich „Tests“ umfasste auch wesentliche Aktivitä-
ten zur Unterstützung der Musterzulassung.

d) Aktivitäten zum Erreichen einer Muster-
zulassung

Bezüglich einer Musterzulassung des Full Scale Demon-
strators enthielt der Vertrag die Verpflichtung des Auf-

120 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe
EURO HAWK, S. 24.

121 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 3 f.

122 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 6.
123 MAT 17-3 BMF zu BB 17-82, Band 1 II D 1, S. 3.
124 MAT 17-4 BRH zu BB 17-90, Ordner 1, S. 25.
125 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 24.
126 MAT 17-4 BRH zu BB 17-90, Ordner 1, S. 25.

Drucksache 17/14650 – 52 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

tragnehmers EuroHawk GmbH, Managementleistungen
für logistische Unterstützung und für den Zulassungspro-
zess zu erbringen. Davon erfasst waren die Koordination
der von den Unterauftragnehmern EADS und Northrop
Grumman zu erbringenden Einzelleistungen. Diese Ma-
nagementleistung der EuroHawk GmbH unterlag nicht
der „Bemühensklausel“ und war daher als Leistungser-
folg geschuldet.

Zudem wurde als optionale Leistung die Durchführung
bestimmter, in der Leistungsbeschreibung definierter Ak-
tivitäten zur Musterzulassung vereinbart. Dieser Leis-
tungsanteil unterlag der „Bemühensklausel“.127

Zu den wichtigen Fragen, ob der Erfolg der Musterzulas-
sung geschuldet gewesen sei, haben sich die Zeugen vor
dem Untersuchungsausschuss unterschiedlich geäußert.
Der Zeuge Knöpfel hat zu seiner Interpretation der „Be-
mühensklausel“ im Rahmen der Musterzulassung erklärt:

„Die Bemühensklausel war, weil der Gesamtum-
fang gar nicht abzusehen war, was eine umfas-
sende Musterprüfung bedeuten würde, auch sei-
tens der Industrie nicht mit einem Festpreis
möglich, das heißt, einem geschuldeten Objekt,
sondern wir mussten dort im Rahmen des Ent-
wicklungsgegenstandes – weil auch die Muster-
prüfung ein Entwicklungsgegenstand ist – akzep-
tieren, dass wir dort nur die Bemühensklausel
erreichen konnten.“128

Weiter hat er ausgeführt:

„Was vereinbart wurde, war, dass sich der Auf-
tragnehmer einer umfassenden Musterprüfung zu
unterziehen hat und deswegen alle entsprechen-
den technischen Nachweise zu liefern hat, damit
im Endeffekt wir für die Serie eine Musterzulas-
sung aussprechen können. Da aber der Gesamt-
umfang damals nicht in allen Details klar war
– das heißt, auch der wirtschaftliche Aufwand –,
konnte dort nur das Bemühen festgelegt wer-
den.“129

Zu den vertraglichen Verpflichtungen der Industrie im
Zusammenhang mit dem Erreichen einer Musterzulas-
sung hat der Zeuge Knöpfel erklärt,

„[…] dass […] der Auftragnehmer […] im Rah-
men der Nichtbemühung als Bringschuld die Er-
stellung eines Flugerprobungsprogrammes oder
eines Musterprüfprogrammes bringen muss und
die übrigen Aktivitäten im Rahmen des Bemü-
hens zu leisten sind. Aber eine Musterzulassung
kann ich von einem Auftragnehmer gar nicht for-
dern, weil die wird ja durch unsere Stelle ausge-
stellt. Er muss es nur unterstützen.“130

Der Sector Vice President und General Manager Unman-
ned Systems bei Northrop Grumman, Janis G. Pamiljans,
hat im Zusammenhang mit der Musterzulassung des
EURO HAWK geäußert, dass man von US-amerikani-
scher Seite davon ausgegangen sei, auf entsprechende
Vorleistungen der US Air Force im Rahmen der luftfahrt-
rechtlichen Zulassung des GLOBAL HAWK zurückgrei-
fen zu können und keine neuen Dokumentationen zu er-
stellen:

„Die ursprünglich im Vertrag vereinbarte Heran-
gehensweise sah vor, dass die deutschen Flug-
tauglichkeitsprüfungen maßgeschneidert auf das
schon existierende Flugzeug abgestimmt wer-
den. Dabei sollten existente flugtaugliche Pro-
dukte und Prozesse sowie Zulassungen der US
Air Force verwendet werden. Das Programm war
nicht darauf ausgelegt – und es war auch nicht be-
absichtigt -, neue Dokumentationen für den Euro
Hawk zu schaffen. […] Der Vertrag erforderte
keine Designänderungen oder erneute Tests auf
der Ebene des Flugzeugsystems, um die deutsche
luftfahrtrechtliche Zulassung zu erlangen. Wir
glauben, die Parteien erkannten und waren sich
von Anfang an einig, dass die Kosten für einen
solchen anderen Ansatz erheblich und unnötig
gewesen wären. Dieses Grundkonzept eines Typs
‚militärischer luftfahrtrechtlicher Zulassung‘,
welche dazu bestimmt ist, die Effektivität der
Aufgaben zu sichern, wurde von allen Parteien
verstanden und akzeptiert, und zwar von der An-
bahnung des Euro-Hawk-Vorhabens an bis zu der
Zeit, als der Vertrag im Januar 2007 vergeben
wurde. Wir gehen davon aus, dass dieses Ver-
ständnis mit der deutschen Zulassungsbehörde
vor der Unterzeichnung des Vertrages abge-
stimmt worden ist. Wir glauben, dass diese He-
rangehensweise an die Zulassung darauf abge-
stimmt war, einen sicheren Betrieb des Euro
Hawk im deutschen Luftraum sicherzustellen,
ohne zusätzliche Anforderungen und neue Doku-
mente auf Basis des Global-Hawk-Flugzeugs zu
erzeugen, welche nicht bereits als Ergebnis der
Vorleistungen der US Air Force im Rahmen der
dortigen luftfahrtrechtlichen Zulassung existier-
ten.“131

Ausweislich des Berichtes des Bundesrechnungshofes zur
Entwicklung des EURO HAWK-Systems war die Euro-
Hawk GmbH verpflichtet, „bei der Entwicklung des
Musters zur Feststellung der Verkehrssicherheit, Luft-
fahrttauglichkeit und Luftfahrtverträglichkeit den Leis-
tungsgegenstand einer Musterprüfung durch den Leiter
ML unterziehen zu lassen und ihm die Verkehrssicherheit,
Luftfahrttauglichkeit und Luftfahrtverträglichkeit nachzu-
weisen.“ Der Leiter ML konnte die Musterunterlagen
ausschließlich in den Räumlichkeiten von Northrop
Grumman in den USA einsehen, wobei das Anfertigen
von Kopien ausgeschlossen war.132127 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 24.
128 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 33.
129 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 33.
130 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 33.

131 Pamiljans, Protokoll-Nr. 6, S. 60.
132 MAT 17-4 BRH zu BB 17-90, Ordner 1, S. 25.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 53 – Drucksache 17/14650

Die Zeugin Bauch hat sich in ihrer Vernehmung zu den
Problemen einer eindeutigen Abgrenzung von Leistun-
gen, die unter die „Bemühensklausel“ fallen, von solchen,
bei denen ein Leistungserfolg geschuldet war, geäußert:

„Das Problem mit der Musterzulassung in dem
Vertrag ist: Der Vertrag hat Bereiche, da gilt die
Bemühensklausel, und er hat Bereiche, da gilt die
Bemühensklausel nicht. Es gibt so einen Teil 1,
der beinhaltet auch Aktivitäten im Bereich Zulas-
sung: Logistik, Test, Zulassung. Das ist im Teil 1,
wo die Bemühensklausel ausgeschlossen ist. Also
in dem Teil ist die Zulassung geschuldet. Es gibt
einen optionalen Teil ,Integration und Test‘, da
gilt die Bemühensklausel. Das ist jetzt immer
schwierig abzugrenzen: […] bei Integration und
Test im Teil 2 mit der Bemühensklausel sind halt
eben auch Zulassungsaktivitäten enthalten.
[…].“133

In seinem Bericht zur Entwicklung des EURO HAWK-
Systems stellte der Bundesrechnungshof fest, dass das
Bundesministerium der Verteidigung den Musterzulas-
sungsprozess bereits vor Abschluss des Vertrages als we-
sentliches Realisierungsrisiko des EURO HAWK-Sys-
tems erkannt habe. Weiter heißt es:

„Obwohl bekannt war, dass es unterschiedliche
Philosophien im Zulassungsprozess gab, unter-
suchten Bundesverteidigungsministerium und
Bundesamt [für Wehrtechnik und Beschaffung,
Anm.] nicht im Einzelnen, inwieweit die im US-
amerikanischen Zulassungsverfahren zu erbrin-
genden Nachweise und vorzulegende Unterlagen
für die deutschen Musterzulassungsverfahren
ausreichten und welche Risiken sich aus einer un-
terschiedlichen Herangehensweise ergeben könn-
ten. Ohne vertiefte Kenntnis über die Qualität
und den Umfang der zu erbringenden Nachweise
im laufenden US-amerikanischen Zulassungspro-
zess für den Global Hawk vertrauten sie darauf,
für die Zulassung des Euro Hawk auf der US-
amerikanischen Zulassung des Global Hawk auf-
bauen zu können. Damit gingen sie wegen der
unzureichenden Überschaubarkeit der unter-
schiedlichen Prozesse finanzielle und zeitliche
Risiken ein. Sie verließen sich darauf, dass der
künftige Auftragnehmer die Anforderungen des
deutschen Musterzulassungsverfahrens verstan-
den und dessen Unterschiede zum US-amerikani-
schen Verfahren erkannt haben und damit dessen
Einschätzung, die Musterzulassung zu erreichen,
fundiert sei.“134

Nach Aussage der Zeugin Bauch wurden die Risiken im
Zusammenhang mit dem Musterzulassungsprozess unter-
schätzt:

„Vor […] 2007 waren letztendlich Musterzulas-
sungsprobleme bekannt; die Risiken wurden al-

lerdings unterschätzt. […] Das heißt, man er-
kannte auch, dass es Unterschiede im
Zulassungsprozess mit den USA-Formalitäten
gibt. Aber man war eigentlich zuversichtlich,
dass man durch weitere Vorschriften oder weitere
Nachweise, Dokumente gegebenenfalls die Mus-
terzulassung in Deutschland erreichen könne.
Und aus unserer heutigen Bewertung muss man
sagen: Man war da etwas blauäugig. Man hätte
letztendlich diese Musterzulassungsvorausset-
zung besser abklären müssen im Vorfeld. Also,
das war letztendlich vor Vertragsschluss.“135

Sie hat weiter ausgeführt:

„,Blauäugig‘ heißt: Sie haben einfach darauf ver-
traut, dass der Auftragnehmer wüsste, was im
Rahmen der Zulassung zu machen ist. Das Bun-
desamt und auch das Bundesverteidigungsminis-
terium haben sich keinen eigenen Eindruck von
den Zulassungsvoraussetzungen gemacht. Und
deswegen ,blauäugig‘, einfach darauf zu ver-
trauen: Na ja, der Firma haben wir die ZDv 19/1
erläutert und haben denen auch erklärt, wie unser
Zulassungsprozess ist, und wenn die meinen: ,Ja,
das ist vergleichbar‘, dann wird das wohl so
sein.“ 136

3. Laufzeit und Kosten
Der Vertrag wies eine Laufzeit von 46 Monaten und Ver-
pflichtungen in Höhe von rund 370,8 Millionen Euro aus,
für den optionalen Leistungsanteil wurden zudem
60,1 Millionen Euro vereinbart.137

Die Zahlungen wurden an die Erreichung von „Meilen-
steinen“ gekoppelt und sollten ausschließlich bei entspre-
chender Abnahme der Leistung erfolgen.138

4. Vertragliche Risikoverteilung und
-minimierung

a) Risikoverteilung
In ihrem Bericht kommt die Ad-hoc Arbeitsgruppe
EURO HAWK zu dem Ergebnis, dass die in den Entwick-
lungsvertrag eingefügten Änderungen und Ergänzungen
eine „ausgewogene Risikoverteilung für beide Vertrags-
partner“ enthielten. Weiter wird ausgeführt:

„Die Beteiligung von in- und ausländischen Fir-
men im Rahmen des Entwicklungsvertrages
stellte allein auf Grund der divergierenden
Rechtsordnungen eine besondere Herausforde-
rung dar. […] Abweichungen von den muster-
vertraglichen Regeln, die zum Zeitpunkt des
Vertragsschlusses vorhersehbar negative Auswir-
kungen für die Bundeswehr haben, waren nicht
erkennbar.“139

133 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 28.
134 MAT 17-4 BRH zu BB 17-90, Ordner 1, S. 40.

135 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 3.
136 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 5.
137 MAT 17-2 BT-HA zu BB 17-93, Ordner 1, S. 473.
138 MAT 17-3 BMF zu BB 17-82, Band 1 II D 1, S. 4.
139 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 25.

Drucksache 17/14650 – 54 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Zu den Risiken des Entwicklungsvertrages hat der Zeuge
Beemelmans ausgesagt:

„In dem Entwicklungsvertrag für diese erste
Stufe mussten zwangsläufig vier Risiken einge-
gangen werden: erstens das Risiko der Einfüh-
rung einer in der Bundeswehr bislang nicht vor-
handenen Technologie, zweitens das Risiko der
Entwicklung eines neuartigen, zukunftsorientier-
ten Missionssystems, das nach unserer Informa-
tion in dieser Form weltweit noch nicht verfügbar
ist, drittens das Risiko der Integration von Platt-
form und Missionssystem und viertens das Risiko
der Zulassung des Ganzen für die Verwendung in
der Bundeswehr.“140

Die Zeugin Bauch hat bestätigt, dass das Realisierungsri-
siko bei Entwicklungsverträgen regelmäßig beim Auf-
traggeber liegt:

„Letztendlich muss man natürlich sagen: Es ist
ein Entwicklungsvertrag, und bei Entwicklungs-
verträgen ist natürlich letztendlich dann das fi-
nanzielle und das Realisierungsrisiko immer
beim Auftraggeber. Zudem sind in dem Vertrag
einige Dinge mit einer Bemühensklausel – so,
wie es in Entwicklungsverträgen auch üblich ist –
versehen, die natürlich dann auch das Risiko
beim Auftraggeber letztendlich verhaften.“141

Aus ihrer Sicht wurden aber die Risiken im Zusammen-
hang mit einer Musterzulassung bei Vertragsschluss un-
terschätzt:

„Risiken waren bekannt, aber ich würde sagen,
die Tragweite der Risiken war nicht so erkannt
worden. Man hat das Musterzulassungsrisiko un-
terschätzt bzw. war optimistisch mit zusätzlichen
Dokumenten und Nachweisen. Wenn es auch
Abweichungen von der amerikanischen Zulas-
sungsphilosophie gibt, war man letztendlich doch
optimistisch […] auch diese Informationsbe-
schränkung nach dem ITAR gegebenenfalls dann
vor Ort einsehen zu können.“142

Das Problem, ob die Musterzulassung als Erfolg geschul-
det war, wurde auch mit dem Zeugen Gerwert erörtert.
Auf die dazu gestellte Frage, wie das Projekt EURO
HAWK verlaufen wäre, wenn man die Musterzulassung
des EURO HAWK vertraglich als eine vom Auftragneh-
mer geschuldete Leistung vereinbart hätte, hat er geant-
wortet:

„Diesen Vertrag hätte die Industrie nicht unter-
schrieben.“143

In seiner Vernehmung hat der Bundesminister der Vertei-
digung Dr. Thomas de Maizière seine Wahrnehmung der
Schwierigkeiten im Rahmen des Vorhabens EURO
HAWK wie folgt zusammengefasst:

„Die Grundentscheidung für eine Drohne als Trä-
gersystem […] war nach meiner Meinung richtig,
aber risikobehaftet. Das Vorgehen mit einem Ent-
wicklungsvertrag war deshalb angemessen. Aber
die Probleme wurden zu Beginn des Projektes un-
terschätzt und im Projektverlauf von Beginn an
nicht angemessen bearbeitet. Hier liegt der Ge-
burtsfehler des Euro Hawk. Man kann das mit ei-
nem anderen Begriff versehen. Mit Blick auf den
langen Vorlauf könnte man vielleicht auch von ei-
nem ‚genetischen Fehler‘ sprechen. Nach meiner
Bewertung hätte die Dimension der Probleme be-
reits nach ihrer Identifikation ernster genommen
werden müssen.“144

b) Gewährleistung

Im Entwicklungsvertrag waren auch Regelungen zur Ge-
währleistung enthalten. Der Zeuge Bundesminister a. D.
Dr. Jung hat in seiner Vernehmung dazu ausgeführt:

„[…] es sind die gesetzlichen Rechte des BGB,
also Gewährleistungsrecht und Schadensersatz,
vereinbart worden, wobei ich hierzu sagen darf,
dass ich natürlich allgemein über den Vertrag in-
formiert worden bin, von Herrn Staatssekretär
Eickenboom; der war dafür zuständig, für den
Bereich. Und ich kann mich ganz gut erinnern,
dass ich, weil bei mehreren Rüstungsprojekten
nicht unbedingt der Grundsatz ‚pacta sunt ser-
vanda‘ galt, sondern immer Verzögerungen ein-
getreten waren, gesagt habe: Schaut doch einmal,
ob ihr wenigstens Schadensersatz und Gewähr-
leistungsrecht in die Verträge reinbekommt. –
Und das ist hier dann ja auch geschehen.“145

Für solche Leistungsanteile des Entwicklungsvertrages,
die unter die „Bemühensklausel“ fielen, waren werkver-
tragliche Gewährleistungsansprüche ausgeschlossen.146

c) Kündigungsrechte

Ausweislich des Berichtes der Ad-hoc Arbeitsgruppe
EURO HAWK enthält der Vertrag ein außerordentliches
Kündigungsrecht zugunsten des Auftraggebers nach § 19
ABEI, welches jederzeit ganz oder teilweise ausgeübt
werden kann. Der Auftragnehmer habe in diesem Falle
Anspruch auf Erstattung aller durch den Auftrag beding-
ten unvermeidbaren Kosten zuzüglich des auf die zu er-
stattenden Kosten anfallenden anteiligen Gewinns. Es
gebe keine weiteren expliziten vertraglichen Regelungen
zu Rechtsfolgen bei Schlechterfüllung, Kündigung und
Rücktritt. Insoweit seien für den Auftraggeber die gesetz-
lichen Rechte nach BGB anwendbar.147

140 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 3.
141 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 6.
142 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 10.
143 Gerwert, Protokoll-Nr. 6, S. 6.

144 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 6.
145 Jung, Protokoll-Nr. 3, S. 56.
146 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 24 f.
147 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 24 f.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 55 – Drucksache 17/14650

V. Prüfung von Rechtsfragen durch eine
Rechtsanwaltskanzlei

Angesichts unterschiedlicher Auslegungen des Umfangs
der vertraglich geschuldeten Leistungen, insbesondere im
Hinblick auf die Musterzulassung und die Reichweite der
„Bemühensklausel“, beauftragte das Bundesministerium
der Verteidigung am 7. Juni 2013 eine Anwaltskanzlei
mit der Prüfung dieser Fragen.148

Bundesminister der Verteidigung Dr. Thomas de Maizière
hat in seiner Vernehmung am 31. Juli 2013 dazu erklärt:

„Der Vertrag zwischen dem damaligen Bundes-
amt für Wehrtechnik und Beschaffung der Bun-
deswehr, BWB, und der Euro-Hawk GmbH vom
Januar 2007 war ein Entwicklungsvertrag und
eben kein Beschaffungsvertrag. Mit Blick auf die
Zulassung wurden Managementpflichten festge-
legt, die sich auf die Lieferung von Daten und
Dokumentationen beziehen. Es ist nun im Vertei-
digungsausschuss umstritten, welche Teile des
Vertrages eine Dienstleistung beschreiben und
welche eine Werkleistung. Deshalb habe ich eine
Rechtsanwaltskanzlei mit der entsprechenden
Prüfung beauftragt, damit sie bei einem eventuel-
len Gerichtsverfahren die Interessen des Bundes
auch vertreten kann.“149

Das Bestehen entsprechender Abgrenzungsprobleme bei
der Frage, welche Leistungen geschuldet waren, hat der
Leiter der Abteilung Haushalt und Controlling im Bun-
desministerium der Verteidigung, Ministerialdirektor Dr.
Paul Jansen, bestätigt:

„Ja, das ist dieses weite Themenfeld: Wo fängt
das Bemühen an, Werkvertrag, Dienstleistungs-
vertrag? – Das ist ja breit diskutiert worden. Hier
ist die Anwaltskanzlei, wie Sie wissen, ja beauf-
tragt, dieses abzuklopfen: Wo fängt das eine an,
und wo hört das andere auf? – Mehr kann ich
dazu nicht sagen.“150

VI. Billigungsverfahren/Mitwirkungsrechte

1. Beteiligung des Bundesministeriums der
Finanzen

Mit Schreiben vom 28. November 2006 bat das Bundes-
ministerium der Verteidigung das Bundesministerium der
Finanzen um Erstellung einer 25-Millionen-Euro-Vorlage
zum Entwicklungsvertrag an den Haushaltsausschuss des
Deutschen Bundestages. Nach einer entsprechenden Ab-
stimmung mit dem BMVg sollte die Vorlage an den
Haushaltsausschuss noch im Dezember 2006 erfolgen,
damit diese im ersten möglichen Beratungstermin im Ja-
nuar 2007 behandelt werden könne.151

Der Zeuge Staatssekretär im Bundeministerium der Fi-
nanzen Gatzer hat dazu ausgeführt:

„Die erste Vorlage von Ende 2006 war, wie von
mir schon gesagt, vorbereitet worden von dem
zuständigen Ressort, dem Bundesministerium der
Verteidigung, und ist dem Bundesministerium der
Finanzen mit den notwendigen Berichten, mit
den notwendigen Unterlagen zugesendet worden.
Es gab dann noch hinsichtlich einzelner Punkte
Fragen seitens des Bundesministeriums der Fi-
nanzen, die sich hauptsächlich – das liegt in der
Natur der Sache – auf die finanzpolitischen Fra-
gen beschränken. Also: Ist das Projekt ausrei-
chend im Haushaltsplan, in der Finanzplanung
berücksichtigt? Gibt es den einen oder anderen
Punkt, der hier noch nicht schlüssig ist, weil sich
die Prüfung im Bundesministerium der Finanzen
begrenzt auf eine Plausibilitätsprüfung, […] Es
gab seinerzeit einige Fragestellungen. […] Sie
wissen, 2007 gab es die Mehrwertsteuererhöhung
von 16 auf 19 Prozent. Wie ist dies dort berück-
sichtigt? Es gab auch zu anderen Punkten Fragen
seitens des Bundesministeriums der Finanzen, die
vom Bundesministerium der Verteidigung auch
zufriedenstellend beantwortet wurden laut der
Aktenlage. Demzufolge konnte die Vorlage dann
auch von mir gezeichnet […] und dann dem
Haushaltsausschuss auch vorgelegt werden mit
der Bitte um Behandlung im Haushaltsaus-
schuss.“152

2. Beteiligung des Deutschen Bundestages
Im Anschluss an die Ressortabstimmung und nach erfolg-
ter Vorlage zur Billigung an den im BMVg zuständigen
Staatssekretär Dr. Eickenboom legte das Bundesministe-
rium der Finanzen die Vorlage BMF Nr. 137/06 (Gz ll D 1 -
WE 2058/06/0005) mit Schreiben vom 22. Dezember
2006 dem Haushaltsausschuss des Deutschen Bundesta-
ges zur Billigung vor.153

Im Berichterstattergespräch des Haushaltsausschusses am
17. Januar 2007 baten die Ausschussmitglieder, ihnen et-
waige kritische Bewertungen des Bundesrechnungshofes
zu diesem Vorhaben ggf. mit einem Beschlussvorschlag
schriftlich zu übermitteln. Dieser Bitte kam der Bundes-
rechnungshof mit Schreiben vom 25. Januar 2007
nach.154

In seinen „Hinweisen zur Entwicklung eines Systems zur
signalerfassenden luftgestützten weitreichenden Überwa-
chung und Aufklärung (EURO HAWK)“ empfahl der
Bundesrechnungshof unter anderem, „im Rahmen der
Behandlung der Vorlage zum Entwicklungsvertrag des
Nachfolgesystems EURO HAWK auf eine möglichst bal-
dige Aussonderung des nicht mehr effektiv einsetzbaren
Vorgängersystems zu drängen.“155

Des Weiteren sollte das BMVg aufgefordert werden,
rechtzeitig vor Abruf der im Vertrag vorgesehenen Optio-

148 MAT 17-1 BT-VA zu BB 17-91, S. 524.
149 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 6.
150 Jansen, Protokoll-Nr. 6, S. 132.
151 MAT 17-3 BMF zu BB 17-81, II D 1 Band 1, S. 6 f.

152 Gatzer, Protokoll-Nr. 6, S. 99 f.
153 MAT 17-3 BMF zu BB 17-81, II D 1 Band 2, S. 219 ff.
154 MAT 17-3 BMF zu BB 17-81, II D 1 Band 2, S. 282 ff.
155 MAT 17-3 BMF zu BB 17-81, II D 1 Band 2, S. 285.

Drucksache 17/14650 – 56 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

nen die Zustimmung des Haushaltsausschusses zu einer
weiteren 25-Millionen-Euro-Vorlage einzuholen. Mit die-
sen Vorlagen sollten gesicherte Schätzungen zu den Be-
schaffungskosten vorgelegt werden.156

Am 31. Januar 2007 wurde der EURO HAWK-Entwick-
lungsvertrag in den Sitzungen des Verteidigungsaus-
schusses des Deutschen Bundestages und des Haushalts-
ausschusses des Deutschen Bundestages beraten und
jeweils von allen Fraktionen, mit Ausnahme der Fraktion
DIE LINKE., gebilligt.157

Die Unterzeichnung des EURO HAWK-Entwicklungs-
vertrags erfolgte am selben Tag durch den Vizepräsiden-
ten des Bundesamtes für Wehrtechnik und Beschaffung
(BWB) und den Geschäftsführer der Firma EuroHawk
GmbH.158

VII. Unterrichtung der Öffentlichkeit
Mit Pressemitteilung vom 31. Januar 2007 informierte
das BMVg die Öffentlichkeit über das Entwicklungsvor-
haben EURO HAWK. Inhalt war eine kurze Beschrei-
bung des Projektes, dessen Zielsetzung und die Billigung
des Vorhabens durch den Haushaltsausschuss des Deut-
schen Bundestages in der Sitzung am selben Tag.159

156 MAT 17-3 BMF zu BB 17-81, II D 1 Band 2, S. 286.
157 MAT 17-1 BT-VA zu BB 17-92, Protokoll BT-VA vom 31. Januar

2007, S. 210; MAT 17-2 BT-HA zu BB 17-93, Protokoll BT-HA
vom 31. Januar 2007, Ordner 1, S. 136.

158 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe
EURO HAWK, S. 27.

159 MAT 17-54 BMVg zu BB 17-62, Ordner 1, S. 3 f.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57 – Drucksache 17/14650

C. Verlauf des Entwicklungsprojektes EURO
HAWK 2007 bis 2009

In der Folgezeit – nach Vertragsschluss – befasste sich die
Wehrtechnische Dienststelle 61/ML im Wesentlichen mit
Fragen des Musterzulassungsprozesses. Nach dem Ent-
wicklungsvertrag war die Industrie verpflichtet, ein Mus-
terprüfprogramm als Grundlage für die Musterzulassung
vorzulegen.

I. Vorlage eines unvollständigen Muster-
prüfprogramms durch die Industrie

Bei einer Musterprüfung, die der Musterzulassung vor-
ausgeht, sind festgelegte Bau- und Prüfvorschriften anzu-
wenden. Diese werden in einem Musterprüfrahmenpro-
gramm festgelegt, das vertraglich vereinbart wird. Auf
dieser Grundlage erstellt der Auftragnehmer ein von der
WTD 61/ML zu genehmigendes detailliertes Musterprüf-
programm, in dem die durchzuführenden theoretischen
Nachweise sowie Boden- und Flugtests beschrieben wer-
den.160

Zum vertraglich vereinbarten Liefertermin im Juni 2007
lieferte die Industrie aus Sicht der WTD 61/ML ein nur
unvollständiges Musterprüfprogramm. Ein vom Leiter
Musterprüfwesen für Luftfahrtgerät der Bundeswehr bei
der WTD 61 genehmigtes Musterprüfprogramm lag bis
Anfang 2013 nicht vor.161

In ihrer Vernehmung hat die Zeugin Bauch dazu vor dem
Untersuchungsausschuss erklärt:

„Das Musterprüfprogramm sollte eigentlich Mitte
2007 vorgelegt werden, und Mitte 2007 lag es
nicht vor. Es liegt bis heute nicht vor. Das ist auch
eine wesentliche Grundlage gewesen. Auch das
hätte man stärker im Fokus haben müssen.“162

II. Vorlage der für die Musterprüfung erforder-
lichen Nachweise durch die Industrie

Im Rahmen einer Musterprüfung müssen die nachweis-
führenden Unternehmen gemäß der ZDv 19/1 „alle für
prüfpflichtige Luftfahrzeuge und Luftfahrtgerät erforder-
lichen Nachweise“ erbringen und den uneingeschränkten
Zugang zu den Musterunterlagen, wie z. B. Zeichnungen
oder Bearbeitungs-, Fertigungs- und Prüfverfahren, er-
möglichen. Grundlage hierfür war das im Jahr 2003 ge-
schlossene und fortlaufend erweiterte Technical Assis-
tance Agreement (TAA).163

1. Überlassung qualitativ und quantitativ
unzureichender Dokumente und
Unterlagen

Erste Qualifikationsdokumente für den Musterzulas-
sungsprozess erhielt die WTD 61/ML von der Firma Nor-
throp Grumman im Jahr 2008. Da die vorgelegten Doku-

mente weder im Umfang noch in der Qualität den
Anforderungen einer Musterprüfung genügten, wuchs der
Koordinierungsaufwand zwischen der WTD 61/ML und
der Firma Northrop Grumman.

Der Zeuge Selhausen hat dazu ausgeführt:

„Nach Vertragsschluss am 31. Januar 2007 hat
die Firma EuroHawk GmbH, beginnend ab dem
Jahr 2008, erste Qualifikationsdokumente für die
Musterzulassung vorgelegt. Aufgrund des nicht
ausreichenden Umfangs und der Qualität der vor-
gelegten Dokumente wuchs der Koordinierungs-
aufwand zwischen WTD 61/ML und der Firma
Northrop Grumman. Die WTD 61/ML hat
deshalb Maßnahmen eingeleitet, um die Zusam-
menarbeit mit der Firma zu verbessern. Die da-
rauffolgende Entsendung des Gesamtsystemmus-
terprüfers für mehr als zwei Jahre zur Firma hat
die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Zulas-
sung intensiviert. Das Grundproblem der zögerli-
chen Bereitstellung von Dokumenten und deren
nicht ausreichende Qualität konnte damit jedoch
nicht behoben werden.“164

Von Seiten der Firma Northrop Grumman wurden auch
Einsichtnahmen in Dokumente mit besonderen Freigabe-
beschränkungen (ITAR) trotz getroffener vertraglicher
und außervertraglicher Vereinbarungen (TAA, MoU)
nicht im erforderlichen Umfang gewährt.165

Dazu hat der Zeuge Steiger erklärt:

„[…] aufgrund der ITAR-Regularien war […] der
Informationsfluss […] nicht so, wie wir das aus
anderen Projekten mit anderen beteiligten Indus-
trien so gewohnt sind, wobei zumindest – das ist
jetzt Hörensagen – von […] dem Gesamtsystem-
musterprüfer, dann nicht immer so unterschieden
werden konnte, was denn nun wirklich ITAR ist
oder was vielleicht aus anderen Gründen nicht so
gerne weitergegeben werden sollte oder
wollte.“166

Über Probleme bei der Einsichtnahme in Dokumente hat
auch der Zeuge Knöpfel berichtet:

„Die Möglichkeiten zur Einsichtnahme waren
uns anfangs sehr stark verwehrt. Wir konnten halt
durch Hinübersendung eines entsprechenden Ge-
samtmusterprüfers und auch eines Flugversuchs-
ingenieurs dort viele Wege eröffnen, die uns zu-
mindest so weit gebracht haben, dass wir die
hinreichende Verkehrssicherheit des Full Scale
Demonstrators erklären konnten.“167

Nach seiner Aussage besserte sich die Situation aber im
Laufe der Zeit:

160 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe
EURO HAWK, S. 13.

161 MAT 17-4 BRH zu BB 17-90, Ordner 1, S. 28.
162 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 23.
163 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 29.

164 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 45.
165 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 30.
166 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 69 f.
167 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 4.

Drucksache 17/14650 – 58 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

„Durch vielfältiges Nachfragen und Bohren und
durch entsprechendes Hinübersenden von Exper-
ten haben wir es erreicht, dass wir einen hinrei-
chenden Grad von Einsichtnahme erreichen
konnten, sodass wir eine Vorläufige Verkehrszu-
lassung ausstellen konnten, bzw. nicht ich, son-
dern der Leiter ML […].“168

Ausweislich der Stellungnahme des Bundesministeriums
der Verteidigung zum Prüfbericht des Bundesrechnungs-
hofes war der durch ITAR eingeschränkte Zugang zu
Nachweisunterlagen allerdings nicht die Hauptursache
für die Zulassungsproblematik gewesen. „Diese sei im
Kern darin begründet, dass Nachweisunterlagen auf US-
amerikanischer Seite gar nicht existierten oder die vorlie-
genden Nachweisunterlagen eine Qualität aufwiesen, die
dem deutschen Prüfverfahren für die Musterzulassung
nicht genügten.“169

Diese Darstellung hat der Zeuge Selhausen in seiner Ver-
nehmung bestätigt:

„Die USA haben bereits zu einem sehr frühen
Stadium ihres Global-Hawk-Programms ihr Luft-
fahrzeug in den Einsatz gebracht. Erfahrungen
aus diesen Einsätzen flossen umgehend in die
Weiterentwicklung des Systems Global Hawk
ein. Im Ergebnis gab es deshalb de facto keinen
festgelegten und dokumentierten Bauzustand des
US-Systems Global Hawk, der für eine darauf
aufsetzende deutsche Musterzulassung unbe-
dingt erforderlich ist.“170

2. Auswirkungen auf den Musterzulassungs-
prozess

Die unzureichende Vorlage von relevanten Dokumenten
stellte auch ein Risiko für das Erreichen einer deutschen
Musterzulassung dar.

So hielt der zuständige Projektleiter im BWB bezüglich
der Musterzulassung des EURO HAWK im Herbst 2007
im Statusbericht fest:

„Gem. Vertrag ist eine Musterzulassung nach Ka-
tegorie 3 gem. LTF 1550-001 angestrebt. Kurz-
fristige Einschränkungen auf Kategorie 2 im Rah-
men des Erprobungsbetriebes sind akzeptabel.

Da zur Zeit der ML aber kaum relevante Unterla-
gen zum Thema Musterzulassung des Euro Hawk
seitens des US UAN [Unterauftragnehmer, Anm.]
vorgelegt werden, ist, falls dieser Zustand so fort-
besteht, nach Aussage ML maximal eine Muster-
zulassung nach Kategorie 1 möglich. Dies ist aus
Auftraggebersicht inakzeptabel. Seitens ML
wurde nochmals mit Nachdruck auf diese Gefahr
hingewiesen und die Industrie aufgefordert, ihren
Dokumentenfreigabeprozess zu beschleunigen.
Des Weiteren findet in der 42. Kw eine Bespre-

chung zwischen BWB, ML und US Air Force in
Dayton statt, um die Transparenz bzgl. Datenein-
sicht für ML eindeutig zu verbessern.“171

Im Jahr 2009 zeichnete sich ab, dass der GLOBAL
HAWK in den USA nur eine eingeschränkte Zulassung
erhalten würde. Ausweislich des Berichtes des Bundes-
rechnungshofes gab der Auftragnehmer daraufhin im
Frühjahr 2009 die Empfehlung ab, sich bei der Zulassung
auf eine Vorläufige Verkehrszulassung zu beschränken,
weil dieser den Aufwand für die ursprünglich vorgese-
hene Zulassung als zu hoch einstufte.172

Die Zeugin Bauch hat dazu ausgeführt:

„Da gibt es vielfältige Schwächen bei dem Pro-
jektverlauf. […] Im Jahr 2009 zeichnete sich ab,
dass man nicht auf der Zulassung des Global
Hawk aufbauen könne, so wie es angedacht war.
Der Global Hawk hat im Jahr 2009 nur eine ein-
geschränkte Zulassung erhalten, und es ist auch
in dem dritten Änderungsvertrag aus dem Jahr
2009 festgehalten worden - - In der Anlage H,
meine ich, steht drin, dass letztendlich das Ziel,
diese militärische Verkehrszulassung des Global
Hawks für die deutsche Verkehrszulassung ver-
wenden zu können - - dass die sich nicht als trag-
fähig erwiesen hätte und dass für die Musterzu-
lassung natürlich nach ZDv 19/1 zusätzlicher
Aufwand erforderlich wäre, der nicht mehr im
Vertrag abgedeckt sei. Diese Erkenntnisse hatte
man schon 2009. Und auch der Leiter der Muster-
zulassung hat im Jahr 2009 eine Schätzung abge-
geben, dass ein sehr hoher Aufwand für das
Nachziehen von Dokumenten und Nachweisen
erforderlich wäre, um diese Musterzulassung zu
erreichen. Das heißt, da merkte man schon: Das
Vertragsziel ist infrage gestellt. Also, da hätte
man 2009 auf jeden Fall die Leitung informieren
müssen und das Projekt neu bewerten müssen
Das heißt, da merkte man schon: Das Vertragsziel
ist infrage gestellt.“173

III. Personalsituation bei der WTD 61/ ML und
beim BWB

Ab dem Jahr 2007 zeichnete sich ab, dass die WTD 61/ML
mit zu wenig Personal ausgestattet war. Mit einem an den
Präsidenten des BWB gerichteten Schreiben vom 28. Juni
2007 wies der Projektleiter im BWB auf eine unzurei-
chende Personalausstattung bei dem Projekt EURO
HAWK hin. Wörtlich hieß es im betreffenden Schreiben:

„Bisher wurden von den 8 geforderten und gebil-
ligten DP [Dienstposten, Anm.] lediglich 5 DP
eingerichtet, von denen z. Zt. wiederum nur
3 Dienstposten besetzt sind. Dies bedeutet, dass
seit 2 Jahren de facto nur 25-35% des notwendi-
gen Personals zur Verfügung stehen.“174

168 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 16.
169 MAT 17-4 BRH zu BB 17-90, Ordner 1, S. 44.
170 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 45.

171 MAT 17-42 BMVg zu BB 17-43, Ordner 1, S. 251.
172 MAT 17-4 BRH zu BB 17-90, Ordner 1, S. 17.
173 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 3 f.
174 MAT 17-4 BRH zu BB 17-91, Ordner 4, S. 307.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 59 – Drucksache 17/14650

In ihrer Vernehmung hat die Zeugin Bauch zum Thema
Personalausstattung erklärt:

„Personalprobleme waren von Anfang an ein
Thema in den Projektstatusberichten. […] Es
sollten wohl acht Mitarbeiter für dieses Projekt
vorgesehen werden, und der Projektleiter hat in
seinen Statusberichten regelmäßig darauf hinge-
wiesen, dass die Personalausstattung unzurei-
chend ist und dass damit eine sachgerechte Be-
gleitung dieses Projektes nicht möglich ist. Das
hat er mehrfach in seinen Projektstatusberichten
geäußert.“175

Nach Darstellung des Zeugen Wolfgang Steiger hätten die
Mitarbeiter der Güteprüfstelle Manching 2009 bei der Li-
zenzierung des EURO HAWK nicht über die erforderli-
che Prüflizenz verfügt und stattdessen auf das Wissen der
amerikanischen Mitarbeiter zugegriffen.176

Der damalige Vorsitzende des Personalrates Oswald
Böhm hat in seiner Vernehmung erklärt, die personellen
Kapazitätsprobleme hätten dazu geführt, dass bei der
„Erstellung eines Prüfungsberichtes mit Risikobewertung
und gegebenenfalls Empfehlungen zur Verkehrszulassung
für den Leiter ML […] offensichtlich Mitarbeiter, die ei-
nem anderen Bereich zugeordnet waren“, zum Einsatz
kamen.

Er hat weiter ausgesagt:

„Die geplante Vorgehensweise – Erstellung eines
Prüfberichtes mit Risikobewertung und gegebe-
nenfalls Empfehlungen zur Verkehrszulassung
für den Leiter ML – ist jedoch aus rechtlicher
Sicht im Interesse der eingesetzten Mitarbeiter zu
klären. Das war der Punkt: […] Hier wurde jetzt
auf Leute zurückgegriffen, die eigentlich erst
dann kommen, wenn das Gerät eine Musterzulas-
sung hat, und deren Aufgabe ist dann, zu prüfen,
ob das, was dann ausgeliefert wird, was dann
fliegt, auch wirklich mit dem übereinstimmt, was
der Musterzulassung entspricht; das war der
Punkt. Wir haben da Bedenken gehabt, […] dass
diese Mitarbeiter nur eine bedingte Eignung für
die Aufgabenwahrnehmung haben.“177

Mit Schreiben vom 5. Oktober 2009 wies der Vorsitzende
des Gesamtpersonalrates beim Bundesamt für Wehrtech-
nik und Beschaffung (BWB) den Präsidenten des BWB
Harald Stein auf die Problematik hin und regte eine Prü-
fung zu der Frage an, ob der Einsatz von Mitarbeitern,
„die über keine oder kaum Erfahrung bei der Musterzu-
lassung von Fluggerät verfügen“, rechtlich zulässig ist.178

In der Folgezeit nahm sich auch der Hauptpersonalrat
beim Bundesministerium der Verteidigung der Problema-
tik einer unzureichenden Personalausstattung an und bat
die Leitung um Mitteilung, ob sich luftfahrzeugtechni-

sche Prüfer im Falle einer nach der ZDv 19/1 möglichen
Übernahme fremder Prüfergebnisse im Falle eines Luft-
fahrtunfalls der Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung
oder der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen
durch Dritte aussetzen könnten.

Staatssekretär im BMVg Stéphane Beemelmans teilte
dem Vorsitzenden des Hauptpersonalrates beim BMVg
daraufhin mit Schreiben vom 30. Juni 2011 mit, dass sich
nach Überzeugung der Bundesregierung

„[...] das Personal der Bundeswehr und die für die
Entscheidung der Anerkennung externer Prüf-
dienste zuständige Stelle durch die Anwendung
und Beachtung der ZDv 19/1 ‚Das Prüf- und Zu-
lassungswesen für Luftfahrzeuge und Luftfahrt-
gerät der Bundeswehr‘ nicht der Gefahr einer
Haftung und/oder einer strafrechtlichen Verant-
wortung aussetzen.“179

Die angespannte Personalsituation hatte aber keinen nen-
nenswerten Einfluss auf den Zeitablauf im Musterzulas-
sungsprozess.

Der Zeuge Steiger hat auf die Frage, ob der Musterzulas-
sungsprozess bei einer anderen Personalsituation anders
verlaufen wäre, geantwortet:

„Das ist sicherlich so nicht der Fall. Hätten wir
mehr Personal zur Verfügung gehabt und die
Möglichkeit gehabt, nicht nur einen, sondern
vielleicht zwei Musterprüfer nach USA zu schi-
cken, die sich die Arbeit dort hätten teilen kön-
nen, anders organisieren können.“180

Auch der Zeuge Storz hat zur Personalsituation festge-
stellt:

„Auf die Abwicklung des Euro Hawks hatte das
keine Auswirkungen. Der eine Mann war ja stän-
dig in den USA – das war ein älterer Baudirek-
tor –, und der wurde jeweils unterstützt für die
einzelnen Komponenten, indem ich ihm da einen
Mann für eine Woche oder zwei Wochen in die
USA entsandt habe.“181

IV. Vertragliche Änderungen/Anpassungen

1. Allgemeines

Nach Vertragsschluss Anfang 2007 wurden mehrfach ver-
tragliche Änderungen des Entwicklungsvertrages vorge-
nommen. Bis Juni 2009 wurden insgesamt drei Ände-
rungsverträge geschlossen. Grund für den Abschluss der
Änderungsverträge waren Leistungsänderungen und/
oder Laufzeitverlängerungen. Dabei mussten alle Ver-
träge, die Kostenverpflichtungen von mehr als 25 Millio-
nen Euro nach sich ziehen, vom Haushaltsausschuss des
Deutschen Bundestages genehmigt werden. Dieses Erfor-

175 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 14.
176 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 96.
177 Böhm, Protokoll-Nr. 4, S. 108.
178 MAT 17-51 BMVg zu BB 17-40, Ordner 1, S. 64.

179 MAT 17-51 A BMVg zu BB 17-40, Schriftverkehr StS Beemelmans
Jun 11 – Sept 11, S. 1.

180 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 94.
181 Storz, Protokoll-Nr. 4, S. 105.

Drucksache 17/14650 – 60 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

dernis erfasste nicht nur Grundverträge, sondern auch die
Änderungsverträge.182

2. Erster Änderungsvertrag vom
17. Dezember 2008

Der erste Änderungsvertrag mit der EuroHawk GmbH,
welcher am 17. Dezember 2008 unterzeichnet und kos-
tenneutral gehalten wurde, diente einer Korrektur der
Vorkostenanerkennung.183 Dabei wurden die Vorkosten in
Bezug auf die Anfang 2008 nicht ausgeübte Option ver-
traglich präzisiert.184 Auf Grund der Unterschreitung
einer Summe von 25 Millionen Euro musste dieser Ände-
rungsvertrag nicht dem Haushaltsausschuss des Deut-
schen Bundestages vorgelegt werden.

3. Zweiter Änderungsvertrag vom 26. März
2009

Der zweite Änderungsvertrag vom 26. März 2009 enthielt
eine Kostensteigerung in Höhe von 0,35 Millionen Euro
auf Grund der zusätzlich notwendigen Arbeiten zur Obso-
leszenzbeseitigung.185

Zu den vertraglichen Inhalten gehörten unter anderem:

– die Verlängerung der Ausübungsfrist für die verein-
barten Optionen bis zum 30. Juni 2009,

– die Aktualisierung der technischen Spezifikation für
das Antennensystem des SIGINT-Missionssystems,
welche bauliche Änderungen der US Air Force an der
GLOBAL HAWK-Plattform erforderten.186

Auch dieser Änderungsvertrag unterlag nicht dem Erfor-
dernis einer 25-Millionen-Euro-Vorlage.

4. Dritter Änderungsvertrag vom
26. Juni 2009

a) Allgemeines

Am 26. Juni 2009 wurde der dritte Änderungsvertrag ge-
schlossen. Dieser enthielt neben einer Laufzeitverlänge-
rung von sechs Monaten187 auch Kostensteigerungen. So
sah er einen zusätzlichen Betrag in Höhe von 24,5 Millio-
nen Euro im Rahmen des Basisvertrages und weitere
24,73 Millionen Euro im Bereich der Option vor.188

Ausweislich der diesbezüglichen Vorlage des Bundes-
ministeriums der Finanzen an den Haushaltsausschuss
des Deutschen Bundestages vom 29. Mai 2009 betrug der
Kostenaufwuchs durch den dritten Änderungsvertrag ins-
gesamt 49,23 Millionen Euro.189

Der Vertrag wurde am 17. Juni 2009 in Beratungen des
Verteidigungsausschusses und im Haushaltsausschuss des
Deutschen Bundestages von allen Fraktionen, mit Aus-
nahme der Fraktion DIE LINKE., gebilligt. Mit dieser
Vorlage wurde auch „die Ausübung von zwei Optionen
des Entwicklungsvertrages zur Integration des entwickel-
ten Missionssystems in die Trägerplattform“ mit dem
Auftragswert von insgesamt ca. 60 Millionen Euro gebil-
ligt.190 Die Vorlage enthielt zusätzlich den „Vertrag über
logistische Unterstützungsleistungen des Auftragnehmers
für den Anfangsflugbetrieb des Full Scale Demonstra-
tors“, welchem beide Ausschüsse zustimmten.191

b) Inhaltliche Regelungen
Durch diesen Änderungsvertrag wurden die steigenden
Kosten bei der Erprobung des EURO HAWK abgedeckt,
welche auf Grund einer flugsicherheitsrelevanten Bauzu-
standsänderung des GLOBAL HAWK erforderlich wur-
den.192 Zudem entstanden auch weitere Kosten für den
Auftragnehmer, weil Beistellleistungen durch den Auf-
traggeber nicht rechtzeitig erbracht wurden.193 Die Ur-
sache hierfür waren Verzögerungen „bei der FMS-
Vertragsbearbeitung seitens der US-amerikanischen Ad-
ministration im Jahr 2007“, so dass die Leistungsanteile
der Firma EuroHawk GmbH nicht rechtzeitig zur Verfü-
gung gestellt werden konnten.194

Die Zeugin Bauch hat das in ihrer Vernehmung ausge-
führt:

„In dem dritten Änderungsvertrag […] wurden
auch zusätzliche Musterzulassungsaktivitäten mit
beauftragt, die erforderlich wurden, weil man ge-
sehen hat: Der Umfang, den wir bislang angesetzt
haben, reicht nicht aus. […].“195

Sie hat weiter dazu ergänzt:
„In einer Anlage zum dritten Änderungsvertrag
stand […] drin, dass man die Erkenntnis hatte,
auf den amerikanischen Musterzulassungsprozess
nicht aufbauen zu können, und dass der Euro
Hawk eine umfassendere Zulassung braucht, die
von der amerikanischen Zulassung nicht abge-
deckt wird, und dass das einen zusätzlichen Auf-
wand erfordern würde. […]“196

So wurde in der Anlage 1 Anhang H zum Vertrag er-
wähnt, dass entgegen der ursprünglichen Planung die mi-
litärische Zulassung des GLOBAL HAWK der US Air
Force nicht als Grundlage für die deutsche Verkehrszulas-
sung herangezogen werden konnte. Aus der Anlage ging
ebenso hervor, dass für dieses Vorgehen eine umfängliche
Musterzulassung nach ZDv 19/1 notwendig ist.197

182 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45, Ordner 4, S. 67.
183 MAT 17-78 A BMVg zu BB 17-17, AIN V 5, Ordner 109, S. 37.
184 MAT 17-73 BMVg zu BB 17-48, Akte 7, ParlStS

Schmidt_Vorgänge, S. 24.
185 MAT 17-78 A BMVg zu BB 17-17, AIN V 5, Ordner 109, S. 37.
186 MAT 17-73 BMVg zu BB 17-48, Akte 7, ParlStS

Schmidt_Vorgänge, S. 24.
187 MAT 17-78 A BMVg zu BB 17-17, AIN V 5, Ordner 109, S. 37.
188 MAT 17-50 BMVg zu BB 17-31, Ordner 2, S. 22.
189 MAT 17-2 BT-HA zu BB 17-93, Ordner 1, S. 241.

190 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3, Bericht der Ad-hoc-Arbeitsgruppe
EURO HAWK, S. 27.

191 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3, Bericht der Ad-hoc-Arbeitsgruppe
EURO HAWK, S. 27.

192 MAT 17-73 BMVg zu BB 17-48, Akte 7, ParlStS
Schmidt_Vorgänge, S. 15.

193 MAT 17-50 BMVg zu BB 17-31, Ordner 2, S. 53.
194 MAT 17-50 BMVg zu BB 17-31, Ordner 2, S. 53.
195 Bauch, Protokoll-Nr. 5 S. 24.
196 Bauch, Protokoll-Nr. 5 S. 24.
197 MAT 17-4 BRH zu BB 17-90, Ordner 1, S. 26.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 61 – Drucksache 17/14650

Der dritte Änderungsvertrag enthielt zudem die Auslö-
sung von Optionen. Hierzu gehörten beispielsweise die
Integration des Missionssystems in die Trägerplattform,
die Beauftragung von Langläuferbauteilen198 für die Er-
satzteilversorgung für den Erprobungsflug ebenso wie die
Durchführung der wesentlichen Arbeiten für die Zulas-
sung nach der ZDv 19/1.199

c) Projektrisiken

Zur Bewertung etwaiger Projektrisiken zum Zeitpunkt
des dritten Änderungsvertrages hat der Zeuge Staats-
sekretär Rüdiger Wolf dargelegt:

„[…] Dieser dritte Änderungsvertrag zu dem Vor-
haben wurde durch das gesamte Haus […], durch
alle relevanten Abteilungen, durch den General-
inspekteur [mitgezeichnet, Anm.]. […] Und wenn
ich mich nicht irre, war auch der Rechnungshof
beteiligt bei dieser Vorlage bzw. wurde beteiligt
durch den Haushaltsausschuss. Niemand hat zu
diesem Zeitpunkt ein Risiko als nicht beherrsch-
bar oder das Vorhaben als revisionsträchtig ange-
sehen oder beurteilt, auch der Bundesrechnungs-
hof damals nicht.“200

Im Laufe der Vernehmung hat er außerdem erklärt:

„[…] Wenn ich mich an die Vorgänge um den
dritten Änderungsvertrag und die damit verbun-
dene 25-Millionen-Vorlage an den Haushaltsaus-
schuss richtig erinnere, ist diese 25-Millionen-
Vorlage sehr intensiv diskutiert worden; auch die
Gründe für die Verzögerung sind sogar in der 25-Mil-
lionen-Vorlage, wenn ich das richtig im Kopf
habe, zitiert. Sie waren dem Bundesrechnungshof
mit anderen Worten zugänglich. Sie waren über-
haupt jedem, der sich mit der 25-Millionen-Vor-
lage beschäftigt hat, zugänglich. Sie haben, wie
ich schon sagte, weder im Hause selber – denn
wir haben die Vorlage erstellt – noch außerhalb
des Hauses zu irgendwelchen Nachfragen Anlass
gegeben. Also, wenn mir jemand jetzt im Nachhi-
nein sagt: ,Das hätte dich spätestens zu einer Re-
vision veranlassen müssen‘, dann frage ich mich:
Warum hat man mir diese Information oder die-
sen Hinweis oder diese Anregung nicht schon an-
lässlich der Beratung gegeben?“201

V. Abbruch des Gemeinsamen Auswerte-
systems der technischen und
elektronischen Aufklärung (GAST)

Im Mai 2008 brach die Bundeswehr das Projekt Gemein-
sames Auswertesystem der technischen und elektroni-
schen Aufklärung (GAST) ab.

Ursprünglich war geplant, die durch das SLWÜA gewon-
nenen Aufklärungserkenntnisse separat auch dem System
„Gemeinsames Auswertesystem der technischen und
elektronischen Aufklärung“ zuzuführen.202 In einem wei-
teren Schritt sollten diese Daten dann dem Verbund Nach-
richtengewinnung und Aufklärung zugeleitet werden.203
Die Gesamtanlage SIGINT sollte in GAST generiert wer-
den.204

Der Zeuge General Wieker hat dieses System beschrieben
als eine „Sortiermaschine für die empfangenen Daten,
um sie in die richtigen Analysebereiche zu übersen-
den“.205

Als die ARGE GAST am 16. April 2008 die Erfüllung
des Entwicklungs- und Beschaffungsvertrages verwei-
gerte, machte das IT-Amt der Bundeswehr am 6. Mai
2008 vom vereinbarten Rücktrittsrecht Gebrauch.206 Ein
alternatives System wurde nicht beschafft.207

VI. Joint Mission Planning Station (JMPS)

Die Joint Mission Planning Station (JMPS) stellt eine
Missionsplanungsstation dar und kommt sowohl in be-
mannten als auch unbemannten Waffensystemen der US-
Armee zum Einsatz. Die US Air Force (USAF) setzt sie
auch in der Missionsplanung des GLOBAL HAWK
ein.208

a) Die Aufnahme in den Entwicklungsvertrag

Nach Empfehlung der US Air Force erfolgte eine Auf-
nahme des Planungssystems auch in den Entwicklungs-
vertrag für das deutsche EURO HAWK-Projekt.209 Dabei
hatte die US-amerikanische Seite zugesagt, das JMPS in
der Version 1.3.2. als Basis für die EURO HAWK-Mis-
sionsplanung zur Verfügung zu stellen.210

b) Die neue Version 1.3.3.

Die USAF konnte allerdings nicht lange an dieser Zusage
festhalten, da die betreffende Version als „Verschlusssa-
che“211 eingestuft und damit nicht exportfähig war.212

Der Zeuge Knöpfel hat dazu erklärt, dass man anderen-
falls „die gesamte Nuklearplanung der US Air Force
[hätte, Anm.] einsehen können“213.

Ende 2007 setzte die US-amerikanische Seite die Firma
Northrop Grumman als Empfängerin hiervon in Kenntnis

198 Langläuferbauteile sind Bestandteile eines Produktes, deren Liefer-
bzw. Wiederbeschaffungszeit so lang ist, dass es die Herstellungs-
dauer des Produktes in erheblichem Maße bestimmt.

199 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45, AIN V 5, Ordner 1, S. 511.
200 Wolf, Protokoll-Nr. 7, S. 108.
201 Wolf, Protokoll-Nr. 7, S. 117.

202 MAT 17-78 BMVg zu BB 17-52, AIN V 5, Ordner 12, S. 265.
203 MAT 17-4 BRH zu BB 17-90, Ordner 1, S. 38.
204 MAT 17-78 BMVg zu BB 17-52, AIN V 5, Ordner 12, S. 265.
205 Wieker, Protokoll-Nr. 7, S. 176.
206 MAT 17-78 BMVg zu BB 17-52, AIN V 5, Ordner 12, S. 266.
207 MAT 17-4 BRH zu BB 17-90, Ordner 1, S. 38.
208 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc-Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 51.
209 MAT 17-50 BMVg zu BB 17-31, Ordner 2, S. 21.
210 MAT 17-89 BMVg zu BB 17-54, Ordner 5 HC I 4, S. 150.
211 MAT 17-89 BMVg zu BB 17-54, Ordner 5 HC I 4, S. 150.
212 MAT 17-50 BMVg zu BB 17-31, Ordner 2, S. 21.
213 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 46.

Drucksache 17/14650 – 62 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

und bot als Ersatz eine veränderte, für den Export geeig-
nete und noch zu entwickelnde Version 1.3.3. an.214

Die Beschaffung einer neuen Version zog eine technische
Angleichung am ISIS-System nach sich und führte zu ei-
nem finanziellen Mehraufwand, der im 3. und 4. Ände-
rungsvertrag seinen Niederschlag fand.215 Für die verän-
derte Version fielen zusätzliche Kosten in Höhe von
6,3 Millionen Euro an.216

c) Der Rückgriff auf das Air Force Mission
Support System

Im weiteren Projektverlauf zeichnete sich ab, dass die
US Air Force bei der Missionsplanung von GLOBAL
HAWK mit JMPS mit erheblichen Problemen zu kämp-
fen hatte.217 Um weitere Verzögerungen im Programm-
verlauf zu verhindern, empfahl die EuroHawk GmbH, das
Missionsplanungssystem aufzugeben218 und für die
Durchführung der Erprobungsflüge auf das veraltete US
Air Force System Air Force Mission Support System
(AFMSS) zurückzugreifen.219

Da diese Vorgehensweise beim Vertragsschluss 2007
nicht vorgesehen war, beliefen sich die zusätzlichen Leis-
tungen im Zusammenhang mit der Entwicklung der
Schnittstelle zur JMPS-Version 1.3.3. und deren Zulas-

sung sowie den Zusatzleistungen zur Adaption des
AFMSS auf weitere 4,1 Millionen Euro.220 Dieses Vorge-
hen wurde als „alternativlos“221 eingestuft.

Nach Aussage des Zeugen Wieker war das System aber
von Seiten der USA „nicht exportfähig.“222 Des Weiteren
darf dessen Nutzung nur durch US-amerikanische Mitar-
beiter mit spezieller Zugangsberechtigung erfolgen.223
Vor dem Untersuchungsausschuss hat General Wieker da-
rauf hingewiesen, dass

„[…] unsere Erwartungen, dass auch ein solches
Missionsplanungssystem zeitgerecht geliefert
werden kann mit dem Full Scale Demonstrator,
hat sich nicht erfüllt. Jetzt arbeitet man daran. Die
früheste Perspektive liegt jenseits des Jahres
2017, 2018.“224

Bundesminister der Verteidigung Dr. de Maizière hat in
seiner Vernehmung dazu erklärt:

„Jede Missionsplanung, auch zu Test- und Erpro-
bungsflügen, hätte von den USA aus durchge-
führt werden müssen. Eine Exportversion des
US-amerikanischen Missionsplanungssystems
war aber erst für die Zeit nach 2017 in Aussicht
gestellt – in Aussicht gestellt! Mehr auch
nicht.“225

214 MAT 17-2 BT-HA zu BB 17-96, Ordner 1, S. 249.
215 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc-Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 51.
216 MAT 17-4 BRH zu BB 17-90, Ordner 1, S. 38.
217 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc-Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 51.
218 MAT 17-4 BRH zu BB 17-90, Ordner 1, S. 27.
219 MAT 17-78 BMVg zu BB 17-52, AIN V 5, Ordner 12, S. 260.

220 MAT 17-89 BMVg zu BB 17-84, Ordner 5, HC I 4, S. 150.
221 MAT 17-78 BMVg zu BB 17-52, AIN V 5, Ordner 12, S. 260.
222 Wieker, Protokoll-Nr. 7, S. 155.
223 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc-Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 51.
224 Wieker, Protokoll-Nr. 7, S. 155.
225 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 8.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 63 – Drucksache 17/14650

D. Verlauf des Entwicklungsprojektes EURO
HAWK Ende 2009 bis Anfang 2013

I. Allgemeiner Verlauf

1. Roll-Out des Full Scale Demonstrators

Am 8. Oktober 2009 wurde der EURO HAWK Full Scale
Demonstrator im Rahmen des sogenannten Roll-Out auf
dem Werkflugplatz der Firma Northrop Grumman in
Palmdale, Kalifornien (USA), erstmals einer breiten Öf-
fentlichkeit vorgestellt.226

Danach erfolgte eine Prototypenprüfung, die am 24. Juni
2010 mit dem formellen Nachweis der Verkehrssicherheit
durch den Leiter der Güteprüfstelle (GPS) der Bundes-
wehr Manching abgeschlossen wurde.227 Zudem wurde
am folgenden Tag die erste Vorläufige Verkehrszulassung
(VVZ) erteilt.228 Auf dieser Grundlage erfolgte am
29. Juni 2010 der Erstflug des Full Scale Demonstrators
über ca. zwei Stunden vom Gelände der Firma Northrop
Grumman zur Edwards Air Force Base, USA.229

Im Folgenden wurde der Testbetrieb in den USA aufge-
nommen. Es wurden weitere neun Testflüge bis Dezem-
ber 2010 durchgeführt, die die geforderten Flugleistungen
sowie die elektromagnetische Verträglichkeit nachwie-
sen.230 Mitte Juli 2011 wurde die für den Überführungs-
flug nach Deutschland erforderliche ergänzende Prototy-
penprüfung abgeschlossen und eine weitere VVZ
erteilt.231

2. Überführungsflug des Full Scale
Demonstrators am 20. und 21. Juli 2011

Der Full Scale Demonstrator wurde vom 20. auf den
21. Juli 2011 aus den USA nach Deutschland zum Flug-
platz Manching überführt. Der Überführungsflug führte
den Full Scale Demonstrator zunächst von der Edwards
Air Force Base in Kalifornien zur Westküste der USA,
von dort aus nach Norden und anschließend durch den ka-
nadischen Luftraum nach Europa.232 Auf die Frage,
warum der Flug nicht durch den US-amerikanischen
Luftraum erfolgte, vermutete der Zeuge Leitender Tech-
nischer Regierungsdirektor (LTRDir) Rüdiger Knöpfel,
dass es „Probleme zwischen der Luftwaffe und der FAA“
gegeben habe, die aber „intern zu klären“ gewesen
seien.233 Er hat dies auf Nachfrage folgendermaßen präzi-
siert:

„Es geht nicht um Animositäten zwischen der
FAA und der Luftwaffe oder unserer deutschen
Zulassungsbehörde, sondern es geht um Differen-
zen zwischen der US Air Force und der FAA. Das
liegt einfach daran, dass im Gegensatz zu uns, die
wir eine rein zivile Luftraumordnung haben, an
der wir als Militärs teilnehmen dürfen – zumin-
dest in Friedenszeiten; im Spannungsfall würde
das genau andersrum sein. Aber da sagen die Zi-
vilisten, die Deutsche Flugsicherung, wo es lang-
geht. In den USA ist das anders. Dort gibt es ent-
sprechende Übereinkommen. Aber die US Air
Force hat ihre eigene Hoheit. Und da steht die in
ständiger Konkurrenz zur FAA.

Die US Air Force hat ihre eigene Zulassung, kann
entsprechend ihren eigenen Vorgaben den ihr zu-
gewiesenen Luftraum nutzen. Bei uns handelt es
sich um eine ausländische Zulassung, nämlich
eine deutsche Vorläufige Verkehrszulassung. Und
somit waren wir den Regularien der FAA unter-
worfen, nicht der US Air Force. Und bis zum
Zeitpunkt der Flugplanung – das war bis zum
Freitag; am Montag sollte die Überführung statt-
finden – war der FAA die gesamte Flugplanung
bekannt, bis 12.30 Uhr. Und um 16.30 Uhr wurde
uns mitgeteilt, dass sie das so nicht akzeptieren
könne.

Die Gründe hierfür sind mir nicht in allen Details
bekannt. Es gab in dieser Hinsicht Aussagen: ‚Ja,
da haben die sich ein bisschen gekabbelt.‘ Jeden-
falls haben wir es innerhalb eines Wochenendes
geschafft, die Flugplanung umzuändern, und hat-
ten die Bereitschaft auch der Kanadier, ihr ge-
samtes Staatsgebiet zu nutzen. Und deswegen ha-
ben wir als sogenanntes Zivilluftfahrzeug im
Sinne der FAA diesen Weg – den etwas längeren
Weg – genutzt, aber konnten damit erfolgreich
das Luftfahrzeug überführen.“234

Während des Überführungsfluges kam es zu zwei Proble-
men. Der Zeuge LTRDir Rüdiger Knöpfel hat diese Pro-
bleme wie folgt beschrieben:

„Das waren die beiden Probleme, die aber per se
gar nicht meldepflichtig sind. Das heißt, sie ha-
ben keine Zwischenfallqualität. Es lag daran, dass
uns ein Schlüssel der US-Amerikaner falsch
übermittelt wurde, sodass wir auf der Primärfre-
quenz nach Übernahme der Flugführung durch
die deutsche Bodenstation die Primärfrequenz
nicht nutzen konnten. Aber wir haben Redundan-
zen dort eingebaut, und so konnten wir dann auf
einem Ausweichsystem das System hier nach
Deutschland überführen.

Bei der Überführung dann nach Deutschland, im
deutschen Luftraum, kam es kurzzeitig zu einem
Verlust dieser Datenverbindung. Dafür ist das

226 MAT 17-42 BMVg zu BB 17-43, Ordner 2, S. 131.
227 MAT 17-18 BMVg zu BB 17-18, S. 1.
228 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 32.
229 MAT 17-42 BMVg zu BB 17-43, Ordner 2, S. 207; MAT 17-8

BMVg zu BB 17-3, Ordner 1, Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe
EURO HAWK, S. 51 f.

230 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe
EURO HAWK, S. 52.

231 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe
EURO HAWK, S. 32 f.

232 MAT 17-79 C BMVg zu BB 17-59, WTD 61, GF 230 Mayer, Ord-
ner 43, S. 149 ff.

233 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 24. 234 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 29 f.

Drucksache 17/14650 – 64 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

System auch vorgesehen; dann macht es einfach
das, wofür es programmiert wurde, und genau das
hat es gemacht.

Aus Gründen der schnellen Abwicklung wurde
damals ein vorzeitiger Abstieg durch die Flugver-
kehrssicherung erforderlich gemacht. Das heißt,
das System sank, und dort trat kurzzeitig diese
Funkstörung auf. Und da hat das System gesagt:
‚Was mache ich, wenn ich an diesem Punkt bin?
Dann muss ich eigentlich auf eine größere Höhe
steigen‘, und das auch gemacht, genau so, wie es
vorgesehen und programmiert war.

Das waren keine technischen Aussetzer, sondern
das System hat so funktioniert, wie es program-
miert war und vorgesehen war.“235

3. Integration ISIS und Erprobungsflüge

a) Integration des Missionssystems

Mit der Ankunft des Full Scale Demonstrators in Man-
ching begann der Einbau der Komponenten des Missions-
systems ISIS in die Trägerplattform. Nachdem verschie-
dene Funktionstests von Einzelkomponenten erfolgreich
durchgeführt worden waren, wurde der Full Scale De-
monstrator im Rahmen eines „SIGINT Roll-Out Events“
am 12. Oktober 2011 erstmals der Presse und der Öffent-
lichkeit vorgestellt.236 Die Integration von ISIS in das
Luftfahrzeug konnte Ende 2011 abgeschlossen werden,
so dass anschließend mit Bodentests des Gesamtsystems
einschließlich der ISIS-Bodenstation begonnen werden
konnte.

Am 4. Dezember 2012 wurde auf der Grundlage einer be-
fristeten Ausnahmegenehmigung zur ZDv 19/1 eine er-
neute VVZ mit Auflagen erteilt.237

b) Aufnahme der Erprobungsflüge

Auf dieser Grundlage wurde am 11. Januar 2013 der erste
Erprobungsflug des Full Scale Demonstrators durchge-
führt. Aufgrund der Witterungsverhältnisse folgten zwei
weitere Flüge erst im April 2013.238 Weitere Erprobungs-
flüge sollen bis zum 30. September 2013 durchgeführt
werden.239

Ursprünglich hätte die Gesamtzahl der vorgesehenen
Flüge auch der Vorbereitung der nachfolgenden Anfangs-
flugbefähigung wie z. B. Kalibrierungsflügen gedient. Da
diese Anforderung aufgrund des Absehens von der Seri-
enbeschaffung der getroffenen Entscheidung nicht mehr
zu vollziehen sei, seien auch die entsprechenden Flüge
entfallen. Herausgegriffen worden sei nur noch der Teil

„technische Spezifikation des ISIS-Systems“.240 Nach
Aussage des Abteilungsleiters AIN im BMVg, Ministeri-
aldirektor (MD) Detlef Selhausen, reichten die Flüge bis
Ende September 2013 aus, ein qualifiziertes Ziel zu errei-
chen.241

Die Verantwortung für die Erprobungsflüge liegt aus-
schließlich bei der Industrie, wobei die Bundeswehr die
Durchführung u. a. mit Fachpersonal unterstützt.242 So
bestätigte der Zeuge MD Detlef Selhausen, dass Mitarbei-
ter des Rüstungsbereichs genauso wie Mitarbeiter der
Streitkräfte bei der Erprobung vertreten seien.243 Die
Testflüge erfolgten in der Einsatzhöhe, d. h. bis zu 60 000
Fuß, und fänden nur über deutschem Hoheitsgebiet statt,
weil nur dort die VVZ gelte.244 Wie die Erprobungsflüge
im Einzelnen verlaufen, hat der Zeuge LTRDir Rüdiger
Knöpfel beschrieben:

„Das Schema der Erprobungsflüge ist relativ
übersichtlich. Wir starten in Manching und lan-
den dort wieder. Das ist das Ziel. Wir haben […]
eine entsprechende luftverkehrsrechtliche Vor-
sorge getroffen, indem wir dort einen Luftraum
gesperrt haben, der insbesondere den Luftraum
Echo angeht – dort, wo jeder andere auch fliegen
kann -, um einfach die anderen Luftfahrzeugteil-
nehmer zu schützen bzw. uns vor Kollisionen zu
schützen. Innerhalb dieses gesperrten Luftraums
für die Start- und Landephase schraubt sich im
übertragenen Sinn der Full Scale Demonstrator
auf die Höhe, wo die anderen Luftverkehrsteil-
nehmer sich nicht mehr befinden und dort man-
gels Masse unbefleckt fliegen kann. Wir fliegen,
je nachdem, was wir dort testen wollen. […]
Dann landen wir wieder in Manching, indem wir
wieder den gesperrten Luftraum aktivieren und
uns dort zur Landung begeben.“ 245

c) Ziel der Erprobung
Die Erprobungsflüge dienten dem Nachweis der techni-
schen Leistungsfähigkeit des Systems, um abschließend
dessen Qualifizierung zu erlangen.246 Im Einzelnen be-
deutet dies nach Angaben von LTRDir Knöpfel, dass sich
die Industrie damit auf den Abnahmeflug vorbereite. Sie
müsse nachweisen, dass die technischen Spezifikationen,
die vertraglich geschuldet seien, auch erfüllt würden.247
Auf die Frage nach dem Sinn der Abnahme des Systems
hat der Zeuge Knöpfel erläutert, dass die Bundeswehr ih-
rerseits wiederum analysieren müsse, in welcher Form,
Güte und in welchem Grad dies der Fall sei. Würden die
Spezifikationen hinreichend erfüllt, habe die Bundeswehr
die vertragliche Pflicht zur Abnahme des Full Scale De-
monstrators.248 Wenn das System technisch abgenommen

235 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 18.
236 MAT 17-80 BMVg zu BB 17-44, AIN V 5, Sämtliche Vorlagen,

Ordner 1, S. 49.
237 MAT 17-69 BMVg zu BB 17-32, Büro des Ministers, Ordner 1,

S. 100.
238 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 50 f.
239 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 37.

240 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 38.
241 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 89.
242 MAT 17-4 BRH zu BB 17-91, Ordner 4, S. 11.
243 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 87.
244 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 37.
245 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 7.
246 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 37.
247 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 16.
248 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 52.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 65 – Drucksache 17/14650

sei, solle das Eigentum auf die Bundesrepublik Deutsch-
land mit der WTD 61 als Halter übergehen.249

Nach dem ersten Erprobungsflug vom 11. Januar 2013
wurde festgestellt, dass während der Sensorflugerpro-
bung „bereits die komplette Wirkungskette aller einge-
setzten ISIS-Komponenten von der Aufnahme der aufzu-
klärenden Signale an der Antenne bis zur Anzeige in der
Auswerte-Bodenstation in Anwesenheit von militärischem
Erfassungs- und Auswertepersonal des KdoStratAufkl
(zukünftiger Nutzer) […] demonstriert“ werden
konnte.250 Zum aktuellen Stand fasste der Zeuge MD
Selhausen zusammen, dass ihm berichtet worden sei, die
Ergebnisse seien vielversprechend.251 An anderer Stelle
sagte er, man könne es zuversichtlich sehen, „hier ein gu-
tes System zu bekommen.“252 Der Projektleiter Knöpfel
hat hierzu klargestellt:

„[…] für die Leistungsfähigkeit ISIS kann ich
noch keine belastbaren Aussagen geben, weil die
Erprobung bzw. Zertifizierung noch nicht abge-
schlossen ist. Da hoffen wir, dass wir Ende des
Septembers dort zu einer abschließenden bewer-
teten Aussage kommen, was die technische Leis-
tungsfähigkeit angeht.“253

Mit Abschluss des letzten Erprobungsfluges ist seinem
Kenntnisstand nach die fliegerische Tätigkeit des Full
Scale Demonstrators einzustellen.254

aa) Verfahren zur Erprobung ISIS

Wie das Missionssystem ISIS im Einzelnen erprobt wird,
wurde ebenfalls schematisch von dem Zeugen Knöpfel
beschrieben:

„Es geht bei den Erprobungen […] um den Nach-
weis der gesamten Funktionskette. Das heißt, wir
stellen Sendestationen auf, von denen wir wissen,
wo sie stehen, in welchem Frequenzbereich sie
stehen, und versuchen, diese Systeme in der Luft
aufzufassen, abzuspeichern und auch gleichzeitig
an den Boden zu transferieren.“255

bb) Datenschutzrechtliche Aspekte

Verschiedentlich ist die Frage aufgeworfen worden, wie
bei der Erprobung von ISIS mit den anfallenden Daten
bzw. Funksignalen, beispielsweise von Mobiltelefonen,
umgegangen werde. Die G-10-Kommission des Deut-
schen Bundestages hatte sich u. a. aufgrund eines Presse-
artikels mit dem Titel „Gigantischer Datenstaubsauger in
20.000 Meter Höhe“ und der Darstellung, dass der EURO
HAWK „Handygespräche abhören und SMS auffangen“
könne, der Thematik angenommen.256

LTRDir Knöpfel hat sich dazu folgendermaßen geäußert:

„Sicher können dabei auch Daten aufgefangen
werden, die nicht zum Erprobungsbereich führen.
Dazu gibt es entsprechende Vorkehrungen gemäß
der G-10-Kommission, dass entsprechende Daten
dieserseits unter juristischer Aufsicht dann sofort
gelöscht werden, die nicht zum Erprobungsge-
genstand gehören.“257

Der Bundesminister der Verteidigung Dr. Thomas de
Maizière hat grundlegend festgestellt:

„Wir haben die technischen Konfigurationen und
die Auswirkungen auf die Grundrechte mit der
für diese Fragen zuständigen G-10-Kommission
des Deutschen Bundestages abschließend und
einvernehmlich erörtert.“258

Staatssekretär Rüdiger Wolf hat dies präzisiert, indem er
auf die Gespräche mit dem Parlamentarischen Kontroll-
gremium und der G-10-Kommission des Deutschen Bun-
destages verwies:

„Das Vorhaben Euro Hawk ist als ein Aufklä-
rungssystem zu verstehen, und zwar als ein mili-
tärisches Aufklärungssystem. Entsprechend
orientieren sich die Fähigkeiten, die mithilfe die-
ses Aufklärungssystems, also insbesondere der
Sensorik, verbunden sind. Das Vorhaben Euro
Hawk und seine Aufklärungskonstruktion ist aus-
drücklich nicht vorgesehen, um Mobilfunkdaten
[…] aufzufangen […].“259

Das System diene vielmehr der Aufklärung von Strahlun-
gen und Signalen von Radarstellungen, Waffenstationen
und Ähnlichem. Die G-10-Kommission des Deutschen
Bundestages habe das Vorhaben in zwei Sitzungen über-
prüft. Dabei sei ein Vorgehen vereinbart worden, wie mit
„Zufallsfunden“ umgegangen werden solle, die auf den
potenziellen, technischen Möglichkeiten beruhten, jedoch
ausdrücklich nicht vom Vorhaben umfasst seien.260 Werde
aufgrund der Technik wider Erwarten ein Mobilfunk-
oder anderer Datensatz erfasst, so werde über einen Filter
die Übernahme dieser Daten in das System verhindert.261
Im Anschluss würden die Daten sodann bei der Auswer-
tung vernichtet.262 Die Vernichtung erfolge unter Beauf-
sichtigung eines „Rechtsberatungsoffiziers“ aus dem Be-
reich des Kommandos Strategische Aufklärung, d. h.
eines Zivilisten oder eines Soldaten mit der Befähigung
zum Richteramt und werde in einem Protokoll, welches
dieser gegenzuzeichnen hätte, festgehalten.263

Hierzu heißt es in einer Stellungnahme vom 2. März 2012
des Projektleiters an das BMVg:

249 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 47.
250 MAT 17-85 BMVg zu BB 17-64, AIN V 5, Ordner 9, S. 366.
251 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 98.
252 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 87.
253 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 6.
254 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 43.
255 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 49.
256 MAT 17-69 BMVg zu BB 17-32, Büro des Ministers, Ordner 1, S. 113.

257 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 49.
258 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 95.
259 Wolf, Protokoll-Nr. 7, S. 132.
260 Wolf, Protokoll-Nr. 7, S. 132.
261 Wolf, Protokoll-Nr. 7, S. 139.
262 Wolf, Protokoll-Nr. 7, S. 133.
263 Wolf, Protokoll-Nr. 7, S. 139.

Drucksache 17/14650 – 66 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

„Nach Rücksprache mit Fü S II 2 stehen beim
Kommando Strategische Aufklärung (KdoStrat-
Aufkl), dem zukünftigen Nutzer […], mindestens
zwei entsprechend (Ü3-) sicherheitsüberprüfte
und mit der G-10 Thematik vertraute Rechtsbera-
ter (RB) mit der Befähigung zum Richteramt
(Volljuristen) in den besagten EURO HAWK In-
dustrie-Flugerprobungszeiträumen zur Verfü-
gung. Der Kommandeur KdoStratAufkl hat Wei-
sungsbefugnis über diese RB und kann diese,
wenn eine entsprechende Forderung besteht, be-
darfsweise an den Standort der EURO HAWK
Auswertestation abordnen.

Die RB des KdoStratAufkl gehören einer eigenen
Abteilung des KdoStratAufkl an und sind somit
unabhängig von der operationellen Erprobungs-
mannschaft des KdoStratAufkl, die die EURO
HAWK Industrie-Flugerprobung seitens der Bw
begleitet.“264

Darüber wurde auch Bundesminister der Verteidigung
Dr. Thomas de Maizière mit Vorlage vom 20. März 2012
unterrichtet. Darin wird abschließend festgestellt, dass
diese Vorgehensweise am 8. März 2012 die Zustimmung
der G-10-Kommission gefunden habe und die Kommis-
sion das Thema auf dieser Grundlage für erledigt erklärt
habe.265

Staatssekretär Wolf hat ergänzend darauf hingewiesen,
dass der einzige Grund dafür, dass der Full Scale De-
monstrator derzeit über deutschem Staatsgebiet fliege, in
der Nachweisführung der Leistungsfähigkeit liege. Er hat
dazu klargestellt:

„Es ist nicht sein Einsatzgebiet, um das noch mal
in aller Deutlichkeit zu sagen. Der Euro Hawk
gehört nicht nach Europa. Der Euro Hawk gehört
oder gehörte nach Afghanistan. Der gehört in die
Einsatzgebiete der Bundeswehr. Die Bundesrepu-
blik Deutschland ist nicht das Einsatzgebiet der
Bundeswehr.“266

Auf Nachfrage haben Staatssekretär Wolf267 und Staatsse-
kretär Beemelmans268 in ihren Vernehmungen keinen Ver-
stoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen erken-
nen können.

II. Vertragliche Änderungen

Bis Anfang 2013 wurden zehn Änderungsverträge zum
Entwicklungsvertrag geschlossen, durch die das Vertrags-
volumen von 431 Millionen Euro auf insgesamt ca.
544 Millionen Euro stieg.269

1. Änderungsverträge 4 bis 7

Die Änderungsverträge 4, 5, 6 und 7 wurden zwischen
dem 25. November 2009 und dem 28. Oktober 2011 ge-
schlossen. Sie sind hinsichtlich der zeitlichen Abfolge der
Vertragsunterzeichnung deutlich voneinander getrennt.
Darüber hinaus sind sie bzgl. der finanziellen Volumina
unter dem Gesichtspunkt einer 25-Millionen-Euro-Vorla-
gepflicht unbeachtlich.270

Gegenstand des vierten Änderungsvertrages vom 25. No-
vember 2009 waren JMPS-bedingte Änderungen für den
SIGINT-Missionsanteil.271 Durch diesen erhöhten sich die
Verpflichtungen auf insgesamt 482,6 Millionen Euro.272

Der fünfte Änderungsvertrag wurde am 16. September
2010 geschlossen, um die Zusatzarbeiten durch den Weg-
fall des GAST-Systems zu kompensieren. Hierdurch er-
höhte sich das Vertragsvolumen auf eine Summe von
486,1 Millionen Euro.273

Am 11. März 2011 schloss das BWB den sechsten Ände-
rungsvertrag, wodurch sich das Vertragsvolumen auf
491,8 Millionen Euro steigerte. Hiermit wurde zusätzli-
cher Aufwand im Hinblick auf die Musterzulassung fi-
nanziert.274

Inhalt des siebten Änderungsvertrags vom 28. Oktober
2011 waren insbesondere Kompensationen, die durch die
Verzögerung des Erstflugs entstanden waren. Die Summe
der Finanzmittel erhöhte sich hierdurch auf insgesamt
505,8 Millionen Euro.275

2. Änderungsverträge 8, 9 und 10

Am 1. Juni 2012 schloss das BWB den achten Ände-
rungsvertrag ab. Dieser erhöhte das Vertragsvolumen auf
ca. 526 Millionen Euro276 und hatte im Wesentlichen
Leistungserhöhungen sowie eine Laufzeitverlängerung
bis zum 31. August 2012 zum Inhalt.277

Der Vertragsschluss zum neunten Änderungsvertrag er-
folgte am 2. August 2012. Verbunden mit diesem war eine
Erhöhung des Finanzrahmens auf insgesamt 544,2 Millio-
nen Euro zur Kompensation von Zusatzaufwand für die
Musterzulassung.278

264 MAT 17-66 BK zu BB 17-89, BKAmt Ref 601_22-11300Un002,
S. 49 f.

265 MAT 17-69 BMVg zu BB 17-32, Büro des Ministers, Ordner 1,
S. 112 ff.

266 Wolf, Protokoll-Nr. 7, S. 138.
267 Wolf, Protokoll-Nr. 7, S. 144.
268 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 82.
269 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, Anlage A, S. 1.

270 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45, AIN V 5, Ordner 4, S. 67; MAT
17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe EURO
HAWK, Anlage A, S. 1.

271 Siehe Kapitel C, Abschnitt VI.
272 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, Anlage A, S. 1.
273 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, Anlage A, S. 1.
274 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, Anlage A, S. 1; Stein, Protokoll-Nr. 4, S. 128.
275 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, Anlage A, S. 1.
276 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45, AIN V 5, Ordner 4, S. 67; MAT

17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe EURO
HAWK, Anlage A, S. 1.

277 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45, AIN V 5, Ordner 4, S. 68.
278 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, Anlage A, S. 1.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 67 – Drucksache 17/14650

Infolge des Projektverlaufs wurde im Sommer 2012 er-
kannt, dass der Entwicklungsvertrag erneut verlängert
werden müsse, um das Entwicklungsziel zu erreichen.279
Mithin war Gegenstand des zehnten Änderungsvertrages,
der am 7. November 2012 geschlossen wurde, ausschließ-
lich eine Laufzeitverlängerung vom 31. August 2012 bis
zum 31. Dezember 2012.280 Das Vertragsvolumen erhöhte
sich nun auf 544,2 Millionen Euro281.

Auf den Hinweis, dass die Änderungsverträge 8, 9 und 10
innerhalb eines sehr kurzen Zeitraums im Jahr 2012 ge-
schlossen worden seien und zusammen ein Vertragsvolu-
men von knapp 40 Millionen Euro aufweisen, hat Staats-
sekretär Werner Gatzer mit Bezug auf die Vorlagepflicht
bei Verträgen mit einem Finanzvolumen über 25 Millio-
nen Euro gesagt, dass er „keinen Grund zur Kritik“
habe.282 Es sei nicht unüblich, dass es „mehrere Ände-
rungsverträge bei einem Beschaffungsvorhaben größeren
Ausmaßes“ gebe, die unterschiedliche Tatbestände hät-
ten.283 Er könne nur feststellen,

„dass das Ressort, das dies in eigener Verantwor-
tung zu entscheiden hat, hier aus meiner Sicht
keine Umgehung dieser 25-Millionen-Vorlagen
vorgenommen hat, und insofern […] ist das für
mich jetzt abschließend.“284

III. Auftretende Probleme im Bereich der
Zulassung

Ab dem Jahr 2009 zeigten sich zunehmend verschiedene
Probleme. Im Schwerpunkt waren diese im Bereich von
Zulassungsfragen angesiedelt.

1. Grundlagen des Zulassungswesens

a) Zulassungsvoraussetzungen

Voraussetzung für jede Teilnahme eines Luftfahrzeuges
am Luftverkehr ist, dass es dafür zugelassen ist, § 2
LuftVG. Bei der Zulassung handelt es sich um einen ho-
heitlichen Akt, der von der zuständigen Stelle vollzogen
wird.285 Im Einzelnen richtet sich dies für Luftfahrzeuge
der Bundeswehr nach den Bestimmungen der ZDv 19/1.

Der Zeuge Wolfgang Steiger, betonte, dass § 30 LuftVG
„kein Freibrief“ sei. Die Vorschrift bedeute nicht, dass
die Bundeswehr tun und lassen könne, was sie wolle, und
insofern selbst entscheiden könne, ob sie denn eine Mus-
terprüfung mit anschließender Musterzulassung durch-
führe oder nicht. Der Grundsatz sei vielmehr, dass alles,
was sich im Luftraum bewege, auch zugelassen sein
müsse.286

Nach der ZDv 19/1 Nr. 201287 müssen grundsätzlich zwei
Bedingungen erfüllt sein, damit die Zulassung erteilt wer-
den kann:

– Zunächst muss das Muster, auf dem ein einzelnes
Luftfahrzeug beruht, seinerseits zugelassen sein, d. h.
es muss die entsprechende Musterzulassung vorliegen.
Dieses ist gemäß ZDv 19/1 Nr. 306288 der Fall, wenn
für das Muster erfolgreich eine Musterprüfung durch-
geführt wurde.

– Ferner muss für das konkrete Luftfahrzeug die Ver-
kehrssicherheit nachgewiesen sein. Dazu wird das ein-
zelne Luftfahrzeug im Rahmen einer sogenannten
Stückprüfung auf Übereinstimmung mit dem zugelas-
senen Muster geprüft.

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, wird das Luftfahr-
zeug für den Luftverkehr in der Bundeswehr zugelassen
und verfügt so über die sogenannte Verkehrszulassung.289

Für Luftfahrzeuge in der Entwicklung und Erprobung er-
folgt die Zulassung zum Luftverkehr über eine soge-
nannte Vorläufige Verkehrszulassung, soweit die dafür er-
forderlichen Nachweise erbracht sind.290

b) Zuständigkeiten und Verfahren

Zuständig für die Musterprüfung und Musterzulassung
von Luftfahrzeugen und Luftfahrtgerät der Bundeswehr
ebenso wie für die Prototypen in der Industrie-Entwick-
lung ist gemäß ZDv 19/1 Nr. 108 in Verbindung mit
Nr. 104 der Leiter oder die Leiterin des Musterprüfwe-
sens für Luftfahrtgerät der Bundeswehr bei der Wehrtech-
nischen Dienststelle für Luftfahrzeuge – Musterprüfwe-
sen für Luftfahrtgerät der Bundeswehr (WTD 61) in
Manching, abgekürzt Ltr ML.291 Ab dem 1. August 2009
nahm diese Funktion zunächst kommissarisch, seit dem
3. Mai 2010 originär, der Zeuge Direktor einer Wehrtech-
nischen Dienststelle (DirWTD) Wolfgang Steiger wahr.292
In seiner Funktion ist der Leiter ML unabhängig und kei-
nem Fachvorgesetzten unterstellt. Nach Angaben des ehe-
maligen Leiters der WTD 61, DirWTD a. D. Walter Storz,
ist der Direktor der WTD zwar Dienstvorgesetzter des
Leiters ML, nicht aber sein Fachvorgesetzter.293 Der Lei-
ter ML, Wolfgang Steiger, hat darauf hingewiesen, dass
das Referat AIN V1 im BMVg dem Leiter ML in be-
stimmten Fällen Weisungen zur Erteilung von Ausnah-
megenehmigungen von der ZDv 19/1 erteilen könne. Er
hat im gleichen Zusammenhang klargestellt, dass der Pro-
jektleiter SLWÜA zwar Angehöriger der vorgesetzten

279 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45, AIN V 5, Ordner 4, S. 68; MAT
17-4 BRH zu BB 17-90, Ordner 1, S. 35.

280 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45, AIN V 5, Ordner 4, S. 68.
281 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, Anlage A, S. 1.
282 Gatzer, Protokoll-Nr. 6, S. 105.
283 Gatzer, Protokoll-Nr. 6, S. 106.
284 Gatzer, Protokoll-Nr. 6, S. 106.
285 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 43; Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 33.
286 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 71.

287 MAT 17-12 BMVg zu BB 17-7, WTD 61, MVZS, Ordner 1, ZDv 19,
S. 12.

288 MAT 17-12 BMVg zu BB 17-7, WTD 61, MVZS, Ordner 1, ZDv 19,
S. 26.

289 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe
EURO HAWK, S. 13.

290 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe
EURO HAWK, S. 13 f.

291 MAT 17-12 BMVg zu BB 17-7, WTD 61, MVZS, Ordner 1, ZDv 19,
S. 10.

292 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 68 f.
293 Storz, Protokoll-Nr. 5, S. 106.

Drucksache 17/14650 – 68 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Behörde, ihm in Musterprüfaufgaben aber nicht vorge-
setzt sei.294

Die Stückprüfung militärischer Serienluftfahrzeuge liegt
dagegen im Zuständigkeitsbereich des Güteprüfdienstes
im BAAINBw. Für das Projekt EURO HAWK war dies
die Güteprüfstelle Manching.295

Der Leiter ML hat das Verfahren und die Unterschiede
zusammenfassend wie folgt dargestellt:

„Die WTD 61 ist für die Prüfung eines Baumus-
ters zuständig, und die Güteprüfstellen prüfen das
Stück, das jeweilige Luftfahrzeug, das nach die-
sem Muster gefertigt wird, sodass also in der Re-
gel zuerst eine Musterzulassung vorliegt, wo das
Muster als verkehrssicher geprüft ist, und die Gü-
teprüfstelle bestätigt, dass das jeweils gefertigte
Stück, das einzelne Luftfahrzeug, so gefertigt ist,
dass es dem Muster entspricht. Und wenn es dem
Muster genau entspricht, dann ist es damit prak-
tisch auch verkehrssicher.“296

Gebe es kein geprüftes Muster, so handele es sich um eine
Prototypenprüfung, die analog einer Stückprüfung durch-
geführt werde.297 Geprüft werde dann die Übereinstim-
mung des Prototypen mit dem zuvor eindeutig beschrie-
benen Bauzustand.298

2. Abstimmung Musterprüfprogramm

a) Ausgangssituation

Ursprünglich war vor Vertragsschluss der Weg einer „ver-
einfachten Musterprüfung“ nach ZDv 19/1 Nr. 220299 beab-
sichtigt, bei der eine bereits anderweitig festgestellte Ver-
kehrssicherheit anerkannt werden kann. Da dieser Weg
jedoch nicht weiterverfolgt werden konnte,300 stand von
deutscher Seite aus fest, dass auf den Regelfall der umfas-
senden Musterprüfung nach der ZDv 19/1 Nr. 219301 zu-
rückgegriffen werden sollte.302

Grundlage für die umfassende Musterprüfung ist gemäß
ZDv 19/1 Nr. 225303 ein sogenanntes Musterprüfrahmen-
programm, das Bestandteil des Vertrags mit dem Auftrag-
nehmer sein muss. Dieses gibt den Rahmen vor, innerhalb
dessen der Auftragnehmer, d. h. die Industrie, gemäß der
Durchführungsbestimmungen zur ZDv 19/1 Nr. 202 zu

Nr. 225304 detaillierte Musterprüfprogramme vorzuschla-
gen hat. Wurden diese von dem Leiter bzw. der Leiterin
ML genehmigt, so ist danach die Nachweisführung für
die Musterprüfung vorzunehmen, ZDv 19/1 Nr. 226.305

Der Leiter ML, DirWTD Steiger, wies in diesem Zusam-
menhang auf die Besonderheit einer Zulassung im militä-
rischen Bereich hin. Während im zivilen Bereich für die
Entwicklung und Zulassung eine eindeutige Gesetzeslage
gegeben und zu erfüllen sei, werde die Zulassungsbasis
im militärischen Bereich dagegen vertraglich vereinbart
und könne insofern auch geändert werden.306

b) Musterprüfrahmenprogramm
Bestandteil des Entwicklungsvertrages vom 31. Januar
2007 ist in Anlage 1 „Leistungsbeschreibung“ die Ergän-
zung 1 zum Anhang H „Musterzulassung und Nachweis
der Verkehrssicherheit“ geworden.307 Es handelt sich da-
bei um das Musterprüfrahmenprogramm, wie der Projekt-
leiter, Zeuge Knöpfel, in seiner Vernehmung auf Nach-
frage bestätigte.308 Der Leiter ML, DirWTD Steiger,
bezeichnete dies als „das zentrale Dokument beim Ver-
trag 2007“. Es sei von der WTD 61 erarbeitet worden.309

Auf die Nachfrage, ob nicht auch die Musterprüfzulas-
sung „geliefert“ werden müsse, wenn dies Vertragsbe-
standteil sei, hat LTRDir Knöpfel erklärt:

„Das ist praktisch [der Handlungsrahmen], auf
dem nachher das konkrete Drehbuch – nämlich
das Musterprüfprogramm für das jeweilige Stück –
erstellt wird und nach dem dann die Musterprü-
fung durchzuführen ist. Wenn diese erfolgreich
durchlaufen ist, dann kann […] der Leiter ML die
Musterzulassung aussprechen.“310

Der Leiter ML, DirWTD Steiger, hat das Verfahren in
ähnlicher Weise beschrieben:

„Im Vertrag ist ja das Musterprüfrahmenpro-
gramm vereinbart […] Das beschreibt den Rah-
men, in dem eine Musterzulassung stattzufinden
hat, und legt die Grundlagen für diese Musterzu-
lassung fest.

Die Industrie hat dann die Aufgabe […] ein Mus-
terprüfprogramm zu entwerfen und mit der Amts-
seite abzustimmen. Und in diesem Musterprüf-
programm stehen dann sehr detailliert […] diese
einzelnen Forderungen […] aufgelistet, und es
steht jeweils dabei, wie die Industrie gedenkt,
diese Forderungen zu erfüllen und nachzuweisen
[…] wobei die Kosten, die sich damit verbinden,
natürlich extrem variieren können.“311

294 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 83.
295 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 77; MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Be-

richt der Ad-hoc Arbeitsgruppe EURO HAWK, S. 13.
296 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 95.
297 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 96.
298 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 99.
299 MAT 17-12 BMVg zu BB 17-7, WTD 61, MVZS, Ordner 1, ZDv 19,

S. 17.
300 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 20 f.; siehe auch die Ausführungen im Kapitel A
Abschnitt VII.1.

301 MAT 17-12 BMVg zu BB 17-7, WTD 61, MVZS, Ordner 1, ZDv 19,
S. 17.

302 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe
EURO HAWK, S. 20.

303 MAT 17-12 BMVg zu BB 17-7, WTD 61, MVZS, Ordner 1, ZDv 19,
S. 18.

304 MAT 17-12 BMVg zu BB 17-7, WTD 61, MVZS, Ordner 1, ZDv 19,
S. 109.

305 MAT 17-12 BMVg zu BB 17-7, WTD 61, MVZS, Ordner 1, ZDv 19,
S. 18.

306 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 71 f.
307 MAT 17-6 BMVg zu BB 17-1, Ordner 1, S. 356.
308 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 35.
309 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 83.
310 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 35.
311 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 88 f.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 69 – Drucksache 17/14650

Bereits im Projektstatusbericht vom 30. September 2007
unter der Rubrik „18 Ursachen für Probleme/Bewertun-
gen und Empfehlungen aus Sicht des Projektleiters“ heißt
es zu dem Thema Musterprüfprogramm:

„1. Ursache:

Zum vertraglich vereinbarten Liefertermin
(120 Tage nach Vertragsschluss) wurde nur ein
unvollständiges Musterprüfprogramm seitens der
Industrie vorgelegt.

2. Bewertung:

Für die Erstellung des Musterprüfprogramms ist
im Wesentlichen der US-amerikanische Herstel-
ler der GLOBAL HAWK Basisplattform zustän-
dig. USAF und Bw-Verfahren sind bzgl. Muster-
zulassung, vorzulegender Pläne und sonstiger
Dokumente nicht unmittelbar vergleichbar. Das
führt dazu, dass Missverständnisse bzgl. der sei-
tens US-Industrie vertraglich zu liefernden Doku-
mente (Umfang, Detaillierung) existieren.“312

Das Zentralcontrolling bewertete das Projekt vor diesem
Hintergrund erstmals seit Vertragsschluss als „kritisch“:

„Bewertung:

Im Hinblick auf den Projektfortschritt sind erst-
mals substantielle Störungen ersichtlich. Die
mangelnde US-seitige Bereitschaft zur Zuarbeit
verursacht ernstzunehmende Risiken für das Pha-
senziel, einsatzreife Produkte verfügbar zu ma-
chen. Ist die uneingeschränkte Zulassung des Lfz.
nicht wie geplant möglich, hat das gravierende
Einschnitte für das Einsatzspektrum zur Folge.
Aufgrund der bekannten US-seitigen Zurückhal-
tung bei außenwirtschaftlichen Belangen, insbe-
sondere bei der Weitergabe rüstungstechnischer
Informationen wird der Angelegenheit seitens ZC
eine erhöhte Kritikalität beigemessen.“313

c) Zugang zu und Verfügbarkeit von
relevanten Dokumenten

Der Zeuge Knöpfel sah einen Zusammenhang zwischen
der Lieferung der erforderlichen Nachweise und der Ab-
stimmung des Musterprüfprogrammes:

„Was vereinbart wurde, war, dass sich der Auf-
tragnehmer einer umfassenden Musterprüfung zu
unterziehen hat und deswegen alle entsprechen-
den technischen Nachweise zu liefern hat, damit
im Endeffekt wir für die Serie eine Musterzulas-
sung aussprechen können.“314

Die Ad-hoc Arbeitsgruppe EURO HAWK hat in ihrem
Abschlussbericht dargelegt, dass die Einsichtnahme in
Dokumente, die aufgrund der Exportbeschränkungen
ITAR nur eingeschränkt freigegeben waren, nicht im er-

forderlichen Umfang gewährt worden sei, obwohl dazu
alle vertraglichen und außervertraglichen Vereinbarungen
getroffen worden seien, womit im Wesentlichen die ver-
einbarten TAAs sowie das MoU zwischen dem US De-
partment of Defense (DoD) und dem BMVg gemeint wa-
ren.315

Der Leiter Musterprüfwesen für Luftfahrtgerät der Bun-
deswehr, DirWTD Wolfgang Steiger, bestätigte in seiner
Aussage, dass der Informationsfluss „nicht so, wie wir
das aus anderen Projekten mit anderen beteiligten Indus-
trien so gewohnt sind“, gewesen sei.316 Der Projektleiter
LTRDir Rüdiger Knöpfel führte dazu aus, dass die Mög-
lichkeiten zur Einsichtnahme anfangs sehr stark verwehrt
gewesen seien.317 So heißt es beispielsweise im Projekt-
statusbericht vom 30. September 2007 unter der Rubrik
„17 Sonstige Störgrößen aus Sicht des Projektleiters“ un-
ter „4.) Musterzulassung EURO HAWK“:

„Da zur Zeit der ML aber kaum relevante Unter-
lagen zum Thema Musterzulassung des EURO
HAWK seitens des US UAN [Unterauftragneh-
mer, Anm.] vorgelegt werden, ist, falls dieser Zu-
stand so fortbesteht, nach Aussage ML maximal
eine Musterzulassung nach Kategorie 1 möglich.
Dies ist aus Auftraggebersicht inakzeptabel. Sei-
tens ML wurde nochmals mit Nachdruck auf
diese Gefahr hingewiesen und die Industrie auf-
gefordert, ihren Dokumentenfreigabeprozess zu
beschleunigen.“318

Schließlich habe sich die Situation ein wenig geändert:

„Durch vielfältiges Nachfragen und Bohren und
durch entsprechendes Hinübersenden von Exper-
ten haben wir es erreicht, dass wir einen hinrei-
chenden Grad von Einsichtnahme erreichen
konnten, sodass wir eine Vorläufige Verkehrszu-
lassung ausstellen konnten, bzw. nicht ich, son-
dern der Leiter ML […].“319

Dies wurde im Projektstatusbericht vom 30. Juni 2009
festgestellt. Gegenüber den vorangehenden Berichten
heißt es dort erstmals:

„Der Anfangs nur schleppend in Gang gekom-
mene Dokumentenvorlageprozess aus den USA
an die ML konnte mittlerweile beschleunigt wer-
den, weist aber einen Verzug von rund 12 Mona-
ten gegenüber der ursprünglichen Planung
auf.“320

d) Schwierigkeiten im Herbst 2009

Dennoch besserte sich die Situation offensichtlich nicht
wesentlich, denn ein Mitarbeiter des zuständigen Berei-

312 MAT 17-42 BMVg zu BB 17-43, Ordner 1, S. 252.
313 MAT 17-42 BMVg zu BB 17-43, Ordner 1, S. 259 ff.
314 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 33.

315 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe
EURO HAWK, S. 30.

316 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 69 f.
317 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 4.
318 MAT 17-42 BMVg zu BB 17-43, Ordner 1, S. 251.
319 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 16.
320 MAT 17-42 BMVg zu BB 17-43, Ordner 2, S. 48.

Drucksache 17/14650 – 70 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

ches im BWB schrieb in einer E-Mail vom 2. Oktober
2009:

„[…] bezüglich der luftfahrttechnischen Prüfun-
gen im Vorhaben Euro-Hawk sind wir im Mo-
ment an einem Punkt angekommen, da es absolut
notwendig erscheint, alIe, die im Bereich Zulas-
sungsverfahren beteiligt sind, zu einer Bespre-
chung in Koblenz zusammenzurufen.“321

Der angeschriebene, in dem Zeitraum in den USA vor Ort
weilende Gesamtsystem-Musterprüfer EURO HAWK be-
grüßte die angedachte gemeinsame Besprechung sehr. In
seiner Antwort wies er zudem auf verschiedene Probleme
hin. So monierte er für seinen Bereich:

„(Mindest) Forderung der Stückprüfung

– trotz mehrfachen Anmahnens gibt es seitens
der Industrie keinen eindeutigen Vorschlag für
eine Liste der Anforderungen an die Stückprü-
fung. […]

Bauzustand:

– es gibt noch keinen offiziellen Bauzustand des
Lfz (das erste mal im August 2007 bzw. am
FDR im September 2007 angemahnt) […]“322

In einer von dem Referat Rü VI 2 im BMVg angewiese-
nen, umfassenden Darlegung u. a. zum Verlauf des Pro-
jektes in den Anfangsjahren nimmt der Projektleiter
EURO HAWK unter dem Punkt „Bewertung“ dazu fol-
gendermaßen Stellung:

„Nach Durchsicht der ersten, seitens des AN ab
Mai 2009 gelieferten Dokumente zur Vorberei-
tung des EURO HAWK FSD Erstflugs im Juni
2010, wurde offensichtlich, dass dem US-Zulas-
sungsprozess für den GLOBAL HAWK keine
Definition eines Baumusters zugrunde liegt, son-
dern verschiedene GLOBAL HAWK Bauzu-
stände in der US Nachweisführung vermischt
worden sind. Dadurch wird der formale Muster-
prüfprozess nach ZDv 19/1 deutlich erschwert, da
durchgeführte Änderungen und dafür erbrachte
Nachweise nicht eindeutig und aufeinander auf-
bauend auf eine einheitliche GLOBAL HAWK
Ausgangskonfiguration zurückgeführt werden
können und somit deren Relevanz bzw. Gültigkeit
für den EURO HAWK Bauzustand nicht eindeu-
tig ist.“323

Der Abteilungsleiter AIN, MD Selhausen, hat sich ähn-
lich geäußert:

„Die USA haben bereits zu einem sehr frühen
Stadium ihres Global-Hawk-Programms ihr Luft-
fahrzeug in den Einsatz gebracht. Erfahrungen
aus diesen Einsätzen flossen umgehend in die
Weiterentwicklung des Systems Global Hawk
ein. Im Ergebnis gab es deshalb de facto keinen
festgelegten und dokumentierten Bauzustand des
US Systems Global Hawk, der für eine darauf
aufsetzende deutsche Musterzulassung unbe-
dingt erforderlich ist.“324

Am 27. Oktober 2009 berichtete schließlich die Firma
Northrop Grumman ihrerseits in einem Project Manage-
ment Review zu Problemen bei der Abstimmung des
Musterprüfprogramms zwischen ihr und der WTD 61/
ML. Auch nach den Erkenntnissen der Ad-hoc Arbeits-
gruppe EURO HAWK waren dafür im Wesentlichen der
nicht definierte Bauzustand sowie zu erwartende Hinder-
nisse bei der vollständigen Erfüllung der Musterzulas-
sungsforderungen für die EURO HAWK-Serie auf Basis
des Full Scale Demonstrators ursächlich. Die Firma Nor-
throp Grumman stellte in diesem Zusammenhang mögli-
che Lösungen zur Diskussion.325 Eine Entscheidung
wurde im Februar 2010 getroffen.326

3. Musterzulassung des Full Scale
Demonstrators

a) Gesprächsbedarf

aa) Anregung einer Besprechung

Ende 2009 war der Erstflug des Full Scale Demonstrators
von Palmdale zur Edwards Air Force Base noch für den
16. April 2010 geplant. Danach sollten dort zwölf Test-
flüge durchgeführt werden, um den Prototypen anschlie-
ßend Ende des dritten bzw. Anfang des vierten Quartals
2010 nach Manching zu überführen.327

In diesem Zusammenhang gab es aus Sicht des Projektlei-
ters im Vorfeld der dafür erforderlichen Vorläufigen Ver-
kehrszulassung „nach wie vor offene Punkte zwischen ML
und dem Plattformhersteller NGISSII zu klären“, wie er
dem Leiter ML bei der WTD 61 am 6. Januar 2010 per
E-Mail mitteilte.328 Der Auftragnehmer, die Firma Euro-
Hawk GmbH, zugleich Auftraggeber des im Unterauftrag
tätigen Plattformherstellers NGISSII (Northrop Grum-
man Integrated Sensor Systems International Inc.), habe
daher um ein Gespräch mit ihm, d. h. dem Leiter ML, be-
züglich des „aktuellen Sachstandes des VVZ-Prozesses
und der Abstimmung der weiteren Vorgehensweise“ gebe-
ten.329

321 MAT 17-79 BMVg zu BB 17-59, WTD 61, Geschäftsfeld 230
Mayer, Ordner 20, Schriftverkehr 01102009_26102009, S. 50.

322 MAT 17-79 BMVg zu BB 17-59, WTD 61, Geschäftsfeld 230
Mayer, Ordner 20, Schriftverkehr 01102009_26102009, S. 49.

323 MAT 17-37 BMVg zu BB 17-24, BAAINBw L5.1 EH-R1, Ordner 1,
S. 5.

324 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 45, 72.
325 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 30.
326 Siehe Abschnitt III.b).
327 MAT 17-79 D BMVg zu BB 17-59, WTD 61 001LtrML, Ordner 3,

E-Mail Eingang 2009-2011, S. 38.
328 MAT 17-79 D BMVg zu BB 17-59, WTD 61 001LtrML, Ordner 3,

E-Mail Eingang 2009-2011, S. 38.
329 MAT 17-79 D BMVg zu BB 17-59, WTD 61 001LtrML, Ordner 3,

E-Mail Eingang 2009-2011, S. 38.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 71 – Drucksache 17/14650

Zuvor hatte er dazu bereits im Projektstatusbericht vom
31. Dezember 2009 unter der Rubrik „17 Sonstige Stör-
größen aus Sicht des Projektleiters“ festgehalten:

„2.) Musterzulassung Euro Hawk

[…]

Der Anfangs nur schleppend in Gang gekom-
mene Dokumentenvorlageprozess aus den USA
an die ML konnte mittlerweile beschleunigt wer-
den, weist aber einen Verzug von über 18 Mona-
ten gegenüber der ursprünglichen Planung auf.
Inwieweit ML trotzdem bis zum März 2011 eine
Vorläufige Verkehrszulassung aussprechen kann,
ist z.Zt. nach Aussage ML noch nicht abschätz-
bar. Eine Sachstandsbesprechung mit der Ma-
nagementebene der EuroHawk GmbH und der
Northrop Grumman zur Festlegung der weiteren
Vorgehensweise findet am 03.02.2010 in Man-
ching bei Leiter ML statt.“330

Nach dem Zeitplan war für diesen Tag von 9.00 bis 13.00 Uhr
eine interne Gesprächsrunde (WTD 61, BWB, BMVg)
vorgesehen, danach sollte von 14.00 bis 17.00 Uhr das
Gespräch mit den Industrievertretern stattfinden.331

Zur Tagesordnung wurde mitgeteilt:

„Seitens NGISSII wird zum Einstieg in die Be-
sprechung eine kurze Sachstandspräsentation
zum Thema Musterzulassung (VVZ) im Hinblick
auf den anstehenden Erstflug (April 2010) und
das daran anschließende Testflugprogramm in
EAFB und den Überführungsflug nach DEU (De-
zember 2010) aus Sicht der Industrie gegeben,
auf deren Basis dann die gemeinsame Diskussion
über die weitere Vorgehensweise geführt werden
kann.“332

bb) Informationen im Vorfeld

Im Hinblick auf dieses „Gipfeltreffen“ sandte ein Ge-
samtsystem-Musterprüfer, der die Prozesse zum Teil vor
Ort in den USA begleitete, mehrere E-Mails an den Pro-
jektleiter, die u. a. auch an den Leiter ML in Kopie ge-
richtet waren.

So schrieb er bereits am 8. Januar 2010:

„[…] manchmal bekomme ich auf dem direkten
Weg doch etwas mit. In diesem Fall hat man mir
auf der Arbeitsebene ein paar Ideen mitgeteilt,
was man machen wollte. Auf dieser Basis scheint
es mir um Entscheidungen zu gehen, wie man ei-
nerseits die Belange der Musterzulassung erfüllen
möchte bzw. wo dies nicht möglich sein wird.

Das schon viel strapazierte Wort ,Prototypenzu-
lassung‘ wird hier mit Sicherheit auch eine Rolle
spielen.“333

Zwei Wochen später, am 22. Januar 2010, gab er eine de-
taillierte Einschätzung der Situation ab:

„[…] ich denke aber, wir müssen uns intensiv auf
die Besprechung in Manching vorbereiten und
möchte so viel Informationen dazu geben, wie
eben möglich ist. […]

Der Zweck des Treffens ist (so wie ich es aus der
direkten Kommunikation mit Beteiligten heraus-
lesen kann) eine Darlegung, was seitens NGISSII
im Rahmen der Musterprüfung geleistet werden
kann. Ich gehe davon aus, dass damit auch ver-
bunden ist, dass im Sinne eines Offenbarungsei-
des entweder die ‚unverschämten‘ Forderungen
der WTD 61 als nicht erfüllbar dargestellt wer-
den, oder mal wieder darauf abgehoben wird, was
der Vertrag angeblich nicht hergibt und man eben
nachverhandeln müsse.

Des weiteren gehe ich davon aus, dass es seitens
der Industrie versucht wird zu erklären, weshalb
mit dem ‚neuen Prototypenansatz‘ man mit weit
weniger Nachweisen für den Erstflug auskom-
men braucht als bisher vorgesehen. Dies ist eine
Entscheidung, die von Leiter ML mitgetragen
werden muss.

Hintergründe:

[…]

Die in den bisherigen Verhandlungen zum
EH005334 aufgeführten ‚open items‘ werden ggf.
erneut thematisiert. Es geht wohl um die Abstim-
mung, wie weiter vorangegangen wird und wie
der Zusatzaufwand abgedeckt wird. Zum besse-
ren Verständnis: Zu den als ‚open items‘ genann-
ten Punkten konnte bisher keine Einigung gefun-
den werden. Aus meiner Sicht hängt dies wohl
damit zusammen, dass ich Dinge des Muster-
prüfrahmenprogramms als für eine Durchführung
der Zulassung bindend betrachte (betrachten
muss), weil es ein Dokument der Dienststelle ist,
das ich zu beachten habe, bis eine Entscheidung
auf Ebene Leiter ML einen anderen Sachverhalt
schafft. Auf Seite der Industrie sah man sich wohl
auch aus Kostengründen nicht in der Lage, Zuge-
ständnisse zu machen. Hier kann ich mir vorstel-
len, dass die Diskussion durch Aussagen, was
abgedeckt bzw. nicht abgedeckt ist, erneut ange-
stoßen werden soll.

330 MAT 17-42 BMVg zu BB 17-43, Ordner 2, S. 123.
331 MAT 17-79 D BMVg zu BB 17-59, WTD 61 001LtrML, Ordner 3,

E-Mail Eingang 2009-2011, S. 48.
332 MAT 17-79 D BMVg zu BB 17-59, WTD 61 001LtrML, Ordner 3,

E-Mail Eingang 2009-2011, S. 44.

333 MAT 17-79 BMVg zu BB 17-59, WTD 61 Geschäftsfeld 230
Mayer, Ordner 25, Schriftverkehr 04012010_02022010, S. 11.

334 EH005 bezeichnet den „Airworthiness Type Inspection Program
Plan“ (=Musterprüfprogramm).

Drucksache 17/14650 – 72 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Argumentation:

Was ich als Argumentation der Industrie hier
spüre ist,

– der EuroHawk wurde nie dazu entwickelt, Zu-
lassungskriterien wie CS.23 oder USAR zu er-
füllen, damit werden Lücken bleiben.

– Es wurde nie angeboten, eigene EH- [EURO
HAWK, Anm.] Prozesse zu etablieren: Der
GH [GLOBAL HAWK, Anm.] macht das so,
und wir hätten das zu akzeptieren: Daran stoße
ich mit der Software immer wieder – aber auch
andere Dinge wie Berechnungsverfahren oder
Akzeptanz der Nachweise bis hin zu offen-
sichtlich fehlerhaften Darstellungen, die über-
nommen werde müssten.

– Die Liste der Liefergegenstände (Nachweisdo-
kumente) ist inzwischen weit größer als im
Vertrag dargestellt.

[…]

Angeblich gibt es Anzeichen, dass die USAF den
eigenen Terminplan nicht halten kann und des-
halb sich der für den April geplante Erstflug doch
nach vorne verschieben könnte.

Dies bedingt aber, dass das Lfz. kurzfristig bereit
steht und EH, sobald sich ein Zeitfenster auf Ed-
wards AFB [Air Force Base, Anm.] auftut, dort
mit einem EuroHawk-Flug einzuspringen kann.
Deshalb setzt NGISSII alles daran, mit dem Luft-
fahrzeug möglichst weit zu sein. Dafür werden
auch Belange der Musterzulassung ignoriert,
wenn sie das Programm aufhalten könnten –
siehe dazu die Entscheidung, das SMU TRR am
21.12. [2009, Anm.] in meiner Abwesenheit
durchzuführen. Weitere Beispiele sind zahllos
und ich habe mit meinen Mahnungen eher das
Gefühl, nur der Querulant oder Nörgler zu sein,
der das Projekt nicht unterstützen möchte.

An dieser Stelle nur der Hinweis: Ich werde keine
Verantwortung dafür übernehmen, wenn Miss-
stände, die ich bisher geäußert habe, nicht ad-
äquat bereinigt wurden.“335

Wenige Tage später sandte der Musterprüfer dem Projekt-
leiter am 28. Januar 2010 erneut eine E-Mail, die wiede-
rum in Kopie an den Leiter ML und andere ging, mit ei-
ner weiteren Warnung:

„Da ich aus internen Quellen angedeutet be-
komme, dass es nächste Woche wohl sehr darum
gehen könnte, den deutschen Auftraggeber (und
damit auch WTD 61) ‚anzuschießen‘, scheint
eine intensive Vorbereitung notwendig.“336

b) Besprechung am 3. Februar 2010 in
Manching

Teilnehmer an der Besprechung waren neben dem Pro-
jektleiter der Zeuge Wolfgang Steiger als Leiter ML der
WTD 61337 und der Zeuge Knöpfel als Referent im fach-
aufsichtsführenden Referat BMVg Rü VI 2338 sowie ein
Angehöriger des Referates BMVg Fü L II 5 und Vertreter
der Firmen EuroHawk GmbH, Northrop Grumman und
EADS.339

aa) Standpunkt von Northrop Grumman
aaa) Erkenntnisgewinn zu den (nicht) leistbaren

Anforderungen der Musterprüfung des
Full Scale Demonstrators

In der Besprechung teilten Vertreter der Firma Northrop
Grumman mit, dass der Full Scale Demonstrator keine
geeignete Grundlage mehr für die Musterzulassung der
Serie sei. In der entsprechenden Präsentation dazu heißt
es „The Current Euro Hawk Full Scale Demonstrator
Will Never Meet the Requirements of a Comprehensive
Type Inspection Program“.340 Begründet wurde diese
Feststellung mit der Erkenntnis, dass die Forderungen der
WTD 61/ML für die umfassende Musterprüfung des Full
Scale Demonstrators, der sich bereits in der Fertigstellung
befand, nicht mehr innerhalb des beabsichtigten Zeit- und
Kostenrahmens erfüllt werden könnten. Die vorhandenen
Unterlagen reichten dazu in Umfang und Güte nicht
aus.341

Der Abteilungsleiter AIN, MD Selhausen, hat dies bestä-
tigt:

„[…] in dieser Besprechung hat die Firma [Nor-
throp Grumman, Anm.] vorgetragen, dass sie die
notwendigen Daten für eine umfassende Muster-
zulassung des Full Scale Demonstrators nicht
wird liefern können.“342

(1) Kritik
In seiner Vernehmung hat der Leiter ML, DirWTD
Wolfgang Steiger, dazu Stellung genommen:

„Auch die Aussage […] der Firma Northrop
Grumman, sie war davon überrascht, was bei uns
gefordert wird: Da kann ich nur sagen, die Firma
Northrop Grumman hat keine Ahnung, wenn das
denn stimmt, wie ein Musterprüfprozess mit dem
Ziel einer Musterzulassung oder im angelsächsi-
schen Term ein Type Certificate durchgeführt
werden muss. Das ist in den USA nicht anders als
hier bei uns.

335 MAT 17-79 BMVg zu BB-17-59, WTD 61 Geschäftsfeld 230
Mayer, Ordner 25, Schriftverkehr 04012010_02022010, S. 424 f.

336 MAT 17-79 BMVg zu BB-17-59, WTD 61 Geschäftsfeld 230
Mayer, Ordner 25, Schriftverkehr 04012010_02022010, S. 487.

337 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 69.
338 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 18.
339 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 30.
340 MAT 17-79 BMVg zu BB 17-59, WTD 61, Geschäftsfeld 230

Mayer, Ordner 26, Schriftverkehr 03022010_13022010, S. 223.
341 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 30.
342 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 67.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 73 – Drucksache 17/14650

Wenn die Firma Northrop Grumman bisher keine
Luftfahrzeugmuster entwickelt und qualifiziert
hat, die diesem Anspruch genügen mussten, dann
mag das schon so sein, dass sie davon überrascht
wurden.“343

Die Nachfrage, ob mit dem Musterprüfrahmenprogramm
die Voraussetzungen für die Musterzulassung im Vertrag
dezidiert niedergeschrieben waren, hat er ausdrücklich
bestätigt:

„Richtig. Das ist richtig.“344

Auf die weitere Frage, wieso Northrop Grumman über-
rascht gewesen sein könne, wenn doch alles schriftlich
detailliert Vertragsbestandteil geworden sei und Northrop
Grumman dies doch habe nachlesen können, hat er geant-
wortet:

„Da haben Sie recht. Das ist, denke ich, auch eine
gute Frage. Aber die sollten Sie dem Vertreter der
Northrop Grumman stellen.“345

Ähnlich hat dies der Projektleiter Rüdiger Knöpfel bewertet:

„Ja, sie hatten es schriftlich vorliegen. Aber nach
unserer Ansicht, so wie es sich im Projektanfang
ergab, haben sie es nicht verstanden gehabt, und
weil sie es nicht verstanden haben, haben sie auch
die Notwendigkeit erkannt, sich Unterstützung
aus dem europäischen Raum zu holen: Dort
wurde eine Dame engagiert, die aus dem Airbus-
Geschäft kommt und die ihnen dann erst mal er-
klärt hat, was die Anforderungen einer europäi-
schen Zulassung sind. Das heißt, aufseiten der
Industrie war es ein schwerwiegender Lernpro-
zess.“346

(2) Einlassungen von Northrop Grumman

In diesem Zusammenhang wurde auch der heutige Vize-
präsident von Northrop Grumman Aerospace Systems,
Janis G. Pamiljans, auf diese Umstände angesprochen.

Zunächst hat dieser in dem Eingangsstatement seiner
Zeugenvernehmung zur luftfahrtrechtlichen Zulassung
gesagt, dass nach dem Vertrag die „deutschen Flugtaug-
lichkeitsprüfungen maßgeschneidert auf das schon exis-
tierende Flugzeug abgestimmt und existente flugtaugliche
Produkte und Prozesse sowie Zulassungen der US Air
Force verwendet werden“ sollten. Er hat betont:

„Das Programm war nicht darauf ausgelegt – und
es war auch nicht beabsichtigt -, neue Dokumen-
tationen für den Euro Hawk zu schaffen. [...] Der
Vertrag erforderte keine Designänderungen oder
erneute Tests auf der Ebene des Flugzeugsystems,
um die deutsche luftfahrtrechtliche Zulassung zu
erlangen.“347

Sie seien davon ausgegangen, dass dies „mit der deut-
schen Zulassungsbehörde vor Vertragsschluss abge-
stimmt“ worden sei.348 Sodann

„wurden […] nach dem finalen Design-Review
zusätzliche erhebliche Zulassungsaktivitäten von
der deutschen Zulassungsbehörde eingefordert.
Diese Aktivitäten lagen außerhalb des Rahmens
des ursprünglichen Vertrages und hatten erhebli-
che negative Auswirkungen auf Projektkosten
und Zeitplan.“349

Der Zeuge Janis G. Pamiljans hat geäußert, die Anforde-
rungen an die Zulassung hätten nach Einschätzung
NGISSI von der persönlichen Ansicht des zuständigen
Personals abgehangen:

„Aber als das Programm voranschritt, änderte
sich mit neuen zuständigen Personen bei der Zu-
lassung diese Interpretation und Herangehens-
weise. Es wurden neue Erwartungen an die Mus-
terzulassung artikuliert, die vom vertraglichen
Konzept abwichen.“350

Die Verantwortung für die neue Situation hat er bei der
WTD 61 gesehen:

„Die WTD 61/ML verlangte wesentlich weiter
gehende Daten, als sie für die US-Air-Force-Zu-
lassung vorbereitet waren, und die auch nicht
durch den Vertrag vorgesehen waren.“351

Auf den damit entstandenen Widerspruch, dass nach Be-
richten der WTD 61 die Anforderungen an die deutsche
Musterzulassung schon bei Vertragsschluss klar kommu-
niziert gewesen seien, während er sage, dass sich diese
erst nach Vertragsschluss geändert hätten, hat sich der
Zeuge Pamiljans folgendermaßen eingelassen:

„Die Anforderungen bezogen sich auf den maß-
geschneiderten Ansatz, auf das Festpreiselement,
das im Vertrag stand. […] Und deswegen haben
wir den Festpreisvertrag auch unterschrieben.

Die deutschen Anforderungen waren damals
noch nicht voll und ganz festgelegt. Hätten wir
das damals vorliegen gehabt, hätte es diese deut-
schen Anforderungen gegeben und hätten wir da-
von gewusst, dann hätten wir den Vertrag anders
unterschrieben. Aber das war nicht so. […]“352

Ihm wurde sodann das Musterprüfrahmenprogramm353
aus dem Vertrag vom 31. Januar 2007 vorgehalten.
Grundlegend hat er dazu gesagt:

„Wenn das Dokument […] formell in den Vertrag
übernommen worden ist, dann gehe ich davon
aus, dass wir das auch umgesetzt haben bei der
Ausführung des Vertrages. Das haben wir sicher-

343 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 80.
344 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 83.
345 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 83.
346 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 65.
347 Pamiljans, Protokoll-Nr. 6, S. 60.

348 Pamiljans, Protokoll-Nr. 6, S. 60.
349 Pamiljans, Protokoll-Nr. 6, S. 60.
350 Pamiljans, Protokoll-Nr. 6, S. 60.
351 Pamiljans, Protokoll-Nr. 6, S. 60.
352 Pamiljans, Protokoll-Nr. 6, S. 89.
353 MAT 17-6 BMVg zu BB 17-1, Ordner 1, S. 356.

Drucksache 17/14650 – 74 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

lich so verstanden in unserem Unternehmen, als
wir den Festpreisvertrag unterschrieben ha-
ben.“354

In ähnlicher Weise hat er sich geäußert, als er noch auf
einzelne Punkte des Musterprüfrahmenprogramms ange-
sprochen wurde.355

bbb) Lösungsvorschlag
Die Vertreter von Northrop Grumman schlugen in der Be-
sprechung vor:

„– die Musterprüfung für die EURO HAWK Serie
auf Basis des Full Scale Demonstrators zu-
rückzustellen,

– den Umfang der Musterprüfung für den Full
Scale Demonstrator auf eine Prototypenprü-
fung zu reduzieren und

– dabei – vor dem Hintergrund der bereits fest-
gestellten Bauunterschiede zwischen dem Full
Scale Demonstrator und der zukünftigen
EURO HAWK Serie – den zusätzlichen Auf-
wand für die Musterzulassung der EURO
HAWK Serie zu identifizieren.“356

Den neuen Ansatz („Revised Approach“) sahen sie in der
Zertifizierungsstrategie „Prototype-Plus“, d. h. einer
Prototypenzulassung nach der ZDv 19/1 Nr. 233 ff.357 und
als „Plus“ die Beigabe der Dokumentation nach dem
amerikanischen Zulassungsrecht gemäß den USAR-Re-
geln.358

In ihrer Präsentation gegenüber den Fachleuten der Bun-
deswehr gingen die Vertreter von Northrop Grumman
auch auf die genauen Zulassungsvoraussetzungen nach
der ZDv 19/1 ein und erklärten ihnen unter anderem die
Unterschiede zwischen einer vereinfachten, einer ergän-
zenden und einer umfassenden Musterprüfung nach der
ZDv 19/1 Nr. 219-221.

bb) Bewertung und Entscheidung des
Projektleiters

In der Rückschau gab der Zeuge Knöpfel, der in der Be-
sprechung seinerzeit die Fachaufsicht des BMVg vertrat,
mehrere Gründe an, die bei der Entscheidungsfindung
eine Rolle gespielt hätten.

Zunächst hätten sie damals bereits im Zuge der Projektie-
rungsphase die Erkenntnis gewonnen, dass sich die spä-
tere EURO HAWK-Serie technisch in wesentlichen Tei-
len von dem Full Scale Demonstrator unterscheiden
werde.359 Dieses sei einerseits in der Fortentwicklung des

GLOBAL HAWK selbst begründet gewesen. Zum ande-
ren hätten sie zu diesem Zeitpunkt bereits Zusatzforde-
rungen wie z. B. die Notwendigkeit eines Anti-Icing-Sys-
tems identifiziert.360 Er hat dazu gesagt:

„Bei einem Festhalten an einer umfassenden
Musterprüfung für den Full Scale Demonstrator
hätte ich Bemühen beauftragt, was überhaupt
nicht mehr relevant gewesen wäre. Das heißt, ich
hätte Mehrkosten verursacht, die wahrscheinlich
umsonst gewesen wären.“361

Der Aspekt der technischen Abweichungen habe sich
auch auf die beabsichtigte Nutzungsdauer des Full Scale
Demonstrators ausgewirkt. Eine umfassende Muster-
prüfung sei auf eine Betriebsdauer über 20 Jahre bzw.
20 000 Flugstunden ausgelegt. So sei jedoch absehbar ge-
wesen, dass der Prototyp in der bestehenden Form nicht
mehr so lange betrieben würde.362

Zudem hätten sie das Ziel gehabt, „mit dem operationel-
len Einsatz des Full Scale Demonstrators im Rahmen der
Anfangsflugbefähigung die Fähigkeitslücke schnellst-
möglich zu stopfen".363 Denn im gleichen Jahr stand die
Ausphasung des letzten Systems der Breguet Atlantic
1150 bevor.364

aaa) Zweck des Full Scale Demonstrators

Hinsichtlich der Beweggründe der damaligen Entschei-
dungsfindung ist LTRDir Knöpfel weiterhin mehrfach de-
tailliert auf den ursprünglichen Zweck des Prototypen
eingegangen. Die Frage, ob es von Anfang an – also mit
Beginn des Projektes im Jahr 2002 – klar gewesen sei,
dass der Full Scale Demonstrator nur für die Erprobung
und Anfangsflugbefähigung des Systems eingesetzt wer-
den sollte, hat der Zeuge Knöpfel mit den Worten bestä-
tigt:

„So ist es – vorbehaltlich einer späteren Hochrüs-
tung auf den Serienstandard.“365

Zu der sogenannten Anfangsflugbefähigung hat er sodann
näher ausgeführt:

„[…] das Ziel war, einen Full Scale Demonstrator
nicht nur für die Erprobungszwecke zu bauen,
sondern, mit dem Wissen, dass die Serie sowieso
etwas später zuläuft, diesen Bereich der totalen
Fähigkeitslücke dadurch zu überbrücken, dass
wir die sogenannte Anfangsflugbefähigung […]
eingerichtet haben. Das heißt, dort sollte in einge-
schränktem Maße – weil ein Full Scale Demonstra-
tor natürlich nicht vier Flugzeuge ersetzen kann –
zumindest diese erhebliche Fähigkeitslücke abge-
mildert werden durch operationellen Einsatz.
[…]“366354 Pamiljans, Protokoll-Nr. 6, S. 90.

355 Pamiljans, Protokoll-Nr. 6, S. 92 f.
356 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 31.
357 MAT 17-12 BMVg zu BB 17-7, WTD 61, MVZS, Ordner 1, ZDv 19,

S. 19 f.
358 MAT 17-79 BMVg zu BB-17-59, WTD 61, Geschäftsfeld 230

Mayer, Ordner 26, Schriftverkehr 03022010_13022010, S. 229.
359 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 10.

360 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 9.
361 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 10.
362 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 10.
363 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 10.
364 Schneiderhan, Protokoll-Nr. 3, S. 4.
365 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 19.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 75 – Drucksache 17/14650

Bei anderer Gelegenheit ist er dann noch einmal auf die
ursprünglich beabsichtigte Hochrüstung des Full Scale
Demonstrators eingegangen:

„Es war geplant, später im Rahmen der Einfüh-
rungsphase den Full Scale Demonstrator auf den
technischen Stand der Serie hochzurüsten. Dann
hätte er dem Muster entsprochen und wäre un-
weigerlich unter die sowieso dann schon vorhan-
dene Musterzulassung subsumiert worden. Es
wurde aber im Bereich dieser Projektierungs-
phase zum damaligen Zeitpunkt schon bekannt,
dass wahrscheinlich der Aufwand, den Full Scale
Demonstrator auf den Serienstandard später
hochzurüsten, wahrscheinlich auch in keinem
wirtschaftlichen Verhältnis stehen könnte. Inso-
fern war das aber unschädlich, weil für die
geplanten Nutzungsarten, nämlich Erprobung
während der Projektierungsphase und der An-
fangsflugbefähigung, eine Vorläufige Verkehrs-
zulassung vollkommen ausreichend war und auch
so geplant war.“367

bbb) Bedeutung der Vorläufigen Verkehrs-
zulassung

Zur Bedeutung der Vorläufigen Verkehrszulassung hat
LTRDir Knöpfel während seiner Vernehmung klargestellt:

„Die luftfahrtrechtliche Zulassung für den Full
Scale Demonstrator war, wie immer schon ge-
plant, im Rahmen einer VVZ, also einer Vorläufi-
gen Verkehrszulassung, zu erreichen. Das war
Ziel und Streben des Projektleiters während der
Projektierungsphase.“368

An anderer Stelle hat der Zeuge Rüdiger Knöpfel dazu ge-
sagt:

„[…] wobei […] [von Anfang an klar war], dass
der Full Scale Demonstrator in seiner technischen
Ausführung als Demonstrator nur mit einer VVZ
betrieben werden kann.“369

Dem Zeugen wurde in seiner Vernehmung daraufhin vor-
gehalten, dass dies in den Projektstatusberichten in der
Zeit von 2007 bis 2010 anders festgehalten gewesen sei.
In dem Projektstatusbericht vom 30. September 2007 fin-
det sich dazu unter der Rubrik „17 Sonstige Störgrößen
aus Sicht des Projektleiters“ unter „4.) Musterzulassung
EURO HAWK“ die Feststellung:

„Gem. Vertrag ist eine Musterzulassung nach Ka-
tegorie 3 gem. LTF 1550-001 angestrebt. Kurz-
fristige Einschränkungen auf Kategorie 2 im Rah-
men des Erprobungsbetriebes sind akzeptabel.“370

Letzteres wurde im Projektstatusbericht vom 31. Dezem-
ber 2007 noch ergänzt um die Formulierung „und An-

fangsflugbetriebs des Full Scale Demonstrators“.371
Diese Feststellungen wurden bis einschließlich des Pro-
jektstatusberichtes vom 31. März 2010 so beibehalten.

Zu diesem Widerspruch hat sich der Zeuge Rüdiger
Knöpfel folgendermaßen eingelassen:

„Ja, diese Formulierung ist leider falsch, weil
man damals auch immer schon davon ausging:
Wir blicken ja auf die Serie […]. Weil für die Se-
rie natürlich eine Musterzulassung angestrebt
wurde. Konkret ist: Aus dem Vertrag geht nur
hervor, dass wir eine umfassende Musterprüfung
im Rahmen des Full Scale Demonstrators ange-
strebt haben, damit wir später für eine Serie die
Musterzulassung aussprechen können. […]“372

Des Weiteren hat er darauf verwiesen, dass von Anfang
an eine militärische und keine zivile Zulassung des
EURO HAWK geplant gewesen sei. Doch unabhängig
davon, ob es sich um eine zivile oder eine militärische
Zulassung handele, müssten beide Zulassungsarten die
Verkehrssicherheit zur Teilnahme am Luftverkehr bestäti-
gen.373 Dieses hätten sie für den Full Scale Demonstrator
auch erreicht:

„Wir haben eine Zulassung, eine vorläufige Ver-
kehrszulassung, die uns die Verkehrssicherheit
zur Teilnahme am Luftverkehr bestätigt.“374

Nach seinen Angaben kann eine Vorläufige Verkehrszu-
lassung auf zwei Wegen erlangt werden:

„Um eine vorläufige Verkehrszulassung zu errei-
chen, kann ich eine Prototypenprüfung durchfüh-
ren oder kann auch darüber hinausgehen, eine
umfassende Musterprüfung zu machen; aber bei-
des reicht aus, um eine vorläufige Verkehrszulas-
sung zu erstellen. Das war das geplante Vorgehen
für die Projektierungsphase und die anschlie-
ßende Anfangsflugbefähigung. Ziel war es, für
die später zu realisierende Serie eine Musterzu-
lassung zu erreichen. Dazu gehören eine umfas-
sende oder andere Arten der Musterprüfung, und
dies sollte vereinfacht auch schon im Rahmen der
Projektierungsphase durchgeführt werden.“375

ccc) Unterschied Musterprüfung – Prototypen-
prüfung

Um die Beweggründe weiter zu erläutern, hat LTRDir
Knöpfel zudem auch die jeweilige Bedeutung einer Mus-
terprüfung bzw. einer Prototypenprüfung näher erläutert.
Er hat dargelegt, dass die Prototypenprüfung eine Teil-
menge der umfassenden Musterprüfung darstelle:

„[…] ist die Prototypenprüfung eine Teilmenge
der umfassenden Musterprüfung. Das heißt, es
werden dort nicht alle Dinge angesprochen, die

366 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 20.
367 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 19.
368 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 15 f.
369 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 31.
370 MAT 17-42 BMVg zu BB 17-43, Ordner 1, S. 251.

371 MAT 17-42 BMVg zu BB 17-43, Ordner 1, S. 286.
372 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 32 f.
373 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 30.
374 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 31.
375 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 40.

Drucksache 17/14650 – 76 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

später für eine Serie erforderlich sind, wenn ich
beabsichtige, dieses System für eine sehr lange
Zeit zu nutzen.“376

Der Zeuge hat sich zudem zu der unterschiedlichen Be-
triebsdauer geäußert:

„Wir reden hier von einer geplanten Betriebs-
dauer über 20 Jahre hinaus und über mehr als
20 000 Flugstunden pro Luftfahrzeug; denn das
ist die Grundlage für […] die umfassende Mus-
terprüfung […], nicht nur wie eine Prototypen-
prüfung für die nächsten 1 000 Stunden.“377

Für den Full Scale Demonstrator sei dies nach Ansicht
des Zeugen die an sich vorgesehene Zulassungsart gewe-
sen:

„Die Vorgehensweise für die Projektierungsphase
war, den Prototypen mit einer vorläufigen Ver-
kehrszulassung in die Luft zu bekommen. Genau
an diesen Plan haben wir uns gehalten. Das ist
jetzt kein böses Hilfsmittel, sondern es ist genau
[eine vorläufige Verkehrszulassung, Anm.] für
Prototypen vorgesehen […]“378

Der Leiter ML hat diese Einschätzung wiederholt:

„Dass der Full Scale Demonstrator als Prototyp
seine Flugerprobung machen sollte, das war von
jeher vorgesehen. Es war also nie vorgesehen,
dass der Erstflug des Prototypen oder der Erstflug
des FSD bereits mit einer existierenden Muster-
zulassung erfolgen kann.“379

Der Zeuge Knöpfel hat weiter ausgeführt, dass man bei
der Durchführung einer Musterzulassung auf eine bereits
durchgeführte Prototypenprüfung zurückgreifen könne:

„Später, mit der Serie, mit dem Festschreiben ei-
nes Musters, hätten wir dann die umfassende
Musterprüfung, aufbauend auf der Teilmenge, die
wir schon gemacht haben, weiter fortgeführt.
Dann wäre im Zuge der Einführungsphase noch
zu entscheiden gewesen, ob wir den Full Scale
Demonstrator auf den gleichen technischen Stand
gehoben hätten wie die Serie, oder wir hätten ihn
so belassen und weitergeflogen, bis es nicht mehr
geht.“380

ddd) Verschieben der Aktivitäten
Die dann getroffene Entscheidung hat der Zeuge Knöpfel
wie folgt zusammengefasst:

„Deswegen haben wir zu diesem Zeitpunkt zur
Vermeidung von weiteren Kosten die umfassende
Musterprüfung für die spätere Serie weiterge-
schoben, und wir haben uns auf eine Prototypen-
prüfung konzentriert, die eine Teilmenge der um-

fassenden Musterprüfung ist. Das heißt, das, was
wir dort gemacht haben, war nicht verloren, son-
dern konnte als Kernbestand nachher für die um-
fassende Musterprüfung weitergenutzt werden,
aber dann mit dem sicheren Standpunkt, dass wir
den technischen Zustand der Serie genau definiert
haben.“381

Getroffen wurde sie von dem damaligen Projektleiter. Als
anwesender Referent der Fachaufsicht, d. h. des Referates
BMVg Rü VI 2, trug LTRDir Knöpfel diese Entscheidung
mit.382

Der ebenfalls bei der Besprechung anwesende Leiter ML,
DirWTD Steiger, hat in seiner Aussage herausgestellt,
dass die Vertreter der Bundeswehr diese Entscheidung
nicht ohne Diskussion getroffen hätten:

„Es war mit Sicherheit nicht so, dass man sich in
zwei Minuten oder in fünf Minuten einig war,
dass das ein guter Weg ist, sondern man hat, so-
weit ich mich erinnere, die Vor- und Nachteile
schon diskutiert: Was hat das für Konsequenzen?

Und es ging ja auch erst mal nicht darum, die
Musterzulassung komplett fallenzulassen, son-
dern hintenanzustellen und dem Prototypen den
Vorzug zu geben.“383

Für seine Dienststelle, d. h. für die Musterprüfung bzw.
Musterzulassung, seien die Konsequenzen nicht so ausge-
prägt gewesen. Denn die Aufgabe habe sowieso „darin
bestanden, den Full Scale Demonstrator so zu prüfen,
dass er als Prototyp betrieben werden“ könne, wie es von
Anfang an vorgesehen gewesen sei. Die Musterprüfung
habe „begleitend als […] Fundament für die Schaffung
der Grundlagen der Vorläufigen Verkehrszulassung fort-
geführt“ werden sollen.384

Zu den weiteren Konsequenzen hat er gesagt:

„Die Aspekte für die Serie wurden sicherlich be-
trachtet dabei. Aber zu dem Zeitpunkt wurde vom
Projektmanagement – und auch von der Vorha-
benaufsicht, soweit ich mich erinnere – eben dem
Aspekt der möglichst schnellen Verfügbarkeit ei-
nes Trägers für die Missionsausrüstung der Vor-
rang gegeben.“385

Steiger selbst sei nicht begeistert in das Gespräch gegan-
gen. Auch seien seinerzeit Risiken angesprochen wor-
den…

„Wir haben also schon darauf hingewiesen, dass,
wenn wir die Musterprüfung jetzt [quasi] ausset-
zen, das ein Risiko darstellt für das weitere Pro-
jekt.“386

… wie auch möglicher Mehraufwand:

376 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 17.
377 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 7.
378 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 39 f.
379 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 69.
380 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 19 f.

381 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 40.
382 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 10.
383 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 87.
384 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 87.
385 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 87.
386 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 88.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 77 – Drucksache 17/14650

„Alles das, was man vorher nicht machen kann,
muss man halt später machen. Das war ja klar.
Und dass das natürlich zusätzliche Risiken und
auch zusätzlichen Aufwand dann für eine spätere
Serie mit sich bringen kann, das war, glaube ich,
zu dem Zeitpunkt schon erkannt.“387

Man müsse zudem davon ausgehen, dass auch erkannt
wurde, dass es teurer werde.388

Auf Nachfrage hat er erklärt, dass nach seiner Erinnerung
bei der Besprechung nicht darüber gesprochen worden
sei, dass mit der Entscheidung der Vertrag geändert werde
oder dass man auf Leistungen verzichte.389 Auf die Frage,
ob die Entscheidung im Hinblick auf das gesamte Projekt
eher als Fortschritt oder als Problem zu bewerten sei, hat
er klargestellt:

„Wenn man den Schwerpunkt auf die Qualifika-
tion der Missionsausrüstung legt oder gelegt hat,
dann war das sicherlich zu dem Zeitpunkt der ein-
zige Weg, die Missionsausrüstung möglichst
schnell in die Luft zu bekommen, um sie qualifi-
zieren zu können. Das ist aus meiner Sicht ganz
unzweifelhaft der Fall gewesen.“390

eee) Weiterer Verlauf

Nach Angaben des Leiters ML, DirWTD Steiger, habe
man sich dann „in seinem Haus“ auf die Musterzulassung
für die Vorläufige Verkehrszulassung des Prototypen,
d. h. die Prototypenprüfung, konzentriert. Zudem sei auch
weiterhin versucht worden, das Musterprüfprogramm ab-
zustimmen.391

Es wurde schließlich am 25. Juni 2010 die erste Version
einer Vorläufigen Verkehrszulassung für den Full Scale
Demonstrator erteilt,392 die nach Angaben des Leiters
ML, Wolfgang Steiger, „mit rund 70 Limitierungen“393
verbunden ist:

„Es gibt Einschränkungen […] im Bereich Wet-
ter, weil das System keine Anti-Icing-Einrichtung
hat. Das hat […] zu entsprechenden Flugausfäl-
len […] im Winterhalbjahr [geführt, Anm.]. Es
gibt bestimmte Auflagen im Bereich der Über-
prüfung von Systemen […] und es gibt auch Auf-
lagen im Bereich des Handlings des Luftfahrzeu-
ges, im Bereich der Wartung, Instandsetzung, im
Bereich der Vorschriften. Das sind natürlich In-
dustrievorschriften, die für eine Nutzung oder für
eine Verwendung in einem Verband, in der
Truppe, entsprechend angepasst werden müs-
sen.“394

Begrenzt ist auch die Zahl der Flugstunden, die vom Zeu-
gen Knöpfel mit 800395 und vom Zeugen Steiger mit
1 000396 Stunden beziffert wurden.

c) Unterrichtung über die getroffene
Entscheidung

aa) Auf dem Dienstweg

Über die in der Besprechung vom 3. Februar 2010 getrof-
fene Entscheidung wurde auf dem Dienstweg nicht be-
richtet. Nach den Erkenntnissen der Ad-hoc Arbeits-
gruppe EURO HAWK hat LTRDir Knöpfel seinen
Referatsleiter im Nachgang zu der Besprechung mündlich
über die Entscheidung unterrichtet.397

Es ist jedoch kein Bericht vom Projektleiter an das Refe-
rat BMVg Rü VI 2 als Fachaufsicht ergangen. Zugleich
habe das Referat Rü VI 2 den Hauptabteilungsleiter Rüs-
tung weder per Vorlage noch mündlich darüber unterrich-
tet.398

Der Präsident des BWB, heute BAAINBw, Harald Stein,
hat in seiner Vernehmung dazu erklärt:

„Solche Dinge werden im Rahmen der Abtei-
lungsleiterrunde angesprochen, wenn überhaupt
festgestellt wurde: ‚Wir haben wieder eine Verzö-
gerung bei Euro Hawk‘, und dann wird natürlich
der Sache nachgegangen: Woran liegt es dann?
Es gab dann verschiedenste Argumentationen.
Ein Thema habe ich schon in meinem Eingangs-
statement angesprochen: dass es oft auf fehlender
personeller Bearbeitungskapazität beruhen solle.
In dem Bereich waren wir ja auch in der Lage, so-
weit es unsere Mittel erlaubten, dann auch nach-
zusteuern.“399

Auf die Frage, ob er seine Erkenntnis weitergemeldet
habe, hat Präsident Stein geantwortet:

„Im ganz normalen Berichtswege sind Probleme,
wenn sie eine bestimmte Größenordnung erreicht
haben, an das BMVg weitergemeldet worden.
Zudem gibt es unser Berichtswesen Controlling,
VOCON, Vorhabencontrolling, was befüllt wird
durch den Projektleiter, dann verschiedene Stufen
der Bewertung durchläuft und was auch in der
Fachaufsicht im BMVg zur Verfügung steht.“400

bb) In den Projekstatusberichten

Auch in den Projekstatusberichten findet sich kein ein-
deutiger Hinweis auf die getroffene Entscheidung.401

387 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 88.
388 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 88.
389 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 104.
390 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 88.
391 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 88.
392 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 32.
393 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 75.
394 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 90.

395 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 42.
396 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 75.
397 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 31.
398 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 31.
399 Stein, Protokoll-Nr. 4, S. 128.
400 Stein, Protokoll-Nr. 4, S. 128.
401 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 31.

Drucksache 17/14650 – 78 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Im Vergleich zu den vorangehenden Projektstatusberich-
ten führt der Projektleiter im Projektstatusbericht vom
31. März 2011 unter der Rubrik 17 „Sonstige Störgrößen
aus Sicht des Projektleiters“ zur Musterzulassung EURO
HAWK lediglich erstmals aus:

„Nach aktueller Einschätzung seitens ML wird
der EURO HAWK FSD auch während seiner ge-
samten Nutzung nur mit einer VVZ betrieben
werden können.“402

cc) Auf anderen Kommunikationswegen

Auf die Frage, ob er „jenseits von Vorlagen auf anderem
Kommunikationsweg von dieser Entscheidung erfahren“
habe, hat der Abteilungsleiter AIN Detlef Selhausen aus-
gesagt, dass er „dieses so nicht erfahren“ habe.403 Er
habe „auf jeden Fall nicht gewusst, dass eine Entschei-
dung getroffen worden ist, dass Kostenrisiken auf die Se-
rie verlagert werden“.404

Auf Nachfrage, ob er anderthalb Jahre lang nicht gewusst
habe, dass die Musterzulassung für den Demonstrator
nicht mehr verfolgt werde, hat er geantwortet:

„Mir ist das erst richtig deutlich geworden infolge
der Besprechung vom 24. November 2011.“405

dd) Rückblickende Bewertung

Als der Zeuge Knöpfel, der seinerzeit als Vertreter der
Fachaufsicht zugegen war, auf die unterbliebene Weiter-
meldung der in der Besprechung am 3. Februar 2010 ge-
troffenen Entscheidung angesprochen wurde, hat er aus-
gesagt:

„Mit dieser Entscheidung haben wir nach unserer
Sicht ein Problem gelöst, und wir mussten eigent-
lich nicht mehr über ein Problem berichten. Im
Rückblick auf die jetzige Entwicklung kann ich
sagen: Ja gut, da hätten wir wahrscheinlich besser
berichten müssen, aber zu dem damaligen Zeit-
punkt haben wir wirklich das Gefühl gehabt: Wir
haben ein Problem gelöst, und jetzt geht es wei-
ter.“406

Der Präsident des BAAINBw, Harald Stein, hat in seiner
Aussage für dieses Vorgehen sein Verständnis geäußert:

„Es war für den Zeitpunkt Februar 2010, den Sie
ja ansprechen, sicherlich begründbar und ver-
ständlich für die handelnden Personen, ob es nun
der Projektleiter war oder auch die Vorhabenauf-
sicht im Ministerium, und nachvollziehbar, dass
man sich für die Musterzulassung auf die Serie
beschränkt, weil eben die Konstruktionsstände
wohl, so war die Erkenntnis zu dem Zeitpunkt,

differieren würden. Von daher kann ich diese Ent-
scheidung als Ingenieur nachvollziehen.“407

Der Abteilungsleiter AIN, damals Abteilungsleiter Rüs-
tung, MD Selhausen, hat das damalige Vorgehen folgen-
dermaßen kommentiert:

„[…] diese Entscheidung hätte […] schriftlich an
die Leitung, seinerzeit BWB, und auch schriftlich
an das BMVg, dann auch an die Leitung AIN, das
heißt seinerzeit an mich als Abteilungsleiter Rüs-
tung und an den Hauptabteilungsleiter [berichtet
werden müssen, Anm.].“408

Der Bundesminister der Verteidigung Dr. Thomas de
Maizière hat dazu erklärt:

„Diese weitreichende Entscheidung wurde trotz
der von mir genannten Vorgeschichte allein durch
das Beschaffungsamt auf Vorschlag der Industrie
entschieden.

Das Problem wurde schlicht auf später verscho-
ben.“409

4. Musterzulassung der Serie
a) Frühere Kenntnis zur Frage der Ent-

scheidung der Projektleitung zum
Umschwenken auf eine
Prototypenprüfung

In einer E-Mail an den Direktor der WTD 61, Wolfgang
Steiger, vom 19. Januar 2012 nahm der Projektleiter
Rüdiger Knöpfel Bezug auf die Entscheidungen, von ei-
ner Musterprüfung für den Full Scale Demonstrator abzu-
weichen.

„In Anbetracht des schwierigen Lernprozesses
seitens NG und der trägen insbesondere aus Sicht
des Musterprüfers unzureichenden Informations-
freigabe Policy der USAF, bzw. der US-Adminis-
tration begann Januar 2009 das Umschwenken
auf eine Prototypen-Prüfung für den FSD, insbe-
sondere um die Kosten und den Zeithorizont für
die Übergabe des FSD an die Truppe in Sicht zu
behalten.“410

Auch das Bundesministerium der Verteidigung und hier
das Referat Rü VI 2 hat der Zeuge Knöpfel Anfang 2012
über diese Entwicklung in Kenntnis gesetzt. In einer Un-
terlage mit dem Titel „Projekt EURO HAWK: Projektierung
und Einführung“ vom 27. Januar 2012 heißt es unter 3.:

„Im Jahr 2009 wurde aufgrund des zu erwarten-
den Bauzustandsunterschiedes des FSD vom
Serienstandard und des hohen zeitlichen sowie
finanziellen Risikos des eingeschlagenen Zulas-
sungsweges eine Prototypenprüfung anstelle ei-
ner umfassenden Musterprüfung für den FSD

402 MAT 17-42 BMVg zu BB 17-43, Ordner 2, S. 315.
403 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 74.
404 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 74.
405 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 74.
406 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 10.

407 Stein, Protokoll-Nr. 4, S. 137.
408 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 78.
409 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 6.
410 MAT 17-79 E BMVg zu BB 17-59 WTD 61 Wolfgang Steiger, Ord-

ner 1, E-Mail-Eingang, S. 4.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 79 – Drucksache 17/14650

weiter verfolgt. Die umfassende Musterprüfung
sollte im Zuge der Einführungsphase für den Se-
rienbauzustand, basierend auf den Ergebnissen
der Prototypenprüfung, abgeschlossen wer-
den.“411

b) Entwicklung im Jahr 2011

Bis Ende 2010 wurden neun Testflüge des Full Scale De-
monstrators an der Edwards Air Force Base durch-
geführt.412 Im Frühjahr 2011 wurden dann zeitliche und
finanzielle Schwierigkeiten beim Projektfortschritt gese-
hen. So heißt es im Projektstatusbericht vom 31. März
2011 unter der Rubrik „19.2 Gesamtbewertung PL“:

„Große technische Probleme werden z. Zt. seitens
des PL nicht gesehen. Der zeitliche und vor allem
der kostenseitige Mehrbedarf, vor allem in den
HHJ 2011 und 2012, aufgrund von Verzögerun-
gen durch Abhängigkeiten vom USAF-Global
Hawk Programm und USAF-Dienstleistungen
und Einrichtungen und zusätzlichen Musterzulas-
sungsaktivitäten für den EURO HAWK (erstma-
lig für ein Groß-UAV in DEU/EUROPA), können
die Beendigung der Entwicklung/Fortführung des
Projekts jedoch erheblich beeinflussen/gefähr-
den.“413

aa) Erkenntnis über unterschiedliche
Zulassungsphilosophien

Wie bereits dargestellt,414 wurde schon in der AF
SLWÜA davon ausgegangen, dass „auf die bestehenden
US-amerikanischen Zulassungen […] bei der Erarbei-
tung der erforderlichen nationalen Zulassung zeit- und
kostensparend aufgebaut werden“ könne.415 Auch bei den
Vertragsverhandlungen war dies weitere Ausgangsgrund-
lage.416

Während in der Anfangszeit die Schwierigkeit darin be-
stand, überhaupt Zugang zu vielen Unterlagen zu erhal-
ten,417 erkannten die Beteiligten im weiteren Verlauf, dass
„der Musterzulassungsprozess […] in anderen Ländern
halt eben ein anderer als bei uns“ ist, wie dies Ministeri-
alrätin (MRn) Angelika Bauch dargelegt hat.418

Vor allem im Jahr 2011 kamen die Beteiligten zu der Er-
kenntnis, dass viele erforderliche Unterlagen überhaupt
nicht vorhanden waren und erst hätten erstellt werden
müssen. Der Zeuge LTRDir Rüdiger Knöpfel hat dies in
seiner Vernehmung folgendermaßen präzisiert:

„Zu Anfang – […] so bis Mitte 2011 – handelte
es sich im großen Teil auch darum, dass wir einen
möglichst tiefen Einblick in vorhandene Unterla-
gen brauchten, die zum Teil manchmal geschützt
waren aus ITAR-Gründen. Deswegen durften wir
offiziell nicht reinschauen. Unsere Leute vor Ort
haben es aber auch geschafft, dass trotzdem Wege
gefunden wurden […]. Aber mit dem weiteren
Nachbohren nach tiefer liegenden Dokumenten
wurde offensichtlich, dass viele dieser Doku-
mente, weil sie im amerikanischen Zulassungs-
rahmen gar nicht gefordert werden, gar nicht vor-
liegen. Das heißt, Unterauftragnehmer von
Unterauftragnehmern haben technische Doku-
mentationen für die Ersatzteile oder für die Teile,
die sie geliefert haben, gar nicht erstellt, weil sie
nicht beauftragt wurden.

Wir, nach unserem System, brauchen erstens die
Spezifikation ,Was macht das System?‘, die Be-
wertung ,Ist es insgesamt verkehrssicher, trägt es
zur Verkehrssicherheit bei?‘, den Nachweis, dass
es das auch erfüllt, und nachher die Integration in
das Gesamtsystem.

Im US-amerikanischen System ist das in der
Tiefe gar nicht vorgesehen und manchmal auch
gar nicht erwünscht, weil es natürlich Geld kos-
tet. Das ist auch ein wirtschaftlicher Punkt. Die
sagen: Der Hersteller hat in anderen Systemen,
die wir fliegen, schon hervorragende Arbeit ge-
leistet. Da funktioniert das System. Also gehe ich
davon aus, dass dieses technische Gerät genauso
gut funktioniert. – Da ist ein Risiko dabei, aber
das ist ein überschaubares Risiko, das der US-
amerikanische […] Projektleiter oder die techni-
sche Certification Authority bereit ist zu tragen.

Wir hingegen brauchen genau diesen Nachweis
der Dokumente.“419

Der Leiter ML, DirWTD Steiger, bestätigte diese Ent-
wicklung. Die Aktivitäten im Rahmen der Prototypenprü-
fung hätten mehr und mehr gezeigt, dass es „nicht nur um
fehlende Dokumente geht, sondern dass die Grundlagen
einfach nicht vorhanden“ waren bzw. „zumindest nicht
nachgewiesen werden konnten“.420

Der frühere Leiter der WTD 61, Direktor einer Wehrtech-
nischen Dienststelle a. D. Walter Storz, hat in diesem Zu-
sammenhang erläutert:

„Wir in Deutschland prüfen ja bis auf die Geräte,
und andere Nationen sagen: Wir prüfen nur die
Systeme. – Insofern lagen natürlich für die ein-
zelnen Geräte bei Northrop Grumman auch gar
keine Unterlagen vor. Das heißt, die konnten uns
Qualifikationsnachweise gar nicht geben. Also,
sie haben sich so ein bisschen zuerst gesperrt, be-
vor das dann wirklich offensichtlich wurde, dass
sie selber die Unterlagen nicht haben.“421

411 MAT 17-79 E BMVg zu BB 17-59 WTD 61 Wolfgang Steiger, Ord-
ner 1, E-Mail-Eingang, S. 9.

412 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe
EURO HAWK, S. 52.

413 MAT 17-42 BMVg zu BB 17-43, Ordner 2, S. 320.
414 Siehe Kapitel A Abschnitt VI.5.a).
415 MAT 17-9 BMVg zu BB 17-4, Abt. Plg, S. 19.
416 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 20.
417 Siehe Kapitel C Abschnitt II.
418 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 20.

419 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 62.
420 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 72.
421 Storz, Protokoll-Nr. 5, S. 101.

Drucksache 17/14650 – 80 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Und daher habe man aus Sicht von DirWTD Steiger da-
von ausgehen müssen, dass diese Grundlagenarbeit für
die Serie neu gemacht werden müsse. So habe sich im
Jahr 2011 die Erkenntnis verdichtet, dass die allgemeine
Zulassung der Serie ohne erheblichen Mehraufwand nicht
möglich sein werde.422 Hinzu komme, dass Northrop
Grumman das Luftfahrzeug ja nicht „von A bis Z selber“
hergestellt habe, sondern Komponenten auch von anderen
Herstellern enthalten und verbaut seien. Da müsse man
die Frage stellen, was für einen Aufwand es darstelle, bei
jenen Herstellern die Komponenten zu qualifizieren.423
Der Präsident des BAAINBw, Harald Stein, hat in seiner
Vernehmung dazu erklärt:

„Wir müssen die Verkehrssicherheit und die Luft-
tüchtigkeit des Luftfahrzeuges bestätigen, und
dazu ist die Kenntnis nicht nur des Gesamtsys-
tems, sondern auch der Subsysteme bis hin zu
den Komponenten notwendig, und die Nachweise
sind in unterschiedlichen Formen durch Testate,
durch Laboruntersuchungen und auch Flugnach-
weise zu erbringen.“424

Der Zeuge Storz hat hierzu bestätigt, dass bei „uns […]
jedes Bauteil geprüft sein“ müsse.425 Auf Nachfrage zur
Lösbarkeit dieses Problems hat DirWTD Steiger ausge-
sagt:

„Technisch wäre es sicherlich, denke ich, mög-
lich, ein System Euro Hawk zu qualifizieren und
auch eine Musterzulassung dafür zu erreichen. Es
ist aber eine Frage des Aufwandes. Und das ist
Geld, und das ist Zeit. Und das halte ich für ein
Euro-Hawk-Muster wirklich für erheblich.“426

Auf die Frage, ob zu dem nach dem Vertrag geschuldeten
Bemühen nicht auch das Bereitstellen fehlender Unterla-
gen gehöre, hat der Zeuge Knöpfel geantwortet, dass dies
durchaus der Fall sei. Wenn aber die Industrie darauf ver-
weise, dass sie diese Unterlagen erst erstellen müsse,
stelle dies genau das Bemühen dar. Dafür müsse aller-
dings gezahlt werden.427

Der Zeuge von Northrop Grumman, Janis G. Pamiljans,
hat diese Entwicklung in seiner Vernehmung folgender-
maßen kommentiert:

„Aber diese neuen Änderungen, die hier durchge-
führt wurden und wo sich WTD 61 auch viel Ar-
beit gemacht hat: Da kamen viele Dokumente ins
Spiel, die nicht verfügbar waren, die nicht exis-
tierten; die weder für die amerikanische, für die
Air-Force-Zulassung [existierten, Anm.], und die
es folglich auch nicht gab für die deutsche Zulas-
sung.“428

Der Zeuge DirWTD a. D. Storz wurde in seiner Verneh-
mung gefragt, ob die Zulassung des GLOBAL HAWK
aufgrund einer Ausnahmegenehmigung eines Generals
der US-Luftwaffe bekannt gewesen sei. Storz hat dazu ge-
sagt:

„[…] beim Global Hawk ist das ja eine Aus-
nahme. Normalerweise sind die Amerikaner auch
gründlicher und machen zumindest auf einer be-
stimmten Systemebene die Zulassung oder die
Prüfung, die Qualifikationsnachweise. Beim Glo-
bal Hawk ist das eben eine wirkliche Ausnahme,
dass da praktisch nichts ist. Ich meine, zum Ver-
tragsschluss wussten wir das.“429

Auf die Frage, ob der Verlauf für Musterprüfvorgänge ty-
pisch sei, hat der Ltr ML, Wolfgang Steiger geantwortet:

„Das ist, Gott sei Dank, nicht der Fall. […] diese
Arbeitsweise [ist] auch mit der Industrie unty-
pisch, diese Beschränkung auf Informationswei-
tergabe und auch dieses […] Starten mit einem
Ziel, wo man erkennen muss: Die Grundlage ist
so nicht gegeben. – Das ist, Gott sei Dank, die
Ausnahme.“430

bb) Einschätzung der WTD 61 vom
15. Juni 2011

Ursprünglich war der Überführungsflug des Full Scale
Demonstrators für den 30. Juni 2011 geplant gewesen.
Aufgrund fehlender Voraussetzungen war Anfang Juni
2011 jedoch absehbar, dass dieser Termin nicht zu halten
war. Gleichzeitig standen jedoch ab dem 25. Juli 2011
Baumaßnahmen auf der südlichen Landebahn in Man-
ching an, die für die Landung des Demonstrators benötigt
wurde. Vor dem Hintergrund dieses verringerten Zeitfens-
ters forderte die Fachaufsicht über das Projekt, BMVg
Rü VI 2, das BWB auf, „alle Maßnahmen zu ergreifen,
um die Überführung des FSD vor Schließung der Süd-
bahn abzuschließen“. Zugleich sollte das BWB bis zum
17. Juni 2011 zu den ergriffenen Maßnahmen berichten.431

Aus diesem Grunde bat BWB L5.1 seinerseits den Leiter
ML bei der WTD 61 um eine Stellungnahme zu einem
absehbaren Termin des Überführungsfluges sowie zu of-
fenen Punkten, die dem bislang entgegenstünden.432

Diese Stellungnahme legte der Leiter ML, der Zeuge
DirWTD Wolfgang Steiger, am 15. Juni 2011 dem BWB
L5.1433, d. h. dem Projektmanagement, vor.434 In seinem
Anschreiben ging er zunächst auf die erbetenen Themen-
felder stichpunktartig ein. Vor allem aber fügte er eine
ausführliche „Hintergrundinformation EuroHawk“ bei,

422 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 72.
423 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 73.
424 Stein, Protokoll-Nr. 4, S. 124.
425 Storz, Protokoll-Nr. 5, S. 103.
426 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 73.
427 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 63.
428 Pamiljans, Protokoll-Nr. 6, S. 92.

429 Storz, Protokoll-Nr. 5, S. 103.
430 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 76.
431 MAT 17-79 D BMVg zu BB 17-59, WTD 61 001LtrML, Ordner 3,

E-Mail Eingang 2009-2011, S. 211 f.
432 MAT 17-79 D BMVg zu BB 17-59, WTD 61 001LtrML, Ordner 3,

E-Mail Eingang 2009-2011, S. 213.
433 MAT 17-79 D BMVg zu BB 17-59, WTD 61 001LtrML, Ordner 2,

E-Mail Ausgang 2010-2013, S. 56 ff.
434 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 89.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 81 – Drucksache 17/14650

in der er einleitend kurz auf die bis dahin aufgetretenen
Verzögerungen und die Schwierigkeiten bei der Zusam-
menarbeit mit der Industrie verwies. Sodann stellte er
umfassend und detailliert sieben ausgewählte technische
Problemfelder sowie sieben weitere Problemfelder näher
dar. Dort heißt es beispielsweise:

„Qualifikation der Komponenten: […] Ebenso
ist nicht erkennbar, dass NGISSII bei der Integra-
tion von neuen Komponenten die Forderungen
der WTD 61 im Rahmen der Nachweisführung
berücksichtigt.“435

„Bewertung der EH Struktur: Bei der EH-
Struktur reicht neben anderen Detailproblemen
vor allem die Qualität der vorgelegten Unterlagen
nicht aus, um eine strukturierte und logisch nach-
vollziehbare Nachweisführung zu erbringen.
[…]“436

„Bauzustand: Die Dokumentation des Bauzu-
standes ist unzureichend. […]“437

„Risikobewertungen des Luftfahrzeugs: […]
Im Ergebnis war die Qualität der vorgelegten Si-
cherheitsbewertungen mangelhaft, und sie muss-
ten mehrfach aktualisiert werden, weil versucht
wurde, die aus dem Projekt Global Hawk […] ge-
wonnenen Ergebnisse auf einfachstem Weg auf
die Kriterien des Musterprüfrahmenprogramms
für den Euro Hawk umzuschreiben, ohne die
Analyse neu durchzuführen. Dabei stellte sich he-
raus, dass auch die GH Dokumentation bei Ände-
rungen im Design nicht angepasst worden war
und schon für die neueren Global Hawk Baulose
nur bedingt Gültigkeit hat […].“438

„Nachweisunterlagen der Unterauftragneh-
mer: Daten der Unterauftragnehmer können zum
Großteil nicht zugänglich gemacht werden
[…].“439

„Qualität der vorgelegten Nachweise: […] Gra-
vierender jedoch erscheint, dass die in manchen
Bereichen dürftigen Antworten vermuten lassen,
dass auf Seiten der Industrie die notwendigen Un-
terlagen nicht vorhanden sind oder mit nicht aus-
reichender Sorgfalt erstellt wurden.“440

„Musterprüfbeauftragter: […] Die immer noch
nicht abgeschlossenen Diskussionen bezüglich
der Erstellung eines akzeptablen Musterprüfpro-

gramms ist ein weiteres Beispiel für mangelnde
Berücksichtigung der Anforderungen an einen
Muster-/Verkehrszulassungsprozess. Eine Aus-
wertung des derzeitigen Musterprüfprogrammes
zeigt eher eine Rückschau vergangener Ereig-
nisse und ein unvollständiges Bild dessen, wozu
sich die Industrie verpflichtet und wogegen ge-
prüft wird. Der Bereich des Betriebs und der Er-
haltung der Verkehrssicherheit (Continued Air-
worthiness) fehlt vollständig […].“441

In dem letzten Punkt seiner Ausführungen geht der Zeuge
Steiger auch auf die Folgen der am 3. Februar 2010 in
Manching getroffenen Entscheidung ein:

„,Prototyp ohne Folge‘: Aufgrund der Entschei-
dung, die Zulassungsaktivitäten auf einen Proto-
typ zu beschränken, wurde zwar der Weg eröff-
net, das Luftfahrzeug zunächst unter Betrachtung
von Sicherheitsaspekten zu bewerten und die
‚umfassende Musterprüfung‘ mit Detailbetrach-
tung von Qualifikation auf LRU Ebene in den
Hintergrund zu rücken. Der Vorschlag wurde von
der Industrie mit dem Argument unterbreitet, dass
[…] vor allem Zeit und Erkenntnisse genutzt wer-
den könnten, eine Definition einer akzeptablen
Serienkonfiguration zu erstellen.

Dies darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass
dies in der bisherigen Praxis der Musterprüfung
und Zulassung von Lfz der Bundeswehr einmalig
ist: Bisher waren alle Prototypen darauf ausge-
richtet, die Nachweisführung für ein späteres
Muster im Sinne von Erprobung von Systemfä-
higkeiten zu unterstützen. Der FSD soll aber die
Definition möglicher späterer zulassungsrelevan-
ter Änderungen erlauben, ohne dass er selbst ei-
ner umfassenden Musterprüfung unterzogen wird
[…].

Das zwar vertraglich vereinbarte, jedoch bis
heute nicht akzeptierte Musterprüfprogramm
führt zu wiederholten Diskussionen mit der In-
dustrie über den Nachweisumfang und der detail-
lierten Ausführung. Der einzelne Musterprüfer
hat keine Handhabe, auf eindeutige Forderungen
zu verweisen und deren Erfüllung einzufordern.
Für diese Diskussionen ist die WTD 61 im Hin-
blick auf die vorhandenen personellen Ressour-
cen derzeit nicht aufgestellt und vorbereitet.

Die Problemsituation wird durch die permanente
Einflussnahme des NGISSII Programm-Manage-
ments auf die Aspekte der Musterprüfung weiter
verschärft.“442

Den letzten Abschnitt schloss der Leiter ML mit folgen-
der Bewertung:

435 MAT 17-79 D BMVg zu BB 17-59, WTD 61 001LtrML, Ordner 2,
E-Mail Ausgang 2010-2013, S. 59 f.

436 MAT 17-79 D BMVg zu BB 17-59, WTD 61 001LtrML, Ordner 2,
E-Mail Ausgang 2010-2013, S. 60.

437 MAT 17-79 D BMVg zu BB 17-59, WTD 61 001LtrML, Ordner 2,
E-Mail Ausgang 2010-2013, S. 60.

438 MAT 17-79 D BMVg zu BB 17-59, WTD 61 001LtrML, Ordner 2,
E-Mail Ausgang 2010-2013, S. 60 f.

439 MAT 17-79 D BMVg zu BB 17-59, WTD 61 001LtrML, Ordner 2,
E-Mail Ausgang 2010-2013, S. 61.

440 MAT 17-79 D BMVg zu BB 17-59, WTD 61 001LtrML, Ordner 2,
E-Mail Ausgang 2010-2013, S. 61.

441 MAT 17-79 D BMVg zu BB 17-59, WTD 61 001LtrML, Ordner 2,
E-Mail Ausgang 2010-2013, S. 61 f.

442 MAT 17-79 D BMVg zu BB 17-59, WTD 61 001LtrML, Ordner 2,
E-Mail Ausgang 2010-2013, S. 63.

Drucksache 17/14650 – 82 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

„Aus heutiger Einschätzung ist davon auszuge-
hen, dass die Nachweisführung für eine mögliche
spätere Serie praktisch der einer Neuentwicklung
gleichkommen würde.“443

Zu dem Anlass dieser Einschätzung hat DirWTD Steiger
in seiner Zeugenvernehmung darauf verwiesen, dass „der
Musterprüfer vor Ort […] seine Erkenntnislage im Laufe
der Zeit immer weiter verdichtet“ habe, bis er zu dem
Schluss gekommen sei, dass „das, was da für ihn erkenn-
bar vorhanden ist, so dünn ist und die Abweichungen und
die Differenzen zu einer Serie so groß sind, dass man also
hier erheblichen Aufwand gewärtigen“ müsse.444 Mit an-
deren Worten seien „die Grundlagen […] nicht vorhan-
den“ gewesen, „um […] eine Musterzulassung zu unter-
stützen“. Der Gesamtsystemprüfer vor Ort habe insofern
wohl erkannt, dass diese Grundlagen „für eine spätere
Serie eben nachzuholen wären oder neu zu machen
seien“.445 Aufgekommen sei diese Erkenntnis ungefähr
zeitgleich mit dem Überführungsflug im Sommer
2011.446 Zu der Formulierung „praktisch eine Neuent-
wicklung“ hat der Zeuge Steiger erklärt:

„Das heißt nicht, dass das System neu entwickelt
werden muss, aber die Nachweisführung muss ge-
macht werden wie bei einer Neuentwicklung.“447

Staatssekretär Beemelmans hat dies mit seinen Worten
anschaulich beschrieben:

„[…] dass die Musterzulassung des Prototypen
einer Neuentwicklung gleichkäme, weil man of-
fenkundig davon ausging, wir müssen das kom-
plett auseinandernehmen und jedes einzelne Teil
noch einmal betrachten, wägen, wiegen, was
auch immer ein Zulasser damit macht.“448

cc) Unmittelbare Folgen
Nach Erinnerung des damaligen Abteilungsleiters Rüs-
tung, MD Selhausen, hat der Projektleiter die Einschät-
zung zum Anlass genommen, dieses Thema in einem Pro-
ject Review Ende September 2011 mit der Industrie zu
besprechen.449 Während der Besprechung wurde darauf
eingegangen, dass die „notwendig gewordene, geänderte
Vorgehensweise zum Erreichen der Musterzulassung der
EURO HAWK Serie zusätzlichen Aufwand“ erzeuge. Der
Projektleiter habe daher die Firma EuroHawk GmbH um-
gehend aufgefordert, den notwendigen finanziellen Mehr-
bedarf abzuschätzen.450

Parallel begann nach dem Überführungsflug, der am 20./
21. Juli 2011 stattfand,451 die Einrüstung des Full Scale

Demonstrators mit dem Missionssystem ISIS. Nach Aus-
sage des Leiters ML Steiger wurde der Musterprüfprozess
„auf kleiner Flamme“ weitergeführt.452 Letztlich seien
die Aktivitäten zur Abstimmung des Musterprüfpro-
gramms mehr oder weniger eingeschlafen, nachdem man
festgestellt habe, dass man auf keinen Nenner komme
und die Musterprüfung für eine Musterzulassung in die
Serie verschoben werde. Dann seien auch die Aktivitäten
der Industrie dort nicht mehr fortgeführt worden.453 Er hat
dies in seiner Aussage wie folgt zusammengefasst:

„[…] man hat es nie erreicht, ein Musterprüfpro-
gramm so abzustimmen, dass es für beide Seiten
akzeptabel war.“454

Der Vertreter von Northrop Grumman, Janis G.
Pamiljans, hat dazu ausgesagt:

„Wir haben der Zulassungsbehörde über 4 000
technische Dokumente vorgelegt. Das ging weit
über unsere vertragliche Verpflichtung hinaus, die
nur verlangte, dass wir Zugang zu diesen Doku-
menten vor Ort in den USA ermöglichen. Zahl-
reiche weitere Dokumente, welche nicht physisch
exportiert werden konnten, wurden bereitgehal-
ten, um auf Nachfrage eingesehen zu werden. Wir
haben außerdem Ingenieure nach Manching ge-
sendet, um dort den Prüfern der Zulassungsbe-
hörde umfassenden Einblick in die Entwicklung
der Systeme und Subsysteme zu ermöglichen.
Zudem wurden die Voraussetzungen geschaffen,
dass die Zulassungsbehörde besondere Tests und
Qualifizierungseinheiten beobachten konnte. Die
wenigen Daten, die wir aufgrund von US-Export-
restriktionen nicht zur Verfügung stellen konnten,
standen nicht im Zusammenhang mit der luft-
fahrtrechtlichen Zulassung.“455

dd) Erkenntnis über Mehrkosten
aaa) Kenntnisse des BWB über erhebliche

Kostenrisiken in 2010
Bereits im April 2010 war der Vizepräsident und damit
die Leitung des BWB darüber informiert, dass sich „er-
hebliche Kostensteigerungen“ abzeichnen würden. In ei-
ner Unterlage aus dem Schriftverkehr des Präsidialbüros
des BWB aus dem Jahr 2010 ist hierzu vermerkt:

„erhebliche Kostensteigerungen

(+ 127 Mio. € = 28% für Projektierung und
+ 206 Mio. € = 52% für Einführung) – diese wa-
ren nur zum Teil im Entwurf einer 2.ZE enthalten

[…] Die kritische Entwicklung in einem Projekt-
vortrag vor Leitung BWB vorgestellt und die
Analyse des Controllings als zutreffend bewertet.
Das Ergebnis soll in der ZE berücksichtigt wer-
den.“456

443 MAT 17-79 D BMVg zu BB 17-59, WTD 61 001LtrML, Ordner 2,
E-Mail Ausgang 2010-2013, S. 63.

444 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 78.
445 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 89.
446 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 78.
447 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 89.
448 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 10.
449 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 75.
450 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 33.
451 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 52.

452 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 70.
453 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 70.
454 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 89.
455 Pamiljans, Protokoll-Nr. 6, S. 61.
456 MAT 17-74 BMVg zu BB 17-58, Ordner 5 SekrLtg, S. 58.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 83 – Drucksache 17/14650

Das BWB hatte also rund 1 ½ Jahre vor der Information
an den Abteilungsleiter Rüstung im BMVg, MD Selhausen,
Kenntnis von sich abzeichnenden erheblichen Mehrkos-
ten im mittleren dreistelligen Millionenbetrag.

bbb) Unterrichtung des Abteilungsleiters
Rüstung am 24. November 2011

Am 24. November 2011 fand beim Abteilungsleiter Rüs-
tung, MD Selhausen, eine Besprechung zu dem Thema
der Musterzulassung eines anderen Projektes statt, an der
auch der Projektleiter EURO HAWK, seit März desselben
Jahres der LTRDir Knöpfel, und der Leiter ML, DirWTD
Steiger, teilnahmen.457 In seinem Eingangsstatement zur
Zeugenvernehmung hat sich MD Selhausen wie folgt er-
innert:

„In einer Besprechung am 24. November 2011
hatte mir der Projektleiter Euro Hawk auf meine
Frage zum Sachstand im Projekt vorgetragen,
dass aus seiner aktuellen Sicht die Musterzulas-
sung für die Euro-Hawk-Serie nur mit zeitlichem
und finanziellem Mehraufwand zu erreichen sei.
Noch in dieser Besprechung habe ich das fach-
aufsichtführende Referat angewiesen, dazu eine
Informationsvorlage an mich zu erstellen.“458

Aus diesem Grunde erbat das Referat Rü VI 2 umgehend
als Fachaufsicht einen umfassenden Bericht vom BWB
zum Thema Musterzulassung EURO HAWK.459

Als weitere Reaktion hielt MD Selhausen eine Entschei-
dungsvorlage an, in der u. a. die Beschaffung von Lang-
läuferbauteilen thematisiert wurde.460

ccc) „Hoher zweistelliger Millionenbetrag“
Für den vom Abteilungsleiter Rüstung erbetenen Bericht
legte der Projektleiter dem fachaufsichtführenden Referat
Rü VI 2 am 1. Dezember 2011 einen ausführlichen Be-
richt auf dem Dienstweg vor.461 Wesentliche Grundlage
dieses Berichtes war eine sehr umfassende Stellung-
nahme des Leiters ML, die dieser am 29. November 2011
dem Projektleiter vorgelegt hatte.462

In dem Bericht ging das Projektmanagement einleitend
auf das im Laufe der Zeit deutlich gewordene Problem
des unterschiedlichen Verständnisses zu Zulassungen von
deutscher und US-amerikanischer Seite ein:

„Im Laufe des Entwicklungsvertrages wurden je-
doch diverse Abweichungen zwischen Strategien
und Grundlagen der militärischen Musterzulas-
sung auf deutscher bzw. US-amerikanischer Seite
identifiziert, die eine Anwendung der deutschen
im Ursprungsvertrag vereinbarten Zulassungs-
vorschriften teilweise verhindern.“463

Es wird ausführlich dargestellt, dass notwendige Nach-
weise entweder nicht vorgelegt wurden oder in ihrer Qua-
lität nicht ausreichten.464 Im Einzelnen werden sodann die
Themenfelder „Informationsbedarf für die Musterzulas-
sung EURO HAWK“, „Möglichkeiten zur Deckung des
Informationsbedarfes“, „Risiken der Musterzulassung“,
„Kosten der ggfs. notwendigen Maßnahmen“, „Lösungs-
möglichkeiten (Erfordernisse) für die Fortschreibung der
Vorläufigen Verkehrszulassung“ und „Zusagen der USAF
vor Vertragsschluss“, die von BMVg Rü VI 2 in seiner
Weisung vorgegeben waren, detailliert erörtert.465

Zu einer Musterzulassung des Full Scale Demonstrators
fasste der Leiter ML im Hinblick auf die am 3. Februar
2010 getroffene Entscheidung zusammen:

„Sollte es heute zu einem erneuten Wunsch nach
einer Musterzulassung am vorhandenen System
FSD kommen, sind die Erfolgsaussichten vor
dem Hintergrund der damals von der Industrie
vorgetragenen Aussagen praktisch gleich
Null.“466

Die „bisher erreichten Ziele“ kommentierte er folgender-
maßen:

„Die bisher erreichten Ziele sind gemessen an
dem ursprünglichen Auftrag gering:

– Die Dokumentation ist qualitativ schlecht und
vielfach nur oberflächlich. Teilweise sind
mehrfache Rückfragen erforderlich, bis eine
Aktualisierung erfolgt.

– Die Rückführung der Dokumentation auf einen
eindeutigen Bauzustand wurde abgelehnt.

– Obwohl mehrfach DDPs467 (insbesondere von
Zulieferern) eingefordert wurden, wird dieses
Problem nur zierlich [gemeint wohl ‚zöger-
lich‛, Anm.] abgearbeitet (‚ausgesessen‛)

– Grundlegende steuernde Dokumentation wird
gar nicht, schlecht oder nur zögerlich erstellt:
Musterprüfprogramm, Verfahren für Änderun-
gen, Verfahren für eine Abarbeitung von Ak-
tionen aus der Musterprüfung, etc.“468

Das Projektmanagement nahm dazu eine Gesamtbewer-
tung vor:

„Im Rückblick auf die bisherigen Fortschritte im
Entwicklungsvertrag kann festgestellt werden,
dass ein Teil der begründeten Annahmen bezüg-
lich der bereits nutzbaren Zulassungsaktivitäten
für den GLOBAL HAWK nicht zutreffend waren.
Dies hatte und hat die Steigerung des Aufwandes
(Zeit und Kosten) zur Zulassung des Full Scale
Demonstrators zur Folge. In dieser Phase wurden
Erkenntnisse generiert, welche nun in die Festle-457 MAT 17-34 BMVg zu BB 17-19, AIN V 5, Ordner 1, S. 11.

458 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 45 f.
459 MAT 17-34 BMVg zu BB 17-19, AIN V 5, Ordner 1, S. 17.
460 Dazu ausführlich unter Abschnitt V.2.
461 MAT 17-34 BMVg zu BB 17-19, AIN V 5, Ordner 1, S. 10 ff.
462 MAT 17-79 D BMVg zu BB 17-59, WTD 61 001LtrML, Ordner 2,

E-Mail Ausgang_2010-2013, S. 97 ff.
463 MAT 17-34 BMVg zu BB 17-19, AIN V 5, Ordner 1, S. 11.

464 MAT 17-34 BMVg zu BB 17-19, AIN V 5, Ordner 1, S. 11 f.
465 MAT 17-34 BMVg zu BB 17-19, AIN V 5, Ordner 1, S. 11 ff.
466 MAT 17-34 BMVg zu BB 17-19, AIN V 5, Ordner 1, S. 15.
467 Declarations of Design and Performance.
468 MAT 17-34 BMVg zu BB 17-19, AIN V 5, Ordner 1, S. 15.

Drucksache 17/14650 – 84 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

gungen und Forderungen des Serienvertrages ein-
fließen, um für die Seriensysteme den Abschluss
eines erfolgreichen Musterzulassungsprozesses
zu erreichen. Im ausstehenden Angebot der In-
dustrie für einen Serienvertrag werden dann die
Anpassungen […] mit Kosten hinterlegt sein.
Nach internen Informationen kann für den Be-
reich des Trägerluftfahrzeuges ein zusätzlicher
hoher zweistelliger Millionenbetrag (Euro) er-
wartet werden, der überwiegend zur Nachweis-
führung der Verkehrssicherheit des bereits jetzt
festgelegten und beim GLOBAL HAWK in der
Nutzung befindlichen Bauzustandes dient.“469

Auf dieser Grundlage legte da Referat Rü VI 2 wiederum
am 5. Dezember 2011 dem Abteilungsleiter Rüstung eine
Informationsvorlage auf dem Dienstweg vor. Darin
wurde zusammengefasst dargelegt:

„[…] Die Möglichkeiten zur Erlangung der Qua-
lifikationsnachweise für eine Musterzulassung
der EURO HAWK Serie […] sind weitestgehend
erfolgversprechend und weiter zu verfolgen.

Die Gesamtheit aller zusätzlich erforderlichen
Maßnahmen zur Erreichung einer Musterzulas-
sung könnte sich zu einem hohen zweistelligen
Millionen Euro Betrag summieren. […]“470

Auch wird an dieser Stelle bereits ein alternativer Hand-
lungsweg aufgezeigt:

„Sollte eine umfassende Musterzulassung nicht
erreichbar sein, käme die Möglichkeit des Be-
triebs der Serienflugzeuge auf Basis einer Aus-
nahmegenehmigung durch BMVg Rü VI 1 bzw.
Fü L mit einer VVZ der WTD 61/ML bzw. einer
Verkehrszulassung des WaSysKdoLw in Be-
tracht.“471

c) Validierung der Mehrkosten

Die Mehrkosten mussten nun näher ermittelt werden. Zu
den Schwierigkeiten, die sich in diesem Zusammenhang
ergaben, hat sich der Zeuge LTRDir Knöpfel geäußert:

„Das heißt, für uns bezogen sich die Risiken nun-
mehr darauf, dass wir diese Dinge bei den Unter-
auftragnehmern und weiteren Unterauftragneh-
mern extra beauftragen hätten müssen. Und das
ist ein Risiko, was wir vorher kaum abschätzen
können, weil wir nicht genau wissen, was erfor-
dert jetzt dies an finanziellem Einsatz. Das heißt,
die Zahlen, die genannt worden sind, sind grobe
Schätzungen, die aber schon in die Größenord-
nung weisen, die wahrscheinlich mit einer umfas-
senden Musterprüfung der Serie aufgetreten
wäre.“472

aa) „100 Mio. Euro“ (Bericht vom 20. De-
zember 2011)

Am 20. Dezember 2011 unterrichtete BMVg Rü VI 2 den
Abteilungsleiter Rüstung darüber, dass „[die] zeitge-
rechte Muster- und Verkehrszulassung für die Serienflug-
zeuge EURO HAWK […] vom BWB als erfolgverspre-
chend eingeschätzt“ werde. Dazu seien jedoch
„zusätzliche umfangreiche Leistungen des Auftragneh-
mers erforderlich, für die ein bisher nicht eingeplanter
Mehrbedarf von bis zu 100 Mio. € abgeschätzt“ werde.473

aaa) Rückfragen des Abteilungsleiters Rüstung

Zu der Vorlage ergaben sich für den Abteilungsleiter Rüs-
tung, MD Selhausen, mehrere Fragen:

„1. Wie lange kann das Luftfahrzeug EURO
HAWK mit einer Vorläufigen Verkehrszulas-
sung betrieben werden?

2. Wie lassen sich die ca. 100 Millionen Euro,
die für die Muster- und Verkehrszulassung als
Mehrausgaben eingeschätzt werden, darstel-
len? Bestehen Handlungsspielräume (Abwei-
chung nach unten) oder Risiken (Abwei-
chung nach oben)?

3. Ich bitte darzulegen ob, und wenn ja, unter
welchen Prämissen das Vorhaben im Rahmen
der veranschlagten Haushaltsmittel realisiert
werden kann. Könnte das Vorhaben nur reali-
siert werden, indem Abstriche an den gefor-
derten Leistungsparametern vorgenommen
werden, ist die Mitzeichnung des Bedarfsträ-
gers erforderlich.“474

Mit Weisung vom 2. Januar 2012 wurde das BWB von
BMVg Rü VI 2 beauftragt, diese Fragen zu beantwor-
ten,475 was vom BWB mit Schreiben vom 13. Januar 2012
umgesetzt wurde.476 Darin wurde auch darauf hingewie-
sen, dass der geschätzte Betrag von 100 Millionen Euro
von WTD 61/ML im Hinblick auf die Musterzulassung
auf Basis einer umfassenden Musterprüfung nach der
ZDv 19/1 als nicht ausreichend erachtet werde. Hierzu
solle aber eine amtsinterne Diskussion in der zweiten
Januarhälfte 2012 zwischen WTD 61/ML und der Indust-
rie erfolgen.477

bbb) Vorlage vom 18. Januar 2012

Die Erkenntnisse des BWB und der WTD 61/ML fasste
BMVg Rü VI 2 in einer Informationsvorlage an den Ab-
teilungsleiter Rüstung vom 18. Januar 2011 zusammen,
die ihm auf dem Dienstweg zugeleitet wurde.

469 MAT 17-34 BMVg zu BB 17-19, AIN V 5, Ordner 1, S. 15.
470 MAT 17-34 BMVg zu BB 17-19, AIN V 5, Ordner 1, S. 1.
471 MAT 17-34 BMVg zu BB 17-19, AIN V 5, Ordner 1, S. 1.
472 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 4 f.

473 MAT 17-50 BMVg zu BB 17-31, Ordner 2, S. 430 ff.
474 MAT 17-85 BMVg zu BB 17-64, AIN V 5, Ordner 4, S. 400.
475 MAT 17-85 BMVg zu BB 17-64, AIN V 5, Ordner 4, S. 400.
476 MAT 17-85 BMVg zu BB 17-64, AIN V 5, Ordner 4, S. 447 ff.
477 MAT 17-85 BMVg zu BB 17-64, AIN V 5, Ordner 4, S. 448.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 85 – Drucksache 17/14650

Auf dem Original wurde vermerkt:

„Hier muss noch einiges geklärt werden. Emp-
fehle Besprechung.“478

MD Selhausen hat in seiner Vernehmung vermutet, dass
dieser Vermerk von dem Vertreter des Geschäftsführen-
den Beamten Rüstung vorgenommen wurde.479

Er selbst nahm die Vorlage ebenfalls am gleichen Tag zur
Kenntnis und notierte zusätzlich:

„Habe Anberaumung einer Besprechung bereits
angewiesen  anschließend sofort Sts-Vor-
lage“480

ccc) E-Mail des Abteilungsleiters Rüstung vom
19. Januar 2012

Die Vorlage vom 18. Januar 2012 sandte MD Selhausen
in Ergänzung der Vorbereitung des Ministers Dr. de
Maizière auf ein Gespräch mit dem CEO der Firma
EADS Division Cassidian neben anderem als Anhang ei-
ner E-Mail an eine Mitarbeiterin im Büro des Staatssekre-
tärs Beemelmans.481 Nach Angaben von Staatssekretär
Beemelmans handelte es sich hierbei um seine Rüstungs-
referentin, „die praktisch als erster Anlaufpunkt für das
Vorbereiten von entsprechenden Anliegen angesprochen
wird“.482 In dem Anschreiben heißt es unter anderem:

„Des Weiteren habe ich Ihnen eine Vorlage zur
aktuellen Entwicklung im Vorhaben Euro Hawk
beigefügt. Hier zeichnet sich eine dramatische
Kostenexplosion ab (von 610 Millionen Euro zu-
züglich 451 Millionen Euro auf 1 061 Millionen
Euro). Diese Daten werde ich kurzfristig mit mei-
nen Experten noch einmal validieren. Sollte sich
die Größenordnung bestätigen – allein rund
100 Millionen Euro entfallen auf zusätzlich not-
wendige Zertifizierungsmaßnahmen (die USA
hatten zu Beginn des Vorhabens trotz sorgfältiger
Arbeit deutscherseits offenbar nicht ausreichend
unterrichtet) –, wird BMVg über die Einleitung
der Beschaffung der Serienluftfahrzeuge durch
Bestellung von Langläuferteilen neu entscheiden
müssen. Nach meiner ersten Einschätzung werde
ich eine solche Maßnahme nicht empfehlen.“483

Zu der Intention hat MD Selhausen gesagt, dass er damit
nur darauf aufmerksam machen wollte, dass hier ein
Thema auf das Haus zukomme,484 „das möglicherweise sehr
gravierend im Programm Euro Hawk sein könnte“.485 Zu

der Formulierung „dramatische Kostenexplosion“ hat er
erklärt:

„Das hat begonnen in dem Gespräch am 24. No-
vember 2011, dass der Projektleiter mir gegen-
über sagte, da sei ein Kostenrisiko in der Muster-
zulassung. Und ich sagte […], dass ich dann
umgehend eine Informationsvorlage angewiesen
habe, die zunächst – es ist Anfang Dezember ge-
wesen – in einer Information mündete, dass der
Projektleiter bzw. dass BWB einen Mehrbedarf
im Bereich eines hohen zweistelligen Betrages
schätze. Ich habe dann angewiesen, diese Beträge
zu validieren. Und genau dieser Prozess war am
19. Januar noch nicht abgeschlossen.“486

Vor diesem Hintergrund sei auch seine Entscheidung zu
den Langläuferbauteilen zu verstehen.487

bb) „250 bis 500 Mio. Euro“ (Besprechung
vom 25. Januar 2012)

Die von MD Selhausen anberaumte Besprechung, auf die
er bei seinem Vermerk auf der Vorlage vom 18. Januar
2012 Bezug genommen hatte, fand am 25. Januar 2012
statt. In dieser Besprechung gab der Projektleiter LTRDir
Knöpfel als grobe Schätzung der Mehrkosten für die Mus-
terzulassung der Serie den Betrag von ca. 250 Millionen
Euro an. Der Leiter ML, DirWTD Steiger, schätzte den
Mehrbedarf dagegen auf ungefähr 500 Millionen Euro.488

Aus diesem Grund forderte MD Selhausen beide auf, die
Kostenschätzung abzustimmen und ihm das Ergebnis
vorzulegen, wie sich DirWTD Steiger in seiner Verneh-
mung erinnerte.489

Parallel zu der Validierung der Mehrkosten wurden ab
diesem Zeitpunkt auch Alternativen zur Musterzulassung
untersucht, um möglicherweise auf diesem Wege die Ver-
kehrszulassung der Serie kostengünstiger oder kostenneu-
tral zu erreichen.490

cc) „596 Mio. Euro“ (Vorlage vom
30. Januar 2012)

Es folgte am 30. Januar 2012 eine weitere Vorlage des
BWB, der ein Bericht des Leiters ML vom 27. Januar
2012 beigefügt war.491 Darin präzisierte die WTD 61 die
Kostenschätzung für die Musterzulassung der EURO
HAWK-Seriensysteme auf ca. 596 Millionen Euro.492

478 MAT 17-73 BMVg zu BB 17-48, Ordner 1, StS Beemelmans, E-Mail-
Verkehr 22072011_29042013, S. 111.

479 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 64.
480 MAT 17-73 BMVg zu BB 17-48, Ordner 1, StS Beemelmans, E-Mail-

Verkehr 22072011_29042013, S. 111.
481 MAT 17-73 BMVg zu BB 17-48, Ordner 1, StS Beemelmans, E-Mail-

Verkehr 22072011_29042013, S. 110.
482 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 14 f.
483 MAT 17-73 BMVg zu BB 17-48, Ordner 1, StS Beemelmans, E-Mail-

Verkehr 22072011_29042013, S. 110.
484 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 57.
485 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 63.

486 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 58.
487 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 58; zu den Langläuferbauteilen siehe

Abschnitt V.2.
488 MAT 17-36 BMVg zu BB 17-22, BAAINBw L5.1 EH-R1, Ordner 1,

S. 5; MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeits-
gruppe EURO HAWK, S. 35.

489 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 90.
490 Darauf wird umfassend unter Abschnitt V.3. eingegangen.
491 MAT 17-36 BMVg zu BB 17-22, BAAINBw L5.1 EH-R1, Ordner 1,

S. 1 ff.
492 MAT 17-36 BMVg zu BB 17-22, BAAINBw L5.1 EH-R1, Ordner 1,

S. 10 f.

Drucksache 17/14650 – 86 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Zu den Unsicherheiten, die bei den Kostenschätzungen
bestanden, hat sich der Projektleiter Knöpfel in der Rück-
schau eingelassen:

„[…] das war Anfang 2012 […] Es handelt sich
hier um eine sehr grobe Schätzung, weil wir halt
nicht genau wissen, was vielleicht doch noch an
Dokumenten da ist, was uns zugänglich ist, was
größtenteils, wenn alles neu erstellt werden
müsste, dann als maximale Obergrenze kommt.
Da gab es die Schätzung, dass es bis zu 600 Mil-
lionen an Mehrkosten geben könnte, nur für die
umfassende Musterprüfung. Es könnte aber auch,
bei Vorliegen weiterer Daten oder vielleicht,
wenn man sieht, dass man nicht die gesamte Soft-
ware neu entwickeln müsste - - Das ist so ein ge-
samter Bereich, der von 100 Millionen bis
600 Millionen aufkam.“493

Zugleich ging der Projektleiter in der Vorlage auf eine
mögliche Verkehrszulassung durch den Bedarfsträger,
d. h. BMVg Fü L, nach der ZDv 19/1 Nr. 316 ein. 494 Hier
könnten „zeitliche und kostenmäßige Einsparungen ge-
genüber dem aktuellen Ansatz ermöglicht“ werden. Eine
belastbare Aussage dazu sei jedoch erst nach einem de-
taillierteren Einblick in die US-amerikanischen Zulas-
sungsunterlagen möglich. Der dazu erforderliche finan-
zielle Aufwand wurde auf ca. 20 bis 50 Millionen Euro
geschätzt. Er empfahl daher die „Einleitung des Billi-
gungsprozesses mit anschließender Weisung für eine al-
ternative Vorgehensweise und Billigung der Mehrkos-
ten“.495

d) Informationsvorlage an Staatssekretär
Beemelmans vom 8. Februar 2012

Aus der Vorlage vom 30. Januar 2012 hat das Referat
Rü VI 2 im BMVg den Schluss gezogen, dass die Muster-
zulassung der EURO HAWK-Serie „nicht mehr im vorge-
sehenen finanziellen und zeitlichen Rahmen realisierbar
sei“.496

Vor diesem Hintergrund wurde am 8. Februar 2012
Staatssekretär Beemelmans eine Vorlage zur Information
vorgelegt.497 Darin werden die Entwicklungen und Er-
kenntnisse der vergangenen Jahre, insbesondere zur Mus-
ter- und Verkehrszulassung, zusammengefasst. Im Zu-
sammenhang mit der Mehrkostenproblematik wird darauf
verwiesen, dass diese nach Schätzung der Industrie bei
mindestens 100 Millionen Euro lägen, während sie der
Projektleiter und der Leiter ML auf eine Höhe von
250 bis 600 Millionen Euro schätzten, „ohne dass damit
jedoch ein erfolgreicher Abschluss der Musterprüfung
gewährleistet werden könnte“.498 Des Weiteren heißt es:

„Vor diesem Hintergrund schlagen BWB und Lei-
ter ML vor, eine Musterzulassung für die Serien-
flugzeuge nicht mehr weiter zu verfolgen
[…].“499

Das Referat Rü VI 2 im BMVg nahm dazu folgende Be-
wertung vor:

„Das Festhalten an einer umfassenden Muster-
prüfung nach ZDv 19/1 […] für die Serie birgt
nicht abschätzbare technische, zeitliche und fi-
nanzielle Risiken. Die dafür geschätzten Aufwen-
dungen sind unverhältnismäßig zu den Gesamt-
kosten des Projekts und dem damit erreichbaren
Ergebnis, zumal die definitive Erlangung einer
Musterzulassung selbst bei Einsatz dieser zusätz-
lichen HH-Mittel nicht sicher ist.“500

Letztlich wurde vorgeschlagen:

„Wegen der aus heutiger Sicht gegebenen […]
Risiken zur Erlangung einer Musterzulassung
wird eine Verkehrszulassung durch Fü L ohne
vorherige Zulassung des Musters in Anwendung
der Ausnahmeregelung nach ZDv 19/1 Nr. 316
vorgeschlagen. Dies erfordert eine entsprechende
Entscheidung der Luftwaffe.

[…]

Das weitere Vorgehen soll nach Ihrer Kenntnis-
nahme mit Fü S und Fü L festgelegt werden. So-
dann ist eine insbesondere auch von Abteilung
Haushalt mitgezeichnete Leitungsvorlage vorge-
sehen.“501

Die Vorlage wurde von Staatssekretär Beemelmans am
13. Februar 2012 gebilligt. Gleichzeitig hat er die Weiter-
gabe von Kopien u. a. an Staatssekretär Wolf als auch an
den Generalinspekteur der Bundeswehr, General Wieker,
verfügt.

Vor diesem Hintergrund wurde wenig später eine Arbeits-
gruppe zu alternativen Zulassungsmöglichkeiten einge-
richtet.502

Nach einem Vermerk des Referates Rü VI 2 vom 23. Fe-
bruar 2012 sollte das bestehende Musterprüfprogramm
für die EURO HAWK-Serie parallel in der Verantwor-
tung des Leiters ML fortgesetzt werden.503 Dieser Ansatz
war aus Sicht des Projektleiters jedoch „nicht zielfüh-
rend“.504 Er kommentierte die entsprechenden Passagen
des Vermerks dahingehend, dass es „derzeit noch kein
Musterprüfprogramm für die Serie“ gebe. Forderten sie
zu einer umfassenden Musterprüfung auf, so würden die
angesprochenen entsprechenden Mehrkosten ausgelöst,
die aber haushalterisch nicht abgebildet seien. Zudem
könne „gerade nicht unabhängig von der weiteren Vorge-
hensweise zum Angebot aufgefordert“ werden. Dass sich

493 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 5.
494 MAT 17-36 BMVg zu BB 17-22, BAAINBw L5.1 EH-R1, Ordner 1,

S. 5.
495 MAT 17-36 BMVg zu BB 17-22, BAAINBw L5.1 EH-R1, Ordner 1,

S. 6.
496 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 36.
497 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45, AIN V 5, Ordner 2, S. 131 ff.

498 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45, AIN V 5, Ordner 2, S. 133 f.
499 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45, AIN V 5, Ordner 2, S. 134.
500 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45, AIN V 5, Ordner 2, S. 135.
501 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45, AIN V 5, Ordner 2, S. 131.
502 Zum weiteren Verlauf siehe Abschnitt V.3.b).
503 MAT 17-85 BMVg zu BB 17-64, AIN V 5, Ordner 5, S. 316, 319.
504 MAT 17-85 BMVg zu BB 17-64, AIN V 5, Ordner 5, S. 315.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 87 – Drucksache 17/14650

der „Weg der Verkehrszulassung nach Ziffer 316 der
ZDv 19/1 gemäß den Durchführungsbestimmungen“ er-
schließe, sei daher „exakt die derzeitige Erkenntnis“.505

Er stellte in seinem Anschreiben heraus:

„Wir müssen uns also bereits jetzt für diesen Al-
ternativweg entscheiden!

Grundlage wäre […] die grundsätzliche Anerken-
nung des Restricted Airworthiness Certificate506
der USAF […] durch die Luftwaffe. […]

Mit anderen Worten: Ausgangspunkt ist nicht
mehr die umfassende Musterprüfung, sondern das
Restricted Airworthiness Certificate.“507

aa) Rüstungsklausur am 1. März 2012
Am 1. März 2012 fand unter Vorsitz des Ministers eine
Rüstungsklausur mit der Leitung und den Abteilungslei-
tern des BMVg statt.

Zuvor waren Staatssekretär Beemelmans mit Datum vom
27. Februar 2012 die Unterlagen zur Vorbereitung des
Ministers auf dem Dienstweg vorgelegt worden.508 Der
Vorlage waren sieben Anlagen beigefügt. Anlage 3
enthielt Hintergrundinformationen zu dem Thema „TOP 2
UAV (Drohnen)“. Zu dem Projekt EURO HAWK hieß es
neben weiteren Informationen zu UAV unter dem Punkt
„1. Sachstand“:

„[…]

Luftgestützte weiträumige signalerfassende
Überwachung und Aufklärung:

– Breguet 1150 Atlantic SIGINT seit Mitte 2010
außer Dienst. Vorgesehenes Nachfolge-UAS:
EURO HAWK (Basis: GLOBAL HAWK)

– EURO HAWK Full Scale Demonstrator (FSD)
soll ab Ende 2012 operationell genutzt werden.
Gewonnene Erkenntnisse fließen in den Stan-
dard der geplanten vier Serien-UAV EURO
HAWK ein.

– Einführungsphase in zwei Stufen:

– Stufe I: Vertragsschluss zur Beschaffung der
Langläuferbauteile und zur Restentwicklung
des Missionssystems im II. Quartal 2012

– Stufe II: Auslösung der Option zur Produk-
tion der vier Serien-Lfz ab Mitte 2013 unter
Berücksichtigung der operationellen Erfah-
rungen aus der Anfangsflugbefähigung

– Deutliche Kostensteigerungen sind zu erwar-
ten.

[…]“509

Zu dem Punkt „2. Eigene Position/Bewertung“ wurde
aufgeführt:

„[…]

EURO HAWK FSD kann Fähigkeitslücke nur an-
satzweise schließen. Kostensteigerungen stellen
Gesamtsystem zunehmend infrage.

[…]“510

Unter Punkt „3. Kritische Punkte“ folgte schließlich u. a.:

„[…]

Problem für alle UAS: Schwierigkeiten bei Mus-
terzulassung. Wenn diese nicht mit einem vertret-
baren Aufwand erreichbar, muss Betrieb auf Ba-
sis Vorläufige Verkehrszulassung (VVZ) oder
innerhalb Flugbeschränkungsgebieten geprüft
werden.

Bei VVZ: Überwälzung erheblicher Verantwor-
tung auf den Betreiber (Luftwaffe).

[…]“511

Auf der Informationsmappe notierte StS Beemelmans die
ausdrückliche Kenntnisnahme des Ministers.512

Zum Thema EURO HAWK habe seinerzeit der desi-
gnierte Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Müll-
ner, einen Vortrag gehalten, in dem er nach Erinnerung
des Abteilungsleiters Rüstung, MD Selhausen, auch das
Zulassungsthema erwähnt habe. Er, Selhausen, habe bei
der Gelegenheit dazu sinngemäß angemerkt, dass „Luft-
waffe und Rüstung hierzu im Gespräch seien und das
Thema gemeinsam klären würden“.513

Staatssekretär Beemelmans hat sich in seiner Aussage
ähnlich daran erinnert. Er glaube, dass jeder sein Fähig-
keitsprofil für die Zukunft dargestellt habe:514

„In der Rüstungsklausur wurde das Thema nach
meiner Erinnerung nur extrem kursorisch ange-
sprochen. General Müllner hat es damals kurz an-
getippt, und Herr Selhausen hat gesagt: Ja, wir
sind im Gespräch miteinander, wir finden eine
Lösung. – Und dann war es das. Das war prak-
tisch ein ganz kurzes Referieren des wesentlichen
Tenors der Vorlage vom 8. Februar.“515

Auch Staatssekretär Wolf hat sich dahingehend eingelas-
sen, dass das finanzielle Risiko

„[…] an dem Tag […] ein Teil einer kurzen Inter-
vention zwischen Herrn Selhausen und Herrn

505 MAT 17-85 BMVg zu BB 17-64, AIN V 5, Ordner 5, S. 317.
506 Fluggenehmigung (Übersetzung gemäß MAT 17-97 BMVg zu BB

17-63, Ordner 10, Reportings, S. 513).
507 MAT 17-85 BMVg zu BB 17-64, AIN V 5, Ordner 5, S. 315.
508 MAT 17-69 BMVg zu BB 17-32, Büro des Ministers, Ordner 1,

S. 124 ff.

509 MAT 17-69 BMVg zu BB 17-32, Büro des Ministers, Ordner 1,
S. 132 f.

510 MAT 17-69 BMVg zu BB 17-32, Büro des Ministers, Ordner 1,
S. 133.

511 MAT 17-69 BMVg zu BB 17-32, Büro des Ministers, Ordner 1,
S. 133.

512 MAT 17-69 BMVg zu BB 17-32, Büro des Ministers, Ordner 1,
S. 124.

513 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 42.
514 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 94.
515 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 23.

Drucksache 17/14650 – 88 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Müllner als Inspekteur der Luftwaffe [war], in der
beschrieben wurde: Wir haben ein Zulassungs-
problem, aber es ist beherrschbar.“516

Er hat dies weiter präzisiert:

„[…] Der Herr Müllner wurde nicht etwa durch
Herrn Selhausen unterbrochen, sondern der Herr
Müllner trug einen Verfahrensstand vor. […] Weil
das die Luftwaffe natürlich mit ins Spiel brachte,
trug der Inspekteur dazu vor und hat entspre-
chend durch Herrn Selhausen den Kommentar er-
halten darüber: ‚Das ist beherrschbar‛, und er
teilte offensichtlich diese Auffassung.“517

General Wieker hat dazu aus seiner Erinnerung dargelegt:

„Der Euro Hawk wurde erwähnt im Vortrag des
Inspekteurs Luftwaffe, der eine Gesamtkategori-
sierung der Aufklärungsmittel […] dargestellt
hat.

Zum Stand des Projektes wurde dann vorgetra-
gen, dass es hier noch Probleme gebe mit der Zu-
lassung für den Euro Hawk, dass man aber wei-
terhin bemüht sei, nach Lösungen zu suchen. Als
Ergebnis wurde dann ja auch im Nachgang diese
Arbeitsgruppe eingesetzt.“518

Auf Nachfrage hat er erklärt, dass „kein großer Dialog
stattgefunden“ habe.519

Bundesminister der Verteidigung Dr. de Maizière hat den
auf EURO HAWK bezogenen Inhalt der Rüstungsklausur
in seiner Vernehmung wie folgt geschildert:

„Wir haben […] generell über Drohnen gespro-
chen […]. Da mir als neuer Minister unklar war,
was HALE und MALE und alles das ist, hatte ich
ihn [den designierten Inspekteur der Luftwaffe,
Generalleutnant Müllner, Anm.] gebeten, er soll
doch mal auf einer Folie darstellen, welche unter-
schiedlichen Arten von Drohnen es gibt. Ich bin
jetzt nicht beim Thema Bewaffnung, sondern tief,
mittel, hoch. […]

Und dann hat er nach meiner Erinnerung gesagt:
‚Wir haben da jeweils Zulassungsprobleme we-
gen der Teilnahme am allgemeinen Luftverkehr,
auch beim Euro Hawk‛, und nach meiner Erinne-
rung habe ich dann gefragt: ‚Was machen wir
da?‛, und da hat Herr Selhausen nach meiner Er-
innerung gesagt: Herr Minister, das lösen wir ge-
meinsam. – Dazu hat Herr Müllner genickt, und
da war dieses Thema erledigt.“520

Des Weiteren hat er festgestellt:

„Ich habe gesagt, in der Rüstungsklausur habe ich
erstmals von Problemen erfahren.“521

„[…] bei der Rüstungsklausur haben wir einen
allgemeinen Überblick darüber gehabt. Die Rüs-
tungsklausur […] war dazu da, dass ich einen
Überblick bekomme, dass wir die verschiedenen
Probleme ansprechen. So haben wir ja dann auch
das Zulassungsproblem bei dem Euro Hawk an-
gesprochen. Das Ausmaß der Unterlagen zu je-
dem einzelnen Problem war für mich vorher
überhaupt nicht zu lesen.“522

Auf die Nachfrage, ob die Rüstungsklausur wichtig ge-
wesen sei, hat Bundesminister de Maizière darauf verwie-
sen, dass dem so sei. Sie hätten sich in einem Übergang
befunden, „[nur] etwas zu planen, was sie sich leisten
könnten“,523 dass „Wünsche und haushaltspolitische Rea-
lität miteinander in einen gewissen Einklang“ gebracht
werden sollten.524

bb) Bewertung durch die Beteiligten
Auf die Frage, wann für ihn vor dem Hintergrund der Ri-
siko- und Kostenentwicklung ein neuralgischer Punkt für
eine Meldung an höhere Ebenen erreicht gewesen sei, hat
der Projektleiter EURO HAWK, LTRDir Rüdiger Knöpfel,
in seiner Vernehmung auf die Entwicklung verwiesen, die
zu der Vorlage vom 8. Februar 2012 geführt hatte:

„[…] für uns im Projekt oder für mich als Pro-
jektleiter war dieser Punkt gegen Ende des Jahres
2011 erreicht, nachdem ich erste Schätzungen der
EuroHawk GmbH, basierend auf den Schätzun-
gen oder groben Schätzungen der Northrop
Grumman, was aus ihrer Sicht für eine umfas-
sende Musterprüfung für die Serie an Aufwand
notwendig wäre, [erhalten hatte, Anm.] […].“525

MD Selhausen hat in seiner Vernehmung dazu zusam-
mengefasst:

„[…] ich habe am 24. November 2011 von dem
Finanzrisiko im Bereich der Musterzulassung er-
fahren, habe dieses Risiko abschätzen lassen und
validieren lassen und habe dann eine Vorlage am
8. Februar 2012 durch das fachaufsichtsführende
Referat, abgestimmt mit den Abteilungen im
Haus, auf den Weg gebracht.“526

Für Staatssekretär Wolf begann mit der Vorlage eine
„neue Weichenstellung“, da er hiermit erfuhr, dass „wir
von der bisherigen Verfahrensweise, eine Musterzulas-
sung zu erreichen, abweichen wollten“:

„Das war für mich eine Veränderung.“527

Die Auflistung der „inzwischen“ gewonnenen Erkennt-
nisse über Probleme und Schwierigkeiten für die Muster-
zulassung kommentierte er mit dem Vermerk:

516 Wolf, Protokoll-Nr. 7, S. 126.
517 Wolf, Protokoll-Nr. 7, S. 126.
518 Wieker, Protokoll-Nr. 7, S. 170.
519 Wieker, Protokoll-Nr. 7, S. 177.
520 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 31.

521 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 23.
522 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 30.
523 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 107.
524 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 109.
525 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 7.
526 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 75.
527 Wolf, Protokoll-Nr. 7, S. 108.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 89 – Drucksache 17/14650

„und scheinbare Selbstverständlichkeiten sind
nicht Gegenstand des Vertrages oder?“528

Die Frage, ob er sich an dieser Stelle darüber gewundert
habe, warum oder ob diese Nachweise nicht Gegenstand
des Vertrages seien, hat er mit der Äußerung beantwortet:

„Ja, ich habe mich geärgert, ja. Sonst hätte ich
diese Kommentierung - - Das ist nicht meine Art.
Ich schreibe ungern Kommentierungen in Vorla-
gen, die mich auch nur nachrichtlich ereilen; aber
das hat mich geärgert, ja.“529

cc) Rückblickende Einschätzung der
realisierbaren Muster- bzw.
Verkehrszulassung

Als weitere Reaktion auf die mit der Vorlage vom 8. Fe-
bruar 2012 eingeleitete Wende beauftragte MD Selhausen
das fachaufsichtführende Referat BMVg Rü VI 2 am
1. März 2012, einen rückblickenden, umfassenden Be-
richt zu erstellen, wie die Beteiligten ursprünglich zu der
Einschätzung gekommen waren, dass eine Muster- bzw.
Verkehrszulassung des EURO HAWK realisierbar sei.530
Daraufhin erstellte der Projektleiter EURO HAWK eine
ausführliche Stellungnahme, die dem Abteilungsleiter am
14. März 2012 mit einer Informationsvorlage des Referates
Rü VI 2 vorgelegt wurde.531 Die Kernaussagen der Vor-
lage lauten:

„Trotz Ausschöpfung aller Informationsmög-
lichkeiten vor Vertragsabschluss war nicht zu er-
kennen, dass eine umfassende Musterzulassung
für den EURO HAWK möglicherweise scheitert.

Zur Absicherung der Zugriffsmöglichkeiten auf
die für die Zulassung erforderlichen Daten wur-
den mit Industrie und USAF umfangreiche Ver-
einbarungen getroffen.

Es ergeben sich rückblickend keine Anknüp-
fungspunkte, wonach die USAF den gegebenen
Zusagen nicht nachgekommen ist. Die offenbar
gewordenen Lücken in der Nachweisführung des
Global Hawk sind der – auch durch den Einsatz
bedingten – deutlich weniger stringenten Zulas-
sungsphilosophie der USAF geschuldet.“532

In der Bewertung wird zusätzlich darauf verwiesen, dass:

„Erst bei der detaillierten Abarbeitung des Mus-
terprüfprogramms nach Vertragsabschluss […]
offenbar [wurde], dass

– die kontinuierliche Fortentwicklung (Spiral
Development) des GLOBAL HAWK Bauzu-
standes die Gültigkeit und Übertragbarkeit von
Nachweisen der USAF entwertet,

– die industrieseitige Softwareentwicklung ent-
gegen der vorvertraglichen Feststellung nicht
den Anforderungen […] entspricht,

– detaillierte Nachweise nicht oder nicht wie ge-
plant auf US-Seite durchgeführt wurden.“533

Der Projektleiter schloss seinen Bericht mit dem Hinweis
auf das aktuelle weitere Vorgehen, d. h. der Suche nach
„sinnvollen, risikoarmen und kostenoptimierten Alterna-
tiven zu einer Musterzulassung auf der Basis einer umfas-
senden Musterprüfung.“534

Auf diesen Weg konzentrierten sich im Folgenden die
weiteren Aktivitäten.535

IV. Probleme bei der Zulassung der EuroHawk
GmbH als Luftfahrtbetrieb

1. Ausgangssituation

Die Industrie sollte die Erprobung des EURO HAWK
Full Scale Demonstrators in Manching eigenverantwort-
lich durchführen.536 Dies steht im Einklang mit der Tatsa-
che, dass das Eigentum am Full Scale Demonstrator bis
zum Abschluss der Erprobungsflüge noch bei der Indus-
trie liegt und erst mit der Abnahme auf die Bundesrepu-
blik Deutschland übergehen soll.537 Der Leiter ML,
DirWTD Steiger, hat in seiner Aussage dazu erläutert,
welcher Schluss daraus zu ziehen ist:

„[…] Dazu benötigt es einen anerkannten, zertifi-
zierten Luftfahrtbetrieb nach unserer Vorschrif-
ten- und Gesetzeslandschaft.“ 538

Aus diesem Grunde war im Entwicklungsvertrag ur-
sprünglich vorgesehen, auf die Zulassungen von EADS
und Northrop Grumman zurückzugreifen. Eine Zulassung
der EuroHawk GmbH „in ihrer Eigenschaft als gesamt-
systemverantwortliche Managementfirma“ als Luftfahrt-
betrieb war nicht vorgesehen.539 Später wurde dies im
Jahr 2008 für die Betreuung des Anfangsflugbetriebs am
Standort Schleswig/Jagel dahingehend geändert, dass sich
die EuroHawk GmbH als Luftfahrtbetrieb mit dem
Schwerpunkt Instandsetzung zulassen solle.540 Die Min-
destanforderungen zur Zulassung als Luftfahrtbetrieb zur
Unterstützung des operationellen Flugbetriebs mit dem
Full Scale Demonstrator wurden ein Jahr später im An-
hang 2 zur Anlage 1 des CLS 1 Vertrags vom 28. Juli
2009 festgelegt.541

528 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45, AIN V 5, Ordner 2, S. 133.
529 Wolf, Protokoll-Nr. 7, S. 133.
530 MAT 17-85 BMVg zu BB 17-64, AIN V 5, Ordner 5, S. 373.
531 MAT 17-37 BMVg zu BB 17-24, AIN V 5, Ordner 1, S. 1 ff.
532 MAT 17-37 BMVg zu BB 17-24, AIN V 5, Ordner 1, S. 7.

533 MAT 17-37 BMVg zu BB 17-24, AIN V 5, Ordner 1, S. 8.
534 MAT 17-37 BMVg zu BB 17-24, AIN V 5, Ordner 1, S. 6.
535 Siehe Abschnitt V.
536 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 70.
537 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 47.
538 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 70.
539 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 48.
540 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 48.
541 MAT 17-17 BMVg zu BB 17-16, Ordner 1, S. 60 ff.

Drucksache 17/14650 – 90 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

2. Erweiterung der Anforderungen

Im Jahr 2011 wurde schließlich geklärt, dass die Euro-
Hawk GmbH „sowohl für alle Arbeiten am Luftfahrzeug,
die in Deutschland durchgeführt werden, als auch für den
vertraglich geforderten Flugbetrieb in der Verantwortung
der EuroHawk GmbH“ eine Zulassung als Luftfahrtbe-
trieb benötige.542

Im weiteren Verlauf erfolgte jedoch noch keine Zulas-
sung. Da auf der Edwards Air Force Base in den USA
eine Gefährdung unbeteiligter Dritter ausgeschlossen
werden konnte, fanden die Erprobungsflüge dort unter
der Aufsicht der USAF statt.543

Kurz vor dem Überführungsflug vom Juli 2012 monierte
der Leiter ML am 15. Juni 2012, dass eine Anerkennung
sowohl von Northrop Grumman als auch der EuroHawk
GmbH noch nicht vorgenommen worden sei, was nach
seiner Bewertung „mitverantwortlich für Lücken in der
Erfüllung der Vertragslage“ sein könnte. Schließlich
müsse zur Gewährleistung der Aufrechterhaltung der Ver-
kehrssicherheit während des Betriebes in Deutschland be-
reits bei der Unterzeichnung der Vorläufigen Verkehrszu-
lassung für den Überführungsflug eine systembetreuende
Firma benannt werden. Voraussetzung sei daher, dass die
Systembetreuung mit diesem Tage von Northrop Grum-
man auf die EuroHawk GmbH übergehe.544 Da dies nicht
erfolgte, erteilte die Abteilung T des BWB die Weisung,
den Überführungsflug des Full Scale Demonstrators ohne
die Anerkennung der EuroHawk GmbH als Luftfahrtbe-
trieb durchzuführen.545

Im Jahr 2012 erfolgte weiterhin keine entsprechende Zu-
lassung.546 Am 2. August 2012 wurde im Rahmen weite-
rer Abstimmungen schließlich festgelegt, dass „die Euro-
Hawk GmbH sowohl als Entwicklungs- als auch als
lnstandsetzungsbetrieb umfänglich zugelassen sein“
müsse, „um den anstehenden Entwicklungsflugbetrieb in
Deutschland durchführen zu können“.547 In seiner Ver-
nehmung hat DirWTD Steiger hierzu gesagt:

„[…] Ich habe dann Anfang August darauf noch
mal hingewiesen, dass das unbedingt erforderlich
sei. Das war nicht das erste Mal, dass darauf hin-
gewiesen wurde; darauf hatte ich auch im Jahre
vorher schon einmal hingewiesen – auch schrift-
lich.“548

Das Thema wurde daraufhin unter der Federführung der
für die Zertifizierung zuständigen Stelle, BWB T3.3, wei-
ter angegangen.549

3. Terminliche Sicherstellung der
ISIS-Erprobungsflüge

Am 27. August 2012 schlug der Projektleiter für das wei-
tere Vorgehen vor, eine Vorläufige Verkehrszulassung
auszustellen, ohne dass das bereits eingeleitete Zulas-
sungsverfahren bis dahin abgeschlossen sein müsste.550
Um die Aufnahme des Testflugbetriebs mit dem Full
Scale Demonstrator sicherzustellen, erließ das fachauf-
sichtführende Referat BMVg AIN V 5 am 29. August
2009 gegenüber dem BWB die Weisung, terminbezogen
zu bestimmten Themen zu berichten. Zugleich wurde das
BWB angewiesen, den Entwicklungsvertrag bis zum
31. Dezember 2012 zu verlängern.551

4. Gesprächsvorbereitungen
September 2012

In diesem Zusammenhang wurden Staatssekretär
Beemelmans mit Vorlage vom 8. September 2012 Unter-
lagen zur Vorbereitung eines Gesprächs mit einer Vertre-
terin des US-amerikanischen Verteidigungsministeriums
vorgelegt.552 Im Zusammenhang mit den aufgetretenen
Verzögerungen heißt es im Abschnitt zum Sachstand:

„Hauptproblem ist die Zertifizierung der Euro-
Hawk GmbH als luftfahrtechnischer Betrieb. Er-
schwerend kommt das ‚zerrüttete‘ Verhältnis der
Mutterhäuser Cassidian und Northrop Grumman
hinzu.“553

Des Weiteren wird darauf verwiesen, dass „aufgrund der
noch ungelösten Probleme bei der luftrechtlichen Muster-
zulassung des EURO HAWK und damit möglicherweise
verbundener, erheblicher Kosten“ die Entscheidung über
eine Beschaffung der Serie „auf unbestimmte Zeit ver-
schoben“ sei.554

Zusammengefasst wurde schließlich dargestellt:

„Das Gesamtprojekt EURO HAWK wird derzeit
einer kritischen Prüfung hinsichtlich der Reali-
sierbarkeit unterzogen.“555

In nahezu gleicher Weise wurde Staatssekretär
Beemelmans auf ein Gespräch mit dem Zeugen Bernhard
Gerwert als neuem Chief Executive Officer (CEO) der
EADS-Division Cassidian und Vorsitzenden der Ge-
schäftsführung der EADS Deutschland GmbH am
27. September 2012 vorbereitet.556 Zum Zweck des Ge-
sprächs wurde angegeben:

„Das Gespräch soll in erster Linie der Vorstellung
von Herrn Gerwert in seiner neuen Position die-
nen. Daneben möchte er sich persönlich für die

542 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe
EURO HAWK, S. 49.

543 MAT 17-49 BMVg zu BB 17-26, S. 5.
544 MAT 17-79 D BMVg zu BB 17-59, WTD 61 001LtrML, Ordner 2,

E-Mail Ausgang 2010-2013, S. 62.
545 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 49.
546 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 70.
547 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 49.
548 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 70.
549 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 70.

550 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe
EURO HAWK, S. 50.

551 MAT 17-50 BMVg zu BB 17-31, Ordner 3, S. 442 f.
552 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45, AIN V 5, Ordner 2, S. 141 ff.
553 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45, AIN V 5, Ordner 2, S. 145.
554 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45, AIN V 5, Ordner 2, S. 145.
555 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45, AIN V 5, Ordner 2, S. 145.
556 MAT 17-73 BMVg zu BB 17-48, Ordner 2, StS Beemelmans, S. 101 ff.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91 – Drucksache 17/14650

Unterstützung beim Projekt Future European
MALE (Medium Altitude Long Endurance) be-
danken.“557

Für ein Gespräch mit dem CEO des Gesamtkonzerns
EADS, Thomas Enders, wurde dem Bundesminister der
Verteidigung eine Vorlage zur Gesprächsvorbereitung
vom 7. September 2012 zugeleitet.558 Das einstündige
Gespräch hatte demnach den Zweck, Themenkomplexe
anzusprechen, „die für die zukünftige Zusammenarbeit
Akzente setzen und eine Grundlage für den Aufbau des
notwendigen strategischen Dialogs legen“. Aktuelle Vor-
haben würden „nur als exemplarische Beispiele“ heran-
gezogen werden.559 Im Bereich „Transatlantische Rüs-
tungskooperation“ wurde im Vorbereitungsvermerk
beispielhaft auf die Projekte MEADS und EURO HAWK
eingegangen. Im Einzelnen hieß es dort:

„Beide Programme sind damit grundsätzlich un-
terschiedlich, kranken aber dennoch an vergleich-
baren Schwierigkeiten. ln beiden Fällen gab und
gibt es immer wieder Probleme mit lnformations-
freigaben (Beispiele: Global Hawk Flugzeug-
daten […]). Beide Programme sind aber auch
signifikant von Änderungen in den US-Ausrüs-
tungsplänen betroffen (gravierende Einschnitte
im US Air Force Global Hawk Programm
[…]).“560

Am 10. Oktober 2012 wurde auf die Vorlage der Vermerk
„hat BM vorgelegen“ gestempelt.561

5. Erteilung der Zulassung

Im Dezember 2012 konnte mit einer Ausnahmegenehmi-
gung von BMVg des Referates AIN V 1562 schließlich die
Vorläufige Verkehrszulassung ausgesprochen werden.563

DirWTD Steiger hat in seiner Vernehmung den damali-
gen Stand des Verfahrens näher beschrieben:

„Zu diesem Zeitpunkt war die Firma Euro-Hawk
GmbH noch nicht zertifiziert, aber der Weg bis
dahin, zur Zertifizierung, war so weit beschrie-
ben, dass eine Aussicht bestand, in nächster Zeit
diese Zertifizierung zu erreichen, und das wurde
als ausreichend erachtet, um auch unter der […]
Aufsicht der WTD 61 am Standort Manching die
Flugerprobung beginnen zu können. […].“564

Mitte Juli 2013 wurde der Firma EuroHawk GmbH letzt-
lich die bis zum 30. September 2013 limitierte Zulassung
als Luftfahrtbetrieb erteilt.565

V. Maßnahmen zur Schadensvermeidung/
Handlungsalternativen

Als der Abteilungsleiter Rüstung, MD Selhausen, Ende
Oktober 2011 von zu erwartendem Mehraufwand für eine
umfassende Musterzulassung der EURO HAWK-Serie
erfuhr, hatte er kurz zuvor in Kenntnis der Schwierigkei-
ten bei der Verfügbarkeit der für die Zulassung notwendi-
gen Daten eine Vorlage angehalten, in der es u. a. um die
Beschaffung von Langläuferbauteilen für die EURO
HAWK-Serie ging. In Folge der weiteren Präzisierung
der zu erwartenden Mehrkosten wurde dieses Anliegen
schließlich nicht mehr verfolgt.566

Nachdem Staatssekretär Beemelmans die geschätzten
Mehrkosten von bis zu ca. 600 Millionen Euro mit Infor-
mationsvorlage vom 8. Februar 2012 zur Kenntnis ge-
nommen hatte, konzentrierten sich die weiteren Aktivitä-
ten der Beteiligten im Wesentlichen auf die Prüfung, ob
die Beschaffung und der Betrieb der EURO HAWK-Serie
auch ohne eine umfassende Musterprüfung mit anschlie-
ßender Musterzulassung erreicht werden könnten. 567

1. Absehen von der Fortführung des
Projektes

Unabhängig von den getroffenen Maßnahmen zur Scha-
densvermeidung bzw. der Prüfung von Handlungsalterna-
tiven kam während der Zeugenvernehmungen im Unter-
suchungsausschuss die Frage auf, ob auch ein vorzeitiger
Abbruch bzw. eine Kündigung des Entwicklungsvertra-
ges in Erwägung gezogen worden war.

a) Vorzeitiger Abbruch des Projektes
aa) Schließen der bestehenden

Fähigkeitslücke SLWÜA
aaa) Vorlage an Staatssekretär Wolf vom

15. Juni 2012
Staatssekretär Wolf hat in seiner Vernehmung berichtet,
dass ein Abbruch auch aus einem anderen Grund als den
möglichen Mehrkosten in Erwägung gezogen wurde.568

Mit Vorlage vom 15. Juni 2012 wurde er von der für das
militärische Nachrichtenwesen zuständigen Abteilung SE
als militärischem Bedarfsträger des EURO HAWK als
Aufklärungssystem darüber unterrichtet, dass die voll-
ständige Schließung der Fähigkeitslücke im Bereich
SLWÜA mit dem EURO HAWK frühestens im Jahr 2019
erreicht werden könne.569 Zu den Gründen wurde u. a. auf
die Zulassungsprobleme der EURO HAWK-Serie, die
Mindestvorlaufzeit für eine Beauftragung, wirtschaftliche

557 MAT 17-73 BMVg zu BB 17-48, Ordner 2, StS Beemelmans,
S. 101.

558 MAT 17-80 BMVg zu BB 17-44, AIN V 5, Vorlagen Vermerke,
Ordner 1, S. 72 ff.

559 MAT 17-80 BMVg zu BB 17-44, AIN V 5, Vorlagen Vermerke,
Ordner 1, S. 73.

560 MAT 17-80 BMVg zu BB 17-44, AIN V 5, Vorlagen Vermerke,
Ordner 1, S. 73 f.

561 MAT 17-80 BMVg zu BB 17-44, AIN V 5, Vorlagen Vermerke,
Ordner 1, S. 72, 79.

562 MAT 17-50 BMVg zu BB 17-31, Ordner 3, S. 459.
563 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 70.
564 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 70.

565 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 84.
566 Siehe Abschnitt V. 2.
567 Siehe Abschnitt III.4.c).
568 Wolf, Protokoll-Nr. 7, S. 101.
569 MAT 17-50 BMVg zu BB 17-31, Ordner 3, S. 383 ff.

Drucksache 17/14650 – 92 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Risiken im Zusammenhang mit den Langläuferbauteilen
und die allgemeine wirtschaftliche Versorgbarkeit des
EURO HAWK während der Nutzungsphase verwiesen.570
Aus diesem Grunde erschien es der Abteilung SE not-
wendig, mögliche (Zwischen-) Lösungsvarianten zur
kurzfristigen, teilweisen Schließung der Fähigkeitslücke
zu betrachten und zu bewerten.571 Bezug genommen
wurde in diesem Zusammenhang auf eine Vorlage vom
15. Mai 2012, die die Abteilung SE auf dem Dienstweg
vorgelegt hatte. Aufgrund einer Rückfrage hatte sie
Staatssekretär Beemelmans zur Klärung zurückgege-
ben.572 Im Hinblick auf die Fähigkeitslücke im Bereich
SLWÜA wurde folgende Bewertung vorgenommen:

„Sollte der EURO HAWK FSD im Bereich des
Trägers (GLOBAL HAWK, Fa. Northrop Grum-
man) entgegen der bisherigen Erkenntnisse ekla-
tante Schwächen zeigen, aber im Bereich der
Aufklärungssensorik überzeugende Leistungen
bringen, wäre in Bezug auf die Zukunftssiche-
rung der Technologie und die Schließung der Fä-
higkeitslücke die Nutzung des ISIS-Systems in
Form einer Pod-Lösung […] zu prüfen.

Sollten Schwierigkeiten mit dem Gesamtpaket
EURO HAWK FSD auftreten, wären andere Lö-
sungsmöglichkeiten (z. B. Leasing/Kauf SIGINT-
Lfz […]) näher zu untersuchen.“573

Staatssekretär Wolf notierte auf der Vorlage vom 15. Juni
2012:

„Ich bitte um Prüfung und Bewertung (mit AIN
und Pl) eines Abbruchs des Vorhabens bei Vorlie-
gen einer kurzfristig verfügbaren mittel- und
langfristig nutzbaren ‚Zwischenlösung‘.“574

Auf dieser Grundlage wurde er mit Vorlage vom 8. Au-
gust 2012 darüber unterrichtet, dass dazu eine Studie be-
auftragt werde.575 Er wurde darauf hingewiesen, dass
„erst nach Vergleich möglicher Varianten entlang klar de-
finierter Kriterien, vor allem hinsichtlich der Finanzier-
barkeit, […] eine belastbare Aussage bezüglich des Ab-
bruchs des Vorhaben EURO HAWK SIGINT getroffen
werden“ könne.576 Staatssekretär Wolf nahm die Vorlage
am 17. August 2012 zur Kenntnis und notierte auf der
Vorlage, dass er mit der Studie einverstanden sei. Es
bleibe bei dem ursprünglichen Auftrag, Möglichkeiten
des Abbruchs zu untersuchen und mit dem Ergebnis der
Studie zu bewerten. Weiter vermerkte er:

„Ich halte weitere Investitionen in ein so risiko-
haftes Vorhaben für mehr als problematisch.“577

In seiner Vernehmung hat er dazu erläutert, dass es bei
dieser Entscheidung „gerade nicht um die Beendigung

des Vorhabens wegen erkannter, mit einem angemessenen
zeitlichen, technischen und finanziellen Aufwand nicht
lösbarer Risiken“ gegangen sei, sondern ausschließlich
„um die Schließung einer durch Verzögerung befristeten
Fähigkeitslücke“.578 Das Ergebnis habe er auf jeden Fall
vor weiteren Investitionen in das Projekt EURO HAWK
abwarten wollen.579

Staatssekretär Beemelmans ist in ähnlichem Zusammen-
hang auf die militärische Sichtweise eingegangen:

„Der Generalinspekteur kann mit einer Fähigkeit,
die er nicht betreiben kann, nichts anfangen.
Wenn ihm ein Luftfahrzeug hingestellt wird, zu
dem die Luftwaffe sagt: ‚Ich kann das nicht be-
treiben, weil ich es nach den Vorschriften nicht
betreiben kann‘, dann hat der Generalinspekteur
von dieser Fähigkeit überhaupt nichts. Und des-
halb hat der Generalinspekteur zugestimmt, dass
wir nach Alternativen suchen, weil es dem Gene-
ralinspekteur nicht um den Euro Hawk geht, son-
dern es geht ihm um die Fähigkeit.“580

bbb) Studie zu „Zwischenlösungen“

Entsprechend wies das Referat BMVg AIN V 5 das BWB
am 5. September 2012 an, umgehend eine Kurzstudie zu
beauftragen und das Ergebnis bis zum 30. November
2012 vorzulegen.581 Die weitere Entwicklung wird vor
dem Hintergrund der chronologischen Abfolge unten im
Abschnitt D.V.4. „Alternative Trägerplattform“ darge-
stellt.

bb) Rückblickende Bewertung der Beteiligten

Die rückblickende Frage nach dem möglichen Sinn eines
vorzeitigen Abbruchs vor dem Hintergrund der mögli-
chen Mehrkosten war mehrfach Gegenstand der Zeugen-
vernehmungen. Für General a. D. Schneiderhan, der bis
zum 26. November 2009 Generalinspekteur der Bundes-
wehr war, kam diese Erwägung nicht in Frage. Auf die
Frage, ob es einen Zeitpunkt gegeben habe, zu dem aus
seiner Sicht die Mittel für ein anderes Projekt sinnvoller
eingesetzt gewesen wären, hat er in seiner Vernehmung
geantwortet:

„Nein, den Zeitpunkt gab es nicht. Ich würde
auch heute noch sagen, dass wir dieses Geld für
dieses Projekt so dringend wie damals brauchen,
weil wir diese Fähigkeitslücke nicht in Kauf neh-
men können, und ich habe keine Alternativen bis-
her gesehen, diese Fähigkeitslücke zu decken.

[…] es ist die richtige Technologie. Es ist die
richtige Forderung. Es ist die Fähigkeit, die dem
Militär auf den Nägeln brennen muss, und des-
halb wäre ich bis zur Stunde nicht auf den Gedan-

570 MAT 17-50 BMVg zu BB 17-31, Ordner 3, S. 385.
571 MAT 17-50 BMVg zu BB 17-31, Ordner 3, S. 383.
572 MAT 17-50 BMVg zu BB 17-31, Ordner 3, S. 318 ff.
573 MAT 17-50 BMVg zu BB 17-31, Ordner 3, S. 320.
574 MAT 17-50 BMVg zu BB 17-31, Ordner 3, S. 383.
575 MAT 17-78 A BMVg zu BB 17-52, AIN V 5, Ordner 65, S. 194 f.
576 MAT 17-78 A BMVg zu BB 17-52, AIN V 5, Ordner 65, S. 195.
577 MAT 17-78 A BMVg zu BB 17-52, AIN V 5, Ordner 65, S. 194.

578 Wolf, Protokoll-Nr. 7, S. 101.
579 Wolf, Protokoll-Nr. 7, S. 109.
580 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 34.
581 MAT 17-50 BMVg zu BB 17-31, Ordner 3, S. 445.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93 – Drucksache 17/14650

ken gekommen, zu sagen: Das lassen wir jetzt
bleiben und haben es dann eben nicht.“582

Für LTRDir Knöpfel, der seit dem 8. März 2011 Projekt-
leiter ist, war zunächst entscheidend, dass sie in den Jah-
ren 2007 bis 2009 „erhebliche Fortschritte“ gemacht hät-
ten. Sie hätten „jeweils immer den Erfolg“ gehabt, „dass
wir dieses System weiter betreiben konnten“. Im Ergebnis
hätte das dazu geführt, dass

„wir auch ganz bestimmt 2009 nicht das Gefühl
hatten: Oh, hier scheitert alles. – Ganz bestimmt
nicht.“583

Im Jahr 2011 hätten sie dann zwar erkannt, dass die
EURO HAWK-Serie einen „erheblichen Mehraufwand“
erfordern könnte, gleichzeitig hätten sie aber bereits
„eine funktionierende Testumgebung“, d. h. einen funk-
tionierenden Demonstrator gehabt,

„[…] und da gab es auch aus meiner Sicht keinen
Grund, da abzubrechen. Dann hätte man wirklich
viel verloren. […]“584

Bei einem Abbruch im Jahr 2012 hätte er schließlich
„gar nichts gehabt“.

„Wenn ich vor einem Jahr abgebrochen hätte,
hätte ich zwar gewusst, ja, das Flugzeug kann
fliegen. Aber wofür kann es fliegen? Das hätte
ich nicht sagen können. Insofern wäre es eigent-
lich ein Gesamtverlust gewesen.“585

Insofern wären dann auch die Investitionen in ISIS verlo-
ren gewesen.586 Dazu hat er erklärt:

„Wenn ich jetzt abgebrochen hätte in 2011 oder
2012, hätte ich ja von dem Full Scale Demonstra-
tor nichts zurückbekommen. Ziel war der Nach-
weis der technischen Spezifikation des Missions-
systems, und genau das erreichen wir, indem wir
jetzt diese Erprobungsphase abschließen.“587

Die Zeugen von Seiten der Industrie konnten ebenfalls
keine Umstände erkennen, die Anlass für einen vorzeiti-
gen Abbruch gegeben hätten. Nach Ansicht von Bernhard
Gerwert, CEO von EADS Division Cassidian, bestand
weder 2009 „noch irgendwann“ solch ein Anlass. Man
habe „aus guten Gründen den Demonstrator entwickeln
und erfolgreich zeigen“ wollen, dass dieses System in
seiner Gesamtheit funktioniere. Dies sei erreicht wor-
den.588 Die gleiche Ansicht vertrat der Sector Vice Presi-
dent von Northrop Grumman, Janis G. Pamiljans. Im Jahr
2009 habe „jeder das Gefühl“ gehabt, „dass wir auf ei-
nem guten Weg waren hin zur Zertifizierung, hin zur Zu-
lassung“.589 Und in den Jahren 2011 und 2012 habe es

„überhaupt keine Anzeichen“ gegeben, „die Tests nicht
weiterführen zu lassen“.590

Zurückhaltender äußerte sich die Vertreterin des Bundes-
rechnungshofes, MRn Bauch. Auf die Frage, ob die Er-
probung früher hätte abgebrochen werden müssen, hat sie
geantwortet:

„Man hätte auf jeden Fall das Projekt noch mal
neu bewerten müssen, sich über die Risiken Ge-
danken machen müssen, hätte den Aufwand für
die Zulassung stärker eruieren müssen, um dann
eine Entscheidung zu treffen: Macht das Sinn, un-
ter diesen Voraussetzungen das Projekt weiterzu-
führen, oder müssen wir hier einen Abbruch vor-
sehen?“591

Als Zeitpunkte dafür benannte sie – wie bereits im Be-
richt des Bundesrechnungshofes592 – die Jahre 2009 und
2011.593

Der Abteilungsleiter AIN, MD Selhausen, hat in seiner
Aussage angeführt, er habe sich selbst bereits rückbli-
ckend gefragt, ob ein Beenden des Programms im Jahr
2010 sinnvoll gewesen wäre. Im Hinblick auf die bis da-
hin erreichten Ziele, die zu dem Zeitpunkt bestehenden fi-
nanziellen Verpflichtungen in Höhe von 539 Millionen
Euro und die unverändert und dringlich fortbestehende
Forderung nach Schließung der Fähigkeitslücke hätten sie
vermutlich bei sorgfältiger Abwägung nicht anders ent-
schieden, als das Projekt fortzusetzen.594

Nach Bewertung von Bundesminister der Verteidigung
Dr. de Maizière sei der Zeitpunkt der Entscheidung nicht
zu spät gewesen. Er hat dazu gesagt:

„Es ist richtig, erst alle vertretbaren Möglichkei-
ten auszuloten und auszuschöpfen, um zu einer
Lösung des Problems zu kommen, bevor man ein
Projekt stoppt.

Noch Ende Oktober 2012 wurde der zuständige
Staatssekretär informiert, dass eine Vorläufige
Verkehrszulassung zur Aufnahme des Testbe-
triebs bis Dezember 2012 erreicht werden könne
und dass eine belastbare Aussage über einen al-
ternativen Zulassungsweg für die Serienflug-
zeuge frühestens Ende 2012 vorliegen werde. Da-
mit war keine vernünftige Grundlage für einen
Abbruch des Projekts im Jahr 2011 gegeben. Ein
früherer Abbruch hätte vor allem die Erprobung
des Aufklärungssystems ISIS verhindert. Auf die
Prüfung der Tauglichkeit dieses Systems unter
Einsatzbedingungen kam und kommt es aber für
die Fähigkeit zur Aufklärung aus großer Höhe
aber gerade an.“595

582 Schneiderhan, Protokoll-Nr. 3, S. 22.
583 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 8.
584 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 8.
585 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 22.
586 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 22.
587 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 40.
588 Gerwert, Protokoll-Nr. 6, S. 22.
589 Pamiljans, Protokoll-Nr. 6, S. 66.

590 Pamiljans, Protokoll-Nr. 6, S. 67.
591 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 4.
592 MAT 17-4 BRH zu BB 17-90, Ordner 1, S. 18.
593 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 23; siehe auch Abschnitt VIII.
594 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 68.
595 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 8.

Drucksache 17/14650 – 94 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

b) Vertragskündigung

Auf die Frage an den CEO von EADS Division Cassi-
dian, Bernhard Gerwert, ob nach einer Vertragskündi-
gung ISIS mit einem eigens dafür mit Cassidian geschlos-
senen Vertrag hätte weiterentwickelt werden können, hat
dieser darauf aufmerksam gemacht, dass dies „wahr-
scheinlich relativ wenig Sinn“ ergeben hätte, da dann
keine Trägerplattform vorhanden gewesen sei. Mit einer
neuen Plattform müsse man auch neu anfangen.596

Die Zeugin Bauch bestätigte, dass der Vertrag eine Kün-
digungsklausel enthielt. Aus ihrer Sicht hätte man bei ei-
ner Kündigung die finanziellen Auswirkungen abwägen
müssen, da der Auftragnehmer schließlich auch einen
Anspruch auf Erfüllung habe.597

Schließlich hat der Präsident des BAAINBw, Harald
Stein, in seiner Aussage geäußert, dass eine Vertragskün-
digung „bisher nie Thema gewesen“ sei.598 Aus seiner
Sicht wäre dies „sicherlich nicht ohne Rechtsstreit abge-
gangen“. Außerdem sehe er es auch als Aufgabe seines
Amtes an, die Fähigkeitslücke zu schließen.599 Zudem
seien bei einer „normalen“ Kündigung eines Vertrages
stets Restabgeltungsansprüche des Auftragnehmers zu
zahlen.600

2. Zurückstellen der Beschaffung von
Langläuferbauteilen

a) Erste Vorlage vom 10. Oktober 2011

Am 10. Oktober 2011 legte das Referat Rü VI 2 im
BMVg Staatssekretär Beemelmans auf dem Dienstweg
über Staatssekretär Wolf eine Entscheidungsvorlage vor.
Vorgeschlagen wurde, die Realisierung der Einführungs-
phase, d. h. der Serienbeschaffung des EURO HAWK, in
zwei Stufen zu billigen. In der ersten Stufe sollte der Ver-
trag u. a. zur Beschaffung von Langläuferbauteilen im
zweiten Quartal 2012 geschlossen und in der zweiten
Stufe die Option zur Produktion der vier Serienluftfahr-
zeuge ab Mitte 2013 ausgelöst werden.601 Im Hinblick auf
die zu diesem Zeitpunkt bereits bestehende Fähigkeitslü-
cke im Bereich SIGINT nach Ausphasung der Breguet
Atlantic 1150602 wird darauf verwiesen, dass die Bundes-
wehr über einen Zeitraum von fünf Jahren nur über den
Full Scale Demonstrator für diese Fähigkeit verfüge. In-
sofern könne jeder Zwischenfall zu einem (erneuten)
vollständigen Fähigkeitsverlust führen. Dieser Zeitraum
könne aber mit dem vorgeschlagenen Vorgehen um neun-
zehn Monate verkürzt werden,603 wenn der erste Serien-
EURO HAWK bereits im September 2015 statt erst im
April 2017 zulaufe.604

Zu dem Hintergrund des Zeitpunkts der Vorlage hat MD
Selhausen in seiner Aussage erklärt:

„Allein für die Verhandlungen eines solchen Ver-
trages brauchen Sie ein Jahr, und dann dauert das
noch seine Zeit, bis die 25-Millionen-Euro-Vor-
lage erstellt wird. Und um das innerhalb der Le-
gislaturperiode zu gewährleisten – das war der
tragende Gedanke der mit dem Projekt Befassten –,
sollten die Verhandlungen über die Aufnahme der
Beschaffung von Langläuferteilen zügig aufge-
nommen werden.“605

Dazu hat sich Staatssekretär Beemelmans eingelassen:

„Er wollte die Erlaubnis haben, jetzt […] mit der
EuroHawk GmbH Verhandlungen aufzunehmen
mit dem Ziel, 25-Millionen-Vorlagen zu machen,
die ihm dann erlauben würden, die Langläufer-
teile zu beschaffen […] Diese Erlaubnis hat er
nicht bekommen, und er hat intern entschieden,
dass er auch nicht mehr weiter daran arbeitet.“606

b) Rückfragen der Staatssekretäre

Staatssekretär Wolf nahm diese Vorlage am 24. Oktober
2011 zur Kenntnis, Staatssekretär Beemelmans zwei Tage
später am 26. Oktober 2011. Beide Staatssekretäre hatten
Rückfragen zu der Vorlage.

„HH-mittelansatz beruht auf

+ Schätzungen (Ziff 7)

+ Risiko aus der Nutzung (Ziff 6,13).

‚Bedarfsgerechte‘ Veranschlagung zur Entschei-
dung doppelt risikobehaftet. Eingrenzung?“607

Unter Ziffer 7 wurde in der Vorlage angeführt, dass der
Mittelbedarf „geschätzt“ werde.608 Unter den Ziffern 6
und 13 wurde darauf verwiesen, dass die Serien-EURO
HAWKs „unter Berücksichtigung der operationellen Er-
fahrungen“ produziert werden sollten609 und ggf. das Ein-
holen eines „Ergänzungsangebots zur Option“ beabsich-
tigt sei.610

In seiner Zeugenvernehmung hat Staatssekretär Wolf dazu
gesagt:

„[…] mir erschien der Zeitpunkt falsch gewählt,
weil die Schätzwerte keine belastbare Grundlage
für eine Beschaffungsentscheidung von Langläu-
ferteilen für die Serie enthielten.“611

Staatssekretär Beemelmans nahm darauf Bezug und ver-
fügte auf der Vorlage:

596 Gerwert, Protokoll-Nr. 6, S. 27.
597 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 10.
598 Stein, Protokoll-Nr. 4, S. 129.
599 Stein, Protokoll-Nr. 4, S. 129.
600 Stein, Protokoll-Nr. 4, S. 136.
601 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45, AIN V 5, Ordner 2, S. 11 f.
602 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45, AIN V 5, Ordner 2, S. 12.
603 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45, AIN V 5, Ordner 2, S. 14.
604 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45, AIN V 5, Ordner 2, S. 12.

605 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 70.
606 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 61.
607 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45, AIN V 5, Ordner 2, S. 11.
608 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45, AIN V 5, Ordner 2, S. 12.
609 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45, AIN V 5, Ordner 2, S. 11 f.
610 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45, AIN V 5, Ordner 2, S. 14.
611 Wolf, Protokoll-Nr. 7, S. 111.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 95 – Drucksache 17/14650

„Bitte WV [Wiedervorlage, Anm.] mit Antwort
auf die Frage von Sts Wolf. Eingrenzung? Um-
gang mit Kostenrisiken? Beschränkung der Zahl
der Systeme oder etwaiger Mehrforderungen?“612

Hierzu hat Staatssekretär Beemelmans gesagt:

„Wir haben beide angesichts der uns gemeldeten
Kostenfolgen entschieden, keine Maßnahmen im
Hinblick auf die zweite Stufe des Euro-Hawk-
Vorhabens – mithin der Beschaffung der Serie –
einzuleiten. Wir haben vielmehr um Präzisierung
der Kostenschätzung gebeten.“613

Er habe zu diesem Zeitpunkt nicht Risiken für die Serie
gesehen, sondern die Kostenschätzung für unklar gehal-
ten. Er billige keinen Vertragsschluss, wenn er nicht ge-
nau beziffern könne, um welche Kosten es gehe.614 Auf
Nachfrage, ob es für ihn kein Anlass für eine „Revision“
des Projektes gewesen sei, hat er geantwortet:

„Nein, […] weil zu dem Zeitpunkt das ja auch
überhaupt nicht [anstand]. Außer dass der Über-
führungsflug erfolgreich gelaufen war, hatte ich
keine Informationen darüber, dass es Probleme
gab. […] praktisch zeitgleich, wie ich den Ver-
merk bekomme, habe ich Manching besucht. Und
da stand in meinen Unterlagen auch nichts ande-
res drin, als dass das Projekt gut läuft und dass
ich die exzellente Zusammenarbeit aller Beteilig-
ten loben sollte […].“615

Im Hinblick auf eine gebotene Eile bei der Beschaffung
hat er erklärt:

„Wenn es eilig gewesen wäre, hätte ich sofort
eine Kostenschätzung bekommen. Wir waren
noch in dem Verfahren der Entwicklung des Pro-
totyps.“616

Der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Wieker,
der die Vorlage nachrichtlich erhielt, hat sich ebenfalls in
seiner Aussage zu dieser Thematik eingelassen:

„Es wäre doch aus meiner Sicht nicht zielführend
gewesen, solange ich nicht über eine Musterzu-
lassung der Serie belastbar entschieden habe, nun
bereits in eine Beschaffung sogenannter Langläu-
ferteile einzutreten, also – mit anderen Worten –
Geld auszugeben für etwas, was ich möglicher-
weise dann gar nicht beschaffe.“617

Am 26. Oktober 2011 wurde die Vorlage vom Büro
Staatssekretär Beemelmans mit dem Auftrag zu einer
zweiten Vorlage zur Beantwortung der gestellten Fragen
an den Geschäftsführenden Beamten Rüstung zurückge-
geben.618

c) Anhalten der zweiten Vorlage vom
22. November 2011

Am 22. November 2011 legte das Referat Rü VI 2 eine
zweite Vorlage vor, in der auf die erste Bezug genommen
und die aufgeworfenen Fragen beantwortet wurden.619
Diese Vorlage wurde von MD Selhausen, der zu diesem
Zeitpunkt vertretungsweise die Funktion des Hauptabtei-
lungsleiters und Nationalen Rüstungsdirektors inne-
hatte,620 gestoppt. Er notierte auf dem Dokument:

„Bitte zunächst die am 23.11.11 in einer Bespre-
chung bei mir angewiesenen Erkundigungen bei
der US-Seite abwarten, ob uns die für eine Zulas-
sung notwendigen Informationen zur Verfügung
gestellt werden. Andernfalls könnte auch eine be-
schleunigte Beschaffung obsolet werden.“621

In der Besprechung, die am 24. November 2011 stattfand,
erfuhr MD Selhausen von möglichem finanziellen und
zeitlichen Mehraufwand für die Musterzulassung der
EURO HAWK-Serie.622 In diesem Zusammenhang hat er
seine Entscheidung in seiner Vernehmung erläutert:

„Das habe ich angehalten, so lange, bis geklärt
ist, wie die möglichen Kostenaufwüchse für die
Serie selbst sein können.“623

d) Kenntnisnahme der Staatssekretäre
Nach Angaben von MD Selhausen habe es über seine
Entscheidung „keine getrennte Vorlage“ gegeben, weil
die Staatssekretäre selbst angewiesen hätten, eine Kosten-
eingrenzung vorzunehmen. Hierzu sei es direkt nicht
mehr gekommen, weil vor einer Bestellung von Langläu-
ferbauteilen erst einmal die sich zu dem Zeitpunkt bereits
abzeichnenden Mehrkosten624 sorgfältig geprüft werden
sollten.625

Am 12. September 2012 bat das Referat AIN V 5 das
Büro von Staatssekretär Beemelmans um formelle Aufhe-
bung des auf der ersten Vorlage verfügten Auftrages des
Staatssekretärs, da die vorgeschlagene vorgezogene Seri-
enbeschaffung626 zeitlich und inhaltlich überholt sei und
nicht weiter verfolgt werde.627 Staatssekretär Beemelmans
hat dazu gesagt:

„Am 12.09.2012 ist uns gemeldet worden, dass
das nicht weiterverfolgt wird von der Abteilung
AIN. Ich schließe nicht aus, dass mir das vorher
mündlich gesagt wurde; aber zu dem Thema ha-
ben wir dann nicht mehr gesprochen.“628

Auch sei er nicht über die Entscheidung von MD Selhausen
informiert worden.629 Auf die Nachfrage, ob ihn das

612 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45, AIN V 5, Ordner 2, S. 11.
613 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 4.
614 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 39 f.
615 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 40.
616 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 40.
617 Wieker, Protokoll-Nr. 7, S. 159.
618 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45, AIN V 5, Ordner 2, S. 11.

619 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45, AIN V 5, Ordner 2, S. 19 ff.
620 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 40 f.
621 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45, AIN V 5, Ordner 2, S. 19.
622 Siehe Abschnitt III.4.a) dd) aaa).
623 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 70.
624 Siehe hierzu Abschnitt III.4.
625 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 70.
626 Siehe oben Abschnitt V. 2. a).
627 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45, AIN V 5, Ordner 2, S. 7 ff.
628 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 17.
629 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 32.

Drucksache 17/14650 – 96 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Thema in der Zwischenzeit nicht interessiert habe, hat er
sich wie folgt geäußert:

„Wenn eine Abteilung etwas im Vorgriff auf ein
offenes Ergebnis fordert und wir lehnen das ab
und sagen: ‚Liefere mir Kostenschätzungen
nach‘, dann hat es die Abteilung in der Hand, ob
sie einsieht: Ich warte doch lieber, bis das Ent-
wicklungsergebnis da ist, und komme später mit
meiner Vorlage […]. Ich muss dann nicht auch
noch Vorlagen hinterherlaufen, an denen ich erst
einmal, für sich genommen, kein Interesse
habe.“630

Des Weiteren hat er erklärt:

„Ab dem Februar 2012 war ja klar, dass es Zulas-
sungsprobleme gibt, und da war klar, dass über
eine Beschaffung von Langläuferteilen nicht ge-
redet werden kann und auch nicht über eine Be-
schaffung der Serie, solange die Zulassungsfrage
nicht geklärt wird. Von daher erübrigte sich diese
Vorlage. Das ist formalisiert storniert worden,
aber sie erübrigte sich.“631

Auf die Nachfrage, ob MD Selhausen die Entscheidung
des Staatssekretärs Beemelmans bestätigt habe, hat letzte-
rer erläutert:

„Ich habe gesagt, dass sich die Richtigkeit unse-
rer Entscheidung faktisch durch seine Mail vom
19. Januar in meinem Büro632 nachträglich bestä-
tigt hat; denn er hat gesagt, man müsse jetzt die
Bestellung von Langläuferteilen ganz neu be-
trachten. Und das hatten wir selbst schon im Ok-
tober gemacht.“633

Auch Staatssekretär Wolf erhielt nach seiner Erinnerung
keinen Rückläufer bzw. keine neue Vorlage zu diesem
Thema. Auf die Frage, ob das ein Fehler gewesen sei, hat
er sich folgendermaßen geäußert:

„Ich hatte auf dieser Vorlage verfügt, dass ich
diese Beschaffung der Langläuferteile für nicht
haushaltsreif erachte, weil die Stückzahl, weil die
entsprechenden Zahlen für mich nur auf Schät-
zungen beruhten und sich nicht tatsächlich ernst-
haft belegen ließen. Dies sollte vermeiden, dass
es in der Konsequenz dieser Vorlagen überhaupt
zu einer Beschaffungsvorlage kommt. Dies ist
vermieden worden; denn ich habe keine ge-
kriegt.“634

3. Alternative Zulassungsformen
a) Erste Überlegungen
Als sich bei der Validierung der Mehrkosten für eine um-
fassende Musterzulassung der EURO HAWK-Serie
zeigte, dass die Finanzierbarkeit des Projektes „sehr frag-
lich“ wurde, erfolgten erste Überlegungen zur „Revidie-

rung der bisherigen Zulassungsstrategie“.635 Ins Spiel
gebracht wurde in diesem Zusammenhang ein Rückgriff
auf die ZDv 19/1 Nr. 316 mit den dazugehörigen Durch-
führungsbestimmungen.636

Die Vorschrift hat folgenden Wortlaut:

„In zwingenden Fällen kann das Bundesministe-
rium der Verteidigung – Führungsstab der Luft-
waffe – von dieser Regelung abweichen.“637

In den Durchführungsbestimmungen dazu heißt es:

„Diese Regelung kann grundsätzlich auch zur
Herstellung und Wahrung der Einsatzfähigkeit
der Bundeswehr angewendet werden, wenn noch
keine Musterzulassung vorliegt und Ltr ML be-
gründet, warum er im jeweiligen Einzelfall keine
Musterzulassung erteilen kann.“638

In diesem Zusammenhang wurde festgestellt, dass eine
Verkehrszulassung durch den Bedarfsträger, d. h. die
Luftwaffe, „Einsparungen gegenüber den derzeit be-
kannten abgeschätzten Finanzmitteln für Zulassungsakti-
vitäten ermöglichen“ könnte.639

Nach der Besprechung vom 25. Januar 2012 mit dem Ab-
teilungsleiter Rüstung, in der es primär um die genaue
Schätzung der zu erwartenden Mehrkosten ging,640 legte
das BWB der Fachaufsicht BMVg Rü VI 2 hierzu einen
abgestimmten Bericht vor. Hierin wurde insbesondere auf
mögliche „zeitliche und kostenmäßige Einsparungen“
verwiesen. Voraussetzung sei allerdings eine eingehende
Prüfung der US-amerikanischen Zulassungsunterlagen,
die einen geschätzten finanziellen Aufwand von ca.
20 bis 50 Millionen Euro mit sich bringe. Empfohlen
wurde letztlich die „Einleitung des Billigungsprozesses
mit anschließender Weisung für eine alternative Vorge-
hensweise und Billigung der Mehrkosten“.641

aa) Billigung des Vorgehens

Dieser Ansatz wurde Staatssekretär Beemelmans mit der
Informationsvorlage vom 8. Februar 2012 vorgestellt.642
Zu dem Hinweis

„Das weitere Vorgehen soll nach lhrer Kenntnis-
nahme mit Fü S und Fü L festgelegt werden. So-
dann ist eine insbesondere auch von Abteilung

630 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 17.
631 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 17.
632 Siehe Abschnitt III.4.b) aa) ccc).
633 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 94.
634 Wolf, Protokoll-Nr. 7, S. 130.

635 MAT 17-35 BMVg zu BB 17-21, BAAINBw L5.1 EH-R1, Ordner 1,
S. 2 f.

636 MAT 17-35 BMVg zu BB 17-21, BAAINBw L5.1 EH-R1, Ordner 1,
S. 2 ff.

637 MAT 17-12 BMVg zu BB 17-7, WTD 61, MVZS, Ordner 1, ZDv 19,
S. 27.

638 MAT 17-12 BMVg zu BB 17-7, WTD 61, MVZS, Ordner 1, ZDv 19,
S. 134.

639 MAT 17-35 BMVg zu BB 17-21, BAAINBw L5.1 EH-R1, Ordner 1,
S. 2 f.

640 Siehe Abschnitt III.4.b) bb).
641 MAT 17-36 BMVg zu BB 17-22, BAAINBw L5.1 EH-R1, Ordner 1,

S. 6.
642 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45, AIN V 5, Ordner 2, S. 131 ff.;

siehe dazu auch Abschnitt III.4.c).

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 97 – Drucksache 17/14650

Haushalt mitgezeichnete Leitungsvorlage vorge-
sehen“

notierte Staatssekretär Beemelmans den Vermerk:

„Ja bitte!“643

Der Projektleiter hat zu dieser Entwicklung in seiner Ver-
nehmung gesagt:

„[…] den Auftrag habe ich bereits Anfang des
Jahres 2012 bekommen, nachdem ich um Billi-
gung dieses Vorgehens nachgesucht habe; das
wurde auch unterstützt. In diesem Zusammen-
hang haben wir dann im Laufe des Jahres die ver-
schiedenen Möglichkeiten, zunächst erst mal ge-
stützt auf […] die Nr. 316 und später dann, gegen
Ende des Jahres, auch im Versuch auf Einzelzu-
lassung - - dort einen Alternativweg zu bekom-
men. Beide Verfahren waren gegen Ende des Jah-
res noch nicht vollends abgeschlossen, das heißt,
mit diesen Alternativen waren Risiken behaf-
tet.“644

bb) Besprechung vom 28. Februar 2012
Am 28. Februar 2012 fand dazu eine Besprechung unter
der Leitung des Referates Rü VI 1 des BMVg in Vertre-
tung der Unterabteilungsleitung BMVg Rü VI statt, an
der die zuständigen Referate im BMVg (Fü S ll 2, Fü L
ll 1, Fü L ll 5, Rü Vl 2), im BWB (L3, L5.1) sowie der
WTD 61/ML teilnahmen.645 Diskutiert wurde über die
Zulassungsproblematik, und der Leiter ML stellte noch
einmal deutlich die Schwierigkeiten bei der Musterzulas-
sung heraus. In der Besprechung äußerten bereits Vertre-
ter der Luftwaffe, dass „der seitens BMVg Rü Vl 2 vorge-
schlagene Betrieb des UAS nach ZDv 19/1 Ziffer 316
aber auch keine Alternative“ sei.646

Aus diesem Grunde wurde das zuständige Referat in der
Abteilung Recht gebeten,

„zu prüfen, was aus rechtlicher Sicht die mindes-
tens erforderlichen Dokumente sind, die vorlie-
gen müssen, um eine mil. Verkehrszulassung für
den Flugbetrieb in DEU (Kat. 2) zu erteilen. Kon-
kret, kann eine dt. mil. Verkehrszulassung erteilt
werden, ohne dass ein Musterzulassungsschein
und/oder keine Stückprüfbescheinigung vorliegt
(bzw analoge Papiere)“.647

cc) Bewertung der Abteilung Recht
Am 5. März 2012 nahm das zuständige Referat dazu Stel-
lung. Es verwies zunächst darauf, dass die Ausnahme
nach § 30 Absatz 1 LuftVG für die Bundeswehr grund-
sätzlich gilt, „soweit dies zur Erfüllung ihrer besonderen
Aufgaben unter Berücksichtigung der öffentlichen Sicher-

heit oder Ordnung erforderlich ist“. Völlig ohne Muster-
zulassung sei eine Verkehrszulassung nach der ZDv 19/1
Nr. 316 nur in zwingenden Fällen möglich. Nach den ent-
sprechenden Durchführungsbestimmungen gilt dies nur
für die „Herstellung und Wahrung der Einsatzfähigkeit
der Bundeswehr“. Als weitere Voraussetzung müsste der
Leiter ML begründen, warum er im jeweiligen Einzelfall
keine Musterzulassung erteilen kann.648

b) Ausnahmeregelung nach ZDv 19/1 Nr. 316
aa) Einsetzung einer Arbeitsgruppe
Am 8. März 2012 fand das „Kick-Off-Meeting“ für eine
neu einzusetzende Arbeitsgruppe statt. Der Auftrag be-
stand darin, alternative Zulassungsmöglichkeiten zu prü-
fen und ein Zulassungsverfahren außerhalb der gültigen
Vorschrift ZDv 19/1 zu erarbeiten.649 Staatssekretär
Beemelmans hat dies wie folgt umschrieben:

„[…] man hat sie [die Arbeitsgruppe] gegründet,
weil man zuversichtlich war, mit der Luftwaffe
einen alternativen Weg der Zulassung zu finden
und damit zwar eine Kurve zu drehen, aber recht
bald wieder auf den Weg zu kommen.“650

General Wieker hat sich in seiner Vernehmung daran erin-
nert, dass „im Nachgang“ zu der Rüstungsklausur vom
1. März 2012 eine Arbeitsgruppe „zur Prüfung der
Frage, ob es einen alternativen Zulassungsweg zur Mus-
terzulassung gebe und geben könne“ eingesetzt wurde:651

„Diese Arbeitsgruppe wurde unter Leitung In-
spekteur Luftwaffe eingeteilt und hat ihre Arbeit
dann im Dezember 2012, wenn ich das recht erin-
nere, beendet.“652

Der Abteilungsleiter AIN, MD Selhausen, hat in diesem
Zusammenhang darauf verwiesen:

„Es ist ja dann […], beginnend mit der Konstitu-
ierung der Arbeitsgruppe am […] 8. März 2012,
überhaupt erst untersucht worden, ob es Möglich-
keiten der alternativen Zulassung auch der Serie
gibt.“653

Nach seiner Erinnerung habe die Arbeitsgruppe zunächst
unter der Leitung des Projektleiters gestanden, ab dem
22. Mai 2012 habe dann der Inspekteur der Luftwaffe die
Federführung übernommen.654

aaa) Bericht vom 30. April 2012
Am 30. April 2012 berichtete das fachaufsichtsführende
Referat im BMVg, seit dem 1. April 2012 AIN V 5, dem
Abteilungsleiter AIN im Hinblick auf das weitere Vorge-

643 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45, AIN V 5, Ordner 2, S. 131.
644 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 36.
645 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 36.
646 MAT 17-85 BMVg zu BB 17-64, AIN V 5, Ordner 5, S. 324.
647 MAT 17-85 BMVg zu BB 17-64, AIN V 5, Ordner 5, S. 325.

648 MAT 17-85 BMVg zu BB 17-64, AIN V 5, Ordner 5, S. 325.
649 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 37; MAT 17-79 C BMVg zu BB 17-59, WTD 61,
GF 230 Mayer, Ordner 48, S. 286.

650 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 19.
651 Wieker, Protokoll-Nr. 7, S. 159 f., 170.
652 Wieker, Protokoll-Nr. 7, S. 160.
653 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 92.
654 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 46.

Drucksache 17/14650 – 98 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

hen, dass eine Entscheidung zur Serie EURO HAWK
„aus rüstungswirtschaftlicher Sicht [...] in dieser Legis-
laturperiode wahrscheinlich nicht mehr getroffen wer-
den“ könne.655 Begründet wurde dies zum einen damit,
dass die Zulassungsproblematik nach wie vor ungeklärt
sei.656 Auch die Zukunft des GLOBAL HAWK sei unge-
wiss. Verwiesen wurde auch auf die Thematik der Lang-
läuferbauteile.657 Aufgrund der beschriebenen Ungewiss-
heiten stelle eine Beschaffung der Langläuferbauteile ein
„erhebliches wirtschaftliches Risiko“ dar.658

Das Referat im BMVg AIN V 5 nahm dazu folgende Be-
wertung vor:

„Von den bei der Entscheidung für den Full Scale
Demonstrator gemachten Aussagen der US-Seite
haben sich nahezu alle nicht bewahrheitet. Weder
Zulassung, noch Konfigurationsmanagement,
Missionsplanung oder lnteroperabilität haben je-
mals einen wirklichen Serienstandard erreicht.

Diese Entwicklung war u. a. den unmittelbaren
Einsatzforderungen geschuldet. Der GLOBAL
HAWK hat mehr als 35.000 ‚Combat Hours‘.

Die USAF will nun weitestgehend einen Schluss-
strich unter das Kapitel GLOBAL HAWK set-
zen.“659

Die Arbeiten der nächsten Monate sollten sich nun auf
folgende Punkte konzentrieren:

„– Bewertung der Leistungsfähigkeit des Full
Scale Demonstrators in der Erprobung im
2. Halbjahr 2012 sowie im anschließenden An-
fangsflugbetrieb bei der Luftwaffe ab Januar
2013;

– abschließende Klärung, ob es eine Zukunft für
das EURO HAWK System unter Berücksichti-
gung der Aspekte Versorgbarkeit und Zulas-
sung gibt;

– alternatives Trägerkonzept für das Herzstück
des EURO HAWK Programms, das deutsche
SIGINT Sensor Paket, erarbeiten;

– Optionen für eine Zwischenlösung bis ca. 2020
zu entwickeln, wobei die Nutzung des SIGINT
Sensors im Fokus stehen sollte.“660

Der Abteilungsleiter MD Selhausen, erbat hierzu eine In-
formationsvorlage für den Staatssekretär.661 Umgesetzt
wurde dies mit den Vorlagen vom 15. Mai und 15. Juni
2012.662

bbb) Bericht vom 14. Mai 2012
Am 10. Mai 2012 berichtete BWB L5.1 an das Referat
BMVg AIN V 1 über das Ergebnis eines weiteren Abstim-
mungsgespräches vom 9. Mai 2012. Darin wird u. a. da-
rauf verwiesen, „dass eine abschließende Stellungnahme
der Lw [Luftwaffe, Anm.] zur Übernahme der Zulas-
sungsverantwortung im Rahmen eines alternativen Ver-
fahrens noch nicht vorliege“. Dazu solle ein weiteres Ge-
spräch erfolgen, um die Beteiligung bzw. Einbindung der
WTD 61/ML in die Prüfung der Luftwaffe zu klären. Des
weiteren heißt es in dem Bericht:

„Darüber hinaus wurde festgelegt, dass die be-
reits […] avisierte Arbeitsgruppe ‚Zulassung
EURO HAWK‘ […] zügig die Arbeit unter FF
[Federführung] des Stab lnspLw II 5 aufnehmen
soll.“663

Die Arbeitsgruppe solle vor allem eine „Road Map“ für
einen alternativen Zulassungsweg erarbeiten. Zu den ein-
zelnen Fragen hatte die WTD 61/ML bereits in dem Kick-
Off-Meeting am 8. März 2008 nähere Ausführungen ge-
macht.664

„Tragende Säule“ des Alternativweges sollte nun die
Übernahme bzw. Anerkennung der Fluggenehmigung
(„Restricted Airworthiness Certificate“) der US Air Force
sein. Vom Grundsatz her sollte das Alternativverfahren
analog zu der vereinfachten Musterprüfung gemäß der
ZDv 19/1 Nr. 220 ablaufen:

„Beim EURO HAWK soll eine ‚vereinfachte Ver-
kehrszulassung‘ auf der Basis des US-amerikani-
schen Restricted Airworthiness Certificate er-
reicht werden. Durch Anerkennung dieser
Verkehrszulassung durch die Lw könnte die auf-
grund nicht vorhandener expliziter Nachweise
nicht erfolgreich durchzuführende umfassende
Musterprüfung durch die WTD 61/ML weitge-
hend ersetzt werden. Darüber hinaus werden alle
zur Verfügung stehenden Erkenntnisse aus der
Prototypenprüfung beim FSD (VVZ) ebenfalls
als Grundlagen berücksichtigt. Mit diesem inno-
vativen Hybridansatz könnte eine Verkehrszulas-
sung einschließlich Erhalt der Verkehrssicherheit
in der Nutzung erreicht werden.“665

ccc) Vorlagen vom 25. Juni 2012
Am 25. Juni 2012 legte das BWB der Fachaufsicht im
BMVg, AIN V 5, einen weiteren Zwischenstand des Pro-
jektleiters zu dem Fortschritt der Aktivitäten vor.666 Nach
damals aktuellem Stand habe die WTD 61/ML die Unter-
stützung des Stabes des Inspekteurs der Luftwaffe „durch
Empfehlungen weitestgehend auf Basis einer Sicherheits-

655 MAT 17-50 BMVg zu BB 17-31, Ordner 3, S. 250.
656 MAT 17-50 BMVg zu BB 17-31, Ordner 3, S. 251.
657 Siehe dazu Abschnitt V.2.
658 MAT 17-50 BMVg zu BB 17-31, Ordner 3, S. 250.
659 MAT 17-50 BMVg zu BB 17-31, Ordner 3, S. 251 f.
660 MAT 17-50 BMVg zu BB 17-31, Ordner 3, S. 250 f.
661 MAT 17-50 BMVg zu BB 17-31, Ordner 3, S. 250.
662 Siehe Abschnitt V.1.a)aa)aaa).

663 MAT 17-38 BMVg zu BB 17-25, BAAINBw L5.1 EH-R1, Ordner 1,
S. 4.

664 MAT 17-38 BMVg zu BB 17-25, BAAINBw L5.1 EH-R1, Ordner 1,
S. 4.

665 MAT 17-38 BMVg zu BB 17-25, BAAINBw L5.1 EH-R1, Ordner 1,
S. 5.

666 MAT 17-50 BMVg zu BB 17-31, Ordner 3, S. 398 ff.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 99 – Drucksache 17/14650

bewertung des UAS EURO HAWK“ zugesagt. Es wurde
zugleich betont, dass nach Aussagen des Leiters ML „die
Akzeptanz dieser Empfehlungen sowie die Übernahme
des Restricted Airworthiness Certificate der USAF […]
und die abschließende deutsche Verkehrszulassung […]
in der ausschließlichen Verantwortung der Lw“ lägen.667
Um letztlich eine belastbare Empfehlung zum Thema
deutsche Zulassung EURO HAWK bis Ende September
2012 geben zu können, seien noch verschiedene Punkte
zu klären. Um eine zeitnahe Klärung herbeizuführen, bat
der Projektleiter Knöpfel „um ministerielle Unterstützung
insbesondere hinsichtlich der […] aufgeführten […] The-
menbereiche und um ministerielle Begleitung des Klä-
rungsprozesses“.668

Am selben Tag erstellte das Referat BMVg AIN V 5 Ge-
sprächsunterlagen für ein avisiertes Gespräch des Bun-
desministers der Verteidigung mit den Abgeordneten Elke
Hoff und Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) am darauffol-
genden Morgen.669 Dazu war mitgeteilt worden, dass auf-
grund eines Presseartikels auch das Thema EURO
HAWK angesprochen werden sollte.670

In der entsprechenden Hintergrundinformation wird aus-
führlich die Historie des Projektes dargelegt. Im Zusam-
menhang mit der Zulassungsproblematik heißt es im
Sachstand:

„Der EURO HAWK FSD wird auf der Grundlage
einer vorläufigen Verkehrszulassung betrieben.
Für die Serienluftfahrzeuge ist eine reguläre Ver-
kehrszulassung erforderlich. Die vorliegende Do-
kumentation lässt eine solche Zulassung nach den
derzeit gültigen Normen nicht zu, weshalb ein
alternatives Zulassungsverfahren untersucht
wird.“671

Darauf Bezug nehmend wurde folgende Bewertung vor-
genommen:

„Aus den Erfahrungen des deutschen Prüfers in
den USA wurde zunehmend deutlich, dass grund-
sätzliche Abweichungen in den Zulassungsver-
fahren der US Air Force gegenüber den gültigen
deutschen Standards nach ZDv 19/1 bestehen.
Ein daraus resultierender Maßnahmenkatalog
wurde im Februar 2012 erarbeitet (Anlage 2) und
derzeit auf Durchführbarkeit geprüft.“672

Bei der Anlage 2 handelte es sich um die Vorlage an
Staatssekretär Beemelmans vom 8. Februar 2012.673 Die

Vorlage an den Bundesminister wurde noch am selben
Tag vom Abteilungsleiter AIN paraphiert.674

bb) Unterrichtungsvorlage vom
1. Oktober 2012

Am 27. September 2012 führte Staatssekretär
Beemelmans ein Gespräch mit dem neuen CEO von
EADS Division Cassidian, Bernhard Gerwert.675 Am sel-
ben Tag erteilte das Büro Staatssekretär Beemelmans
BMVg AIN V 5 den Auftrag, einen Sachstandsbericht zur
aktuellen Zulassungssituation vorzulegen.

Diesen Bericht legte das Referat BMVg AIN V 5 am
1. Oktober 2012 vor.676 Als eine Kernaussage wird darin
dargelegt:

„Eine belastbare Aussage über einen alternativen
Zulassungsweg für die Serienflugzeuge als Aus-
nahme zur ZDv 19/1 wird spätestens Ende 2012
vorliegen.“677

Ursprünglich hieß es in der Vorlage „frühestens Ende
2012“. Dies wurde geändert in „spätestens Ende
2012“.678

In der Bewertung wird dazu gesagt, dass „vor einer Ent-
scheidung zur Serienbeschaffung EURO HAWK […] zu-
nächst ein verlässlicher Weg zum Erreichen der Verkehr-
zulassung aufzuzeigen“ sei.679 Daneben erfolgt noch der
Hinweis, dass „unabhängig davon“ geprüft werde, ob es
alternative Trägerplattformen für das Missionssystem
ISIS gebe „für den Fall, dass eine Zulassung für die Seri-
enflugzeuge über die gesamte Nutzungsdauer absehbar
nicht erreicht werden kann“.680

Staatssekretär Beemelmans nahm das Dokument am
5. Oktober 2012 zur Kenntnis und vermerkte:

„Das Zulassungsverfahren gehört insgesamt
überprüft. Wir brauchen dringend Klarheit über
die Zulassungsfähigkeit. Entscheidung bis Ende
2012 und dann Bericht und Vorschlag zum weite-
ren Verfahren.“681

Als Reaktion darauf bat das Referat BMVg AIN V 5 das
Referat BMVg FüSK III 1, die Fortführung der Arbeits-
gruppe „Zulassung EURO HAWK“ unter Einbindung des
Kommandos Luftwaffe sicherzustellen und bis zum
23. November 2012 einen Ergebnisbericht vorzulegen.682

aaa) Gesamtschau Zulassung HALE/MALE
Unabhängig von dem konkreten EURO HAWK-Projekt
hatte BMVg AIN V 5 das BWB angewiesen, zu Beginn
des vierten Quartals 2012 eine „Gesamtschau“ zu den

667 MAT 17-50 BMVg zu BB 17-31, Ordner 3, S. 400.
668 MAT 17-50 BMVg zu BB 17-31, Ordner 3, S. 401.
669 MAT 17-80 BMVg zu BB 17-44, AIN V 5, Sämtliche Vorlagen,

Ordner 1, S. 1 ff.
670 MAT 17-80 BMVg zu BB 17-44, AIN V 5, Sämtliche Vorlagen,

Ordner 1, S. 2.
671 MAT 17-80 BMVg zu BB 17-44, AIN V 5, Sämtliche Vorlagen,

Ordner 1, S. 50.
672 MAT 17-80 BMVg zu BB 17-44, AIN V 5, Sämtliche Vorlagen,

Ordner 1, S. 50.
673 MAT 17-80 BMVg zu BB 17-44, AIN V 5, Sämtliche Vorlagen,

Ordner 1, S. 51; siehe dazu Abschnitt V.4.c).

674 MAT 17-80 BMVg zu BB 17-44, AIN V 5, Sämtliche Vorlagen,
Ordner 1, S. 96.

675 Siehe dazu Abschnitt IV.4.
676 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45, AIN V 5, Ordner 2, S. 176 ff.
677 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45, AIN V 5, Ordner 2, S. 176.
678 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45, AIN V 5, Ordner 2, S. 176.
679 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45, AIN V 5, Ordner 2, S. 178.
680 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45, AIN V 5, Ordner 2, S. 178.
681 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45, AIN V 5, Ordner 2, S. 176.
682 MAT 17-78 A BMVg zu BB 17-52, AIN V 5, Ordner 66, S. 42.

Drucksache 17/14650 – 100 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Zulassungen der unbemannten Luftfahrzeuge der Klassen
HALE und MALE vorzulegen. Das zum 1. Oktober 2012
neu aufgestellte BAAINBw, zu dem auch der Bereich des
ehemaligen BWB gehört, setzte dies mit Schreiben vom
12. Oktober 2012 um.683

Zur Zulassung der EURO HAWK-Serie wird darauf ver-
wiesen, dass die Prüfung eines alternativen Zulassungs-
weges für eine Verkehrszulassung im Verantwortungsbe-
reich der Luftwaffe weiterhin andauere und Ergebnisse
bis Ende des Jahres vorliegen sollten.684 Im Einzelnen
wird dazu ausgeführt, dass Kerngedanke „die Über-
nahme der Zulassungsverantwortung und des Erhalts der
Verkehrssicherheit in Analogie zur Nummer 316 der ZDv
19/1 durch den Inspekteur der Luftwaffe“ sei, um so ggf.
das Anerkennen bzw. Akzeptieren eines Großteils der Zu-
lassungsunterlagen zu erreichen. Jedoch bewerte die
Luftwaffe die Übernahme dieser Verantwortung als kri-
tisch. „Sowohl die Kompetenz als auch der Umfang des
erforderlichen Personals für diesen mehrjährigen Pro-
zess“ sei derzeit nicht gegeben. Es sei aber die abschlie-
ßende Stellungnahme dazu abzuwarten.685

bbb) Interner Bericht des BAAINBw
In ähnlicher Weise wurde die Leitung des BAAINBw am
16. Oktober 2012 unterrichtet.686 Hier heißt es zusätzlich,
dass die Erarbeitung eines Alternativprozesses für eine
Verkehrszulassung einschließlich aller Prozesse zu deren
Erhalt in der späteren Nutzung abweichend von den Ver-
fahren der ZDv 19/1 „sehr komplex“ sei.687 Dies zeige
auch die schwierige, noch andauernde Abstimmung in-
nerhalb der Luftwaffe nach Übernahme der Federfüh-
rung. Der Projektleiter äußert hier zudem Zweifel, dass
ein belastbares Ergebnis bis Ende 2012 vorliegen
könne.688

cc) Ergebnis der Arbeitsgruppe vom
22. November 2012

Auf Bitte des Referates AIN V 5 legte das Referat
FüSK III 1 am 22. November 2012 einen Bericht zum Er-
gebnis der Arbeitsgruppe „Zulassung EURO HAWK“
vor.689

Die Arbeitsgruppe unterschied bei Ihrer Prüfung zunächst
zwischen Luftfahrzeugen, die auf Dauer in den Streitkräf-
ten genutzt werden sollen, und solchen, die nur temporär
genutzt werden sollen und für die nicht zeitgerecht und
nur unter einem unverhältnismäßig hohen Aufwand eine
Musterzulassung zu erzielen sei. Für erstere sah die Ar-
beitsgruppe den Weg einer Musterzulassung nach ZDv
19/1 zur Sicherstellung eines nachhaltigen Flugbetriebs
als unerlässlich an. So müsse auch bei dem Zurückgreifen
auf die Ausnahmeregelung der ZDv 19/1 Nr. 316 immer

der Abschluss einer Musterzulassung bzw. Stückprüfung
in einem vorgegebenen Zeitraum das Ziel bleiben.690

Für den Fall der nur temporär zu nutzenden Luftfahr-
zeuge sollte eine Zulassung auf anderem Wege erlangt
werden können. Abgestützt auf die Zulassung anderer
Nationen und ggf. auf eine qualifizierte externe Expertise
könnte dies mit der abschließenden Erklärung der Ver-
kehrssicherheit bzw. Lufttüchtigkeit durch den Leiter ML
erfolgen. Aus Sicht der Arbeitsgruppe wäre dies bereits
heute schon auf Grundlage der ZDv 19/1 Nr. 316 für den
Einsatz möglich. Bei einer Änderung der dazugehörigen
Durchführungsbestimmungen könnte dies auch auf den
Erhalt der Einsatzfähigkeit erweitert und den Verantwort-
lichen zusätzliche Entscheidungsspielräume eingeräumt
werden.

Die Arbeitsgruppe kommt sodann bezogen auf den
EURO HAWK zu der Bewertung:

„Vor dem Hintergrund wichtiger fehlender Sach-
stände und lnformationen wie z. B. Erkenntnisse/
Ergebnisse von Testflügen des FSD Prototypen
mit VVZ […] ist noch keine abschließende Aus-
sage zur Zulassbarkeit des Serien-Lfz möglich.
Festzustellen ist nur, dass eine VVZ keine dauer-
hafte Lösung sein kann und die entsprechenden
Ergebnisse sehr wahrscheinlich nicht in der not-
wendigen Quantität und Qualität vorliegen, um
sich ein abschließendes Urteil zu bilden.

Da eine Musterzulassung aber anscheinend nicht
mit vertretbarem Aufwand erzielt werden kann,
ist aus Sicht FüSK III 1 durch AIN V 5 zu unter-
suchen, ob zumindest eine Erklärung zur Luft-
tüchtigkeit […] durch Ltr ML erstellt werden
kann. Hierzu benötigt Ltr ML aber einen erwei-
terten ‚Spielraum‘, da solch ein Weg ‚Neuland‘
ist und bisher nicht konform mit der derzeit gel-
tenden ZDv 19/1 ist. Mit einer entsprechenden
Feststellung, welches ‚Restrisiko‘ mit einer Ver-
kehrszulassung, die nicht auf einer Musterzulas-
sung basiert, zu übernehmen ist, wäre aus hiesi-
ger Sicht auch noch eine rechtliche Prüfung
zumindest im Hinblick auf die Haftungsfrage
durchzuführen.“691

Der Leiter ML, Wolfgang Steiger, hat in seiner Verneh-
mung eine allgemeine Bewertung eines alternativen Zu-
lassungsweges vorgenommen, die sich auf die damit ver-
bundenen Folgen bezieht:

„Aber man muss sich darüber im Klaren sein: Ein
dauerhafter Betrieb eines nicht musterzugelasse-
nen Systems auf dieser Basis, mit der ständigen
Notwendigkeit einer Risikobewertung, mit der
Ungewissheit, wie sich das System in der Zu-
kunft verhält, wie die Randbedingungen sich wei-
terhin entwickeln werden […] der Notwendig-
keit, auch ungeplant größere Änderungen

683 MAT 17-78 A BMVg zu BB 17-52, AIN V 5, Ordner 66, S. 1 ff.
684 MAT 17-78 A BMVg zu BB 17-52, AIN V 5, Ordner 66, S. 1.
685 MAT 17-78 A BMVg zu BB 17-52, AIN V 5, Ordner 66, S. 9.
686 MAT 17-39 BMVg zu BB 17-27, Ordner 1, S. 1 ff.
687 MAT 17-39 BMVg zu BB 17-27, Ordner 1, S. 3.
688 MAT 17-39 BMVg zu BB 17-27, Ordner 1, S. 3.
689 MAT 17-78 A BMVg zu BB 17-52, AIN V 5, Ordner 66, S. 40.

690 MAT 17-78 A BMVg zu BB 17-52, AIN V 5, Ordner 66, S. 40.
691 MAT 17-78 A BMVg zu BB 17-52, AIN V 5, Ordner 66, S. 41.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 101 – Drucksache 17/14650

durchführen zu müssen, birgt natürlich schon er-
hebliche Risiken, sowohl was die Verfügbarkeit
als auch was die Kosten angeht. Man kann das
machen. Es ist unter gewissen Umständen, wie
ich vorhin schon sagte, sicherlich vielleicht auch
mal notwendig; aber das gibt es nicht um-
sonst.“692

c) Stückbezogene Vorläufige Verkehrs-
zulassung

Ende Januar 2012 hatte der Projektleiter LTRDir Knöpfel
vor dem Hintergrund der Erkenntnisse über die mögli-
chen Mehrkosten für die Musterzulassung der EURO
HAWK-Serie verschiedene Handlungsalternativen für die
Fähigkeit SLWÜA betrachtet.693 Zu jenem Zeitpunkt
hatte er bereits die Beschaffung von vier weiteren EURO
HAWK-Luftfahrzeugen im Bauzustand des Full Scale
Demonstrators in Erwägung gezogen, um diese dann
ebenso mit einer Vorläufigen Verkehrszulassung betrei-
ben zu können.694

aa) Anfrage des Projektleiters

In der Konsequenz der weiteren Entwicklung beauftragte
LTRDir Knöpfel den Leiter ML mit Schreiben vom
25. Oktober 2012, diese Idee näher zu evaluieren. Zu dem
Ausgangspunkt seiner Betrachtung hat er sich im Rahmen
der Zeugenvernehmung geäußert:

„Deswegen hatte ich ja noch eine zweite Alterna-
tive reingebracht […] Eine Musterzulassung setzt
vom damaligen Denken her auch eine große
Flotte voraus […]. Wenn ich aber nur von fünf
Luftfahrzeugen fliege [Anm: gemeint wohl
„rede“], dann sind das insgesamt noch weniger
Prototypen, als ich damals für Tornado hatte. Es
ist ja wesentlich weniger, anstatt der 259 Luft-
fahrzeuge, die wir damals hatten. Da kam die
Idee: Wenn ich Prototypen an der WTD 61 in die-
sem Umfang mit Einzelzulassung betreiben kann,
warum kann ich das nicht mit einer Serie?“695

bb) Stellungnahme des Leiters ML

Der Leiter ML nahm dazu am 26. November 2012 Stel-
lung.696 Zusammenfassend stellt er fest, dass der Betrieb
von vier weiteren EURO HAWK-Luftfahrzeugen einem
Entwicklungsflugbetrieb mit undefiniertem Entwick-
lungsziel gleichkäme. Die damit verbundenen Kosten
würden sich aus seiner Sicht „dauerhaft auf hohem
Niveau“ und ohne Aussicht auf Verringerung bewegen,
da eine Zielkonfiguration nicht erreicht würde.697 In sei-

ner Vernehmung hat der Leiter ML, DirWTD Steiger, dies
näher erläutert:

„Da haben wir auf den Kostenaspekt hingewie-
sen, aber, soweit ich mich erinnere, nicht quanti-
tativ, sondern qualitativ: dass hier höhere Kosten
in der Nutzung zu erwarten seien, […] dass man,
eben weil man keinen festgeschriebenen Bauzu-
stand erreicht und weil man abhängig ist von Da-
ten, die an anderer Stelle erzeugt werden müssen,
nämlich zum Beispiel bei der US Air Force, hier
einfach Unwägbarkeiten hat […] dass […] auch
mit erhöhtem personellen Aufwand, weil aus
meiner Sicht zumindest nicht sichergestellt ist,
dass ein dauerhafter Betrieb unter VVZ allein
durch die Truppe, durch die Luftwaffe, möglich
ist, sondern dass man möglicherweise hier immer
Industrieunterstützung – in welchem Umfang
auch immer – benötigt. Auch das erzeugt natür-
lich über die Zeit nicht vernachlässigbare Kos-
ten.“698

Insgesamt ging der Zeuge Steiger von einem erheblichen
Mehraufwand im Vergleich zur Bearbeitung bisher einge-
führter Luftfahrzeug-Muster aus.699

cc) Bewertung des Projektleiters
Gegenüber der Fachaufsicht AIN V 5 im BMVg fasste
der Projektleiter mit Schreiben vom 13. Dezember 2012
zusammen,700 dass insgesamt „ein Flugbetrieb von fünf
EURO HAWK Luftfahrzeugen auf Basis von Einzelzulas-
sungen möglich“ wäre. Allerdings sei dabei „von höhe-
ren Kosten im Vergleich zu einem Flugbetrieb auf Basis
einer Musterzulassung auszugehen“. Schließlich exis-
tiere ein hohes Risiko, dass der Flugbetrieb aufgrund von
Auflagen nur in eingeschränkter Form erfolgen könne.701

d) Abschließende zusammenfassende
Bewertung des BAAINBw

Das Referat BMVg AIN V 5 legte dem Abteilungsleiter
AIN mit Schreiben vom 3. Januar 2013 eine Informa-
tionsvorlage zu der abschließenden zusammenfassenden
Bewertung des BAAINBw zu der Zulassbarkeit der
EURO HAWK-Serie vor.702

Zunächst bemängelte die Fachaufsicht, dass das
BAAINBw „trotz konsequenter permanenter Einbindung
von Fachexpertise aus dem Bereich der Musterzulassung
seit Programmbeginn, u. a. auch über mehrere Jahre vor
Ort in USA – nicht in der Lage“ gewesen sei, die ge-
wünschte Bewertung zum vorgegebenen Termin am
19. Dezember 2012 vorzulegen.703 Dies habe zur Folge

692 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 78.
693 MAT 17-85 BMVg zu BB 17-64, AIN V 5, Ordner 5, S. 79 f.
694 MAT 17-85 BMVg zu BB 17-64, AIN V 5, Ordner 5, S. 80.
695 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 26.
696 MAT 17-40 BMVg zu BB 17-28, BAAINBw L5.1 EH-R1, Ordner 1,

S. 1 f.
697 MAT 17-40 BMVg zu BB 17-28, BAAINBw L5.1 EH-R1, Ordner 1,

S. 2.

698 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 87.
699 MAT 17-40 BMVg zu BB 17-28, BAAINBw L5.1 EH-R1, Ordner 1,

S. 2.
700 MAT 17-40 BMVg zu BB 17-28, BAAINBw L5.1 EH-R1, Ordner 1,

S. 20 f.
701 MAT 17-40 BMVg zu BB 17-28, BAAINBw L5.1 EH-R1, Ordner 1,

S. 21.
702 MAT 17-50 zu BB 17-31, Ordner 5, S. 1 ff.
703 MAT 17-50 zu BB 17-31, Ordner 5, S. 1.

Drucksache 17/14650 – 102 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

gehabt, dass die Staatssekretärsvorlage vom 20. Dezem-
ber 2012704 nur unter Berücksichtigung der bis dahin vor-
liegenden Erkenntnisse habe ergehen können.

Das Referat BMVg AIN V 5 stellte heraus, dass es die
Bewertung des Berichtes zu den alternativen Zulassungs-
wegen „inhaltlich nicht“ teile.705

Eine „Aussage zu einer belastbaren und konkreten Han-
dlungsoption für einen alternativen Zulassungsweg“
werde nicht getroffen.706 Bemängelt wird in diesem Zu-
sammenhang, dass die alternativen Zulassungswege „seit
neun Monaten“ untersucht worden, jedoch noch immer
im Konzeptstatus seien.707 Das BAAINBw habe stattdes-
sen sogar empfohlen, die Prüfung und Bewertung mit
dem Ziel eines abschließenden Ergebnisses „bis I. Quar-
tal 2014 fortzuführen“. 708 Ob so eine belastbare Aussage
erreicht werden könne, sei „unter Berücksichtigung der
bisherigen Ergebnisse und Erfahrungen fraglich“.

Der Abteilungsleiter AIN, MD Selhausen, nahm die Vor-
lage am 16. Januar 2013 zur Kenntnis und notierte mit
dem Abzeichnen seinen Kommentar:

„Jetzt wird Terminverlängerung bis l. Quartal
2014 gefordert! Dann – in 2014 – wird gebeten,
bis Mitte 2015 zu verlängern! Dies Spiel kennen
wir. Der Minister erwartet bekanntermaßen zum
31. März 2013 (Eingang bei ihm) eine Entschei-
dung mit klarer Aussage zur Zulassungsfähigkeit.
BAAINBw hat bis 15. Februar 2013 diesen Weg
verbindlich aufzuzeigen. Dies wird Thema in der
nächsten UAL-Ko (RL AIN V 5 trägt vor).“709

Grundsätzlich hat der Zeuge MD Selhausen in seiner Ver-
nehmung Verständnis für die Dauer der Prüfung geäußert:

„Das ist ein sensibler Prozess. Denn wenn Sie
sich hier entscheiden zu einem alternativen Zu-
lassungsweg, dann bedeutet das, auch Verantwor-
tung zu übernehmen, und dann bedeutet das unter
Umständen auch, Haftung zu übernehmen. Die-
ses im Einzelnen abzuwägen und hier die richtige
Balance zu finden, die einzelnen Argumente ge-
geneinanderzustellen und möglicherweise auch
Zwischenwege zu finden, das ist in dem Thema
– so habe ich es mir erklären lassen – nicht ein-
fach, und deswegen hat das offenbar diese Zeit
gedauert.“710

Die Beweggründe für den vorgenommenen Vermerk hat
er an anderer Stelle erklärt:

„Da geht es um Zulassungsfragen, und es hatte
sich am 8. März des Vorjahres eine Arbeitsgruppe
gebildet, die alternative Zulassungsverfahren un-
tersuchen sollte, und diese Arbeitsgruppe hat ihre

Ergebnisse im November – ich meine zu erinnern
22. November 2012 – vorgelegt. Und zwei Mo-
nate später kommt wieder die Frage auf: Können
wir nicht doch in irgendeiner Weise alternativ zu-
lassen?

Da ist dann irgendwann der Punkt da, dass ich als
Vorgesetzter in dem Moment mir gesagt habe:
Jetzt muss mal klar und deutlich werden, dass
diese Ideen aufhören. Es ist kein Ergebnis ge-
kommen, und wir müssen jetzt zu einer Entschei-
dung kommen.“711

4. Alternative Trägerplattform

Bei seinen ersten Überlegungen zu Handlungsalternati-
ven für die Fähigkeit SLWÜA hatte der Projektleiter
Knöpfel auch über die Migration von „ISIS auf ein
Fremdsystem“ nachgedacht. Allerdings führte er als
Nachteil zugleich wahrscheinliche Leistungseinbußen
auf, weil das „Wirtssystem“ die Fähigkeit HALE, d. h.
das Wirken in einer Höhe von bis zu 60 000 Fuß, nicht er-
füllen werde.712

Wieder aufgegriffen wurde diese Alternative in der Infor-
mationsvorlage des Referates AIN V 5 an den Abtei-
lungsleiter AIN, MD Selhausen, vom 30. April 2012.713
Hier wurde bereits vorgeschlagen, die Arbeiten „der
nächsten Monate“ u. a. darauf zu konzentrieren, ein „al-
ternatives Trägerkonzept für das Herzstück des EURO
HAWK Programms, das deutsche SIGINT Sensor Paket“
zu erarbeiten.714 In der Bewertung wurden die Gründe da-
für näher dargelegt:

„Auf Grund der dargelegten Risiken ist bereits
heute auch ein alternatives Plattformkonzept für
die SIGINT Sensorik zu erarbeiten. BWB wird
hierzu einen entsprechenden Untersuchungsauf-
trag erhalten. Aktuelle Entwicklungen im Bereich
unbemannter Systeme sollten mit berücksichtigt
werden.“715

Der offizielle Auftrag wurde nach Kenntnisnahme und
Billigung der Vorlagen durch Staatssekretär Wolf716 dem
BWB am 5. September 2012 formell erteilt.717 Auf die
Frage, seit wann diese Alternative betrachtet werde, hat
LTRDir Knöpfel darauf verwiesen:

„Seitdem wir beauftragt worden sind, und eine
erste Beauftragung in diese Richtung war im Sep-
tember letzten Jahres. Dort wurde gesagt, wir
sollten mal eine Kurzstudie machen, zu der wir
Aussagen über die Integration des ISIS-Systems
in einen alternativen Träger führen sollen.“718

704 Siehe dazu Abschnitt V.5.b).
705 MAT 17-50 zu BB 17-31, Ordner 5, S. 1.
706 MAT 17-50 zu BB 17-31, Ordner 5, S. 1.
707 MAT 17-50 zu BB 17-31, Ordner 5, S. 2.
708 MAT 17-50 zu BB 17-31, Ordner 5, S. 1.
709 MAT 17-50 zu BB 17-31, Ordner 5, S. 1.
710 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 90.

711 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 65.
712 MAT 17-85 BMVg zu BB 17-64, AIN V 5, Ordner 5, S. 80.
713 MAT 17-50 BMVg zu BB 17-31, Ordner 3, S. 250 ff.
714 MAT 17-50 BMVg zu BB 17-31, Ordner 3, S. 250 f.
715 MAT 17-50 BMVg zu BB 17-31, Ordner 3, S. 252.
716 Siehe Abschnitt V.1.a)aa)bbb).
717 MAT 17-50 BMVg zu BB 17-31, Ordner 3, S. 445.
718 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 27.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 103 – Drucksache 17/14650

Zu dem allgemeinen Vorgehen und den damals bereits be-
kannten Schwachpunkten hat er sich ebenfalls geäußert:

„Entsprechend den funktionalen Forderungen,
wie sie in der AF, der Abschließenden Forderung,
auch begründet wurden, untersuchen wir wieder
bemannte als auch unbemannte Systeme, wobei
bei den unbemannten Systemen natürlich immer
noch entsprechende Herausforderungen sind.
Aber als bemannte Systeme könnten wir uns ein
schnelles Geschäftsreiseflugzeug oder einen ent-
sprechenden Mittelstreckenjet vorstellen, wobei
hier das Problem nachher die Antennenintegra-
tion ist, und hier müssen wir einen möglichst
wirtschaftlichen Weg finden; denn man sagt na-
türlich einfach: Wir nehmen ein zivil zugelasse-
nes Luftfahrzeug, prima, dann haben wir die Zu-
lassung schon. – Aber sobald ich dort eine
militärische Schraube ansetze, ist natürlich das
wieder hinfällig. Das muss alles wieder neu un-
tersucht werden.“719

Mit Vorlage vom 8. Oktober 2012 unterrichtete das Refe-
rat Plg II 3 Staatssekretär Wolf darüber, dass aktuell die
Firma Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft mbH
(IABG) alternative Plattformen für ISIS prüfe. Das Er-
gebnis der Studie wurde für Dezember 2012 erwartet.720

a) Studien

aa) Untersuchung vom 28. November 2012

aaa) Mögliche Alternativen

In Ihrem Abschlussbericht vom 28. November 2012
führte die Firma IABG eine Gesamtbewertung durch, in
der Vor- und Nachteile der untersuchten Trägerplattfor-
men gegenüber dem Referenzsystem EURO HAWK dar-
gestellt wurden. Auf der Grundlage einer Marktsichtung
und der vorgegeben Leistungsbeschreibung konzentrierte
sich die Untersuchung auf die drei Alternativplattformen
A319, HERON TP und FEMALE.721

(1) Airbus A319

Hinsichtlich des Luftfahrzeugs A319 wurde von IABG
herausgestellt, dass dieses alle technischen Leistungsfor-
derungen an das alternative Gesamtsystem SLWÜA voll-
ständig erfülle. Von den betrachteten Alternativen habe es
zudem das geringste technische, zeitliche und finanzielle
Risiko.722

Von Vorteil war bei der Prüfung des Airbus A319 als al-
ternativem Träger nach Angaben des Projektleiters
Knöpfel, dass dieser bereits bei der Flugbereitschaft der
Luftwaffe betrieben werde und so sehr schnell Informa-
tionen verfügbar gewesen seien. Dies habe ein schnelles
und effizientes Vorgehen ermöglicht.723

(2) HERON TP

Beim HERON TP könne wie beim EURO HAWK als un-
bemanntem Luftfahrzeug eine Gefährdung von Piloten
und Besatzung in Bedrohungssituationen ausgeschlossen
werden. Gleichzeitig bestehe aber ebenso ein hohes Ri-
siko bei den Zulassungskosten und die rechtliche Situa-
tion für den weltweiten Betrieb sei teilweise ungeklärt.
Von den betrachteten Alternativen habe es das höchste
zeitliche und finanzielle Risiko.724

Im Hinblick auf eine mögliche Integration von ISIS in
HERON TP hat der Projektleiter Knöpfel dies dahinge-
hend präzisiert, dass bei einer Weiterverfolgung dieser
Alternative wahrscheinlich das SIGINT-System auf-
grund der begrenzten Nutzlast auf zwei HERON TP ver-
teilt werde.725

(3) FEMALE

Das Future European Medium Altitude Long Endurance-
Konzept der Firma Cassidian stelle die günstigste der be-
trachteten Alternativen dar. Wie beim A319 könnten alle
technischen Leistungsanforderungen vollständig erfüllt
werden und die installierte ISIS-Leistung sei identisch
mit dem EURO HAWK. Aufgrund der niedrigeren Flug-
höhe entstünden jedoch operationelle Einschränkungen.
Weil es sich noch in einer Konzeptphase befinde, berge es
ein mittleres technisches, ein hohes zeitliches und ein
mittleres Kostenrisiko.726

bbb) Bewertung des BAAINBw

Mit Vorlage vom 6. Dezember 2012 übersandte das BWB
den Bericht an das Referat AIN V 5 im BMVg und ver-
wies darauf, dass im ersten Teil der Untersuchung alle
weltweit zur Verfügung stehenden und technisch geeigne-
ten Plattformen stichpunktartig verglichen und als mögli-
che Alternative bewertet worden seien. Als technisch und
wirtschaftlich beste bemannte Gesamtlösung sei das Mus-
ter A319 der Fa. Airbus, als bestes UAS das Muster Me-
dium Altitude Long Endurance (MALE) UAS HERON
TP der Fa. IAI identifiziert worden. In einer gesonderten
Betrachtung sei schließlich das für die Zukunft geplante
Europäische MALE UAS untersucht worden.727

Im zweiten Teil seien diese drei Muster sodann hinsicht-
lich der Komplexität der technischen Integration, der Zu-
lassungsrisiken, der Kosten und der Zeitplanung detail-
liert analysiert und bewertet worden.728

Zusammenfassend stellte der Projektleiter in der Bewer-
tung fest, dass keine der untersuchten Alternativplattfor-
men die prognostizierten operationellen und technischen
Leistungen des EURO HAWK signalerfassenden HALE
Aufklärungssystems erreiche.729

719 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 27.
720 MAT 17-70 A BMVg zu BB 17-45, Abt Plg II 3, Ordner 1, S. 39 ff.
721 MAT 17-26 BMVg zu BB 17-37, Ordner 1, S. 1 ff.
722 MAT 17-78 A BMVg zu BB 17-52, AIN V 5, Ordner 62, S. 3.
723 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 52 f.

724 MAT 17-78 A BMVg zu BB 17-52, AIN V 5, Ordner 62, S. 3.
725 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 52.
726 MAT 17-78 A BMVg zu BB 17-52, AIN V 5, Ordner 62, S. 4.
727 MAT 17-78 BMVg zu BB 17-52, AIN V 5, Ordner 86, S. 48 ff.
728 MAT 17-78 BMVg zu BB 17-52, AIN V 5, Ordner 86, S. 49.
729 MAT 17-78 BMVg zu BB 17-52, AIN V 5, Ordner 86, S. 49.

Drucksache 17/14650 – 104 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

ccc) Weiteres Vorgehen

Das Referat BMVg AIN V 5 stellte die bis dahin gewon-
nenen Erkenntnisse am 10. Dezember 2012 in einer Be-
sprechung mit allen Beteiligten vor. 730

In seiner Präsentation ging BMVg AIN V 5 u. a. darauf
ein, dass für die EURO HAWK-Serie ursprünglich Haus-
haltsmittel in Höhe von insgesamt 613 Millionen Euro
vorgesehen gewesen seien.731 Auf der Grundlage der bis
dahin gewonnenen Erkenntnisse wurde zudem die Be-
wertung getroffen, dass die Beschaffung der EURO
HAWK-Serie nicht weiter zu verfolgen sei.732 Es wurde
vorgeschlagen, gemeinsam Staatssekretär Beemelmans
die Integration von ISIS in den A319 zu empfehlen.733 So
sei bereits in der AF ein kommerzielles Geschäftsreise-
flugzeug als zweitbester Lösungsweg neben dem EURO
HAWK bewertet worden.734

Das Referat Plg II 1 im BMVg teilte diese Ansicht nicht
vollständig. Es merkte zu der vorgelegten Studie an, dass
die von IABG teilweise aufgestellten Kostenvergleiche
und Schlussfolgerungen „auch bei vorsichtiger Wertung
nur ansatzweise nachvollziehbar“ seien. Die Aussage der
Studie, das Luftfahrzeug FEMALE sei „die günstigste
der betrachteten Alternativen“, bewertete Plg II 1 mit
Darlegung der Gründe als „faktisch unzutreffend“. Auch
die Darstellung, das technische Risiko sei bei einem
MALE-System „gering“, sei nicht haltbar. Vielmehr sei
der Lösungsvorschlag A319 „offensichtlich der sinn-
vollste, da kurzzeitig mit überschaubarem Risiko reali-
sierbar“.735

Letztlich kamen die Beteiligten überein, dass die Alterna-
tiven auf Basis von A319 und HERON TP weiter zu un-
tersuchen seien und bis Ende des ersten Quartals 2013
eine Empfehlung zur Realisierungsalternative vorgelegt
werden solle.736

Mit Staatssekretärsvorlage vom 20. Dezember 2012737
wurde dieses Vorgehen gebilligt.738 In der Folge wies das
BMVg, AIN V 5, das BAAINBw mit Schreiben vom
9. Januar 2013 formell an, bis zum 15. März 2013 die be-
reits vorliegenden Ergebnisse zu den ermittelten alternati-
ven Trägerplattformen Airbus A319 und HERON TP mit
ergänzenden, möglichst belastbaren Daten zu hinterlegen
und nach verschiedenen Gesichtspunkten zu vertiefen.739
Ein ähnlicher Auftrag erging am darauffolgenden Tag an
das Kommando Luftwaffe.740

bb) Vertiefende Untersuchungen vom
März 2013

Mit Schreiben vom 20. März 2013 legte BAAINBw L5.1
dem BMVg AIN V 5 den Bericht zur vertiefenden Unter-
suchung zur „Integration des EURO HAWK SIGINT Sys-
tems in alternative Sensorplattformen“741 vom 8. März
2013 vor.742 Mit der gut 150 Seiten umfassenden Studie
wurden von der Firma IABG die bereits in der ersten Un-
tersuchung gewonnenen Erkenntnisse hinsichtlich der
Umsetzbarkeit und der damit verbundenen Risiken weiter
präzisiert.743 Über den A319, HERON TP und FEMALE
hinaus wurde als weitere Alternative zunächst auch eine
Integration in das Luftfahrzeug Airbus A310 geprüft.
Hier sei vor allem die technische Machbarkeit mit einem
geringeren Risiko als bei dem A319 verbunden. Auf Wei-
sung des BMVg sei eine weitergehende Untersuchung am
15. Februar 2013 eingestellt worden.744

Auf Nachfrage hat der Zeuge Knöpfel bestätigt, dass
diese Studie aussagekräftig sei:

„Ja, sie hat Aussagen getroffen, mit einer entspre-
chenden Grobabschätzung und auch mit dem
Hinweis darauf, dass nähere Informationen erst
mit einem intensiven Dialog mit den jeweiligen
Herstellern zu erlangen sind.“745

Nahezu zeitgleich erging die Vorlage des Kommandos
Luftwaffe.746 In ihrem Untersuchungsbericht vom
15. März 2013 legt die Luftwaffe dar, dass es innerhalb
ihrer Strukturen und Prozesse keine Gründe für den Aus-
schluss einer der beiden alternativen Plattformen gebe.747
Es sei dabei offensichtlich, dass die Fähigkeitslücke
SIGINT, gemessen an den ursprünglichen Forderungen,
nicht vollständig geschlossen werden könne.748

Bei der Betrachtung der ersten Studie vom 28. November
2012 teilte die Luftwaffe nicht alle Positionen der Firma
IABG, insbesondere nicht die durchgängig positiv vorge-
nommene Bewertung des A319. Vor diesem Hintergrund
relativierten sich auch die Aussagen zum System HERON
TP, das aus Sicht der Luftwaffe über einen eigenständigen
und querschnittlichen Mehrwert für die Bundeswehr ver-
füge. Zuletzt stellte die Luftwaffe heraus, dass es für sie
für die Übergangsphase bis zur Einsatzbereitschaft von
ISIS auf einem Alternativträger zweitrangig sei, wie die
benötigten Daten gewonnen würden. An einem temporä-
ren Betrieb des Full Scale Demonstrators bestehe daher
durch die Luftwaffe kein Bedarf.749

Im Ergebnis wurde das BAAINBw durch das Referat
BMVg AIN V 5 mit Erlass vom 19. März 2013 angewie-
sen, bis zum 30. Oktober 2013 Lösungsvorschläge vorzu-730 MAT 17-78 A BMVg zu BB 17-52, AIN V 5, Ordner 62, S. 82 ff.

731 MAT 17-78 A BMVg zu BB 17-52, AIN V 5, Ordner 86, S. 83.
732 MAT 17-78 A BMVg zu BB 17-52, AIN V 5, Ordner 86, S. 85.
733 MAT 17-78 A BMVg zu BB 17-52, AIN V 5, Ordner 86, S. 86.
734 MAT 17-78 A BMVg zu BB 17-52, AIN V 5, Ordner 86, S. 87.
735 MAT 17-78 A BMVg zu BB 17-52, AIN V 5, Ordner 86, S. 175.
736 MAT 17-78 A BMVg zu BB 17-52, AIN V 5, Ordner 86, S. 178.
737 Siehe Abschnitt V.5.b).
738 MAT 17-69 BMVg zu BB 17-32, Büro des Ministers, Ordner 1,

S. 100 ff.
739 MAT 17-50 BMVg zu BB 17-31, Ordner 5, S. 29 f.
740 MAT 17-50 BMVg zu BB 17-31, Ordner 5, S. 32.

741 MAT 17-26 BMVg zu BB 17-37, Ordner 2, S. 1 ff.
742 MAT 17-50 BMVg zu BB 17-31, Ordner 5, S. 349 ff.
743 MAT 17-26 BMVg zu BB 17-31, Ordner 2, S. 1 ff.
744 MAT 17-26 BMVg zu BB 17-37, Ordner 2, S. 8.
745 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 53.
746 MAT 17-50 BMVg zu BB 17-31, Ordner 5, S. 306 ff.
747 MAT 17-50 BMVg zu BB 17-31, Ordner 5, S. 329.
748 MAT 17-50 BMVg zu BB 17-31, Ordner 5, S. 329.
749 MAT 17-50 BMVg zu BB 17-31, Ordner 5, S. 330.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 105 – Drucksache 17/14650

legen, um so eine Auswahlentscheidung für ISIS auf
einer alternativen Trägerplattform („ISIS-AT“) durch den
Generalinspekteur der Bundeswehr bis zum 31. Dezem-
ber 2013 zu ermöglichen.750

cc) Kostenrahmen

Hinsichtlich des Kostenrahmens für eine alternative Trä-
gerplattform hat der Projektleiter, LTRDir Knöpfel, zu-
nächst zu der ersten Studie vom 28. November 2012 aus-
geführt:

„[…] Die Aussage gegen Ende des Jahres 2012
war: Es gibt Möglichkeiten, einen alternativen
Träger zu nehmen, sowohl bemannt als auch un-
bemannt, die im derzeit geplanten Kostenrahmen
unterzubringen seien.“751

Auf die Frage nach den konkreten Kosten hat der Zeuge
Knöpfel darauf verwiesen, dass sich die Kostenober-
grenze aus dem Beschaffungs- und dem Entwicklungs-
titel zusammensetze und insgesamt 613 Millionen Euro
betrage. Die Aussagen seien mit sehr grober Schätzung
dahin gegangen, dass es möglich sei, eine alternative Trä-
gerlösung in diesem Kostenrahmen unterzubringen, hät-
ten aber eine weitere Evaluierung erfordert. Dazu sei eine
weitere Studie, die Studie vom 8. März 2013, beauftragt
worden, die die Erkenntnisse der ersten Studie weiter er-
härtet habe und offenbar auch in die Entscheidungsvor-
lage eingeflossen sei.752 Letztlich sei nun noch eine dritte
Studie beauftragt worden.753 Zur genaueren Abschätzung
der Kosten und Klärung des Aufwandes für die techni-
sche Anpassung bedürfe es schließlich auch einer intensi-
ven Beratung mit den jeweiligen Herstellern.754

Der Abteilungsleiter AIN, MD Selhausen, hat dazu in sei-
nem Eingangsstatement zu seiner Vernehmung auf den
Punkt hingewiesen, dass sich nicht vorhersagen lasse, wie
viele Kosten die Integration von ISIS verursachen könne.
Dies hänge von der ggf. auszuwählenden Plattform ab.755
Zu den Studien hat er bekundet:

„[…] Wenn ich die Ergebnisse der Studie richtig
erinnere, ist selbst die kostenhöchste Möglichkeit
innerhalb des vorgegebenen Finanzrahmens mög-
lich.“ 756

Staatssekretär Beemelmans hat dies in der Einleitung zu
seiner Aussage bestätigt:

„[…] Das SIGINT-Modul ist – vorbehaltlich ei-
ner erfolgreichen Sensorflugerprobung – leis-
tungsfähig und nutzbar, und es ist – ich betone –
ausdrücklich innerhalb des bislang vorgesehenen
Kostenrahmens auf eine alternative Trägerplatt-
form übertragbar und nutzbar, wobei es sich hier

auf die von mir vorhin erwähnte Studie der IABG
abstützte […].“757

Er hat angegeben, dass er die Studien jedoch nicht selbst
gesehen habe.758 Bei anderer Gelegenheit hat er erklärt,
dass es sich um ein Budget von 675 Millionen Euro han-
dele,759 welches auch genau zum Schließen der Fähig-
keitslücke reserviert sei.760

Staatssekretär Wolf hat dazu betont, dass es für ihn von
entscheidender Bedeutung sei, „wie viel Geld dafür im
Haushalt zur Verfügung“ stehe:

„[…] und ich weiß, dass im Haushalt kein Euro
oder Cent mehr zur Verfügung steht, als für die
Beschaffung der Serie des Euro Hawk zur Verfü-
gung gestanden hätte. Dies ist die finanzielle
Obergrenze für alle zu findenden Alternativlö-
sungen. Für jeden Cent, der bei dieser Alternativ-
lösung eingespart wird, bin ich dankbar. Für je-
den Cent, den sie mehr kosten sollte, werde ich
Schwierigkeiten im Haushaltsaufstellungsverfah-
ren bzw. im Haushalt haben.“761

Die Studien selbst hätten ihm ebenfalls nicht vorgele-
gen.762

Hinsichtlich der zu veranschlagenden Kosten für die Inte-
gration von ISIS in eine alternative Trägerplattform hat
der Zeuge Selhausen ausgeführt:

„Entsprechend den Planungen zu Beginn des Vor-
habens in 2002 ff. wird der Bundeswehr das
hochwertige Aufklärungssystem ISIS mit einer
qualifiziert abgeschlossenen Erprobung zur Inte-
gration in eine andere Plattform zur Verfügung
stehen. Wie viele Kosten diese Integration verur-
sachen könnte, lässt sich derzeit nicht vorhersa-
gen. Das hängt von der gegebenenfalls auszu-
wählenden Plattform ab.“763

b) Bedeutung für die Integration von ISIS

In Zusammenhang mit der Integration von ISIS auf eine
andere Trägerplattform kam während der Zeugenverneh-
mungen häufiger von Seiten des Untersuchungsausschus-
ses die Frage auf, welche Folgen dies genau für das Mis-
sionssystem habe, ob die Integration ohne Weiteres
möglich sei und ob z. B. Leistungseinbußen in Kauf zu
nehmen seien.

Grundlegend hat sich der Projektleiter LTRDir Knöpfel
dazu geäußert:

„Wir haben ein ISIS-System – das ist die Abkür-
zung für das Integrierte SIGINT-System – in der
Funktionalität FSD. Wir haben nicht die vollkom-

750 MAT 17-50 BMVg zu BB 17-31, Ordner 5, S. 338 f.
751 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 45.
752 Siehe dazu Abschnitt V.4.a)bb).
753 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 45.
754 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 51.
755 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 42.
756 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 65 f.

757 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 6.
758 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 47 f.
759 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 12.
760 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 25.
761 Wolf, Protokoll-Nr. 7, S. 124.
762 Wolf, Protokoll-Nr. 7, S. 109.
763 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 53.

Drucksache 17/14650 – 106 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

mene Funktionalität entwickelt; die sollte erst
später mit der Serie weiter fortgeführt werden.“764

Weiter hat er ausgeführt:

„Wenn wir es in einen anderen Träger hineinbrin-
gen, dann muss man es in dieser neuen Umge-
bung natürlich auch testen. Ich kann nicht einfach
ein Trägersystem nehmen und hoffen, dass es in
einer anderen Systemumgebung genau die glei-
chen Ergebnisse bringt. Wir reden hier von An-
tennenverteilungen, und das ist nicht immer ganz
einfach zu übertragen.“765

Zu dem zu erwartenden Umfang hat er erläutert, dass es
sich im Wesentlichen um kleine „Einbauboxen“ handele,
die – soweit die technische Spezifikation erfüllt sei –
nicht geändert werden müssten. Es hänge nur davon ab,
ob die Leistungsfähigkeit durch eine entsprechende Ver-
teilung der Antennen auch reproduziert werden könne.766

Der Untersuchungsausschuss ging auch der Frage nach,
welche Risiken beim Rückgriff auf ein bemanntes System
möglicherweise entstünden. Für ISIS selbst sei dies irre-
levant, wie der Zeuge Knöpfel in seiner Aussage darge-
legt hat. Man könne aber ganz sicher davon ausgehen,
dass von den Antennen keine Gefährdung für Personal
ausgehe, denn die Antennen empfingen nur und sendeten
nicht. Es komme vor allem darauf an, die Druckhülle des
Luftfahrzeuges nicht zu verletzen, da es sonst kostenin-
tensiv werde. 767

5. Vorbereitung einer Entscheidungs-
grundlage

Am 30. Oktober 2012 fand eine gemeinsame Bespre-
chung auf Ebene der Abteilungsleiter AIN, Planung und
FüSK zusammen mit dem Inspekteur der Luftwaffe zu
dem Thema Gesamtschau unbemannter Luftfahrzeuge
statt. Vor diesem Hintergrund erteilte der Abteilungsleiter
AIN den Auftrag, bis zum 31. März 2013 eine Staatsse-
kretärsvorlage zum Projekt EURO HAWK vorzulegen.
Darin sollte darauf eingegangen werden, ob und wie ein
Betrieb der Serienluftfahrzeuge und auch des Full Scale
Demonstrators in der Bundeswehr erfolgen solle. Insbe-
sondere sollte auch auf Fragen der Zulassung und der ggf.
damit verbundenen Einschränkungen für einen Betrieb
und Einsatz eingegangen werden. Zuletzt sollte hierfür
auch ein Zeitplan erstellt werden.768

a) Gesprächsvorlage für den Minister vom
5. Dezember 2012

Am 10. Dezember 2012 besuchte der Bundesminister der
Verteidigung Dr. de Maizière die Firma EADS Division
Cassidian in Manching. Mit Datum vom 5. Dezember

2012 wurde ihm zur Vorbereitung dieses Gespräches eine
Informationsmappe vorgelegt.769

Zum Projekt EURO HAWK wird darin u. a. darauf hin-
gewiesen, dass hier Verzögerungen gegenüber dem
ursprünglichen Abschlussdatum von 35 Monaten einge-
treten seien.770 Ausführlich wird auch die Zulassungspro-
blematik dargestellt.771 Eine mögliche Serienbeschaffung
wird schließlich wie folgt bewertet:

„Aus heutiger Sicht, basierend auf den Erkennt-
nissen der Untersuchungen für einen alternativen
Zulassungsweg und dem Fehlen einer Missions-
planungsmöglichkeit, ist die Beauftragung einer
EURO HAWK Serie mit einem hohen finanziel-
len und in Teilen technischen Risiko verbun-
den.“772

In der Folge könne die Fähigkeitslücke mit einer EURO
HAWK-Serie frühestens im Jahr 2019 wirksam geschlos-
sen werden. Bis dahin werde die Fähigkeit SLWÜA nur
durch den Full Scale Demonstrator gewährleistet. Eine
belastbare und im Hause abgestimmte Empfehlung zur
weiteren Vorgehensweise werde auf Weisung der Staats-
sekretäre Beemelmans und Wolf am 31. März 2013 vorge-
legt.773

Die reaktive Sprechempfehlung lautete vor diesem Hin-
tergrund:

„Aufgrund der Zulassungsproblematik und weite-
rer Unsicherheiten auch hinsichtlich der Zukunft
der US Air Force GLOBAL HAWK Flotte und
der Missionsplanung ist derzeit keine Grundlage
gegeben, um eine Entscheidung für eine Serien-
beauftragung zu befürworten oder gar zu tref-
fen.“774

Die Zeugenvernehmungen lösten Nachfragen bezüglich
der eingetretenen Verzögerungen aus. Verwiesen wurde
hier unter anderem auf die „verspätete Beistellung von
Geräten und Komponenten durch die US Air Force und
die National Security Agency (NSA)“.775

Zur Frage, ob ein möglicher Grund für die Verzögerung
des gesamten Projektes darin läge, dass Teile oder Kom-
ponenten von der NSA zu spät geliefert worden seien, hat
der Zeuge Selhausen bekundet:

„Ich habe keine eigenen Erkenntnisse darüber, in-
wieweit die NSA […] dafür verantwortlich sein
soll, dass verspätete Beistellung von Geräten und
Komponenten durch die US Air Force erfolgt
sind.“776

Auch zu der Frage, welche Geräte und Komponenten von
der NSA geliefert wurden, und welche davon zu spät ge-

764 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 3.
765 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 16.
766 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 39.
767 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 39.
768 MAT 17-78 A BMVg zu BB 17-52, AIN V 5, Ordner 66, S. 25.

769 MAT 17-59 BMVg zu BB 17-38, Ordner 1, S. 1 ff.
770 MAT 17-59 BMVg zu BB 17-38, Ordner 1, S. 39.
771 MAT 17-59 BMVg zu BB 17-38, Ordner 1, S. 40 f.
772 MAT 17-59 BMVg zu BB 17-38, Ordner 1, S. 42.
773 MAT 17-59 BMVg zu BB 17-38, Ordner 1, S. 42.
774 MAT 17-59 BMVg zu BB 17-38, Ordner 1, S. 43.
775 MAT 17-59 BMVg zu BB 17-38, Ordner 1, S. 39.
776 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 85.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 107 – Drucksache 17/14650

kommen seien, hat der Zeuge Selhausen bekundet, dass
ihm keine eigenen Erkenntnisse vorlägen.777

Zu Bauteilen der NSA hat der Zeuge Pamiljans ausge-
sagt:

„Ich kann Ihnen sagen: Da gibt es keine Bauteile
im Euro-Hawk-System. Das Euro-Hawk-System
ist ein Flugsystem, das wir entwickeln, das wir
produzieren. Und mir ist nichts Derartiges be-
kannt.“778

Auf die Frage, ob solche Bauteile im ISIS-System enthal-
ten seien, hat der Zeuge Pamiljans erklärt:

„Nein, das ist ein deutsches geheimes System.
Dazu habe ich keinen Zugang.“779

Zur Entwicklung einer deutschen Verschlüsselungstech-
nik hat der Zeuge Gerwert berichtet:

„Natürlich könnten wir, wenn wir dazu beauftragt
werden, eine eigene Verschlüsselungstechnik
dazu liefern. Aber ob der Auftraggeber dazu eine
Verschlüsselungstechnik bei uns beauftragt oder
nicht, ist Sache des Auftraggebers; kann ich Ih-
nen nicht beurteilen. Wenn wir beauftragt wer-
den, liefern wir eine Verschlüsselungstechnik, na-
türlich.“780

Auf Befragung zu seiner Kenntnis darüber, dass die Da-
tenübertragung beim EURO HAWK Verschlüsselungs-
technik von der NSA umfasse und ob er ausschließen
könne, dass hierbei Daten, die im deutschen Raum erfasst
wurden, an die NSA übertragen würden, hat der Zeuge
Dr. Thomas de Maizière ausgesagt:

„[…] Ich kann Ihnen sagen, dass - - Ich bin infor-
miert worden darüber – das ist Teil eines Zusatz-
vertrages im Jahre 2006 oder 7 –, dass das be-
schafft worden ist, dass darüber der Deutsche
Bundestag informiert worden ist, der Haushalts-
ausschuss in einer Vorlage, und dass dieses Sys-
tem nicht dazu dient, irgendwelche Daten an die
Amerikaner zu übergeben, sondern dass durch
eine bestimmte technische Konfiguration sicher-
gestellt wird, dass der Datenabfluss nur ,German
eyes only‘ stattfindet.“781

b) Staatssekretärsvorlage vom
20. Dezember 2012

Wie in der Unterrichtungsvorlage vom 1. Oktober 2012
angekündigt,782 wurde Staatssekretär Beemelmans eine
weitere Informationsvorlage vom 20. Dezember 2012 zu-
geleitet.783 Eine abschließende Bewertung des BAAINBw

zu alternativen Zulassungsmöglichkeiten lag zu diesem
Zeitpunkt noch nicht vor.784

In dieser Vorlage wird erstmals die Empfehlung getrof-
fen, die EURO HAWK-Serie nicht zu beschaffen. Hierzu
heißt es in Ziffer 4 der Kernaussagen:

„Die Möglichkeiten einer alternativen Zulassung
für einen langfristig ausgelegten Flugbetrieb der
EURO HAWK Serien-Luftfahrzeugen sind aus
derzeitiger Sicht ebenfalls nicht akzeptabel. Die
Beschaffung der EURO HAWK Serie ist daher
nicht mehr weiter zu verfolgen.“785

Im Einzelnen wird in der Bewertung auf die Gründe für
diese Empfehlung eingegangen:

„Die Beschaffung der EURO HAWK Serie ist
nicht mehr weiter zu verfolgen, da

– ein erfolgreicher und zugleich finanzierbarer
Abschluss der Musterzulassung für die Serie
nach derzeitigen Verfahren (ZDv 19/1) als un-
realistisch zu bewerten ist,

– die Möglichkeiten einer alternativen Zulassung
für einen langfristig ausgelegten Flugbetrieb
von Luftfahrzeugen aus dezeitiger Sicht nicht
akzeptabel sind,

– eine Lösung für eine nationale Fähigkeit einer
Missionsplanung nicht absehbar ist sowie

– die Zukunft des USAF GLOBAL HAWK
– und damit auch die beabsichtigte Abstützung
für eine langfristig wirtschaftliche Versorgung
und Betreuung in der Nutzung – langfristig
nach wie vor unsicher ist.“786

Statt der Beschaffung der EURO HAWK-Serie würden
bis zum 31. März 2013 die Untersuchungsergebnisse zu
alternativen Trägerplattformen verifiziert und eingehend
geprüft werden,787 da ISIS „unter Einhaltung des geplan-
ten Kostenrahmens“ auch auf dieser Basis realisierbar
sei.788 ISIS sei das derzeit modernste System seiner Art
und ein Produkt der schützenswerten wehrtechnischen
Kernfähigkeiten der Firma Cassidian.789 Zusammen mit
einem konkreten Vorschlag zur weiteren Vorgehensweise
erfolge dann eine weitere Vorlage.790

Auf den Hintergrund des Begriffs „schützenswerte wehr-
technische Kernfähigkeiten der Firma Cassidian“ ange-
sprochen, hat der Abteilungsleiter AIN, MD Selhausen,

777 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 85.
778 Pamiljans, Protokoll-Nr. 6, S. 85.
779 Pamiljans, Protokoll-Nr. 6, S. 85.
780 Gerwert, Protokoll-Nr. 6, S. 51 f.
781 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 95.
782 Siehe Abschnitt V.3.b)bb).
783 MAT 17-69 BMVg zu BB 17-32, Büro des Ministers, Ordner 1,

S. 100 ff.

784 Siehe Abschnitt V.3.d).
785 MAT 17-69 BMVg zu BB 17-32, Büro des Ministers, Ordner 1,

S. 101.
786 MAT 17-69 BMVg zu BB 17-32, Büro des Ministers, Ordner 1,

S. 103.
787 MAT 17-69 BMVg zu BB 17-32, Büro des Ministers, Ordner 1,

S. 104.
788 MAT 17-69 BMVg zu BB 17-32, Büro des Ministers, Ordner 1,

S. 101.
789 MAT 17-69 BMVg zu BB 17-32, Büro des Ministers, Ordner 1,

S. 103.
790 MAT 17-69 BMVg zu BB 17-32, Büro des Ministers, Ordner 1,

S. 104.

Drucksache 17/14650 – 108 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

erklärt, dass diese Formulierung „unglücklich“ sei. Es
gehe hier grundsätzlich „um eine Fähigkeit, die in dieser
Form in der Bundesrepublik Deutschland nur Cassidian“
aufweise.791

Staatssekretär Wolf nahm die Vorlage am 4. Januar 2013
zur Kenntnis und notierte die Fragen, ob die Aussagen in
Ziffer 4 und 16 bis 18 (Keine Beschaffung EURO
HAWK-Serie, Weiternutzung ISIS) schon entschieden
und eine Kündigung bereits erfolgt sei.792 In einer separa-
ten Vorlage vom 17. Januar 2013 wurde dazu klargestellt,
dass kein Vertrag bestehe und eine Kündigung nicht er-
forderlich sei.793

Staatssekretär Beemelmans zeichnete die Vorlage am
7. Januar 2013 ab. Er erklärte sich dabei grundsätzlich
einverstanden mit dem weiteren Vorgehen. Daneben no-
tierte er die Frage „Wird zu Ziff. 4 eine Entscheidung er-
wartet (InfoVorlage !)“. Für den Fall, das dies so sei, er-
teilte sein Büro die Weisung, dies mit der Vorlage zum
31. März 2013 zu verbinden.794 Wie avisiert wurde ihm
am 27. März 2013 eine Vorlage zur Entscheidung auf
dem Dienstweg zugeleitet.795

VI. Überwachung des Projektverlaufs durch
die Bundesregierung

1. Controlling und Fachaufsicht im BMVg

a) Kritik des Bundesrechnungshofes

In seinem Prüfbericht vom 3. Juni 2013 übt der Bundes-
rechnungshof deutliche Kritik daran, wie das Projekt
EURO HAWK von höheren Ebenen beaufsichtigt bzw.
überwacht wurde. Im Einzelnen heißt es dazu:

„Der Bundesrechnungshof sieht im Umgang mit
den Projektrisiken ein folgenschweres Organisa-
tionsversagen. […]

Neben dem Unterschätzen von Projektrisiken
wirft der Projektverlauf daher die Frage auf, ob
die fachliche Führung im Bundesamt und die
Fachaufsicht im Bundesverteidigungsministe-
rium so organisiert sind, dass frühzeitig auf Pro-
jektrisiken reagiert werden kann. Obwohl die
Projektstatusberichte der Projektleitung der Fach-
aufsicht vorlagen, nahm sie die sehr kritischen
Bewertungen zum Projektverlauf und insbeson-
dere zum Musterzulassungsprozess nicht zum
Anlass, einzugreifen.[…]“796

Nach Bewertung des BRH hätte die Leitung des Bundes-
ministeriums der Verteidigung im Frühjahr 2009, spätes-

tens aber im Jahr 2011 informiert und das Projekt insge-
samt neu bewertet werden müssen.797

Die Zeugin, Ministerialrätin Angelika Bauch, hat letztlich
zusammengefasst:

„Was hier auf jeden Fall versagt hatte oder nicht
funktioniert hatte, ist das Projektcontrolling ge-
wesen und die Vorhabenaufsicht, die letztendlich
auch die Projektstatusberichte, die Risiken daraus
nicht entsprechend zum Anlass genommen hat,
darauf zu reagieren.“798

Im Einzelnen hat sie dazu erklärt, dass mehrere Stufen im
Projektcontrolling versagt hätten.799 Es habe überhaupt
keine richtige fachliche Bewertung, kein fachliches Con-
trolling gegeben, weshalb der Projektleiter zum großen
Teil auf sich selbst gestellt gewesen sei. Dies hat sie noch
näher erläutert:

„Er hat die Probleme dargelegt, aber ich denke
auch, er hat die Tragweite der Probleme nicht
richtig erkannt. Er hat sich an den Einschätzun-
gen der Firma sicherlich auch viel orientiert, und
ich denke mal, der Projektleiter hat die Tragweite
der Risiken nicht erkannt. Er war auch noch opti-
mistisch, Lösungen zu finden, hatte dann aber
auch, wenn man sich den Projektverlauf ansieht,
immer die weiteren Schritte erst mal im Blick:
So, jetzt muss ich als Nächstes gucken, dass der
Überführungsflug von USA nach Deutschland
funktioniert. – Er hat nicht diesen vorausschauen-
den Blick gehabt, welche Realisierungsrisiken
letztendlich mit dem Musterzulassungsprozess
verbunden sind. Das hat er in der Tragweite – so
stellt es sich uns aus den Unterlagen dar – nicht
erkannt.“800

Letztlich habe er Probleme in den Projektstatusberichten
dargelegt, und auch die Vorhabenaufsicht im BMVg habe
diese bewertet. Doch sei fraglich, ob dort die Risiken er-
kannt worden seien.801 Zugleich hätten auch Vorgesetzte
die Verpflichtung gehabt, von sich aus nachzufragen, was
aus dem Projekt geworden sei, zumal es sich bei EURO
HAWK um ein Vorhaben der „Kategorie 1“ und somit
um ein leitungsrelevantes Projekt gehandelt habe.802

Als fachliches Controlling schwebe ihr eine unabhängige
Stelle, ein Lenkungsgremium vor. Bei Planabweichungen
müsste dieses im Rahmen des Controllings den Bedarfs-
träger einbinden, um gemeinsam die Projektrisiken unter
Berücksichtigung des Gesamtziels bzw. Gesamtvertrags
zu bewerten. Dieses dürfe nicht nur der Arbeitsebene
überlassen sein.803791 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 89.

792 MAT 17-69 BMVg zu BB 17-32, Büro des Ministers, Ordner 1,
S. 101.

793 MAT 17-69 BMVg zu BB 17-32, Büro des Ministers, Ordner 1,
S. 97.

794 MAT 17-69 BMVg zu BB 17-32, Büro des Ministers, Ordner 1,
S. 100.

795 MAT 17-69 BMVg zu BB 17-32, Büro des Ministers, Ordner 1,
S. 79. Darauf wird näher im Kapitel E eingegangen.

796 MAT 17-4 BRH zu BB 17-90, Ordner 1, S. 43.

797 MAT 17-4 BRH zu BB 17-90, Ordner 1, S. 2.
798 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 7.
799 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 7.
800 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 13.
801 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 14.
802 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 7.
803 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 20 f.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 109 – Drucksache 17/14650

b) Umsetzung im Projekt EURO HAWK

Wie das Controlling und die Fachaufsicht in diesem Fall
grundsätzlich funktionieren sollte, hat MRn Bauch kurz
dargelegt:

„Es sind verschiedene Ebenen. Der Projektleiter
hat die Probleme in seinem Projektstatusbericht
dargelegt. Bei einer funktionierenden Projekt-
überwachung […] hätte an erster Stelle das Bun-
desamt, sprich der Präsident, über sein Zentral-
controlling aufmerksam werden müssen, und
letztendlich über die Vorhabenübersicht im Bun-
desministerium hätte man das natürlich dann an
eine Staatssekretärsvorlage über den Abteilungs-
leiter Rüstung transportieren müssen […].“804

Die Fachaufsicht über das Projekt übte von August 2006
bis zum 7. März 2011 LTRDir Rüdiger Knöpfel als Refe-
rent im Referat Rü VI 2 beim BMVg aus.805 In dieser
Funktion habe er den Beitrag der Fachaufsicht für die
Projektstatusberichte verfasst und an das Zentralcontrol-
ling weitergeleitet.806

Später als Projektleiter habe er die vierteljährlichen Sta-
tusberichte selbst erstattet. Direktes Feedback zu den Vor-
lagen hätte er jeweils dann erhalten, wenn das BMVg dies
als notwendig erachtet habe.807

aa) Projektstatusberichte und Schwachstellen

Projektstatusberichte sind nach Angaben von MD Selhausen
zu allen wesentlichen Projekten vierteljährlich zum Quar-
talsende vom Projektleiter anzufertigen.808 Darzustellen
sind darin neben dem Leistungsfortschritt auch die finan-
ziellen Entwicklungen des Projektes sowie Probleme und
Risiken. Zudem erfolgt eine Gesamteinschätzung des
Vorhabens.809

Im Projekt EURO HAWK war festzustellen, dass die
Fachaufsicht zum Teil eine andere Bewertung vornahm
als der Projektleiter oder das Zentralcontrolling. Derar-
tige Abweichungen hat die Zeugin Bauch wie folgt zu er-
klären versucht:

„[…] wir haben festgestellt, dass es mal eine Ab-
weichung gab. Der Projektleiter hatte Ende 2010
das Projekt schon mal sehr kritisch bewertet. Da-
bei hat die Vorhabenaufsicht diese sehr kritische
Bewertung nicht geteilt. Im Jahr 2011, wenn ich
mich richtig erinnere, gab es dann auch mal wie-
der eine Bewertung vom Projektleiter, wo er
sagte: Na ja, jetzt ist das Projekt vielleicht doch
nicht mehr sehr kritisch, sondern kritisch. – Das
schwankte auch etwas in der Bewertung beim
Projektleiter.“810

Diesen Fall hat der Projektleiter Rüdiger Knöpfel in sei-
ner Vernehmung aufgegriffen und dargestellt, dass der
Überführungsflug in seiner Durchführung gefährdet ge-
wesen sei, weil die Verfügbarkeit der entsprechenden
Landebahn in Manching nicht gewährleistet werden
konnte. Er habe daher diesen Punkt bei dem Verfassen
des damals anstehenden Berichtes auf „rot“ setzten müs-
sen. Dieses Problem habe sich dann jedoch gelöst, wes-
halb es dem BMVg möglich war, die Bewertung auf
„grün“ zu setzen. Insofern spiegelten „Warnleuchten“ in
den Berichten oftmals nur singuläre Ereignisse wider.811

Einen anderen wesentlichen Schwachpunkt des Control-
lingprozesses hat der Abteilungsleiter AIN, MD Selhausen,
in dem „teilweise erheblichen Zeitbedarf vom Eintreten
eines Ereignisses bis zu dessen Vorstellung bei der Lei-
tung BAAINBw“ identifiziert. Im ungünstigsten Fall
könne dieser Zeitraum rund vier Monate betragen.812

Zuletzt hat MRn Bauch mitgeteilt, dass „ab dem zweiten
Halbjahr 2011 keine Einschätzung mehr der Vorhaben-
aufsicht in den Projektstatusberichten zu sehen“ gewesen
sei. Sie habe dafür keine Begründung. Vielleicht habe es
an Personen gelegen, die gewechselt hätten. Dies sei aber
Spekulation.813

bb) Bewertung des Ministers
Der Bundesminister der Verteidigung, Dr. Thomas de
Maizière, hat in seiner Aussage festgestellt, dass im Fall
des EURO HAWK das Projektmanagement, das Projekt-
controlling und das Verhalten der Fachaufsicht kritikwür-
dig gewesen seien.814 Hinsichtlich der Unterrichtung der
Leitung hat er ausgeführt,

„[…] dass wir oft und vielleicht zu oft über die
Dinge reden, wo Probleme bekannt sind, und zu
wenig über die Dinge, wo Probleme nicht richtig
bekannt sind. Und das bezieht sich vor allen Din-
gen auf den Zeitraum von 2004 oder 7 bis […]
Februar 2012 […].“815

Nach seiner Ansicht sollte man „in einem Ministerium
von 2 000 Mitarbeitern, bei hochbezahlten Staatssekretä-
ren und Abteilungsleitern, bei klaren Verantwortlichkei-
ten keine Struktur haben, wo das Hauptziel einer Institu-
tion sei, die anderen ständig zu kontrollieren.“816 Der
Zeuge Dr. de Maizière hat der Bewertung des BRH zuge-
stimmt, dass das Projektcontrolling nicht funktioniert
habe. Für seine Amtszeit trage er die entsprechende Ver-
antwortung.817

2. Novellierung des Customer Product
Managements 2010

Wie dargestellt, hätte sich MRn Bauch an der Stelle des
Fachcontrollings eine unabhängige Stelle bzw. ein Len-

804 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 13.
805 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 2.
806 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 32.
807 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 32.
808 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 49.
809 MAT 17-4 BRH zu BB 17-90, Ordner 1, S. 27.
810 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 17.

811 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 11.
812 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 49 f.
813 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 17.
814 de Maizière, Protokoll-Nr. 8. S. 9.
815 de Maizière, Protokoll-Nr. 8. S. 32.
816 de Maizière, Protokoll-Nr. 8. S. 68 f.
817 de Maizière, Protokoll-Nr. 8. S. 105.

Drucksache 17/14650 – 110 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

kungsgremium vorstellen können.818 In ähnlicher Weise
hat sie auf die Neuerungen des novellierten Customer
Product Managements (CPM nov.) verwiesen:

„Mit dem CPM (nov.) möchte man so eine Funk-
tion wie so einen Projektrat – das ist ein Gremium –,
so einen Lenkungsausschuss auf Bundesamtse-
bene einrichten, unter Leitung des Präsidenten.
Der soll wohl auch alle zwei Monate tagen. […]
Und wenn dann Sollabweichungen vom Projekt
festgestellt werden, sollen die auch an einen Len-
kungsausschuss im Bundesministerium [unter
Leitung des Abteilungsleisters Rüstung] herange-
tragen werden – Also, da sind zumindest Stufen
im Projektcontrolling vorgesehen.“819

a) Anlass der Novellierung
Der CPM (nov.) sollte im Zuge der Neuausrichtung der
Bundeswehr Mängel des alten CPM ausbessern.820 Der
Zeuge Wieker hat hierzu dargelegt:

„[…] dass die Aussagen der Weise-Kommission
in ihrem Bericht vom Oktober 2010 zutreffen. Es
heißt darin: Der CPM ‚hat sich grundsätzlich be-
währt‘, ist jedoch ‚in der konkreten Umsetzung‘
charakterisiert durch ‚einen langwierigen konsen-
sualen Abstimmungs- und Entscheidungspro-
zess‘, […] ‚zersplitterte Verantwortlichkeiten und
Kompetenzbereiche und dadurch insgesamt in-
transparente Prozesse sowie schwerfällige Kom-
munikationsstrukturen‘. Diese Feststellung war
im Rahmen der Neuausrichtung der Bundeswehr
Anlass zu einer Novellierung des Beschaffungs-
prozesses.“821

General a. D. Schneiderhan hat dies im Hinblick auf den
„alten“ CPM anders gesehen:

„Ich kann keine Mängel im CPM erkennen. […]
Es ist zweimal nachgebessert worden; das habe
ich entschieden. Die Praxis zeigt immer gewisse
Schwächen.“822

MRn Bauch hat hierzu darauf verwiesen, dass auch der
„alte“ CPM Berichtspflichten vorgesehen habe, wie z. B.
mit den Projektstatusberichten und dass der Projektleiter
eine Risikoanalyse habe vornehmen müssen. Es stelle
sich nur immer die Frage, wie „es dann ausgefüllt“
werde.823

Der Projektleiter, Rüdiger Knöpfel, hat auf die Frage, ob
er hinsichtlich des „alten“ CPM Änderungsbedarf sehe,
die Umsetzung des EURO HAWK-Projektes im Rahmen
des jeweils geltenden CPM folgendermaßen beschrieben:

„[…] ganz zu Anfang war festzustellen, dass […]
mit dem Projekt gewisse Risiken verbunden sind.

Um diese überschaubar und einordbar zu ma-
chen, wurde halt das Hilfsmittel Projektierungs-
phase gewählt, um diese Risiken abzuarbeiten
[…] Denn es wäre ja fatal gewesen, wenn wir in
2007 schon die gesamte Serie beauftragt hätten
[…] Deswegen hat man gerade dieses Hilfsmittel
– im CPM 2010 als auch im neuen CPM (nov.) ist
ein ähnliches Vorgehen vorgesehen – zur Risiko-
minimierung […] wie wir es in dieser Projektie-
rungsphase vorhaben, die Demonstration der Ge-
samtfunktionalität mit den Einzelteilen […] und
bei einem haben wir jetzt festgestellt, wir können
es nicht ausreichend wirtschaftlich reduzieren.
Deswegen kam die Entscheidung: Wir gehen die-
sen Schritt in Richtung Euro-Hawk-Serie nicht
mehr weiter. – Das ist so, wie es im Bilderbuch
vorgesehen ist, genau so.“824

Die Novellierung des CPM 2010 erfolgte am 12. Novem-
ber 2012.825

b) Neuerungen des CPM (nov.)
Die Neuerungen des CPM (nov). hat Bundesminister
Dr. de Maizière zusammengefasst:

„Der neue Beschaffungsprozess […] zeichnet
sich gegenüber dem bisher gültigen CPM durch
vielfältige Verbesserungen aus. […] Wir haben
Verantwortlichkeiten, Entscheidungskompeten-
zen klarer definiert und Schnittstellen reduziert.
Wir haben den Prozessablauf von bisher vier auf
drei Phasen verschlankt und die Analysephase, in
der Risiken ermittelt und bewertet werden, ver-
tieft. Wir arbeiten mit der Ämterebene durch
Zielvereinbarung und trennen klar zwischen mi-
nisteriellen Steuerungs- und ämterseitigen Durch-
führungsaufgaben. Wir haben integrierte Projekt-
teams eingerichtet, in denen die erforderliche
Expertise unter einheitlicher Führung gebündelt
und die Kommunikation deutlich verbessert wird.
[…] Und: Es wird ein neues Projektcontrolling
geben, und es wird schrittweise eingeführt. Künf-
tig erhält der Generalinspekteur der Bundeswehr
erstmals die Möglichkeit zur Auswahl zwischen
mehreren abgestuften Lösungsvorschlägen, in de-
nen der Grad der Erfüllung der Fähigkeitsanfor-
derungen mit den zu erwartenden Kosten und Ri-
siken zusammen gesehen wird. Die Einführung
dieses neuen Verfahrens kann nur schrittweise er-
folgen.“826

Der Zeuge Stein hat zu den Änderungen des CPM (nov.)
ausgeführt:

„Zum einen ist die Möglichkeit gegeben, in der
Analysephase 2 eine wesentlich sauberere und
bessere Vorbereitung für eine Projektierungs-
phase zu schaffen. Der zweite Punkt ist: Wir sind 818 Siehe Abschnitt VI.1.a).

819 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 7.
820 MAT 17-31 BMVg zu BB 17-12, AIN I 1, Ordner 1, S. 143.
821 Wieker, Protokoll-Nr. 7, S. 152.
822 Schneiderhan, Protokoll-Nr. 3, S. 21.
823 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 30.

824 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 29.
825 MAT 17-31 BMVg zu BB 17-12, AIN I 1, Ordner 1, S. 143 f.
826 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 9.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 111 – Drucksache 17/14650

nach dem CPM (novelliert) auch gefordert, nicht
nur Aussagen zur Projektierung zu machen und
der möglichen Beschaffung, sondern auch zu den
Life Cycle Costs. Der dritte Punkt ist, dass wir
auch gefordert sind, unterschiedliche Lösungsva-
rianten und Alternativen vorzuschlagen, sodass
dann die Möglichkeit besteht, eine Variante aus-
zuwählen, die entsprechend risikoärmer ist und
vielleicht dadurch auch zeitgerechter zu realisie-
ren ist. […] Es ist vorgegeben, dass wir für die
größeren Projekte im Hause BAAINBw Project
Reviews machen, die dann durch ein Team aus
entsprechend zusammengestellten Mitarbeitern
diese Vorhaben dann prüfen und vor der Leitung
vorgestellt werden, um Probleme frühzeitig zu er-
kennen und dann auch angehen zu können.“827

Der Zeuge Selhausen hat die Zielvereinbarungen als Teil
der Fachaufsicht eingeordnet:

„Mit dem neuen Rüstungsprozess, dem CPM
(nov.) vom 1. Januar 2013, werden Zielvereinba-
rungen zwischen BMVg, AIN und BAAINBw
eingeführt. Es wird also ein zusätzliches Instru-
ment der Fachaufsicht genutzt.“828

3. Zweite Zwischenentscheidung zur Ab-
schließenden funktionalen Forderung

Als weiteren Punkt hat MRn Bauch beanstandet, dass mit
der Entscheidung, auf die Musterzulassung des Full Scale
Dermonstrators zu verzichten, d. h. mit der Entscheidung
vom 3. Februar 2010 eine neue Zwischenentscheidung
hätte erstellt werden müssen, da es kostenmäßige Abwei-
chungen, zeitliche Verzögerungen und Abweichungen
vom Vertragsziel gegeben habe.829

a) Erforderlichkeit
Nach Billigung der „1. Zwischenentscheidung“ am
12. Dezember 2006830 wurde innerhalb der Projektie-
rungsphase des Projektes EURO HAWK bereits frühzei-
tig das Erfordernis gesehen, „aufgrund der eingetretenen
Verzögerungen und der Kostensteigerung“ eine zweite
Zwischenentscheidung zu erstellen, wie es im Projektsta-
tusbericht vom 31. März 2008 heißt.831 Im Projektstatus-
bericht vom 30. Juni 2008 wurde diese für die 42. Kalen-
derwoche 2008 in Aussicht gestellt.832

Der seinerzeit zuständige Generalinspekteur der Bundes-
wehr, General a. D. Schneiderhan, äußerte dazu, dass er
Mitte 2009 die Notwendigkeit einer zweiten Zwischen-
entscheidung gesehen habe.833

Entsprechend war vom BWB ursprünglich beabsichtigt,
zum 30. Juni 2009 in der „2. Zwischenentscheidung“

über Verzögerungen und Mehrkosten der Entwicklungs-
phase und des Anfangsflugbetriebes des Prototyps zu be-
richten.834

b) Verzögerungen

Bis März 2011 war die „2. Zwischenentscheidung“ noch
nicht vorgelegt worden. Dem Projektstatusbericht vom
31. März 2011 kann dazu entnommen werden, dass der
Entwurf der „2. Zwischenentscheidung“ „von der Lei-
tung BWB im Juli 2009 an den PL zur Überarbeitung zu-
rückgegeben“ worden war.835

Gleichzeitig stellt in demselben Projektstatusbericht das
Zentralcontrolling des BMVg in seiner Bewertung einer-
seits eine zeitliche Verzögerung des Projektsverlaufs um
19 Monate sowie andererseits eine erhebliche Überschrei-
tung der geplanten Gesamtkosten (ca. 1,28 Milliarden
Euro statt ca. 843 Millionen Euro), jeweils im Vergleich
zu dem Stand der „1. Zwischenentscheidung“, fest. Es
spricht aus diesem Grunde die Empfehlung aus, die
„2. Zwischenentscheidung“ auf Ämterebene bis Juni
2011 fertigzustellen, anschließend dem BMVg vorzule-
gen und damit die ministerielle Billigung einzuholen.836

Als der bis dahin gebilligte Finanzrahmen nahezu ausge-
schöpft war, wurde das BAAINBw am 23. November
2012 seitens des Referates BMVg AIN V 5 gebeten, die
„2. Zwischenentscheidung“ zu erstellen, um damit die
unterbrechungsfreie Fortsetzung des Entwicklungsvertra-
ges zu gewährleisten.837 Am 4. Januar 2013 folgte
schließlich die Weisung, das Dokument bis zum 10. Ja-
nuar 2013 vorzulegen.838

Auf Nachfrage, warum sich die Vorlage der zweiten Zwi-
schenentscheidung so verzögert habe, hat LTRDir
Knöpfel gesagt:

„Nun, es gehört ja zu den Aufgaben eines Pro-
jektleiters, nicht nur Probleme aufzuzeigen, son-
dern auch Vorschläge zu machen, wie man sie lö-
sen könnte. Beitretender Faktor war hier beim
Festhalten an einer umfassenden Musterprüfung
der damit verbundene wirtschaftliche Aufwand.
[…] Deswegen war unser Bestreben, zu untersu-
chen: Wie können wir diesen wirtschaftlichen
Mehraufwand reduzieren, damit die Realisation
einer entsprechenden Serie doch noch möglich
wäre? Das geht natürlich nicht von heute auf
morgen.

Zweitens haben wir ja begleitend die Erprobung
durchgeführt, weil das Ziel, […] die Gesamtfunk-
tionalität noch zu zeigen, ja noch ausstand
[…]“839

827 Stein, Protokoll-Nr. 4, S. 123.
828 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 48.
829 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 35.
830 Siehe Kapitel A Abschnitt VIII.
831 MAT 17-42 BMVg zu BB 17-43, Ordner 1, S. 331.
832 MAT 17-42 BMVg zu BB 17-43, Ordner 1, S. 369.
833 Schneiderhan, Protokoll-Nr. 3, S. 17.

834 MAT 17-4 BRH zu BB 17-90, Ordner 1, S. 27.
835 MAT 17-42 BMVg zu BB 17-43, Ordner 2, S. 327.
836 MAT 17-42 BMVg zu BB 17-43, Ordner 2, S. 327 f.
837 MAT 17-8 zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe EURO

HAWK, S. 55; MAT 17-78 A, BMVg zu BB 17-3, AIN V 5, Ord-
ner 109, S. 45.

838 MAT 17-8 zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe EURO
HAWK, S. 43.

839 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 21.

Drucksache 17/14650 – 112 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Derzeit liegt die „2. Zwischenentscheidung“ beim Gene-
ralinspekteur der Bundeswehr, General Volker Wieker, der
deren Inhalt wie folgt skizziert hat:

„Hier geht es jetzt tatsächlich darum, […] die ge-
troffenen Entscheidungen und Ereignisse, die ein-
getreten sind auf dem Weg seit der ersten Zwi-
schenentscheidung und der 25-Millionen-Vorlage
in 2009, nachzuzeichnen. Einer der ganz wesent-
lichen Einflussfaktoren war dabei das Scheitern
im Projekt GAST […]. Das hat zu Anpassungen
führen müssen, die insgesamt jetzt nachgezeich-
net werden müssen.“840

Darüber hinaus gebe es nur

„einen einzigen weiteren Grund für eine zweite
Zwischenentscheidung oder für [eine, Anm.]
Zwischenentscheidung grundsätzlich: Das ist das
Überschreiten von 15 Prozent der gebilligten Fi-
nanzlinie. Der Fall ist hier noch nicht eingetre-
ten.“841

Die „2. Zwischenentscheidung“ sei noch nicht an die
Staatssekretäre bzw. den Minister weitergeleitet, da er

„noch Rückfragen habe, was insbesondere den
Blick in die Zukunft betrifft.“842

VII. Eingesetzte Haushaltsmittel seit dem
dritten Änderungsvertrag

1. Veranschlagte Kosten
a) Entwicklungsvertrag
Während bei Abschluss des Entwicklungsvertrages noch
ein Gesamtfinanzbedarf exklusiv erforderlicher weiterer
Vertragsabschlüsse zur Beschaffung von Geräten sowie
für Unterstützungsleistungen von 430,9 Millionen Euro
veranschlagt wurde,843 belief sich der geplante Gesamtfi-
nanzbedarf laut 25-Millionen-Euro-Vorlage an den Haus-
haltsausschuss des Deutschen Bundestages vom 29. Mai

2009 mit Abschluss des dritten Änderungsvertrages auf
480,13 Millionen Euro.844

Für die erforderlichen weiteren Verträge zur Beschaffung
von Geräten sowie für Unterstützungsleistungen wurden
2007 28,3 Millionen Euro veranschlagt,845 2009 waren
47,17 Millionen Euro eingeplant.846

Mit den darauffolgenden Änderungsverträgen erhöhte
sich der Finanzbedarf des Entwicklungsvertrages wie
folgt (siehe Tabelle unten).

b) CLS-Verträge
Neben dem Entwicklungsvertrag wurden Verträge über
logistische Unterstützungsleistungen für den EURO
HAWK Full Scale Demonstrator, sogenannte Contractor
Logistics Support-Verträge (CLS-Verträge), mit der Euro-
Hawk GmbH geschlossen.

Der CLS-Vertrag Teil 1 wurde am 28. Juli 2009 mit einer
Laufzeit von 26 Monaten geschlossen. Hierfür wurden
bei Vertragsschluss Ausgaben in Höhe von 47,1 Millio-
nen Euro eingeplant. Mit dem dritten Änderungsvertrag
zum CLS-Vertrag Teil 1 vom 30. Dezember 2011 erhöhte
sich diese Summe auf 48,8 Millionen Euro. Der sechste
Änderungsvertrag vom 30. November 2012 führte letzt-
lich zu einer weiteren Erhöhung auf 49,6 Millionen Euro.

Am 2. Dezember 2011 wurde der CLS-Vertrag Teil 2 ge-
schlossen, für welchen Verpflichtungen in Höhe von
32,3 Millionen Euro angesetzt wurden. Die Summe er-
höhte sich mit dem ersten Änderungsvertrag zum CLS-
Vertrag Teil 2 vom 14. November 2012 auf 32,9 Millio-
nen Euro.847

Zudem wurden Kosten in Höhe von rund 2,9 Millionen
Euro für diverse Verträge, die weitere Unterstützungsleis-
tungen zum Inhalt hatten, verplant.848

840 Wieker, Protokoll-Nr. 7, S. 176.
841 Wieker, Protokoll-Nr. 7, S. 179.
842 Wieker, Protokoll-Nr. 7, S. 176.
843 MAT 17-3 BMF zu BB 17-81, Band 2, II D 1, S. 223.

844 MAT 17-2 BT-HA zu BB 17-93, Ordner 1, S. 239.
845 MAT 17-3 BMF zu BB 17-81, Band 2, II D 1, S. 219.
846 MAT 17-2 BT-HA zu BB 17-93: S. 240.
847 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, Anlage A, S. 4.
848 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3, Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, Anlage A, S. 4.
849

Vertrag Datum Bedarfserhöhung in Euro849

4. Änderungsvertrag 25. November 2009 2.180.000

5. Änderungsvertrag 16. September 2010 3.462.100

6. Änderungsvertrag 11. März 2011 5.747.446

7. Änderungsvertrag 28. Oktober 2011 13.996.557

8. Änderungsvertrag 1. Juni 2012 20.006.091

9. Änderungsvertrag 2. August 2012 5.317.302

10. Änderungsvertrag 7. November 2012 13.095.387

849 MAT 17-4 BRH zu BB 17-90, Ordner 1, S. 47.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 113 – Drucksache 17/14650

2. Tatsächliche Ausgaben
Für Entwicklungs- und CLS-Verträge wurden 2009 tat-
sächlich 126.443.368 Euro ausgegeben. Davon entfielen
54.892.516 Euro auf das Luftfahrzeug, 69.500.621 Euro
auf die Entwicklung von ISIS und 2.050.231 Euro auf
dessen Erprobung sowie die Vorbereitung der Erprobung.
2010 wurden insgesamt 81.015.197 Euro gezahlt, wovon
42.853.439 Euro auf das Luftfahrzeug, 30.128.294 Euro
auf die ISIS-Entwicklung und 8.033.464 Euro auf die Er-
probung und Vorbereitung entfielen.
Im folgenden Jahr betrugen die tatsächlichen Ausgaben
64.372.941 Euro. Für das Luftfahrzeug wurden 31.367.130
Euro, für die ISIS-Entwicklung 24.069.542 Euro sowie für
dessen Erprobung 19.019.964 Euro gezahlt.
Im Jahr 2012 wurden insgesamt 91.717.592 ausgegeben.
Dabei betrugen die Ausgaben für das Luftfahrzeug
35.881.760 Euro, für die ISIS-Entwicklung 30.028.370
Euro und für die ISIS-Erprobung 25.807.462 Euro.850

VIII. Bewertung des Bundesrechungshofes
1. Informationsgrundlagen
Bei der Prüfung des Entwicklungsprojektes EURO
HAWK habe den Prüfern des BRH zunächst die „Ab-
schließende funktionale Forderung“ und die „1. Zwi-
schenentscheidung“ als Informationsbasis gedient. Zu-
sätzlich seien die Projektstatusberichte des Projektleiters
und des Auftragnehmers ausgewertet worden. Zudem
hätten zu den wesentlichen Erhebungsgrundlagen der
Schriftverkehr mit der Musterzulassungsstelle und die
schriftliche Kommunikation, die mit dem BMVg geführt
wurde, gezählt.851

Darüber hinaus hätten die Prüfer des BRH Gespräche mit
der Vorhabenaufsicht, insbesondere dem Projektmanager
sowie mit dem Musterprüfbeauftragten und dem Güte-
prüfdienst geführt, nicht aber mit dem Projektleiter.852
Der Schriftverkehr innerhalb der Bundesregierung und
den Abteilungen der Ministerien habe nicht umfänglich
ausgewertet werden können, wohl aber „vier, fünf Staats-
sekretärsvorlagen“.853

Nach Auswertung dieser Informationsquellen kam der
BRH zu der Einschätzung, dass sowohl 2009 als auch
2011 die politische Leitung informiert und eine Neube-
wertung des Gesamtprojektes hätte vorgenommen wer-
den müssen.854

2. Neubewertung 2009
a) Ansicht des Bundesrechnungshofes
Obwohl das BMVg das Projekt im Jahr 2009 als unkri-
tisch einstufte855, hätte man laut MRn Angelika Bauch

(BRH), schon zu diesem Zeitpunkt „auf jeden Fall neu
bewerten müssen.“856 Aus ihrer Sicht seien da „die ersten
Probleme aufgetreten“:

„Wir haben ja […] diesen Abbruch vom GAST
gehabt. Das ist dieses Auswertesystem, ein wich-
tiger Baustein in dem Projekt, den man 2008 ab-
gebrochen hatte. […] Es zeichneten sich auch bei
dem Missionsplanungssystem zunehmend Pro-
bleme ab, dass man die beauftragte Exportversion
wohl nicht bekommen würde, und natürlich kam
2009 zunehmend, dass die Musterzulassungsakti-
vitäten so einen Umfang erfordern, um die Anfor-
derung nach der ZDv 19/1 zu erfüllen, dass man
da schon die ersten Bedenken hatte, ob man die
im Rahmen des Vertrages abwickeln kann.“857

Schließlich

„[wurde, Anm.] im Jahr 2009 mit dem dritten Än-
derungsvertrag […] eindeutig festgehalten […],
dass man nicht auf der amerikanischen Zulassung
aufbauen könne, wie man vorher angenommen
hatte.“858

Dies hätten die Prüfer in einer Anlage zum dritten Ände-
rungsvertrag gefunden, in welcher festgehalten war, dass:

„[…] man die Erkenntnis hatte, auf den amerika-
nischen Musterzulassungsprozess nicht aufbauen
zu können, und dass der Euro Hawk eine umfas-
sende Zulassung braucht, die von der amerikani-
schen Zulassung nicht abgedeckt wird, und dass
das einen zusätzlichen Aufwand erfordern
würde.“859

Auf Nachfrage, wer als Initiator dieser Neubewertung
hätte tätig werden müssen, hat die Zeugin Bauch ausge-
führt, dass an erster Stelle der Präsident des BWB hätte
aufmerksam gemacht werden müssen. Dann hätte letzt-
endlich eine Staatssekretärsvorlage über den Abteilungs-
leiter Rüstung weitergeleitet werden müssen.860

Insgesamt hätten bereits 2009 die Risiken „so eine Trag-
weite“ angenommen, dass die „Realisierung schon in-
frage“ hätte gestellt werden können.861

b) Ansichten der Vertreter des BMVg

Der Präsident des BAAINBw, Harald Stein, hat sich hin-
sichtlich dieser Einschätzung des BRH, dahingehend ge-
äußert, dass es

„[…] das Recht des Bundesrechnungshofes [ist],
eine solche Aussage zu machen; aber man muss
sich nicht unbedingt dieser Bewertung an-
schließen. […] Im Jahre 2009 – so belegen alle
Berichte – war dieses Problem [die höheren Kos-

850 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe
EURO HAWK, Anlage C, S. 1 f.

851 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 7 f.
852 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 8.
853 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 8.
854 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 23; MAT 17-4 BRH zu BB 17-90, Ord-

ner 1, S. 18.
855 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 13.

856 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 13.
857 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 13.
858 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 13.
859 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 24.
860 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 13.
861 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 24.

Drucksache 17/14650 – 114 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

ten der Musterzulassung, Anm.] als beherrschbar
eingestuft.“862

Auch der Zeuge Selhausen hat sich in ähnlicher Weise
eingelassen: Noch Anfang Dezember 2009 hätte er aus
dem damaligen BWB eine Vorlage erhalten, „dass gute
Fortschritte grundsätzlich auf dem Programm seien und
dass der Mehrbedarf auf einen hohen zweistelligen Mil-
lionen-Euro-Betrag für die Zulassung, Musterprüfung der
Serie geschätzt würde.“863 Der Bundesminister der Finan-
zen hätte die 25-Millionen-Euro-Vorlage zum CLS-Ver-
trag Nr. 2 am 17. November 2009 an den Haushaltsaus-
schuss des Deutschen Bundestages geschickt. Erste
Erkenntnisse, dass darin ein „hohes Finanzrisiko liegen
könnte“, habe der Zeuge Selhausen jedoch erst am
24. November, mithin sieben Tage später, gehabt.864

Er hat weiter ausgeführt, dass

„[…] es […] dann zweieinhalb Monate gedauert
[hat], bis dieses Risiko hinreichend substanziiert
und belegbar war. […] Mit diesem Wissen hätte
ich stichhaltig nicht begründen können, diese
Vorlage anzuhalten.“865

Auf die Nachfrage, ob er bei Auftreten weiterer Probleme
darüber nachgedacht hätte, die Erprobung zu stoppen, er-
widerte MD Selhausen, dass es in Besprechungen immer
„solche Abwägungen“ gegeben habe. Allerdings habe
stets im Mittelpunkt gestanden, dass „hier eine Fähig-
keitslücke aufwächst, die für die Streitkräfte wirklich
massiv ist.“866

Auch StS Wolf wurde zu dieser Thematik vernommen.
Auf die Frage, wie er zu der Einschätzung des Bundes-
rechnungshofes stehe, dass im Zusammenhang mit dem
dritten Änderungsvertrag eine Neubewertung hätte vorge-
nommen werden müssen, hat er geantwortet:

„Ich bin überrascht […], weil, wenn ich mich
[…] richtig erinnere, ist diese 25-Millionen-
Vorlage sehr intensiv diskutiert worden; auch die
Gründe für die Verzögerung sind sogar in der
25-Millionen-Vorlage […] zitiert. Sie waren dem
Bundesrechnungshof mit anderen Worten zu-
gänglich. […] Also, wenn mir jemand jetzt im
Nachhinein sagt: ,Das hätte dich spätestens zu ei-
ner Revision veranlassen müssen‘, dann frage ich
mich: Warum hat man mir diese Information oder
diesen Hinweis oder diese Anregung nicht schon
anlässlich der Beratung gegeben?“867

3. Neubewertung 2011
Der Bericht des Bundesrechnungshofes konstatiert zu der
weiteren Entwicklung:

„Spätestens im Jahr 2011, als weitere Arbeiten
zur Musterzulassung vereinbart worden waren,
zeichnete sich ab, dass die aufgetretenen Pro-
bleme nicht mit vertretbarem Aufwand lösbar
waren. Spätestens jetzt hätte die Leitung des Bun-
desverteidigungsministeriums informiert und das
Projekt insgesamt neu bewertet werden müs-
sen.“868

Erst ab Anfang 2012 sei der für Rüstung zuständige
Staatssekretär darüber informiert worden, „dass die Mus-
terzulassung zwischen 250 und 600 Mio. Euro zusätzliche
Ausgaben verursachen könne, ohne dass die Musterzulas-
sung gewährleistet sei.“869 Das BMVg habe daraufhin
veranlasst, „dass alternative Trägerwege für die Missi-
onsausrüstung und weniger aufwendige Zulassungswege
untersucht wurden“. Damit habe die Leitung des Ministe-
riums gehandelt, „sobald ihr die Probleme berichtet wur-
den“.870

Diese Ansicht hat auch die Zeugin Bauch in ihrer Aus-
sage vor dem Untersuchungsausschuss untermauert:

„[…] im Jahr 2011 kann man es festmachen: Der
Musterzulassungsprozess war sehr schleppend,
und letztendlich zeichnete sich ab – erste Ein-
schätzung des Auftragnehmers –, dass etwa
100 Millionen erforderlich wären, um die Mus-
terzulassung zu erreichen. Das wurde aber auch
als sehr untere Grenze erkannt.“871

Zur Frage, wie der BRH zu der Einschätzung kam, dass
das Entwicklungsprojekt „spätestens 2011“ hätte neu be-
wertet werden müssen, hat MRn Bauch erläutert:

„Spätestens 2011: Das GAST-Problem war noch
da. Es zeichnete sich ab, dass […] kein nationales
Missionsplanungssystem da sein wird. Es zeich-
nete sich ab, dass die Musterzulassung nicht er-
reichbar wird, dass man nur eine Prototypenzu-
lassung erzielen wird. Und letztendlich: Wenn
man die vertraglich geschuldete Musterzulas-
sung, Musterprüfung erwirken will, dass das mit
einem immensen Kostenaufwand von bis zu
600 Millionen – Also, ins Jahr 2011 zeichnete
sich so 100 Millionen [ab] – […], dass man das
nochmal hätte hinterfragen müssen.“872

Eine direkte Äußerung von anderen Zeugen erfolgte auf
diese Bewertung des BRH nicht.

862 Stein, Protokoll-Nr. 4, S. 147.
863 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 52.
864 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 52.
865 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 52.
866 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 52.
867 Wolf, Protokoll-Nr. 7, S. 117.

868 MAT 17-4 BRH zu BB 17-90, Ordner 1, S. 41.
869 MAT 17-4 BRH zu BB 17-90, Ordner 1, S. 42.
870 MAT 17-4 BRH zu BB 17-90, Ordner 1, S. 42.
871 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 4.
872 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 18.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 115 – Drucksache 17/14650

E. Entscheidung zum Verzicht auf die
Serienbeschaffung EURO HAWK

Am 8. Mai 2013 bzw. am 10. Mai 2013 entschieden
Staatssekretär Rüdiger Wolf (BMVg) und Staatssekretär
Stéphane Beemelmans (BMVg), eine Serienbeschaffung
auf Basis des EURO HAWK nicht weiter zu verfolgen.
Diese Entscheidung wurde am 13. Mai 2013 durch den
Bundesminister der Verteidigung Dr. Thomas de Maizière
gebilligt.

I. Inhaltliche Aspekte der Entscheidung

Die Entscheidung der beiden Staatssekretäre im BMVg
geht auf die Staatssekretärvorlage vom 27. März 2013
und die Staatssekretärvorlage vom 29. April 2013 zurück,
die zusammen die Grundlage der Entscheidung bildeten.

Die Entscheidungsvorlage des Referates AIN V 5 im
BMVg vom 27. März 2013 an Staatssekretär Beemelmans
über Staatssekretär Wolf enthielt folgenden Entschei-
dungsvorschlag:

„1- Eine Serienbeschaffung auf Basis des EURO
HAWK wird nicht weiter verfolgt.

2- Die Weiternutzung des für EURO HAWK na-
tional entwickelten Integrierten SIGINT (Signals
Intelligence) Systems ISIS für das künftige Sys-
tem zur Signalerfassenden Luftgestützten Weit-
räumigen Überwachung und Aufklärung (SL-
WÜA) wird angestrebt.

3- Dem Generalinspekteur der Bundeswehr wer-
den bis Ende des Jahres Lösungsvorschläge zur
Weiternutzung von ISIS auf einer alternativen
Trägerplattform für eine Auswahlentscheidung
(AWE) vorgelegt. Dabei wird eine Realisierung
innerhalb des bisher für die EURO HAWK Serie
geplanten Kostenrahmens mit beherrschbarem
Risiko und zeitnahem Zulauf angestrebt.

4- Der Betrieb des EURO HAWK Full Scale De-
monstrators (FSD) soll – zunächst für maximal
vier Jahre begrenzt – bevorzugt beim Aufklä-
rungsgeschwader 51 „Immelmann“ (AufklG 51 „I“)
in Schleswig/Jagel – fortgeführt werden, um die
Fähigkeitslücke durch operationelle Nutzung des
SIGINT Systems zu reduzieren. Voraussetzung
für diesen Weiterbetrieb ist der erfolgreiche
Nachweis der Leistungsfähigkeit, des operatio-
nellen Nutzens und der Wirtschaftlichkeit des
Systems.

5- Die beigefügte umgehende Information des
Verteidigungs- und des Haushaltsausschusses des
Deutschen Bundestages sowie die Presseerklä-
rung bzw. presseverwertbare Stellungnahme (An-
lagen 1 und 2) werden gebilligt.“873

Die Staatssekretärvorlage der Referate AIN V 5 und
Plg II 3 im BMVg vom 29. April 2013 an Staatssekretär
Beemelmans über Staatssekretär Wolf enthielt folgenden
Vorschlag zur Entscheidung:

„Fortsetzung des Erprobungsflugbetriebs des In-
tegrierten SIGINT Systems ISIS (Integriertes
Signal Intelligence System) auf dem EURO
HAWK Full Scale Demonstrator (FSD) bis zum
qualifizierten Abschluss der industrieseitigen Er-
probung mit dem Zieldatum 30. September 2013,
als Voraussetzung zur Übertragung der gewonne-
nen technischen Erkenntnisse auf eine alternative
Trägerplattform. Einstellen Flugbetrieb FSD zum
Zieldatum 1. Oktober 2013.“874

Dem Vorschlag der Vorlage vom 29. April 2013 sowie
den Ziffern 1-3 der Vorlage vom 27. März 2013 wurde
zugestimmt. Die Ziffern 4 und 5 der Vorlage vom 27.
März 2013 wurden verworfen.

Da der Generalinspekteur der Bundeswehr, General
Volker Wieker, im Rahmen der Vorlage vom 27. März
2013 ursprünglich nicht beteiligt worden war, veranlasste
StS Wolf dessen Bewertung der Handlungsalternativen,
„insbesondere des vorgeschlagenen zeitlich befristeten
Weiterbetriebs zur Gewinnung von Aufklärungsergebnis-
sen aus militärischer Sicht“.875 In seiner Vernehmung hat
der Zeuge Wolf hierzu weiter ausgeführt:

„Im Rahmen einer Kosten-Nutzen-Abwägung
lehnte der Generalinspekteur durch den Abtei-
lungsleiter Planung am 29. April 2013 einen Wei-
terbetrieb zur Gewinnung von Aufklärungsergeb-
nissen ab, befürwortete aber einen Weiterbetrieb
zur abschließenden Entwicklung von ISIS.“876

Zur Erläuterung der Vorschläge wurde in den Vorlagen
darauf hingewiesen, dass eine Musterzulassung nur mit
„unverhältnismäßig hohem Aufwand“ und zusätzlichen
Kosten zu erreichen wäre.877 Zudem würden vor dem
Hintergrund, dass eine wirtschaftliche Versorgung einer
EURO HAWK-Kleinstflotte in einem Nutzungszeitraum
von über 20 Jahren nicht möglich sei und die US Air
Force ihre GLOBAL HAWK-Block 20/30/40 außer
Dienst stellen werden, die für 20 Jahre abgeschätzten
„Life-Cycle-Costs“ die seinerzeitige Abschätzung von
1,4 Milliarden Euro um nahezu eine Milliarde Euro über-
steigen.878

Da das Missionssystem ISIS derzeit das „modernste sei-
ner Art“ sei, solle es aus technologischer und rüstungs-
wirtschaftlicher Sicht weiter genutzt werden.879 Mittels
externer Studien, einer Marktsichtung des BAAINBw
und gestützt auf industrielle Expertise seien geeignete
und verfügbare Plattformen identifiziert worden. Ziel sei

873 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45 AIN V, 5, Ordner 2, S. 329
(330).

874 MAT 17-70 A BMVg zu BB 17-45, Abt Plg II 3, Ordner 1, S. 1 (1 f.).
875 Wolf, Protokoll-Nr. 7, S. 103.
876 Wolf, Protokoll-Nr. 7, S. 103.
877 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45 AIN V 5, Ordner 2, S. 329 (331).
878 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45 AIN V 5, Ordner 2, S. 329 (334).
879 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45 AIN V 5, Ordner 2, S. 329 (335).

Drucksache 17/14650 – 116 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

es, bis Ende des Jahres 2013 Lösungsvorschläge zur Wei-
ternutzung von ISIS auf einer alternativen Plattform für
eine Auswahlentscheidung vorzulegen, um die Fähig-
keitslücke dauerhaft zu schließen.880 In der Bewertung
wurde hinsichtlich alternativer Trägerplattformen ausge-
führt: „Auf Basis einer alternativen Trägerplattform ist
der langfristige Zielbetrieb des integrierten SIGINT Sys-
tems voraussichtlich im vergleichbaren Zeitrahmen mit
beherrschbaren Risiken möglich. Die dafür erforderli-
chen Haushaltsmittel sind derzeit […] in ausreichender
Höhe veranschlagt.“ Günstigstenfalls sei der Zulauf einer
Serie „drei Jahre nach Vertragsschluss – also ab 2017 –“
realistisch erreichbar.881

Neben dem oben in Ziffer 4 dargestellten Weiterbetrieb
des EURO HAWK Full Scale Demonstrators (FSD), der
Kosten für den Materialerhaltungsbedarf in Höhe von ca.
52 Millionen Euro pro Jahr verursachen würde, werden in
der Vorlage vom 29. April 2013 weitere fünf Optionen
eruiert. Empfohlen wurde in der Vorlage die vierte Op-
tion, die den „Weiterbetrieb des FSD bis einschließlich
September 2013“ zum Gegenstand hat, um den „vertrag-
lich vereinbarten Leistungsnachweis qualifiziert abzu-
schließen“.882

Zum Hintergrund für beide Entscheidungsvorlagen: Be-
reits in früheren Informationsvorlagen aus dem Jahr 2012
an die Staatssekretäre ist die Zulassungsproblematik
eruiert worden.883 Sowohl StS Wolf als auch StS
Beemelmans hatten um Klärung der Zulassungsfähigkeit
und Untersuchung der Möglichkeiten eines Abbruchs so-
wie um Bericht bzw. Vorschlag zum weiteren Verfahren
bis Ende 2012, vermerkt auf einigen Vorlagen, gebeten.
In der Staatssekretärvorlage vom 20. Dezember 2012
heißt es dann, dass die Industrieanlagen-Betriebsgesell-
schaft mbH (IABG) eine technisch-wirtschaftliche Unter-
suchung zur Integration des EURO HAWK SIGINT-Sys-
tems in alternative Trägerplattformen durchgeführt habe
und nach Validierung dieser Untersuchungsergebnisse ein
konkreter Vorschlag zur weiteren Vorgehensweise bis
31. März 2013 vorgelegt werde.884 Auch in einer weiteren
Informationsvorlage an die Staatssekretäre vom 17. Ja-
nuar 2013 wurde eine Vorlage zur Entscheidung zum
31. März 2013 angekündigt,885 die dann mit der Vorlage
vom 27. März 2013 erfolgte.

II. Beweggründe für die Entscheidung

Ausgangspunkt für die Entscheidung, eine Serienbeschaf-
fung nicht weiter zu verfolgen, war die Einschätzung,
dass „ein sinnvoller operationeller Betrieb der Serie […]
nach der geltenden Vorschriftenlage der Bundeswehr
grundsätzlich nur auf Basis einer erfolgreichen Muster-
zulassung zulässig“ sei und keine Alternative zu einem

Musterzulassungsprozess gemäß der ZDv 19/1 trotz Prü-
fung alternativer Zulassungswege gesehen wurde.886

1. Finanzielles Risiko

Für eine als notwendig angesehene Musterzulassung wä-
ren Mehrkosten, insbesondere für die beizubringenden
Dokumentationen, entstanden. Hinsichtlich der Höhe der
anzusetzenden Mehrkosten gab es nach den Untersuchun-
gen des Ausschusses unterschiedliche Schätzungen.

a) Mehrkostenschätzung der Industrie

In einem Schreiben von Mitte Mai 2013 – nach der ge-
troffenen Entscheidung zum Verzicht auf die Serienbe-
schaffung – hatte die Firma Northrop Grumman über die
EuroHawk GmbH dem BMVg einen Vorschlag übermit-
telt, der sich auf 160 bis 193 Millionen Euro belief und
sämtliche Kosten für die Musterzulassung und Lufttüch-
tigkeitsprüfung des EURO HAWK abdeckte.887 Auch in
der Zeugenvernehmung des Sector Vice President von
Northrop Grumman Janis G. Pamiljans hat dieser bestä-
tigt, dass die weiteren Anforderungen des BMVg, die not-
wendig sind, im Rahmen von 160 bis 193 Millionen Euro
umgesetzt werden könnten.888 Zum Hintergrund hat er er-
läutert:

„Diese Schätzung basiert auf gemeinsamen Dis-
kussionen mit dem BAAINBw, der WTD 61/ML
und der deutschen Luftwaffe aus dem Jahr 2012
über eine akzeptable Konfiguration für die Seri-
enbeschaffung. Diese Schätzung beruht auf be-
stimmten Annahmen zu Konfiguration und tech-
nischen Systemen, die für die Erreichung der
luftfahrtrechtlichen Zulassung erforderlich sind
[…].“889

Auf Nachfrage hat er weiter ausgeführt:

„Aber ob die 160 bis 193 Millionen alle fehlen-
den Dokumente abdecken oder nicht, das kann
ich hier nicht komplett bestätigen, da ich hier
nicht den gesamten Einblick in die Details
habe.“890

Auf die Frage, ob er die Musterzulassung in Deutschland
für einen Festpreis von 193 Millionen Euro garantieren
könne, hat der Zeuge Pamiljans dargestellt:

„Ich denke, das ist ein guter Preis entsprechend
der Spezifikationsanforderung, die wir am An-
fang der Diskussion hatten, auch hinsichtlich der
Erwartung. Das war kein Preis, der von WTD 61
bestätigt wurde; aber sie waren an dieser Festle-
gung des Preises signifikant beteiligt. Und jeder

880 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45 AIN V 5, Ordner 2, S. 329 (333).
881 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45 AIN V 5, Ordner 2, S. 329 (335 f.).
882 MAT 17-70 A BMVg zu BB 17-45, Abt Plg II 3, Ordner 1, S. 1 (7).
883 Vgl. Kapitel D.
884 MAT 17-4 BRH zu BB 17-91, Ordner 4, S. 31 (33, 35).
885 MAT 17-4 BRH zu BB 17-91, Ordner 4, S. 9 (9).

886 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 47.
887 FAZ-Artikel vom 4. Juni 2013, „Der Programmstopp war eine

Überraschung für uns“, Interview mit dem Vizepräsidenten North-
rop Grumman Janis Pamiljans.

888 Pamiljans, Protokoll-Nr. 6, S. 63.
889 Pamiljans, Protokoll-Nr. 6, S. 63.
890 Pamiljans, Protokoll-Nr. 6, S. 93.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117 – Drucksache 17/14650

war der Meinung, dass dies ein Ansatz für die zu-
künftige Produktion sein sollte, dass dies ein
Preis ist, der erreichbar ist. Ob das jetzt ein fester
Preis ist: Ich möchte Sie alle daran erinnern, dass
der ursprüngliche Zertifizierungspreis fest war.
Also, das heißt, die Risiken waren von Anfang an
verstanden. Erst als wir dann in den Vertrag über-
gingen, hatten wir hier eine Abweichung und hat-
ten die Unterschiede in den Preisen. Die Risiken
bewegten sich dort. Aber ob wir das mit einem
festen Preis machen könnten oder nicht: Also, ich
denke, wenn die Spezifikationen klar sind, die
Anforderungen klar sind und wenn die beteiligten
Parteien darin übereinkommen, dass auf der
Grundlage der Zusammenarbeit alle Parteien zu-
sammenarbeiten, dann können wir dies auch als
festen Preis ansehen, ja.

[…]

Ich würde gerne eine Koalition haben zwischen
WTD 61/ML, der Luftwaffe und dem
BAAINBw, um die richtigen Spezifikationen,
Anforderungen festzulegen und sich auf diese zu
einigen. Wenn das der ursprüngliche Ansatz sein
würde, dann, denke ich, wäre das ein guter Dia-
log, in dem wir festlegen könnten, was der Preis
am Ende dann ist.“891

Auf die Frage, ob er bereit sei, alle Zulassungsrisiken für
193 Millionen Euro zu tragen, hat er bekundet:

„Dann müsste ich verstehen, was genau die An-
forderungen sind, und wir müssten sicherstellen,
dass sie klar dokumentiert und überprüft wer-
den.“892

b) Mehrkostenschätzung des BMVg

In der Staatssekretärvorlage vom 27. März 2013 wurde
dargestellt, dass die Musterzulassung nur mit einem zu-
sätzlichen Kostenaufwand von bis zu 600 Millionen Euro
zu erreichen sei.893 Dies geht zurück auf eine Schätzung
von 500 bis 600 Millionen Euro für den Aufwand für die
Musterprüfung der EURO HAWK-Serie durch die Wehr-
technische Dienststelle (WTD) 61/ML.894 Konkret hat der
Zeuge Wolfgang Steiger, WTD 61, in seiner Vernehmung
hierzu ausgeführt:

„Die WTD hat eine Kostenschätzung gegenüber
dem Projektmanagement abgegeben in der Höhe
von 500 und paar neunzig, also knapp 600 Millio-
nen, und die Zahl ist entstanden dadurch, dass
man [...] für die Gerätekomponenten - - Man hat
eine Anzahl von etwa hundert Gerätekomponen-
ten, die in etwa dem System Euro Hawk ent-

spricht, angenommen und mit einem Pauschal-
wert belegt für eine Nachqualifikation, um eben
hier die Grundlagen zu schaffen. Nicht beinhaltet
sind eventuelle Redesigns.“895

Zur Höhe der Mehrkosten hat sich auch der Zeuge
Rüdiger Knöpfel, Projektleiter im BAAINBw, vor dem
Untersuchungsausschuss geäußert:

„Es handelt sich um eine sehr grobe Schätzung,
weil wir halt nicht genau wissen, was vielleicht
doch noch an Dokumenten da ist, was uns zu-
gänglich ist, was größtenteils, wenn alles neu er-
stellt werden müsste, dann als maximale Ober-
grenze kommt. Da gab es die Schätzung, dass es
bis zu 600 Millionen an Mehrkosten geben
könnte, nur für die umfassende Musterprüfung.
Es könnte aber auch, bei Vorliegen weiterer Da-
ten oder vielleicht, wenn man sieht, dass man
nicht die gesamte Software neu entwickeln
müsste – Das ist so ein gesamter Bereich, der von
100 Millionen bis 600 Millionen aufkam. Aber
das ist halt kein gutes Zeichen, weil man diese
Unsicherheit hat.“896

Zur Plausibilitätsprüfung und Bewertung der bestehenden
Aufwandsabschätzung für Qualifikation und Zulassung
des Systems EURO HAWK wurde am 22. Mai 2013
– also nach der Entscheidung, die Serienbeschaffung
nicht mehr weiterzuverfolgen – die IABG durch das
BMVg mit einer Kurzstudie beauftragt. Zum Hintergrund
der Beauftragung hat der Zeuge Staatssekretär Stéphane
Beemelmans in seiner Vernehmung ausgeführt:

„In der Tat hat Northrop Grumman ja unmittelbar
nach der Entscheidung […] mich angeschrieben
und dann dieses Angebot – in Anführungszeichen –
vorgelegt, wobei nicht klar ist, was er da anbietet.
Ich habe dann sofort hinterfragt: ,Wie kann es
sein, dass wir 600 Millionen geschätzt haben?‘
[…] und habe sofort um Stellungnahme gebeten.
Da hat Herr Selhausen vorgeschlagen – und ich
habe zugestimmt –, dass wir die IABG beauftra-
gen, dazu eine Studie zu machen, eine Kurzstu-
die.“897

Die IABG kam in ihrer Kurzstudie vom 26. Mai 2013 zu
folgendem Fazit:

„Im Rahmen der IABG Kurzstudie kommt die
IABG zum Schluss, dass die durch die WTD 61/
ML quantifizierten Aufwände auf Grund der vor-
liegenden Quellen in Herleitung und Größenord-
nung nachvollziehbar und plausibel sind.“898

Darüber hinaus wurden in der IABG-Studie „weitere si-
gnifikante Risiken identifiziert“, etwa im Bereich der
„Qualifizierung der Softwareentwicklung“.899

891 Pamiljans, Protokoll-Nr. 6, S. 65 f.
892 Pamiljans, Protokoll-Nr. 6, S. 65 f.
893 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45, AIN V 5, Ordner 2, S. 329

(331).
894 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 1 (46).

895 Steiger, Protokoll-Nr. 4, S. 86.
896 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 5.
897 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 12 f.
898 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 1 (46).
899 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 47 f.

Drucksache 17/14650 – 118 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Auf die Frage, ob es sich bei dem Kurzgutachten der
IABG, da es in vier Tagen vorgelegt wurde, um eine
gründliche Prüfung handele bzw. ob diesem schnellen
Gutachten Vertrauen geschenkt werden könne, hat der
Zeuge Beemelmans ausgesagt:

„[…] wir haben die IABG gefragt, ob sie sich das
zutraut. Die IABG hat rekurrieren können auf die
Vorarbeiten der WTD. […] Wir haben die IABG
gefragt, die eine sehr renommierte und seriöse
Einrichtung ist, ob sie sich zutraut, das zu ma-
chen. Die IABG hätte den Auftrag auch ablehnen
können. Die IABG hat gesagt: Wenn ich die Un-
terlagen bekomme, um die zu überprüfen auf ihre
Plausibilität und Exaktheit und Notwendigkeit,
dann mache ich Ihnen dieses Kurzgutachten. Und
das hat die IABG gemacht. […] Ich vertraue der
Arbeit in meinem Haus und der IABG.“900

Neben diesen Mehrkosten im Hinblick auf die Zulassung
wurden in der Vorlage vom 27. März 2013 auch zusätzli-
che Kosten von rund einer Milliarde Euro bei einem Nut-
zungszeitraum von über 20 Jahren beziffert, unter ande-
rem deswegen, weil die USAF ihre GLOBAL HAWK-
Block 20/30/40 außer Dienst stellen wollen und damit der
Anteil Deutschlands an den begleitenden Gemeinkosten
höher ausfallen würde. Tatsächlich informierte der Wehr-
technische Attaché der Deutschen Botschaft in
Washington in einer E-Mail Anfang Juni 2013 darüber,
dass die Entscheidung, von der zukünftigen Nutzung des
Block 20 abzusehen, seitens der US Air Force gefallen
sei. Diese E-Mail wurde von Staatssekretär Beemelmans
an Minister Dr. de Maizière am 3. Juni 2013 weitergelei-
tet.901

Das Kostenrisiko, vor allem die Mehrkosten hinsichtlich
der Zulassung und weitere Zusatzkosten in der Nutzung
durch das bevorstehende Alleinstehen mit dem GLOBAL
HAWK-Block 20, stellte einen wichtigen Beweggrund
für die Leitung dar, von einer Serienbeschaffung Abstand
zu nehmen. Der Zeuge Beemelmans hat hierzu in seiner
Vernehmung dargestellt:

„Ein Rüstungsgut, was nicht mit vertretbarem
Aufwand in die Bundeswehr eingeführt werden
kann und wo ich 100 Prozent des vorgesehenen
Preisansatzes noch mal zahlen darf, um über-
haupt die Zulassung zu bekommen, das ist zu
viel.“902

c) Stellungnahmen zu der Kostendifferenz

Auf die Mehrkostenschätzungen der Industrie einerseits
und des BMVg andererseits haben einige Zeugen in ihrer
Vernehmung Bezug genommen.

So hat der Zeuge Ministerialdirektor Detlef Selhausen ge-
äußert, dass vor dem Hintergrund der IABG-Studie „der

am 29. Mai 2013 unterbreitete Vorschlag der EuroHawk
GmbH, eine Musterzulassung für 160 bis 193 Mio. Euro
erreichen zu wollen, wenig stichhaltig und letztlich nicht
als seriös einzustufen“ sei. Allein für die Softwarequalifi-
kation werde sowohl nach Schätzungen der Experten des
BAAINBw und der WTD 61/ML wie auch der Schätzun-
gen der IABG ein höherer Betrag als der seitens der Euro-
Hawk GmbH genannte Maximalpreis von 193 Millionen
Euro benötigt.903

Zu dem Schreiben des Sector Vice President Janis G.
Pamiljans vom Mai 2013 hat der Zeuge Staatssekretär
Stéphane Beemelmans ausgeführt:

„Also, ich hätte natürlich sagen können: Wir ma-
chen es zu dem Preis. – Aber es war ausdrücklich
kein Festpreis, und ich ahnte schon, dass wiede-
rum andere Zulassungsphilosophien dahinterste-
hen. […] Diese Missverständnisse in der Kom-
munikation dann zwischen Güteprüfern, was sie
erwarten, und Auftragnehmer, was er denkt, was
die erwarten, plus Dolmetscher, das Risiko war
uns zu hoch.“904

Der Projektleiter im BAAINBw, Rüdiger Knöpfel, hat zu
der Schätzung von Northrop Grumman ebenfalls bekun-
det:

„Wir wissen zum Beispiel noch nicht, ob es nach
Ansicht der Firma Northrop Grumman um einen
Beitrag zur umfassenden Musterprüfung geht
oder ob es sich um einen Rückgriff auf alternative
Zulassungsmethoden handelt, die bei uns ja noch
nicht in der Tiefe ausformuliert worden sind. In-
sofern kann ich das nicht genau abschätzen. Ich
gehe dort auch nicht von einem Festpreis aus,
weil wir nämlich die Managementkosten der Eu-
roHawk GmbH noch nicht dabei haben. Bisher
zumindest war es so, dass sich der Hersteller bzw.
der Unterauftragnehmer Northrop Grumman
nicht auf einen Festpreis geeinigt hat, weil er
selbst den gesamten Umfang noch nicht umfassen
konnte.“905

Bereits im März 2013 wandte sich der Sector Vice Presi-
dent von Northrop Grumman, Janis G. Pamiljans, in ei-
nem Schreiben an Staatssekretär Beemelmans, in dem er
appellierte, die bereits im Projekt getätigten Investitionen
Deutschlands nicht ungenutzt zu lassen, dem EURO
HAWK Full Scale Demonstrator (FSD) eine Chance zu
geben, seine Leistungsfähigkeit zu beweisen und eine ab-
schließende Entscheidung bezüglich der Serienbeschaf-
fung nicht vor Ende des Jahres zu treffen. Allerdings
seien nach der Bewertung des BMVg, formuliert in einer
Staatssekretärvorlage vom 21. März 2013, in dem Schrei-
ben keine Ansätze zu erkennen, um die bestehenden Risi-
ken für eine Serienbeschaffung seitens Northrop Grum-
man auch nur annähernd zu reduzieren. Auch die
besonders schwerwiegenden und tatsächlichen Pro-

900 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 16.
901 MAT 17-72 zu BB 17-47 BMVg, Büro des Ministers, Ordner 2,

S. 23 ff.
902 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 21.

903 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 48.
904 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 13.
905 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 5.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 119 – Drucksache 17/14650

bleme, die einer Serienbeschaffung entgegenstünden,
seien in keiner Weise adressiert worden.906 Ähnliche
Schreiben versandte der Sector Vice President von North-
rop Grumman, Janis G. Pamiljans, an Ministerialdirektor
Detlef Selhausen am 25. April 2013 und 21. Mai 2013,
wo er auch die unterschiedlichen Kostenansätze themati-
sierte.907 Zudem erklärte er in einem Interview mit der
Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) vom 4. Juni
2013, dass, wenn das BMVg das Aufklärungssystem in
einer anderen Flugplattform installieren wolle, die Zulas-
sungskosten weit höher als eine halbe Milliarde Euro wä-
ren.908

Unter Bezugnahme auf die Einschätzung des BMVg hat
der Sector Vice President von Northrop Grumman, Janis
G. Pamiljans, in seiner Zeugenvernehmung zu den unter-
schiedlichen Zahlen geäußert:

„Ich weiß nicht, wo die 500 bis 800 Millionen
Euro herkommen. Das ist nicht Teil des Joint
Ventures; das ist nicht etwas, was mit der Indus-
trie zusammen erarbeitet wurde. Wir wissen
nicht, wo dieser Preis herkommt, wie er berech-
net wurde. Das heißt, zu diesen Zahlen kann ich
auch keine Anmerkungen machen.“909

2. Zeitliche Verzögerung im Hinblick auf das
Missionsplanungssystem

In der Staatssekretärvorlage vom 29. April 2013 wurde
ausgeführt, dass erhebliche operationelle Einschränkun-
gen bei einem Weiterbetrieb des EURO HAWK FSD be-
stünden. Die Missionsplanung erfolge in den USA. „Dazu
müssen die Flugplanungsparameter für Aufklärungsflüge
zunächst an Northrop Grumman übermittelt werden.
Diese führt die Missionsplanung durch und sendet dann
die entsprechenden Daten an Deutschland.“910

Auch in der Vorlage vom 27. März 2013 wurde auf diese
Problematik Bezug genommen. Darin heißt es: „Die Mis-
sionsplanung erfolgt derzeit in den USA auf dem nicht
exportfähigen Planungssystem AFMSS der US Air Force
(USAF). Dazu müssen die Flugplanungsparameter für
Aufklärungsflüge zunächst an die USAF übermittelt wer-
den, diese führt die Missionsplanung durch und sendet
dann die entsprechenden Daten an Deutschland. Die Re-
alisierung des durch die USAF avisierten, exportfähigen
Missionsplanungssystems JMPS wird sich aufgrund tech-
nischer Probleme weiter verzögern (voraussichtlich min-
destens zwei Jahre).“911

In seiner Vernehmung hat der Zeuge Beemelmans darge-
stellt, dass, solange der Bund über das Missionsplanungs-

system nicht autonom verfügen könne, dieses auch kei-
nen eigenen Nutzen habe.912 Die mit einer hinreichend
autonomen Nutzung einhergehende Verzögerung sei ein
Risiko gewesen, welches in Kombination mit anderen Ri-
siken letztlich zu der Entscheidung geführt habe:

„Das Missionsplanungssystem, was es uns er-
möglichen würde, autonom die Global Hawk zu
fliegen, würde sich auch noch verzögern um zwei
Jahre. Das heißt, wir würden auch noch zwei
Jahre länger – voraussichtlich – auf ein autono-
mes Missionsplanungssystem warten müssen.
Diese Kombination von […] Risiken haben,
wenn Sie so wollen, dazu geführt, dass wir dafür
keine vernünftige Lösung im Hinblick auf das an-
gestrebte Ziel gesehen hatten.“913

3. Fehlende Beherrschbarkeit des
Musterzulassungsprozesses

Neben dem finanziellen Risiko stellte die fehlende Be-
herrschbarkeit des Musterzulassungsprozesses aus Sicht
des Staatssekretärs Rüdiger Wolf den zentralen Gesichts-
punkt für die Beendigung des Entwicklungsvorhabens
dar. In seiner Vernehmung hat er hierzu ausgeführt:

„[…] das ist für mich der ausschlaggebende
Punkt gewesen – die fehlende Beherrschbarkeit
des Musterzulassungsprozesses. Das heißt, es
wäre selbst nach weiteren erheblichen Investitio-
nen am Ende eine erfolgreiche Musterzulassung
der Serie nicht sicher gewesen.“914

An anderer Stelle hat er in ähnlicher Weise den Beweg-
grund für seine Entscheidung, das Projekt nicht fortzuset-
zen, beschrieben:

„Der ausschlaggebende Punkt war der, dass eine
Musterzulassung sich nicht erreichen ließ. Es gab
selbst eine Unsicherheit beim Einsetzen von bis
zu 600 Millionen Euro für die Herstellung dieser
Musterzulassung.“915

4. Alternative Trägerplattformen
Zur Schließung der eingetretenen Fähigkeitslücke haben
Staatssekretär Beemelmans und Staatssekretär Wolf am
10. bzw. 8. Mai 2013 dem Vorschlag auf Weiternutzung
des ISIS-Systems zur Signalerfassenden Luftgestützten
Weiträumigen Überwachung und Aufklärung (SLWÜA)
zugestimmt. Zur Weiternutzung von ISIS bedarf es, nach-
dem die GLOBAL HAWK-Trägerplattform nunmehr aus-
scheidet, einer alternativen Trägerplattform.

Um bis Ende des Jahres 2013, wie es in den Entschei-
dungsvorlagen anvisiert wurde,916 eine Entscheidung über
eine alternative Trägerplattform fällen zu können, sollen
sämtliche Lösungsmöglichkeiten betrachtet werden. 906 MAT 17-70 C BMVg zu BB 17-45, AIN V 1, Ordner 1, Sämtliche

Vorlagen, S. 408 ff. bzw. 419 ff.
907 MAT 17-104 RA-Kanzlei Wilmerhale zu BB 17-122.
908 Interview mit Janis Pamiljans, FAZ-Artikel vom 4. Juni 2013, „Der

Programmstopp war eine Überraschung für uns“.
909 Pamiljans, Protokoll-Nr. 6, S. 65.
910 MAT 17-70 A BMVg zu BB 17-45, Abt Plg II 3, Ordner 1, S. 1 (3).
911 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45, AIN V 5, Ordner 2, S. 329

(331).

912 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 43.
913 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 8.
914 Wolf, Protokoll-Nr. 7, S. 103.
915 Wolf, Protokoll-Nr. 7, S. 123.
916 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45, AIN V 5, Ordner 2, S. 329

(333).

Drucksache 17/14650 – 120 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

a) Vorliegende Untersuchungen und Studien
zu alternativen Trägerplattformen

Bereits mit Erlass des BMVg vom 5. September 2012
wurde das BAAINBw angewiesen, eine Untersuchung zu
alternativen luftgestützten Plattformen für den Einsatz
des integrierten SIGINT-Systems zu beauftragen. Darauf-
hin wurde die Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft mbH
(IABG) Ottobrunn mit der Untersuchung beauftragt.917

In der Studie der IABG „Technisch-wirtschaftliche Un-
tersuchung zur Integration des EURO HAWK SIGINT
Systems in alternative Sensorplattformen“ vom 28. No-
vember 2012 wurde eine Marktsichtung vorgenommen
und eine Liste fliegender Sensorplattformen erstellt.
Betrachtet wurden aktuelle bemannte und unbemannte
Fluggeräte. In der Zusammenfassung dieser Studie hieß
es:

„Es erfolgte durch IABG und den AG [Auftrag-
geber, Anm.] eine Vorauswahl, so dass
11 Plattformen verblieben. Danach wurden eine
einheitliche Nutzlast (Masse, Widerstand) defi-
niert, die Flugleistungen und Beschaffungs-/Be-
triebskosten abgeschätzt und eine vergleichende
Bewertung anhand der Kriterien Flugleistungen,
Kosten, ISIS-Integration, ISIS-Leistung, Risiko
und Nutzen-Potenzial durchgeführt. Mit Hilfe der
Bewertung wurde durch den AG der Airbus A319
als beste bemannte Alternative und der IAI Heron
TP als beste unbemannte Alternative ausgewählt.
Für diese Plattformen und das bereits in der Leis-
tungsbeschreibung vorausgewählte Cassidian Fu-
ture European MALE wurde im zweiten Schritt
jeweils ein Integrationskonzept für ISIS ausgear-
beitet und beschrieben.“918

In der Studie wurde festgestellt, dass sich das zivile Kurz-
streckenflugzeug A319 der Firma Airbus als die teuerste
der betrachteten Alternativen darstellt. Es

„[…] bietet dafür aber auch das geringste techni-
sche, zeitliche und Kostenrisiko. Außerdem hat
die A319 die höchste Operative Leistungsfähig-
keit aller Alternativen und erreicht außer Ein-
schränkungen durch die geringere Flughöhe die
volle operative Leistungsfähigkeit des Euro
Hawk.“919

Zur Alternative, ISIS in das unbemannte Fluggerät der is-
raelischen Firma IAI HERON TP einzurüsten, wurde
festgehalten, der HERON TP berge

„[…] das höchste technische, zeitliche und Kos-
tenrisiko, hat die geringste operative Leistungsfä-
higkeit aller Alternativen und hat wesentliche
Einschränkungen in Flugreichweite, Kommuni-
kationsbandbreite und teilweise SIGINT-Aufklä-
rungsleistung.“920

In der Studie wurde als weitere Alternative untersucht,
das Konzept ISIS in das geplante unbemannte Luftfahr-
zeug Future European MALE (FEMALE) der Firma
Cassidian einzurüsten. Dieses

„befindet sich noch in der Konzeptionsphase, was
bedeutet, dass wesentliche Basisparameter festge-
legt wurden und man die Vorkonstruktion vorbe-
reitet, es aber nicht ausgeschlossen ist, dass sich
Basisgrößen im Lauf des Entwicklungsprozesses
noch ändern können. Im Gegensatz zu den ersten
beiden betrachteten Alternativen wurden das In-
tegrationskonzept und die Abschätzung der Flug-
leistungen nicht von IABG selbst, sondern von
Cassidian im Unterauftrag durchgeführt.“921

Es wurde letztlich festgestellt, dass „sich der FEMALE
als die kostengünstigste der betrachteten Alternativen“
darstelle, aber nicht vor 2023 verfügbar sei.922

Das BAAINBw informierte mit Schreiben vom 6. De-
zember 2012 das Bundesministerium der Verteidigung,
Referat AIN V 5, über das Ergebnis dieser Studie.923
Daraufhin fand beim BMVg am 10. Dezember 2012 eine
Ergebnispräsentation der IABG-Studie statt. In dem
entsprechenden Ergebnisvermerk zu dieser Besprechung
wurde seitens des Referates AIN V 5 im BMVg kri-
tisch angemerkt: „Auch bei vorsichtiger Wertung sind
die von IABG teilweise aufgestellten Kostenvergleiche
und Schlußfolgerungen nur ansatzweise nachvollzieh-
bar.“ Hinsichtlich der Alternative FEMALE wurde
ausgeführt:

„Sollte FEMALE ab 2023 zulaufen, müsste man
die ausgabewirksamen Kosten preislich anpassen.
[…] Eine behutsame Eskalation mit 4 % führt zu
(bisher bekannten) Gesamtkosten von rd.
1,9 Mrd. €. Diese Lösung wäre damit deutlich
teurer als die beiden zeitnah ,realisierbaren‘ Lö-
sungen und müsste in der Risikobewertung eine
andere Bewertung bekommen. Hinzu kommt,
dass die technischen Unzulänglichkeiten einer
Hochglanzbroschüre bei diesem zeitlichen Vor-
lauf nicht seriös überschaubar sind, die daraus ab-
sehbaren Kostenverschiebungen (bspw. Genera-
tor) nicht bewertbar. Die Aussage ,Günstigste der
betrachteten Alternativen‘ ist damit faktisch un-
zutreffend.“924

In der Folgestudie der IABG „Vertiefende Technisch-
wirtschaftliche Untersuchung zur Integration des EURO
HAWK SIGINT Systems in alternative Sensorplattfor-
men“ vom 8. März 2013 wurden die Ergebnisse zu A319
und HERON TP detailliert. Dabei wurden insbesondere
mit potentiellen Auftragnehmern die Risiken in der

917 MAT 17-78 A BMVg zu BB 17-52 AIN V 5, Ordner 86, S. 48.
918 MAT 17-26 zu BB 17-37, Ordner 1/2, S. 1 (3).
919 MAT 17-26 zu BB 17-37, Ordner 1/2, S. 1 (4).

920 MAT 17-26 zu BB 17-37, Ordner 1/2, S. 1 (5).
921 MAT 17-26 zu BB 17-37, Ordner 1/2, S. 1 (5).
922 MAT 17-26 zu BB 17-37, Ordner 1/2, S. 1 (6).
923 Schreiben des BAAINBw vom 6. Dezember 2012, MAT 17-78 A

BMVg zu BB 17-52, AIN V 5, Ordner 86, S. 48 ff.
924 MAT 17-78 A BMVg zu BB 17-52, AIN V 5, Ordner 86, S. 175 ff.

(175).

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121 – Drucksache 17/14650

Umsetzung untersucht und zudem Lösungen für die iden-
tifizierten technischen Risiken beider Varianten erarbei-
tet. 925

Mit Schreiben vom 20. März 2013 legte das BAAINBw
dem BMVg, Referat AIN V 5, einen zusammenfassenden
Bericht vor und informierte über die Ergebnisse der Fol-
gestudie.926

Auf Weisung des Referates im BMVg, AIN V 5, fertigte
das Kommando Luftwaffe (Kdo Lw) am 15. März 2013
einen Untersuchungsbericht „Alternative Trägerplattfor-
men für das integrierte SIGINT Missionssystem ISIS“ an,
in dem die Umsetzbarkeit eines Betriebes der alternativen
Trägerplattformen in der Struktur der Luftwaffe geprüft
wurde. Zudem wurden die Untersuchungsergebnisse der
IABG durch das Kdo Lw um operationelle Aspekte und
Weiterentwicklungen erweitert. Die Betrachtung
beschränkte sich auf die Systeme Airbus A319, Airbus
A400M und das unbemannte Luftfahrzeug HERON TP.927

Im Untersuchungsbericht kommt das Kdo Lw zu dem Er-
gebnis, dass es

„[...] innerhalb der Strukturen und Prozesse der
Luftwaffe keine Gründe für den Ausschluss einer
der beiden alternativen Trägerplattformen A319
oder UAS HERON TP gibt. Es ist dabei offen-
sichtlich, dass aufgrund der Leistungsparameter
dieser Plattformen die Fähigkeitslücke SIGINT
gemessen an den ursprünglichen Forderungen
nicht vollständig geschlossen werden kann.“928

b) Zeugenaussagen zur möglichen
Weiterverwendung von ISIS

Zur Verwendbarkeit des Aufklärungssystems ISIS in al-
ternativen Trägerplattformen hat der Zeuge Bernhard
Gerwert, CEO der Firma EADS Division Cassidian, die
das System ISIS entwickelt hat und an dem geplanten
UAS FEMALE arbeitet, ausgeführt:

„Ja, das muss man dann natürlich im Detail unter-
suchen, weil ja auch - - Der Träger muss ja be-
stimmten Anforderungen genügen. Ob alternative
Träger dazu genutzt werden können, kann man,
kann ich zumindest heute nicht sagen.“929

Der Zeuge hat ferner bekundet, dass die Firma Cassidian
bisher nicht im Detail untersucht hätte, ob eine MALE-
Drohne der Firma Cassidian eine alternative Plattform für
ISIS sein könne:

„Wir haben uns mit diesem Thema bisher nicht
intensiv beschäftigt als EADS. Dies ist bisher
eine Studie der IABG. Ich kann dazu nichts sa-
gen. Da müssten wir damit beauftragt werden, die

Frage gestellt kriegen. Dann werden wir das sehr
intensiv analysieren, und dann können wir eine
Antwort dazu geben, heute nicht.“930

Auf die Frage nach seiner Befassung mit den oben darge-
stellten IABG-Studien, zu denen die Firma Cassidian in
Bezug auf ihr Produkt FEMALE zugearbeitet hat, hat der
Zeuge Bernhard Gerwert bekundet:

„Nein. Ich weiß nicht, wie im Detail dazu die Stu-
die erstellt wurde. Ich kann nur heute sagen: Wir
haben bis heute kein Angebot erstellt, keine Kos-
tenschätzungen erstellt, was die Integration des
ISIS-Systems in ein Future European MALE be-
deuten würde. […] Ich bin natürlich informiert
worden, dass es hier - - dass die IABG eine Studie
erstellt. Natürlich war ich darüber informiert,
dass die IABG eine Studie erstellt, und ich war
darüber informiert, dass wir dazu Zuarbeiten ge-
leistet haben. Aber diese Studie ist mir nicht mal
bekannt.“931

Zur Untersuchung bis Ende des Jahres 2013 hinsichtlich
der Weiterverwendung von ISIS in einer alternativen Trä-
gerplattform hat der Zeuge Beemelmans in seiner Verneh-
mung ausgeführt:

„Wir haben im Verteidigungsausschuss darauf
hingewiesen, dass diese Untersuchung absolut
produkt- oder plattformoffen durchgeführt wird.
Also jede Plattform, die denkbar ist, wird be-
trachtet. Ich habe in den letzten Tagen gehört,
dass jetzt auch diese Plattform betrachtet wird:
Future European MALE. Diese gibt es schlicht-
weg nicht. Das ist das Projekt, was ich – darüber
habe ich im Verteidigungsausschuss auch einige
Male berichtet – versuche, als Talarion- Nachfol-
gemodell auf den Weg zu bringen. Das gibt es
schlichtweg nicht. Also ich würde mich sehr
wundern, wenn in der Vorlage, die für den Gene-
ralinspekteur erarbeitet wird, dieses Projekt über-
haupt auftaucht, weil ich das zurzeit nicht für eine
realistische Plattform erachte, weil es die einfach
nicht gibt, sondern es geht um die Schließung der
Fähigkeitslücke.“932

Der Zeuge hat in seiner Vernehmung mehrfach betont,
dass in den Vorlagen, die er bekommen habe, stehe, „dass
es Alternativen gibt im Kostenrahmen“. Allerdings könne
er sich nicht vorstellen, dass dies FEMALE sein könne,
da es nicht im Kostenrahmen darstellbar sei.933

Ergänzend hat der Zeuge Beemelmans zur Erläuterung
bekundet, dass er die Studie selbst jedoch nicht gesehen
habe.

„Maßgeblich ist ja nicht diese Studie, sondern
maßgeblich ist diese Studie nur insoweit, dass sie
gesagt hat: Es ist machbar. – Maßgeblich werden 925 MAT 17-26 zu BB 17-37, Ordner 2/2, S. 1 ff.

926 MAT 17-78 A BMVg zu BB 17-52, AIN V 5, Ordner 89, S. 216 ff.
927 MAT 17-78 A BMVg zu BB 17-52, AIN V 5, Ordner 89, S. 204-3 ff.

(204-7).
928 MAT 17-78 A BMVg zu BB 17-52, AIN V 5, Ordner 89, S. 204-3 ff.

(204-26).
929 Gerwert, Protokoll-Nr. 6, S. 8.

930 Gerwert, Protokoll-Nr. 6, S. 45.
931 Gerwert, Protokoll-Nr. 6, S. 13.
932 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 42.
933 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 65.

Drucksache 17/14650 – 122 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

sein die Vorlagen, die die zuständigen Abteilun-
gen – ich vermute: AIN, Planung und Haushalt –
machen werden, um dem Generalinspekteur das
volle Portfolio mit Abwägung von Kosten, Risi-
ken, Chancen vorzulegen.“934

Auf mehrfache Nachfrage, wie der Zeuge, ohne die Stu-
die gelesen zu haben, zu der Einschätzung komme, dass
eine Alternative in den für EURO HAWK vorgesehenen
Kosten realisierbar sei, wenn nach der Studie nur ein be-
manntes Flugzeug und die Neuentwicklung MALE
EADS in Frage komme, führte dieser aus: „Das steht in
den mir zur Verfügung stehenden Vorlagen genauso drin,
die Antwort.“935

Der Zeuge hat in seiner Vernehmung hier insbesondere
auf die erwähnte Vorlage vom 20. Dezember 2012 an ihn
rekurriert, in der dargestellt wurde, dass der Betrieb des
ISIS auch auf Basis einer alternativen Trägerplattform
„unter Einhaltung des geplanten Kostenrahmens für die
Beschaffung mit beherrschbaren Risiken realisierbar“
sei.936

In der Vorlage vom 27. März 2013, die zur Entscheidung
führte, hieß es, die Serienbeschaffung nicht mehr weiter-
zuverfolgen, hinsichtlich der Lösungsvorschläge zur Wei-
ternutzung von ISIS auf einer alternativen Trägerplatt-
form: „Dabei wird eine Realisierung innerhalb des bisher
für die EURO HAWK Serie geplanten Kostenrahmens mit
beherrschbarem Risiko und zeitnahem Zulauf ange-
strebt.“937

Zur Höhe der anfallenden Integrationskosten des ISIS-
Systems in eine alternative Trägerplattform konnte der
Projektleiter im BAAINBw, Leitender Regierungsdirek-
tor Rüdiger Knöpfel, keine Angaben machen, da diese
Fragen Gegenstand der Untersuchung sein werden:
„Denn die Kosten der Integration und des Betriebs eines
Luftfahrzeugs, das ja die Fähigkeiten eines Euro Hawks
ausgleichen soll, müssen auch erst evaluiert werden.“938
Darüber hinaus hat er hierzu in seiner Vernehmung be-
kundet:

„Das Ergebnis ist, dass es mögliche Alternativen
gibt, die aber einer wesentlich weiteren Betrach-
tung bedürfen, weil wir nicht abschätzen können,
ob wir den gesamten wirtschaftlichen Rahmen
dort nicht sprengen oder ob wir den wirtschaftli-
chen Rahmen, der zurzeit vorgegeben ist, auch
einhalten können. Das konnte mit diesem groben
Ansatz so schnell nicht geschaffen werden.“939

Zudem hat der Zeuge ausgeführt, dass die Aussage der
beiden Studien zeige, dass es möglich erscheine, den jet-
zigen Finanzrahmen, der für die Serie vorgesehen sei,
nicht zu überschreiten; allerdings sei dies mit sehr hohen

Risiken behaftet, weil es dazu weiterer vertiefender Un-
tersuchungen bedürfe.940

In ähnlicher Weise hat der Abteilungsleiter im BMVg,
der Zeuge Detlef Selhausen, bekundet, dass das Aufklä-
rungssystem ISIS mit einer qualifiziert abgeschlossenen
Erprobung zur Integration in eine andere Plattform zur
Verfügung stehen werde. „Wie viele Kosten diese Inte-
gration verursachen könnte, lässt sich derzeit nicht vor-
hersagen. Das hängt von der gegebenenfalls auszuwäh-
lenden Plattform ab.“941

Die Zeugin Angelika Bauch, Bundesrechnungshof, hat in
ihrer Vernehmung geäußert, dass es sicherlich ein Pro-
blem sei, das ISIS-System auf eine andere Plattform zu
bringen, da es auf den Träger EURO HAWK ausgerichtet
sei und das „einfache Umswitchen des Sensoriksystems
auf eine andere Trägerplattform“ wohl nicht ohne Pro-
bleme vonstattengehen werde.942 Denn wenn das ISIS-
System im EURO HAWK funktionsfähig sei, sei damit
„noch nicht gesagt, dass es dann auch ohne Leistungsein-
bußen in einem anderen Träger funktioniert. Von daher ist
es schwierig, zu sagen, welchen Nutzen diese Sensorik
letztendlich hat.“943

Im Hinblick auf die Fähigkeitslücke, die nach Aussage
des Zeugen General Volker Wieker „so schnell wie mög-
lich“944 geschlossen werden sollte, war der Gesichtspunkt
der Alternativen für die Entscheidung des Verzichts auf
die Serienbeschaffung des EURO HAWK ein wichtiges
Element für Staatssekretär Beemelmans. Er hat hierzu in
seiner Zeugenvernehmung bekundet:

„[…] ich komme zu der Aussage [dass man diese
Fähigkeitslücke schließen könne, Anm.], weil das
die Aussage ist, die Grundlage meiner Entschei-
dung war. Das ist die Aussage, die sich in den
Unterlagen fand. Die stützt sich auf die Studie der
IABG; und es ist mir wörtlich aufgeschrieben
worden […], dass Alternativen im vorgegebenen
Kostenrahmen möglich sind. Dass bei Alternati-
ven möglicherweise die eine oder andere Ein-
schränkung oder Verbesserung im Verhältnis zum
Euro Hawk sein wird, ergibt sich aus der Tatsa-
che, dass die Alternative, wenn sie kein Euro
Hawk ist, etwas anderes ist und eben entspre-
chend etwas mehr oder etwas weniger kann. Die
sind halt unterschiedlich. Das wird eben in einer
schönen Matrix dem Generalinspekteur vorgelegt
werden, und der Generalinspekteur wird dann auf
der Basis abschätzen und abwägen, welche Alter-
native am ehesten, am besten die Fähigkeitslücke
schließt. Denn eine Alternative, die wir nicht be-
zahlen können oder nicht bezahlen wollen,
schließt ja die Fähigkeitslücke nicht, und dann
muss ich andere nehmen. Und da ist jede Alterna-
tive, die die Fähigkeitslücke schließt, eine bessere

934 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 47.
935 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 48.
936 MAT 17-4 BRH zu BB 17-91, Ordner 4, S. 31 (32).
937 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45, AIN V 5, Ordner 2, S. 329

(330).
938 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 45.
939 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 39.

940 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 54.
941 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 42.
942 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 22.
943 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 23.
944 Wieker, Protokoll-Nr. 7, S. 154.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 123 – Drucksache 17/14650

Alternative als eine, die sie nicht schließt oder
nur ein Loch in den Haushalt reißt.“945

Zur Bedeutung einer Alternative für seine Entscheidung,
die Serienbeschaffung nicht weiter zu verfolgen, hat der
Zeuge ferner ausgesagt:

„Also, es ist eine, wenn Sie so wollen, gemischte
Güterabwägung, die sich darauf stützt, dass es
eine Alternative gibt. Wenn es diese Alternative
nicht gegeben hätte, wäre die Entscheidung wahr-
scheinlich anders ausgefallen.“946

Die Höhe des haushalterisch zur Verfügung stehenden
Kostenrahmens für alternative Trägerplattformen ergibt
sich aus den für die Serienbeschaffung eingeplanten
Haushaltsmitteln, die nun frei sind. Hierzu hat der Zeuge
Ministerialdirektor Dr. Paul Jansen in seiner Verneh-
mung geäußert:

„Es sind freie Planwerte in Höhe von 675 Millio-
nen, die dann auch den Ausgangspunkt dafür bil-
den können, eine Alternativlösung zu finden.“

Ergänzend hat er bekundet:

„Theoretisch […] wäre man natürlich auch frei,
zu sagen: Ich nehme diese kompletten 675 Mil-
lionen für was ganz anderes. Aber diese Fähigkeit
ist hoch priorisiert. Deswegen gehe ich davon
aus, dass zur Schließung dieser Fähigkeitslücke
ein Großteil oder der Großteil dieser Summe ein-
gesetzt werden wird.“947

Demgegenüber hat der Sector Vice President von North-
rop Grumman, der Zeuge Janis G. Pamiljans, eine Alter-
nativlösung in diesem Kostenrahmen angezweifelt:

„Soweit andere Trägersysteme, sowohl bemannt
als auch unbemannt, als Alternative für den Euro
Hawk betrachtet werden können, glauben wir,
dass diese sowohl teurer als auch zeitaufwendiger
wären. Solche Alternativen hätten zudem gerin-
gere Fähigkeiten als die, die mit dem Euro-
Hawk-System erreicht werden können.“948

Der Zeuge Bundesminister der Verteidigung Dr. Thomas
de Maizière hat in seiner Vernehmung ausgeführt, dass
die Variantenuntersuchung ergebnisoffen durchgeführt
werde und hoffentlich zu einem Ergebnis führe. „Wenn
sie nicht zu einem Ergebnis führt, dann werden wir weiter
mit der Fähigkeitslücke leben müssen. Aber vorher wer-
den wir alles tun, zu prüfen, ob es mit einem vertretbaren
Aufwand mit anderen Plattformen geht, diese Fähigkeits-
lücke zu schließen.“949

III. Information über und Kenntnis von
Zulassungsproblemen

Ein zentraler Gesichtspunkt des Untersuchungsausschus-
ses ist die Frage gewesen, wer wann in der Bundesregie-

rung und insbesondere im BMVg auf Leitungsebene
Kenntnis von Zulassungsproblemen hatte und wann In-
formationen hierüber an wen weitergegeben wurden.

1. Innerhalb des Bundesministeriums der
Verteidigung

Die Zulassungsproblematik wurde im Verlauf des Projek-
tes EURO HAWK in Vorlagen und sonstigen Dokumen-
ten von der Fachebene an die Leitungsebene herangetra-
gen.

a) Kenntnis auf Staatssekretärsebene

Wie bereits oben dargestellt, wurden die erheblichen zeit-
lichen sowie finanziellen Risiken zur Erlangung einer
Musterzulassung erstmals mit Vorlage vom 8. Februar
2012 an die Leitungsebene kommuniziert. Staatssekretär
Beemelmans und Staatssekretär Wolf hatten davon Kennt-
nis genommen und auch in weiteren Vorlagen, wie etwa
die Vorlage vom 20. Dezember 2012, wurden beide über
die Problematik informiert.950

b) Kenntnis des Ministers

Bundesminister der Verteidigung Dr. Thomas de Maizière
äußerte sowohl vor dem Verteidigungsausschuss als auch
in verschiedenen Presseerklärungen, dass es vor der Billi-
gung der Entscheidung seiner Staatssekretäre am 13. Mai
2013 „keine Vorlage an den Minister mit einer Beschrei-
bung der Zulassungsprobleme oder überhaupt zum Ge-
samtproblem“ gegeben habe:

„Es gab lediglich am 20. März 2012 eine Infor-
mationsvorlage an mich zu rechtlichen Fragestel-
lungen im Zusammenhang mit dem sog. G-10-
Gesetz. Von Zulassungsproblemen habe ich erst-
mals im Rahmen einer allgemeinen Besprechung
zu vielen Rüstungsvorhaben am 1. März 2012 ge-
hört. Sie wurden mir gegenüber in dieser Bespre-
chung als lösbar dargestellt.“951

In seiner Vernehmung hat er hierauf Bezug genommen
und bedauert, dass er sich in der Sitzung des Verteidi-
gungsausschusses am 5. Juni 2013 nicht klarer ausge-
drückt habe: „Den Eindruck, ich hätte nie etwas gewusst,
wollte ich ganz sicher nicht hervorrufen. Ich habe diesen
Eindruck korrigiert, indem ich klargestellt habe, dass ich
über lösbare Probleme durchaus unterrichtet war.“952

Nach der Definition des Zeugen Dr. de Maizière bedeute
„lösbar“ in diesem Kontext:

„Das Projekt kann im dazu entschiedenen Kos-
tenrahmen realisiert werden; Varianten werden
untersucht; die zuständigen Stellen sind am
Ball.“953

945 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 47.
946 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 63.
947 Jansen, Protokoll-Nr. 6, S. 127.
948 Pamiljans, Protokoll-Nr. 6, S. 62.
949 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 81.

950 Vgl. Kapitel D.
951 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 10, zitiert aus seinem Sprechzettel

für die Verteidigungsausschusssitzung am 5. Juni 2013, S. 3.
952 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 10.
953 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 10.

Drucksache 17/14650 – 124 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Erst mit der Entscheidungsvorlage, die am 13. Mai 2013
durch den Zeugen Dr. de Maizière gebilligt wurde, sei er
darüber informiert worden, dass nach Erhärtung der Kos-
tenschätzung für die Musterzulassung der Serie und nach
Ausschluss alternativer Zulassungswege die Probleme
mit Blick auf den gegebenen Kostenrahmen nicht mehr
lösbar waren.954 Dementsprechend sei er sowohl von der
Entscheidungsvorlage als auch von der Dimension der
darin dargelegten Probleme, die damit verbunden war,
überrascht gewesen.955

Zu der Frage, ob er auf informellem Wege früher über die
erheblichen Zulassungsprobleme beim EURO HAWK in-
formiert worden sei, hat der Zeuge Dr. de Maizière ausge-
führt:

„Natürlich fliege ich auch mit der Flugbereit-
schaft. Ich trinke auch mal ein Glas Rotwein, rede
auch mit Mitarbeitern, lieber ohne Rotwein als
mit Rotwein, muss ich Ihnen sagen. Allerdings
habe ich schon ein Verständnis von der Führung
eines Ministeriums, dass man solche wichtigen
Fragen, ob man ein Projekt dieser Art abbricht
oder nicht, nicht beim abendlichen Rotwein oder
in der Challenger bespricht, sondern dann muss
eine anständige, spezifisch auf diesen Fall bezo-
gene Vorlage gemacht werden und nicht auf Zu-
ruf irgendetwas entschieden werden. Das ist nicht
nur wegen der Kontrolle und der Nachverfolgbar-
keit nötig, sondern das hängt auch mit den Di-
mensionen der Zahlen usw. zusammen. Also, in-
formieren kann man sich gerne nebenbei,
entscheiden sollte man sich in einem geordneten
Verfahren.“956

Zum Stichwort „Flurfunk“ hat der Zeuge Dr. de Maizière
bekundet: „Es gab keine Situation des Flurfunks, […] an
die ich mich erinnerte.“957

Staatssekretär Beemelmans hat in seiner Zeugenaussage
hervorgehoben, dass der Minister von ihm nur am
13. Mai 2013 befasst worden sei:

„Erst als das Kostenrisiko so präzise beschrieben
war, dass eine Fortsetzung des Projekts unter den
ursprünglichen Bedingungen nicht mehr realis-
tisch war, haben wir in Zusammenarbeit aller be-
troffenen Abteilungen nach neuen Wegen der
Schließung der Fähigkeitslücke gesucht. Ich habe
erst diese entscheidende Veränderung im Projekt
an den Minister weitergeleitet […]. Alle vorange-
gangenen Informationen zum Projekt Euro Hawk,
die in den letzten zwei Jahren etwa im Rahmen
von Besprechungen oder Klausuren von mir auch
gegenüber dem Minister geäußert worden sind,
hatten daher auch immer nur die Qualität, wie sie
bei allgemeinen Unterrichtungen von Sachstän-

den üblich zu erwarten ist: nicht mehr als allge-
meine Zwischenstände.“958

Der Zeuge Staatssekretär Rüdiger Wolf hat die Frage ver-
neint, ob er jenseits des offiziellen Dienstweges über das
Projekt EURO HAWK mit dem Minister gesprochen
habe.959

Auch der Zeuge General Volker Wieker hat in seiner Ver-
nehmung ausgesagt, dass er nicht mit dem Minister an ir-
gendeiner Stelle über EURO HAWK gesprochen habe, er
auch nicht von ihm angesprochen worden sei, weder all-
gemein noch insgesamt zu Zulassungsproblemen von
Drohnen.960

In den Zeugenvernehmungen haben verschiedene Mate-
rialien aus den Jahren 2012 und 2013, in denen die Zulas-
sungsproblematik aufgegriffen wurde, bei der Frage, ob
der Minister schon vor dem 13. Mai 2013 Kenntnis über
die Problematik hatte, eine Rolle gespielt.

aa) E-Mail des Abteilungsleiters Rüstung vom
19. Januar 2012

Der Abteilungsleiter Rüstung, Ministerialdirektor Detlef
Selhausen, sandte am 19. Januar 2012 zum Thema „Ge-
spräch BM mit CEO Cassidian am 19. Januar 2012“ eine
E-Mail961 an das Büro des Staatssekretärs Beemelmans, in
der es zur aktuellen Entwicklung im Vorhaben EURO
HAWK heißt:

„Hier zeichnet sich eine dramatische Kostenex-
plosion ab (von 610 Mio. € zuzüglich 451 Mio. €
auf 1.061 Mio. €.) Diese Daten werde ich kurz-
fristig mit meinen Experten noch einmal validie-
ren. Sollte sich die Größenordnung bestätigen
[…], wird BMVg über die Einleitung der Be-
schaffung der Serienluftfahrzeuge durch Bestel-
lung von Langläuferteilen neu entscheiden müs-
sen. Nach meiner ersten Einschätzung werde ich
eine solche Maßnahme nicht empfehlen.“962

Der Zeuge Detlef Selhausen hat in seiner Vernehmung auf
die Frage, ob diese Information den Bundesminister – da
es sich um eine Gesprächsvorbereitung für diesen gehan-
delt hatte – erreicht habe, ausgesagt, dass er dies nicht
wisse. Allerdings sollte „auf jeden Fall ein Problembe-
wusstsein da sein, dass hier sich ein Thema auftun kann“.
Unter Bezugnahme auf den in der E-Mail formulierten
Prüfungsvorbehalt hat er ergänzt:

„Ich wollte damit nur darauf aufmerksam ma-
chen, dass hier ein Thema auf das Haus zu-
kommt. […] Hier sollte es das Büro über einen
Sachverhalt informieren, als Hintergrund für das
Gespräch.“963

954 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 10.
955 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 48.
956 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 18 f.
957 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 93.

958 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 7.
959 Wolf, Protokoll-Nr. 7, S. 116.
960 Wieker, Protokoll-Nr. 7, S. 160.
961 Vgl. Kapitel D.
962 MAT 17-73 BMVg zu BB 17-48, Ordner 1, Sts Beemelmans, E-Mail-

Verkehr, S. 110 (110).
963 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 57.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 125 – Drucksache 17/14650

Der Zeuge Staatssekretär Beemelmans, an dessen Büro
die E-Mail gerichtet war, hat sich in seiner Vernehmung
zwar nicht an diese E-Mail erinnern können, hat aber un-
terstellt, dass er sie bekommen habe. Er hat darüber hi-
naus ausgeführt:

„Da wir ja schon im Verfahren der Validierung
waren und da er – oder bzw. mein Büro dann ge-
sagt hat: „Wenn die Validierung kommt, dann
warten wir auf die Validierung“, habe ich – unter-
stellt, ich habe die gesehen – keinen Anlass gese-
hen, darüber den Minister zu informieren. Jeden-
falls: Die Information an eine Referentin aus
meinem Büro über eine solche sich abzeichnende
Kostenexplosion, die noch zu validieren sei, ist
jedenfalls höchstwahrscheinlich – ich unterstelle
es mal – bis zu mir gekommen, ist aber jedenfalls
nicht zum Minister gekommen.“964

Dem Minister Dr. de Maizière war diese E-Mail lediglich
aus der aktuellen Presse bekannt.965

bb) Rüstungsklausur am 1. März 2012

Am 1. März 2012 fand eine Rüstungsklausur im BMVg
statt.966 Hierfür erhielt der Bundesminister der Verteidi-
gung Dr. Thomas de Maizière eine Informationsmappe
mit Hintergrundinformationen. Auf der Staatssekretärvor-
lage mit den anliegenden Unterlagen zur Vorbereitung auf
die Rüstungsklausur vom 27. Februar 2012 hatte Staats-
sekretär Beemelmans am 1. März 2012 vermerkt:

„Sehr gute Vorbereitung, hat BM ausdrücklich
gelobt!“967

In den anliegenden Hintergrundinformationen stand als
ein Spiegelstrich unter „Eigene Position/Bewertung“:

„EUROHAWK FSD kann Fähigkeitslücke nur
ansatzweise schließen. Kostensteigerungen stel-
len Gesamtsystem zunehmend infrage.“

Als kritischer Punkt wurde aufgelistet:

„Problem für alle UAS: Schwierigkeiten bei
Musterzulassung. Wenn diese nicht mit einem
vertretbaren Aufwand erreichbar, muss Betrieb
auf Basis Vorläufige Verkehrszulassung (VVZ)
oder innerhalb Flugbeschränkungsgebieten ge-
prüft werden.“968

Der Zeuge Ministerialdirektor Detlef Selhausen hat in sei-
ner Vernehmung erläutert, dass er zu dem Thema EURO
HAWK nur an einer Besprechung mit dem Bundesminis-
ter teilgenommen habe; dies sei die Rüstungsklausur am
1. März 2012 gewesen. Hierzu hat er ausgeführt:

„Am 1. März 2012 fand unter Vorsitz des Minis-
ters mit der Leitung des BMVg und den Abtei-
lungsleitern eine Rüstungsklausur statt. Hierzu
war im Ergebnis der damalige Führungsstab der
Streitkräfte angewiesen, ein kurzes Einführungs-
statement für den Bundesminister, einen kurzen
Sachstand zum Projekt Überprüfung der Ausrüs-
tungs- und Beschaffungsvorhaben und zu den
Themenblöcken UAV – also unbemannte Luft-
fahrzeuge –, schwimmende Systeme und Dreh-
flügler sowie kurzen Sachstand zu den jeweiligen
kritischen Punkten vorzulegen. […] In der Klau-
sur war ich als seinerzeitiger Abteilungsleiter
Rüstung beauftragt, einen kurzen Sachstand zu
den Gesprächen mit der Industrie vorzutragen.
Gemeint waren die Verhandlungen zur Reduzie-
rung der Stückzahlen des Beschaffungspro-
gramms Schützenpanzer Puma und der Pro-
gramme NH90 und Tiger. Diesen Überblick habe
ich gegeben. Unter anderem zu Euro Hawk hat
General Müllner einen Vortrag gehalten, in dem
er auch das Zulassungsthema erwähnte. Dazu
habe ich nach meiner Erinnerung sinngemäß be-
merkt, dass Luftwaffe und Rüstung hierzu im Ge-
spräch seien und das Thema gemeinsam klären
würden.“969

Auf Befragen hat der Zeuge Staatssekretär Beemelmans,
der ebenfalls bei der Rüstungsklausur anwesend war, aus-
gesagt:

„In der Rüstungsklausur wurde das Thema nach
meiner Erinnerung nur extrem kursorisch ange-
sprochen. General Müllner hat es damals kurz an-
getippt, und Herr Selhausen hat gesagt: Ja, wir
sind im Gespräch miteinander, wir finden eine
Lösung. – Und dann war es das. […] Dem Minis-
ter ist vorgetragen worden zu dem Punkt, und es
ist ihm vorgetragen worden, dass wir derzeit an
einer Lösung arbeiten.“970

Der Zeuge Dr. de Maizière hat in seiner Vernehmung dar-
gestellt, wie er die Rüstungsklausur bzw. den Vortrag des
Inspekteurs der Luftwaffe, Generalleutnant (GenLt)
Müllner, zum Thema EURO HAWK nach seiner Erinne-
rung wahrgenommen hat:

„Und dann hat er [GenLt Müllner, Anm.] nach
meiner Erinnerung gesagt: ,Wir haben da jeweils
Zulassungsprobleme wegen der Teilnahme am
allgemeinen Luftverkehr, auch beim Euro Hawk‘,
und nach meiner Erinnerung habe ich dann ge-
fragt: ,Was machen wir da?‘, und da hat Herr Sel-
hausen nach meiner Erinnerung gesagt: Herr
Minister, das lösen wir gemeinsam. – Dazu hat
Herr Müllner genickt, und da war dieses Thema
erledigt.“971

964 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 9.
965 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 90.
966 Vgl. Kapitel D.
967 MAT 17-69 BMVg zu BB 17-32, Büro des Ministers, Ordner 1,

S. 124 ff.
968 MAT 17-69 BMVg zu BB 17-32, Büro des Ministers, Ordner 1,

S. 124 (133).

969 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 42.
970 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 23.
971 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 31.

Drucksache 17/14650 – 126 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Darüber hinaus hat der Zeuge ausgeführt, dass der Satz
„Kostensteigerungen stellen das System zunehmend in-
frage“ über die Hälfte aller Rüstungsvorhaben geschrie-
ben werden könne:

„Es gibt kaum ein Rüstungsvorhaben, das nicht
gewaltige Kostensteigerungen hat und wo man
immer fragen könnte: Stellt das die Sache eigent-
lich nicht infrage? – Deswegen ist ein solcher
Satz nicht ein besonderer Anlass, nun hier tätig
zu werden.“972

cc) Besuch des Ministers bei der Firma EADS
Division Cassidian in Manching am
10. Dezember 2012

Am 10. Dezember 2012 besuchte der Bundesminister der
Verteidigung Dr. de Maizière die EADS Division
Cassidian in Manching und führte dort u. a. ein Gespräch
mit dem Chief Executive Officer (CEO) Bernhard
Gerwert.973 Zur Vorbereitung dieser Standortbesichtigung
erhielt der Minister eine Informationsmappe mit verschie-
denen Hintergrundinformationen als Ministervorlage, die
er laut Paraphe am 10. Dezember 2012 zur Kenntnis ge-
nommen hat.

In den Informationen zum Thema EURO HAWK heißt es
hinsichtlich der Bewertung:

„Aus heutiger Sicht, basierend auf den Erkennt-
nissen der Untersuchungen für einen alternativen
Zulassungsweg und dem Fehlen einer Missions-
planungsmöglichkeit, ist die Beauftragung einer
EURO HAWK Serie mit einem hohen finanziel-
len und in Teilen technischen Risiko verbunden.
[…] Eine belastbare und im Hause abgestimmte
Empfehlung zur weiteren Vorgehensweise wird
zu dem durch Sts Beemelmans und Wolf vorge-
gebenen Termin am 31. März 2013 vorgelegt.“974

Als Sprechempfehlung (reaktiv) wurde darüber hinaus
aufgeführt:

„Aufgrund der Zulassungsproblematik und weite-
rer Unsicherheiten auch hinsichtlich der Zukunft
der US Air Force GLOBAL HAWK Flotte und
der Missionsplanung ist derzeit keine Grundlage
gegeben, um eine Entscheidung für eine Serien-
beauftragung zu befürworten oder gar zu tref-
fen.“975

Der Bundesminister der Verteidigung wurde in seiner
Zeugenvernehmung befragt, ob er diese Hintergrundin-
formationen aus dem Jahre 2012 nicht zum Anlass ge-
nommen habe, weitere Informationen einzuholen oder
das Projekt sogar neu zu bewerten. Hierzu hat der Zeuge
Dr. de Maizière bekundet:

„Ich habe diese Mappe gesehen und habe sie auch
abgezeichnet. Natürlich kann ich im Nachhinein
nicht mehr sagen, ob und in welcher Gründlich-
keit ich jede dieser 60 Seiten gelesen habe. Mal
kann ich die Vorbereitungen gründlich und gut
studieren, manchmal weniger; das ist ein Zeitpro-
blem. Ich will mich jetzt aber gar nicht darauf be-
rufen, dass ich diese Seiten vielleicht gar nicht
gelesen hätte. Ich muss mir dieses Wissen zurech-
nen lassen. Das ist so. Ich habe die Vorlage abge-
zeichnet. In diesen Unterlagen zum Euro-Hawk-
Projekt ist auf Probleme hingewiesen worden; sie
wurden aber als lösbar dargestellt und auch in der
Bearbeitung befindlich, sogar mit einem konkre-
ten Zeitplan. Das hat mir ausgereicht. […] Über
konkrete Probleme am Euro Hawk haben wir bei
diesem gesamten Besuch gar nicht gespro-
chen.“976

Das erwähnte Dokument, die Informationsmappe zur
Vorbereitung des Besuches in Manching bei Cassidian am
10. Dezember 2012, findet sich auch an anderer Stelle in
den Akten des Untersuchungsausschusses. Bei einer Ver-
sion des Dokumentes977 sind mit grünem Textmarker
Stellen hervorgehoben und mit Ausrufezeichen versehen
worden [Die Farbe Grün ist in der Ministerialverwaltung
üblicherweise dem Minister vorbehalten, Anm.]. Auf die
Frage, ob diese grünen Markierungen vom Zeugen Bun-
desminister der Verteidigung Dr. Thomas de Maizière
stammen, hat dieser ausgesagt: „Ich verwende keinen
Textmarker.“978 In der dem Ausschuss vorliegenden Ver-
sion des Dokumentes aus dem Büro des Ministers, das
Dr. de Maizière auch selbst handschriftlich abgezeichnet
hat, sind diese grünen Markierungen nicht enthalten.

dd) Abteilungsleitervorlage vom 3. Januar 2013
mit Anmerkung des Abteilungsleiters

Mit Vorlage vom 3. Januar 2013 wurde der Abteilungslei-
ter Detlef Selhausen durch das Referat AIN V 5 darüber
informiert, dass das BAAINBw nicht in der Lage sei, die
Zulassbarkeit der EURO HAWK-Serie zum gewünschten
Stichtag zu bewerten und vielmehr empfehle, die Bewer-
tung mit dem Ziel eines abschließenden Ergebnisses bis
zum 1. Quartal 2014 fortzuführen.979 Am 16. Januar 2013
vermerkte der Abteilungsleiter Detlef Selhausen auf der
Vorlage:

„Jetzt wird Terminverlängerung bis I. Quartal
2014 gefordert! Dann – in 2014 – wird gebeten,
bis Mitte 2015 zu verlängern! Dies Spiel kennen
wir. Der Minister erwartet bekanntermaßen zum
31. März 2013 (Eingang bei ihm) eine Entschei-
dungsvorlage mit klarer Aussage zur Zulassungs-
fähigkeit. BAAINBw hat bis 15. Februar 2013
diesen Weg verbindlich aufzuzeigen. Dies wird

972 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 21.
973 Vgl. Kapitel D.
974 MAT 17-59 BMVg zu BB 17-38, Ordner 1, S. 1 (42).
975 MAT 17-59 BMVg zu BB 17-38, Ordner 1, S. 1 (43).

976 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 12 f.
977 MAT 17-73 BMVg zu BB 17-48, Ordner 2, StS Beemelmans,

S. 117 ff. (124).
978 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 14.
979 Vgl. Kapitel D.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 127 – Drucksache 17/14650

Thema in der nächsten UAL-KO (RL AIN V 5
trägt vor).“980

Der Zeuge Detlef Selhausen wurde zum Hintergrund sei-
ner Anmerkung auf der Vorlage befragt, da diese auf die
Kenntnis des Ministers über die Zulassungsproblematik
hindeute. Er hat in seiner Vernehmung hierzu erklärt:

„Aus diesem Vermerk ist die Schlussfolgerung
gezogen worden, Bundesminister Dr. de Maizière
habe zur Zulassung des Euro Hawk eine Vorlage
angewiesen. Diese Schlussfolgerung ist unzutref-
fend. Staatssekretär Beemelmans hatte auf einer
Vorlage meiner Abteilung vom 1. Oktober 2012
eine Klärung zur Zulassungsfähigkeit bis Ende
2012 sowie einen anschließenden Bericht und
Vorschlag zum weiteren Verfahren angewiesen.
Es ging mir mit meinem Vermerk vom 16. Januar
2013 darum, dem von Staatssekretär Beemelmans
eingeforderten Klärungsbedarf Nachdruck zu
verleihen. Ich ging davon aus, dass Staatssekretär
Beemelmans entsprechend dem Dienstweg ent-
scheiden werde, ob der Bundesminister mit der
Vorlage zu befassen sei. Dementsprechend wurde
dem Staatssekretär am 17. Januar 2013 zu diesem
Thema eine abgestimmte Vorlage zur Entschei-
dung für den 31. März 2013 angekündigt.“981

Der Zeuge Dr. de Maizière hat in seiner Vernehmung be-
stätigt, dass er eine solche Vorlage nicht bereits im Januar
2013 veranlasst habe. Zudem hat er ergänzt:

„Und ich finde es auch richtig, wenn der Minister
etwas anweist, dass man im Ministerium darauf
hinweist, dass es so ist. Wenn es der Minister aber
nicht anweist, sollte man den Namen des Minister
dafür nicht in Anspruch nehmen.“982

ee) Ministervorlage vom 6. März 2013 zur
Vorbereitung des Gespräches mit den
Berichterstattern des
Haushaltsausschusses

Zur Vorbereitung des Gespräches zwischen Bundesminis-
ter Dr. de Maizière und den Haushaltsberichterstattern der
Koalition, den Abgeordneten Dr. Koppelin, Willsch und
Kalb, am 14. März 2013 wurden dem Minister Ge-
sprächsunterlagen im Rahmen einer Ministervorlage vor-
gelegt. Diese Vorlage vom 6. März 2013 hat der Minister
laut Paraphe am 12. März 2013 abgezeichnet. Zum Sach-
stand HALE UAS EURO HAWK war in den Gesprächs-
unterlagen zu finden:

„Die Erteilung einer regulären Musterzulassung
für den FSD und die ursprünglich geplante Seri-
enbeschaffung Euro Hawk ist jedoch extrem risi-
kobehaftet und derzeit nicht absehbar. […] Eine
Entscheidung über das weitere Vorgehen hin-

sichtlich der Serienbeschaffung Euro Hawk (ur-
sprünglich vorgesehen waren vier weitere Euro
Hawk) wird derzeit durch die Abteilung AIN vor-
bereitet und soll Ende März 2013 vorgelegt wer-
den.“983

In der Sprechempfehlung (aktiv) war u. a. dargestellt:

„Die Zulassung des Euro Hawk gestaltet sich als
extrem schwierig und risikobehaftet äußerst
schwierig.“984

Diese zitierte Passage in der Sprechempfehlung war
durchgestrichen. Zur Erläuterung findet sich in den Akten
eine E-Mail vom 11. März 2013 des Referates AIN V 5
an das Staatssekretärbüro, in der gebeten wurde, die Aus-
sage „Die Zulassung des EURO HAWK gestaltet sich äu-
ßerst schwierig“ von der aktiven in die reaktive Sprech-
empfehlung zu übernehmen und bei Nachfragen auf die
in der aktiven Sprechempfehlung genannte, weitere Un-
terrichtung im II. Quartal 2013 zu verweisen. Weitere er-
klärende Hintergrundinformationen hierzu wurden in der
E-Mail als „nicht kommunizierfähig“ bezeichnet.985

Der Zeuge Staatssekretär Wolf hat sich in seiner Verneh-
mung nicht erinnern können, ob er die Streichung bzw.
Verschiebung aus der aktiven in die reaktive Sprechemp-
fehlung angestoßen hatte. Die Streichung könne er jedoch
nachvollziehen, da er zum damaligen Zeitpunkt dieses
Problem als nicht so wichtig ansah, dass der Minister es
aktiv anspreche. Auf die Frage, warum er der Meinung
sei, dass Mitglieder des Bundestages nicht aktiv über die
Zulassungsschwierigkeiten informiert werden müssten,
hat er in seiner Vernehmung zu Protokoll gegeben:

„Natürlich ist es meine Verantwortung, auch die
Mitglieder des Haushaltsausschusses des Deut-
schen Bundestages, und zwar egal welcher Frak-
tion, über haushaltsrelevante Dinge in einem Vor-
haben zu informieren. Ich hatte Ihnen schon
gesagt, dass ich nach meinem Dafürhalten die
Entscheidung zu dem Thema als unlösbar erst
später vorgelegt bekam, und es bestand für mich
hier keine Veranlassung, dieses Problem anders
zu bewerten. Ich würde aber selbstverständlich,
wenn ich ein Problem für unlösbar halte und es
hat haushalterische Auswirkungen, dies zu gege-
bener Zeit bei gegebenem Anlass den Mitgliedern
des Ausschusses vortragen, natürlich.“986

In seiner Vernehmung hat der Zeuge Dr. de Maizière er-
läutert, warum er auch nach dieser Information über er-
hebliche Zulassungsprobleme keine Maßnahmen zur Er-
forschung der Hintergründe veranlasst habe:

„Zunächst will ich Ihnen gerne sagen, dass wir
bei diesem Gespräch über das Thema Euro Hawk
nicht gesprochen haben, sondern wir haben ge-
sprochen über die Beschaffung des Eagle, was

980 MAT 17-78 A BMVg zu BB 17-52, AIN V 5, Ordner 66, S. 79 ff.
(79).

981 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 42 f.
982 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 17.

983 MAT 17-80 BMVg zu BB 17-44, Vorlagen BM, Ordner 1, S. 1 (11).
984 MAT 17-80 BMVg zu BB 17-44, Vorlagen BM, Ordner 1, S. 1 (11).
985 MAT 17-80 BMVg zu BB 17-44, Vorlagen BM, Ordner 1, S. 16.
986 Wolf, Protokoll-Nr. 7, S. 146.

Drucksache 17/14650 – 128 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

dann später ja auch eine nicht unerhebliche Rolle
spielte, und es gab dann noch einen Gesprächs-
gang zum Thema Veteranen. In der Unterlage
selbst ist in der Tat auf Probleme hingewiesen. Es
gibt eine entsprechende Anlage und ein Mail, auf
das ich auch hingewiesen worden bin […]. Alles
erweckte dann bei mir den Eindruck, dass wir auf
eine Lösung hinarbeiten, und deswegen war das
kein Anlass, nachzufragen, wann sie denn nun im
Einzelnen kommt, zumal ja auch ein Zeitplan ge-
nannt war.“987

ff) Zeitungsartikel im „Donaukurier“
vom 8. Mai 2013

Am 8. Mai 2013 erschien im „Donaukurier“ ein Zeitungs-
artikel mit der Überschrift „Die Riesen-Drohne trudelt“.
Im Artikel selbst wurde auf einen Besuch des Bundesmi-
nisters der Verteidigung Dr. de Maizière in der Redaktion
des „Donaukurier“ am Tag zuvor Bezug genommen. Der
Verteidigungsminister wurde auf die Frage nach der An-
schaffung vier weiterer EURO HAWK mit den Worten zi-
tiert: „Im Moment sieht es nicht so aus“.988

Am 6. Juni 2013 [die Pressemitteilung trägt irrtümlich
das Datum vom 6. Januar 2013, Anm.], gab das BMVg in
einer Pressemitteilung eine Erklärung zu der Formulie-
rung im Artikel des „Donaukuriers“ ab. Danach stünden
die Ausführungen des Ministers vor dem Verteidigungs-
und Haushaltsausschuss am 5. Juni 2013, in denen er er-
klärte, dass es vor dem 13. Mai 2013 keine Vorlage an ihn
mit einer Beschreibung der Zulassungsprobleme gegeben
habe, nicht im Widerspruch zum Artikel des „Donau-
kurier“:

„Die Aussagen des Ministers gegenüber dem Do-
naukurier basierten auf Hintergrundinformatio-
nen zum Vorhaben EURO HAWK, wie er sie am
1. März 2012 im Rahmen einer allgemeinen Be-
sprechung zu vielen Rüstungsvorhaben sowie
auch später erhalten hat.“989

Zu seiner Aussage im „Donaukurier“ hat der Zeuge Dr.
de Maizière Folgendes in seiner Vernehmung ausgeführt:

„[…] die Stellungnahme zum Donaukurier trifft
zu. Sie haben eben auch erwähnt ,sowie auch spä-
ter‘ [Formulierung in der Pressemitteilung des
BMVg vom 6. Juni 2013 zum Donaukurier-
Artikel, Anm.]. Das bezog sich auf spätere Vor-
gänge, insbesondere den Cassidian-Besuch und
andere Vorgänge, die ich auch genannt habe.
Über den Ablauf der Rüstungsklausur ist ja, wenn
ich den Verlauf des Untersuchungsausschusses
richtig verfolgt habe, umfangreich gesprochen
worden, über die Unterlagen, über den Vortrag,
den der designierte Inspekteur der Luftwaffe, Ge-
neralleutnant Müllner, gegeben hat. Die Zulas-

sungsfragen wurden dort angesprochen. Der Rüs-
tungsabteilungsleiter und der Inspekteur haben
mir gesagt, sie werden sich darum kümmern und
das Problem werde gelöst. Ich habe diese Vor-
lage, auch den Gesamtvorgang dieser Rüstungs-
klausur gelobt.“990

Auf den für einige Abgeordnete sich darstellenden Wi-
derspruch zwischen der Aussage des Ministers, bis zur
Entscheidungsvorlage am 13. Mai 2013 von lösbaren
Problemen ausgegangen zu sein bzw. hierüber überrascht
gewesen zu sein, und der Aussage im Zeitungsartikel des
„Donaukuriers“ vom 8. Mai 2013, es sehe nicht so aus,
dass die Serie beschafft werde, hat der Zeuge bekundet:

„Ich sehe darin keinen Widerspruch.“991

Später hat er ergänzt:

„Die Gemengelage der Informationen, die aus
Anlass von anderen Gesprächen mir zur Verfü-
gung gestellt worden waren, zeigte, dass sich die
Dinge in eine Richtung entwickeln, die weiter-
geht, als sie ein halbes Jahr vorher war. Konkreter
hatte ich keine Kenntnis. […] Mich hat über-
rascht, in welcher Qualität und Entscheidungs-
reife dann danach diese Vorlage mir vorgelegt
wurde.“992

gg) Differenzierung nach Vorlagen

Der Bundesminister der Verteidigung Dr. Thomas de
Maizière hatte am 5. Juni 2013 vor dem Verteidigungs-
ausschuss Folgendes gesagt:

„Es gab zuvor [vor der Entscheidungsvorlage, die
er am 13. Mai 2013 gebilligt hat, Anm.] keine
Vorlage an den Minister mit einer Beschreibung
der Zulassungsprobleme oder überhaupt zum Ge-
samtproblem. Es gab lediglich am 20. März 2012
eine Informationsvorlage an mich zu rechtlichen
Fragestellungen im Zusammenhang mit dem sog.
G-10-Gesetz. Von Zulassungsproblemen habe ich
erstmals im Rahmen einer allgemeinen Bespre-
chung zu vielen Rüstungsvorhaben am 1. März
2012 gehört. Sie wurden mir gegenüber in dieser
Besprechung als lösbar dargestellt.“993

An anderer Stelle führte er zur Rüstungsklausur am
1. März 2012 ausweislich des Kurzprotokolls vor dem
Verteidigungsausschuss aus:

„Es sei über Drohnen insgesamt und über die un-
terschiedlichen Drohnen gesprochen worden. Da-
bei sei die Rede gewesen von einem Zulassungs-
problem. Der designierte Inspekteur der
Luftwaffe und der Abteilungsleiter Rüstung hät-
ten dabei erklärt, dass es dort ein Problem gebe,
das man lösen werde. Dies sei der einzige Zusam-

987 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 13.
988 Artikel „Donaukurier“ vom 8. Mai 2013, „Die Riesen-Drohne tru-

delt“.
989 MAT 17-5 BK zu BB 17-88, Band 1, S. 133.

990 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 21.
991 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 70.
992 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 85.
993 MAT 17-1 A BT-VA zu BB 17-92, S. 1 (3).

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129 – Drucksache 17/14650

menhang gewesen, in dem er vor der Entschei-
dungsvorlage mit dem Thema EURO HAWK be-
fasst worden sei.“994

Zu seinem Kenntnisstand im Mai 2012, als er für die Zu-
stimmung zur Beteiligung am NATO AGS geworben
hatte, erklärte Dr. de Maizière laut Kurzprotokoll des Ver-
teidigungsausschusses im Juni 2013:

„Außerdem sei die Befassung des Parlaments an-
gesprochen worden – und dies werde vielleicht
bei AGS auch noch ein Punkt sein, wenn es um
die Frage gehe, warum er im Mai 2012 so für
AGS geworben habe, ohne auf die Zulassungs-
probleme beim EURO HAWK hinzuweisen. Die
Antwort darauf sei, dass er darüber nicht infor-
miert gewesen sei. Es könne sein, dass er viel-
leicht andernfalls gesagt hätte, dass man Pro-
bleme habe, die ihm jedoch als lösbar dargestellt
worden seien. Dies könne er jedoch nicht vortra-
gen, wenn es ihm nicht bekannt sei. Dies sei nicht
schön, und dies habe er auch so gesagt. Es sei
aber der Sachverhalt und die Entstehungsge-
schichte. Deshalb habe er folglich auch keine
Kontakte mit den USA und der Industrie gehabt.
Er habe laufende Kontakte mit der Industrie und
sei 2012 sogar in Manching gewesen, wo er sich
das Modell angesehen habe. Allerdings würden
einem Minister bei einem Betriebsbesuch be-
kanntlich selten Probleme vorgetragen. Meistens
werde dabei erklärt, es sei alles in Ordnung.“995

Vor dem Hintergrund der dargestellten Informationen und
Vorlagen, die den Minister vor dem 13. Mai 2013 erreicht
haben, und seiner Aussagen vor dem Verteidigungsaus-
schuss am 5. Juni 2013 wurde der Minister Dr. de
Maizière in seiner Vernehmung mit dem Vorwurf der
Lüge konfrontiert.

Der Zeuge Dr. de Maizière hat dies als Unterstellung zu-
rückgewiesen und ausgeführt:

„Ich will Ihnen gern auch noch mal sagen, was
der Hintergrund [für seine Äußerung vor dem
Verteidigungsausschuss am 5. Juni 2013, Anm.]
war. Das bezieht sich insbesondere auf das Wort
,Entscheidung‘, was ja hier auch in diesem Text
vorkommt. Wir waren bei der Vorbereitung für
den 05.06. sehr stark auf den Entscheidungspro-
zess fokussiert: Wie ist es zu dieser Entscheidung
gekommen, und wer war bei dieser Entscheidung
befasst, beim Entscheidungsgang befasst? – Das
war der Hauptpunkt, den ich im Kopf hatte bei
dieser Formulierung. Das war der wesentliche
Gehalt dessen, was wir dort vorgetragen haben.
Als dann der Eindruck entstand, dass es bei dem
Wort ,Befassung‘ nicht nur um Entscheidungs-
vorlagen oder Informationsvorlagen speziell zu
dem Thema Euro Hawk geht – ich habe erwähnt,
es gab eine Vorlage speziell zu dem Thema Euro

Hawk rund um das Thema G 10 –, als dann dieser
Eindruck entstanden war, habe ich ihn, sobald es
irgend möglich war, im Ausschuss und öffentlich
korrigiert.“996

Ähnlich hat der Zeuge an anderer Stelle in seiner Verneh-
mung formuliert:

„Ich wurde von der […] Entscheidung in Kennt-
nis gesetzt. Ich habe diese Entscheidung gebilligt.
Es gab zuvor ja keine Vorlage an den Minister.
Ich hatte im Kopf: Entscheidungsvorlage. Da ich
das nicht so formuliert habe, habe ich einen Bei-
trag dazu geleistet, dass der unzutreffende Ein-
druck entstanden ist, ich hätte nie etwas ge-
wusst.“997

Die Differenzierung nach Vorlagearten durch den Zeugen
Dr. de Maizière spielte im weiteren Verlauf der Verneh-
mung eine Rolle. Konkret hierzu hat der Zeuge weiter er-
klärt:

„Ich will Ihnen mal was zum Begriff Vorlage sa-
gen; das ist ja hier offenbar ein sehr wichtiger
Punkt. Ein Minister hat viele Termine im In- und
Ausland. Die Mitarbeiter packen den Minister
voll mit jeder Menge Papieren, mit Problemen
und Erfolgsmeldungen und all dem. Das sind In-
formationen, die da beigefügt werden, Hinter-
grundinformationen, Anlagen für die Gesprächs-
führung, für den Hinterkopf. Eine solche
Unterlage führt natürlich zu Kenntnissen des
Ministers. Sie ersetzt aber nicht das, was ich hier
als Vorlage gemeint habe, nämlich eine Vorlage,
die ausgezeichnet ist auf den Minister, wo drin-
steht: ‚Herr Minister, wir haben ein gewaltiges
Problem. Wir arbeiten an einer Lösung‘, oder:
‚Wir wissen keine Lösung‘, oder: ‚Wir müssen
eine Entscheidung treffen, die anders als bisher
ist‘. Es kann nicht richtig sein, dass Mitarbeiter
sich dadurch entlasten, dass sie aus Anlass von
Terminen Probleme als Anlage in Informations-
mappen stellen und sagen: Da soll der Minister
mal sehen, was er damit macht. – So wird in ei-
nem Ministerium, das ich führe, nicht gearbei-
tet.“998

[…]

„Und in meiner Aussage vom 05.06. […] habe
ich im Kopf gehabt: solche Informations- und
Entscheidungsvorlagen, die sich speziell auf das
Thema Euro Hawk beziehen, und nicht irgend-
welche Unterlagen als Teil für Gesprächsvorbe-
reitung.“999

Auf die Frage, ab wann dann der Minister einen Anlass
zum Handeln sehe, hat der Zeuge geantwortet:

994 MAT 17-1, BT-VA zu BB 17-92, S. 459 (492).
995 MAT 17-1 BT-VA zu BB 17-92, S. 478.

996 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 20.
997 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 38.
998 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 22.
999 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 46.

Drucksache 17/14650 – 130 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

„Wenn mir in einer Informationsvorlage im De-
zember 2012 gesagt wird: Herr Minister, wir ha-
ben hier ein gewaltiges Problem mit der Serien-
zulassung – […] dann hätte ich natürlich
gehandelt. […] sodass alleine der Hinweis auf
große Probleme kein Anlass zum Handeln ist für
mich; denn Sie finden hier den Hinweis auf große
Probleme bei nahezu jedem zweiten Rüstungs-
projekt.“1000

hh) Verantwortlichkeiten
Ein wichtiges Thema im Untersuchungsausschuss war
das Verständnis von der Amtsführung und den Aufgaben
eines Ministers.

Zu seinem eigenen Verständnis von Amtsführung äußerte
sich der frühere Bundesminister der Verteidigung Rudolf
Scharping in seiner Vernehmung dahingehend, dass man
klug beraten sei, sich nicht nur auf das zu verlassen, was
als abgestimmter Konsens aus der Bürokratie die Ebene
des Ministers erreicht, weil dabei durchaus Informationen
und Aspekte untergehen könnten.1001

„Ich muss mich regelmäßig informieren. Ich
muss selber den Anstoß dazu geben. Ich muss
Fragen stellen. […] Mir geht es nur darum, deut-
lich zu machen, dass jedenfalls für mein Ver-
ständnis von politischer Führung die Holschuld
für Informationen ein Teil ist, ein Teil von politi-
scher Führung.“1002

Ähnlich sah dies auch die Zeugin Angelika Bauch, Bun-
desrechnungshof, und hat vor dem Untersuchungsaus-
schuss ausgeführt:

„Auch Vorgesetzte haben eine Holschuld. Die
müssen sich auch informieren: ,Was ist aus den
Projekten geworden?‘, zumal das Euro-Hawk-
Projekt ja auch Kategorie 1 war und damit auch
ein leitungsrelevantes Projekt war.“1003

Rückblickend, so hat der Zeuge Dr. de Maizière in seiner
Vernehmung dargestellt, hätte er, wenn er die Informatio-
nen insgesamt sehe, von sich aus an der einen oder ande-
ren Stelle nachfragen sollen. Allerdings hätten die Staats-
sekretäre, vor allem Staatssekretär Beemelmans, ihn
früher von diesem Entscheidungsgang unterrichten sol-
len. In der Sitzung des Verteidigungsausschusses am
5. Juni 2013 führte der Minister aus, dass es verschiedene
Varianten der Informierung gebe. Im Regelfall werde er
durch eine an den Minister ausgezeichnete Vorlage infor-
miert oder solle auf dieser Grundlage eine Entscheidung
treffen. Die zweite Variante sei, dass ein Staatssekretär zu
ihm komme und ihm etwas vortragen wolle. Die dritte
Variante sei eine Erörterung in der Leitungsrunde. Zum
Thema EURO HAWK seien alle drei Varianten nicht zum
Tragen gekommen.1004

Dennoch könne er keine Fehler bei den Staatssekretären
im Handling erkennen.1005 Zudem hätte eine frühere Un-
terrichtung nicht zu einer anderen Entscheidung ge-
führt.1006

Auf die Frage, ob der Minister eine Holschuld habe, was
Informationen über ein wichtiges Rüstungsprojekt an-
gehe, hat der Zeuge Dr. Thomas de Maizière geantwortet:

„Ja, ich habe eine Holschuld. Sie war hier nicht
erforderlich. […] Weil ja an den Problemen, seit
die Leitung des Ministeriums informiert wurde,
ordentlich und gut gearbeitet wurde. Das hat Ih-
nen Staatssekretär Beemelmans vorgetragen, und
das hat der Rechnungshof auch bestätigt.“1007

Bundesminister der Verteidigung Dr. de Maizière betonte,
dass vielmehr die Probleme zu Beginn des Projektes un-
terschätzt worden seien „und im Projektverlauf von Be-
ginn an nicht angemessen bearbeitet“ wurden. Hier liege
aus Sicht des Zeugen Dr. de Maizière der „Geburtsfeh-
ler“ des EURO HAWK.1008 Denn zu seinem Amtsantritt,
Ende des ersten Quartals 2011, seien bereits rund
565 Millionen Euro entweder ausgegeben oder bereits ge-
bunden gewesen. „Das sind über 85 Prozent der Gesamt-
summe, über die wir heute sprechen. Und damals waren
der Leitung des Ministeriums keine Probleme be-
kannt.“1009

2. Innerhalb der Bundesregierung
Der Untersuchungsausschuss ist zudem der Frage nach-
gegangen, ob andere Ressorts, außer dem BMVg, Kennt-
nis über die Probleme bei der Zulassung des EURO
HAWK hatten. In Betracht kam hier das Bundesministe-
rium der Finanzen (BMF), welches im Zusammenhang
mit sogenannten 25-Millionen-Euro-Vorlagen zu beteili-
gen ist. 25-Millionen-Euro-Vorlagen sind Vorlagen an
den Haushaltsausschuss, die zurückgehen auf einen Be-
schluss des Haushaltsausschusses Anfang der 80er Jahre,
wonach Beschaffungsvorhaben, die größer als 50 Millio-
nen DM, jetzt 25 Millionen Euro sind, vorher dem Haus-
haltsausschuss zuzuleiten sind.1010

Der Zeuge Werner Gatzer, Staatssekretär im Bundes-
ministerium der Finanzen, hat in seiner Vernehmung er-
läutert, dass das BMVg die Ressorthoheit habe und damit
auch allein verantwortlich für Fragen und Probleme sei,
die sich im Zusammenhang mit dem Vorhaben stell-
ten.1011 Die jeweiligen Vorlagen seien dem BMF mit den
notwendigen Berichten zugesendet worden.

„Es gab dann noch hinsichtlich einzelner Punkte
Fragen seitens des Bundesministeriums der Fi-
nanzen, die sich hauptsächlich – das liegt in der
Natur der Sache – auf die finanzpolitischen Fra-

1000 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 46 f.
1001 Scharping, Protokoll-Nr. 3, S. 43.
1002 Scharping, Protokoll-Nr. 3, S. 50 f.
1003 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 7.
1004 MAT 17-1 BT-VA zu BB 17-92, S. 459 (492).

1005 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 49.
1006 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 54.
1007 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 39.
1008 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 6.
1009 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 8.
1010 Gatzer, Protokoll-Nr. 6, S. 99.
1011 Gatzer, Protokoll-Nr. 6, S. 99.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 131 – Drucksache 17/14650

gen beschränken. Also: Ist das Projekt ausrei-
chend im Haushaltsplan, in der Finanzplanung
berücksichtigt? Gibt es den einen oder anderen
Punkt, der hier noch nicht schlüssig ist, weil sich
die Prüfung im Bundesministerium der Finanzen
begrenzt auf eine Plausibilitätsprüfung, auf eine
Schlüssigkeitsprüfung? Das heißt: Geben die Un-
terlagen, gibt der Sachvortrag des zuständigen
Ressorts, hier des Bundesministeriums der Ver-
teidigung, das wieder, was dann für die Be-
schlussfassung durch den Haushaltsausschuss
auch notwendig ist?“1012

Zulassungsprobleme seien jedoch „kein Thema auf Lei-
tungsebene“ im BMF gewesen.1013

Der Zeuge Staatssekretär Gatzer hat in seiner Verneh-
mung weiter ausgeführt, worauf sich die Plausibilitäts-
prüfung des BMF erstreckt hat:

„Die Plausibilitätsprüfung erstreckt sich darauf
– zum einen finanzpolitisch der Schwerpunkt,
wie Sie gesagt haben –: Ist das Projekt mit den fi-
nanzpolitischen Rahmenbedingungen, die wir im
Finanzplan oder im Bundeshaushalt haben, in
Einklang zu bringen? Sie erstreckt sich – das
muss ich jetzt wieder allgemein sagen, weil ich
nicht weiß, wie es hier im konkreten Einzelfall
gewesen ist – unter Umständen auf Fragestellun-
gen, die im Vorfeld von Berichterstattern oder an-
deren geäußert wurden, ob diese Fragestellungen
abgehandelt werden. Sie erstreckt sich auch auf
Punkte, wie zum Beispiel von mir gesagt, jetzt
hier im konkreten Fall, Fragen – was wir hier dis-
kutiert haben, ich kann Ihnen hier auch noch mal
den Katalog kurz schildern – im Zusammenhang
mit der Umsatzsteuer, mit der angedachten Um-
satzsteuererhöhung. […] Also hier in dem kon-
kreten Fall waren es einige Fragen, die […] vom
Finanzministerium, an das Ressort gerichtet wur-
den auf Arbeitsebene, jetzt nicht von der Lei-
tungsebene. Zum Beispiel Fragen im Zusammen-
hang mit den Einzelpreisen, Fragen im
Zusammenhang mit möglichen Vorauszahlungen,
über die kalkulatorische Verzinsung wurde dem
Vernehmen nach gesprochen, Umsatzsteuer hatte
ich gesagt, warum auf die Vertragsstrafe verzich-
tet wurde. Das mal als wesentliche Punkte. Und
hier, das ist aus Haushaltssicht ganz wichtig: wie
die Deckung des bereits zum Jahresbeginn 2007
erkennbaren sogenannten Verpflichtungsüber-
hangs erfolgt.“1014

Hinsichtlich der Entscheidung, die Serienbeschaffung
nicht weiter zu verfolgen, sei das BMF nicht eingebunden
gewesen:

„Also ich als Person nicht, und mir ist auch nicht
bekannt, dass das Bundesministerium der Finan-

zen vorher konsultiert wurde, bevor die Beendi-
gung ausgesprochen wurde.“1015

IV. Information des Parlamentes

Gegenstand der Untersuchung war auch die Information
des Deutschen Bundestages und seiner Fachausschüsse
über die Probleme beim Entwicklungsprojekt EURO
HAWK durch die Bundesregierung.

Hervorzuheben sind diesbezüglich verschiedene Sitzun-
gen des Verteidigungsausschusses und des Haushaltsaus-
schusses im Jahre 2013 in Anwesenheit von Vertretern
der Bundesregierung, die Regierungserklärung des Bun-
desverteidigungsministers vor dem Plenum des Deut-
schen Bundestages sowie diverse Antworten der Bundes-
regierung auf parlamentarische Anfragen.

1. Verschiedene parlamentarische Anfragen
an die Bundesregierung

Das Thema EURO HAWK war Gegenstand zahlreicher
parlamentarischer Anfragen an die Bundesregierung, ins-
besondere in den Jahren 2012 und 2013.

Im Rahmen einer Berichtsbitte des Abgeordneten
Michael Leutert (DIE LINKE.) aus dem Haushaltsaus-
schuss zur Mittelverwendung für Unbemannte Flugob-
jekte (UAV, Drohnen) antwortete das BMVg etwa hin-
sichtlich der Frage nach dem Umsetzungsstand des
Vorhabens EURO HAWK am 8. Juni 2012:

„Im Vorhaben EURO HAWK (Anteil Entwick-
lung) sind ca. 75 % der vorgesehenen Haushalts-
mittel bereits verausgabt. 90 % der vorgesehenen
Haushaltsmittel sind bereits vertraglich gebun-
den. Die restlichen 10 % sind für notwendige Än-
derungsverträge zum Abschluss der laufenden
Entwicklung vorgesehen. Aufgrund externer Ab-
hängigkeiten vom US-amerikanischen GLOBAL
HAWK-Programm, von Beistellungen seitens der
US Air Force und Zusatzinformationenbedarf
hinsichtlich einer Muster- bzw. Verkehrszulas-
sung kam es zu Verzögerungen und Zusatzkosten.
Das Programm steht unmittelbar vor dem Beginn
der Sensorflugerprobung in Manching. Die Er-
probung von neuem Luftfahrtgerät ist naturge-
mäß risikobehaftet. Daher können für das EURO
HAWK-Programm ggf. weitere Verzögerungen
und weitere Zusatzkosten nicht ausgeschlossen
werden. Deren Höhe ist aufgrund des Risikocha-
rakters derzeit nicht abschätzbar.“1016

Bereits mit Staatssekretärvorlage vom 8. Februar 2012
hatte die Arbeitsebene im BMVg auf technische, zeitliche
sowie finanzielle Risiken zur Erlangung einer Musterzu-
lassung und auf Mehrkosten in Höhe von bis zu 600 Mil-
lionen Euro, ohne dass damit ein erfolgreicher Abschluss
der Musterprüfung gewährleistet sei, hingewiesen.1017

1012 Gatzer, Protokoll-Nr. 6, S. 99.
1013 Gatzer, Protokoll-Nr. 6, S. 100.
1014 Gatzer, Protokoll-Nr. 6, S. 103.

1015 Gatzer, Protokoll-Nr. 6, S. 104.
1016 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3, Ordner 1: Bericht der Ad-hoc Ar-

beitsgruppe EURO HAWK, Beilage 2 zu Anlage G, S.1 f.
1017 Vgl. Kapitel D.

Drucksache 17/14650 – 132 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Der Zeuge Staatssekretär Rüdiger Wolf hat die Frage, ob
diese Auskunft aus seiner Sicht gegenüber dem Parlament
vollständig, sachgerecht und wahrheitsgemäß sei bzw. ob
er das Parlament genauso wieder unterrichten würde, be-
jaht.1018 Der Zeuge Dr. de Maizière hat vor dem Untersu-
chungsausschuss bekundet:

„Ich habe diese Berichtsbitte nicht gemacht; das
behaupten Sie ja auch gar nicht. Sie ist zutreffend
und könnte etwas vollständiger sein.“1019

In einem Antwortschreiben des BMVg vom 13. Dezem-
ber 2012 auf die Bitte des Abgeordneten Florian Hahn
(CDU/CSU) nach einem Sachstand zum Thema EURO
HAWK werden die Probleme bei der Zulassung gar nicht
erwähnt.1020 Auf die Frage, ob dies eine sachgerechte In-
formation sei vor dem Hintergrund, dass auf das Thema
Musterzulassung oder Serienbeschaffung nicht eingegan-
gen wurde, hat der Zeuge Dr. de Maizière erwidert:

„Kann ich nicht beurteilen. Aus heutiger Sicht
hätte man das vielleicht erwähnen sollen.“1021

Erst im Jahre 2013 wurde auf Anfragen von Abgeordne-
ten, z. B. vom Abgeordneten Dr. Tobias Lindner (BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN) zu MALE/HALE UAV, seitens
des BMVg darüber informiert, dass hinsichtlich einer
Muster- und Verkehrszulassung nicht unerhebliche Risi-
ken und erhebliche Mehrkosten entstünden und daher
derzeit eine Entscheidung zum weiteren Vorgehen zur Se-
rienbeschaffung EURO HAWK vorbereitet werde.1022 Zur
Höhe der Mehrkosten wurde erstmals angegeben, dass
hierfür schätzungsweise ein „mittlerer dreistelliger Mio.
€-Betrag“ erforderlich sei.1023
In der Fragestunde des Plenums des Deutschen Bundesta-
ges am 5. Juni 2013 wurden zahlreiche Fragen zum
EURO HAWK durch die Parlamentarier an die Bundesre-
gierung gestellt. Die Antworten auf diese Fragen wurden
durch den Parlamentarischen Staatssekretär im BMVg,
Thomas Kossendey, gegeben.1024 Darüber hinaus wurde
das Thema EURO HAWK anschließend im Rahmen einer
Aktuellen Stunde zur Verwendung von Drohnentechnolo-
gie durch die Bundeswehr aufgegriffen und kontrovers
debattiert.1025

Am 13. Juni 2013 wurden im Plenum des Deutschen
Bundestages eine Große Anfrage der SPD-Fraktion zur
Haltung der Bundesregierung zum Erwerb und Einsatz
von Kampfdrohnen sowie ein Entschließungsantrag der
Fraktion DIE LINKE. zur Missbilligung der Amtsfüh-
rung von Bundesminister Dr. de Maizière beraten.1026
Auch die Thematik EURO HAWK wurde dabei ange-

sprochen und kontrovers diskutiert. Dabei spielte die
Frage, wann der Minister informiert worden sei und wel-
che Ausführungen er vor dem Verteidigungsausschuss ge-
macht habe vor dem Hintergrund des Zeitungsartikels im
„Donaukurier“ eine Rolle. Im Hinblick auf den Entschlie-
ßungsantrag wurde die Amtsführung des Ministers the-
matisiert. Die Große Anfrage wurde am 17. Oktober
20121027 gestellt und enthielt selbst, genau wie die Ant-
wort der Bundesregierung1028, keine Bezüge zum EURO
HAWK-Projekt.

Weitere Antworten auf parlamentarische Anfragen aus
dem Jahr 2013 wurden im Ersten Teil dieses Berichtes
dargestellt, auf den verwiesen wird.1029

2. Sitzungen des Verteidigungsausschusses
am 24. April 2013 und 15. Mai 2013

Am 24. April 2013 wurde in der 139. Sitzung des Vertei-
digungsausschusses der im Ersten Teil dieses Berichtes
erwähnte erste Sachstandsbericht zum Thema EURO
HAWK des BMVg beraten. Gegenstand der Beratung wa-
ren auch die Probleme bei der Verkehrszulassung. Der
Parlamentarische Staatssekretär des BMVg, Thomas
Kossendey, erläuterte, dass derzeit zeitnah an einer Ent-
scheidung über das weitere Vorgehen gearbeitet werde
und noch vor dem Sommer ein weiterer Bericht zur Vor-
gehensweise und auch über mögliche Alternativen vorge-
legt werde.1030 Der Abteilungsleiter Ministerialdirektor
Detlef Selhausen unterrichtete den Verteidigungsaus-
schuss über die verausgabten Beträge.1031

Nachdem der Verteidigungsminister die Entscheidung der
Staatssekretäre Beemelmans und Wolf, die Serienbe-
schaffung des EURO HAWK-Projektes nicht weiter zu
verfolgen, am 13. Mai 2013 gebilligt hatte, informierte
Staatssekretär Stéphane Beemelmans den Verteidigungs-
ausschuss in seiner 141. Sitzung am 15. Mai 2013 über
diese Entscheidung. Staatssekretär Beemelmans berich-
tete, dass das BMVg die „Reißleine“ bei einem Vorhaben
gezogen habe, das absehbar nicht ohne erhebliche Mehr-
aufwendungen hätte funktionieren können.1032 In der Sit-
zung wurden darüber hinaus die bisherigen Kosten und
weitere Kosten hinsichtlich möglicher alternativer Trä-
gerplattformen thematisiert, die Auswirkungen der Ent-
scheidung auf andere Projekte angesprochen sowie die
Hintergründe des Vertragsschlusses und seiner Risikover-
teilung eruiert. Zu der Frage, wann das BMVg das Parla-
ment habe informieren wollen, teilte Staatssekretär

1018 Wolf, Protokoll-Nr. 7, S. 113 f.
1019 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 62.
1020 MAT 17-73 BMVg zu BB 17-48, Ordner 0, StS Beemelmans E-Mail-

Verkehr 22.06.2012-27.03.2013, S. 25 ff.
1021 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 98.
1022 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, Beilage 5 zu Anlage G, S. 2.
1023 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, Beilage 5 zu Anlage G, S. 3.
1024 Plenarprotokoll 17/242, S. 30674 C ff.
1025 Plenarprotokoll 17/242, S. 30640 A ff.
1026 Plenarprotokoll 17/246, S. 31346 D.

1027 Große Anfrage zur Haltung der Bundesregierung zu Erwerb und
Einsatz von Kampfdrohnen vom 17. Oktober 2012, Bundestags-
drucksache 17/11102.

1028 Antwort der Bundesregierung vom 29. Mai 2013 auf die Große
Anfrage zur Haltung der Bundesregierung zu Erwerb und Einsatz
von Kampfdrohnen, Bundestagsdrucksache 17/13655.

1029 Vgl. Erster Teil des Berichtes: Einsetzung des Untersuchungsaus-
schusses und Verlauf des Untersuchungsverfahrens.

1030 Kurzprotokoll der 139. Sitzung des Verteidigungsausschusses,
MAT 17-1 BT-VA zu BB 17-92, S. 401 (407).

1031 Kurzprotokoll der 139. Sitzung des Verteidigungsausschusses,
MAT 17-1 BT-VA zu BB 17-92, S. 401 (407).

1032 Kurzprotokoll der 141. Sitzung des Verteidigungsausschusses,
MAT 17-1 BT-VA zu BB 17-92, S. 413 (422).

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133 – Drucksache 17/14650

Beemelmans dem Verteidigungsausschuss mit, dass es
tatsächlich seit Ende 2011 Zweifel daran gegeben habe,
dass es funktionieren werde. Seitdem weise man darauf
hin, dass es keine Beschaffung geben werde, wenn sich
diese Zweifel erhärteten.1033

3. Regierungserklärung am 16. Mai 2013 vor
dem Deutschen Bundestag

In seiner Regierungserklärung am 16. Mai 2013 vor dem
Deutschen Bundestag zur Neuausrichtung der Bundes-
wehr – Stand und Perspektiven, äußerte der Bundesminis-
ter der Verteidigung Dr. Thomas de Maizière allgemein
im Hinblick auf Beschaffung von Rüstungsgütern:

„Das neue Bundesamt für Ausrüstung, Informa-
tionstechnik und Nutzung ist aufgestellt und be-
ginnt, mit neuen Verfahren zu arbeiten. Wir pla-
nen nur, was wir brauchen, und nicht, was uns
angeboten wird. […] Die Nutzungskosten werden
von Beginn an in die Kostenkalkulation einbezo-
gen. Nachträgliche Veränderungen werden er-
schwert. Gerade die Erfahrungen der letzten Tage
zeigen, wie notwendig ein integriertes Beschaf-
fungs- und Nutzungsverfahren ist, das von Be-
ginn an alle denkbaren Gesichtspunkte in den
Blick nimmt. […] Wenn Probleme bei neuartigen
Modellen auftauchen, wie bei dem Fall, über den
wir jetzt diskutieren, so wird erst daran gearbei-
tet, sie zu lösen. Wenn wir dann sehen, dass diese
Probleme nicht adäquat behoben werden können,
wenn Kosten aus dem Ruder zu laufen drohen,
dann ziehen wir lieber die Reißleine – auch in Zu-
kunft. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein
Schrecken ohne Ende. Das werden wir auch in
diesem Fall chronologisch genau dokumentie-
ren.“1034

4. Sitzung des Verteidigungsausschusses
am 5. Juni 2013

Zur 142. Sitzung des Verteidigungsausschusses am
5. Juni 2013 wurde ein in der Regierungserklärung am
16. Mai 2013 angekündigter Bericht vorgelegt, der eine
chronologische Aufarbeitung des gesamten Projektes
EURO HAWK beinhaltete. Anlässlich dieses Berichtes
der Ad-hoc Arbeitsgruppe EURO HAWK des BMVg1035
stellte der Bundesminister der Verteidigung, Dr. Thomas
de Maizière, seine Bewertungen und Konsequenzen zum
EURO HAWK dar mit u. a. dem Ziel einer umfassenden
Information des Parlamentes und der Öffentlichkeit.1036

Über seine Befassung mit dem EURO HAWK-Projekt hat
er sich vor dem Verteidigungsausschuss wie folgt geäu-
ßert:

„Ich wurde am 13. Mai 2013 nach der auf Ebene
der Staatssekretäre Wolf am 08.05.2013 und
Beemelmans am 10.05.2013 getroffenen Ent-
scheidung hierüber in Kenntnis gesetzt. Ich habe
diese Entscheidung am selben Tag gebilligt. Es
gab zuvor keine Vorlage an den Minister mit ei-
ner Beschreibung der Zulassungsprobleme oder
überhaupt zum Gesamtproblem. Es gab lediglich
am 20. März 2012 eine Informationsvorlage an
mich zu rechtlichen Fragestellungen im Zusam-
menhang mit dem sog. G-10-Gesetz. Von Zulas-
sungsproblemen habe ich erstmals im Rahmen ei-
ner allgemeinen Besprechung zu vielen
Rüstungsvorhaben am 1. März 2012 gehört. Sie
wurden mir gegenüber in dieser Besprechung als
lösbar dargestellt.“1037

Darüber hinaus erläuterte Minister Dr. de Maizière, dass
„mit einer an Staatssekretär Beemelmans gerichteten Vor-
lage vom 8. Februar 2012 […] die Leitung des BMVg
erstmals über die Schwierigkeiten bei der Zulassung der
Serie und die damit verbundenen voraussichtlichen
Mehrkosten informiert“ worden sei.1038

Er rechtfertigte die Entscheidung und den Zeitpunkt der
Entscheidung, verwies aber auch auf Mängel im Verfah-
ren. So habe etwa das Projektcontrolling nicht funktio-
niert, die politische Leitung des BMVg sei zu spät unter-
richtet worden und er selbst sei unzureichend
eingebunden gewesen. Außerdem nahm er Bezug auf die
frühere Geschichte des EURO HAWK-Projektes vor Ver-
tragsschluss, wo seines Erachtens der eigentliche „Ge-
burts- und Konstruktionsfehler“ liege.1039 Hinsichtlich
der zu ziehenden Konsequenzen führte er u. a. aus, dass
ein klares Regelwerk für zivile und militärisch genutzte
Luftfahrzeuge auf europäischer und NATO-Ebene ge-
braucht werde und er hier seine Bemühungen verstärken
werde. Darüber hinaus würden die Auswirkungen des
EURO HAWK auf das NATO-Projekt AGS geprüft; ein
Informationsaustausch mit der NATO sei verabredet.
Eine Task Force werde ihm einen Bericht mit Vorschlä-
gen unterbreiten, wie z. B. die Berichtspflichten und die
Fachaufsicht zukünftig geregelt werden könnten, um
auch die vom Rechnungshof aufgezeigten Mängel abzu-
stellen. Zudem habe das BMVg eine Rechtsanwaltskanz-
lei beauftragt, Rechtsansprüche aller Art gegen Beteiligte
zu prüfen und er habe sich personelle Konsequenzen vor-
behalten.1040

Die Darstellungen des Ministers wurden in der Verteidi-
gungsausschusssitzung ausführlich beraten. Auf die
Frage, warum wichtige Informationen in der Presse zu le-
sen waren, bevor das Parlament hierüber unterrichtet

1033 Kurzprotokoll der 141. Sitzung des Verteidigungsausschusses,
MAT 17-1 BT-VA zu BB 17-92, S. 413 (429).

1034 Regierungserklärung des Bundesministers der Verteidigung
Dr. Thomas de Maizière am 16. Mai 2013, Plenarprotokoll 17/240,
S. 30125 A und B.

1035 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe
EURO HAWK, S. 1 ff.

1036 MAT 17-1 A BT-VA zu BB 17-92, Sprechzettel, S. 1 ff. (2).

1037 MAT 17-1 A BT-VA zu BB 17-92, Sprechzettel, S. 1 (3).
1038 MAT 17-1 A BT-VA zu BB 17-92, Sprechzettel, S. 1 (7).
1039 MAT 17-1 A BT-VA zu BB 17-92, Sprechzettel, S. 1 (5).
1040 MAT 17-1 A BT-VA zu BB 17-92, Sprechzettel, S. 1 (11 ff.).

Drucksache 17/14650 – 134 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

worden sei, erklärte der Minister, dass dies auf eine Indis-
kretion zurückzuführen sei. Denn die „FAZ“ habe in ihrer
Online-Ausgabe am 13. Mai 2013 und am 14. Mai 2013
in der Printausgabe ausführlich berichtet, was nicht in sei-
nem Interesse gewesen sei. Vielmehr sei eine umgehende
Unterrichtung des Parlamentes, wie sie am 15. Mai 2013
erfolgt sei, vorgesehen gewesen, was aber durch die In-
diskretion so nicht mehr möglich gewesen wäre.1041

Bezogen auf den Entscheidungsgang bekundete der
Minister, dass dieser aus seiner Sicht nicht angemessen
gewesen sei, denn eine solche Entscheidung müsse mit
dem und durch den Minister getroffen werden.1042

5. Sitzung des Verteidigungsausschusses
am 10. Juni 2013

Im Rahmen einer Sondersitzung des Verteidigungsaus-
schusses am 10. Juni 2013 wurden die Beratungen zum
EURO HAWK aus der vorangegangenen Sitzung vom
5. Juni 2013 in Anwesenheit des Bundesministers der
Verteidigung Dr. Thomas de Maizière fortgeführt.

Gegenstand der Beratung waren der Bericht der Ad-hoc
Arbeitsgruppe sowie die bisherigen Darstellungen des
Bundesministers der Verteidigung in der Presse und vor
dem Verteidigungsausschuss. Vor allem ging es um die
Kenntnis des Ministers und die rechtzeitige Information
des Parlamentes. Thematisiert wurden unter anderem In-
formationen in Presseartikeln, die dem Ausschuss so
nicht vorgetragen worden seien, wie etwa ein Bericht bei
„Spiegel Online“ bzw. in dem bereits erwähnten Artikel
der „FAZ“ vom 13. Mai 2013. Zudem wurde der Minister
zu den von einigen Abgeordneten als widersprüchlich be-
zeichneten Aussagen vor dem Parlament und im Artikel
der Zeitung „Donau Kurier“ vom 8. Mai 2013 befragt.
Die in Pressemitteilungen des BMVg auftauchende Diffe-
renzierung des Ministers zwischen lösbaren und unlösba-
ren Problemen wurde ebenfalls aufgegriffen. Der Vertrag
aus dem Jahre 2007 und die weiteren Änderungsverträge,
konkret die Geltung der Bemühensklausel sowie die
Frage nach einem Schaden ist eruiert worden. Daneben
war der Bericht des Bundesrechnungshofes Gegenstand
der Debatte und wurde in Anwesenheit von Frau Ministe-
rialrätin Angelika Bauch, Bundesrechnungshof, disku-
tiert.1043 Eine kurze zusammenfassende Schilderung der
Prüfergebnisse des Bundesrechnungshofes trug die Zeu-
gin Bauch auch in der Sondersitzung des Verteidigungs-
ausschusses am 10. Juni 2013 vor.1044

Im Bericht des Bundesrechnungshofes vom 3. Juni 2013
wurde im Wesentlichen festgestellt, dass sich das BMVg
und das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung
(BWB) bereits vor Vertragsabschluss ein eigenes Bild
über die Erfolgsaussichten eines Musterzulassungsver-

fahrens für ein unbemanntes Luftfahrzeug hätten machen
müssen.1045 Zudem hätte die Leitung des BMVg im Früh-
jahr 2009, spätestens im Jahr 2011, informiert und das
Projekt insgesamt neu bewertet werden müssen.1046

In ihrer Vernehmung am 24. Juli 2013 hat die Zeugin Mi-
nisterialrätin Angelika Bauch in ähnlicher Weise ausge-
führt und auf „vielfältige Schwächen bei dem Projektver-
lauf“ hingewiesen:

„Man war da etwas blauäugig. Man hätte letzt-
endlich diese Musterzulassungsvoraussetzung
besser abklären müssen im Vorfeld. Also, das war
letztendlich vor Vertragsschluss.“1047

Weiter hat die Zeugin geäußert:

„Eine weitere Phase im Projektverlauf, würde ich
sagen, ist nach unserer Bewertung das Jahr 2009
gewesen. Im Jahr 2009 zeichnete sich ab, dass
man nicht auf der Zulassung des Global Hawk
aufbauen könne, so wie es angedacht war.“1048

Zudem hat sie ergänzt:

„Also, da hätte man 2009 auf jeden Fall die Lei-
tung informieren müssen und das Projekt neu be-
werten müssen. Und letztendlich – im Jahr 2011
kann man es festmachen –: Der Musterzulas-
sungsprozess war sehr schleppend, und letztend-
lich zeichnete sich ab – erste Einschätzung des
Auftragnehmers –, dass etwa 100 Millionen er-
forderlich wären, um die Musterzulassung zu er-
reichen. Das wurde aber auch als sehr untere
Grenze erkannt.“1049

Letztlich habe aber die Leitung des BMVg gehandelt, so-
bald ihr die Probleme berichtet wurden. Jedoch werfe der
Projektverlauf die Frage auf, ob die Fachaufsicht im
BMVg so organisiert sei, dass das BMVg auf Projektrisi-
ken frühzeitig reagieren könne.1050

Zu diesem Punkt hat die Zeugin Folgendes in ihrer Ver-
nehmung geschildert:

„Was hier auf jeden Fall versagt hatte oder nicht
funktioniert hatte, ist das Projektcontrolling ge-
wesen und die Vorhabenaufsicht, die letztendlich
auch die Projektstatusberichte, die Risiken daraus
nicht entsprechend zum Anlass genommen hat,
darauf zu reagieren. Es gab mehrere Stufen im
Projektcontrolling, die versagt haben. Es gab kein
fachliches Controlling, keine Bewertung außer-
halb des Projektleiters, also von Leuten, die
[nicht (Korrektur der Zeugin in der endgültigen
Fassung des Protokolls), Anm.] unmittelbar im
Projekt angebunden und eingebunden waren. Das
heißt, der Projektleiter war auch zum großen Teil

1041 Kurzprotokoll der 142. Sitzung des Verteidigungsausschusses,
MAT 17-1 BT-VA zu BB 17-92, S. 459 (479).

1042 Kurzprotokoll der 142. Sitzung des Verteidigungsausschusses,
MAT 17-1 BT-VA zu BB 17-92, S. 459 (478).

1043 Kurzprotokoll der 143. Sitzung des Verteidigungsausschusses,
MAT 17-1 BT-VA zu BB 17-92, S. 516 (523 ff.).

1044 Kurzprotokoll der 143. Sitzung des Verteidigungsausschusses,
MAT 17-1 BT-VA zu BB 17-92, S. 516 (529).

1045 MAT 17-4 BRH zu BB 17-90, Ordner 1, S. 1 ff. (1).
1046 MAT 17-4 BRH zu BB 17-90, Ordner 1, S. 1 ff. (2).
1047 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 3.
1048 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 3.
1049 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 4.
1050 MAT 17-4 BRH zu BB 17-90, Ordner 1, S. 1 ff. (2).

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 135 – Drucksache 17/14650

auf sich selbst gestellt und auf die Einschätzung
des Auftragnehmers eingestellt.“1051

In seinem Bericht empfahl der Bundesrechnungshof dem
BMVg, sein Musterzulassungsverfahren so zu überarbei-
ten, dass es bei internationalen Rüstungsprojekten mit
vertretbarem Aufwand anwendbar sei. Der Informations-
austausch sollte künftig vertraglich abgesichert werden.
Bei Großprojekten sollten Projektrisiken unabhängig von
den am Projekt beteiligten Stellen bewertet werden (fach-
liches Controlling). Zudem sollte die Leitung des BMVg
sich bei wichtigen Projekten in regelmäßigen Abständen
über Risiken berichten lassen. Außerdem sollten die Er-
fahrungen aus dem EURO HAWK-Projekt rasch mit
Blick auf andere Projekte bewertet werden.1052

6. Information des Haushaltsausschusses

Auch in den Sitzungen des Haushaltsausschusses fand
das Thema EURO HAWK Berücksichtigung. Zu erwäh-
nen sind hier insbesondere der Vertrag aus dem Jahre
2007, der vom Haushaltsausschuss gebilligt wurde, und
vereinzelte Änderungsverträge in Form von 25-Millio-
nen-Euro-Vorlagen.

Im Jahre 2013 fand in der 123. Sitzung des Haushaltsaus-
schusses am 5. Juni 2013 eine Unterrichtung durch die
Bundesregierung zu „Euro-Hawk, Global-Hawk – AGS“
statt in Anwesenheit des Bundesministers der Verteidigung
Dr. Thomas de Maizière. Ähnlich wie am gleichen Tage
im Verteidigungsausschuss informierte der Minister den
Ausschuss über den Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe
EURO HAWK sowie über seine eigenen Bewertungen
und Konsequenzen zum EURO HAWK-Projekt.1053

In einer Sondersitzung des Haushaltsausschusses am
6. Juni 2013 wurde die Beratung in Anwesenheit des
Bundesministers der Verteidigung fortgeführt.1054 In die-
ser Sitzung hat der Haushaltsausschuss auch einem An-
trag der Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und FDP
auf A-Drs. 17(8)6051 mit den Stimmen der Koalitions-
fraktionen gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen
zugestimmt, mit dem u. a. der Haushaltsausschuss den
Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe des BMVg sowie den
Bericht des BRH nach § 88 Absatz 2 BHO zur Kenntnis
nimmt.1055 Darüber hinaus forderte der Haushaltsaus-
schuss mit diesem Beschluss das BMVg auf, den Haus-
haltsausschuss bei wichtigen Projekten in regelmäßigen
Abständen über Risiken zu informieren.1056 Einen gleich-
lautenden Beschluss hat der Verteidigungsausschuss in
seiner 145. Sitzung am 26. Juni 2013 ohne Beteiligung

der Oppositonsfraktionen aufgrund rechtlicher Bedenken
gefasst.1057

7. Zeugenaussagen zur rechtzeitigen
Einbindung des Parlamentes

Im Hinblick auf den Vorwurf, dass eine Unterrichtung des
Parlamentes zu spät erfolgt sei, haben sich in den Verneh-
mungen mehrere Zeugen geäußert.

Der Zeuge Ministerialdirektor Detlef Selhausen, Abtei-
lungsleiter im BMVg, hat zur Frage, wann das Parlament
hätte informiert werden müssen, ausgeführt:

„Wenn sich grundlegende Änderungen im Pro-
grammverlauf ergeben haben und dies Ganze
auch zu vertraglichen Änderungen führt. Es gibt
ja eine 25-Mio.-Euro-Vorlagenpflicht und darauf
aufbauend, auf diese 25-Mio.-Euro-Vorlagen-
pflicht, auch weitere Folgeverpflichtungen. Da
gibt es eine Systematik von Berichtspflichten, die
das Haus hat. Im Übrigen ist grundsätzlich zu in-
formieren, insbesondere auch auf Nachfrage, bei
der Haushaltsaufstellung.“1058

Bezogen auf den Fall EURO HAWK hat der Zeuge kon-
kretisiert:

„Als feststand, dass das Haus die Beschaffung der
Serie nicht weiterverfolgen wird. […] Wenn sich
grundlegende Daten in einem Vorhaben ändern
[…] sehe ich eine aktive Informationspflicht.
Dies ist vorliegend mit der Entscheidung, die Se-
rie nicht weiterzuverfolgen, geschehen.“1059

Auch der Zeuge Staatssekretär Beemelmans hat hierzu
bekundet:

„Herr Abgeordneter, ich habe, als eine festste-
hende Entscheidungslage dastand, unmittelbar
das Parlament unterrichtet. Also, schneller kann
ich mir das nicht vorstellen. Unmittelbar, einen
Tag nachdem der Minister das überhaupt erfahren
hat, habe ich den Bericht an den Verteidigungs-
ausschuss geschickt, wo ich berichtet habe, wie
der Stand ist. Und wenn ich es richtig in Erinne-
rung habe, ist zu diesem Projekt im Rahmen der
Unterlagen, die wir schicken zum Haushaltsauf-
stellungsverfahren, regelmäßig auch immer ein
Steckbrief zum Euro Hawk dabei gewesen, wo
drinstand: ,Langläuferteile verschieben sich, weil
…‘ und so was. Aber ich habe tatsächlich, einen
Tag nachdem ich den Minister unterrichtet habe,
schon den Verteidigungsausschuss unterrich-
tet.“1060

Auf die Frage, warum er nicht schon nach Kenntnis-
nahme der E-Mail des Abteilungsleiters Detlef Selhausen
vom 19. Januar 2012, in dem von einer „dramatischen

1051 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 7.
1052 MAT 17-4 BRH zu BB 17-90, Ordner 1, S. 1 ff. (2).
1053 Kurzprotokoll der 123. Sitzung des Haushaltsausschusses, MAT

17-2 BT-HA zu BB 17-93, Ordner 2, S. 747 ff.
1054 Kurzprotokoll der 124. Sitzung des Haushaltsausschusses, MAT

17-2 BT-HA zu BB 17-93, Ordner 2, S. 765 ff.
1055 Kurzprotokoll der 124. Sitzung des Haushaltsausschusses, MAT

17-2 BT-HA zu BB 17-93, Ordner 2, S. 765 (791).
1056 A-Drs. 17(8)6051, MAT 17-2 BT-HA zu BB 17-93, Ordner 2,

S. 627 (627 f.).

1057 Kurzprotokoll der 145. Sitzung des Verteidigungsausschusses,
MAT 17-1 A BT-VA zu BB 17-92, Sprechzettel BM, S. 14 (23).

1058 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 55.
1059 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 56.
1060 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 31.

Drucksache 17/14650 – 136 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Kostenexplosion“ die Rede gewesen sei, die Parlamenta-
rier über Probleme bei der Zulassung informiert habe, hat
der Zeuge geantwortet:

„[…] da ich den Minister nicht informiert habe,
weiß ich nicht, warum ich das Parlament infor-
mieren soll. Ich habe die Entscheidungslage oder
die Informationslage als unsicher betrachtet und
habe auf die Vorlagen gewartet. Und als die Vor-
lagen kamen, stand drin: Wir bilden eine Arbeits-
gruppe zur Herbeiführung einer Alternative. –
Das halte ich als etwas, was in der Mehrzahl der
Projekte irgendwann mal an irgendeiner Stelle
stattfindet, für nicht zwingend kommunikations-
bedürftig.“1061

Demgegenüber hat die Zeugin Ministerialrätin Angelika
Bauch, Bundesrechnungshof, vor dem Untersuchungs-
ausschuss ausgeführt, dass man ihrer Ansicht nach das
Parlament auch über die Probleme hätte informieren müs-
sen:

„Das Parlament hätte eigentlich auch darüber in-
formiert werden müssen, welche Probleme da
auftreten und wie man letztendlich dann auch die-
ses Projekt oder diese Probleme angeht, bzw.
auch diese Neubewertung des Projektes hätte
man natürlich mit dem Parlament besprechen
müssen.“1062

Der Zeuge Beemelmans hat in seiner Vernehmung auf die
Absicht des Ministers Bezug genommen, zukünftig die
Parlamentarier anlasslos zu unterrichten:

„Ich halte die Unterrichtung des Parlaments, die
wir ja anlassbezogen fortlaufend machen als Re-
aktion auf Ihre Fragen und von uns aus immer
dann, wenn es eine wesentliche Veränderung des
Sachverhalts gibt - - Die wesentliche Verände-
rung ist meines Erachtens erst eingetreten mit der
Entscheidung vom 10. Mai 2013. Dessen unge-
achtet hat der Minister klargestellt, dass er jetzt
nicht nur über eine regelmäßige Berichterstattung
anlasslos […] im Haus entscheiden möchte, son-
dern dass er daraus abgeleitet auch eine ebenso
anlasslose Unterrichtung des Verteidigungsaus-
schusses anstrebt. Darüber sind wir dabei, die
entsprechenden Formate zu erarbeiten.“1063

Staatssekretär Rüdiger Wolf hat in seiner Zeugenaussage
ebenfalls auf die zukünftig intensivere Unterrichtung des
Parlamentes verwiesen:

„Die Information des Parlaments zu verstärken
und zu intensivieren, ist nie falsch, und ich kann
deswegen die Entscheidung des Ministers voll
mittragen. Die Frage war jetzt ja nur in diesem
Zusammenhang: Haben wir das Parlament nicht
vollständig unterrichtet? – Und das würde ich
also für mich jedenfalls nicht behaupten.“1064

Der Zeuge Dr. de Maizière hat in seiner Vernehmung die
geplante verstärkte Unterrichtung des Parlamentes näher
erläutert:

„Zunächst will ich sagen, dass das Parlament ins-
besondere in Form des Haushaltsausschusses
natürlich nicht schlecht unterrichtet ist, weil die
25-Millionen-Vorlagen ja vom Haushaltsaus-
schuss beschlossen werden. Und 25 Millionen
sind bei einer Rüstungsinvestition von Milliar-
den, selbst wenn sie stückweise erfolgt, ja eine
niedrige Summe. Und bei vielen Kostensteige-
rungen, die wir ja leider zu gewärtigen haben,
wird natürlich in den Vorlagen an den Haushalts-
ausschuss auch über diese Probleme berichtet.
Also, wir fangen da nicht bei null an. Da gibt es
viel. Gleichwohl will ich die Zusammenarbeit
verbessern, und es gibt entsprechende Be-
schlüsse, die Haushalts- und Verteidigungsaus-
schuss gefasst haben. Ich finde, wir sollten zu Be-
ginn der neuen Legislaturperiode dort ein
gemeinsames Verständnis erzielen. Meine Vor-
stellung geht dahin, dass wir die Statusberichte,
die wir selbst für uns erstellen, so oder in leicht
veränderter Form dann auch dem Parlament zur
Verfügung stellen.“1065

Ebenfalls untersucht wurde die Frage, ob die Änderungs-
verträge – insgesamt gab es elf Änderungsverträge, der
letzte wurde am 15. April 2013 über ein Volumen von
7,4 Millionen Euro zzgl. einer Option über 6,6 Millionen
Euro, die am 24. Mai 2013 ausgelöst wurde, geschlossen –
bewusst so gestückelt worden seien, dass die Einzelver-
träge die 25-Millionen-Euro-Grenze jeweils nicht über-
schritten.

In einer Staatssekretärvorlage vom 9. Juni 2013, die der
Vorbereitung der Sondersitzung des Verteidigungsaus-
schusses am 10. Juni 2013 diente, wurde hierzu darge-
stellt:

„Der Projektverlauf im Jahr 2012 und 2013 be-
legt, dass eine weitere Zusammenfassung von
Leistungsgegenständen bzw. Laufdauerverlänge-
rungen nicht möglich war; die sukzessiv abge-
schlossenen Änderungsverträge entsprachen da-
mit dem seinerzeitigen Projektverlauf. Alle
Einzelvertragswerte unterschritten die Grenze
von 25 Mio. €. Eine ,Stückelung‘ der Vertragsvo-
lumina zum Zwecke einer Umgehung der
25 Mio. €-Vorlagepflicht ist nicht gegeben.“1066

Der Bundesrechnungshof legte diesbezüglich mit Schrei-
ben vom 20. Juni 2013 dem Haushaltsausschuss einen
Bericht nach § 88 Absatz 2 BHO über die Prüfung der
zeitlichen Abfolge und der Höhe der beauftragten Ände-
rungsverträge zum Entwicklungsvertrag des EURO
HAWK-Systems vor, der auf eine Prüfbitte des Haus-
haltsausschusses in der 124. Sitzung vom 6. Juni 2013 zu-
rückging. Ausweislich des Berichtes habe der Bundes-

1061 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 46.
1062 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 19.
1063 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 82.
1064 Wolf, Protokoll-Nr. 7, S. 148.

1065 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 34.
1066 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45, AIN V 5, Ordner 4, S. 65 (69).

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 137 – Drucksache 17/14650

rechnungshof keine Hinweise dafür gefunden, dass die
Projektleitung gezielt Leistungen mit separaten Ände-
rungsverträgen beauftragte, um eine Unterrichtung des
Parlamentes zu umgehen. Indes hätten bei einer sach-
gerechten Begleitung und Überwachung der laufenden
Verträge die bis zum Jahresende 2012 absehbaren Leis-
tungen bereits gemeinsam mit dem achten Änderungsver-
trag im Juni 2012 vergeben werden können. Damit wäre
die 25-Millionen-Euro-Grenze für den achten Änderungs-
vertrag überschritten worden und das BMVg hätte eine
Parlamentsvorlage veranlassen müssen. Die separate und
zeitlich verzögerte Beauftragung von Leistungen mache
vielmehr weitere Schwächen in der Projektdurchführung
sichtbar, die auch auf die unzureichende Personalausstat-
tung des Projektteams zurückzuführen seien.1067

In ähnlicher Weise hat die Zeugin Angelika Bauch, Bun-
desrechnungshof, in ihrer Vernehmung erklärt, dass sie
keinen sachlichen Grund sehe, warum nach dem dritten
Änderungsvertrag die Verträge nicht zusammengefasst
und damit im Rahmen einer 25-Millionen-Euro-Vorlage
dem Parlament zugeleitet worden seien.1068

V. Information der Öffentlichkeit

Nach Bekanntwerden der Nichtbeschaffung der Serie fan-
den verschiedene Bundespressekonferenzen statt, bei de-
nen die Öffentlichkeit sowie die Presse informiert wur-
den. Daneben gab es zahlreiche Pressemitteilungen sowie
Presseinterviews.

1. Pressekonferenz am 15. Mai 2013

Am 15. Mai 2013, im Anschluss an die Sitzung des Ver-
teidigungsausschusses, wurde die Öffentlichkeit im Rah-
men einer Bundespressekonferenz über die Nichtbeschaf-
fung der Serie informiert.

Im Hinblick auf die Kosten teilte der Sprecher des BMVg
mit, dass bis zum damaligen Zeitpunkt eine Summe von
rund 562 Millionen Euro ausgegeben worden sei. Davon
seien rund 54 Millionen Euro auf Kosten entfallen, die
bei vergleichbaren Projekten aufgewendet werden müss-
ten, um Tests, Demonstrationen und Ähnliches zu finan-
zieren. Die verbleibenden 508 Millionen Euro seien circa
hälftig in die Trägerplattform und in die Sensortechnik
geflossen.1069

Zur Begründung der Nichtbeschaffung wurde angemerkt,
dass aufgrund erheblicher Zulassungsschwierigkeiten ein
zuverlässiger Gebrauch des Geräts nicht möglich sein
würde. Somit seien die in das Fluggerät investierten
250 Millionen Euro vergebens, die für das Sensorsystem
investierten Gelder jedoch nicht verloren. Noch bis Ende
September 2013 würden letzte Tests durchgeführt wer-
den, um die Aufklärungstechnik zukünftig auf einer alter-
nativen Trägerplattform nutzen zu können.1070

2. Pressekonferenz am 5. Juni 2013

Im Anschluss an die Unterrichtung des Verteidigungsaus-
schusses und Vorlage des Berichtes der Ad-hoc Arbeits-
gruppe EURO HAWK nahm der Bundesminister der
Verteidigung Dr. Thomas de Maizière vor der Bundes-
pressekonferenz am 5. Juni 2013 Stellung. Zunächst hat
er zu seiner Befassung mit dem Projekt mitgeteilt:

„Ich wurde am 13. Mai 2013 nach der auf Ebene
der Staatsekretäre Wolf am 08.05.2013 und
Beemelmans am 10.05.2013 getroffenen Ent-
scheidung hierüber in Kenntnis gesetzt. Ich habe
diese Entscheidung am selben Tag gebilligt. Es
gab zuvor keine Vorlage an den Minister mit ei-
ner Beschreibung der Zulassungsprobleme oder
überhaupt zum Gesamtproblem. Es gab lediglich
am 20. März 2012 eine Informationsvorlage an
mich zur rechtlichen Fragestellung in Zusammen-
hang mit dem sog. G-10-Gesetz. Von Zulassungs-
problemen habe [ich] erstmals im Rahmen einer
allgemeinen Besprechung zu vielen Rüstungsvor-
haben am 1. März 2012 gehört. Sie wurden mir
gegenüber in dieser Besprechung als lösbar dar-
gestellt.“1071

Des Weiteren gab der Minister seine Bewertung der Ent-
scheidung und ihres Zustandekommens ab und stellte die
sich für ihn ergebenden Konsequenzen dar. Er verwies
darauf, dass der Zeitpunkt der Entscheidung nicht zu spät
sei und Schaden vermindert habe.

3. Pressekonferenz am 10. Juni 2013
Anknüpfend an die Sondersitzung des Verteidigungsaus-
schusses am 10. Juni 2013 nahm Bundesminister der Ver-
teidigung Dr. Thomas de Maizière an der Bundespresse-
konferenz teil und berichtete erneut zum Thema EURO
HAWK.

Im Anschluss stellte er sich den Fragen der anwesenden
Journalisten, die sich insbesondere um die rechtzeitige
Information der Parlamentarier, die Kosten und einen
eventuellen Schaden, seine Äußerungen in der Zeitung
„Donaukurier“ sowie den Informationsfluss im BMVg
drehten. Er wiederholte hierbei seine Darstellung des
Sachverhalts sowie seine Bewertung, dass die Entschei-
dung, die Serienbeschaffung nicht weiter zu verfolgen,
richtig und zum richtigen Zeitpunkt erfolgt sei. Darüber-
hinaus hat er vorgetragen:

„Im Nachhinein muss ich sagen, dass ich bei den
Gelegenheiten, bei denen ich von lösbaren Pro-
blemen erfahren habe, zu lange gewartet habe.
Ich hätte nachfragen müssen und einen Bericht
über das Ausmaß der Probleme mit entsprechen-
den Lösungsvorschlägen dafür erbitten müssen.
Mir lag und liegt es fern, irgendjemanden im Par-
lament oder der Öffentlichkeit hinter die Fichte
zu führen.“10721067 MAT 17-2 BT-HA zu BB 17-93, Ordner 2, S. 793 ff.

1068 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 9.
1069 MAT 17-66 A BK zu BB 17-89, BKAmt Ref. 211_ 22-

11300Un002, S. 26 (34 f.).
1070 MAT 17-66 A BK zu BB 17-89, BKAmt Ref. 211_ 22-

11300Un002, S. 26 (35).

1071 MAT 17-72 BMVg zu BB 17-47, Büro des Ministers, Ordner 1, S. 50
(52).

1072 MAT 17-5 BK zu BB 17-84 bis 88, Band 1, S. 140 ff. (140).

Drucksache 17/14650 – 138 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Auf Nachfrage hat der Minister ausgeführt:

„Wenn ich auf Probleme hingewiesen werde,
z. B. in Gesprächsunterlagen und gesagt wird, die
seien lösbar, dann werde ich das in Zukunft zum
Anlass nehmen zu sagen, beschreib mir bitte die
Dimension des Problems und mach mir Lösungs-
vorschläge. Und das hätte ich hier auch früher tun
sollen.“1073

VI. Juristische Überprüfung von etwaigen
Haftungs- und Gewährleistungsansprü-
chen gegenüber der Auftragnehmerin
sowie Eintritt eines eventuellen Schadens

Der Untersuchungsausschuss ist der Frage nachgegangen,
inwiefern Haftungs- und Gewährleistungsansprüche ge-
genüber der EuroHawk GmbH bestehen könnten bzw. ob
durch die Entscheidung am 13. Mai 2013, eine Serienbe-
schaffung nicht mehr weiterzuverfolgen, ein Schaden ent-
standen sei bzw. noch entstehen könnte.

1. Prüfung von Regressmöglichkeiten durch
eine Rechtsanwaltskanzlei

Der Haushaltsausschuss hat in seiner 124. Sitzung am
6. Juni 2013 das BMVg aufgefordert, „alle Regressmög-
lichkeiten zu prüfen und je nach Einschätzung der Er-
folgsaussichten auch durchzusetzen“.1074

Bereits am 5. Juni 2013 erklärte der Bundesminister der
Verteidigung Dr. Thomas de Maizière vor dem Verteidi-
gungsausschuss:

„Das BMVg wird eine Anwaltskanzlei beauftra-
gen, Rechtsansprüche aller Art gegen Beteiligte
zu prüfen.“1075

In seiner Vernehmung vor dem Untersuchungsausschuss
hat er hierzu betont, dass der Vertrag zwischen dem da-
maligen Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung
BWB) und der EuroHawk GmbH vom Januar 2007 ein
Entwicklungs- und eben kein Beschaffungsvertrag gewe-
sen sei. Mit Blick auf die Zulassung seien Management-
pflichten festgelegt worden, die sich auf die Lieferung
von Daten und Dokumentationen bezogen hätten. Im Ver-
teidigungsausschuss sei nun umstritten, welche Teile des
Vertrages eine Dienstleistung beschreiben und welche
eine Werkleistung. Deshalb habe er eine Rechtsanwalts-
kanzlei mit der entsprechenden Prüfung beauftragt, damit
sie bei einem eventuellen Gerichtsverfahren die Interes-
sen des Bundes auch vertreten könne.1076

Ferner hat er auf die Frage, warum er dazu externen Sach-
verstand einhole und nicht auf die juristischen Experten
im BMVg zurückgreife, erläutert:

„Es gibt auch Gewährleistungs-, also Werkleis-
tungsteile; das ist klar. […] Das Amt ist, was die
entscheidende Frage der Zulassung angeht, vom
Bemühen ausgegangen. Das Ministerium ist vom
Bemühen ausgegangen. […] andere bestreiten
das, sagen: Da ist doch Gewährleistung. Natür-
lich habe ich oder haben wir auch erwogen: Dann
bitten wir die Rechtsabteilung, dazu Stellung zu
nehmen. Wenn ich das gemacht hätte, hätten Sie
gesagt: Das ist ja kein Wunder; die Rechtsabtei-
lung vertritt die gleiche Auffassung wie die Rüs-
tungsabteilung. Und um das sozusagen aus dem
Ministerium rauszuhalten, habe ich entschieden:
Das lassen wir mal von jemandem, der nicht mit
den Dingen betraut war, der irgendwie nicht be-
fasst war. […] Und deswegen habe ich eine
Rechtsanwaltskanzlei beauftragt, die mit den
Dingen nicht betraut war, um sich einfach mal ei-
nen solchen Vertrag anzugucken, von dem wir
sicher beide der Auffassung sind, dass er kom-
pliziert ist, und dann dazu ein Votum abzuge-
ben.“1077

Der Zeuge Detlef Selhausen hat auf eine entsprechende
Nachfrage erklärt, dass durch das BMVg nach der Ent-
scheidung über den Verzicht auf die Musterzulassung
keine Prüfung erfolgt sei, ob Gewährleistungs- oder
Schadensersatzansprüche bestünden. Im BMVg sei auch
weder von der Rechtsabteilung noch von anderen Stellen
eine Prüfung vorgenommen worden, denn das sei grund-
sätzlich eine Aufgabe des BAAINBw.1078

Zur Beauftragung einer Kanzlei hat der Zeuge Staats-
sekretär Stéphane Beemelmans, BMVg, ausgeführt:

„[…] der Minister hat eine Überprüfung durch
eine unabhängige Rechtsanwaltskanzlei angekün-
digt oder angewiesen, um noch mal von dritter
Seite sich darlegen zu lassen, ob unsere Rechts-
auffassung die richtige ist oder nicht und ob sich
möglicherweise – das kann mit der Bemühens-
klausel zusammenhängen, kann auch mit anderen
Gründen zusammenhängen – Ansprüche noch er-
geben könnten von uns. Er hat das völlig ergeb-
nisoffen über das – wenn man so will – ganze
Vertragskompendium und seine Umsetzung vor-
gelegt.“1079

2. Eventueller materieller Schaden und
seine Höhe

Der Untersuchungsausschuss hat sich auch mit der Frage
beschäftigt, ob durch die Entscheidung vom 13. Mai
2013, die Serienbeschaffung nicht weiter zu verfolgen,

1073 MAT 17-5 BK zu BB 17-84 bis 88, Band 1, S. 140 ff. (141).
1074 Protokoll der 124. Sitzung des Haushaltsausschusses am 6. Juni

2013, MAT 17-2 BT-HA zu BB 17-93, Ordner 2, S. 765 ff.; Annah-
me des Antrags der Arbeitsgruppen Haushalt der Fraktionen CDU/
CSU und FDP auf Ausschussdrucksache 17(8)6051, MAT 17-72
BMVg zu BB 17-47, Büro des Ministers, Ordner 2, S. 73.

1075 Bewertungen und Konsequenzen zum EURO HAWK durch den
Bundesminister der Verteidigung Dr. Thomas de Maizière anläss-
lich der Vorlage des „Berichtes der Ad-hoc Arbeitsgruppe EURO
HAWK“ des Bundesministeriums für Verteidigung im Verteidi-
gungsausschuss des Deutschen Bundestages am 5. Juni 2013, MAT
17-1 A BT-VA zu BB 17-92, Sprechzettel BM, S. 13.

1076 de Maiziere, Protokoll-Nr. 8, S. 6.

1077 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 64.
1078 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 79.
1079 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 35.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 139 – Drucksache 17/14650

ein Schaden entstanden ist, der ggf. einen Schadenersatz-
anspruch gegen den Verursacher begründet.

Hinsichtlich der Kosten ist zwischen den Ausgaben für
den FSD als Trägerplattform und den Entwicklungskos-
ten für das System ISIS zu differenzieren.

Der Bundesminister der Verteidigung Dr. Thomas de
Maizière hob bereits vor dem Verteidigungsausschuss am
5. Juni 2013 hervor:

„Die Entscheidung war richtig, der Zeitpunkt war
nicht zu spät. Es ist größerer Schaden verhindert
worden.“1080

Dies entspricht auch seiner Antwort in der Presse auf die
Frage, wie viel Geld für das Drohnen-Projekt EURO
HAWK „verschwendet“ wurde:

„Das steht noch nicht fest. Das Geld für die An-
schaffung der Serie des ,Euro Hawk‘ ist nicht ver-
loren, weil wir die Serie gar nicht bestellen. Das
Geld, das wir für das Aufklärungssystem inves-
tiert haben, ist nicht verloren, weil wir das Sys-
tem weiter nutzen können. Ob das Geld, das wir
in den Prototypen gesteckt haben, eine Fehlinves-
tition war, hängt davon ab, was wir nach der Er-
probungsphase damit machen.“1081

Des Weiteren führte Minister Dr. de Maizière im Verteidi-
gungsausschuss aus:

„Durch die Entscheidung im Mai 2013 ist kein
zusätzlicher Schaden entstanden, sondern größe-
rer Schaden verhindert worden. Ursprünglich bei
Vertragsschluss in 2007 waren als Gesamtfinan-
zierungsbedarf 371 Mio. Euro in das Trägersys-
tem und das Aufklärungssystem geplant. Durch
viele Änderungsverträge und Verzögerungen ist
inzwischen ein Betrag von 662 Mio. Euro ver-
traglich untersetzt, von dem aber rund 100 Mio.
Euro noch offen sind. Von diesem Betrag sind
rund 360 Mio. Euro für die Entwicklung und Er-
probung des Aufklärungssystems ISlS sinnvoll
investiert. Das gilt auch für die weitere Investi-
tion bis zur Vollendung des Testbetriebes bis
Ende September 2013. Bis Ende 2010 waren be-
reits knapp 400 Mio. Euro und bis Ende Oktober
2011 bereits rund 460 Mio. Euro ausgegeben und
weitere 147 Mio. Euro gebunden. Das meiste
Geld war also bereits ausgegeben oder gebun-
den.“1082

Auch in seiner Vernehmung hat der Zeuge Dr. de
Maizière betont, dass durch die Entscheidung im Mai
2013 kein zusätzlicher Schaden entstanden, sondern – im

Gegenteil – ein solcher verhindert worden sei. Mit seinem
Amtsantritt am Ende des ersten Quartals 2011 seien be-
reits rund 565 Millionen Euro entweder ausgegeben oder
bereits gebunden gewesen, d. h. über 85 Prozent der Ge-
samtsumme. Vom Gesamtbetrag seien rund 360 Millio-
nen Euro für die Entwicklung und Erprobung des Aufklä-
rungssystems ISIS voraussichtlich sinnvoll investiert
worden. Das gelte auch für die weitere Investition bis zur
Vollendung des Testbetriebes. Zum Schaden, der sich aus
der Investition in den Demonstrator ergeben könnte,
könne man noch nichts Abschließendes sagen, weil er
Gegenstand der laufenden Prüfung von möglichen Alter-
nativen zur Schließung der Fähigkeitslücke sei. Die In-
vestitionen für die Infrastruktur am geplanten Stationie-
rungsort und für die Ausbildung seien zum jetzigen
Zeitpunkt noch nicht alle verausgabt und weitgehend
auch für andere Systeme nutzbar zu machen.1083

Wenn das Geld für den Prototypen gut genutzt werde, so
hat der Zeuge in seiner Vernehmung ausgeführt,

„[…] ist auch das Geld für den Prototyp nicht
weg, Klammer auf: vielleicht um den Preis hoher
Materialkosten, Klammer zu. Wenn wir den Pro-
totyp ins Museum stellen, haben wir Erkenntnis-
gewinn, aber das Geld für den Prototyp ist weg.
[…] Also, den Gegenwert zu dem Aufklärungs-
system, den haben wir abzüglich der Kosten, die
wir für Transformation in eine neue Plattform
bräuchten. Die endgültige Zahl dazu kann ich Ih-
nen nicht sagen. Das Geld jedenfalls für die Serie
ist nicht weg, sondern, wie bereits gefragt, steht
als Planung zur Verfügung. Deswegen ist die ur-
sprünglich mal genannte Summe von einem
Schaden von 1,3 Milliarden abwegig.“1084

Zur Höhe des Schadens könne er sich jedoch nicht ab-
schließend äußern.1085

Der Zeuge Harald Stein, Präsident des BAAINBw, hat in
seiner Vernehmung bemerkt:

„Ob ein Schaden entstanden ist, das muss jeder
selbst bewerten. Ich sehe auch einen Erkenntnis-
gewinn als einen zusätzlichen Erfolg.“1086

Der Bundesrechnungshof sah indes in seinem dem Haus-
halts- und dem Verteidigungsausschuss vorgelegten Be-
richt im Umgang mit den Projektrisiken ein „folgen-
schweres Organisationsversagen“.1087 Bis Vertragsende
würden 552 Millionen Euro ausgezahlt sein. Bei Abbruch
des Vorhabens sei ein Teil der für das Trägerluftfahrzeug
getätigten Ausgaben „verloren“1088. Es habe dann noch
Nutzen als Erprobungsträger für die für 232 Millionen

1080 Bewertungen und Konsequenzen zum EURO HAWK durch den
Bundesminister der Verteidigung Dr. Thomas de Maizière anläss-
lich der Vorlage des „Berichts der Ad-hoc Arbeitsgruppe EURO
HAWK“ des Bundesministeriums für Verteidigung im Verteidi-
gungsausschuss des Deutschen Bundestages am 5. Juni 2013,
MAT 17-1 A BT-VA zu BB 17-92, Sprechzettel BM, S. 3.

1081 Interview mit dem Bundesminister der Verteidigung Dr. Thomas de
Maizière, Zeitschrift FOCUS vom 10. Juni 2013, S. 31.

1082 Bewertungen und Konsequenzen zum EURO HAWK durch den
Bundesminister der Verteidigung Dr. Thomas de Maizière anläss-
lich der Vorlage des „Berichtes der Ad-hoc Arbeitsgruppe EURO
HAWK“ des Bundesministeriums für Verteidigung im Verteidi-
gungsausschuss des Deutschen Bundestags am 5. Juni 2013,
MAT 17-1 A BT-VA zu BB 17-92, Sprechzettel BM, S. 1 (10 f).

1083 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 9.
1084 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 71 f.
1085 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 89.
1086 Stein, Protokoll-Nr. 4, S. 135.
1087 MAT 17-4 BRH zu BB 17-90, Ordner 1, S. 42.
1088 MAT 17-4 BRH zu BB 17-90, Ordner 1, S. 42.

Drucksache 17/14650 – 140 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Euro entwickelte Sensorik, die ggf. in alternativen Trä-
gerluftfahrzeugen eingesetzt werden könnte.1089

Die Zeugin Ministerialrätin Angelika Bauch, Bundesrech-
nungshof, hat auf Nachfrage, wie viel Geld bereits in das
Entwicklungsprojekt EURO HAWK investiert worden
sei, erläutert:

„[…] insgesamt hat sich der Ursprungsvertrag
von 431 Millionen auf mittlerweile 558 Millionen
erhöht, und es sind zusätzliche Verträge abge-
schlossen in einem Volumen von etwa 110 Mil-
lionen. Dazu gehören diese beiden CLS-Verträge,
FMS-Verträge und diverse Unterstützungsleistun-
gen, so dass wir insgesamt ein Vertragsvolumen
haben von 668 Millionen. Und wenn man das mal
aufteilt auf den Träger und auf die Entwicklung
ISIS mit den entsprechenden Zulassungsleistun-
gen und wenn man sagt, dass diese beiden Unter-
stützungsleistungen, diese CLS-1- und -2- Ver-
träge, in erster Linie dem Träger zuzuordnen sind,
dann kann man sagen, sind Ausgaben oder auch
vertraglich gebunden für den Träger letztendlich
305 Millionen und für die ISIS-Entwicklung und
Tests und so von etwa 363 Millionen.“1090

Weitergehende Kosten hinsichtlich der Neuintegration
von ISIS, einer Beschaffung von alternativen Plattformen
usw. seien darin nicht enthalten.1091 Allerdings sei klar,
wenn das ISIS-System auf dem EURO HAWK funktions-
fähig sei, „ist damit noch nicht gesagt, dass es dann auch
ohne Leistungseinbußen in einem anderen Träger funktio-
niert. Von daher ist es schwierig, zu sagen, welchen Nut-
zen diese Sensorik letztendlich hat.“1092

Der Zeuge Ministerialdirektor Detlef Selhausen, Abtei-
lungsleiter AIN im BMVg, hat eingeräumt, dass eines der
Ziele des Entwicklungsprojektes EURO HAWK, nämlich
die Qualifizierung des Trägers als Vorbereitung zur Seri-
enherstellung des EURO HAWK nicht erreicht worden
sei. Die im Haushalt veranschlagten 515 Millionen Euro
für die Beschaffung der Serie EURO HAWK seien aber
kein Verlust, weil kein Serienvertrag unterzeichnet wor-
den sei.1093

Zudem hat er vor dem Untersuchungsausschuss ausge-
führt:

„Die rund 301 Mio. Euro, die für das Missions-
system ISIS einschließlich dessen Erprobung ge-
zahlt worden sind, sind in ein Sensorsystem in-
vestiert worden, an dem die Bundeswehr einen
unabweisbaren Bedarf hat. Entsprechend den Pla-
nungen zu Beginn des Vorhabens in 2002 ff. wird
der Bundeswehr das hochwertige Aufklärungs-
system ISIS mit einer qualifiziert abgeschlosse-
nen Erprobung zur Integration in eine andere
Plattform zur Verfügung stehen. Wie viele Kosten

diese Integration verursachen könnte, lässt sich
derzeit nicht vorhersagen. Das hängt von der ge-
gebenenfalls auszuwählenden Plattform ab. Für
den Full Scale Demonstrator sind Haushaltsmittel
in Höhe von 261 Mio. Euro gezahlt worden. […]
In welcher Höhe diese Investition von 261 Mio.
Euro im Ergebnis ein Verlust sein wird, hängt da-
von ab, was die Bundeswehr nach der Erpro-
bungsphase mit dem Full Scale Demonstrator
machen wird. Es ist nicht auszuschließen, dass
am Ende ein Großteil dieser rund 261 Mio. Euro
als Verlust betrachtet werden muss.“1094

Fest stehe aber auch, so der Zeuge, dass die Bundeswehr
durch das Entwicklungsvorhaben EURO HAWK einen
nicht zu unterschätzenden Erkenntnisgewinn durch den
Einblick in die betrieblichen Verfahren und die Nutzung
eines großen unbemannten Luftfahrzeuges gewonnen
habe.1095

Zur Höhe eines Schadens hat der Zeuge Ministerialdirek-
tor Dr. Paul Jansen, Abteilungsleiter Haushalt im BMVg,
bekundet:

„ […] dass wir dieses ISIS-System nutzen wer-
den, das steht fest. Insoweit würde ich diesen Be-
reich aus einer potenziellen Schadensbetrachtung
herausnehmen. Ob man den Rest als Schaden be-
ziffern muss […] Jedenfalls haben wir für das
Geld am Ende nicht das, was wir gerne dafür be-
kommen wollten. Wir haben sicherlich eine
Menge Erkenntnisse gewonnen, die über diesen
Vorgang hinaus weiter nutzbar sind und deren
Vorteilhaftigkeit sich schwer in Euro und Cent
beziffern lässt. Insoweit tue ich mich etwas
schwer, jetzt eine Zahl zu benennen und der das
Etikett ,Schaden‘ anzuheften.“1096

Für den Zeugen Staatssekretär Rüdiger Wolf liege ein
möglicher Schaden infolge des nicht erfolgreichen Ab-
schlusses des Entwicklungsvorhabens in der weiterhin
nicht geschlossenen Fähigkeitslücke für die deutschen
Streitkräfte. Dies sei aber kein finanzieller Aspekt.1097

3. Schadensvermeidung durch früheren
Abbruch des Projektes

Zur Frage, ob durch einen früheren Abbruch des EURO
HAWK-Projektes Geld des Steuerzahlers hätte eingespart
werden können, legte Bundesminister der Verteidigung
Dr. Thomas de Maizière am 5. Juni 2013 vor dem Vertei-
digungsausschuss dar:

„Wären im Herbst 2011 oder im Sommer 2012
die Arbeiten an dem Demonstrator abgebrochen
worden, dann wäre der Schaden erheblich größer
gewesen. Denn dann wären die Entwicklungskos-

1089 MAT 17-4 BRH zu BB 17-90, Ordner 1, S. 42.
1090 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 15 f.
1091 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 16.
1092 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 23.
1093 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 41 f.

1094 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 42.
1095 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 42.
1096 Jansen, Protokoll-Nr. 6, S. 124.
1097 Wolf, Protokoll-Nr. 7, S. 103.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 141 – Drucksache 17/14650

ten für das Aufklärungssystem lSlS vergeblich
gewesen, weil der Prototyp nicht einmal eine vor-
läufige Verkehrszulassung gehabt hätte, mit der
eine Erprobung hätte stattfinden können.“1098

Ähnlich hat sich der Zeuge Dr. Thomas de Maizière vor
dem Untersuchungsausschuss geäußert:

„Deswegen kann man zu der Höhe des Schadens
heute noch keine abschließende Bemerkung ma-
chen. Aber auf jeden Fall wäre der Schaden, was
das Aufklärungssystem anbetrifft, voll eingetre-
ten, wenn man es gar nicht bis zum Ende der
Funktionsfähigkeit getestet hätte.“1099

Im Hinblick darauf, ob ein früheres Nachhaken oder eine
frühere Unterrichtung zu irgendeiner Einsparung im Pro-
jektverlauf oder zu einer anderen Entscheidung in der Sa-
che geführt hätte, hat der Zeuge bekundet:

„Nein, dann hätte ich genauso entschieden. Die
Entscheidung wäre genauso gelaufen. Ein Nach-
haken von mir hätte nichts geändert. Es wäre
auch kein größerer oder kleinerer Schaden ent-
standen. Deswegen hat die Leitung des Hauses in
Form der Staatssekretäre und des Generalinspek-
teurs nach Kenntnisnahme richtig entschie-
den.“1100

Die Zeugin Angelika Bauch hat hinsichtlich eines frühe-
ren Abbruchs des Projektes erklärt:

„Wenn ich das dann im Jahr 2012 abbreche, dann
ist klar, da ist die ISIS-Entwicklung, die Sensorik
nicht entwickelt bis zum Ende. Dann hätte ich
auch keine Erkenntnisse aus der Sensorik gehabt.
Es kommt letztendlich darauf an, was man weiter
mit der Sensorik anfangen kann. Kann man sie
tatsächlich in einen anderen Träger einführen,
oder muss man da mit zu großen Leistungseinbu-
ßen rechnen?“1101

Wenn ein halbes Jahr früher das Erprobungsszenario ver-
lassen worden wäre, hätte man nach der dem Untersu-
chungsausschuss vorgetragenen Ansicht des Zeugen
Harald Stein, Präsident des BAAINBw,

„[…] nur die Ergebnisse der Laborversuche ge-
habt. Und jeder weiß, dass gerade die Atmo-
sphäre bei Signalerfassungen da doch eine ganz
große Auswirkung hat, und dieses hätte man
höchstens über Simulationen und Berechnungen
versuchen können in den Griff zu bekommen.
Und von daher ist es ganz wichtig nach meiner
Bewertung, dass wir diese Flugversuche jetzt
noch durchführen können und durchgeführt ha-

ben, um ein wesentlich besseres Beurteilungs-
potenzial für die Leistungsfähigkeit des ISIS
dann zu bekommen.“1102

Bei einer Vertragskündigung hätten vielmehr Restabgel-
tungsansprüche an den Auftragnehmer gezahlt werden
müssen.1103

Der Zeuge Bernhard Gerwert, Chief Executive Officer
(CEO) von EADS Division Cassidian, hat in seinen Aus-
führungen betont, dass die Serienbeschaffung nicht ge-
stoppt, sondern nicht beauftragt wurde. Er hat ausgeführt,
dass, wenn das ISIS-System tatsächlich die nächsten 10
bis 15 Jahre „daliege“, es einen Schaden gäbe.1104 Wenn
der Entwicklungsvertrag mit der EuroHawk GmbH ge-
kündigt worden wäre, hätte eine Weiterentwicklung des
ISIS-Systems wenig Sinn gehabt, da es keinen Erpro-
bungsträger mehr gegeben hätte.1105

VII. Auswirkungen der Entscheidung auf
andere Rüstungsvorhaben

1. Auswirkungen auf NATO- Alliance Ground
Surveillance (AGS)

Das NATO Projekt AGS1106 besteht aus dem durch die
NATO zu beschaffenden und betreibenden Kern (AGS
Core) und nationalen Beistellungen. AGS Core basiert
– wie EURO HAWK – auf der US-Plattform GLOBAL
HAWK.

a) AGS Core

Das Projekt NATO AGS wurde beim NATO-Gipfel in
Chicago im Mai 2012 als Projekt der „Smart Defence“-
Politik beschlossen. Es ist Bestandteil des NATO Früh-
warnsystems und dient der abbildenden Aufklärung der
militärisch relevanten Bodenlage.1107

Das AGS Kernelement (AGS Core) wird im Eigentum
der NATO unmittelbar durch diese betrieben („NATO
owned and operated“).1108 Dazu beschafft die NATO un-
ter finanzieller Beteiligung von 14 der 28 NATO Mit-
gliedsstaaten (u. a. Deutschland, USA, Italien) fünf UAS
vom Typ GLOBAL HAWK-Block 40. Deutschland trägt
einen Anteil an der Beschaffung in Höhe von 456,82 Mil-
lionen Euro (Festbetrag). Der Zulauf der Luftfahrzeuge
soll in den Jahren 2017 und 2018 erfolgen. Stationie-
rungsort werde die NATO Base Sigonella auf Sizilien
sein.1109

1098 Bewertungen und Konsequenzen zum EURO HAWK durch den
Bundesminister der Verteidigung Dr. Thomas de Maizière anläss-
lich der Vorlage des „Berichtes der Ad-hoc Arbeitsgruppe EURO
HAWK“ des Bundesministeriums für Verteidigung im Verteidi-
gungsausschuss des Deutschen Bundestages am 5. Juni 2013,
MAT 17-1 A BT-VA zu BB 17-92, Sprechzettel BM, S. 10.

1099 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 89.
1100 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 54.
1101 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 7.

1102 Stein, Protokoll-Nr. 4, S. 124.
1103 Stein, Protokoll-Nr. 4, S. 136.
1104 Gerwert, Protokoll-Nr. 6, S. 54.
1105 Gerwert, Protokoll-Nr. 6, S. 27.
1106 Alliance Ground Surveillance (AGS) ist ein Programm der NATO

zum Aufbau einer Fähigkeit zur Gefechtsfeldaufklärung und -über-
wachung.

1107 MAT 17-66 BK zu BB 17-89, BKAmt Ref 211-22-11300Un002-
Nr.17-89-1, S. 13.

1108 MAT 17-66 BK zu BB 17-89, BKAmt Ref 211-22-11300Un002-
Nr.17-89-1, S. 13.

1109 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe
EURO HAWK, S. 64 ff.

Drucksache 17/14650 – 142 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Thematisiert wurde die Frage, ob die Entscheidung
Deutschlands, im Projekt EURO HAWK auf die Serien-
beschaffung zu verzichten, Auswirkungen auf NATO
AGS haben könnte.

In einem Schreiben des Staatssekretärs Rüdiger Wolf an
den Stellvertretenden NATO-Generalsekretär wurde dar-
gestellt, dass der Bundesminister der Verteidigung Dr. de
Maizière anlässlich des Treffens der NATO-Verteidi-
gungsminister am 4./5. Juni 2013 bekräftigt habe, dass
die deutsche Bundesregierung weiterhin zu diesem für die
NATO besonders bedeutsamen Projekt stehe.1110

Hinsichtlich der Zulassung bestehe nach dem Bericht der
Ad-hoc Arbeitsgruppe EURO HAWK des BMVg kein
unmittelbarer Einfluss auf das Projekt NATO AGS Core.
Die deutsche Zulassungsproblematik beim EURO
HAWK sei nicht auf die Zulassungssituation der Luft-
fahrzeuge NATO AGS Core übertragbar. Die NATO be-
schaffe ein System auf Basis des technisch fortgeschritte-
neren GLOBAL HAWK-Block 40. Zulassung und
Zertifizierung der NATO AGS Core Luftfahrzeuge erfol-
gen in der Zuständigkeit Italiens durch die italienische
militärische Zulassungsbehörde.1111 In vorbereitenden
Unterlagen für Staatssekretär Wolf zur Verteidigungsaus-
schusssitzung am 10. Juni 2013 heißt es, dass aus italieni-
scher Sicht derzeit kein Hinderungsgrund für die Ertei-
lung einer Zulassung erkennbar sei,

„[…] auch wenn die Verhandlungen mit […]
Northrop Grumman über Art und Umfang der zur
Verfügung gestellten Dokumentation schwierig
seien. So mussten die überlassenen Dokumente
zur Zulassung Anfang 2013 komplett an North-
rop Grumman zur Überarbeitung zurückgesandt
werden.“1112

Ähnlich sei in einem Bericht der Deutschen Botschaft
vom 29. Mai 2013 ausgeführt worden, dass „der bishe-
rige Projektverlauf AGS nicht problemfrei sei. Derzeit
habe noch kein durch die Fa. Northrop Grumman über
NAGSMA vorgelegtes Zertifizierungsdokument akzep-
tiert werden können.“1113 Ebenso wurde in einer Staatsse-
kretärvorlage vom 21. Juni 2013, in der über die Sitzung
des Aufsichtsrates der NATO AGS Management Organi-
sation (NAGSMO BoD) am 12./ 13. Juni 2013 berichtet
wurde, dargestellt, dass Italien keine Aussage zur Er-
folgswahrscheinlichkeit des Zulassungsverfahrens ge-
macht, aber gleichwohl verdeutlicht habe, dass „die Risi-
ken als beherrschbar angesehen werden und ‚Zulassung‘
derzeit kein ‚showstopper‘ sei (‚we know how to do
it‘)“.1114

Bundesminister der Verteidigung Dr. Thomas de Maizière
erklärte zu den Auswirkungen auf das Projekt NATO
AGS anlässlich der Vorlage des „Berichtes der Ad-hoc

Arbeitsgruppe EURO HAWK“ des BMVg im Verteidi-
gungsausschuss am 5. Juni 2013:

„Das Verteidigungsministerium wird die Auswir-
kungen des Vorgangs Euro Hawk auf das NATO-
Projekt AGS (Alliance Ground Surveillance) prü-
fen. Wir haben uns bereits mit einem entspre-
chenden Anliegen an die NATO gewandt. Es ist
ein Informationsaustausch mit der NATO verab-
redet. Die Gründe für die deutsche Entscheidung
habe ich gestern meinen Kollegen der NATO er-
läutert. Wir sollten eine Chance für Europa nut-
zen, indem wir uns mit dem Zulassungsland Ita-
lien auf gemeinsame Zulassungsanforderungen
verständigen.“1115

Der Haushaltsausschuss forderte am 6. Juni 2013 das
BMVg auf, „die Erfahrungen aus dem EURO HAWK
Projekt rasch mit Blick auf andere Projekte, wie z. B. die
nationale Beistellung von vier unbemannten Luftfahrzeu-
gen zu AGS und die Beschaffung unbemannter Luftfahr-
zeuge der Klasse MALE, zu bewerten“.1116

Vorangegangen war ein Vertrag zwischen der
NAGSMA1117 und Northrop Grumman über die Beschaf-
fung von fünf GLOBAL HAWK-Luftfahrzeugen und Bo-
denstationen, dem der Haushaltsausschuss des Deutschen
Bundestages am 23. Mai 2012 im Rahmen einer 25-Mil-
lionen-Euro-Vorlage zustimmte. Der deutsche Anteil an
der Beschaffung betrug 457 Millionen Euro. Zu diesem
Zeitpunkt seien – so führte es der Bundesrechnungshof in
seinem Bericht an den Haushalts- und Verteidigungsaus-
schuss aus – die Probleme bei der Zulassung des GLO-
BAL HAWK als Plattform für das EURO HAWK-System
bereits bekannt gewesen. Einen Hinweis auf Zulassungs-
risiken habe die 25-Millionen-Euro-Vorlage nicht enthal-
ten.1118

Hierzu führte der Bundesminister der Verteidigung Dr. de
Maizière auf Nachfrage im Rahmen der Bundespresse-
konferenz am 5. Juni 2013 aus:

„[…] und ich habe ja sogar, um es fast noch
schlimmer zu machen, im Mai 2012 vor dem
Haushaltsausschuss für AGS geworben, ohne auf
die Zulassungsprobleme beim Euro Hawk hinzu-
weisen. Das ist so. Und das ich das so gemacht
habe, liegt daran, dass in den vorbereitenden Un-

1110 MAT 17-70 C BMVg zu BB 17-45, Füsk I, Ordner 1, S. 7 (10).
1111 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 64 ff.
1112 MAT 17-73 BMVg zu BB 17-48, Ordner 7, StS Wolf, S. 495 (521).
1113 MAT 17-70 C BMVg zu BB 17-45 Füsk I, Ordner 1, S. 7 (8).
1114 MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45 AIN V 5, Ordner 4, S. 85 (86).

1115 Bewertungen und Konsequenzen zum EURO HAWK durch den
Bundesminister der Verteidigung Dr. Thomas de Maizière anläss-
lich der Vorlage des „Berichtes der Ad-hoc Arbeitsgruppe EURO
HAWK“ des Bundesministeriums für Verteidigung im Verteidi-
gungsausschuss des Deutschen Bundestages am 5. Juni 2013,
MAT 17-1A BT-VA zu BB 17-92, Sprechzettel BM, S. 12.

1116 Protokoll der 124. Sitzung des Haushaltsausschusses am 6. Juni
2013, MAT 17-2 BT-HA zu BB 17-93, Ordner 2. S. 765 f.; Annah-
me des Antrags der Arbeitsgruppen Haushalt der Fraktionen CDU/
CSU und FDP auf Ausschussdrucksache 17(8)6051, MAT 17-72
BMVg zu BB 17-47, Büro des Ministers, Ordner 2, S. 73.

1117 Für das AGS-Projekt gründeten die beteiligten Nationen die NATO
Alliance Ground Surveillance Management Organisation (NAGSMA).

1118 MAT 17-4 BRH zu BB 17-90, Ordner 1, S. 39.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 143 – Drucksache 17/14650

terlagen eben dieses Problem nicht erwähnt
war.“1119

Der Zeuge Staatssekretär Rüdiger Wolf hat ebenfalls in
seiner Vernehmung berichtet, dass ein Votum für die Be-
endigung des Entwicklungsvorhabens auch nicht anläss-
lich der Entscheidung zur Beteiligung am NATO Vorha-
ben AGS vorgelegen habe. Darüber hinaus hat der Zeuge
erläutert:

„Der Haushaltsausschuss billigte auf Vorlage des
Finanzministeriums vom 25. März 2009, die wie-
derum auf einem Beitrag des Verteidigungsminis-
teriums beruhte, den Abschluss einer Programm-
vereinbarung über die deutsche Beteiligung an
diesem luftgestützten Radarsystem der NATO zur
weiträumigen Aufklärung und Bodenüberwa-
chung. […]

Weder anlässlich der Entscheidung im Jahre 2009
zum Abschluss der Programmvereinbarung noch
im Mai 2012 bestand Grund, aus den Erkenntnis-
sen im Vorhaben Euro Hawk auf vergleichbare
Risiken im Vorhaben AGS zu schließen. Beide
Vorhaben sind trotz prinzipieller Ähnlichkeiten
des Trägersystems – die basieren beide auf dem
System Global Hawk – nicht miteinander ver-
gleichbar.

Zum einen aus technischen Gründen: Euro Hawk
basiert auf dem Entwicklungsstand Block 20,
AGS auf dem System Global Hawk Block 40.
Und bereits 2007 wurde die Beschaffung von
AGS auf dieser Basis, nämlich Block 40, als so-
genannte Commercial- off-the-shelf-Lösung, also
als ,von der Stange zu kaufen‘, vereinbart. Inso-
fern enthält die Beschaffung des AGS-Systems
kein Entwicklungsrisiko.

Euro Hawk basiert nicht nur auf einem geringe-
ren technischen Reifegrad, sondern wurde zur In-
tegration des Aufklärungsanteils ISIS wie auch
zur Anpassung an NATO-Standards einer An-
passentwicklung unterzogen. Zum anderen aber
ergibt sich der Unterschied – und das ist viel ent-
scheidender – aus Verfahrensgründen. Euro
Hawk ist ein nationales Vorhaben mit gegenüber
AGS unterschiedlichen Aufklärungssystemen. Es
wird in Deutschland stationiert und unterliegt na-
tionalen luftverkehrsrechtlichen Bestimmungen.
AGS dagegen ist ein ,NATO-owned and operated
system‘. Es wird in Sigonella in Italien stationiert
und unterliegt italienischen Zulassungsvorschrif-
ten. Das heißt, die NATO allein verantwortet die
Beschaffung, den Betrieb und den Einsatz des
AGS.

Es kommt hinzu, dass die Vereinigten Staaten
sich mit einem Anteil von über 40 Prozent an der
Beschaffung beteiligen. In Sigonella betreiben
Italien und die USA bereits unbemannte Droh-

nen, unter anderem durch die USA auch die Glo-
bal Hawk Block 40 mit einer italienischen militä-
rischen Luftverkehrszulassung. […] Unabhängig
von dieser fehlenden Vergleichbarkeit beider Sys-
teme und der Beschaffungsverfahren wurde noch
im März 2012 im Bundesministerium das Risiko
der Musterzulassung der Serie des Euro Hawk
über alternative Zulassungen als beherrschbar
eingestuft […] Die Beschaffungsvorhaben Euro
Hawk und AGS sind weder technisch noch ver-
fahrensseitig miteinander vergleichbar.“1120

Bundesminister der Verteidigung Dr. de Maizière hat in
seiner Vernehmung verdeutlicht, dass die NATO selbst
keine Zulassung vornehme, sondern immer nationales
Recht gelte. So würde NATO AGS eine Zulassung nach
italienischem Recht brauchen, weil es dort stationiert sein
werde. Das AWACS (Airborne Early Warning and Con-
trol System) zum Beispiel habe eine Zulassung nach lu-
xemburgischem Recht.1121

In seiner Vernehmung hat er ferner erklärt, den von ihm
bereits initiierten Informationsaustausch über die Konse-
quenzen aus der Nichtbeschaffung einer Serie des EURO
HAWK für die NATO AGS weiterzuführen.1122

Der Zeuge Staatssekretär Stéphane Beemelmans hat vor
dem Untersuchungsausschuss dargelegt, die Beschaf-
fungsentscheidung sei für die Beistellungen an NATO
AGS noch nicht getroffen. Die Beteiligung an NATO
AGS sei eine kostenseitige Beteiligung. Man höre von
Problemen; aber er habe noch nicht davon gehört, dass
die Italiener sagen: „Das wird nichts“. Nach der deut-
schen Entscheidung sei auch die NATO unterrichtet wor-
den.1123

b) Konsequenzen für die Nationale
Beistellung für NATO AGS

NATO AGS Core soll durch nationale Aufklärungsmittel
der Teilnehmerstaaten ergänzt werden, „da es lediglich
einen Teil der strategischen Zielsetzung der NATO ab-
deckt“.1124

Deutschland habe sich laut Ad-hoc Bericht des BMVg
bereit erklärt, über die Beteiligung an NATO AGS (Core)
hinaus weitere vier Luftfahrzeuge zu NATO AGS beizu-
stellen, ohne sich jedoch abschließend auf ein bestimmtes
Flugzeugmuster festzulegen. Dafür sei zunächst eine pla-
nerische Vorsorge getroffen worden. Aufgrund der mittel-
fristigen finanzplanerischen Rahmenbedingungen sei der-
zeit eine Realisierung ab 2023 geplant. Art, Umfang und
Kosten dieses separaten Projektes seien noch nicht festge-
legt.1125

1119 MAT 17-44 BMVg zu BB 17-61, PR-Infostab, Ordner 1, S. 1 (11).

1120 Wolf, Protokoll-Nr. 7, S. 101 f.
1121 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 36.
1122 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 11.
1123 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 45 f.
1124 MAT 17-66 BK zu BB 17-89, BKAmt Ref 211-22-11300Un002-

Nr.17-89-1, S. 13.
1125 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe

EURO HAWK, S. 65.

Drucksache 17/14650 – 144 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

2. Auswirkungen auf MALE Überbrückungs-
lösung

Nach Darstellung des Ad-hoc Berichtes des BMVg wurde
die Beschaffung der Anfangsausstattung MALE-Kompo-
nente zur Deckung des Bedarfs an einem System abbil-
dende Aufklärung bis in die Tiefe des Einsatzgebietes im
Jahr 2007 gebilligt. Zu dem Zeitpunkt waren keine geeig-
neten Systeme marktverfügbar. Derzeit würden für die
MALE UAS Überbrückungslösung verfügbare Systeme
untersucht und Lösungsvorschläge erarbeitet. Auch für

diese Systeme bestehe ein Risiko für das Erreichen einer
deutschen Musterzulassung. Durch Beauftragung vorge-
zogener Untersuchungen könne das Zulassungsrisiko
weiter eingegrenzt werden. Die vollständige Reduktion
des Zulassungsrisikos vor Abschluss des Beschaffungs-
vertrags sei damit indessen nicht möglich.1126

1126 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe
EURO HAWK, S. 65.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 145 – Drucksache 17/14650

Dritter Teil:
Bewertungen des Untersuchungsausschusses

A. Verfahren

Der 2. UA gem. Artikel 45a Absatz 2 GG der 17. Wahlpe-
riode hat nach seiner Konstituierung die üblichen Be-
schlüsse zum Verfahren gefasst. Zwei Besonderheiten be-
dürfen allerdings der Erwähnung, nämlich die Beschlüsse 7
(Öffentlichkeit) und 12 (Präsenz, Stimmrechte, Be-
schlussunfähigkeitsrüge).

In seinem Beschluss 7 zum Verfahren setzte der Aus-
schuss fest, dass Mitglieder der politischen Leitungs-
ebene und der militärischen Führung unbeschadet der
Vorschrift des § 14 PUAG grundsätzlich in öffentlicher
Sitzung anzuhören seien. Dies könne im Einzelfall auch
auf Personen des nachgeordneten Bereichs erstreckt wer-
den.

Damit ist die Frage des Verhältnisses von Artikel 45a Ab-
satz 3 GG einerseits (Keine Geltung des Artikel 44 Ab-
satz 1 GG mit seiner Pflicht zur Öffentlichen Sitzung)
und der Kompetenz des Ausschusses, öffentliche Anhö-
rungen zuzulassen, andererseits aufgeworfen.

Dieses Rechtsproblem nahm im 1. UA gem. Artikel 45a
Absatz 2 GG der 17. WP, dem sog. Kunduz-Untersu-
chungsausschuss, einen breiteren Raum ein. Der Aus-
schuss kam damals nach Abwägung der Stimmen aus den
Kommentaren zum Grundgesetz und aus Monographien zu
dem Ergebnis, dass er selbst bestimmen könne, ob und in
welchem Umfang Beweiserhebungen öffentlich durchzu-
führen seien (vgl. insoweit den Bericht des 1. UA gem. Ar-
tikel 45a Absatz 2 GG, Bundestagsdrucksache 17/7400,
Dritter Teil, A. I. Verfahrensbeschlüsse, S. 169, re Sp.).
Entscheidend sei immer die Situation im jeweiligen Unter-
suchungsausschuss, nicht zuletzt auch der Untersuchungs-
gegenstand. Dementsprechend wurden in diesem Fall alle
Anhörungen in öffentlicher Sitzung durchgeführt.

Hintergrund dieser für den Verteidigungsausschuss als
Untersuchungsausschuss geradezu ungewohnten Offen-
heit war das Verhalten der Ausschussminderheit nach Sit-
zungen des Verteidigungsausschusses im Vorfeld der
Konstituierung als Untersuchungsausschuss. Deren Äu-
ßerungen nach den nicht öffentlichen Sitzungen gegen-
über den Medienvertretern gaben nach Ansicht der Mehr-
heit regelmäßig nicht den tatsächlichen Verlauf und Inhalt
der Sitzung wieder. Um den Medienvertretern wenigstens
die Gelegenheit zu geben, entsprechend Inhalt und Ver-
lauf der Sitzungen zu berichten und zu kommentieren,
wurde das beschriebene hohe Maß an Öffentlichkeit fest-
gelegt. „Öffentlich“ umfasste in diesem Fall keine Fern-
sehaufnahmen während der Sitzungen. Auf eine Anfrage
eines Fernsehsenders, ob die Vernehmungen der Zeugen
live übertragen werden können, wurde von Seiten der
Vorsitzenden zu Recht auf § 13 Absatz 1 Satz 2 PUAG
verwiesen, wonach Ton- und Filmaufnahmen sowie Ton-

und Bildübertragungen grundsätzlich nicht zulässig sind.
Aus diesem Grund wurde die Anfrage durch das Aus-
schusssekretariat zu Recht abschlägig beantwortet. Der
ebenfalls in der 17. Wahlperiode tagende Untersuchungs-
ausschuss NSU verfuhr auf gleiche Art und Weise.

Mit seinem Beschluss 12 zum Verfahren betrat der Aus-
schuss Neuland, zumindest für die Zeit unter Geltung des
PUAG.

Gem. § 34 Absatz 3 2. Halbsatz PUAG kann der Verteidi-
gungsausschuss als Untersuchungsausschuss einen Unter-
ausschuss „zu deren [der Untersuchung] Durchführung“
einsetzen.

Bei den Erörterungen zur Einsetzung des Ausschusses
wurde von Teilen der Minderheit dem entgegengehalten,
dass es hiergegen – nicht näher spezifizierte – verfas-
sungsrechtliche Bedenken gebe.

Eine Prüfung ergab, dass diese wesentlich darin bestan-
den, der Untersuchungsausschuss könne die ihm durch
das Grundgesetz zugewiesene Kompetenz nicht delegie-
ren. Es stellte sich jedoch heraus, dass die von den Kriti-
kern zitierte verfassungsrechtliche Literatur i. d. R. vor
Geltung des PUAG entstanden war. Lediglich Klein in
Maunz-Dürig, Kommentar GG, Artikel 45a, blieb bei der
von ihm vertretenen strengen Linie und wurde damit zur
Mindermeinung. Andere Kommentatoren erwähnen die
Frage in neueren Kommentierungen nicht mehr, in Um-
bach/Clemens wird der Streit durch die Regelung in § 34
PUAG für entschieden erklärt. Zudem sind aus den Ge-
setzgebungsmaterialien zum PUAG keinerlei verfas-
sungsrechtliche Bedenken gegenüber der Regelung des
§ 34 Absatz 3 PUAG ersichtlich.

Auch der Einwand aus § 55 GO-BT trifft nicht. Er regelt
die Einsetzung von Unterausschüssen in nicht durch spe-
zielles Gesetz genannten Fällen. Diese Unterausschüsse
können lediglich vorbereitende Aufgaben übertragen be-
kommen. § 55 GO-BT statuiert ein Widerspruchsrecht ei-
ner Minderheit von einem Drittel der Ausschussmitglie-
der. Damit wäre ein einfacher Mehrheitsbeschluss gegen
dieses Drittel nicht möglich gewesen. § 34 Absatz 3
PUAG ist insoweit vorrangige lex specialis, zumal er in
Kenntnis des § 55 GO-BT beschlossen wurde.

Die Einsetzung eines Unterausschusses gem. § 34 Absatz 3
PUAG wäre ein Verfahrensbeschluss und daher mit einfa-
cher Mehrheit zu fassen gewesen.

Dem zeitaufwendigen Verfahren einer gutachterlichen
oder gar gerichtlichen Klärung dieser durchaus grund-
sätzlichen Frage wollte der Ausschuss jedoch wegen der
ohnehin knapp bemessenen Dauer der Untersuchung
(Ende der Wahlperiode) entgehen und fasste den aus dem
Feststellungsteil ersichtlichen Beschluss 12 zum Verfah-
ren. Dieser ermöglichte eine weitgehend reibungsfreie
Durchführung der Untersuchungen trotz parlamentari-
scher Sommerpause und Wahlkampf.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147 – Drucksache 17/14650

B. Bewertung der Untersuchungsergebnisse

I. Schließung der Fähigkeitslücke nach
„Breguet Atlantic“

Es war im Jahr 2004 eine richtige Entscheidung, die ver-
alteten und auf wirtschaftliche Weise nicht mehr steiger-
baren und modernisierbaren Fernaufklärer „Breguet
Atlantic“ durch ein hochmodernes und zu einem erhebli-
chen Teil noch zu entwickelndes System einer signaler-
fassenden, luftgestützten, weiträumigen Überwachung
und Aufklärung (SLWÜA) zu ersetzen. Die durch die
sukzessive Außerdienststellung der Flugzeuge entste-
hende und im Zeitablauf stetig wachsende Lücke in der
weiträumigen Aufklärung und Nachrichtengewinnung
konnte durch vorhandene andere Mittel (Satellitenaufklä-
rung einerseits und operativ-taktische Aufklärung ande-
rerseits) nicht geschlossen werden. Strategische Nach-
richtengewinnung durch Fernmelde- und elektronische
Aufklärung ist eine Schlüsselfähigkeit für eine moderne
Armee im Einsatz und für die Aufgaben der zivilen Kri-
senprävention und -reaktion unverzichtbar. Zudem kann
das System einen wichtigen Beitrag zum Schutz unserer
Soldatinnen, Soldaten und des Zivilpersonals im Einsatz
leisten. Das daraus resultierende Fähigkeitsspektrum ist
eine wesentliche Voraussetzung, damit die Bundeswehr
dem vom Deutschen Bundestag formulierten Auftrag
nachkommen kann.

Es war auch richtig, angesichts des Anforderungsprofils
– mind. 3 000 km Reichweite und 24 Stunden Stehzeit –
sich für ein unbemanntes System zu entscheiden. Hierfür
bot sich der in den USA bereits erprobte Träger Global
Hawk an. Das entsprechende Sensoriksystem sollte in
Deutschland entwickelt werden.

Das Projekt Euro Hawk wurde unter rot-grüner Regie-
rungsverantwortung mit großer Aufbruchstimmung ge-
startet. Allerdings war es von Beginn an viel komplexer
und risikobehafteter, als dies die Initiatoren kommuniziert
haben. Mit der Entscheidung wurde technologisches,
rechtliches und luftfahrtregulatorisches Neuland betreten.
Das Entwicklungsprojekt Euro Hawk musste zudem von
Anfang an als hoch komplexes Vorhaben betrachtet wer-
den, zumal auf dem Markt keine adäquate, bereits existie-
rende Lösung zur Verfügung stand. Die Lückenschlie-
ßung durch ein unbemanntes System mit modernster
Elektronik war mehr als nur eine lineare Fortentwicklung
vorhandener Technik, es war der Sprung in eine neue
technologische Generation. Die Entscheidung sollte auch
den technologischen Anschluss der deutschen militäri-
schen Luftfahrt an das Forschungsniveau der USA und
somit das Handeln mit dem Bündnispartner auf Augen-
höhe sichern. Die Entscheidung für die „Drohne“ anstelle
anderer Trägerplattformen mit Besatzung konnte den An-
forderungen an die durch die geforderte Reichweite erfor-
derliche Flughöhe von mehr als 20 km und die lange
Stehzeit als einzige genügen. Sie versprach zudem gerin-
gere laufende Kosten für das eingesetzte Personal. Die
Bedeutung unbemannter Systeme wird auch international
zunehmend erkannt.

Die Überlegungen und Planungen für einen Ersatz für die
Zeit „nach Breguet“ wurden grundsätzlich hinreichend
früh begonnen, um einen fließenden Übergang zu der
neuen Technik organisieren zu können. Dass die hohen
Anforderungen an die technischen, aber auch technisch-
administrativen Erfordernisse zu einer erheblichen Zeit-
verzögerung bei der Einführung der neuen Technik und
damit zu einer lang andauernden Fähigkeitslücke führen
würden, war in diesem Umfang nicht abzusehen.

II. Projektverlauf CPM

1. Frühe Kenntnis über Entwicklungsrisiken

Der Zeuge Wolfgang Schneiderhan hat in seinen Ausfüh-
rungen verdeutlicht, dass nach der Außerdienststellung
der Breguet Atlanic im Jahre 2010 eine absehbare Fähig-
keitslücke im Bereich der signalerfassenden, luftgestütz-
ten und weiträumigen Überwachung und Aufklärung zu
entstehen drohte (SLWÜA).

Daraus wurde der aus heutiger Sicht richtige Schluss ge-
zogen, frühzeitig mit der Entwicklung eines leistungsfä-
higen und technisch innovativen Nachfolgesystems zu
beginnen. Als Planungsverfahren griff man auf den neuen
CPM 2001 zurück, der im Gegensatz zum vorherigen Be-
schaffungsgang Fähigkeiten und nicht Systeme in den
Mittelpunkt der Betrachtungen stellte.

Der Generalinspekteur der Bundeswehr hat gemäß CPM
2001 als derjenige, der die militärischen Rahmenbedin-
gungen zu formulieren hat, einen zentralen Anteil an der
Planung für die Nachfolge der Breguet Atlantic. Die zu-
ständigen Planungsgremien (Integrierte Arbeitsgruppen
Fähigkeitsanalyse – IAGFA) griffen bei der Betrachtung
der Möglichkeiten zur Schließung der Fähigkeitslücken
auf zahlreiche Studien hinsichtlich einer technischen und
finanziellen Machbarkeit zurück. Man kann somit davon
ausgehen, dass bereits zu diesem frühen Zeitpunkt die
technischen und finanziellen Risiken ausgeschlossen
bzw. minimiert werden sollten.

Im Verlauf des Planungsprozesses stellte sich sehr bald
heraus, dass sowohl die militärische als auch die politi-
sche Seite ein unbemanntes System präferieren würde.
Die Vorteile eines solchen Systems lagen auf der Hand.
Neben dem Vorteil der langen Stehzeit im Einsatzgebiet
konnten die geringeren Betriebskosten und der nicht zu
verachtende Aspekt des Technologiesprungs in der Luft-
waffe auf der Habenseite verbucht werden.

Der Zeuge Wolfgang Schneiderhan bestätigte, dass man
sich bereits zu diesem frühen Zeitpunkt über das hohe
technische, aber auch verkehrstechnische Risiko bewusst
war und deshalb richtigerweise den Weg wählte, zunächst
einen Entwicklungsvertrag mit der Industrie zu schließen.
Dieser Ansatz war zweifellos richtig, blieb aber durch das
Ausblenden entscheidender Fragen unvollständig und
hätte nur bei Behandlung aller relevanten Fragen und ent-
sprechender Kontrolle zum Erfolg geführt werden kön-
nen.

Das technische Risiko einer kompletten Neuentwicklung
sollte dadurch minimiert werden, dass man bereits im

Drucksache 17/14650 – 148 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Sommer 2000 in Erwägung zog, auf die amerikanische
Drohne Global Hawk zurückzugreifen. Damit hätte man
gleichzeitig eine quasi standardisierte Trägerplattform für
die deutsche SIGINT Nachfolge als auch für die NATO
AGS erhalten. Ein auf den ersten Blick nicht von der
Hand zu weisender Vorteil.

Dieser Ansatz geht aus dem von Staatssekretär
Dr. Walther Stützle und Generalinspekteur Harald Kujat
genehmigten Protokoll einer Priorisierungssitzung aus
dem August 2000 hervor. Und auch zu diesem frühen
Zeitpunkt spielte die Flugsicherheitsfrage bereits eine
Rolle und wurde im Protokoll ausdrücklich genannt. Den-
noch entschied man sich zum „energischen Vorantreiben“
der UAV basierten Aufklärungssysteme.

Auch bei den im Rahmen des CPM 2001 zu erarbeiten-
den Dokumenten (Systemfähigkeitsforderung und Ab-
schließende funktionale Forderung) spielten die mögli-
chen Zulassungsprobleme bereits eine Rolle. So stellte
der Generalsinspekteur Harald Kujat bereits im Februar
2001 fest, dass hinsichtlich des Fliegens unbemannter
Systeme im kontrollierten Luftraum unabhängig vom an-
gestrebten Trägersystem Euro Hawk erheblicher Hand-
lungsbedarf bestehe.

Sehr früh wurde seitens des Generalinspekteurs Kujat
auch schon auf die restriktiven US-amerikanischen Rüs-
tungsexportregeln im Zusammenhang mit dem Projekt
Euro Hawk hingewiesen. Ein zusätzlicher Risikofaktor,
der im weiteren Verlauf der Entwicklung zu zeitlichen
Verzögerungen und damit einhergehend zu einer erhebli-
chen Kostensteigerung führte.1127

Dennoch wurde wie erwähnt an der unbemannten Lösung
festgehalten. Die Probleme hinsichtlich der Teilnahme
am zivilen Luftverkehr wollte man mit einem nicht näher
bezeichneten technischen Modernisierungsschub/Techno-
logiesprung erreichen.

Damit wurde das Unwägbare als fester Bestandteil in den
weiteren Erprobungsprozess aufgenommen. Man wollte
die UAV-Technik um jeden Preis und wählte zur Realisie-
rung einen hochriskanten Ansatz. Letztendlich hat man
das Risiko des Scheiterns an diesen offenen Fragen be-
reits zu diesem Zeitpunkt in Kauf genommen.

Der bereits mehrfach erwähnte Planungsprozess CPM
2001 sah vor, bei Beschaffungsvorhaben auf marktver-
fügbare Systeme zur Risikominimierung zurückzugreifen
und die Funktionsfähigkeit an einen Prototyp zu testen.
Dieser Ansatz ist prinzipiell richtig, denn bei einer Neu-
entwicklung, beispielsweise eines Trägersystems, hätte
man im wahrsten Sinne des Wortes um jeden Preis die
Musterzulassung erwirken müssen. Der Ansatz bleibt
aber unvollständig und hochriskant, wenn bereits be-
kannte Risiken ausgeblendet oder zeitlich nach hinten ge-
schoben werden.

Der Global Hawk war das einzige marktverfügbare, den
Anforderungen entsprechende System. Bei eingehender

Betrachtung hätte aber festgestellt werden können, dass
das System durch die US-Luftwaffe ständig verbessert
wurde und in den USA keine US-amerikanische Muster-
zulassung existierte. Auf diese Zulassung hätte man zu-
rückgreifen wollen, wie es bei der Beschaffung des Phan-
tom Jagdbombers bereits der Fall war. Die Hoffnung war,
man müsse lediglich die US-amerikanischen Papiere in
deutsche Zulassungspapiere umwandeln. Jedoch war eine
Musterzulassung für die verschiedenen Versionen des
Global Hawk für die US-Luftwaffe aus nachvollziehba-
ren Gründen nicht sinnvoll. Der Aufwand wäre größer
gewesen als der Nutzen. Dies schien zur damaligen Zeit
im Bundesministerium der Verteidigung und im nachge-
ordneten Bereich nicht bekannt gewesen zu sein. Diese
Unkenntnis und unterlassene, tiefergehende Prüfung der
tatsächlichen Zulassungsumstände ist ein weiterer we-
sentlicher Fehler, der zu den Zulassungsproblemen des
Euro Hawk in Deutschland führte.

Die im Untersuchungszeitraum fortlaufende Verbesse-
rung der Global Hawk der US-Luftwaffe brachte es über-
dies mit sich, dass der durch das Bundesministerium der
Verteidigung beschaffte und erprobte sogenannte Global
Hawk Block 20 zum Zeitpunkt der Erprobung und erst
recht zum Zeitpunkt einer etwaigen Serienbeschaffung
nicht mehr dem technisch modernsten Stand besaß und
somit auch nicht mehr kostengünstig versorgbar war, da
die Ersatzteilbeschaffung eines erheblichen finanziellen
Aufwands bedurft hätte.

Darin lag ein weiterer wichtiger Grund für die heutige
Nichtbeschaffung des Global Hawk.

Die Tatsache, dass die US-amerikanische Entwicklungs-
realität im Bundesministerium der Verteidigung gar nicht
oder nur zum Teil wahrgenommen wurde, barg bereits
den Keim des Scheiterns in sich.

Die Frage, inwieweit die USA willens waren, militärische
Hochtechnologie mit Deutschland auszutauschen, wurde
im Bundesministerium der Verteidigung zu optimistisch
beurteilt. Gleichwohl wurde auf die grundsätzlichen Pro-
bleme durch die Luftwaffe frühzeitig hingewiesen. Offen-
kundig ging der Austausch derart stockend voran, dass
der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder im Fe-
bruar 2004 zur Vorbereitung einer USA-Reise einen ent-
sprechenden Vermerk zum Entwicklungsvorhaben Euro
Hawk erhielt. Ob das Projekt dann auch Thema bei Kon-
sultationen oder sonstigen Gesprächen war, ist nicht mehr
nachvollziehbar. Hinweise darauf liegen nicht vor.

Insgesamt hätte man also bereits zum Beginn der Ent-
wicklung das hohe Risiko in den verschiedenen angespro-
chenen Bereichen erkennen müssen.

Erkannte man die Risikofaktoren, so wurden diese durch
zu optimistische Annahmen oder die Hoffnung auf Tech-
nologiesprünge relativiert. Es entsteht, wie bereits festge-
stellt, der Eindruck, dass die militärische und politische
Führung des Bundesministeriums der Verteidigung eine
UAV Plattform um jeden Preis beschaffen wollte, getrie-
ben von dem Wunsch, mit der USA im Bereich SIGINT
auf Augenhöhe begegnen zu können.1127 Protokoll der 8. Sitzung, S. 04.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 149 – Drucksache 17/14650

Hinsichtlich der Musterzulassung und der Teilnahme am
allgemeinen Luftverkehr wurde bereits im Jahre 2002 von
der Arbeitsgruppe Systemkonzeptstudie dringender
Handlungsbedarf festgestellt.

2. Absenkung der Forderungen zur Teil-
nahme am allgemeinen Luftverkehr

Obwohl die Bundeswehr über keinerlei Erfahrungen be-
züglich des Flugbetriebs unbemannter Systeme besaß,
forderte die Arbeitsgruppe Fähigkeitsanalyse des Bundes-
ministeriums der Verteidigung im Sommer 2002, dass
sich der Träger in die vorhandene und militärische Luft-
raumstruktur einzuordnen habe und deshalb mit den ent-
sprechenden dafür erforderlichen technischen Einrichtun-
gen versehen sein müsse.

Diese Forderung wurde jedoch im Jahre 2004 in der ab-
schließenden funktionalen Forderung des Generalinspek-
teurs Wolfgang Schneiderhan bereits abgeschwächt. Nach
diesem von Staatssekretär Dr. Peter Eickenboom geneh-
migten Dokument muss das UAV nicht mehr am Luftver-
kehr teilnehmen, sondern es soll teilnehmen können. Für
den Prototyp galt sogar nur noch eine Kann-Vorschrift.
Dies stellte eine erhebliche Relativierung der ursprüngli-
chen Entwicklungsziele dar und nahm im Wesentlichen
die Verschiebung der Musterzulassung aus der Entwick-
lung hin zur Serie bereits vorweg bzw. machte diese zu-
mindest möglich.

Diese Absenkung der Anforderungen zur Teilnahme am
allgemeinen Luftverkehr fand sich auch im Vertrag über
den Euro Hawk im Jahre 2007 wieder. So war es nach-
vollziehbar, dass im Februar 2010 gänzlich auf die Mus-
terzulassung des Prototypen verzichtet und dieses Unter-
fangen auf die Serie verschoben wurde. Dieser Verzicht
ist der Endpunkt der zuvor beschriebenen und im Jahre
2002 beginnenden Relativierung der Fähigkeiten zur Teil-
nahme am allgemeinen Luftverkehr. Damit hatte man ein-
gestanden, dass zumindest für den Prototypen der er-
hoffte Technologiesprung, welcher als Voraussetzung zur
Teilnahme am allgemeinen Luftverkehr in der Konzep-
tionsphase erhofft und angenommen wurde, nicht stattge-
funden hatte. Jedoch bedeutet das Verschieben der Mus-
terzulassung hin zur Serie, dass man sich noch immer
nicht ganz von dieser zentralen Annahme trennen wollte
und auf dieses Entwicklungswunder hoffte.

Einer der wesentlichen Fehler des Projekts war es, zwi-
schen dem Demonstrator und der Serie in der wichtigen
Frage der Zulassung zu unterscheiden. Es wurde demge-
mäß bereits beim Anlaufen des Projekts das Risiko zu ge-
ring bewertet, dass man am Ende der Projektierungsphase
gegebenenfalls zwar ein einzelnes technisch funktionie-
rendes System hat, aber eine Zulassung der Serie dauer-
haft nicht oder nur mit erheblichen Mehrkosten erreicht
werden kann.

3. Mangelnde Verzahnung
Bezeichnend für den gesamten Prozess der Entwicklung
ist, dass die besagte Entscheidung des Jahres 2010 allein
durch das Projektteam des damaligen BWB getroffen

wurde. Hier werden auch die Schwächen des CPM 2001
sichtbar. Die Verzahnung bzw. fristgerechte Einbindung
der entsprechenden Führungs- und Entscheidungsebenen
fehlte zu jeder Zeit. Die Protagonisten schwebten ohne
verbindende und ordnende Klammer im gesamten Pro-
zess quasi in Parallelwelten. Informationen gelangten ent-
weder gar nicht oder zu spät zu den nächsthöheren Stab-
stellen. Das damalige BWB war offenkundig nicht in der
Lage, eine Transmission zwischen Entwicklungsteam und
Bundesministerium der Verteidigung herzustellen und die
entsprechenden Maßgaben zu koordinieren.

Aus dieser offenkundigen Schwäche des fehlgeleiteten
Prozesses wurde im Rahmen der aktuellen Reform des
Beschaffungsprozesses der richtige Schluss gezogen. Zu-
künftig werden alle beteiligten Organisationsbereiche von
Beginn an in den Prozess der Planung bis hin zur Nut-
zung eingebunden. Parallele Entwicklungen nach dem
Muster Euro Hawk werden so erschwert. Ein wirkungs-
volles Controlling führt die Entwicklung zudem immer
wieder auf das ursprünglich vereinbarte Ziel zurück.

In den beschriebenen Fehlentwicklungen und risikobe-
hafteten grundlegenden Annahmen liegen aus Sicht der
Regierungskoalition die wesentlichen Gründe für das
Scheitern des Entwicklungsvorhabens. Unbestritten ist
aus Sicht der Koalition, dass man zu Beginn des Projekts
Risiken leichtfertig relativierte, um mit dem Euro Hawk
ein modernes Aufklärungssystem zu erhalten. Hier muss
man sich dem Bundesrechnungshof anschließen und von
einem blauäugigen Vorgehen sprechen.

Die Musterzulassung des Euro Hawk ist grundsätzlich
Voraussetzung für den Einsatz des UAV. Ohne Musterzu-
lassung kein Euro Hawk und ohne Euro Hawk kein Quan-
tensprung bei den Fähigkeiten in der SIGINT Aufklä-
rung. Diese auf der Hand liegende zentrale Bedeutung der
Musterzulassung wurde offenkundig konsequent ausge-
blendet, weshalb die Probleme zu deren Erlangung viel
zu spät erkannt wurde und das Projekt mithin zwangsläu-
fig zu der bekannten Entwicklung geführt hat.

Für die Musterzulassung muss der Hersteller Angaben
über verbaute Materialien und Technologien machen. Ge-
nau dazu war aber die US-amerikanische Seite zu keinem
Zeitpunkt bereit. Die diesbezüglichen Vorstellungen der
Vertragspartner Bundeswehr und EuroHawk GmbH
konnten in diesem Punkt nicht harmonisiert werden. Viel-
mehr bestand zu jeder Zeit und von Beginn an eine unter-
schiedliche Auffassung darüber, welche Informationen
der deutschen Seite zur Verfügung zu stellen sind.

Auch bei diesem Problemkomplex, der Dokumentation,
hatten die Mitarbeiter des BWB die Hoffnung, die Pro-
bleme im Verlauf des Projekts lösen zu können. Wiede-
rum kam eine hochriskante Annahme mit vielen Unbe-
kannten hinzu.

Beachtenswert ist aus Sicht der Koalition zudem, dass der
Abwägungsprozess zwischen dem Scheitern aufgrund der
ausufernden Kosten sowie der Nichtzulassung und dem
ohne Zweifel vorhandenem Fähigkeitshinzugewinn
(Schließen der Fähigkeitslücke) ständig auf der Ebene der
Projektleitung lag. Dies scheint aus heutiger Sicht nicht

Drucksache 17/14650 – 150 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

die richtige Entscheidungsebene zu sein. Wenigstens der
Präsident des ehemaligen BWB hätte in diesen Entschei-
dungsprozess eingebunden sein müssen, um im Sinne der
Fürsorge den nötigen Rückhalt für etwaige Entscheidun-
gen gegenüber dem Bundesministerium der Verteidigung
zu geben.

Die Projektleitung hat sich aus naheliegenden Gründen
stets zu Gunsten des Euro Hawk ausgesprochen. Erst als
die Kosten für eine Musterzulassung die Grenze von bis
zu 600 Mio. Euro zu überschreiten drohten – ohne das die
Musterzulassung wirklich verlässlich am Ende der Ent-
wicklung gestanden hätte – setzte ein Umdenken ein. Bis
dahin galt es, die Fähigkeitsanforderungen zu senken, die
Geldausgaben hingegen zu steigern. Aus Sicht der Koali-
tion ist dieser Umgang mit Steuergeldern jedoch nicht
verantwortbar.

Auch wenn Bundesminister a. D. Rudolf Scharping und
Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan in ihren Zeu-
genaussagen der Auffassung waren, dass das Schließen
der Fähigkeitslücke schwerer wiege als die steigenden
Kosten, stimmt die Koalition der Entscheidung von Bun-
desminister Dr. Thomas de Maizière, MdB, zu, die Seri-
enbeschaffung nicht auszulösen.

4. ISIS-Erprobung wird sinnvollerweise
fortgesetzt

Die Koalition stimmt Bundesminister Dr. Thomas de
Maizière, MdB, auch in seiner Bewertung zu, dass trotz
des zunehmend negativen Kosten-Nutzen-Verhältnisses
des Trägersystems die bisher erfolgreiche Erprobung des
Missionspakets ISIS entgegen steht. Eine erfolgreiche Er-
probung ist nur auf der Trägerplattform Euro Hawk mög-
lich und kann aufgrund der vorläufigen Verkehrszulas-
sung dort durchgeführt werden. Dieses Vorgehen ist
nachvollziehbar und richtig. Doch auch hier gilt, dass das
Bundesministerium der Verteidigung und insbesondere
die Leitung früher in den Entscheidungsprozess hätten
eingebunden werden müssen. Der erneute Alleingang bei
der Fortführung des Projektes Euro Hawk unter geänder-
ten Vorzeichen ist ebenso wenig akzeptabel wie die Ent-
scheidung im Februar 2010 als man die Musterzulassung
in die Serie verschob.

Die Koalition unterstützt die Entscheidung des Ministers,
den Prototypen zur Erprobung des ISIS-Systems zu nut-
zen, ohne in die Phase der Serienbeschaffung einzustei-
gen.

5. Serie wird sinnvollerweise nicht beschafft
Aus heutiger Sicht gab es keine realistische Chance für
eine Musterzulassung der Serie zu vertretbaren Rahmen-
bedingungen. Die IABG Studie geht von rd. 600 Mio.
Euro Mehrkosten für den Versuch einer Musterzulassung
aus, ohne diese letztendlich garantieren zu können. Die
Entscheidung der USA, die für den Euro Hawk vorgese-
henen Versionen des Global Hawk (Block 20/30) nicht
mehr zu nutzen hätte die Beschaffung von Ersatzteilen für
die Serie erschwert und die Kosten dafür in die Höhe ge-
trieben.

Nicht außer Acht gelassen werden darf bei einer abschlie-
ßenden Betrachtung die Tatsache, dass eine rein nationale
Missionsplanung erst ab dem Jahre 2017 hätte stattfinden
können. Mit anderen Worten: Mindestens bis 2017 hätten
die USA die Missionen der deutschen UAV geplant. Dies
kann nicht im Interesse Deutschlands sein.

Zusammenfassend: Ein UAV, welches über veraltete,
nicht mehr versorgbare Technik verfügt, keine realisti-
sche Perspektive auf eine Musterzulassung hat und nicht
der deutschen Planungshoheit unterliegt, ist aus den ge-
nannten nachvollziehbaren Gründen nicht zu beschaffen.
Eine anderslautende Entscheidung, wie von Bundes-
minister a. D. Rudolf Scharping während seiner Verneh-
mung durch den Untersuchungsausschuss präferiert,
hieße leichtfertig mit Steuergelden umzugehen. Der Nut-
zen für die Bundeswehr stünde in keinem vertretbaren
Verhältnis zu den Kosten.

6. Kein Schaden durch Entscheidung zur
Nichtauslösung der Serienbeschaffung

Hinsichtlich des Zeitpunkts der Entscheidung stützt die
Koalition die Position des Bundesverteidigungsministers
Dr. Thomas de Maizière, MdB. Zwar mahnt der Bundes-
rechnungshof bereits für das Jahr 2009 eine grundsätzli-
che Neubewertung an, räumt aber im selben Bericht ein,
dass die Leitung des Hauses nach Kenntnisnahme der
Schieflage im Entwicklungsprojekt Euro Hawk umge-
hend und richtig gehandelt habe.

Aus heutiger Sicht haben die Zeugeneinvernahmen
glaubhaft ergeben, dass man sich zunächst bemühte, alle
möglichen Lösungsansätze zu prüfen und zu bewerten,
bevor man ein Projekt dieser Dimension stoppt. Nur so ist
die Unterrichtung des zuständigen Staatssekretärs
Stéphane Beemelmans im Oktober 2012 zu erklären, der
zufolge der Testbetrieb mit einer vorläufigen Zulassung
ab Dezember 2012 beginnen könne und eine belastbare
Aussage zur Musterzulassung der Serie erst bis Ende
2012 möglich wäre.

Ein verfrühter Abbruch des Projektes wäre nicht sinnvoll
gewesen. Weder hätte das ISIS System unter Einsatzbe-
dingungen erprobt werden können, noch hätte man Erfah-
rung im Flugbetrieb mit einem HALE UAV gewinnen
können. Aus Sicht der Koalition ist im Zusammenhang
mit dem Nichtauslösen der Serienbeschaffung nicht von
einem Schaden zu sprechen. Vielmehr hat die Leitung des
Bundesministeriums der Verteidigung versucht, unter den
gegebenen Umständen noch den maximalen Nutzen zu
erlangen.

Aus dem ursprünglich bei Vertragsabschluss im Jahre
2007 avisierten Gesamtfinanzierungsbedarf von 371 Mio.
Euro für das Trägersystem und das ISIS System waren
die Kosten durch zahllose Verzögerungen und Ände-
rungsverträge auf rund 600 Mio. Euro angestiegen. Von
diesem Betrag hat der Bund noch 100 Mio. Euro anzu-
weisen.

Am Tag des Amtsantritts von Bundesminister
Dr. Thomas de Maizière, MdB, also Anfang 2011, waren
bereits über 85 Prozent der Gesamtsumme, das sind

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 151 – Drucksache 17/14650

565 Mio. Euro, abgeflossen oder gebunden. Diesen Be-
trag kann man ohne Zweifel als die Masse der Finanzmit-
tel bezeichnen.

Zu dem Zeitpunkt, als die Leitung des Bundesministe-
riums der Verteidigung Anfang 2012 über die Probleme
unterrichtet wurde, waren bereits 613 Mio. Euro abge-
flossen oder gebunden. Dies entspricht 93 Prozent der
Gesamtsumme. Ein Abbruch des Projekts zu diesem Zeit-
punkt hätte somit lediglich geringe haushalterische Ef-
fekte gehabt, ohne jedoch eine wirkliche finanzielle Ein-
sparung zu bringen.

Von dem genannten Betrag schlagen rund 360 Mio. Euro
für die Entwicklung und Erprobung des ISIS-Systems zu
Buche. Dieses Geld wäre bei einem verfrühten Abbruch
des Gesamtentwicklungsprogamms vergeblich aufge-
bracht worden. Die berechtigte Kritik des Bundesrech-
nungshofes wäre gewiss gewesen.

Somit wird deutlich, dass ein Abbruch des Entwicklungs-
projekts nicht nur keine finanzielle Ersparnis gebracht
hätte. Im Gegenteil: Die durch den Abbruch bedingte
Nichtvollendung des ISIS-Systems hätte einen signifikan-
ten finanziellen und technologischen Schaden ausgelöst.
Hätte man Schaden frühzeitig verhindern wollen, hätten
in der Projektierungsphase realistische Annahmen getrof-
fen und das gesamte Entwicklungsprojekt über den ge-
samten Entwicklungszeitraum qualitativ enger begleitet
werden müssen. Die einzige Schadensvermeidungsstrate-
gie im Zusammenhang mit dem Euro Hawk Projekt, wie
es sich heute darstellt, wäre die Nichtunterzeichnung der
Phasenpapiere und Verträge gewesen.

7. Richtige Schlussfolgerungen aus dem
Euro Hawk Entwicklungsprozess gezogen

Allen Entwicklungsvorhaben ist das Risiko des Schei-
terns immanent, z. B. weil die technologischen Forderun-
gen zu ambitioniert sind. Entscheidend scheint aber vor
dem Hintergrund der Erfahrungen mit dem Euro Hawk
das Risikomanagement, das auch immer die Zulassungs-
fragen von Beginn an einschließt.

Alle an der Entwicklung und Erprobung beteiligten Par-
teien sollten ein gemeinsames Verständnis über alle rele-
vanten Themen und Begriffe entwickeln, damit die Indus-
trie auch Kenntnis davon hat, was die Bundeswehr
wirklich benötigt.

Kostensteigerungen sollten nur im vertretbaren Rahmen
erfolgen. Die selbstverständliche Nachfinanzierung sollte
der Vergangenheit angehören. Für den Fall eines exorbi-
tanten Preisanstiegs müssen Ausstiegskriterien definiert
sein.

Dies ist auch der Herstellerseite zu kommunizieren, nur
so kann es zukünftig zu realistischeren Kosten- und Leis-
tungsangeboten kommen.

Im Falle des Euro Hawk haben alle Kontrollmechanis-
men, so sie denn im CPM 2001 vorgesehen waren, ver-
sagt.

Darum war es richtig, bei der Neuausrichtung der Bun-
deswehr das Beschaffungsverfahren zu reformieren. Die
Beschaffung und die Materialverantwortung im Rahmen
der (lebenslangen) Nutzung wurden im Bundesamt für
Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bun-
deswehr (BAAINBw) zusammengeführt. Damit ist si-
chergestellt, dass alle Protagonisten „an einem Tisch“ sit-
zen.

Der neue CPM nov. zeigt gegenüber dem CPM 2001 fol-
gende wesentliche Verbesserungen auf.

Die Schnittstellen wurden reduziert und die Verantwort-
lichkeiten klar definiert. Die Risikoanalyse erhält einen
höheren Stellenwert. Zu jedem Zeitpunkt des Planungs-
prozesses sind alternative Lösungen zu betrachten. Das
Controlling wird durch Zielvereinbarungen auf allen Ebe-
nen wesentlich verbessert. In den Integrierten Projekt-
teams wird die gesamte in der Bundeswehr vorhandene
Expertise unter einer Führung gebündelt. Wir begrüßen,
dass Bundesminister Dr. Thomas de Maizière, MdB, eine
Task Force eingesetzt hat, welche die im Zusammenhang
mit dem Euro Hawk festgestellten Mängel in der Fach-
aufsicht endgültig und dauerhaft beseitigt.

Gerade der Ansatz, dass mehrere Alternativen von Be-
ginn an zu betrachten sind, versetzt den Generalinspek-
teur erstmals in die Lage, die unter den jeweiligen Prä-
missen beste Lösung auszuwählen (Risiko/Kosten/
Nutzen-Analyse).

Die Koalition teilt die Auffassung des Ministers, dass mit
dem CPM nov. Fehlentwicklungen wie beim Euro Hawk
bereits in einer frühen Phase hätten vorgebeugt werden
können.

Dennoch besteht die Fähigkeitslücke im SLWÜA-Be-
reich nach wie vor, es muss sogar damit gerechnet wer-
den, dass diese Lücke aufgrund der Nichtbeschaffung des
Euro Hawk noch länger Bestand haben wird als ursprüng-
lich gedacht. Darum ist es wichtig, so schnell wie mög-
lich Alternativen zu betrachten, die in der Lage sind, das
ISIS-System ohne große Anpassentwicklung aufzuneh-
men. Die Planungen des Bundesministeriums der Vertei-
digung, dafür die in den Einzelplan 14 zum Bundeshaus-
halt eingestellten Beschaffungsmittel des Euro Hawk zu
nutzen, sind aus heutiger Sicht sinnvoll.

Sollte es zu weiteren Beschaffungsentscheidungen für
Drohnen kommen, müssen die Zulassungsvoraussetzun-
gen von Beginn der Entwicklung an definiert und geklärt
sein. Nur so kann einer möglichen Überdehnung des Fi-
nanzrahmens wirkungsvoll entgegengewirkt werden.

Die Teilnahme unbemannter Flugobjekte am allgemeinen
Luftverkehr muss auf Ebene der EU geregelt werden,
weil wir davon überzeugt sind, dass sich diese Art des
Fliegens in wenigen Jahren auch in der zivilen Fliegerei
etabliert haben wird.

Wir begrüßen, dass Bundesminister Dr. Thomas de
Maizière, MdB, die Frage der Zulassungsharmonisierung
bereits auf die Agenda der Europäischen Verteidigungs-
agentur (EDA) gebracht hat. Die EDA wird sich noch in

Drucksache 17/14650 – 152 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

diesem Jahr damit beschäftigen. Es ist erfreulich, dass
auch die EU sich mit diesem Punkt befassen wird.

Was die Zulassung von militärischen Luftfahrzeugen be-
trifft, begrüßt die Regierungskoalition ausdrücklich die
durch Bundesminister Dr. Thomas de Maizière, MdB, an-
geordnete Aufstellung einer zentralen militärischen Luft-
fahrtbehörde. Derart hoch komplexe Fragestellungen wie
die Zulassung zum Luftverkehr muss aus einer Hand ge-
regelt werden.

Eine weitere, in diesem Abschnitt nicht weiter ausge-
führte Schwäche des CPM 2001 war die Information des
Ministers selbst und die Information des Parlaments. Die
Untersuchung des Euro Hawk Entwicklungsprojekts hat
ergeben, dass der Minister gemäß den geltenden Regeln
zwar richtig (vorschriftsmäßig) informiert wurde, dies je-
doch vor dem Hintergrund der Bedeutung dieses Projekts
faktisch zu spät war. Darum begrüßt die Koalition aus-
drücklich die Anordnung des Ministers, das Informa-
tionsmanagement bei größeren Rüstungsvorhaben in
Form von regelmäßigen, anlasslosen Statusberichten an
den Minister zu verbessern. Auch ist zu begrüßen, dass
dabei die Probleme und Risiken sowie die Kostenent-
wicklung im Vordergrund zu stehen haben. Somit kann
ein verantwortungsvoller Umgang mit Steuermitteln zu-
künftig gewährleistet werden.

Die Koalition begrüßt ausdrücklich die Ankündigung des
Bundesverteidigungsministers, das Parlament ohne be-
sondere Nachfrage seitens des Bundestages, periodisch
den Verteidigungs- und Haushaltsausschuss mit einem
Bericht über die Sachstände der entsprechenden Rüs-
tungsprojekte zu informieren.

Wir sind davon überzeugt, dass Bundesminister
Dr. Thomas de Maizière, MdB, insgesamt die richtigen
Schlüsse aus dem Euro Hawk-Programm gezogen hat und
so die Chancen gut stehen, dass zukünftige Rüstungspro-
jekte einen besseren Verlauf nehmen.

III. Vertragsgestaltung
Die Beweisaufnahme hat zweifelsfrei ergeben, dass be-
reits lange vor Dienstantritt von Bundesverteidigungsmi-
nister Dr. Thomas de Maizière, MdB, das Projekt so aus-
gerichtet war, dass bei Ausbleiben einer Lösung für die
Serien-Musterzulassung eine dauerhafte Einsatzfähigkeit
des Euro Hawk nicht gegeben wäre. Dazu trägt vor allem
die Art und Weise der Vertragsgestaltung einen erhebli-
chen Anteil bei.

Nach dem sog. Phasendokument über eine „Abschlie-
ßende funktionale Forderung“ (AF), das am 27. August
2004 vom damaligen Staatssekretär Dr. Peter
Eickenboom gebilligt wurde, erhielt das BWB durch Er-
lass des Bundesministeriums der Verteidigung vom
16. September 2004 den Auftrag, die Projektierungsphase
einzuleiten. Die darin enthaltene Vorgabe, ausschließlich
die Teilhaber der in Gründung befindlichen EuroHawk
GmbH, nämlich EADS und Northrop Grumman, zum
Angebot aufzufordern, war richtig und konsequent. Es
wäre kein anderes Unternehmen in der Lage gewesen,
ohne erhebliche technische, finanzielle und zeitliche Risi-

ken die in der AF definierten Anforderungen an ein sol-
ches HALE-UAV-System zu verwirklichen (vgl. Zeuge
Stein, Sten. Prot. 4. Sitzung vom 23. Juli 2013 [vorläu-
fig], S. 121).

Richtig und im Einklang mit dem CPM 2001 war es, zu-
nächst nur einen „Full Scale Demonstrator“ (FSD) auf
Basis des Global Hawk als Entwicklungsziel in Auftrag
zu geben und es vom Ergebnis dieser Entwicklung abhän-
gig zu machen, ob im Anschluss die – kleine – Serie von
vier weiteren Plattformen Global Hawk bestellt würde.
Anderenfalls hätte man sich zu früh auf einen Weg festge-
legt, mit dem bewusst ein nicht risikofreies technologi-
sches Neuland betreten wurde. Zwar nahm man auf
Grund der vorangegangenen Analysen an, man werde das
Ziel erreichen. Es gab jedoch keine Garantie, wie sich
später bei dem Teilziel „Teilnahme am allgemeinen Luft-
verkehr“ zeigen sollte.

Richtig war es auch, ausdrücklich einen „Entwicklungs-
vertrag“ zu schließen. Dieser birgt zwar für den Auftrag-
geber das Risiko, dass er je nach Entwicklungsstand und
je nach Ergebnis der Zwischenschritte mancher Ergän-
zungen bedarf, was sich in der großen Zahl von Anlagen
zum Vertrag und diversen Vertragsänderungen zeigt. Dies
ist jedoch bei einem Entwicklungsvertrag hinzunehmen,
der einen großen Sprung in technologisches Neuland dar-
stellt. Der Zeuge Stein hat nicht zu Unrecht darauf hinge-
wiesen, dass nicht jede Entwicklung auch zur Beschaf-
fung führt. Am Ende werde immer die Frage
aufgeworfen, wie das Verhältnis von Kosten und Nutzen
sei. Er hat dazu einige überzeugende Beispiele benannt,
wie z. B. das Bodenüberwachungsradar (BÜR) (vgl.
Zeuge Stein, Sten. Prot. 4. Sitzung vom 23. Juli 2013
[vorläufig], S. 127).

Richtig war es schließlich, nicht alle Teile des Vertrages
der sog. Bemühensklausel zu unterwerfen. Unglücklich
war es jedoch, und zwar mit Folgen bis in die Gegenwart,
dass die Ausnahmen von der Bemühensklausel nicht hin-
reichend klar definiert wurden. Anderenfalls hätte nicht
nach der Entscheidung vom 13. Mai 2013 ein „renom-
miertes Anwaltsbüro“ (vgl. Zeuge Stein, Sten. Prot.
4. Sitzung vom 23. Juli 2013 [vorläufig], S. 121) mit der
Klärung der Frage beauftragt werden müssen, ob die
Nachweise für die Musterzulassung von der Bemühens-
klausel erfasst oder ausgenommen sind.

Völlig unverständlich ist der Umstand, dass bei den ver-
traglichen Regelungen betreffend die Musterzulassung
keine der vertragschließenden Parteien sich darüber klar
war, was die andere Seite jeweils darunter versteht und
welche Unterlagen dafür beizubringen sein würden. Es
gab keine begriffliche Klärung der Musterzulassung nach
US-Definition einerseits und der für eine Zulassung erfor-
derlichen Voraussetzungen in Deutschland andererseits.
Zwar handelt es sich hier um quasi technisch-administra-
tive Details, mit denen die Zulassungsprüfer besser ver-
traut sind als die Juristen. Gleichwohl wäre es Sache des
BWB gewesen, hier auf Klarheit zu dringen. Durch dieses
Versäumnis wurde den Beteiligten erst Jahre nach Ver-
tragsschluss klar, welchen zusätzlichen Aufwand die Er-
langung einer Musterzulassung als Voraussetzung für den

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 153 – Drucksache 17/14650

Dauerbetrieb eines Flugzeugmusters in sich barg. Damit
waren die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass das
Projekt zunehmend auf die schiefe Ebene geraten konnte
und letztlich die Serienbeschaffung gestoppt werden
musste.

Der Zeuge Stein datiert die Erkenntnis der Fachebene auf
deutscher Seite über schwerwiegende Probleme bei der
Musterzulassung der Serie in seiner Aussage auf Anfang
2010, als bei einer Besprechung in Manching auf
Fachebene entschieden worden sei, es für den FSD bei ei-
ner „Vorläufigen Verkehrszulassung“ (VVZ) zu belassen
und die Musterzulassung erst bei Erwerb der Serie und
für diese zu betreiben. Die Fachebene konnte sich dabei
auf die bereits oben skizzierte, 2004 in der Abschließen-
den funktionalen Forderung formulierte gedankliche
Trennung von Demonstrator und Serie in Fragen der Zu-
lassung abstützen. Zwar wurde die Entscheidung damals
im Februar 2010 mit den verschiedenen „Konfigurations-
zuständen“ von FSD und den späteren Serienmodellen
begründet, es lag darin jedoch auch ein Wegducken vor
einem sich abzeichnenden Problem größerer Bedeutung.
Es wurde nämlich erkennbar, dass Risiken aus der paral-
lelen Weiterentwicklung der Trägerplattform Global
Hawk durch die USA von Beginn an deutlich unterschätzt
wurden.

Nach Aussage des Zeugen Stein trat für ihn erst mit dem
Überführungsflug des FSD von den USA nach Deutsch-
land die Gesamtproblematik im Bereich der Musterzulas-
sung auf. Es sei klar geworden, dass die Musterzulassung
doch erheblich aufwendiger werden würde als angenom-
men (vgl. Zeuge Stein, Sten. Prot. 4. Sitzung vom 23. Juli
2013 [vorläufig], S. 127). Die US-amerikanische Seite
sah ihrerseits die deutsche Zulassungsproblematik als
nicht so schwerwiegend, insbesondere nach der vorläufi-
gen Zulassung für den FSD. Man hoffte wohl auch hier,
das Problem werde sich im Zeitablauf erledigen (vgl.
Zeuge Pamiljans, Sten. Prot. 6 Sitzung vom 29. Juli 2013
[vorläufig], S. 60/61).

In diesem Zusammenhang erwies es sich auch als Ver-
säumnis, den Umfang der Offenlegung technischer De-
tails nicht genauer vertraglich zu bestimmen (sog. Black-
Box-Problem). Auch die Frage, welche Informationen
unter die FMS-Regeln und die ITAR-Beschränkungen
fallen würden, war nicht hinreichend geklärt, weil man
auf deutscher Seite offenbar davon ausging, als bevorzug-
ter und vertrauenswürdiger Partner behandelt zu werden.
Das Thema der technischen Offenlegung war denn auch
für das BWB in dem Zeitpunkt [des Vertragsschlusses]
„nicht relevant“ (vgl. Zeuge Stein, Sten. Prot. 4. Sitzung
vom 23. Juli 2013 [vorläufig], S. 126). Als problematisch
erweist sich auch, dass der Ausgangsvertrag offenbar Un-
klarheiten hinsichtlich möglicher Schadensersatzansprü-
che enthält, die inzwischen durch die Anwaltskanzlei ge-
prüft werden.

Insgesamt zeigt sich, dass trotz einer gewissen Erfahrung
des BWB mit internationalen Verträgen und ausländi-
schen Partnern bei Verträgen mit einem Volumen wie
beim Entwicklungsvorhaben Euro Hawk die Einschal-
tung des sicherlich teuren externen Sachverstandes einer

international tätigen Kanzlei günstiger sein kann als die
Prüfung von Schadensersatzansprüchen nach Beendigung
des Projekts.

IV. Kenntnisstand des Bundesministers der
Verteidigung Dr. Thomas de Maizière, MdB

Nach Abschluss der Zeugenbefragung steht unzweifelhaft
fest, dass der Bundesminister der Verteidigung
Dr. Thomas de Maizière, MdB, in Bezug auf seinen
Kenntnisstand über lösbare oder unlösbare Probleme
beim Entwicklungsvorhaben Euro Hawk von Anfang an
die Wahrheit gesagt und richtig gehandelt hat. Es existiert
kein einziges Indiz, welches das Gegenteil belegt.

V. Befassung des Ministers mit dem
Entwicklungsvorhaben Euro Hawk

Richtig ist, dass der Minister nicht vor dem 13. Mai 2013
separat und umfassend mit dem Entwicklungsvorhaben
Euro Hawk befasst wurde. Vorher erreichte ihn weder
zum Gesamtprojekt selbst noch zu etwaigen Zulassungs-
problemen eine umfassende und eigenständige Informa-
tionsvorlage.

In Form von Gesprächsvorbereitungen und Hintergrund-
informationen erhielt er freilich mehrfach Hinweise auf
andauernde Arbeiten an Lösungen bestehender techni-
scher und rechtlicher Herausforderungen. Diese mussten
aber den Eindruck hinterlassen, dass es sich um lösbare
Fragestellungen handelt. Verstärkt wurde dieser Eindruck
durch die fortlaufende Unterrichtung, dass die zuständi-
gen Stellen an Lösungen für bestehende Probleme arbei-
ten. Ein deutlicher Beleg hierfür ist die E-Mail des Refe-
rats AIN V 5 an die Abteilungsleitung AIN V vom
11. März 2013, 14:22 Uhr1128, aus der hervorgeht, dass
die Fachebene unter Hinweis auf laufende Untersuchun-
gen zu Problemlösungen empfiehlt, konkrete Aussagen
über die Beschaffung der Serie Euro Hawk nicht zu täti-
gen. So musste beim Minister auch noch zu diesem Zeit-
punkt der Eindruck entstehen, dass sich das Vorhaben wie
geplant realisieren lässt.

Fest steht, dass auch in der Rückschau keine vorausei-
lende Holschuld des Ministers gegenüber den Fachabtei-
lungen im Haus bestand. Politische Führung muss sich
zum einen auf fachliche Expertise verlassen, zumal bei
komplizierten Themen wie Zulassungsfragen komplexer
Entwicklungsvorhaben. Zum anderen wurde mehrfach
von Seiten der Fachabteilung darauf aufmerksam ge-
macht, dass Problemstellungen einer ordentlichen Lösung
zugeführt werden. Dies änderte sich erst mit der Entschei-
dungsvorlage vom 13. Mai 2013. Erst hier wurde klar,
dass aufgrund der validierten Schätzung der Mehrkosten
für die Musterzulassung der Serie und nach Ausschluss
alternativer Zulassungswege die Probleme mit Blick auf
den gegebenen Kostenrahmen nicht mehr lösbar sind.
Diese Einschätzung wurde von allen beteiligten Stellen
des Bundesministeriums der Verteidigung geteilt und mit-
gezeichnet. Diese Vorlage stellte insofern eine erste be-

1128 MAT 17-80 BMVg zu BB 17-44, Vorlagen BM Ordner 1, S. 16.

Drucksache 17/14650 – 154 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

lastbare und sorgfältig vorbereitete Entscheidungsgrund-
lage dar, da im Vorfeld eine breite Beteiligung der
Fachebene sowie eine Zeichnung der Staatssekretäre so-
wie des Generalinspekteurs der Bundeswehr stattgefun-
den hat. Der Minister hat folgerichtig die Entscheidung
noch am selben Tag gebilligt.

Es hat sich gezeigt, dass der Minister genau dann im
Wege einer sorgfältig vorbereiteten Vorlage befasst
wurde, als die Risiken klar ausgearbeitet, gegeneinander
abgewogen und mit Lösungsmöglichkeiten versehen wur-
den. Eine qualitativ gleichwertige Unterrichtung lässt
sich im Flugzeug oder bei einem Glas Rotwein, wie vom
Zeugen Bundesminister a. D. Rudolf Scharping ins Ge-
spräch gebracht, nicht auch nur annähernd herstellen. Die
wesentlichen Vorzüge einer Vorlage sind, dass Fragestel-
lungen aufgrund der Mitzeichnungsvorschriften von allen
relevanten Akteuren aus allen möglichen Blickwinkeln
betrachtet werden und fachlich abschließend und umfas-
send bewertet sind. Probleme werden nicht nur eindimen-
sional benannt, sondern auch Lösungswege schlüssig auf-
gezeigt. In diesem Fall hat Bundesminister Dr. Thomas de
Maizière, MdB, folgerichtig entschieden, die Staatssekre-
tärsvorlage zu billigen, vom Einstieg in die Serienbe-
schaffung des Euro Hawk Abstand zu nehmen, da er die
rechtlichen, technischen und finanziellen Risiken auf-
grund der Entscheidungsvorlage vom 13. Mai 2013 um-
fassend gegeneinander abwägen konnte.

Alle vorangegangenen Informationen zum Entwicklungs-
vorhaben Euro Hawk, die den Bundesminister der Vertei-
digung vor dem 13. Mai 2013 etwa im Rahmen von Hin-
tergrundinformationen oder Gesprächsvorbereitungen
erreichten, hatten stets nur die Qualität, wie sie bei allge-
meinen Unterrichtungen von Sachständen üblicherweise
zu erwarten sind und waren nicht mehr als allgemeine
Zwischenstände.

Anhand des Terminkalenders des Bundesministers der
Verteidigung lassen sich die nachfolgenden Begebenhei-
ten identifizieren, zu denen er unter anderem mit dem
Entwicklungsvorhaben Euro Hawk befasst wurde.

Erstmals schriftlich wurde der Minister in einer Vorberei-
tung zu einem Gespräch am 31. August 2011 mit dem da-
maligen CEO von EADS, Herrn Louis Gallois und dem
damaligen CEO von Airbus, Herrn Thomas Enders, mit
dem Entwicklungsvorhaben Euro Hawk befasst. Damals
wurde ihm gegenüber formuliert, dass das Projekt Euro
Hawk zur Zufriedenheit der Fachabteilung voranschrei-
tet.1129 Eine weitergehende Information erfolgte nicht.

Das Entwicklungsvorhaben wurde neben anderen Punk-
ten auch im Rahmen der Rüstungsklausur am 1. März
2012 kurz thematisiert. Übereinstimmende Zeugenaussa-
gen haben bestätigt, dass bei dieser Gelegenheit auch das
Thema Zulassung kurz gestreift wurde. Zu diesem Zeit-
punkt wurden dem Minister gegenüber erstmals Probleme
hinsichtlich der Zulassung erwähnt. Sowohl der Leiter
der Abteilung Rüstung Detlef Selhausen als auch der da-

malige designierte Inspekteur der Luftwaffe Generalleut-
nant Karl Müllner versicherten dem Minister, dass an ei-
ner Lösung gearbeitet werde.1130 Eine tiefergehende
Erörterung fand nicht statt.

Ob bei einem für den 26. Juni 2012 angesetzten Jour Fixe
des Ministers mit den Fachsprecher der Koalitionsfraktio-
nen Elke Hoff, MdB (FDP), und Ernst-Reinhard Beck,
MdB (CDU/CSU), das Thema Euro Hawk zur Sprache
kam, konnte im Rahmen der Zeugeneinvernahme nicht
geklärt werden. Gleichwohl weist die dafür vorgelegte
Hintergrundinformation und Sprechempfehlung aus-
drücklich darauf hin, dass das Vorhaben weitgehend zu-
friedenstellend verlaufe.1131 Die gemachten Angaben zu
Fragen der Zulassung erschöpfen sich in allgemeinen
Hinweisen zur Komplexität des Themas. Auch dies ist ein
weiterer Beleg dafür, dass dem Minister nicht der Ein-
druck entstehen konnte, die Fachebene stünde vor un-
überwindbaren Hindernissen.

In einer ca. 60 Seiten umfassenden Vorlage für den An-
trittsbesuch des Bundesministers der Verteidigung bei der
Firma Cassidian in Manching am 10. Dezember 20121132
ist auf Probleme beim Euro-Hawk-Projekt hingewiesen
worden. Wie in früheren Vorlagen wurden diese jedoch
weiterhin als lösbar und in Bearbeitung dargestellt. Beim
Firmenbesuch selbst war das Thema Euro Hawk ausweis-
lich der Zeugeneinvernahme1133 nicht dezidiert Ge-
sprächsgegenstand. Es ging lediglich um allgemeine Fra-
gen der Zulassung von unbemannten Luftfahrzeugen, wie
die Zeugen Gerwert und de Maizière übereinstimmend
glaubhaft versicherten.

Anlässlich eines Gesprächs mit den Haushaltsberichter-
stattern der Koalitionsfraktionen zum Einzelplan des
Bundesministeriums der Verteidigung am 14. März 2013
erreichte den Minister eine von den Staatssekretären mit-
gezeichnete, umfangreiche Gesprächsvorbereitung der
zuständigen Fachabteilung AIN I 4. Darin findet sich un-
ter anderem auch ein Sachstand sowie eine Sprechemp-
fehlung zum Entwicklungsvorhaben Euro Hawk. Ferner
umfasste die Vorlage unter anderem Informationen bei-
spielsweise zum Projekt EAGLE V/AMPV, zu einer
Überbrückungslösung und Entwicklung einer Nachfolge
der HERON 1 sowie zur Veteranenpolitik der Bundes-
wehr. Die Fachebene hat die Schwierigkeiten beim Ent-
wicklungsvorhaben Euro Hawk der politischen Leitung
gegenüber auch in diesem Fall als lösbar dargestellt, ver-
sehen mit dem Hinweis einer baldigen separaten Vorlage
zur Entscheidung. Angesichts dieser Ankündigung be-
stand für den Minister auch zu diesem Zeitpunkt keine
Veranlassung, in laufende Prozesse, die ohnehin kurz vor
dem Abschluss standen, einzugreifen. Dieser Eindruck
wurde durch die bereits oben erwähnte Bitte der Fachab-
teilung, konkrete Aussagen zur Beschaffung der Euro-

1129 Protokoll-Nr. 8. S. 10.

1130 Protokoll-Nr. 8. S. 21.
1131 MAT 17-73 zu BB 17-48, Ordner 0, StS Beemelmans, S. 3 ff.
1132 MAT 17-59 BMVg zu BB 17-38, Ordner 1, S 1.
1133 Vgl. hierzu Protokoll-Nr. 6. S. 35 ff sowie im gleichen Tenor Proto-

koll-Nr. 8. S. 12 f.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155 – Drucksache 17/14650

Hawk-Serie mit Blick auf die in Arbeit befindliche Ent-
scheidungsvorlage nicht zu tätigen, noch verstärkt.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass dem Bun-
desminister der Verteidigung Dr. Thomas de Maizière,
MdB, im Laufe seiner Amtszeit bis zum 13. Mai 2013 in
allen thematisch einschlägigen Vorlagen die Herausforde-
rungen beim Entwicklungsvorhaben Euro Hawk stets als
lösbar dargestellt wurden, verbunden mit dem stetigen
Hinweis, die zuständigen Fachabteilungen und befassten
Stellen arbeiteten an Lösungen. Eine umfassende, vali-
dierte, eigenständige Vorlage zur Entscheidung wurde für
das zweite Quartal 2013 angekündigt. Der Minister hatte
daher folgerichtig keine Veranlassung, an den ihm gegen-
über gemachten Darstellungen zu zweifeln, geschweige
denn eine eigenständige Neubewertung, losgelöst von der
Expertise seiner Fachabteilungen, vorzunehmen.

1. Verantwortung der Staatssekretärsebene
im Bundesministerium der Verteidigung

Der für Rüstungsfragen zuständige Staatssekretär im
Bundesministerium der Verteidigung Stéphane
Beemelmans hat bei seiner Zeugeneinvernahme glaubhaft
versichert, dass er Bundesverteidigungsminister Dr.
Thomas de Maizière, MdB, einzig am 13. Mai 2013 mit
den unlösbaren Problemen im Zusammenhang mit dem
Projekt Euro Hawk befasst hat.1134 Dies geschah, als fest-
stand, dass das Projekt unter den politisch beschlossenen
Bedingungen nicht mehr realisierbar war. Dieses Vorge-
hen von Staatssekretär Stéphane Beemelmans steht im
Einklang mit der Geschäftsordnung des Ministeriums,
dem Dresdner Erlass, und ist sachgerecht.

Nach dem Dresdner Erlass führen die Staatssekretäre die
ihnen zugewiesenen Geschäftsbereiche im Verteidigungs-
ministerium eigenverantwortlich. Das Verhalten des
Staatssekretärs Stéphane Beemelmans hat gezeigt, dass er
die neue Verantwortlichkeit, die durch die Neuausrich-
tung der Bundeswehr initiiert wurde, verinnerlicht hat.
Anstatt den Minister in regelmäßigen Abständen mit
Wasserstandsmeldungen zu Problemen zu konfrontieren,
wurde Minister de Maizière im Wege einer Vorlage be-
fasst, als die Risiken klar ausgearbeitet, gegeneinander
abgewogen und mit den Lösungsmöglichkeiten versehen
waren.

Die Staatssekretärsebene war in der Amtszeit von Dr.
Thomas de Maizière, MdB, als Bundesminister der Ver-
teidigung entsprechend ihren Verantwortlichkeiten im
Verlauf des Entwicklungsvorhabens Euro Hawk mit di-
versen Vorlagen befasst.

Einen ersten Meilenstein stellt dabei die Vorlage vom
10. Oktober 2011 zur Beschaffung der Langläuferbauteile
und zur Produktion der vier Serienluftfahrzeuge ab Mitte
2013 dar. Darin wurde der Wunsch der Abteilung Rüs-
tung als Fachabteilung artikuliert, einen entsprechenden
Vertragsschluss durch die Staatssekretäre billigen zu las-
sen. Staatssekretär Rüdiger Wolf hat am 24. Oktober 2011

und Staatssekretär Stéphane Beemelmans am 26. Oktober
2011 die Vorlage zurückgewiesen und richtigerweise die-
sem Wunsch nicht entsprochen. Im Sinne der Risikomini-
mierung wurde vielmehr entschieden, keine kostenpflich-
tigen Maßnahmen im Hinblick auf den Einstieg in die
zweite Stufe des Euro-Hawk-Vorhabens einzuleiten, be-
vor Sicherheit über den Abschluss der Entwicklungs-
phase besteht. Eine Befassung des Ministers war an die-
ser Stelle weder notwendig noch angezeigt.

Eine umfassende Darstellung der technischen, zeitlichen
und finanziellen Risiken zur Erlangung einer Musterzu-
lassung beinhaltete erstmals die Vorlage an Staatssekretär
Stéphane Beemelmans vom 8. Februar 2012. Auch für
dieses Schriftstück gilt, dass darin explizit darauf hinge-
wiesen wurde, dass die fachlich zuständigen Stellen an
Lösungsvorschlägen in Form einer Leitungsvorlage ar-
beiten. In der Gesamtbetrachtung stellte sich das Ent-
wicklungsvorhaben Euro Hawk in dieser Vorlage nach
wie vor als realisierbar dar. Zur Erstellung der angekün-
digten Vorlage sollten auch die Führungsstäbe Streit-
kräfte, Luftwaffe sowie die Abteilung Haushalt eingebun-
den werden. Zudem wurde eine Arbeitsgruppe gegründet.
Die Fachabteilungen zeigten sich zuversichtlich, gemein-
sam einen alternativen Weg der Zulassung zu finden. In-
sofern war eine Information an den Minister vor diesem
Hintergrund nicht angezeigt und ist folgerichtig nicht er-
folgt.

Ein Gespräch mit dem CEO von Cassidian, Herrn
Bernhard Gerwert, am 27. September 2012 nahm Staats-
sekretär Stéphane Beemelmans richtigerweise zum An-
lass, die Abteilung AIN mit der kurzfristigen Erstellung
eines Sachstandberichts zur Zulassungsproblematik des
Full Scale Demonstrators (FSD) zu beauftragen. Hinter-
grund hierfür war die Aussage von Herrn Gerwert, der
FSD stünde technisch flugbereit in Manching, dürfe je-
doch mangels entsprechender Zulassungspapiere nicht
fliegen. Am 1. Oktober 2012 teilte die Abteilung AIN
mit, dass eine Vorläufige Verkehrszulassung für den FSD
angestrebt und die alternativen Zulassungswege für die
Serienluftfahrzeuge einer fortgesetzten Prüfung unterzo-
gen werden. Über das Ergebnis der Prüfung können erst
frühestens Ende 2012 Aussagen getroffen werden. Staats-
sekretär Stéphane Beemelmans entschied daraufhin, dass
bis spätestens 2012 Klarheit über die Zulassungsfähigkeit
der Serie herrschen müsse und ihm ein Vorschlag zum
weiteren Verfahren zu unterbreiten sei. Mit dieser Ent-
scheidung bewegte sich Staatssekretär Stéphane
Beemelmans vollständig im ihm durch den Dresdner Er-
lass zugebilligten Regelungsbereich. Eine Befassung des
Ministers war aufgrund der Sachlage weder angezeigt
noch notwendig.

Die von Staatssekretär Stéphane Beemelmans angefor-
derte Vorlage mit Vorschlägen zum weiteren Verfahren
stellt dann auch einen wesentlichen Meilenstein dar. Mit
Schriftsatz vom 20. Dezember 2012 erreichten die politi-
sche Leitung des Ministeriums in Person der Staatssekre-
täre erstmals validierte Informationen darüber, dass die
Musterzulassung für die Serie aufgrund des zu erwarten-
den finanziellen Mehraufwands von zusätzlich bis zu 1134 Protokoll-Nr. 7. S. 7.

Drucksache 17/14650 – 156 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

600 Mio. Euro – und damit mithin einer Verdoppelung
der Gesamtkosten – als unrealistisch zu bewerten sei. Zu-
dem wurde klar gestellt, dass alternative Zulassungsmög-
lichkeiten aus Sicht des Nutzers Luftwaffe nicht akzepta-
bel und der Einstieg in die Beschaffung der Euro-Hawk-
Serie daher nicht weiter zu verfolgen sei. Dieser Lage-
beurteilung schloss sich Staatssekretär Stéphane
Beemelmans am 7. Januar 2013 richtigerweise an, indem
er die Vorlage abzeichnete und mit der Bitte um Erstel-
lung einer umfassenden, die Alternativen beleuchtenden
Entscheidungsvorlage zurückverfügte. Diese Entschei-
dungsvorlage sollte bis zum 31. März 2013 erarbeitet
werden.

Die Vorlage vom 20. Dezember 2012 offenbarte eine
neue Qualität an Problemstellungen. Aufgrund der dort
zum Ausdruck gebrachten mehrdimensionalen Risiko-
kombination war eine Schwelle erreicht, die – auch nach
den Bestimmungen des Dresdner Erlasses – eine Unter-
richtung des Bundesministers der Verteidigung notwen-
dig gemacht hätte. Für die Nichtbefassung des Ministers
zu diesem Zeitpunkt hat Staatssekretär Stéphane
Beemelmans im Rahmen seiner Befragung die alleinige
Verantwortung übernommen.1135

Am 10. Mai 2013 billigte Staatssekretär Stéphane
Beemelmans zwei Entscheidungsvorlagen, die vorher be-
reits von Staatssekretär Rüdiger Wolf und dem Generalin-
spekteur der Bundeswehr, General Volker Wieker, ge-
zeichnet wurden. Staatssekretär Stéphane Beemelmans
entschied unter der Maßgabe, die Beschaffung der Euro-
Hawk-Serie nicht weiter zu verfolgen, die Weiternutzung
des SIGINT-Moduls anzustreben und dafür den Erpro-
bungsflugbetrieb bis zum 30. September 2013 fortzuset-
zen. Die von Staatssekretär Stéphane Beemelmans da-
raufhin am 13. Mai 2013 veranlasste Befassung des
Bundesministers der Verteidigung war richtig und steht
im Einklang mit der Geschäftsordnung des Ministeriums
sowie mit den Bestimmungen des Dresdner Erlasses. Zu
diesem Zeitpunkt bedurfte es einer Grundsatzentschei-
dung über die Fortführung des Gesamtprojekts Euro
Hawk und zum SIGINT-Modul. Mittlerweile war das
Kostenrisiko so präzise beschrieben, dass die Fortsetzung
des Projekts unter den ursprünglichen Bedingungen nicht
mehr realistisch war. Zudem wurde in Zusammenarbeit
aller betroffenen Abteilungen nach neuen Wegen der
Schließung der Fähigkeitslücke gesucht. Dies waren so
entscheidende Veränderungen im Projekt, dass sie eine
Befassung des Ministers nötig machten. Alle vorangegan-
genen Informationen an den Minister hatten immer nur
die Qualität wie sie bei allgemeinen Unterrichtungen von
Sachständen üblich ist: nicht mehr als allgemeine Zwi-
schenstände.

2. Angeblicher Informationsstand der
politischen Leitung des Bundes-
ministeriums der Verteidigung

Im Laufe der Beweisaufnahme wurden zwei Beweis-
stücke vorgelegt, die einen angeblichen, über den oben
skizzierten Informationsstand der politischen Leitung hi-

nausgehenden Kenntnisstand dokumentieren sollten. In
beiden Fällen hat sich jedoch eindeutig herausgestellt,
dass diese Unterstellung nicht zutrifft.

a) E-Mail des Abteilungsleiters Rüstung an
das Büro von Staatssekretär Beemelmans
vom 19. Januar 20121136

Im Umgang mit der E-Mail ist Staatssekretär Stéphane
Beemelmans kein fehlerhaftes Verhalten vorzuwerfen.
Eine Information des Ministers über die Existenz oder
den Inhalt der Nachricht war zu diesem Zeitpunkt weder
angezeigt noch notwendig.

In der E-Mail werden mehrere Entwicklungsprojekte an-
gesprochen. Bezogen auf das Entwicklungsvorhaben
Euro Hawk heißt es dort unter anderem, dass sich eine
dramatische Kostenexplosion abzeichne. Der Verfasser
führt jedoch gleichzeitig aus, dass diese Schätzung der
vermeintlichen zusätzlichen Kosten zunächst noch durch
ihn und weitere Experten validiert werden müsse. Es ist
daher schlüssig und sinnvoll, dass Staatssekretär
Stéphane Beemelmans zunächst auf das Ergebnis der ein-
gehenden Überprüfung der Kostenschätzung gewartet
hat.

Das Prüfungsergebnis wurde in Form der bereits themati-
sierten Vorlage vom 8. Februar 2012 übersandt und stellt
insofern die nachträgliche Erfüllung der in der E-Mail an-
gekündigten Vorlage dar. Auch für das Schriftstück vom
8. Februar 2012 gilt, dass darin ausdrücklich darauf hin-
gewiesen wurde, dass die fachlich zuständigen Stellen an
Lösungsvorschlägen in Form einer Leitungsvorlage ar-
beiten.

b) Paraphe auf der Informationsvorlage an
den Abteilungsleiter Rüstung vom
3. Januar 20131137

Die Zeugeneinvernahme des Abteilungsleiters Rüstung
Detlef Selhausen hat zweifelsfrei verdeutlicht, dass der
Bundesminister der Verteidigung entgegen dem Wortlaut
der Paraphe keine Entscheidungsvorlage beauftragt hat.

Mit der in Rede stehenden Formulierung „Der Minister
erwartet bekanntermaßen zum 31. März 2013 (Eingang
bei ihm) eine Entscheidungsvorlage mit klarer Aussage
zur Zulassungsfähigkeit.“ wollte der Verfasser nach eige-
nen Angaben dem von Staatssekretär Stéphane
Beemelmans eingeforderten Klärungsbedarf Nachdruck
verleihen. Er hat eingeräumt, davon auszugehen, dass
Staatssekretär Stéphane Beemelmans auf dem Dienstweg
entscheiden werde, ob der Bundesminister mit der Vor-
lage zu befassen sei. Die nicht autorisierte Bezugnahme
auf den Minister stellte für den Abteilungsleiter Rüstung
einen Weg dar, seinem eigenen Anliegen Nachdruck zu
verleihen. Dieses Vorgehen ist kritikwürdig, da es nicht

1135 Protokoll-Nr. 7. S. 93.

1136 MAT 17-73 BMVg zu BB 17-48, Ordner 1, StS Beemelmans,
S. 110.

1137 MAT 17-78 A BMVg zu BB 17-52, AIN V 5, Ordner 66, S. 79.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 157 – Drucksache 17/14650

statthaft ist, den Namen des Ministers für einen Auftrag
zu verwenden, den dieser nicht erteilt hat.

VI. Verantwortlichkeiten des Bundesministers
der Verteidigung

Der von Teilen der Opposition erhobene Vorwurf, der
Bundesminister der Verteidigung Dr. Thomas de
Maizière, MdB, habe vor dem Verteidigungsausschuss
gelogen, ist absurd und verantwortungslos. Der Minister
hat, wie der Untersuchungsausschuss deutlich ergeben
hat, von Anfang an die Wahrheit gesagt.

Am 5. Juni führte Bundesminister Dr. Thomas de
Maizière, MdB, vor dem Ausschuss unter anderem aus:

„Von Zulassungsproblemen habe ich erstmals im
Rahmen einer allgemeinen Besprechung zu vie-
len Rüstungsvorhaben am 1. März 2012 gehört.
Sie wurden mir gegenüber in dieser Besprechung
als lösbar dargestellt. [Es handelte sich um die
sog. Rüstungsklausur, Anm.]“1138

Daraus wurde die Behauptung des Ministers konstruiert,
er habe zwischen dem Termin im März 2012 und Mai
2013 keinerlei Informationen über den Fortgang des Pro-
jekts Euro Hawk erhalten. Es gab kaum einen Politiker
der Opposition, der nicht mit dem Vorwurf der Lüge han-
tiert hätte, auch außerhalb des von der Indemnität erfass-
ten Bereichs des Bundestages und seiner Ausschüsse
(vgl. statt aller Reuter vom 7. Juni 2013, 11:24 Uhr und
Reuter vom 8. Juni 2013, 13:44 Uhr).

„Nach dieser Aussage ist in der Öffentlichkeit der
unzutreffende Eindruck entstanden, ich sei zwi-
schen der Rüstungsklausur im März 2012 und
dem 13. Mai 2013 nie über Probleme beim Euro
Hawk unterrichtet worden. Nachdem dieser nicht
zutreffende Eindruck entstanden war, habe ich im
Verteidigungsausschuss bereits in der nächsten
Sitzung (…) und in öffentlichen Einlassungen be-
reits selbst klargestellt, dass ich durchaus über
Probleme unterrichtet wurde, diese aber stets als
lösbar dargestellt wurden.1139

Der Minister hat eingeräumt, dass seine Formulierung
möglicherweise missverständlich gewesen sei und hat be-
reits in der Sitzung des Verteidigungsausschusses vom
10. Juni die Dinge klargestellt. In seiner Vernehmung
durch den Untersuchungsausschuss am 31. Juli 2013 hat
er erneut betont, dass er natürlich im Zusammenhang mit
Terminen bei EADS, Cassidian, den Haushaltsberichter-
stattern usw. (vgl. Teil B Kap. IV) von Problemen mit der
Zulassung Kenntnis gehabt habe, aber immer verbunden
mit dem Hinweis, man arbeite an einer Lösung und werde
eine Entscheidung vorbereiten (vgl. Sten. Prot.[vorl.],
8. Sitzung am 31. Juli 2013, S. 10). Dies bestätigend hat
Staatssekretär Stéphane Beemelmans bei seiner Zeugen-
einvernahme glaubhaft versichert, dass er Bundesvertei-
digungsminister Dr. Thomas de Maizière, MdB, einzig

am 13. Mai 2013 mit den unlösbaren Problemen im Zu-
sammenhang mit dem Projekt Euro Hawk befasst habe.

Dem widersprechen auch nicht die von Bundesminister
de Maizière, MdB, im Rahmen eines Redaktionsgeprächs
beim Donaukurier geäußerten Einschätzungen zum Ent-
wicklungsvorhaben Euro Hawk. Der Minister hat klar ge-
stellt, dass seine Aussage auf Hintergrundinformationen
beruhte, wie er sie am 1. März 2012 im Rahmen einer all-
gemeinen Besprechung zu vielen Rüstungsvorhaben so-
wie auch später erhalten hatte.

Dem Bundesverteidigungsminister wurde im Laufe seiner
Vernehmung vorgeworfen, er habe sich nicht hinreichend
persönlich um das Projekt gekümmert. Dies hat der
Minister in seinen Antworten auf die Fragen der Abg.
Arnold und Spatz hinreichend beantwortet. vgl. Sten.
Prot.[vorl.], 8. Sitzung am 31. Juli 2013, S. 59/60). Es er-
gibt sich auch in der Rückschau keine vorauseilende Hol-
schuld des Ministers gegenüber den Fachabteilungen im
Haus. Der Minister bearbeitet nicht die Musterzulassung.
Wenn ein Problem ansteht und die Leitung unterrichtet
wird, hat diese sich um den Fortgang zu kümmern. Dies
hat sie ausweislich des BRH-Berichts getan, bis der Zeit-
punkt für eine Entscheidung gereift war – und dann hat
sie entschieden.

Der Minister hat selber erklärt, dass er sich zwar zu spät
informiert sah, als Staatssekretär Stéphane Beemelmans
die Entscheidung zur Kenntnis gab, von der Bestellung
der Serie Abstand zu nehmen.

Dennoch hat der Minister richtig gehandelt. Nach dem
sog. Dresdner Erlass vom 21. März 2012 führen die
Staatssekretäre die ihnen zugewiesenen Geschäftsberei-
che im Bundesministerium der Verteidigung eigenverant-
wortlich. Dort heißt es unter Ziff. I.1. unter anderem:

„Dem Bundesminister der Verteidigung sind ne-
ben Entscheidungen, die ihm Gesetze und oder
sonstige Vorschriften zuweisen, abschließende
Entscheidungen über folgende Angelegenheiten
seines Geschäftsbereichs vorbehalten:

– Fragen von grundsätzlicher oder politisch be-
sonderer Bedeutung;

[…].“

In Ziff. I. 4. heißt es:

„Die Staatssekretäre […]. Sie entscheiden in Ver-
waltungs- und entsprechenden militärischen An-
gelegenheiten in der Regel abschließend […].“

Aus heutiger Sicht handelte es sich um eine Angelegen-
heit von besonderer politischer Bedeutung. Andererseits
gehört sie auch zu den Entscheidungen, wie sie unter I.4.
genannt sind. Hier hätte man vielleicht von den Staatsse-
kretären ein wenig mehr Gespür für die politische Brisanz
dieser Angelegenheit erwarten können, wie dies auch in
den Aussagen des Staatssekretärs Stéphane Beemelmans
vor dem Untersuchungsausschuss zum Ausdruck kam.

Dennoch war der Minister in der Lage, die abschließende
Entscheidung vom Einstieg in die Serienbeschaffung des

1138 Protokoll-Nr. 8. S. 10.
1139 Protokoll-Nr. 8. S. 10.

Drucksache 17/14650 – 158 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Euro Hawks Abstand zu nehmen, am 13. Mai 2013 zu
billigen. Er wurde mit einer Vorlage befasst, in der die Ri-
siken sauber ausgearbeitet, gegeneinander abgewogen
und mit den Lösungsmöglichkeiten versehen wurden.

VII. Lessons learned
Die Untersuchungen haben deutlich gemacht, dass die
wesentlichen Fehler, aufgrund derer das Projekt zuneh-
mend auf die schiefe Bahn geriet, bereits weit vor der
Amtsübernahme durch Bundesminister Dr. Thomas de
Maizière, MdB, gemacht wurden. Gleichwohl ist die Auf-
arbeitung des gescheiterten Entwicklungsvorhabens be-
reits in vollem Gange. Die identifizierten Schwachstellen
werden zum Teil bereits einer Lösung zugeführt oder es
wird an einer solchen gearbeitet.

1. „Waffengleichheit bei Vertragsschluss“
Das Bundesministerium der Verteidigung wäre gut bera-
ten, bei künftigen Vertragsverhandlungen dieser Größen-
ordnung bereits vor Vertragsschluss „Waffengleichheit“
herzustellen und sich durch externen Sachverstand bera-
ten zu lassen. Der Vertragsschluss zum Entwicklungspro-
jekt Euro Hawk hat gezeigt, dass trotz einer gewissen Er-
fahrung des BWB mit internationalen Verträgen und
ausländischen Partnern bei Verträgen mit einem Volumen
wie dem über den FSD, die Beiziehung des externen
Sachverstandes einer international tätigen Kanzlei günsti-
ger gewesen wäre als die ex post-Prüfung von Schadens-
ersatzansprüchen nach Beendigung des Projekts.

2. Gemeinsames Verständnis entwickeln
Zudem sollten bei multinationalen Projekten Fragen des
Informationsaustausches vertraglich besser abgesichert
und bereits bei Vertragsschluss eindeutig geregelt wer-
den. Dazu gehört auch, dass alle an der Entwicklung und
Erprobung beteiligten Parteien ein gemeinsames Ver-
ständnis über alle relevanten Themen und Begriffe ent-
wickeln, damit die Industrie auch Kenntnis von den tat-
sächlichen Ansprüchen der Bundeswehr und des
Bundesministeriums der Verteidigung hat.

3. CPM [nov.] ist ein wichtiger Markstein,
bedarf aber der weiteren Optimierung

Die Koalition teilt die Auffassung von Bundesminister
Dr. Thomas de Maizière, MdB, dass mit dem CPM nov.
Fehlentwicklungen wie beim Euro Hawk bereits in einer
frühen Phase hätte begegnet werden können.

Das durch die Neuausrichtung der Bundeswehr refor-
mierte und für den Ausrüstungs- und Nutzungsprozess
maßgebliche Verfahren des „Customer Product Manage-
ment [novelliert]“ (CPM nov.) stellt eine wesentliche Ver-
besserung gegenüber den früheren Versionen des CPM
dar. Durch ihn werden die Voraussetzungen geschaffen,
die für die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr erforderliche
Ausrüstung zeit- und kostengerecht bereitzustellen und
im Rahmen des integrierten Planungsprozesses die Berei-
che Haushalt und Controlling zusammenzuführen. Da-
durch werden Schnittstellen reduziert und die Verantwort-

lichkeiten klar definiert. Die Risikoanalyse erhält einen
höheren Stellenwert. Zu jedem Zeitpunkt des Planungs-
prozesses sind alternative Lösungen umfassend zu be-
trachten. Das Controlling wird durch Zielvereinbarungen
auf allen Ebenen wesentlich verbessert. In den Integrier-
ten Projektteams wird die gesamte, in der Bundeswehr,
vorhandene Expertise unter einer Führung gebündelt. Zu-
dem erhält der Generalinspekteur der Bundeswehr die
Möglichkeit, zwischen mehreren Alternativen mit abge-
stuftem Realisierungsrisiko und abgestuften Fähigkeiten
wählen zu können.

Dieser Ansatz muss weiter optimiert und auf die Integra-
tion möglicher Frühwarn-Mechanismen untersucht wer-
den. So kann die politische Leitung des Ministeriums frü-
her und enger in die Entscheidungsabläufe eingebunden
werden, als dies bisher der Fall gewesen war. Entwick-
lungsvorhaben ist das Risiko des Scheiterns immanent,
z. B. weil die technologischen Forderungen zu ambitio-
niert sind. Vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit dem
Euro Hawk ist für die Zukunft zusätzlich die Etablierung
eines Risikomanagements angezeigt, das z. B. auch Fra-
gen der Zulassung von Beginn an mit einschließt. Sollte
es zu weiteren Beschaffungsentscheidungen für Drohnen
kommen, müssen die Zulassungsvoraussetzungen von
Beginn der Entwicklung an definiert und nach Möglich-
keit vor Vertragsschluss geklärt sein. Nur so kann eine
mögliche Überdehnung des Finanzrahmens wirkungsvoll
verhindert werden.

Wir begrüßen, dass Bundesminister Dr. Thomas de
Maizière, MdB, eine Task Force eingesetzt hat, um die im
Zusammenhang mit dem Euro Hawk festgestellten Män-
gel in der Fachaufsicht endgültig und dauerhaft zu besei-
tigen.

Zudem unterstützen wir die bereits angekündigte Etablie-
rung regelmäßiger und anlassloser Unterrichtungen des
Ministers zu Rüstungsprojekten. Eine weitere Schwäche
des CPM 2001 war die Information des Ministers und die
Information des Parlaments. Die Untersuchung des Euro
Hawk Entwicklungsprojekts hat ergeben, dass der Minis-
ter gemäß den geltenden Regeln zwar vorschriftsmäßig
informiert wurde, dies jedoch vor dem Hintergrund der
Bedeutung dieses Projekts für die Bundeswehr faktisch
zu spät erfolgte. Darum begrüßt die Koalition ausdrück-
lich die Anordnung des Ministers, das Informationsma-
nagement bei größeren Rüstungsvorhaben in Form von
regelmäßigen, anlasslosen Statusberichten an den Minis-
ter zu verbessern. Auch ist zu begrüßen, dass dabei die
Probleme und Risiken sowie die Kostenentwicklung im
Vordergrund zu stehen haben. Somit ist ein verantwor-
tungsvoller Umgang mit Steuermitteln zukünftig besser
gewährleistet.

4. Projekt-Controlling verbessern
Das Entwicklungsvorhaben Euro Hawk hat gezeigt, dass
auch der Bereich des Projekt-Controllings weiter verbes-
sert werden muss. Hier könnte die Empfehlung des Bun-
desrechnungshofes aufgegriffen und geprüft werden. Der
Rechnungshof hat dem Bundesministerium der Verteidi-
gung empfohlen, für Großprojekte Organisationseinhei-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 159 – Drucksache 17/14650

ten zu schaffen, die in der Lage sind, Projektrisiken unab-
hängig von der Einschätzung der am Projekt beteiligten
Stellen zu bewerten. Projektrisiken könnten zudem auch
durch eine externe fachliche Stelle geprüft werden.

5. Aufstellung des BAAINBw („Protagonisten
an einem Tisch“)

Mit der vorgezogenen Errichtung des neuen Bundesamtes
für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der
Bundeswehr (BAAINBw) im Herbst 2012 wurde bereits
ein wichtiger Meilenstein erreicht, um die maßgeblichen
Protagonisten an einen Tisch zu holen. Dadurch wurden
die Beschaffung und die Materialverantwortung im Rah-
men der Nutzung in einem zentralen Amt zusammenge-
führt. Damit ist die Verantwortung für Produkte und
Dienstleistungen über den gesamten Lebenszyklus eines
Systems hin in einem einzigen – zivil und militärisch
durchmischten – Organisationsbereich erstmals zusam-
mengefasst. Die Organisationsstruktur, Verantwortlich-
keiten, Meldewege sowie die Personalstruktur sollten je-
doch, gerade vor dem Hintergrund der gemachten
Erfahrungen mit dem Entwicklungsvorhaben Euro Hawk,
abermals geprüft und auf ihre Leistungsfähigkeit hin un-
tersucht werden.

6. „Man muss auch mal Nein sagen können“/
Ausstiegskriterien definieren

Bundesminister Dr. Thomas de Maizière, MdB, hat mit
seiner Entscheidung deutlich gemacht, dass nicht jede
Kostensteigerung bei Entwicklungs- oder Beschaffungs-
vorhaben ohne weiteres nachfinanziert werden dürfe.
Kostensteigerungen sollten nur im vertretbaren Rahmen
erfolgen. Die selbstverständliche Nachfinanzierung sollte
der Vergangenheit angehören.

Für den Fall eines exorbitanten Preisanstiegs müssen
vorab Ausstiegskriterien definiert sein. Dies ist auch der
Herstellerseite zu kommunizieren; nur so kann es zukünf-
tig zu realistischeren Kosten- und Leistungsangeboten
kommen.

7. EU-weite Regelungen zwingend
erforderlich

Wir sind davon überzeugt, dass sich die unbemannte Art
des Fliegens in wenigen Jahren auch in der zivilen Fliege-
rei endgültig etabliert haben wird. Die Teilnahme unbe-
mannter Flugobjekte am allgemeinen Luftverkehr muss
daher dringend auf Ebene der Europäischen Union gere-
gelt werden.

Wir begrüßen, dass Bundesminister Dr. Thomas de
Maizière, MdB, die Frage der Zulassungsharmonisierung
bereits auf die Agenda der Europäischen Verteidigungs-
agentur (EDA) gebracht hat. Die EDA wird sich noch in
diesem Jahr damit beschäftigen.

Was die Zulassung von militärischen Luftfahrzeugen be-
trifft, begrüßt die Regierungskoalition ausdrücklich die
durch Bundesminister Dr. Thomas de Maizière, MdB, an-
geordnete Aufstellung einer zentralen militärischen Luft-

fahrtbehörde. Derart hoch komplexe Fragestellungen, wie
die Zulassung zum Luftverkehr, müssen an einer Stelle
gebündelt und dort zentral geregelt werden.

8. Verbesserte Information des Deutschen
Bundestages

Die Koalition begrüßt ausdrücklich die Ankündigung des
Bundesverteidigungsministers, das Parlament ohne be-
sondere Nachfrage seitens des Bundestages, periodisch
mit einem Bericht an den Verteidigungs- und den Haus-
haltsausschuss über die Sachstände der entsprechenden
Rüstungsprojekte zu informieren.

Der Minister kommt damit einer von den Koalitionsfrak-
tionen noch vor der Sommerpause beschlossenen Forde-
rung nach Vorlage periodischer, anlassloser Berichte zum
Status der wichtigsten Rüstungsprojekte an den Haus-
halts- sowie den Verteidigungsausschuss des Deutschen
Bundestages nach.

Wir sind davon überzeugt, dass der Bundesminister der
Verteidigung Dr. Thomas de Maizière, MdB, insgesamt
die richtigen Schlüsse aus dem Euro Hawk-Programm ge-
zogen hat und so die Voraussetzungen dafür geschaffen
werden, dass zukünftige Entwicklungsprojekte – bei allen
Unwägbarkeiten – einen besseren Verlauf nehmen.

VIII. Zusammenfassung

Bundesminister Dr. Thomas de Maizière, MdB, hat von
Anfang an die Wahrheit gesagt. Es existiert auch nach der
Befragung des Verteidigungsministers vor dem Untersu-
chungsausschuss kein einziges Indiz, welches das Gegen-
teil belegt. Alle einschlägigen Zeugen haben die Äuße-
rungen des Ministers untermauert, dass er bis Mai 2013
nicht mit unlösbaren Problemen bei der Zulassung des
Euro Hawks befasst wurde. Im Gegenteil: Die Fachebene
hat die Schwierigkeiten der politischen Leitung gegen-
über stets als lösbar dargestellt.

Die wahren Gründe für die Probleme, davor verschließen
die Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN gerne fortdauernd die Augen, liegen weit vor der
Amtszeit von Bundesminister Dr. Thomas de Maizière,
MdB. Das Entwicklungsprojekt Euro Hawk wurde unter
rot-grüner Regierungsverantwortung mit großer Auf-
bruchsstimmung gestartet. Allerdings war es von Beginn
an viel komplexer und risikobehafteter, als dies die Initia-
toren kommuniziert haben. Insbesondere gilt dies für die
mit einem anspruchsvollen Entwicklungsprojekt verbun-
denen Kostenrisiken.

Sämtliche Probleme waren ausweislich vieler Belege be-
reits zu Beginn des Projekts bekannt, wurden aber von
den rot-grünen Verantwortungsträgern sträflich unter-
schätzt. Dies bezieht sich insbesondere auf die Musterzu-
lassung. Die Musterzulassung des Euro Hawk ist grund-
sätzlich Voraussetzung für den Einsatz des UAV. Ohne
Musterzulassung kein Euro Hawk und ohne Euro Hawk
kein Quantensprung bei den Fähigkeiten in der SIGINT
Aufklärung. Diese auf der Hand liegende zentrale Bedeu-

Drucksache 17/14650 – 160 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

tung der Musterzulassung wurde offenkundig konsequent
ausgeblendet, weshalb die Probleme zur Erlangung der
Musterzulassung viel zu spät erkannt wurden und das
Projekt mithin zwangsläufig zu der bekannten Entwick-
lung geführt hat. Statt genauer hinzusehen, wollte man
den großen Wurf bewerkstelligen und hat Herausforde-
rungen wie den Austausch von technologischem Know-
how mit der US-Seite, Flugsicherheitsfragen oder Fragen
der Zulassungsvoraussetzungen konsequent vor sich her-
geschoben. Hier wurden die Voraussetzungen dafür ge-
schaffen, dass das Projekt zunehmend auf die schiefe
Ebene geriet und letztlich die Serienbeschaffung nicht
vorgenommen werden konnte.

Dies ist umso folgenschwerer, da alle einschlägigen Zeu-
gen dargelegt haben, dass die Bundesrepublik auf die Fä-
higkeit zur signalerfassenden luftgestützten weiträumigen
Überwachung und Aufklärung (SLWÜA) dringend ange-
wiesen ist. Das daraus resultierende Fähigkeitsspektrum
ist eine wesentliche Voraussetzung, damit die Bundes-
wehr dem vom Deutschen Bundestag formulierten Auf-
trag nachkommen kann. Strategische Nachrichtengewin-
nung durch Fernmelde- und elektronische Aufklärung ist
eine Schlüsselfähigkeit für eine moderne Armee im Ein-
satz und für die Aufgaben der zivilen Krisenprävention
und Krisenreaktion unverzichtbar.

Zudem kann das System einen wichtigen Beitrag zum
Schutz unserer Soldatinnen, Soldaten und des Zivilperso-
nals im Einsatz leisten.

Im Zuge der Zeugenbefragung wurde deutlich, dass mit
dem Einstieg in die Entwicklung eines unbemannten, flie-
genden Systems technologisches, rechtliches und luft-
fahrtregulatorisches Neuland betreten wurde. Dieses Zu-
sammenspiel führte dazu, das Projekt Euro Hawk zu
einem hoch komplexen Vorhaben zu machen, zumal auf
dem Markt keine adäquate, bereits existierende Lösung
zur Verfügung stand.

Diese Komplexität hat sich bereits zu Beginn des Projekts
abgezeichnet. Die letztendliche Entscheidung der Fa-
chebene 2010, die Frage der Musterzulassung des Sys-
tems Euro Hawk zu verschieben und sich zunächst auf
eine Prototypenprüfung für den FSD zu konzentrieren,
folgt der 2004 mit der AF bereits entschiedenen Logik,
zwischen Demonstrator und Serie in Fragen der Zulas-
sung zu unterscheiden. Darüber hinaus wurde im Unter-
suchungsausschuss deutlich, dass das Thema Musterzu-
lassung der Serie sehr unzureichend behandelt worden ist,
man sich einseitig auf die Aussage der Industrie verlassen
hat und die entsprechenden Risiken grob unterschätzt
worden sind. Es zeichnete sich also bereits beim Anlau-
fen des Projekts ab, dass man am Ende der Projektie-
rungsphase gegebenenfalls zwar ein einzelnes technisch
funktionierendes System hat, aber eine Zulassung der Se-
rie dauerhaft nicht vorliegt oder nur mit erheblichen
Mehrkosten erreicht werden kann.

Als weiterer schwerwiegender Fehler wurde erkennbar,
dass – trotz gegenteiliger Hinweise – die Risiken aus der
parallelen Weiterentwicklung der Trägerplattform Glo-

bal Hawk durch die USA von Beginn an deutlich unter-
schätzt wurden. Hier liegt nach derzeitigem Kenntnis-
stand der Hauptgrund für die erheblich gestiegenen
Kosten des Projekts. Für die deutsche Zulassung not-
wendige Unterlagen, Nachweise und Dokumente konn-
ten von den US-amerikanischen Partnern entweder nicht
vorgelegt werden oder durften aufgrund von US-Bestim-
mungen nicht übermittelt werden. Sie müssten daher un-
ter hohem finanziellem und zeitlichem Aufwand nach-
träglich erbracht werden.

Durch die Entscheidung von Bundesverteidigungsminis-
ter Dr. Thomas de Maizière, MdB, nicht in die Serienbe-
schaffung beim Projekt Euro Hawk einzusteigen, ist kein
finanzieller Schaden entstanden, sondern größerer Scha-
den verhindert worden. Schaden wäre eingetreten, wenn
mit der Entscheidung auch ein sofortiger Stopp der ISIS-
Erprobung verbunden gewesen wäre. Die Tests mit dem
Aufklärungssystem ISIS werden nun voraussichtlich bis
zum 30. September 2013 abgeschlossen.

Außerdem bleibt festzuhalten, dass bei Amtsantritt von
Bundesminister Dr. Thomas de Maizière, MdB, bereits
über 85 Prozent der zur Verfügung stehenden Haus-
haltmittel entweder bereits ausgegeben oder vertraglich
gebunden waren. Zum Zeitpunkt der Erstinformation der
aktuellen politischen Leitung im Jahr 2012 war dieses Ni-
veau bereits auf 93 Prozent gestiegen.

Die Beweisaufnahme hat zweifelsfrei ergeben, dass be-
reits lange vor Dienstantritt von Bundesverteidigungsmi-
nister Dr. Thomas de Maizière, MdB, das Projekt so aus-
gerichtet war, dass bei Ausbleiben einer Lösung für die
Serien-Musterzulassung eine dauerhafte Einsatzfähigkeit
des Euro Hawk nicht gegeben ist. Dazu trägt vor allem
die Art und Weise der Vertragsgestaltung einen erhebli-
chen Anteil bei.

Von umfassender negativer Tragweite ist dabei der Um-
stand, dass bei den vertraglichen Regelungen betreffend
die Musterzulassung keine der vertragschließenden Par-
teien sich darüber klar war, was die jeweils andere Seite
darunter versteht und welche Unterlagen dafür beizubrin-
gen sein würden. In diesem Zusammenhang erwies es
sich auch als Versäumnis, den Umfang der Offenlegung
technischer Details nicht genauer vertraglich zu bestim-
men (sog. Black-Box-Problem). Auch die Frage, welche
Informationen unter die FMS-Regeln und die ITAR-Be-
schränkungen fallen würden, war nicht hinreichend ge-
klärt, weil man auf deutscher Seite offenbar davon aus-
ging, als bevorzugter und vertrauenswürdiger Partner
behandelt zu werden.

Bundesminister Dr. Thomas de Maizière, MdB, hat be-
reits eine Reihe wichtiger Maßnahmen im Bereich der
Rüstung und Beschaffung in Gang gesetzt. So soll das für
den Beschaffungsprozess maßgebliche Verfahren des
„Customer Product Management [novelliert]“ (CPM
nov.) weiter optimiert und auf die Integration möglicher
Frühwarn-Mechanismen untersucht werden. Auch muss
das Projekt-Controlling verbessert werden. Mit der vor-
gezogenen Errichtung des Bundesamtes für Ausrüstung,

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 161 – Drucksache 17/14650

Infrastruktur und Nutzung der Bundeswehr im Herbst
2012 wurde bereits ein wichtiger Markstein gesetzt. Zu-
dem hat der Minister bereits zugesagt, der von den Koali-
tionsfraktionen noch vor der Sommerpause beschlosse-

nen Forderung nach Vorlage periodischer anlassloser
Berichte zum Status der wichtigsten Rüstungsprojekte an
den Haushalts- sowie den Verteidigungsausschuss des
Deutschen Bundestages nachzukommen.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 163 – Drucksache 17/14650

Vierter Teil:
Sondervoten
A. Sondervotum der Fraktionen SPD und

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
I. Erwiderung der Fraktionen SPD und

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu den
Anmerkungen der Ausschussmehrheit1140

Der Untersuchungsausschuss hat bis heute Aktenmaterial
im Umfang von über 1.500 Aktenordnern sichten können.
18 Zeugen wurden in sechs Sitzungen des Ausschusses
intensiv vernommen.

In ihrer Bewertung wollen Union und FDP den Eindruck
erwecken, der Minister hätte erst am 13. Mai 2013 von
den Zulassungsproblemen erfahren. Die Mehrheit igno-
riert damit die Aktenlage und macht sich vollends un-
glaubwürdig.

Die Beweisaufnahme hat klipp und klar ergeben, dass
Minister de Maizière vor dem 13. Mai 2013 mittels zahl-
reicher Unterlagen und bei verschiedenen Terminen über
das Projekt Euro Hawk und Probleme u. a. bei der Zulas-
sung informiert worden war. Er selbst hat bei seiner Zeu-
genaussage im Untersuchungsausschuss allein acht Gele-
genheiten aufgezählt, zu denen er mit den Problemen bei
der Zulassung konfrontiert worden ist. Es ist deshalb ge-
radezu grotesk, zur Verteidigung weiter an einer Unter-
scheidung von „lösbaren“ und „unlösbaren“ Problemen
festzuhalten. Die unlösbaren Probleme seien die schwie-
rigsten, so Dr. Thomas de Maizière vor dem Aus-
schuss.1141 Währenddessen hat sein Haus seit März 2012
im Stakkatotakt Sitzungen einberufen, über Probleme und
etwaige Lösungsansätze beratschlagt, um des Desasters
Euro Hawk Herr zu werden. Und von all dem will der
Minister nichts mitbekommen haben? Das ist unglaub-
würdig und spricht nicht für das penible Verhältnis zur
Aktenlage, das dem Minister bisher nachgesagt wurde.

Bereits während der Zeugenbefragungen hatten Vertreter
der Ausschussmehrheit sachwidrig immer wieder be-
hauptet, der Euro Hawk sei in Wirklichkeit daran geschei-
tert, dass man vor Vertragsschluss die Anforderungen zur
Teilnahme am Luftverkehr beschränkt habe. Sie erklärt:
„Dies stellte eine erhebliche Relativierung der ursprüng-
lichen Entwicklungsziele dar und nahm im Wesentlichen
die Verschiebung der Musterzulassung aus der Entwick-
lung hin zur Serie bereits vorweg, bzw. machte diese zu-
mindest möglich.“1142 Das ist schon denklogisch falsch. Je
niedriger die Anforderungen für eine Teilnahme am Luft-
verkehr gestaltet werden, umso leichter lässt sich eine
Musterzulassung für diese Anforderung erreichen. Wenn
die Mehrheit hier keine vorsätzliche Irreführung betreibt,
so offenbart sie ihren Dilettantismus bei der Untersu-
chung.

Eine Irreführung ist es auch, von den schweren Fehlern
auf Leitungs- und Fachebene mit dem Verweis auf novel-

lierte Verwaltungsvorschriften ablenken zu wollen. Nicht
der alte CPM 2001 ist die Ursache für die begangenen
Fehler. Das stellt bereits der Bericht des Bundesrech-
nungshofes1143 fest. Die Vorgaben des CPM 2001 wurden
einfach ignoriert. Eine Neuregelung, wie sie mit dem
CPM nov. vorgenommen worden ist, ändert daran nichts,
wenn Strukturen und Leitung kollektiv versagen.

Es ist ein unglaubhaftes und durchschaubares Manöver,
die Ursachen für das Scheitern des Euro Hawk weit in die
Zeit vor Vertragsschluss zu schieben. Es ist aber auch ein
klassischer Fall einer misslungenen Schutzbehauptung,
bei der die Verteidigung von de Maizière wichtiger ist als
Aufklärung im Sinne der Steuerzahlerinnen und Steuer-
zahler. Die politische Führung des BMVg hätte spätestens
ab Juli 2011 eingreifen müssen, als der Euro Hawk nach
Deutschland überführt worden ist. Ab diesem Zeitpunkt
waren die Auswirkungen der Zulassungsprobleme nicht
mehr zu ignorieren. Der Minister hätte informiert werden
und sich zugleich aktiv um dieses strategisch und poli-
tisch herausragende Rüstungsvorhaben kümmern müs-
sen.

Die Beweisaufnahme hat keinen Hinweis darauf ergeben,
dass die Neugestaltung des Beschaffungsbereichs durch
Thomas de Maizière zu positiven Effekten geführt hätte.
Das BAAINBw entpuppt sich als noch größerer Bürokra-
tie-Dschungel als das alte BWB. Verantwortungsdiffusion
wird weiterhin großgeschrieben. Der Minister ist hier
trotz großspuriger Ankündigungen, den Beschaffungspro-
zess neu ordnen zu wollen, umfassend gescheitert.

II. Anlass und Ergebnis des Untersuchungs-
ausschusses

Dieser Untersuchungsausschuss und sein Auftrag wurden
am 26. Juni 2013 von allen Fraktionen im Konsens be-
schlossen. Gleiches gilt für die Beweisbeschlüsse, mit de-
nen die Dokumente beigezogen und die Zeugen geladen
wurden. Es war nicht nur die Opposition, die diesen Aus-
schuss gewollt hat.

Nachdem die Beweisaufnahme abgeschlossen worden ist,
stellen wir fest: Dieser Untersuchungsausschuss war ein
Erfolg. Trotz unterschiedlicher politischer Auffassungen
zum Untersuchungsgegenstand wurde er weder als Bühne
missbraucht, noch verlor er sich in wahlkampftaktischen
Scheinmanövern. Natürlich handelten die Akteure nicht
unbeeinflusst vom beginnenden Wahlkampf. Aber die
Beweisaufnahme wurde innerhalb weniger Tage von al-
len Fraktionen äußerst diszipliniert, fair, zügig, sachlich
fundiert und immer kollegial durchgeführt. Von Hektik
oder Hysterie hat sich dieser Ausschuss zu keinem Zeit-
punkt anstecken lassen. Der in einigen Medien geäußerte
Vorwurf, es sei der Opposition nicht um Aufklärung ge-
gangen, sondern um eine „Wahlkampfbühne“1144 zur Dis-

1140 Dritter Teil: Bewertungsteil der Mehrheit.
1141 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 58.
1142 Dritter Teil: Bewertungsteil der Mehrheit, S. 393, Zeile 3-7.

1143 Vgl. Bundesrechnungshof, Bericht nach § 88 Absatz 2 BHO an den
Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages zur Entwicklung
des Euro Hawk Systems, 3. Juni 2013, MAT 17-4 BRH zu BB 17-90,
Ordner 1, S. 1 ff.

1144 Vgl. „Die Welt“ vom 1. August 2013, S. 1, Kommentar von Thorsten
Jungholt, Thema verfehlt („Auf der anderen Seite die Opposition.
Sie funktionierte den Ausschuss zur Wahlkampfbühne um”).

Drucksache 17/14650 – 164 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

kreditierung eines bis dato beliebten Ministers und die ihn
stützende Kanzlerin, ist eindeutig widerlegt.

Die Einsetzung stellt hierbei ein Novum dar: Es ist der
kürzeste Untersuchungsausschuss in der Parlamentsge-
schichte. Während die im Oktober 2011 vom Verteidi-
gungsausschuss abgeschlossene Untersuchung zur Bom-
bardierung in Kunduz eineinhalb Jahre in Anspruch
genommen hat, musste die Untersuchung zum gescheiter-
ten Euro Hawk-Projekt bis zum Ende der Legislaturpe-
riode im Oktober abgeschlossen sein. Deshalb waren be-
reits am 26. Juni 2013 einstimmig und abschließend alle
Beweisanträge und Zeugenbefragungen zu beschließen.

Diese konzentrierte Arbeit lieferte eine Fülle von Er-
kenntnissen. Die Wesentlichen sind aus Sicht der Fraktion
der SPD und der Fraktion BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN:

– Verteidigungsminister Thomas de Maizière hat die
Mitglieder des Deutschen Bundestages und Verteidi-
gungsausschusses zögernd und unzureichend infor-
miert und schließlich seinen wahren Kenntnisstand ge-
leugnet, um die Versäumnisse seiner Amtsführung zu
kaschieren. Seine Behauptung, es habe lediglich ein
Missverständnis vorgelegen, ändert daran nichts. Ge-
nauso kann letztlich dahingestellt bleiben, welche
Kenntnisse er tatsächlich im Detail über die Probleme
hatte – oder welche Kenntnisse er hätte haben müssen,
wenn er sein Amt ernst genommen hätte. Es ist für ei-
nen Minister nicht egal, ob man seinem Wort glauben
kann oder nicht. Er hat jegliches Vertrauen verloren.

– Es handelte sich beim Euro Hawk um ein leitungsrele-
vantes und strategisch bedeutsames Projekt. Zudem
hatte Verteidigungsminister Thomas de Maizière einen
speziellen Bezug zum Thema: Er hat die Ausrüstung
der Bundeswehr mit Drohnen an die Spitze seiner ver-
teidigungspolitischen Agenda gehoben und das AGS-
Projekt der NATO auf Grundlage des Global Hawk im
Mai 2012 mit angestoßen.

– Umso schwerer wiegt es, dass sich der Minister jeder
eigenen Initiative verweigert hat. Stattdessen igno-
rierte er die Probleme, soweit sie ihm bekannt wurden,
und offenbarte ein befremdlich formalistisches Amts-
verständnis. Zugleich ist das Ausmaß der Kenntnisse,
die er hatte oder hätte haben können, weitaus umfang-
reicher, als er vor der Einsetzung dieses Untersu-
chungsausschusses zugegeben hat.

– Ein Minister, der nur dann führt, wenn ihm eine for-
melle Entscheidungsvorlage präsentiert wird, kann
nicht das Verteidigungsministerium und die Bundes-
wehr verantwortlich leiten. Gleiches gilt für einen
Minister, der mündliche Informationen und Informa-
tionsvorlagen ignoriert. Thomas de Maizière hat sich
als ungeeignet für dieses Amt erwiesen.

– Rüstungsstaatssekretär Beemelmans ließ jede Initia-
tive vermissen. Er war aufgrund seiner Fixierung auf
Einhaltung des Dienstweges schlecht informiert und
mit der Bewältigung des Problems überfordert.

– Das Projekt Euro Hawk litt nicht an einem „Geburts-
fehler“. Für die Entwicklungsanteile des Vertrages be-
standen zwar Realisierungsrisiken, die von Anfang an
bekannt und vertraglich nicht auszuschließen waren.

Diese hätten aber durch intensives und fortlaufendes
Controlling minimiert werden können.

– Als nach drei Jahren Laufzeit im Jahre 2009, spätes-
tens Anfang 2010 auf Fachebene entschieden wurde,
die Musterzulassung als ein wesentliches Ziel des Ver-
trages nicht mehr zu verfolgen, war das Projekt damit
praktisch gescheitert. Die Geschäftsgrundlage des
Vertrages war entfallen. Eine Serienbeschaffung des
Euro Hawk hätte aufgrund der zusätzlichen Zulas-
sungsaufwendungen jeden Kostenrahmen gesprengt.

– Dennoch wurde kein Moratorium veranlasst und die
Leitung des BMVg nicht informiert. Die Fachebene
betrieb das Projekt auf Anraten der Industrie weiter,
die damit ihre eigenen Interessen verfolgte. Control-
ling und Fachaufsicht im BMVg versagten.

– Die Leitung des BMVg kümmerte sich nicht proaktiv
um das Projekt. Erst im Herbst 2011 realisierte sie die
Probleme und war ab Anfang 2012 in vollem Umfang
darüber informiert.

– Obwohl die Projektentwicklung schon lange geschei-
tert war, dauerte es noch einmal zusätzlich eineinhalb
Jahre bis 2013, bis eine Entscheidung über die Zu-
kunft des Projektes getroffen wurde. Dazwischen gab
es hektische Betriebsamkeit auf der Fachebene und
Zögern und Zaudern auf der Leitungsebene, um doch
noch wider Erwarten die Zulassungsfrage lösen zu
können.

– Die nachgeordneten Behörden im damaligen BWB
(heute BAAINBw) neigen zum Eigenleben. Die Pro-
jektleitung ließ sich offensichtlich stark von der Indus-
trie beeinflussen und für deren Interessen einspannen.
Die Leitung des BWB/BAAINBw trat als Kontrollin-
stanz nicht in Erscheinung.

1. Der Anlass: Parlament und Öffentlichkeit
werden falsch informiert

Es war die Bundesregierung, die diesen Untersuchungs-
ausschuss provoziert hat. Denn die Nachricht über das
Aus des Euro Hawk stand im Gegensatz zu allen Informa-
tionen, die man aus dem BMVg bis Anfang 2013 erhalten
hatte. Obwohl dort das Projekt seit Ende 2011 auf der
Kippe stand und die Serienbeschaffung höchst unwahr-
scheinlich geworden war, hatte das Parlament fortwäh-
rend Erfolgsmeldungen erhalten, damit die Finanzierung
für den Euro Hawk weiter fließen konnte. Als jedoch die
Verantwortlichkeit des Ministers für das finanzielle und
politische Desaster thematisiert wurde, wartete dieser wo-
chenlang ab, um sich dann nachhaltig in Widersprüche zu
verstricken.

a) Überraschende Bruchlandung
Am 31. Januar 2007 war der Vertrag geschlossen worden,
am 21. Juli 2011 hatte der Überführungsflug des Euro
Hawk nach Deutschland stattgefunden. Er wurde von der
Bundeswehr mit Worten wie „schneller, höher, weiter“,
„Meilenstein“ und „neue Ära der Luftaufklärung“ beju-
belt.1145

1145 Pressemitteilung d. Luftwaffe vom 18. August 2011.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 165 – Drucksache 17/14650

Während die Drohne in Manching getestet wurde, wur-
den die Abgeordneten des Verteidigungsausschusses bis
Frühjahr 2013 in dem Glauben gelassen, der Euro Hawk
sei ein Erfolgsmodell, das in Kürze zum Einsatz kommen
werde. Erst von anderer Seite musste durchsickern, dass
es erhebliche Probleme gebe. Aufgrund kritischer Sach-
standsanfragen Anfang 2013 der Abgeordneten
Dr. Lindner, Dr. Bartels und der Ausschussvorsitzenden
Dr. h. c. Kastner, über die auch öffentlich berichtet
wurde,1146 erhielten die Mitglieder am 22. April 2013 ei-
nen Bericht des BMVg (Ausschuss-Drs. 17(12)1185).
Dieser las sich bereits wie „die Ankündigung eines Desas-
ters“.1147 Am 24. April 2013 standen Vertreter des BMVg
den Mitgliedern des Verteidigungs- und Haushaltsaus-
schusses für Nachfragen zur Verfügung. Es wurde von
massiven Flugbeschränkungen, hohen Betriebskosten,
Zulassungsproblemen und geschätzten Mehrkosten von
500 bis 800 Millionen Euro für die Beschaffung der Euro
Hawk-Serie berichtet.1148 Das stand im Gegensatz zu den
bisher offiziell erhaltenen Informationen, die ein gänzlich
anderes Bild vermittelt hatten.

Am 13. Mai 2013 abends in der Online-Ausgabe und am
14. Mai 2013 in der Druckausgabe der „FAZ“ konnten
sodann die Abgeordneten erfahren, dass das Ministerium
„die Reißleine gezogen“ habe und der Euro Hawk endgül-
tig abgestürzt sei. Mit Zustimmung des Ministers vom
13. Mai war wenige Tage zuvor auf Ebene der Staatsse-
kretäre entschieden worden, den Testbetrieb zum 30. Sep-
tember 2013 einzustellen und die Beschaffung der Serie
nicht vorzunehmen. Diese Entscheidung warf eine ganze
Reihe neuer Fragen auf, die in der Sitzung des Verteidi-
gungsausschusses am 15. Mai 2013 durch die anwesen-
den Vertreter des BMVg jedoch nicht geklärt werden
konnten. Stattdessen gab es „mehr Verwirrung als vor-
her“.1149 Unbeantwortet blieben u. a. die Fragen nach den
Ursachen und der Verantwortung für das Scheitern inner-
halb und außerhalb des BMVg. Gleiches galt auch für die
(finanziellen) Folgen der nun getroffenen Entscheidung.
Ungeklärt blieb auch, ob und wie sich das ISIS-Aufklä-
rungssystem zukünftig nutzen lassen könnte. Die Antwort
der Regierung auf die Frage, warum der Abbruch nicht
bereits 2011 hätte erfolgen müssen, obwohl alle wesentli-
chen Umstände bereits damals bekannt waren, blieb
ebenfalls nicht nachvollziehbar.1150

b) Mehrwöchige Untersuchung „führt hinter
die Fichte“

Nach dreiwöchigem Aktenstudium wollte der Bundesver-
teidigungsminister, Thomas de Maizière, dem Ausschuss
die Ursachen und die Verantwortlichkeit für das Drohnen-
Desaster abschließend erläutern. Es wurde ein Kommuni-

kations-Desaster. Wie unglücklich der Minister mit der
Aufarbeitung des Scheiterns des Euro Hawk umging,
zeigte sich schon daran, dass er einen der Hauptverant-
wortlichen des Projektes, den Abteilungsleiter AIN, mit
der Leitung der Ad-hoc Arbeitsgruppe betraute, die die
Projektgeschichte für den Verteidigungsausschuss rekon-
struieren sollte.1151

Thomas de Maizière wies dagegen alle Verantwortung
von sich. Hierzu – ob vorsätzlich oder fahrlässig, kann
dahin gestellt bleiben – täuschte er in seiner von ihm
selbst verfassten1152 Erklärung vor, er habe keine Kennt-
nis zum Problem gehabt, weil er von seinen Staatssekre-
tären nicht oder nicht ausreichend informiert worden sei.
Er rügte sie deswegen offen und drohte personelle Konse-
quenzen an. Bis zur Entscheidungsvorlage am 13. Mai
2013 sei er „lediglich“1153 anlässlich einer „Rüstungsklau-
sur“ am 1. März 2012, also nur ein einziges Mal, ober-
flächlich mit Zulassungsproblemen beim Euro Hawk be-
fasst gewesen. Im Übrigen seien die Ursachen bei seinen
Vorgängern, den Fachebenen im BMVg und damaligen
BWB (heute: BAAINBw) und dem US-Vertragspartner
zu suchen.

Außerdem habe der Euro Hawk bis 2013 schon deshalb
weiterentwickelt werden müssen, da nur so das Aufklä-
rungssystem ISIS weiterentwickelt werden konnte, das
jetzt in einer alternativen Plattform genutzt werden
könne. Ein früherer Abbruch der Entwicklung hätte dage-
gen höhere Kosten verursacht. Diese nicht belegte Be-
hauptung des Ministers schien weder finanziell noch
technisch nachvollziehbar.

c) Wer weiß was von wem ─ und wer ist
verantwortlich?

Hatte der Minister am 5. Juni noch den Eindruck erweckt,
sein Haus in relativer Unkenntnis regiert zu haben, wurde
kurz darauf ein Interview im „Donaukurier“ vom 8. Mai
bekannt, das den Minister deutlich besser informiert
zeigte, als es seine Darstellung im Ausschuss vermuten
ließ. Gegenüber der Zeitung äußert er wenige Tage vor
der abschließenden Entscheidung seiner Staatssekretäre
die Einschätzung, die Serienbeschaffung des Euro Hawk
sei „im Moment“ nicht sehr wahrscheinlich.1154 Dabei
wollte er angeblich vor dem 13. Mai überhaupt keine In-
formationen erhalten haben, die in diese Richtung deute-
ten.

Die Zweifel verschärften sich noch weiter, als eine Pres-
semitteilung des BMVg als Reaktion auf die Interview-
aussagen vom 8. Mai zwar weiter den Eindruck erwecken
wollte, es sei bis zum 13. Mai 2013 keine schriftliche In-

1146 Bspw. Frankfurter Rundschau vom 22. März 2013.
1147 MdB Bartels, MAT 17-1 BT-VA zu BB 17-92, S. 403 ff. Außerdem

Nachfragen u. a. von Keul, Lindner, Nouripour.
1148 MD Selhausen im Verteidigungsausschuss am 24. April 2013, vgl.

MAT 17-1 BT-VA zu BB 17-92, S. 408 f.
1149 MdB Nouripour, MAT 17-1 BT-VA zu BB 17-92, S. 450.
1150 StS Beemelmans im Verteidigungsausschuss am 15. Mai 2013, vgl.

MAT 17-1 BT-VA zu BB 17-92, S. 422 ff.

1151 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe
EURO HAWK, Ordner 1, S. 1 ff.

1152 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 38.
1153 Bewertungen und Konsequenzen zum Euro Hawk durch den Bun-

desminister der Verteidigung Dr. Thomas de Maizière anlässlich
der Vorlage des „Berichts der Ad-hoc Arbeitsgruppe Euro Hawk“
des Bundesministeriums für Verteidigung im Verteidigungsaus-
schuss des Deutschen Bundestags am 5. Juni 2013 in Berlin, MAT
17-1 A BT-VA zu BB 17-92, Sprechzettel BM, S. 3.

1154 Donaukurier vom 8. Mai 2013, „Die Riesen-Drohne trudelt“.

Drucksache 17/14650 – 166 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

formation an den Minister gelangt („…zuvor keine Vor-
lage an ihn mit einer Beschreibung der Zulassungspro-
bleme oder überhaupt zum Gesamtproblem…“1155),
indem unter erneuter Hervorhebung der Beratungen auf
der Rüstungsklausur vom 1. März 2012 suggeriert wurde,
dies seien nur mündliche Hintergrundinformationen ge-
wesen. Aber dem Verweis auf den 1. März 2012 folgte
– semantisch versteckt und im Widerspruch zum Vorher-
stehenden – der Annex „sowie auch später“.1156 Diesen
Verweis auf unbestimmte weitere Zeitpunkte zwischen
beiden genannten Daten hatte Thomas de Maizière am
5. Juni noch nicht verwendet. Dort war die mündliche Be-
sprechung als singuläres Ereignis (nur ein einziges Mal)
geschildert worden. Nun konnte – laut Pressestelle des
BMVg – eventuell die Rüstungsklausur nur als eine von
mehreren mündlichen Unterrichtungen verstanden werden.

In den Tagen nach dem 6. Juni 2013 tauchten in schneller
Abfolge weitere Informationen auf, die den Eindruck
nachhaltig erschüttern, der Minister sei wirklich in Un-
kenntnis belassen worden. Sie betrafen größtenteils
schriftliche Unterrichtungen im Zeitraum zwischen der
Rüstungsklausur am 1. März 2012 und der Entscheidung
am 13. Mai 2013, in welchem der Minister ursprünglich
völlig ahnungslos gewesen sein wollte.

Am 10. Juni 2013 musste er im Verteidigungsausschuss
einräumen, doch bei mehreren Gelegenheiten von Zulas-
sungsproblemen und Kostensteigerungen beim Euro
Hawk erfahren zu haben. Aber da sie ihm „lösbar“ er-
schienen, habe er nichts weiter veranlasst.

Diese neue Verteidigungslinie – von völliger Unkenntnis
hin zur Unkenntnis „unlösbarer“ Probleme – beschädigt
die Glaubwürdigkeit des Ministers nachhaltig. Diese Li-
nie hat er auch vor dem Untersuchungsausschuss beibe-
halten. Das Vertrauen in die Wahrhaftigkeit der Unter-
richtung des Parlaments ist endgültig erschüttert. Da nutzt
auch die Beteuerung des Ministers nichts, er wolle nie-
manden „hinter die Fichte […] führen“.1157 Da sich die
aufgeworfenen Fragen aufgrund zeitlicher Probleme in
der letzten Sitzung am 24. Juni 2013 nicht beantworten
lassen würden, zumal auch viele Dokumente des BMVg
noch nicht vorlagen, wurde die Konstituierung des Verteidi-
gungsausschusses als Untersuchungsausschuss zwingend.

2. Weitere und zukünftige Rüstungsprojekte:
Die Verpflichtung der Bundeswehr als
Parlamentsarmee

Das fraktionsübergreifende Interesse an der Aufklärung
des Rüstungsprojektes Euro Hawk gründet in der beson-
deren Verantwortung des Verteidigungsausschusses für

die Bundeswehr als Parlamentsarmee.1158 Die auf die
Streitkräfte bezogenen Regelungen des Grundgesetzes
sind danach darauf angelegt, die Bundeswehr nicht allein
der Exekutive zu überlassen, sondern sie als „Parlaments-
heer“ in die demokratisch rechtsstaatliche Verfassungs-
ordnung einzufügen. Aus diesem Grund gibt es nicht nur
die Institution des Wehrbeauftragten des Deutschen Bun-
destages mit umfangreichen Kontrollrechten nach
Art. 45b des Grundgesetzes (GG), sondern Art. 45a GG
verleiht dem Verteidigungsausschuss auch die Rechts-
macht eines Untersuchungsausschusses nach Art. 44 GG.
Von diesem Recht hat der Verteidigungsausschuss schon
mehrfach Gebrauch gemacht, so zuletzt, als es um die
politische und militärische Verantwortung für den Bom-
beneinsatz in Kunduz/Afghanistan im Jahr 2009 ging.
Die Bombardierung und die nachfolgende intensive öf-
fentliche Debatte hatten die Soldatinnen und Soldaten wie
auch die Öffentlichkeit sehr verunsichert. Der Ausschuss
hatte in ihrem Interesse die Pflicht, Umstände und Folgen
aufzuklären.

Gleiches gilt, wenn es um die Ausrüstung der Soldatinnen
und Soldaten geht. Durch das Scheitern des Euro Hawk
verlängert sich eine seit 2010 existierende und sich seit
2000 ankündigende Fähigkeitslücke der Bundeswehr in
der luftgestützten Aufklärung mindestens bis 2019, rea-
listischer betrachtet auf unabsehbare Zeit. Dadurch sind
auch ganz konkret Leib und Leben der Soldatinnen und
Soldaten im Einsatz betroffen. Nicht zuletzt ist das Parla-
ment zur Kontrolle verpflichtet, wenn es um hohe Be-
träge für Rüstungsvorhaben geht, die fehlgeleitet werden.
Hier ist das Budgetrecht des Parlaments unmittelbar be-
rührt.

a) Dauerbrenner Rüstung

Der Rüstungsbereich ist seit der Gründung der Bundes-
wehr ein hochproblematisches Feld. Die Liste mit Skan-
dalen und Fehlinvestitionen ist lang. Aktuell geht es al-
lein im Bereich der fliegenden Ausrüstung um zahllose
Probleme bei der Entwicklung und Beschaffung des Hub-
schraubers „NH 90“, des Kampfhubschraubers „TIGER“,
des Kampfjets „Eurofighter“ und des Airbus „A400M“.
Probleme gab es mit der Einsatzausrüstung auch wieder-
holt für Afghanistan, v. a. bei den gepanzerten Fahr-
zeugen. Hier musste der Verteidigungsausschuss nach
Unterrichtung durch den Wehrbeauftragten mehrfach in-
tervenieren, nachdem Soldatinnen und Soldaten in unge-
schützten Fahrzeugen bei Kampfhandlungen ums Leben
gekommen waren.

Besondere Herausforderungen ergeben sich aus der
historisch gewachsenen Struktur der zivilen Wehrverwal-
tung. Hierbei ist insbesondere die Dienststelle des neuor-
ganisierten BAAINBw zu nennen, die mit ihren knapp
10.000 Mitarbeitern nur schwer zu kontrollieren ist.

Dabei können Bundesregierung und Parlament auf das
Grundproblem bisher nur eingeschränkt Einfluss nehmen:
Es herrscht nur wenig Wettbewerb, oftmals gibt es nur ei-

1155 Bewertungen und Konsequenzen zum Euro Hawk, MAT 17-1 A
BT-VA zu BB 17-92, Sprechzettel BM, S. 3.

1156 Pressemitteilung Nr. 17/2013 des BMVg vom 6. Januar 2013 [sic!],
S. 1: „Die Aussagen des Ministers gegenüber dem Donaukurier ba-
sierten auf Hintergrundinformationen zum Vorhaben EURO
HAWK, wie er sie am 1. März 2012 im Rahmen einer allgemeinen
Besprechung zu vielen Rüstungsvorhaben sowie auch später [Her-
vorh. d. Verf.] erhalten hat.“

1157 de Maizière im Verteidigungsausschuss am 10. Juni 2013, vgl.
MAT 17-1 BT-VA zu BB 17-92, Protokoll vom 10. Juni 2013,
S. 526. 1158 Vgl. hierzu grundlegend BVerfGE 90, 286 (381 f.); 121, 135 (153 f.).

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 167 – Drucksache 17/14650

nen Anbieter. Neuentwicklungen finden nur statt, wenn
die Nachfrageseite diese beauftragt – und hierzu alle Kos-
ten und Risiken trägt.

Gerade deshalb ist eine permanente Kontrolle des Ver-
laufs von Rüstungsprojekten elementar. Hier ist der Ver-
teidigungsausschuss genauso in der Pflicht wie die Bun-
desregierung. Er muss kontinuierlich und anlassbezogen
– nicht nur im Rahmen von 25 Millionen Euro-Vorlagen –
informiert werden. Parlamentarische Kontrolle stellt sich
hier weniger als klassische Auseinandersetzung zwischen
Koalition und Opposition dar, sondern ist vielmehr wich-
tiger Bestandteil der parlamentarischen Aufgaben.

b) Parlamentarische Kontrolle
Die letzten Jahrzehnte haben wiederholt gezeigt, dass die
Steuerung des Rüstungsbereiches für jeden Verteidi-
gungsminister eine besondere Herausforderung darstellt.
Der Untersuchungsausschuss Euro Hawk hat deshalb
auch auf andere Rüstungsvorhaben eine Wirkung über die
17. Wahlperiode hinaus. Dies gilt umso mehr, wenn – wie
hier – die Beweisaufnahme vollständig unter Beteiligung
der Öffentlichkeit erfolgt und der Fokus der öffentlichen
Aufmerksamkeit auf dem Umgang der öffentlichen Hand
mit Steuergeldern liegt.

Mit der Einsetzung des Ausschusses zeigt der Verteidi-
gungsausschuss, dass es ihm ernst mit der Kontrolle des
Rüstungsbereiches ist. Zugleich möchte er die Exekutive
zu weiteren Anstrengungen motivieren, diesen Bereich
nachhaltig zu restrukturieren, um bessere Preis-Leis-
tungs-Relationen zu erhalten und die Ausgaben kalkulier-
bar zu machen.

Dabei ist es das Wesen parlamentarischer Kontrolle, dass
mit ihr ein hohes Maß an öffentlicher Aufmerksamkeit
einhergeht. Das Licht des öffentlichen Interesses fällt hier
auf eine Schnittstelle zwischen wirtschaftlichen und ver-
teidigungspolitischen Interessen, die sich sonst mit Ver-
weis auf militärische (Betriebs) Geheimnisse und die Ge-
heimhaltung internationaler Vereinbarungen einer
öffentlichen Kontrolle entziehen. Hier kann ein Untersu-
chungsausschuss unter Beachtung der Vorgaben der Ge-
heimschutzordnung des Deutschen Bundestages die Tat-
sachen öffentlich machen, für deren Geheimhaltung es an
Rechtfertigung mangelt.

Ein transparenter Umgang mit Vertragsbeziehungen und
erbrachten Leistungen hat durchaus einen positiven Ef-
fekt für die Zukunft. Die Unternehmen der Rüstungsbran-
che fürchten um ihr Image. Gleiches gilt für die beteilig-
ten Behördenmitarbeiter, die sich der Kritik stellen
müssen. Der Verteidigungsausschuss ist deshalb auch mit
Blick auf die nächste Wahlperiode tätig geworden.

3. Wesentliche Erkenntnisse des Unter-
suchungsausschusses

4. Kein „Geburtsfehler“ vor oder bei
Abschluss des Vertrages Anfang 2007

Bundesminister de Maizière hat wiederholt vor dem Aus-
schuss und in der Öffentlichkeit die These vertreten, nicht

er trage die Schuld am Scheitern des Projektes Euro
Hawk: Der „eigentliche Geburts- und Konstruktionsfeh-
ler“ des Entwicklungsvorhabens liege in der Zeit der rot-
grünen Bundesregierung in den Jahren 2000 bis 2005.
Beide Seiten hätten vor Vertragsschluss unterschiedliche
Vorstellungen entwickelt, welche Zulassungsvorausset-
zungen für den Flugbetrieb des Euro Hawk in Deutsch-
land notwendig wären. Die Grundannahme, dass eine
amerikanische Zulassung für die deutsche Zulassung nur
angepasst werden müsse, sei falsch gewesen. Hier liege
der Keim der Probleme.1159

Er suggeriert damit, es seien seine Amtsvorgänger, die
Verteidigungsminister Rudolf Scharping und Peter Struck
gewesen, die ein zum Scheitern verurteiltes Projekt auf
den Weg gebracht hätten. Er, Thomas de Maizière, könne
hier keine Verantwortung tragen. Das ist nicht nur sach-
lich unrichtig. Sondern es ist auch ein leicht durchschau-
bares Ablenkungsmanöver de Maizières, um sich selbst
zu entlasten.

In seiner Vernehmung vor dem Untersuchungsausschuss
hat General a. D. Wolfgang Schneiderhan die These eines
so genannten „Geburtsfehlers“ in Zweifel gezogen und
gesagt:

„Ich würde zur Vorsicht mahnen, in diesem prä-
natalen Zustand, den wir damals hatten, mit dem
Kenntnisstand, den wir damals hatten, schon von
einem Fehler zu reden. Das ist mit der Weisheit
von heute vielleicht leicht möglich. Mit der Weis-
heit von damals – in diesem pränatalen Zustand
noch weit von der Geburt entfernt – konnte man
das so nicht beurteilen. Insofern hätte ich Pro-
bleme mit dieser Begrifflichkeit […].“1160

Der Skandal liegt nicht darin, dass der Euro Hawk ge-
scheitert ist. Sofern sich Projekte dauerhaft nicht zeit-
oder kostengerecht realisieren lassen, stellt der Abbruch
stets eine mögliche Option dar. Vielmehr liegt der Skan-
dal darin, dass die Spitze des BMVg erst jetzt realisiert
hat, dass das Projekt schon lange gescheitert ist. Es ist un-
verständlich, warum Wehrverwaltung und Verteidigungs-
ministerium ein gescheitertes Projekt über Jahre hinweg
weiter betreiben und Gelder abrufen,1161 bis alle veran-
schlagten Finanzmittel ausgeschöpft sind, die Kosten für
Alternativen steigen und die Bundeswehr auf Jahre hi-
naus weiter mit ihrer Fähigkeitslücke zu kämpfen hat.
Dabei war – wie bereits der Bundesrechnungshof festge-
stellt1162 und die Beweisaufnahme nunmehr bestätigt hat –
bereits 2009, spätestens 2011, bekannt: Ein wesentliches
erhofftes Entwicklungsziel, die Musterzulassung, würde
sich nicht erreichen lassen.

1159 Bewertungen und Konsequenzen zum Euro Hawk, MAT 17-1 A
BT-VA zu BB 17-92, Sprechzettel BM, S. 5 f. Deutlicher noch in
der Zusammenfassung auf S. 11.

1160 Schneiderhan, Protokoll-Nr. 3, S. 9.
1161 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 3, für den das Projekt sehr erfolgreich

verlaufen ist.
1162 MAT 17-4 BRH zu BB 17-90, Ordner 1, S. 13 ff.

Drucksache 17/14650 – 168 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

a) Fähigkeitslücke, Risikoanalyse und
-abwägung

Es war die richtige Entscheidung, das Projekt Euro Hawk
2002 auf den Weg zu bringen und die Chancen zu nutzen,
die dieses System potentiell bot. Nach gebotener Abwä-
gung von Vor- und Nachteilen hat sich das BMVg für
eine besondere innovative Lösung entschieden. Hätte wie
erhofft die Serie von Euro Hawks beschafft werden kön-
nen, wäre die Bundeswehr damit in einem optimalen
Kosten-Nutzen-Verhältnis aufgestellt gewesen.
Am Anfang des Projektes Euro Hawk war die sich 2010
realisierende Aufklärungslücke im Fähigkeitsspektrum
der Bundeswehr absehbar. Es ging hierbei um die Fähig-
keit der luftgestützten und signalerfassenden Nachrich-
tengewinnung und Aufklärung. Sie ist zentral, weil sie die
Einsatzfähigkeit der Bundeswehr im Querschnitt betrifft
und notwendig ist, um deren Soldatinnen und Soldaten
besser schützen zu können.
Die propellergetriebenen Flugzeuge Breguet 1150 Atlan-
tic SIGINT, die bis 2010 diese Fähigkeit bereitstellten,
waren bei Außerdienststellung bereits seit 40 Jahren im
Einsatz. Es war und ist heute noch politischer Konsens,
dass diese Fähigkeitslücke geschlossen werden muss.1163
Hierzu schien ein unbemanntes Fluggerät aufgrund seiner
Flugeigenschaften am besten geeignet. In den USA hatte
der Global Hawk 1998 seinen Erstflug absolviert und
schien nach militärischen Einsätzen durch die US Air
Force vielversprechend zu sein. Insbesondere seine ein-
zigartige Fähigkeit, aus einer Höhe von rund 20.000 Me-
ter aufklären zu können, bot hervorragende Ausgangsbe-
dingungen.
Vor Vertragsabschluss wurden mehrere Studien1164 zu
Aufklärungsmodul und Trägerplattform eingeholt, die
technische und luftfahrtrechtliche Risiken thematisierten,
da es seinerzeit noch keine Zulassungsregeln für unbe-
mannte Fluggeräte der Kategorie 3 gab. Die Möglichkei-
ten der Integration einer Aufklärungseinheit in einen Glo-
bal Hawk wurde unter Hinweis auf die Zulassungsrisiken
bejaht. Die großen Vorteile gegenüber einer konventio-
nellen Lösung mit einem herkömmlichen Jet bestanden in
der Flughöhe, -dauer und -sicherheit (für die Besatzung/
das Personal). Diese Vorteile rechtfertigten die hohen
Entwicklungskosten und -risiken bei eindeutig niedrige-
ren Stückpreis- und Lebenszeitkosten.1165

Wären die vertraglichen Möglichkeiten von Seiten des
damaligen BWB konsequent angewandt worden, wäre
der Schaden erheblich geringer ausgefallen.

b) Vertragsgestaltung: Wer trägt das
Realisierungsrisiko?

Da der Markt für Rüstungsgüter sehr beschränkt ist, ent-
wickelt die Industrie neue Technologien nur dann, wenn

sie sich hierbei Vorteile verspricht.1166 Eine angepasste
Version des Musterentwicklungsvertrages (ABEI)1167
sollte deshalb die Realisierungsrisiken der Entwicklungs-
anteile im Vertrag angemessen auf beide Vertragspartner
verteilen. Die Beurteilung dessen, welche Risiken der
Bund tatsächlich zu tragen hat, steht aus. Der Vertrag war
jedoch jederzeit kündbar.1168 Der Auftraggeber hatte zu-
dem das Recht, das Entgelt zum Teil einzubehalten, falls
Leistungen nicht oder nicht richtig erbracht wurden. Ent-
schlossenes Handeln vorausgesetzt, hätten Fehlentwick-
lungen daher vom Bund als Auftraggeber konsequent ge-
stoppt werden können und mit Verfehlen des elementaren
Ziels „Zulassung“ das Projekt auch müssen. Erst nach ei-
ner erneuten Risikoanalyse und ggf. der Entscheidung zur
Bereitstellung neuer Finanzmittel hätte es weiter geführt
werden dürfen. Genau hier haben alle Ebenen versagt, die
Fachebene spätestens Anfang 2010, die Leitung spätes-
tens 2011.

Der Vertragsabschluss war dabei kein „Schnellschuss“,
sondern es ging ihm eine komplexe über sechsjährige
Vorbereitungs- und Verhandlungszeit voraus. Aus diesem
Grund ist die Vereinbarung mit ihren Anlagen ein um-
fangreiches Vertragswerk, das auf Grundlage des damali-
gen Kenntnisstandes auf mehreren Ebenen verschiedenar-
tige Leistungsformen und -ziele zusammenfasst. Sollte es
einen versteckten Dissens hinsichtlich der Zulassungsvor-
aussetzungen zwischen den Parteien gegeben haben, dann
hat das BWB durch das Einbringen der Musterzulas-
sungsanforderungen (ZDv 19/1) in den Vertrag und die
Verpflichtung zur Aufstellung eines Musterprüfrahmen-
programms aus seiner Sicht alles Erdenkliche getan, um
die Zulassungsfähigkeit zum Vertragsbestandteil zu ma-
chen. Den an den Vertragsentwürfen Beteiligten kann
deshalb ebenso wenig ein Vorwurf gemacht werden, wie
dem bei Vertragsschluss am 31. Januar 2007 amtierenden
Verteidigungsminister Franz Josef Jung.1169 Es ist deshalb
durchsichtig, wenn Minister de Maizière und die Mitglie-
der der Koalition die Verantwortung möglichst weit in die
Vergangenheit schieben wollen.

c) Redliches Bemühen ausreichend?

Auch wenn in einem Arbeitszeugnis der Verweis auf das
redliche „Bemühen“ des Arbeitnehmers de facto ein „un-
genügend“ bedeutet, liegt die Ursache für das Scheitern
des Euro Hawk wohl kaum in der häufig als Ursache he-
rangezogenen „Bemühensklausel“.

Nach Ansicht des BAAINBw galt sie grundsätzlich für
die Erbringung von Dienstleistungen durch die Euro-

1163 So die übereinstimmenden Aussagen der Zeugen Scharping (Pro-
tokoll-Nr. 3, S. 39 f.), Schneiderhan (Protokoll-Nr. 3, S. 2 ff.), Jung
(Protokoll-Nr. 3, S. 55 f.) und de Maizière (Protokoll-Nr. 8, S. 6 f.).

1164 MAT 17-21 BMVg zu BB 17-30, Ordner 3, 5 und 6 (SLWÜA),
Ordner 4 (AGWOA) und Ordner 10 (ISISS).

1165 AGWOA Abschlussbericht B-WA 4403/04 vom 28.02.2003, MAT
17-21 BMVg zu BB 17-30, Ordner 4, S. 1 ff.

1166 Dazu: taz vom 12. August 2013, S. 12: Michael Brzoska, Von
Mängeln und Milliarden. Außerdem: taz vom 15. August 2013,
S. 6: Ulrike Winkelmann, US-Industrie wurde gehätschelt.

1167 ABEI = Allgemeine Bedingungen für Entwicklungsverträge der
Industriefirmen.

1168 MAT 17-6 BMVg zu BB 17-1, Ordner 1, S. 27: § 18 des Vertrages
vom 31. Januar 2007.

1169 Dessen angeblicher Einsatz für die ausdrückliche Aufnahme von
Schadensersatz- und Mangelgewährleistungsvorschriften im Ver-
trag (§§ 12, 13) ist zwar löblich, aber relativ wirkungslos: Entspre-
chende allgemeine Vorschriften wären via Anwendung der VOL/B
(§ 14) Vertragsbestandteil geworden (§ 22 Abs. 1 des Vertrages).

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 169 – Drucksache 17/14650

Hawk GmbH. Geschuldet sein soll insoweit lediglich das
„Bemühen, das bestmögliche Ergebnis zu erzielen“. Die
Klausel soll für risikobelastete Entwicklungsverträge
typisch sein und richtet sich nach den entsprechenden
Musterverträgen.1170

Allerdings wurde die Bemühensklausel für einzelne be-
deutende Leistungen ausdrücklich ausgeschlossen: Die
EuroHawk GmbH schuldete konkrete „Zulassungs-
leistungen“, das heißt Unterstützungsleistungen zum Er-
langen einer Zulassung.1171 Von der Bemühensklausel
ausgeschlossen waren auch bestimmte „Managementleis-
tungen“ (Leistungen für Logistik, Test, Zulassung und
Qualifikation). Dies waren z. B. Koordinierungsleistun-
gen für den Zertifizierungsprozess zwischen allen Betei-
ligten.1172

Letztlich ist es unerheblich, ob sich der Auftragnehmer
nun (nicht) richtig bemüht oder bestimmte Leistungen
(nicht) erbracht hat, obwohl er dazu verpflichtet gewesen
wäre. Es ist nach über sechs Jahren Laufzeit und der voll-
ständigen Bezahlung des Auftragnehmers fraglich, ob
noch erfolgreich Ansprüche gegen die EuroHawk GmbH
geltend gemacht werden könnten – zumal weder das
BAAINBw noch das BMVg hierzu ernsthafte Bemühun-
gen an den Tag legen. Das mag auch daran liegen, dass
man die Beziehungen zur Industrie nicht über Gebühr
strapazieren will.

d) Geld zurück? Oder: Die Show mit den
Rechtsanwälten

Weder 2009 noch 2011 wurde geprüft, ob der Vertrag ge-
kündigt werden konnte oder ob sich sonstige Ansprüche
daraus ableiten ließen. Zu diesem Zeitpunkt hätten sich
noch erhebliche Entwicklungskosten einsparen lassen.
Doch erst im Mai 2013 beauftragte Verteidigungsminister
Thomas de Maizière eine renommierte und entsprechend
teure Rechtsanwaltskanzlei.1173 Dieser Auftrag ist reines
Alibi.

Der Eindruck, dass hier wieder Steuergelder verschwen-
det werden, drängt sich schon deshalb auf, weil bisher zur
Rechtslage (außer einer knappen Einschätzung des
BAAINBw) weder die Rechtsabteilung im BMVg noch
die Amtsebene gutachterlich zu etwaigen Ansprüchen
oder zur Rechtslage allgemein Stellung genommen ha-
ben. Ob der Auftragnehmer seinen konkreten Pflichten
laut Leistungsbeschreibung nachgekommen ist, lässt sich
im Detail schwer beurteilen – und noch schwerer nach-
weisen.

Die teuren Anwälte werden sich deshalb vermutlich red-
lich – aber erfolglos – bemühen: Der EuroHawk GmbH

sind zwischen 2007 und 2013 die meisten Arbeitspakete
und „Milestones“ für scheinbar korrekt erbrachte Leistun-
gen bezahlt worden. Nur für einzelne nicht oder unzurei-
chend erbrachte Leistungen wurden Gelder einbehal-
ten.1174 Weil darüber hinaus auch erst noch ein konkreter
Schaden beziffert werden müsste, der durch etwaige
Pflichtverletzungen eingetreten ist, ist es fraglich, ob sich
ein eventuell doch bestehender Anspruch schließlich auch
gerichtlich oder auf dem Verhandlungswege erfolgreich
durchsetzen lasse. Die Einschaltung der Rechtsanwälte ist
daher Blendwerk. Es soll in der Öffentlichkeit nur der
Eindruck erweckt werden, der Minister beabsichtige
ernsthaft, mit allen rechtlichen Mitteln das Geld zurück-
zuholen, das sein Ministerium zuvor so bereitwillig aus-
gegeben hat.

e) Zulassung, Kat. 2 & 3 und CPM

Die technischen und vertraglichen Herausforderungen
hinsichtlich der Realisierung des Projektes waren dem
Auftragnehmer bei Vertragsschluss Ende Januar 2007
durchaus bewusst. Das Schließen der Fähigkeitslücke auf
Basis des integrierten Systems Euro Hawk war in mehrer-
lei Hinsicht technologisches Neuland. Umso klarer war,
dass dieses Projekt von Anbeginn einer engen Begleitung
durch die Leitung des Bundesministeriums der Verteidi-
gung, allen voran des Ministers bedurfte.1175

Verteidigungsminister de Maizière hat argumentiert, das
Vorhaben, die Musterzulassung für die Serie nach „Kate-
gorie 3“ als Soll-Forderung festzuschreiben und durchzu-
führen, sei Teil des Konstruktionsfehlers des Euro Hawk-
Projektes und mit Schuld am späteren Scheitern. Das
Nichtvorhandensein eines Sense and Avoid-Systems hätte
Warnung sein müssen, sich auf Kategorie 2 für die Zulas-
sung zu beschränken. Dieser Vorwurf verkennt jedoch die
Tatsache, dass für das Erlangen der Verkehrssicherheit ei-
nes jeden militärischen Fluggerätes – ob nach Kategorie 2
oder Kategorie 3 – die gleichen Nachweise zu erbringen
sind. Dies hat der Projektleiter in seiner Vernehmung vor
dem Untersuchungsausschuss noch einmal bestätigt.1176
Dieser Umstand war den Verantwortlichen bei Vertrags-
schluss ebenso bekannt wie die Tatsache, dass ein Sense
and Avoid-System erst noch entwickelt werden muss und
ein zugelassenes Euro Hawk-System bis dahin unter Ka-
tegorie 2 fliegen würde. Im Übrigen hat sein eigenes
Haus im Mai 2013 klipp und klar herausgestellt, dass
„Aspekte eines fehlenden Kollisionswarnsystems […]
keine Ausschlußkriterien für eine Zulassung“ darstell-
ten.1177 Danach wäre der Euro Hawk auch in Kategorie 2
vollumfänglich einsatzfähig und nutzbar.

Des Weiteren ist es falsch, wenn der Minister strukturel-
len Problemen im CPM von 2001 bzw. 2004 die Schuld
dafür gibt, dass Projektrisiken nicht erkannt und über 1170 Vgl. z. B. Musterverträge in MAT 17-32 BMVg zu BB 17-13,

BAAINBw Z3.2 R4, Ordner 4; auch MAT 17-47 BMVg zu BB 17-
14, Ordner 1-3.

1171 MAT 17-6 BMVg zu BB 17-1, Ordner 1, S. 28 f., 61 ff.: § 21 des
Vertrages i. V. m. Anlage 18.

1172 MAT 17-6 BMVg zu BB 17-1, Ordner 1, S. 29, 61 ff.: § 21 Abs. 3
des Vertrages i. V. m. Anlage 18.

1173 Bewertungen und Konsequenzen zum Euro Hawk, MAT 17-1 A
BT-VA zu BB 17-92, Sprechzettel BM, S. 13.

1174 Vgl. Stein, Protokoll-Nr. 4, S. 142, 149.
1175 „Projekte der Projektstufe 1 sind grundsätzlich leitungsrelevant.“;

Vgl. MAT 17-31 BMVg zu BB 17-12 BMVg, AIN I, Ordner 1,
S. 136.

1176 Vgl. Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 13.
1177 MAT 17-87 BMVg zu BB 17-57, FüSK I, S. 194.

Drucksache 17/14650 – 170 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Jahre hinweg Probleme aufgestaut wurden. Und es trifft
noch weniger zu, dass mit dem CPM nov. eine solche
Entwicklung definitiv nicht eingetreten wäre. Es ist un-
strittig, dass mit dem neuen CPM Verbesserungen im Be-
reich des Controlling eingeführt werden sollen, die auch
erkannten Problemen im bisherigen Beschaffungswesen
Rechnung tragen. Jedoch existiert der CPM nov. bisher
nur auf dem Papier und wird erst allmählich eingeführt.
Auch der Bundesrechnungshof hat deutlich gemacht, dass
es durchaus Mechanismen im geltenden CPM gibt wie
die Veranlassung einer Zwischenentscheidung, Projekt-
statusberichte sowie die Holschuld der Leitung bei Pro-
jekten dieser Relevanz.1178 Jedoch wurden diese quer
durch alle Ebenen zum Schaden des Projektes ignoriert.
Verantwortung und Projektcontrolling standen damit nur
auf dem Papier.

Deshalb ist die Behauptung des Ministers, der novellierte
CPM hätte das Scheitern des Projektes verhindert, unehr-
lich und lenkt vom eigentlichen Problem ab: der desaströ-
sen Verantwortungskultur an der Spitze des Ministeriums.

Die Leitung des Bundesverteidigungsministeriums hat es
über Jahre hinweg versäumt, der Tatsache Rechnung zu
tragen, dass es sich um ein Rüstungsprojekt der Projekt-
stufe 11179 handelte. Demnach hätten sich Minister und
Staatssekretäre in besonderer Weise um das Projekt küm-
mern und Informationen zu Projektstand und Problemen
einholen müssen. In dieser Hinsicht ist in der Amtszeit
von Thomas de Maizière und seinem Staatssekretär für
Rüstungsvorhaben, Stéphane Beemelmans, nichts ge-
schehen. Die vollmundigen Ankündigungen des Minis-
ters, alle großen Rüstungsprojekte auf den Prüfstand zu
stellen, waren ohne Wert.

5. Unzureichende Begleitung des Projektes
und offenkundiges Desinteresse der
Leitung des BMVg

Beim Ursprungsvertrag von 2007 handelt es sich um ei-
nen Entwicklungsvertrag. Dieser enthält viele dienstver-
tragliche Leistungspflichten, deren Einhaltung genauso
fortlaufend zu überprüfen ist wie deren Bezug zum ei-
gentlichen Entwicklungsziel. Der Charakter eines solchen
Vertrages macht eine enge fachliche wie politische Be-
gleitung notwendig. Es soll gerade nicht „ins Blaue hi-
nein“ entwickelt werden. Gerade bei wichtigen Weichen-
stellungen, wie der Entscheidung der Fachebene von
BWB und BMVg Anfang Februar 2010, den Prototyp
nicht als Muster für die Serie zu entwickeln, hätte die mi-
nisterielle Führung, welche die politische Verantwortung
für das Projekt trägt, eingebunden sein und sich bereits im
Vorfeld aktiv einbringen müssen. Dass sie dies nur unzu-
reichend tat, deutet auf ein offenkundiges Desinteresse
oder Naivität hinsichtlich der Entwicklung des Proto-

typen und der Einführung der Serie hin. Die Fähigkeitslü-
cke, die seit 2001 absehbar und seit 2010 Realität war, be-
steht damit unnötigerweise weiter fort.

a) Wesentliche Ereignisse
Während der Aufarbeitung der Ereignisse durch den Un-
tersuchungsausschuss wurde offenbar, dass es eine ganze
Reihe von Zeitpunkten gab, an denen Probleme sichtbar
wurden. Hier hätten sich die BMVg-Leitung und/oder die
mittleren Ebenen einschalten müssen. Es ist bei einem
Projekt dieser Größenordnung völlig unglaubwürdig,
dass der Minister, der die politische Verantwortung trägt,
nach eigener Aussage erst am 13. Mai 2013 mit der be-
reits entschiedenen Vorlage zur Nichtbeschaffung der Se-
rie vollständig informiert worden sein will.1180 Davor will
er nur allgemein im Rahmen einer Rüstungsklausur am
1. März 2012 Informationen zum Projekt bekommen ha-
ben. Der Bundesrechnungshof stellte in seinem Bericht
vom 3. Juni 2013 überzeugend dar, dass bereits im Jahr
2009, spätestens 2011 eine Neubewertung des Projektes
hätte erfolgen müssen.1181 Es gibt eine ganze Reihe von
Ereignissen, bei denen der Minister entweder nachweis-
lich von massiven Problemen erfuhr, sie hätte erfahren
müssen oder bei denen er sich aktiv um das Projekt hätte
kümmern und eine enge Begleitung realisieren müssen.
Die „neuralgischen Punkte“ für das Projekt Euro Hawk
sind:

aa) 3. Februar 2010: Verzicht auf die Muster-
zulassung

Ursprünglich sollte der Prototyp des Euro Hawk, der sog.
Full Scale Demonstrator (FSD), auf Basis der US-Zulas-
sung ein vereinfachtes Zulassungsverfahren in Deutsch-
land durchlaufen und als Muster für die Serie fungieren.
Im Laufe der Zeit wurde jedoch offenbar, dass das verein-
fachte Verfahren nicht durchführbar war und ein vollstän-
diges Musterprüfverfahren durchgeführt werden musste.
Nicht vorhandene Unterlagen auf amerikanischer Seite
und die Erkenntnis, dass aufgrund der fortwährenden
Weiterentwicklung der Global Hawks in den USA die
Unterschiede zwischen dem im Bau befindlichen FSD
und den geplanten Serienfahrzeugen zu groß werden wür-
den, stellten Anfang 2010 das Gesamtprojekt existentiell
in Frage. Der Bundesrechnungshof sieht diesen Zeitpunkt
sogar noch früher, im Jahre 2009, vor der Verabschiedung
des 3. Änderungsvertrages.1182

Auf Vorschlag der Firma Northrop Grumman beschloss
die Projektleitung mit Zustimmung eines Vertreters der
Fachaufsicht aus dem Referat Rü VI 2 des BMVg Anfang
Februar 2010, die Musterzulassung nicht weiter zu ver-
folgen. Stattdessen sollte der FSD mit dem bestehenden
Budget weiter entwickelt und dann mit einer vorläufigen
Verkehrszulassung (VVZ) betrieben werden. Auf der Fe-

1178 Vgl. Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 35.
1179 Im CPM 2010 werden die Projekte in Projektstufe 1 und 2 einge-

teilt. Zur Projektstufe 1 heißt es u. a.: „Projekte im besonderen Fo-
kus des BMVg […] Projekte der Projektstufe 1 sind grundsätzlich
leitungsrelevant.“; Vgl. MAT 17-31 BMVg zu BB 17-12 BMVg,
AIN I, Ordner 1, S. 136.

1180 Vgl. Bewertungen und Konsequenzen zum Euro Hawk, MAT 17-1
A BT-VA zu BB 17-92, Sprechzettel BM, S. 3.

1181 Vgl. Bericht des Bundesrechnungshofes, MAT 17-4 BRH zu BB
17-90, Ordner S. 41 (S. 29 des Berichts).

1182 Vgl. Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 13.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 171 – Drucksache 17/14650

bruar-Sitzung wurde dies in größerer Runde offiziell be-
schlossen, aber bereits im Januar 2009 hatte „das Um-
schwenken auf eine Prototypen-Prüfung für den FSD“
begonnen.1183 Damit wurden die kaum abzuschätzenden
zusätzlichen Zulassungskosten auf die noch zu beschaf-
fende Serie verschoben. Deren Kosten wären dann explo-
diert, sofern eine Serienzulassung nach deutschen Maß-
stäben überhaupt zu verwirklichen gewesen wäre. Das
muss allen Beteiligten klar gewesen sein. Aufgrund der
strategischen Bedeutung des Euro Hawk hätte eine solche
Entscheidung von der Leitungsebene gefällt werden müs-
sen. Dies wurde jedoch weder vom Projektleiter an den
BWB-Präsidenten noch vom Vertreter der Fachaufsicht
aus dem Referat Rü VI 2 an den Abteilungsleiter Rüstung
(AL Rü) berichtet. Genauso wenig wurde sie dokumen-
tiert. Sie findet sich auch nicht in den Quartalsberichten
des BWB zum Vorhabencontrolling.1184 Eine Erklärung
hatten die hierfür Verantwortlichen nicht. Der zuständige
Abteilungsleiter konnte dies vor dem Untersuchungsaus-
schuss nur konstatieren und dass er nicht informiert wor-
den sei.1185 So erfuhr der AL Rü erst im Herbst 2011, ein-
einhalb Jahre später, von dieser fatalen Entscheidung und
leitete entsprechende Maßnahmen ein.

„Mir ist das erst richtig deutlich geworden infolge
der Besprechung vom 24. November 2011.“1186

„[…] diese Entscheidung hätte […] schriftlich an
die Leitung, seinerzeit BWB, und auch schriftlich
an das BMVg, dann auch an die Leitung AIN, das
heißt seinerzeit an mich als Abteilungsleiter Rüs-
tung und an den Hauptabteilungsleiter [berichtet
werden müssen].“1187

Wäre das Scheitern der Musterzulassung für die Euro
Hawk-Serie der Führung im BMVg eher bekannt gewor-
den, hätte das Projekt deutlich früher umfassend auf den
Prüfstand gestellt werden müssen und erhebliche finan-
zielle Mittel hätten eingespart werden können.

Zwar fällt diese Entscheidung noch in die Amtszeit von
de Maizières Vorgänger Karl-Theodor zu Guttenberg. Al-
lerspätestens mit dem Antritt von Thomas de Maizière als
Minister und Stéphane Beemelmans als Rüstungsstaatse-
kretär im März 2011 sollten alle wichtigen Rüstungspro-
jekte einer Überprüfung unterzogen werden. So hatte es
Minister de Maizière kurz nach seinem Amtsantritt ange-
kündigt.1188 Ineffektives Controlling und die offene Miss-
achtung der für das BWB und das BMVg geltenden Ver-
fahrensbestimmungen im Customer Product Management
(CPM) haben dies ebenso vereitelt wie das Auseinander-

klaffen von Anspruch und Realität der Ankündigungen
des Ministers und seines Staatssekretärs.1189

bb) 20./21. Juli 2011: Überführungsflug nach
Deutschland

Vom 20. auf den 21. Juli fand der Überführungsflug des
FSD von der Edwards Air Force Base in Kalifornien zum
Testgelände der Dienststelle WTD 61 nach Manching in
Bayern statt. Der FSD flog zwar mit einer deutschen vor-
läufigen Verkehrszulassung, durfte aber mangels US-Ge-
nehmigung nicht wie ursprünglich geplant über US-ame-
rikanisches Territorium fliegen, sondern wurde an der
Westküste entlang über Kanada nach Europa geleitet.
Während des Fluges „trat wiederholt der komplette Ver-
lust der Steuerungsfähigkeit ein“. „Der EURO HAWK
veränderte wiederholt und unplanmäßig die Flughöhe.
Das Verhalten des ULfz [unbemannten Luftfahrzeuges]
war nicht vorhersehbar“.1190

Trotz dieser offensichtlich massiven Probleme wurde der
Euro Hawk von Staatssekretär Beemelmans Mitte Okto-
ber 2011 voller Stolz der Öffentlichkeit vorgestellt. Dabei
hätte vermutlich schon der Flug der Drohne in den deut-
schen Luftraum nicht stattfinden dürfen, da die eingesetz-
ten deutschen Prüfer bei der begleitenden Bauprüfung im
Sommer 2009 keine Prüfberechtigung hatten.1191 Zudem
fehlten notwendige Unterlagen seitens des Unterauftrag-
nehmers Northrop Grumman und der US Air Force. Die
Musterprüfstelle WTD 61/ML kam zu dem Schluss,
„dass die Nachweisführung für eine mögliche spätere Se-
rie praktisch der einer Neuentwicklung gleichkommen
würde“.1192

„Dass hier möglicherweise ein richtig fundamen-
tales Problem auftauche, sei das erste Mal be-
wusst geworden, als der EURO HAWK von den
USA nach Deutschland überführt worden sei“,

so der Abteilungsleiter Rüstung in der Sitzung des Vertei-
digungsausschusses am 24. April 2013.1193

Doch offenbar hat niemand in der Leitungsebene die Re-
levanz dieses „fundamentalen Problems“ erkannt oder
sich dafür wenigstens interessiert. Der wenige Monate
zuvor ins Amt gekommene Minister de Maizière hatte
zwar angekündigt, alle Rüstungsprojekte auf den Prüf-
stand stellen zu wollen. Das Euro Hawk-Projekt wurde
jedoch weder vor noch nach dem Flug nach Deutschland
einer Neubewertung unterworfen. Der Überführungsflug
des Prototypen hätte verschoben werden müssen, um zu-
nächst die bestehenden Probleme auszuräumen. Aber
eine Überprüfung des Gesamtprojektes fand nicht statt.

1183 Vgl. E-Mail vom 19. Januar 2012, MAT 17-79 E BMVg zu BB 17-59,
WTD 61, Wolfgang Steiger, Ordner 1, E-Mail Eingang, S. 4; vgl.
auch S. 9.

1184 Vgl. Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 10.
1185 Vgl. Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 67.
1186 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 74.
1187 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 78.
1188 Vgl. Äußerungen von Thomas de Maizière beim Parlamentarischen

Abend des Bundesverbandes der Deutschen Sicherheits- und Ver-
teidigungsindustrie (BDSV) am 6. September 2011.

1189 Vgl. Äußerungen von Stéphane Beemelmans vor der Deutschen Ge-
sellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) am 13. September 2011.

1190 Vgl. Präsentation der Luftwaffe für das Treffen der Airspace Coor-
dination Working Group Anfang September 2011, MAT 17-91
BMVg zu BB 17-65, FüSK I 2, Ordner 2, S. 206 ff., hier S. 214.

1191 Vgl. Bericht TRAR Michael Ruhe vom 21. August 2009, MAT 17-48
BMVg zu BB 17-17, S. 11 ff.

1192 Vgl. MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeits-
gruppe EURO HAWK, Ordner 1, S. 32.

1193 Vgl. Deutscher Bundestag, 17. WP, Kurzprotokoll der 139. Sitzung
des Verteidigungsausschusses, 24. April 2013, MAT 17-1 BT-VA
zu BB 17-92, S. 408.

Drucksache 17/14650 – 172 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

cc) Herbst 2011: Beschaffung der Lang-
läuferbauteile wird angehalten,
Serienbeschaffung fraglich

Obwohl bereits auf Fachebene beschlossen worden war,
den FSD nicht als Muster für die Serie zu qualifizieren
(s. o.) und die Beschaffung der Serie insgesamt fraglich
geworden war, wurde das Entwicklungsprogramm unge-
rührt fortgesetzt. Noch im Oktober 2011 erreichten die
BMVg-Spitze eine Vorlage zur Beschaffung sogenannter
„Langläuferbauteile“ und ein Entscheidungsvorschlag zur
beschleunigten Beschaffung der Serie.1194 Die Bestellung
dieser Langläuferbauteile hätte bereits die Beschaffung
der Serienfahrzeuge eingeleitet, für die noch gar kein
Muster entwickelt worden war. Einen Monat später ging
eine weitere Vorlage mit konkretisierten Angaben zum
Ablauf der Beschaffung bei den Staatssekretären ein.1195
Allerdings hatte zeitgleich, am 24. November 2011, ein
Treffen beim Abteilungsleiter Rüstung Selhausen stattge-
funden, in dessen Verlauf er von der fundamentalen Ent-
scheidung vom 3. Februar 2010 Kenntnis erhielt. Auf der
Entscheidungsvorlage vermerkte er die Bitte, vor einer
Bestellung weitere notwendige Informationen abzuwar-
ten. In einer im Nachgang zu der Besprechung geforder-
ten Informationsvorlage mit Datum vom 5. Dezember
2011 heißt es:

„Die Gesamtheit aller zusätzlich erforderlichen
Maßnahmen zur Erreichung einer Musterzulas-
sung könnte sich zu einem hohen zweistelligen
Mio. € Betrag summieren.“1196

Wieder zeigt sich hier das BMVg als eine Organisation in
einem desolaten Zustand. Über eineinhalb Jahre lang
wurde eine essentielle Entscheidung der Fachebene, die
sie aufgrund der Tragweite gar nicht hätte treffen dürfen,
nicht an die Spitze des Hauses weitergegeben. Dabei
wäre es durch die Bestellung der Langläuferbauteile noch
zu weiteren unnötigen Kostensteigerungen gekommen,
wenn der zuständige Abteilungsleiter Rüstung nicht zu-
fällig durch ein informelles Gespräch mit dem Projektlei-
ter vom wahren Stand des Projektes erfahren hätte. Ob-
wohl der für Rüstung zuständige Staatssekretär
Beemelmans mit der Vorlage vom 22. November 2011
von der Entwicklung informiert wurde, ging die weitere
Initiative vom AL Rü aus. Zudem ließ der Staatssekretär
den Minister in Unkenntnis ob der neuen Entwicklungen.
Dabei ist die Entwicklung des Euro Hawk nach dem seit
Juni 2010 gültigen CPM ein Projekt der Stufe 1 und damit
„grundsätzlich leitungsrelevant“1197. Hier wurden also so-
wohl die Vorgaben des CPM ignoriert als auch die poli-

tisch Verantwortlichen in Unkenntnis über diese rich-
tungsweisende Entscheidung gelassen.

dd) Januar 2012: Information der Spitze des
Hauses

Im Verlauf der Entscheidung, die Langläuferbauteile zu-
nächst nicht zu bestellen, beauftragte der AL Rü das
BWB darzustellen, wie ein Betrieb des FSD und eine Zu-
lassung der Serie innerhalb des bestehenden Vertrages er-
reicht werden könnten. Zunächst wurde von der Abtei-
lung Luft im BWB für die Serienbeschaffung ein
Mehrbedarf von 100 Millionen Euro geschätzt;1198 dabei
wurden vom Vizepräsidenten des BWB bereits im April
2010 erhebliche Kostensteigerungen von 333 Millionen
Euro für Projektierung und Einführung der Serie gese-
hen.1199 Am 18. Januar 2012 erreichte den Abteilungslei-
ter allerdings eine weitere Vorlage, in der nun für die Se-
rienbeschaffung ein „Mehrbedarf von 451 Millionen Euro
gegenüber der bisherigen Kostenschätzung von 610 Mil-
lionen Euro“1200 erwartet wurde, also über eine Milliarde
Euro; diese hohen Kosten waren erst im Mai 2013 das
entscheidende Kriterium für die Nichtbeschaffung der Se-
rie, obwohl sie bereits seit Anfang 2012 der Leitung be-
kannt waren.

Diese Information gab der AL Rü umgehend weiter an
das Büro des Rüstungsstaatssekretärs Beemelmans, um
dort ein „Problembewusstsein“1201 zu schaffen. Am
19. Januar 2012 schickte er deshalb dessen Büro eine E-
Mail, in welcher er explizit auf die sich abzeichnende
„dramatische Kostenexplosion“ hinwies. Bei diesen
hohen Kosten würde er eine Bestellung der Langläufer-
bauteile nicht empfehlen.1202 Die E-Mail war zur Vorbe-
reitung eines Gesprächs des Ministers mit Industrievertre-
tern geschrieben worden. Daher ist davon auszugehen,
dass der Inhalt der E-Mail den Staatssekretär wie auch
den Minister in schriftlicher oder mündlicher Form errei-
chen sollte. Eine Informationsvorlage an die Staatssekre-
täre am 8. Februar 2012 wiederholte die grundsätzlichen
Bedenken zu den „aus heutiger Sicht gegebenen techni-
schen, zeitlichen sowie finanziellen (die Finanzierbarkeit
des Programms in Frage stellenden) Risiken“. Besonders
Staatssekretär Wolf war sich offenbar des heiklen Zu-
stands des Projektes bewusst, wie seine zahlreichen kriti-
schen Anmerkungen in der Vorlage belegen.1203 Von lös-
baren Problemen, wie sie der Minister später beschrieben
hat, konnte schon Anfang 2012 längst nicht mehr die
Rede sein.

1194 Vgl. Entscheidungsvorlage vom 10. Oktober 2011, MAT 17-50
BMVg zu BB 17-31, Ordner 2, S. 291 ff.

1195 Vgl. Informations- und Entscheidungsvorlage vom 22. November
2011, MAT 17-50 BMVg zu BB 17-31, Ordner 2, S. 329 ff.

1196 Vgl. Informationsvorlage vom 5. Dezember 2011, MAT 17-50
BMVg zu BB 17-31, Ordner 2, S. 335.

1197 Vgl. Customer Product Management (CPM) 2010, Verfahrens-
bestimmungen für die Bedarfsermittlung, Bedarfsdeckung und
Nutzung in der Bundeswehr, S. 30, s. MAT 17-31 BMVg zu
BB 17-12, AIN I 1, Ordner 1, S. 136.

1198 Vgl. Informationsvorlage vom 20. Dezember 2011, MAT 17-50
BMVg zu BB 17-31, Ordner 2, S. 342 ff.

1199 Vgl. Präsentation zum Projektcontrolling in der Rüstung, Stand 04/
2010, MAT 17-74 BMVg zu BB 17-58, Ordner 5, Sekretariat Lei-
tung BWB/BAAINBw, S. 58.

1200 Vgl. Informationsvorlage vom 20. Januar 2012, MAT 17-50
BMVg zu BB 17-31, Ordner 2, S. 347 ff.

1201 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 57.
1202 Vgl. E-Mail vom 19. Januar 2012, MAT 17-73 BMVg zu BB 17-

48, Ordner 1, StS Beemelmans, E-Mail Verkehr
22072011_29042013, S. 110.

1203 Vgl. Informationsvorlage vom 8. Februar 2012, MAT 17-69 BMVg
zu BB 17-32, Büro des Ministers, Ordner 1, S. 141 ff.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 173 – Drucksache 17/14650

ee) 1. März 2012: Rüstungsklausur

Auf der Rüstungsklausur wurde der Minister nach eigener
Aussage jedenfalls zum ersten Mal über Probleme beim
Euro Hawk informiert, allerdings waren ihm diese als
„lösbar“ dargestellt worden. Vorab hatte er eine ausführli-
che Informationsvorlage erhalten, die er laut schriftli-
chem Vermerk von Staatssekretär Beemelmans ausdrück-
lich gelobt hat. Darin heißt es deutlich zum Euro Hawk,
ähnlich wie bereits in der Vorlage vom 8. Februar 2012:
„Kostensteigerungen stellen Gesamtsystem zunehmend
infrage“.1204 Weiter heißt es, das Problem bei allen UAS
(Unmanned Aircraft Systems) seien Schwierigkeiten bei
der Musterzulassung und die Befürchtung, diese nicht mit
einem vertretbaren Aufwand erreichen zu können. Auf
der Klausur selbst hielt zur Zulassungsproblematik der
designierte Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant
Müllner, einen Vortrag, zu dem es in der anschließenden
Diskussion aber keine Nachfragen gegeben haben soll,
weder vom Minister noch von den Staatssekretären. Vom
AL Rü Selhausen wurde dagegen versichert, man habe
darüber gesprochen „das Thema gemeinsam klären“1205
zu wollen.

Überraschend ist, dass der zentrale Punkt der Vorlage
– die bedrohlichen Kostensteigerungen – auf der Klausur
nicht angesprochen worden ist. Trotz gegenteiligem Wis-
sensstand auf Seiten der Staatssekretäre und des AL Rü
wurden offenbar dazu keine Rückfragen gestellt, sondern
der Punkt möglichst schnell (und geräuschlos) abgehan-
delt. Gab es hier eine falsche Rücksicht auf den Minister?
Wollte dieser bekanntermaßen nicht mit Details belästigt
werden? Oder sollte ob des desaströsen Projektverlaufs
ein günstigerer Moment abgepasst werden, den Minister
über die riesigen Probleme zu informieren? Auch hier
scheint die Kommunikation auf der Leitungsebene de-
saströs gewesen zu sein.

Bereits Jahre vor dem Vertragsschluss 2007 war das Zu-
lassungsthema als kritischer Punkt erkannt worden. Ge-
rade aus diesem Grund bedurfte das Projekt einer engen
Begleitung durch die Spitze des Hauses. Auf der Klausur
2012 fand der wunde Punkt des Projektes Erwähnung –
aber auch nicht mehr, obwohl die Bestellung der Langläu-
ferbauteile und damit der Einstieg in die Serienbeschaf-
fung schon vom AL Rü und Staatssekretär Beemelmans
zurückgestellt worden war. Zudem war lange zuvor (Fe-
bruar 2010, de facto bereits Januar 2009) das Vertragsziel
dahingehend geändert worden, den FSD nicht mehr als
Muster für die Serie zuzulassen. Wenn auf dieser Klausur
mit umfangreicher schriftlicher Vorbereitung kaum ein
Wort über den prekären Zustand des Projektes verloren
wird, dann ist das schwer vorstellbar. Hier haben alle Be-
teiligten versagt. Nimmt man die Unterlagen und die Zeu-
genaussagen hierzu als Maßstab, konnte dies nur in ein
Desaster führen.

ff) 26. Juni 2012: Gespräch mit Abgeordneten
der Koalition

Zur Vorbereitung eines Gesprächs mit den Bundestagsab-
geordneten Elke Hoff und Ernst-Reinhard Beck Ende
Juni 2012 erhielt der Minister aus seinem Haus Hinter-
grundinformationen und eine Sprechempfehlung. Darin
wird auf eine 27-monatige Verzögerung gegenüber der
ursprünglichen Zeitplanung hingewiesen. Zudem sollen
laut Sachstand vier Serienluftfahrzeuge beschafft werden;
unerwähnt bleibt, dass das bestehende Modell des Euro
Hawk nicht als Muster geeignet ist und dass man schon
lange von dem Vertragsziel abgewichen ist, einen Full
Scale Demonstrator als Vorlage für eine Serie zu entwi-
ckeln. Weiterhin sagt das Dokument, der Kauf der Lang-
läuferbauteile für die Serie sei zunächst zurückgestellt
worden. Damit ist die beabsichtigte Serienbeschaffung
entgegen der ersten Information unsicher.

Allerdings finden sich weder im aktiven noch im reakti-
ven Teil der Sprechempfehlung diese Hinweise. Stattdes-
sen soll Minister de Maizière die MdBs darüber informie-
ren, dass das Projekt „abgesehen von den eingetretenen
Verzögerungen zufriedenstellend“1206 verläuft. Eine Ent-
scheidung zur Beschaffung der Serie könne Ende des Jah-
res getroffen werden. Die Formulierung lässt isoliert be-
trachtet breiten Interpretationsspielraum bezüglich des
Projektverlaufs. Im Gesamtkontext soll der Minister – wi-
der besseres Wissen – den Parlamentariern genau das ver-
mitteln, was im Sachstand bereits als riskant skizziert
worden ist. Zur gleichen Zeit arbeiten die verschiedenen
Stellen des BMVg, des BWB/BAAINBw und der Bun-
deswehr bereits an möglichen alternativen Zulassungs-
möglichkeiten; an eine zügige und problemlose Einfüh-
rung der Serie war nicht mehr zu denken.

gg) September 2012: Irreführende Informa-
tionen des BMVg gegenüber dem
Parlament zur Bestellung von
Langläuferbauteilen

Der Zeuge Staatssekretär Beemelmans hat in seiner Ver-
nehmung vor dem Untersuchungsausschuss auf die
Frage, ob das Parlament nicht bei Problemen hätte einbe-
zogen werden sollen, geantwortet:

„Herr Abgeordneter, ich habe, als eine festste-
hende Entscheidungslage dastand, unmittelbar
das Parlament unterrichtet. Also, schneller kann
ich mir das nicht vorstellen. Unmittelbar, einen
Tag nachdem der Minister das überhaupt erfahren
hat, habe ich den Bericht an den Verteidigungs-
ausschuss geschickt, wo ich berichtet habe, wie
der Stand ist. Und wenn ich es richtig in Erinne-
rung habe, ist zu diesem Projekt im Rahmen der
Unterlagen, die wir schicken zum Haushaltsauf-
stellungsverfahren, regelmäßig auch immer ein
Steckbrief zum Euro Hawk dabei gewesen, wo

1204 Vgl. Informationsvorlage vom 27. Februar 2012, MAT 17-69
BMVg zu BB 17-32, Büro des Ministers, Ordner 1, S. 124 ff., hier
S. 133.

1205 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 42.

1206 Vgl. Hintergrundinformation HALE UAS EURO HAWK, MAT
17-80 BMVg zu BB 17-44, AIN V 5, Sämtliche Vorlagen, Ordner 1,
S. 8.

Drucksache 17/14650 – 174 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

drinstand: ,Langläuferteile verschieben sich, weil
…‘ und so was. Aber ich habe tatsächlich, einen
Tag nachdem ich den Minister unterrichtet habe,
schon den Verteidigungsausschuss unterrich-
tet.“1207

Dies trifft jedoch so nicht zu. In den jährlichen Berichten
des Bundesministeriums der Verteidigung zu Rüstungsbe-
schaffungen, die im Rahmen des Haushaltsaufstellungs-
verfahrens an die Mitglieder des Verteidigungsausschus-
ses und des Haushaltsausschusses geschickt werden,
finden sich keine Hinweise dazu, dass es zu Verzögerun-
gen bei der Bestellung von Langläuferbauteilen o. ä.
kommen könnte. Vielmehr wird im sogenannten „Pro-
jektsteckbrief“ Euro Hawk vom 17. September 2012 da-
rauf hingewiesen, dass „[durch] die frühzeitige Beauf-
tragung von Langläuferteilen und der zeitkritischen
Restentwicklung des Missionssystems […] die Beschaf-
fung der Serienluftfahrzeuge mit einem Zulauf ab 2016-
2017 ermöglicht“ werden soll.1208

Zu diesem Zeitpunkt war jedoch bereits seit mehreren
Monaten BMVg-intern entschieden, von einer Beschaf-
fung der Langläuferbauteile abzusehen. Damit wurden
die Abgeordneten im Rahmen der Haushaltsverhandlun-
gen für den Haushalt 2013 sowie hinsichtlich der mittel-
fristigen Finanzplanung für den Einzelplan 14 (Verteidi-
gung) falsch informiert. Das Bundesministerium der
Verteidigung suggerierte mit der „Projektskizze“ Euro
Hawk, dass eine Beschaffung von Langläuferbauteilen
nach wie vor geplant sei und dies sogar beschleunigt ge-
schehen solle. Das Gegenteil war der Fall.

hh) 18. Oktober 2012: Parlamentarischer
Abend des BDSV

Aus Anlass eines parlamentarischen Abends des BDSV
Mitte Oktober 2012 erhielt der Minister mit Datum vom
24. September 2012 erneut eine mehrseitige Hintergrund-
information zum Euro Hawk-Projekt. Danach seien mitt-
lerweile Verzögerungen von 35 Monaten eingetreten. Die
zusätzlichen Kosten für die Zulassung, auf die der Abtei-
lungsleiter Rüstung bereits im Januar 2012 hingewiesen
hatte, betrügen bei Berücksichtigung der maximal mögli-
chen Einsparmöglichkeiten noch immer mindestens
184 Millionen Euro; zudem seien zusätzliche Kosten für
die Entwicklung des SIGINT-Missionssystems notwen-
dig. Deshalb würden sowohl alternative Zulassungswege
sowie alternative Trägersysteme untersucht. Wie bereits
in früheren Informationen wurde auch darauf hingewie-
sen, dass die Langläuferbauteile für die Serie zunächst
nicht bestellt worden seien. Eine abschließende Entschei-
dung werde Anfang 2013 erfolgen.1209

Da diese Information speziell für den Minister von seinen
Beamten erstellt wurde, kann davon ausgegangen wer-

den, dass er Kenntnis von ihrem Inhalt genommen hat.
Dem Minister wurden erneut die bestehenden Probleme
aufgezeigt. Die mehr als deutliche Verzögerung des Pro-
jektes, die drastischen Kostensteigerungen trotz Einspa-
rungen und der unklare weitere Projektverlauf waren ein-
deutige Fingerzeige, dass das Projekt unweigerlich in
eine ungute Richtung driftete.

Doch der Minister fragte nicht nach, forderte keine weite-
ren Informations- oder gar Entscheidungsvorlagen an und
er scheuchte auch nicht seine Staatssekretäre auf, hier die
Initiative zu ergreifen. Schon gar nicht informierte er das
Parlament über die schwerwiegenden Probleme.

ii) 10. Dezember 2012: Besuch des Ministers
in Manching

Am 10. Dezember 2012 traf der Minister bei der Firma
Cassidian in Manching mit deren CEO Gerwert zusam-
men. Die Unterlagen zur Gesprächsvorbereitung mit Da-
tum vom 5. Dezember zeichnete der Minister am Tag des
Besuchs ab. Im den Euro Hawk betreffenden Sach-
stand1210 wird kurz auf die den deutschen Musterprüfbe-
stimmungen widersprechende Entwicklung der Träger-
plattform im Jahr 2009 eingegangen. Die zeitliche
Verzögerung beträgt nach dieser Unterrichtung weiterhin
35 Monate. Erneut wird das gescheiterte Entwicklungs-
ziel nicht in seinen Konsequenzen thematisiert, sondern
weiter die Umsetzung der geplanten Beschaffung von
vier Serienluftfahrzeugen in Aussicht gestellt. Eine ab-
schließende Entscheidung würde im ersten Quartal 2013
getroffen. Wie bereits in früheren Vorlagen erging auch
hier die Information, dass der Kauf von Langläuferbautei-
len für die Serie zurückgestellt sei, bis Klarheit über die
Zulassungsproblematik und die Zukunft des Global Hawk
der US Air Force herrsche (die Produktion der Global
Hawk Block 20 und 30 war Anfang 2012 eingestellt wor-
den, was die zukünftige Versorgung mit Ersatzteilen in-
frage stellte). So „ist die Beauftragung einer EURO
HAWK Serie mit einem hohen finanziellen und in Teilen
technischen Risiko verbunden“.1211 Als Abschluss der In-
formationen für den Minister wird die reaktive Sprech-
empfehlung gegeben, dass „derzeit keine Grundlage ge-
geben [sei], um eine Entscheidung für eine
Serienbeschaffung zu befürworten oder gar zu tref-
fen“.1212 Doch anscheinend hatte der Minister diese Pas-
sagen nicht gelesen:

„Ich habe diese Mappe gesehen und habe sie auch
abgezeichnet. Natürlich kann ich im Nachhinein
nicht mehr sagen, ob und in welcher Gründlich-
keit ich jede dieser 60 Seiten gelesen habe. Mal
kann ich die Vorbereitungen gründlich und gut
studieren, manchmal weniger; das ist ein Zeitpro-

1207 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 31.
1208 Anlage 3 zu Parl StS beim Bundesministerium der Verteidigung

Kossendey, 1780002-V07 vom 25. September 2012.
1209 Vgl. Hintergrundinformation für Herrn Minister Parlamentarischer

Abend des BDSV e. V. am 18. Oktober 2012, MAT 17-80 A
BMVg zu BB 17-44, Stab Org und Rev, S. 1 ff.

1210 Vgl. Informationsmappe für das Gespräch von Herrn Bundesminis-
ter mit Herrn Dipl.-Ing. Bernhard Gerwert (…) am 10. Dezember
2012, MAT 17-59 BMVg zu BB 17-38, Ordner 1, S. 1 ff.

1211 Gesprächsvorbereitung, MAT 17-59 BMVg zu BB 17-38, Ordner 1,
S. 42.

1212 Gesprächsvorbereitung, MAT 17-59 BMVg zu BB 17-38, Ordner 1,
S. 43.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 175 – Drucksache 17/14650

blem. Ich will mich jetzt aber gar nicht darauf be-
rufen, dass ich diese Seiten vielleicht gar nicht
gelesen hätte. Ich muss mir dieses Wissen zurech-
nen lassen. Das ist so. Ich habe die Vorlage abge-
zeichnet.“1213

Seltsam verklausuliert wurde zugegeben, dass die Serien-
beschaffung bis auf Weiteres gescheitert sei. Wenn auch
in sich widersprüchlich und diffus wurde der Minister
über die Probleme des Projektes informiert. Doch hat er
diese Informationen nicht aufgenommen und war folglich
nicht in der informatorischen Lage, entsprechend kritisch
nachzufragen.

Aufgrund der mittlerweile zahlreichen und deutlichen
Hinweise aus den verschiedenen Informationsvorlagen
und Vorbereitungsmappen hätte der Minister schnellst-
möglich eine umfassende und zielgerichtete Leitungsvor-
lage einfordern und damit das Projekt aktiv an sich reißen
müssen. Dies ist nicht geschehen. Unwissend und schein-
bar teilnahmslos hat de Maizière die Mischung aus Er-
folgsmeldungen, diffusen Andeutungen und versteckten
Eingeständnissen des Scheiterns über sich ergehen lassen.
Doch in jedem Fall hat er zahlreiche Gelegenheiten ge-
habt, sich über den Fortgang des Projektes zu informieren –
und nachzufragen.

Es ist davon auszugehen, dass der Minister bis zur Ent-
scheidung am 13. Mai 2013 mehrfach bei der einen oder
anderen Gelegenheit weitere Informationen erhalten ha-
ben könnte. Hinweise hierzu hat er in seiner Vernehmung
vor dem Untersuchungsausschuss selbst geliefert.1214
Ausschlaggebend sind diese letzten Monate vor der Ent-
scheidung aber nicht mehr. Tatsache ist, dass das Projekt
zu einem viel früheren Zeitpunkt auf den Prüfstand gehört
und gestoppt hätte werden müssen. Es gab ausreichend
Gelegenheiten in der Amtszeit des Ministers seit März
2011. Dass dies nicht geschah, ist teilweise den Struktu-
ren und dem Kommunikationsgebaren auf der Arbeits-
ebene, teilweise der kraft- und initiativlosen Kommunika-
tionskultur auf der Leitungsebene zuzuschreiben.

b) Fehler der Fachebene als Organisations-
verschulden der Leitung

Das Euro Hawk-Desaster hat eklatante Missstände in der
Organisation des Ministeriums und seiner nachgeordne-
ten Bereiche offenbart. Missstände, für die die Leitung
des BMVg ebenfalls politisch verantwortlich ist. Über
Jahre hinweg haben sich Fachebene und Leitung ungenü-
gend vernetzt, aneinander vorbei gearbeitet und beste-
hende Controlling-Mechanismen ad absurdum geführt.
Der Bundesrechnungshof nennt den Umgang mit den
Projektrisiken schlichtweg „folgenschweres Organisa-
tionsversagen“1215. Ein überaus formalistischer Arbeits-
und Kommunikationsstil und die Überforderung und

Blickverengung von Verantwortlichen quer durch alle
Ebenen bildeten eine fatale Fehlerkette und trugen erheb-
lich zum Scheitern des Projektes Euro Hawk bei.

Es finden sich zahlreiche Belege dafür, dass die Projekt-
leitung frühzeitig informiert war über gravierende Pro-
bleme mit Blick auf die angestrebte Musterzulassung der
Serie, das hierfür nötige Beibringen von Dokumenten und
Nachweisen sowie die Generierung erheblicher Mehrkos-
ten.1216 Zudem traf die Fachebene für den Projektverlauf
gravierende Entscheidungen, ohne die mittel- und lang-
fristigen Folgen zu bedenken sowie diese mit der Leitung
rückzukoppeln, geschweige denn billigen zu lassen. Her-
vorstechendes Beispiel hierfür ist die eigenmächtige Ent-
scheidung der Projektleitung, bereits im Jahr 2009/10, auf
eine umfassende Musterprüfung für den Full Scale De-
monstrator (FSD) zu verzichten, die Musterprüfung auf
die spätere Serie zu verschieben und sich hinsichtlich des
FSD auf eine Prototypenprüfung zu beschränken. Diese
Entscheidung am 3. Februar 2010 wurde laut dem so ge-
nannten „Ad-hoc Bericht“ der Arbeitsgruppe EURO
HAWK im Bundesministerium der Verteidigung durch
die Projektleitung weder schriftlich festgehalten noch an
die Leitung kommuniziert. Der Vertreter der Fachaufsicht
hat seinen Referatsleiter Rü VI 2 im Anschluss an die Be-
sprechung mündlich über das Ergebnis in Kenntnis ge-
setzt.1217 Die Informationen sind in der Folge im Ministe-
rium versandet. Erst knapp zwei Jahre später, am
24. November 2011 soll der AL Rü vom Projektleiter des
Euro Hawk von dieser Entscheidung erfahren haben. Die
Richtigkeit der Darstellung des BMVg konnte nicht ab-
schließend verifiziert werden. Sollte sie aber zutreffen, so
wäre dies ein weiterer Beleg für das desaströse Kommu-
nikations- und Entscheidungsverhalten der Verantwortli-
chen.

Der Bundesrechnungshof hat vor dem Untersuchungsaus-
schuss deutlich gemacht, dass das mit dem Projekt be-
traute damalige Bundesamt für Wehrtechnik und Be-
schaffung (BWB, heute Bundesamt für Ausrüstung,
Infrastruktur und Nutzung der Bundeswehr – BAAINBw)
gegen die vorgesehenen Berichts- und Entscheidungs-
wege entlang des damals gültigen Beschaffungsprozesses
verstoßen hat. Die im alten CPM von 2001 bzw. 2004
durchaus vorhandenen Mechanismen zur Risikoanalyse
und -bewertung sowie die damit verbundenen Berichts-
pflichten wurden schlicht ignoriert. Danach hätte bei ei-
ner so wegweisenden Entscheidung wie dem Abweichen
von der geplanten Musterprüfung an die Leitung über die-
ses Vorhaben sowie über die Probleme berichtet werden
müssen. Außerdem wäre eine Entscheidung der Leitung
in diesem Punkt zwingend notwendig gewesen.1218

Wie ahnungslos das Verteidigungsministerium ein-
schließlich des Ministers auch noch nach Abbruch des

1213 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 12 f.
1214 Vgl. de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 10: „(…) das Gespräch mit

den Haushaltsberichterstattern der Koalition am 14. März 2013 und
den Jour fixe am 26. April 2013.“

1215 Vgl. Bericht des Bundesrechnungshofes, MAT 17-4 BRH zu BB
17-90, Ordner 1, S. 42 (S. 30 des Berichts).

1216 Vgl. u. a. MAT 17-94 BMVg zu BB 17-56, Anlage 1, S, 141; Stein,
Protokoll-Nr. 4, S. 151; MAT 17-4 BRH zu BB 17-90, Ordner 1, S.
18 sowie 40 ff.

1217 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe
EURO HAWK, Ordner 1, S. 31.

1218 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 35.

Drucksache 17/14650 – 176 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Serienvorhabens im Mai 2013 hinsichtlich entscheiden-
der Projektentwicklungen war, zeigt sich u.a. daran, dass
der Ad-hoc Bericht als Datum für die diesbezügliche Ent-
scheidung eine Besprechung der Projektleitung mit Ver-
tretern der EuroHawk GmbH am 3. Februar 2010 aus-
macht.1219 Vor dem Untersuchungsausschuss hat der
heutige Projektleiter Rüdiger Knöpfel auf die Frage,
wann genau die Entscheidung getroffen wurde, auf eine
umfassende Musterzulassung zu verzichten und sich auf
eine Prototypenprüfung für den FSD zu beschränken, ge-
antwortet:

„Genau? Sie ist Anfang des Jahres 2010 getroffen
worden.“1220

Der Direktor des BAAINBw, Harald Stein, bestätigte
diese Angabe vor dem Untersuchungsausschuss mit den
Worten:

„Dieses war im Februar 2010 bei einer Projektbe-
sprechung anlässlich einer Zusammenkunft
Ministerium, Rüstungsabteilung, FüL, Projektlei-
tung und Firma, und auf Vorschlag der Industrie
wurde dort die Empfehlung angenommen, dass
man auf die Musterzulassung des Prototypen ver-
zichtet, weil ein Konstruktionsstand absehbar für
die Serie ein anderer sein wird. Deswegen hat
man entschieden, die Serie erst mit der Musterzu-
lassung zuzulassen.“1221

Demgegenüber findet sich in den an den Untersuchungs-
ausschuss gelieferten Akten ein Schreiben des heutigen
Projektleiters Knöpfel an den heutigen Leiter WTD 61/ML
Steiger, in welchem es heißt:

„In Anbetracht des schwierigen Lernprozesses
seitens NG und der trägen insbesondere aus Sicht
des Musterprüfers unzureichenden Informations-
freigabe Policy der USAF, bzw. der US-Adminis-
tration begann Januar 2009 das Umschwenken
auf eine Prototypen-Prüfung für den FSD, insbe-
sondere um die Kosten und den Zeithorizont für
die Übergabe des FSD an die Truppe in Sicht zu
behalten.“1222

Damit widerspricht der Projektleiter Knöpfel seiner eige-
nen Aussage sowie der seines Vorgesetzten hinsichtlich
des Umschwenkens auf eine Prototypenprüfung und im
Übrigen auch dem Ad-hoc Bericht der Arbeitsgruppe
EURO HAWK des Bundesministeriums der Verteidi-
gung. Es ist in diesem Zusammenhang geradezu grotesk,
dass ausgerechnet an diesem Punkt des Projektes die Pro-
jektverantwortlichen die Tragweite nicht erkannt und eine
generelle Überprüfung des Vorhabens eingeleitet haben.
Sehenden Auges wurde sich von der ursprünglichen Ziel-
vorgabe des Projektes verabschiedet und damit bereits zu

diesem Zeitpunkt das nachhaltige Schließen der Fähig-
keitslücke SIGINT in mittlerer Frist faktisch beerdigt.

Die Fachebene ist ihrer Bringschuld gegenüber der Lei-
tung bei zentralen Punkten im Projektverlauf nicht nach-
gekommen. Gleichzeitig hat sich weder die fachliche
Führung im Bundesamt noch die Fachaufsicht im Bun-
desverteidigungsministerium für das Projekt interes-
siert.1223 Dies wird auch daran deutlich, dass die schlechte
personelle Ausstattung des Projektes, die immer wieder
durch die Projektleitung problematisiert wurde, ohne Re-
aktion durch das Ministerium blieb.1224 Über Jahre hin-
weg wurde trotz kritischer Projektstatusberichte seitens
der Fachaufsicht nicht eingegriffen, die Projektrisiken
türmten sich dadurch immer höher auf. Bringschuld auf
Fachebene und Holschuld auf Leitungsebene – das feh-
lende Verständnis hierfür griff derart ineinander, dass das
Ministerium bezüglich der Probleme erst aktiv wurde, als
ein Scheitern des Projektes bereits besiegelt war.

Hinweise über die Entwicklung erheblicher Mehrkosten
wurden von der Fachebene nicht weitergereicht und spä-
ter von der Ministerialverwaltung verschleppt. Der Vize-
präsident des BWB rechnete bereits im April 2010 mit
möglichen Mehrkosten für das Euro Hawk-Projekt in
Höhe von mehr als 330 Millionen Euro.1225 Dem Ad-hoc
Bericht zufolge wurden dem Abteilungsleiter Rüstung im
BMVg jedoch erst Ende 2011 mögliche Mehrkosten von
bis zu 100 Millionen Euro angekündigt, obwohl zu die-
sem Zeitpunkt bereits ein weitaus höherer Mehraufwand
bekannt war.1226

Informationen zu solch zentralen Entwicklungen und Pro-
blemen waren offensichtlich widersprüchlich, erreichten
die zuständigen Stellen im Ministerium regelmäßig mit
erheblicher Verzögerung, nicht selten eher zufällig als auf
dem geordneten Dienstweg und wurden offenkundig auch
innerhalb des Ministeriums eher spärlich oder grob be-
schönigend kommuniziert. Damit setzte sich die eigen-
willige Interpretation des CPM und der Dienstwege fort.
In seiner Vernehmung vor dem Untersuchungsausschuss
hat beispielsweise der Abteilungsleiter Rüstung, Ministe-
rialdirektor Detlef Selhausen, deutlich gemacht, dass er
Teile des Controllings für zu träge erachtete. Auf Grund-
lage dieser Einschätzung wurden jedoch die Bewertungen
des BMVg zu den Statusberichten der Fachebene im
BWB/BAAINBw nicht mehr in das System eingepflegt,

1219 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe
EURO HAWK, Ordner 1, S. 30 ff.

1220 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 18.
1221 Vgl. Stein, Protokoll-Nr. 4, S. 147.
1222 MAT 17-79 E BMVg zu BB 17-59, WTD 61, Wolfgang Steiger,

Ordner 1, E-Mail Eingang, S. 4; vgl. auch S. 9.

1223 „Insbesondere geben die Unterlagen keinen Hinweis auf ein Ein-
wirken der Leitung des Bundesamtes.“

1224 Vgl. Bericht des Bundesrechnungshofes, MAT 17-4 BRH zu BB
17-90, Ordner 1, S. 42 (S. 30 des Berichts).

1225 Präsentation zum Projektcontrolling in der Rüstung, Stand 04/2010,
vgl. MAT 17-74 BMVg zu BB 17-58, Ordner 5, Sekretariat Lei-
tung BWB/BAAINBw, S. 58.

1226 „Am 20. Dezember 2011 berichtete BMVg Rü VI 2 dazu an Abtei-
lungsleiter Rüstung mit folgenden Kernaussagen: Die zeitgerechte
Muster- und Verkehrszulassung für die Serienflugzeuge EURO
HAWK wird vom BWB als erfolgversprechend eingeschätzt. Dazu
sind jedoch zusätzliche umfangreiche Leistungen des Auftragneh-
mers erforderlich, für die ein bisher nicht eingeplanter Mehrbedarf
von bis zu 100 Mio. € abgeschätzt wird“, vgl. MAT 17-8 BMVg zu
BB 17-3: Bericht der Ad-hoc Arbeitsgruppe EURO HAWK, Ord-
ner 1, S. 34 ff.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 177 – Drucksache 17/14650

die Dokumentation von Problemen und deren Kommuni-
kation an die Leitung damit erschwert.1227

Vor diesem Hintergrund kann die Aussage von MD Sel-
hausen nur noch erstaunen, nach der er den Projektauftrag
„Rüstung, Nutzung, IT“ vom Minister nur unter der Vo-
raussetzung übernommen habe, dass er die Möglichkeit
erhalte, ein neues Controlling zu etablieren.1228 Es ist lo-
benswert, sich für Verbesserungen im Controlling einset-
zen zu wollen; die geltenden Regeln und Mechanismen
jedoch gleichzeitig außer Kraft zu setzen bzw. für sich
nicht mehr als geltend anzusehen, zeugt von einem frag-
würdigen Amts- und Verantwortungsverständnis. Sollte
der CPM nov. hier an der falschen Stelle ansetzen, wäre
wieder nichts gewonnen, sondern Probleme würden nur
verlagert.

Die Leitung des Ministeriums stand dem Desinteresse der
Fachaufsicht für das Projekt in nichts nach. Das Vorha-
ben, die Fähigkeitslücke SIGINT zu schließen, gilt vor-
geblich bis heute im BMVg als hochprioritär; die Leitung
hat sich jedoch bis zuletzt auf ein vorlagenfixiertes Arbei-
ten in Verwaltungsakten beschränkt. Die Überzeugung
bspw. von Staatssekretär Stéphane Beemelmans, dass et-
was geschehe, weil es so in einer Vorlage vermerkt sei,
offenbart ein befremdliches Realitätsverständnis und ei-
nen schier endlosen Aktenglauben:

„Rainer Arnold (SPD): Ja, wie können Sie uns
dann immer wieder erzählen und auch der Minis-
ter: ,Wir haben ja noch nicht so viel Geld verlo-
ren, weil wir dieses so tolle System haben’, wenn
Sie am Ende nicht mal wissen: Was haben wir
denn nachher?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr Abgeordne-
ter, weil das genau so in den Vorlagen steht. Es
steht genau so in den Vorlagen, dass wir bis zum
Ende der Erprobung am 30.09. ein funktionsfähi-
ges ISIS Modul haben werden.“1229

Obwohl es sich beim Projekt Euro Hawk um ein Rüs-
tungsprojekt der Projektstufe 11230 handelt, es also lei-
tungsrelevant ist, hat sich Bundesverteidigungsminister
de Maizière nicht ein einziges Mal bis zum Projektab-
bruch am 13. Mai zu Entwicklungen und Problemen vor-
tragen lassen. Gleichzeitig sagte der Minister am 31. Ja-
nuar 2013 im Plenum des Deutschen Bundestages:

„[…] ich halte die Beschaffung von Drohnen
auch für die Bundeswehr für sicherheitspolitisch,
bündnispolitisch und technologisch sinnvoll.“1231

Da Verteidigungsminister de Maizière keine der Informa-
tionsvorlagen zum Euro Hawk Projekt so gelesen haben
will, dass er sich daran erinnern könne, bleibt es sein Ge-
heimnis, wie er zu oben genannter Einschätzung kommt.
Auch sieht der Minister bei sich keine Holschuld, weil
aus seiner Sicht an den Problemen „ordentlich und gut
gearbeitet“1232 wurde. Es lässt tief blicken, wenn der
Bundesrechnungshof Thomas de Maizière und seinem
Haus empfehlen muss, dass sich die „Leitung des Bundes-
verteidigungsministeriums […] bei wichtigen Projekten,
wie dem Euro Hawk Projekt, über die Entwicklung der
wesentlichen Risiken in regelmäßigen Abständen berich-
ten“1233 lässt.

c) Minister kommt seiner Informationspflicht
nicht nach

Der Entwicklungsvertrag des Euro Hawk-Projektes und
die in ihm angelegten unvermeidlichen Risiken machten
von Beginn an eine enge fachliche und politische Beglei-
tung auf allen Ebenen notwendig. Das Wegschieben der
Verantwortung durch den Minister auf seine Staatssekre-
täre und die unteren Arbeitsebenen sowie seine Äußerun-
gen, ihn treffe keine Schuld am Scheitern des Entwick-
lungsprojektes Euro Hawk, haben sich nach den
Befragungen durch den Untersuchungsausschuss als un-
haltbar erwiesen. Zum einen gab es zahlreiche Gelegen-
heiten und Hinweise auf Probleme, zu denen er aktiv
hätte nachfragen müssen, es aber nicht getan und offen-
sichtlich auch nicht für nötig erachtet hat. Zum anderen
war davon völlig unabhängig das Projekt nach den Be-
stimmungen des CPM ein Projekt der Projektstufe 1. Es
war „grundsätzlich leitungsrelevant“1234. Zudem war es
aufgrund seiner strategischen Bedeutung und dem einzig-
artigen deutsch-US-amerikanischen Joint Venture eines
der wichtigsten Rüstungsprojekte, als Thomas de
Maizière im März 2011 das Amt übernahm. Der Minister
hätte daher vom Versagen seines Ministeriums und seiner
Staatssekretäre nicht abhängig werden dürfen und die Ini-
tiative proaktiv ergreifen müssen. Bis zum 13. Mai 2013
hat sich der Minister dem verweigert und dies danach da-
mit gerechtfertigt, dass er von seinen Mitarbeitern erwar-
tet habe, zur rechten Zeit eine formal ordentliche Vorlage
zu bekommen. Dabei gab es ausreichend Anlässe, bei de-
nen schlicht nicht vorstellbar ist, dass der Minister den
Stand des Rüstungsprojektes Euro Hawk für unbeachtlich
gehalten hat.

aa) AGS und die Parallelen zu Euro Hawk
Parallel zum deutschen Euro Hawk-Projekt arbeitete die
NATO am Aufbau eines eigenen drohnenbasierten Auf-
klärungsprogramms zur Gefechtsfeldaufklärung, dem Al-
lied Ground Surveillance (AGS). Im Gegensatz zum Euro 1227 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 80.

1228 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 73-74.
1229 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 42.
1230 Im CPM 2010 werden die Projekte in Projektstufe 1 und 2 einge-

teilt. Zur Projektstufe 1 heißt es u. a.: „Projekte im besonderen Fo-
kus des BMVg […] Projekte der Projektstufe 1 sind grundsätzlich
leitungsrelevant.“, vgl. MAT 17-31 BMVg zu BB 17-12 BMVg,
AIN I, Ordner 1, S. 136.

1231 Deutscher Bundestag, Stenografischer Bericht vom 31. Januar
2013, 219. Sitzung, Plenarprotokoll 17/219, S. 27111.

1232 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 46.
1233 Vgl. Bericht des Bundesrechnungshofes, MAT 17-4 BRH zu

BB 17-90, Ordner 1, S. 43 (S. 31 des Berichts).
1234 Vgl. Customer Product Management (CPM) 2010, Verfahrens-

bestimmungen für die Bedarfsermittlung, Bedarfsdeckung und
Nutzung in der Bundeswehr, S. 30, s. MAT 17-31 BMVg zu
BB 17-12, AIN I 1, Ordner 1, S. 136.

Drucksache 17/14650 – 178 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Hawk geht es zwar nicht um signal- sondern um bildge-
bende Aufklärung. Aber die insgesamt fünf Luftfahr-
zeuge basieren ebenfalls auf dem Global Hawk (GH) von
Northrop Grumman. Sie stammen zwar aus einer späteren
Baureihe, dem Block 40, als der Euro Hawk, der auf ei-
nem GH Block 20 basiert, dürften aber hinsichtlich der
Zulassung ähnliche Probleme aufweisen. Deutschland be-
teiligt sich mit 483 Millionen Euro an dem Projekt, das
bisher auf 1,2 Milliarden Euro kalkuliert wird. Zudem be-
stehen Überlegungen, nationale Beistellungen zu dem
NATO-Programm zu machen und fünf weitere Global
Hawk, finanziert von Deutschland, in einer bildaufklären-
den Version zu liefern.

Auf dem NATO-Gipfel im April 2012 überzeugte der
deutsche Verteidigungsminister de Maizière seine NATO-
Kollegen auch gegen Widerstände einiger Verteidigungs-
minister anderer Länder, den Kauf von insgesamt fünf
Systemen voranzutreiben. Die Maschinen sollen in Sigo-
nella/Italien stationiert und von den italienischen Behör-
den zugelassen werden. Vermutlich wird Italien zu die-
sem Zweck eine militärische Ausnahmegenehmigung
erteilen.

Beim Euro Hawk waren die Zulassungsfragen von Be-
ginn an kritisch eingeschätzt und am Ende deren hohen
Kosten bzw. die objektive Nichtzulassungsfähigkeit ent-
scheidend für die Nichtbeschaffung der Serie. Ein ähnli-
ches Debakel zu vermeiden muss für die Entscheidung
der NATO höchste Priorität haben. Auch bei den Global
Hawks für das NATO-AGS gibt es Probleme mit den Do-
kumenten, die Northrop Grumman den italienischen Zu-
lassungsbehörden zur Verfügung stellt.1235

Damit läuft der deutsche Verteidigungsminister Gefahr,
entweder erneut eine halbe Milliarde Euro aufs Spiel zu
setzen – oder nicht erklären zu können, warum italieni-
schen Zulassungsbehörden gelingen soll, was den deut-
schen Zulassungsstellen nicht möglich ist.

Stattdessen wurde der Bundestag über die Risiken nicht
hinreichend informiert. Weder wurde zu diesem Anlass
über die bereits bekannten Probleme beim Euro Hawk be-
richtet, noch hat man dies zum Anlass genommen, den
Verteidigungs- und den Haushaltsausschuss vor der Mit-
telfreigabe über die bestehenden Zulassungsrisiken bei
AGS zu informieren, und das alles obwohl der Minister
zu den entscheidenden Ausschusssitzungen persönlich
geladen war.

Es bleibt ein Rätsel, warum Thomas de Maizière nicht
vor der NATO-Entscheidung einen eingehenden Über-
blick über Stand und Probleme des Euro Hawk eingefor-
dert hat. Ebenso bleibt es ein Rätsel, warum die Staatsse-
kretäre dies nicht getan haben. Das Wissen um die
Probleme beim Euro Hawk war im Hause bereits vorhan-
den, auch wenn der Minister noch am 5. Juni 2013 einen
gegenteiligen Eindruck erweckte:

„[…] und ich habe ja sogar, um es fast noch
schlimmer zu machen, im Mai 2012 vor dem
Haushaltsausschuss für AGS geworben, ohne auf
die Zulassungsprobleme beim Euro Hawk hinzu-
weisen. Das ist so. Und das ich das so gemacht
habe, liegt daran, dass in den vorbereitenden Un-
terlagen eben dieses Problem nicht erwähnt
war.“1236

Leider wurde weder aus den Befragungen noch aus den
gelieferten Unterlagen deutlich, ob und wie die Bundesre-
gierung und der deutsche Verteidigungsminister die Er-
fahrungen des Euro Hawk-Projektes in das NATO-Vorha-
ben einbringen wollten. Laut Bundesregierung soll es im
Vorfeld des entscheidenden NATO-Treffens im Mai 2012
Informationen dazu nicht gegeben haben.1237

Sollte die Zulassung in Italien leichter gelingen, mag dies
mit einer anderen Zulassungsphilosophie dort zusammen-
hängen. Ob die NATO-Global Hawks mit einer wie auch
immer begründeten italienischen Zulassung in den deut-
schen Luftraum einfliegen dürfen, blieb in den Befragun-
gen ebenfalls unbeantwortet.

Als offensichtlich wurde, dass der Minister doch umfang-
reicher informiert war, als es am 5. Juni 2013 noch
schien, schwenkte die Leitung des BMVg auf eine andere
Rechtfertigungsschiene um: Im Vorfeld von AGS habe
man den EURO HAWK deshalb nicht thematisiert, weil
beide Vorhaben technisch und zulassungsverfahrensmä-
ßig nicht miteinander vergleichbar wären. Zudem hätten
die Zulassungsprobleme des EURO HAWK im März
2012 noch als „beherrschbar“ gegolten.1238

Unverständlich (und unwahrscheinlich) ist, dass der
Minister im Rahmen der Entscheidung für das AGS kein
Interesse an den Zulassungsproblemen des Euro Hawk
gezeigt hat. Während er maßgeblich daran beteiligt ist,
ein prestigeträchtiges internationales Projekt auf den Weg
zu bringen, informiert er sich nicht über das eigene pro-
blembehaftete nationale Projekt, das im Mai 2012 schon
lange gescheitert ist. Dies wissen oder ahnen zumindest
auch seine Mitarbeiter in der Leitung des BMVg. Auch
wenn ihm angeblich nur von positiven Fortschritten und
„lösbaren Problemen“ berichtet worden sein sollte, hätte
er aktiv früher und intensiver Informationen einholen
müssen, um verantwortungsbewusst und der Sache ange-
messen eine deutsche Beteiligung an den Kosten von
AGS zu sichern – und das Parlament wahrheitsgemäß
über die wahren Risiken der Anschaffung der Global
Hawks informieren zu können.

bb) Fähigkeitslücke war seit 2010 offen und
gegenwärtig

Ziel des Entwicklungsprojektes war es ursprünglich, ei-
nen Nachfolger für die Breguet Atlantic zu entwickeln.

1235 Sachstand vom 2. Juni 2013 zur Zulassung der NATO AGS
GLOBAL HAWK, MAT 17-73 BMVg zu BB 17-48, Ordner 7, StS
Wolf, S. 495 (521).

1236 Statements des Bundesverteidigungsministers de Maizière im Rah-
men der Bundespressekonferenz am 5. Juni 2013, MAT 17-44
BMVg zu BB 17-61, PR-Infostab, Ordner 1, S. 1 (11).

1237 Vgl. de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 40.
1238 Wolf, Protokoll-Nr. 7, S. 101 f.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 179 – Drucksache 17/14650

Diese wurde 2010 außer Dienst gestellt. Seit drei Jahren
existiert daher nun bei der Bundeswehr im Bereich der si-
gnalerfassenden luftgestützten weiträumigen Überwa-
chung und Aufklärung (SLWÜA) eine Fähigkeitslücke.
Diese Lücke wird mit unbemannten Systemen absehbar
nicht vor 2019 geschlossen werden können, da der FSD
aus Kostengründen nicht eingesetzt wird und der Euro
Hawk als Serie ausgefallen ist. Alternative bemannte Trä-
gerplattformen könnten bereits unwesentlich früher ein-
gesetzt werden, erfüllen aber nicht die gewünschten An-
forderungen und sind durch höheren Personaleinsatz
längerfristig auch kaum günstiger. – Mit einer früheren
zügigen Entscheidung spätestens im Jahr 2011 hätte viel
Zeit gewonnen werden können. Bereits damals war auf
Fachebene bekannt, dass das Projekt nicht den gewünsch-
ten Erfolg bringen und auch der Prototyp nur schwer ein-
gesetzt werden würde. Eine Serienbeschaffung weiterer
Euro Hawks war schon aus Kostengründen völlig un-
wahrscheinlich geworden. Obwohl die Fähigkeitslücke
seit 2010 offenbar war, kümmerte sich die Leitung des
BMVg nicht um eine mögliche Lösung. Die technischen
Probleme wurden den Ingenieuren überlassen, notfalls
wurde der Geldhahn aufgedreht. Die rechtlichen, politi-
schen und strategischen Folgen wurden ignoriert. Beide
Bereiche, Fach- wie Leitungsebene, verschlossen die Au-
gen vor dem Scheitern und machten weiter wie bisher in
der fatalen Hoffnung, doch noch irgendwie Erfolg zu ha-
ben – oder zumindest den Misserfolg auf den Amtsnach-
folger verschieben zu können. Mit dieser Ignoranz wurde
die frühzeitige Suche nach Alternativlösungen torpediert,
was die Existenz der Fähigkeitslücke zwangsläufig um
ca. zwei Jahre verlängert haben dürfte. Die Bundeswehr
muss somit weiterhin bei Operationen auf Informationen
von Verbündeten zurückgreifen und kann keine eigenen
Aufklärungsergebnisse im Bereich der SLWÜA generieren.

cc) Verhältnis de Maizière und Beemelmans

Das Arbeits- und Vertrauensverhältnis zwischen Minister
de Maizière und seinem Rüstungsstaatssekretär
Beemelmans ist nicht nur bei allen Beschaffungspro-
jekten von hoher Bedeutung. Beim Euro Hawk ist offen-
sichtlich geworden, dass die Aufgabenteilung hoch-
problematisch ist. Während der Minister seinem
Staatssekretär anscheinend völlig blind vertraute, meldete
dieser jenem die relevanten Probleme offensichtlich nicht
weiter. Es spricht viel dafür, dass es offen oder unabge-
sprochen Konsens zwischen beiden Beteiligten war, un-
angenehme Rüstungsfragen nicht offen auf den Tisch zu
legen. Vielmehr ist – auch angesichts sehr kritischer öf-
fentlicher Äußerungen des Ministers über das Rüstungs-
geschäft1239 – gar nicht der Wille vorhanden, sich intensiv
damit zu beschäftigen. Da der Minister wusste, dass der

Rüstungsbereich viele Fallstricke bereit hält, wäre es
mehr als nachvollziehbar – aber falsch – zu Rüstungsfra-
gen größtmögliche Distanz zu wahren.

Konstruktive Kommunikation fand offensichtlich in Sa-
chen Euro Hawk nicht statt. Sie reichte nach Darstellung
des Ministers über die Weitergabe von abgezeichneten
Vorlagen letztlich nicht hinaus. Eine fundierte Arbeitstei-
lung war nicht vorhanden. Sonst hätte der eine die Ent-
scheidungen vorbereitet und am Ende die wesentlichen
Handlungsoptionen vorgeschlagen, und der andere hätte
seine politische Verantwortung wahrgenommen und eine
Entscheidung politisch verantwortlich und nicht nur juris-
tisch getroffen. Ursache hierfür waren wohl auch die nur
rudimentären Kenntnisse des Rüstungsstaatssekretärs in
Rüstungsfragen. Er kannte anlässlich seiner Zeugenbefra-
gung noch nicht einmal die Ergebnisse der Studie über
Alternativlösungen, die er selbst in Auftrag gegeben
hatte.1240 Dabei ist die Suche nach Alternativlösungen aus
militärischer und ministerieller Praxis heraus die ent-
scheidende Frage für die Zukunft.

In der Befragung durch den Untersuchungsausschuss hat
der Staatssekretär für die mangelnde Informationsweiter-
gabe an den Minister die volle Verantwortung übernom-
men.1241 Überzeugend war das nicht. Denn er trug nicht
die alleinige Verantwortung, auch wenn der Minister
nichts anderes versucht hat: Die Verantwortung abzu-
schieben. Doch die gleiche Verantwortung für mangelnde
Information hat auch er. Er hätte seine „Holschuld“ be-
gleichen und früher und intensiver Informationen einho-
len müssen. Dies bestätigte in den Befragungen auch die
Vertreterin des Bundesrechnungshofes:

„Das heißt, man hat da natürlich auch dann, weil
es ein politisch bedeutsames Projekt ist, letztend-
lich eine Holschuld, dass man sich in regelmäßi-
gen Abständen über dieses Projekt berichten
lässt.“1242

Trotz öffentlichkeitswirksamer Androhung personeller
Konsequenzen sind bisher noch keine gefolgt, denn so-
wohl de Maizière wie Beemelmans sind weiterhin im
Amt.

6. Verschwendung von Steuergeldern in
dreistelliger Millionenhöhe durch zu
späten Projektabbruch

Für das Projekt Euro Hawk hat der Bund bislang 668 Mil-
lionen Euro bereitgestellt. So viel wurde und wird an die
EuroHawk GmbH bezahlt. Dafür hat die Bundeswehr ein
Flugzeug bekommen, das nach dem 30. September 2013
auf dem Boden bleiben muss. Völlig unklar ist, ob das
„ISIS“-Modul, für das rund die Hälfte der Kosten zu ver-
buchen ist, in der jetzigen Konfiguration jemals zum Ein-
satz kommen wird. Ebenso wenig ist klar, wie viel die In-
tegration des Aufklärungssystems in eine andere
Trägerplattform kosten wird. Die ISIS-Kosten dürfen des-

1239 Vgl. BamS vom 3. März 2013, S. 6/7, Interview mit Bundesvertei-
digungsminister Thomas de Maizière, „Ich habe nicht den richtigen
Ton getroffen, die Melodie bleibt aber richtig“ („Auch meine Kol-
legen aus verbündeten Staaten beklagen, dass Qualität, Zuverläs-
sigkeit und die Einhaltung vereinbarter Preise ein besonderes Pro-
blem der Rüstungsindustrie sind. Dafür gibt es mehrere Ursachen.
Eine ist sicher die bestehende Monopolsituation”).

1240 Vgl. Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 47 f.
1241 Vgl. Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 7.
1242 Vgl. Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 9.

Drucksache 17/14650 – 180 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

halb nicht – wie in den Berechnungen des Verteidigungs-
ministers – von der Schadenssumme abgezogen werden.
Eventuell sind auch diese Kosten komplett verloren.

Einem komplizierten Beschaffungsprojekt wohnt das Ri-
siko des Scheiterns inne und ein Schaden lässt sich nicht
immer verhindern. Das liegt in der Natur der Sache und
das ist bei Vertragsschluss in die Abwägung mit einbezo-
gen worden. Doch die Schadensminderungspflicht ist
fortwährend weiter zu beachten. Diese Pflicht hat das
BMVg ignoriert. Hätte sich die Fachebene 2009 und die
Leitungsebene spätestens 2011 das Scheitern eingestan-
den, hätte viel Geld (273 Millionen Euro) gespart werden
können. Allein in der Amtszeit von Thomas de Maizière
wären es noch 112 Millionen Euro gewesen.

Über die Frage, wie hoch der tatsächliche finanzielle
Schaden für den Bund ist, hat es unterschiedlich qualifi-
zierte Meinungsäußerungen gegeben. Bei der Bewertung
kommt es erheblich darauf an, welche Ausgaben und ein-
gegangenen finanziellen Verpflichtungen im Rahmen der
Projekte Euro Hawk und NATO AGS als Schaden bzw.
Risiko gewichtet werden. Im Ergebnis muss leider davon
ausgegangen werden, dass bis jetzt ein Betrag von 273,1
Millionen Euro umsonst ausgegeben worden ist, 112 Mil-
lionen Euro davon gehen auf das Konto des jetzigen
Ministers Thomas de Maizière. Hinzu kommen noch
nicht absehbare Kostenrisiken von fast 1 Mrd. Euro aus
dem NATO AGS Programm und den etwaigen Nachfol-
gelösungen für Euro Hawk.

a) Vermeidbarer Schaden
Für die Frage nach Verantwortlichkeiten und Schlussfol-
gerungen für künftige Projekte ist vor allem erheblich,
welche Schäden durch das BMVg hätten vermieden wer-
den können, wenn auf Fach- bzw. auf Leitungsebene rich-
tig und umgehend reagiert worden wäre. Welche Steuer-
gelder wären nicht verloren, wenn das BMVg sofort nach
Bekanntwerden der Zulassungsprobleme gehandelt hätte?

aa) Außerordentliches Kündigungsrecht1243

Unabhängig von der komplexen Frage nach bestehenden
Schadensersatzansprüchen und der etwaig von der Euro-
Hawk GmbH geschuldeten zulassungsfähigen Übergabe
des Euro Hawk Demonstrators hätte für das BMVg jeder-
zeit ein Recht zur Kündigung des Vertrags gem. § 19
ABEI1244 bestanden.

Der Vertrag war daher kündbar. Weitere „Meilensteine“
der Industrie hätten nicht mehr erbracht und dementspre-
chend auch nicht weiter vom Bund bezahlt werden müs-
sen. Gegebenenfalls bereits an den Auftragnehmer ge-
zahlte, aber noch nicht für das Projekt ausgegebene
Finanzmittel hätten eventuell zurückverlangt werden kön-
nen. Die in § 19 ABEI vorgeschriebene Restabgeltung
mit Anspruch auf den anteiligen Gewinn bezieht sich auf

die jeweiligen Projektteile, nicht das Gesamtvorhaben.
Der Ausstieg war somit möglich.

bb) Richtiger Zeitpunkt zur außerordentlichen
Kündigung

Wie viel Steuergeld hätte gerettet werden können, hängt
davon ab, wann die jeweilige Ebenen von den Problemen
erfahren haben und wie viel Geld bis dahin bereits abge-
flossen war.

aaa) Fachebene

Wie bereits dargelegt, sind die Probleme und die zu er-
wartenden Mehrkosten im dreistelligen Millionenbereich
für die Musterzulassung der Serie auf Fachebene offenbar
bereits seit Mitte 2009, spätestens seit Februar 2010 be-
kannt gewesen. Hier hätte das Projekt auch nach Ansicht
des Bundesrechnungshofs neu bewertet werden müssen.
Geschehen ist leider das Gegenteil. Am 26. Juni 2009
wurde das Vertragsvolumen mit dem 3. Änderungsvertrag
zum Euro Hawk FSD Vertrag nochmal erheblich erhöht.
Zusammen mit den noch folgenden Vertragsänderungen
ist die Verpflichtungssumme in der darauf folgenden Zeit
um insgesamt 180,6 Millionen Euro aus dem Grundver-
trag angehoben worden. Hinzu kommen Änderungen in
den FMS und CLS Verträgen in Höhe von 92,5 Millionen
Euro. Wäre das Projekt daher Mitte 2009 auf den Prüf-
stand gestellt worden, hätten Verpflichtungen von
273,1 Millionen Euro vermieden werden können.

bbb) Leitungsebene

Durch das Organisationsversagen des Ministers ist ein fi-
nanzieller Schaden von 112 Millionen Euro entstanden.
Thomas de Maizière ist Anfang 2011 als Verteidigungs-
minister mit dem Anspruch angetreten, laufende Rüs-
tungsprojekte auf ihre Sinnhaftigkeit zu überprüfen. Das
hat er versäumt.

Mit der E-Mail des Abteilungsleiters AIN Detlef Selhausen
an das Büro von Staatssekretär Beemelmans vom 19. Ja-
nuar 2012 war das Wissen um die Probleme endgültig in
der Leitungsebene des BMVg angekommen.1245 Es hätte
sofort ein Vertragsausstieg geprüft werden müssen. Statt-
dessen wurde fröhlich weiter gezahlt. Von Beginn des
Jahres 2012 an bis Mai 2013 wurden 112 Millionen Euro
an die Industrie ausgezahlt. Als Schadensbegrenzung und
ein etwaiger Ausstieg Priorität hätten haben müssen,
wurde stattdessen gutes Geld dem Schlechten hinterher-
geworfen.

b) Weiterentwicklung war falsch

Versuche zu belegen, dass im Grunde kein Schaden ent-
standen ist, stützten sich meist auf das fragwürdige Argu-
ment, dass der Vertrag für den Euro Hawk Demonstrator

1243 Vgl. MAT 17-6 BMVg zu BB 17-1, Ordner 1, S. 27: § 18 des Ver-
trages vom 31. Januar 2007.

1244 ABEI = Allgemeine Bedingungen für Entwicklungsverträge der
Industriefirmen.

1245 Vgl. E-Mail vom 19. Januar 2012, MAT 17-73 BMVg zu BB 17-48,
Ordner 1, StS Beemelmans, E-Mail Verkehr 22072011_29042013,
S. 110.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 181 – Drucksache 17/14650

im Grunde erfolgreich beendet worden ist und alle Ziele
erreicht wurden.1246

„Ein Wort zum Schaden. Durch die Entscheidung
im Mai 2013 ist kein zusätzlicher Schaden ent-
standen, sondern im Gegenteil zusätzlicher Scha-
den verhindert worden.“1247

Diese Behauptung geht an der Realität vollständig vorbei.
Richtig ist, dass der zwischen dem Bund und der Euro-
Hawk GmbH geschlossene Vertrag nicht mehr über den
30. September hinaus verlängert wird. Die ursprünglich
seitens der Streitkräfte geplante „Truppenerprobung“ des
ISIS-Systems wird in absehbarer Zeit nicht stattfinden.
Abgeschlossen ist die Entwicklung daher nicht bzw. sie
müsste nach Auswahl eines neuen Trägersystems mit An-
passentwicklungen weitergeführt oder gar neu begonnen
werden.

aa) Luftfahrzeug

Der Euro Hawk Demonstrator verfügt bis heute über
keine vollständige Musterzulassung. Die hierfür notwen-
dige Musterprüfung wurde wahrscheinlich ab Mitte 2009,
spätestens ab Februar 2010 von der Fachebene nicht wei-
ter verfolgt. Der Inhalt einer E-Mail des Leiters der Mus-
terzulassungsstelle im damaligen BWB aus dem Jahr
2012 belegt diese Vermutung, dort heißt es:

„In Anbetracht des schwierigen Lernprozesses
seitens NG und der trägen insbesondere aus Sicht
des Musterprüfers unzureichenden Informations-
freigabe Policy der USAF, bzw. der US-Adminis-
tration begann Januar 2009 das Umschwenken
auf eine Prototypen-Prüfung für den FSD, insbe-
sondere um die Kosten und den Zeithorizont für
die Übergabe des FSD an die Truppe in Sicht zu
behalten.“1248

Die Testflüge des Euro Hawk Demonstrators werden bis
heute lediglich durch eine Vorläufige Verkehrszulassung
(VVZ) ermöglicht. Diese VVZ wurde seitens des Leiters
ML der WTD 61 auf 800 Flugstunden begrenzt und ist
außerdem mit weiteren Auflagen für den Flugbetrieb ver-
sehen. Ungefähr ein Drittel der zulässigen Flugstunden
wird bald aufgebraucht sein.1249 Selbst wenn die operatio-
nelle Nutzung des Demonstrators mit Hilfe einer erwei-
terten VVZ erwogen würde, wären für den Betrieb allein
des Euro Hawk Demonstrators rd. 52 Millionen Euro im
Jahr zu veranschlagen.1250 Der Betrieb nur eines Flugge-
räts des Typ Euro Hawk ist auf Grund der notwendigen
Fixkosten für Wartung und Infrastruktur daher nicht wirt-
schaftlich sinnvoll. Weder BMVg noch Luftwaffe planen
offenbar, den Euro Hawk Demonstrator nach der Über-
gabe in Betrieb zu nehmen.

bb) Missionssystem „ISIS“

Als weitere Rechtfertigung wurde das „national“ entwi-
ckelte Missionssystem ISIS angeführt. Der späte Projekt-
abbruch sei sinnvoll gewesen, da so wenigstens die ISIS-
Entwicklung abgeschlossen werden konnte.

Auch hier belegt ein Blick auf die Fakten das Gegenteil.
Die Behauptung, dass ein für den Einsatz in besonders
großer Höhe1251 entwickeltes System zur signalerfassen-
den Aufklärung (ISIS) irgendeinen Nutzwert für die
Streitkräfte entfaltet, solange es in einem Schrank von
maximal 1,5 Metern Höhe liegt, ist weltfremd. Da der
Nutzen bislang unbewiesen ist und das System in den
nächsten Jahren voraussichtlich auch nicht zum Einsatz
kommen wird, ist das Geld hierfür ohne Nutzen ausgege-
ben worden. Ein System, das nicht einsetzbar ist, stellt
weder einen Fähigkeitsmehrwert noch einen finanziellen
Wert dar.

Bis heute ist außerdem unklar, ob das Missionssystem je
die gesteckten Erwartungen erfüllen kann. Die bisherigen
Tests stimmen zwar positiv, aber sowohl weitere Flug-
tests als auch die Truppenerprobung stehen aus. Die bis-
herigen Angaben über die Leistungsfähigkeit stützen sich
weit überwiegend auf Laborversuche und Angaben der
Industrie. Die operationelle Leistungsfähigkeit des Sys-
tems ist unbewiesen. Die Erkenntnisse der Bundeswehr
über das System sind begrenzt. Auch mit der geplanten
Übergabe des Systems an die Bundeswehr im September
wird sich an diesem Umstand nichts ändern. Auf eine Er-
probung des Systems durch die Streitkräfte soll vorerst
verzichtet werden. Ohne Erprobung der operationellen
Fähigkeiten ist ISIS aber nicht einfach verwendbar, wie
der CEO von Cassidian, Gerwert, Ende Mai Staatsekretär
Beemelmans mitteilte:

„Ein qualifizierter Abschluss der ISIS Entwick-
lung (…) ist nur mit einer entsprechenden (…)
FSD Betriebsphase zum Nachweis der operatio-
nellen Leistungsfähigkeit möglich.“1252

c) Weitere finanzielle Risiken

Der zukünftige Nutzen von ISIS und die Kosten dafür
sind unsicher. Es ist nicht absehbar, ob und zu welchem
Preis man das System zukünftig wird einsetzen können.
Beim Thema „alternative Trägerplattform“ bestehen er-
hebliche Kostenrisiken. Genauso verhält es sich mit dem
System NATO AGS. Es handelt sich hier um Risiken im
Milliardenbereich.

aa) Unsicherheitsfaktor „alternative Träger-
plattform“

Wann und ob das ISIS-Missionssystem jemals in eine an-
dere Trägerplattform eingebaut werden kann, ist unklar.
Das BAAINBw prüft in Absprache mit dem BMVg der-

1246 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 53, 68, 72.
1247 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 8.
1248 MAT 17-79 E BMVg zu BB 17-59, WTD 61, Wolfgang Steiger,

Ordner 1, E-Mail Eingang, S. 4 sowie S. 9
1249 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 42 f.
1250 Wolf, Protokoll-Nr. 7, S. 110.

1251 Beim Euro Hawk handelte es sich um ein unbemanntes System der
HALE Klasse und ISIS wurde dementsprechend dafür entwickelt.

1252 MAT 17-73 BMVg zu BB 17-48, Ordner 2, StS Beemelmans,
E-Mail Verkehr 07052013_22052013, S. 53.

Drucksache 17/14650 – 182 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

zeit bemannte und unbemannte Alternativen zum Global
Hawk. In welchem Kosten- und Zeitrahmen sich die et-
waigen Alternativen verwirklichen lassen, ist genauso un-
klar. Dass es sich im Bereich der einmal angedachten
1,4 Milliarden Euro für die gesamte Serie, einschließlich
des Full Scale Demonstrators, bewegen wird, ist hier äu-
ßerst unwahrscheinlich. Kurzfristig ist mit keinem Sys-
tem zu rechnen. Eine Schließung der Fähigkeitslücke vor
2020 ist nicht realistisch.1253 In jedem Fall werden erneute
Integrationskosten für Anpassung und Einbau von ISIS in
eine neue Trägerplattform anfallen.

Sofern es sich um eine bemannte Plattform handeln wird,
ist mit deutlich höherem Aufwand zum Schutz der Besat-
zung zu rechen. Wenn die ursprünglich angedachte Steh-
zeit von 24 Stunden über dem Einsatzgebiet erreicht wer-
den soll, müssen zusätzlich Tankflugzeuge eingesetzt
werden.

Zu den Unsicherheitsfaktoren für eine zeitnahe ISIS-Nut-
zung kommt noch ein weiterer hinzu: Das ISIS-Missions-
system wurde ursprünglich für die signalerfassende Auf-
klärung in großer Höhe entwickelt (für ein unbemanntes
System der HALE Kategorie). Nur in großer Höhe, 20 km
und mehr, kann es die volle angedachte Leistung erbrin-
gen. Derzeit gibt es weltweit lediglich zwei Trägerplatt-
formen die in dieser Höhe SIGINT Aufklärung betreiben
können. Dabei handelt es sich zum einen um das System
Global Hawk, auf dem der Euro Hawk basiert, und zum
anderen um das bemannte und überalterte amerikanische
Aufklärungsflugzeug U2. Der Global Hawk scheidet aus,
solange die Zulassungsproblematik nicht geklärt wurde.
Auf anderen Trägerplattformen wird ISIS nicht die volle
Leistung erbringen können. Die Entwicklung ist damit
über das Ziel hinausgeschossen. Für die Anforderung
„Aufklärung in mittlerer Höhe“ hätte gegebenenfalls auch
eine kostengünstigere Entwicklung gereicht. Mit anderen
Worten: Man kann den Motor eines Porsches 911 in einen
VW Käfer einbauen, aber danach fährt der Käfer nicht
wie der Porsche.

Sofern ein unbemanntes Flugsystem der MALE-Klasse
ausgewählt werden sollte, treten neue Fragen und Risiken
in Bezug auf die Verkehrssicherheit auf. Während der
Euro Hawk „über“ dem regulären Flugverkehr operieren
sollte und nur zum Starten und Landen auf gesperrten
Luftraum angewiesen gewesen wäre, stellt sich das
„Sense & Avoid“-Problem bei unbemannten Flugsyste-
men der MALE-Klasse während der gesamten Flugzeit.
Drohnen der MALE-Klasse fliegen in mittleren Höhen, in
denen sich auch Verkehrsflugzeuge bewegen. Ein unbe-
manntes Alternativsystem zum Euro Hawk wird daher
zwingend auf ein sogenanntes „Sense & Avoid“-System
angewiesen sein. Ein solches ist bisher jedoch weltweit
nicht verfügbar.

bb) NATO AGS

Niemand kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt mit Be-
stimmtheit ausschließen, dass sich das Desaster des Euro
Hawk bei NATO AGS nicht wiederholt. Beide Systeme
basieren auf dem amerikanischen Global Hawk. Deutsch-
land beteiligt sich mit 456,82 Millionen Euro an AGS. Es
bleibt zu befürchten, dass das Projekt an den gleichen
Problemen krankt wie der Euro Hawk und sich hier im-
mense Kostenrisiken verstecken.

IV. Ausblick:

1. Defizite und fehlerhafte Strukturen im
Ministerium

Neben den Fehlentscheidungen und dem Versagen der
politischen Leitung wurden erhebliche strukturelle Defi-
zite in der Abteilung Ausrüstung, Informationstechnik
und Nutzung sowie dem nachgeordneten Bereich offen-
bar. Im Rahmen der Reform des Bundesministeriums der
Verteidigung sollte ein neues effizientes und einheitliches
Ausrüstungs- und Nutzungsmanagement geschaffen wer-
den, das klare Verantwortlichkeiten mit eindeutigen Ent-
scheidungskompetenzen und weniger Schnittstellen ha-
ben sollte.

Die Zeugenbefragungen haben ergeben, dass Rüstungs-
projekte in der Größenordnung des Entwicklungsvorha-
bens Euro Hawk ohne wirksame und vor allem zeitge-
rechte Aufsicht und Kontrolle erfolgen.

So hat sich gezeigt, dass die turnusgemäß erstellten Sta-
tusberichte der Ämterebene für die Rüstungsabteilung
wertlos waren. Die Berichte haben die zuständigen Stel-
len in der Regel mit einer dreimonatigen Verspätung er-
reicht und haben so nicht mehr den aktuellen Stand des
Rüstungsvorhabens Euro Hawk wiedergegeben. Dies war
im Ministerium bekannt. Es wurden jedoch keine Maß-
nahmen ergriffen, dies zu ändern. Stattdessen haben die
Beteiligten das Berichtswesen weiter unterminiert (siehe
auch Abschnitt II.2.b.).

Innerhalb der Abteilung AIN gibt es kein Kommunika-
tionsnetz, das den Anforderungen eines modernen und ef-
fektiven Managements entspricht. Obwohl Berichte der
Ämterebene regelmäßig bei der Controlling-Stelle auflie-
fen, wurde dort nicht die Brisanz der Meldungen erkannt.
Schon 2009, spätestens aber ab dem Jahr 2011 lagen gesi-
cherte Erkenntnisse vor, dass die Euro Hawk-Plattform
keine Zulassung bekommen würde. Neben personellen
Fehlentscheidungen sind vor allem organisatorische
Fehlaufstellungen dafür verantwortlich, dass ein großer
finanzieller Schaden entstehen konnte.

Es bleibt unbegreiflich, dass der Abteilungsleiter AIN mit
einer Verzögerung von fast zwei Jahren darüber in Kennt-
nis gesetzt wurde, dass die Zulassungsproblematik des
Euro Hawk in die Serienbeschaffung verschoben wurde.
Nach Kenntnisnahme wurden wiederum keine Aktivitä-
ten unternommen, um zu prüfen, welche Auswirkungen
die Entscheidung des Projektleiters auf die Serienbe-
schaffung haben könnte.

1253 Zu dem Zeitpunkt werden die Breguet Atlantic Flugzeuge bereits
10 Jahre außer Dienst gestellt sein und die Bestrebungen die Fähig-
keitslücke mit einer Nachfolgelösung zu schließen werden 20 Jahre
angedauert haben.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 183 – Drucksache 17/14650

Im Verlauf der Zeugenbefragungen wurde immer deutli-
cher, dass es eine Fehlentscheidung des Verteidigungsmi-
nisters war, den Empfehlungen der Weise-Kommission
vom Oktober 2010 bezüglich der Neuorganisation des
Rüstungsbereiches nicht zu folgen. Zwar wurde der soge-
nannte Customer Product Management (CPM) für die
Rüstungsbeschaffungsprozesse überarbeitet, um ein
durchgehendes Fähigkeitsmanagement bei durchgängiger
Verantwortung, fachlicher Kompetenz und organisatori-
scher Zuständigkeit im Verantwortungsbereich AIN zu
erreichen. Für das Euro Hawk-Projekt war der alte CPM
nicht Ursache des Scheiterns, denn auch als der neue
CPM dann zum 1. Januar 2013 in Kraft trat, fand es kei-
ner der Verantwortlichen für nötig, das Euro Hawk-Pro-
jekt wenigstens einmal zu überprüfen und ggf. neu zu be-
urteilen. Es wurde so weitergemacht wie in den Jahren
davor und die Vorschriften des neuen CPMs ignoriert.
Dies zeigt, wie oberflächlich und unsolide mit diesem
Milliardenprojekt umgegangen wurde.

Nun werden die Effizienzsteigerung in der Kommunika-
tion und der Aufbau eines effektiven Controlling zur Ver-
besserung des Ausrüstungs- und Nutzungsmanagements
als „Lessons learned“ verkauft. Wäre man den Empfeh-
lungen der Weise-Kommission von 2010 bei der Neu-
strukturierung des Rüstungsbereichs gefolgt, wäre es
nicht in diesem Ausmaß zu den verheerenden Fehlent-
scheidungen bei Euro Hawk gekommen. Ein dreistelliger
Millionenbetrag wäre nicht sinnlos verpulvert worden.

Auch im nachgeordneten Bundesamt für Ausrüstung, In-
formationstechnik und Nutzung der Bundeswehr
(BAAINBw) sind ähnlich desaströse Verhältnisse im
Ausrüstungs- und Nutzungsmanagement zu verzeichnen.
Auch hier sind die Verantwortlichkeiten nicht klar gere-
gelt. Es gibt keine eindeutigen Entscheidungskompeten-
zen.

Bemerkenswert ist ebenfalls, dass die Fachebene bei Ent-
scheidungen, die ausschließlich dem Auftraggeber zuzu-
ordnen sind, in einem nicht unerheblichen Maße dem
Einfluss und der Abhängigkeit zur Industrie ausgesetzt
ist, die in der Regel auch Auftragnehmer ist. Dies wurde
besonders deutlich bei der Entscheidung am 3. Februar
2010, den Full Scale Demonstrator nicht als Muster für
die Serie zu verwenden oder auch bei der Erstellung der
Studien zu alternativen Plattformen zum Euro Hawk im
Jahre 2012. Hier ist das Ergebnis solcher Studien grund-
sätzlich in Frage zu stellen.

Insgesamt wurde der Eindruck gewonnen, dass der Rüs-
tungsbereich des BMVg und des nachgeordneten Be-
reichs in bürokratisch verkrusteten Strukturen agieren.
Entscheidungen werden entweder gar nicht oder wenn,
dann in der Regel auf dem Dienstweg mit formalisierten
Begründungen eingeholt. Oft lautet das Motto nicht
„Melden macht frei“, sondern: „Geh nicht zu deinem Vor-
gesetzten, wenn er dich nicht gerufen hat“. Bei dieser
Verfahrensweise ist es nicht verwunderlich, dass das Euro
Hawk-Projekt so endete.

Es erscheint dringend notwendig, den gesamten Rüs-
tungsbereich, der jährlich den zweitgrößten Investitions-

posten im Bundeshaushalt ausmacht, nochmals zu über-
prüfen. Dabei sollte externer Sachverstand hinzugezogen
werden.

2. Reform des Beschaffungswesens

Im Rahmen der Neuausrichtung der Bundeswehr hatten
Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière und
Staatssekretär Beemelmans groß angekündigt, die ge-
samte Beschaffung und das Ausrüstungswesen neu zu
ordnen. Alle großen Rüstungsprojekte sollten auf den
Prüfstand gestellt, mit der Industrie über zu beschaffende
Stückzahlen neu verhandelt werden. Auch strukturell
sollte die Beschaffung von Rüstungsgut neu organisiert
werden.

Die Strukturkommission der Bundeswehr unter Vorsitz
von Dr. h. c. Frank Jürgen Weise hatte im Oktober 2010
ihren Bericht „Vom Einsatz her denken – Konzentration,
Flexibilität, Effizienz“ vorgelegt. Darin schlug sie um-
fangreiche Reformen des Beschaffungswesens wie die or-
ganisatorische Trennung des Bereichs Rüstungspolitik
vom Rüstungsverlauf und die Beseitigung von Doppel-
strukturen vor. Verantwortlichkeiten sollten gebündelt,
der Lebenszyklus der Projekte über die Agentur gesteuert
werden.

Die Erwartungen an eine umfassende Neuordnung des
Beschaffungswesens wurden durch Minister de Maizière
jedoch tief enttäuscht. Mit Wirkung vom 1. Oktober 2012
wurde das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung
(BWB) mit dem IT-Amt der Bundeswehr (IT-AmtBw)
zum Bundesamt für Ausrüstung, Infrastruktur und Nut-
zung der Bundeswehr (BAAINBw) verschmolzen. Aller-
dings war die Zusammenlegung fachfremder Gebiete wie
IT und Beschaffung kontraproduktiv. Das BAAINBw
entpuppt sich nun als größerer Moloch als seinerzeit das
BWB. Der Beschaffungsprozess ist nach wie vor intrans-
parent. Industriepolitische Interessen haben zu oft Vor-
rang vor der Ausstattung der Soldatinnen und Soldaten
mit dem Notwendigen in kürzestmöglicher Zeit. Das Pro-
blem, dass die Fachebene häufig von der (alleinigen) Ex-
pertise der Industrie abhängig und damit enorm beein-
flussbar ist, bleibt weiter bestehen. Nach wie vor werden
die Einsatzerfordernisse für die Truppe ignoriert. Beispiel
ist das Standardgewehr der Bundeswehr, das G36: Hier
wurden beharrlich gravierende Probleme ignoriert, ob-
wohl zuständige Wehrtechnische Dienststellen Gefahren
für Leib und Leben ausgemacht haben.

Der Präsident des BAAINBw hat bei seiner Befragung
den Eindruck erweckt, dass er in seiner Funktion als Lei-
ter einer Dienststelle von 9.600 Mitarbeitern vorrangig
organisatorische Aufgaben wahrnimmt. Dies legt den
Rückschluss nahe, dass dieses monströse Amt ein Eigen-
leben entwickelt hat, wo die Verantwortlichen der Füh-
rungsebene nur noch sehr eingeschränkt eingebunden
sind. Dies entspricht in keiner Weise einer effizienten
Managementstruktur.

Die Neuverhandlung von geschlossenen Beschaffungs-
verträgen bezüglich großer Rüstungsprojekte wie PUMA,
A400M, Korvetten K130 oder des NH90 sind bereits in

Drucksache 17/14650 – 184 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

den Anfängen kläglich stecken geblieben. Die Bundes-
wehr wird damit weiter Gerät beschaffen, was in den ge-
orderten Stückzahlen nicht benötigt wird. Auch hat der
chaotische Entwicklungsprozess bei vielen Projekten
dazu geführt, dass nun Material beschafft wird, welches
allein aus sicherheitspolitischen Gesichtspunkten über-
holt und für die Truppe eher Fluch denn Segen sein
dürfte. Denn Mittel, die anderweitig dringend benötigt
würden, bleiben dank schlechter Verträge und der Unfä-
higkeit des BMVg, hier erfolgreich nachzuverhandeln,
weiter gebunden.

Die Reform des Beschaffungsprozesses entlang des no-
vellierten „Customer Product Management“ (CPM nov.)
droht deshalb ebenfalls zur Luftnummer zu verkommen.
Denn das Scheitern des Projektes Euro Hawk hat gezeigt,
dass durchaus sinnvolle Mechanismen im Bereich
Controlling durch Personal auf Fach- und Leitungsebene
unterlaufen und ausgehebelt werden können – mit
schwerwiegenden Folgen für den Projekt- und Beschaf-
fungsverlauf. Damit bleibt Thomas de Maizière zugleich
eine Antwort schuldig, warum diesmal alles anders wer-
den und der CPM nov. ein Erfolg werden soll. Große
Zweifel sind hier mindestens angebracht.

3. Personeller und struktureller Neuanfang

Zunächst muss es darum gehen, Ruhe und Verbindlich-
keit für die Soldatinnen und Soldaten sowie die zivilen
Beschäftigten in der Bundeswehr herzustellen. Die per-
manenten Umstrukturierungen und die monatelangen Un-
sicherheiten für beinahe jede und jeden in der Truppe ha-
ben die Stimmung auf den Tiefpunkt gedrückt und das
Vertrauen in den Dienstherrn nachhaltig erschüttert.
Thomas de Maizière hat es nicht verstanden, die Ängste
und Sorgen der Bundeswehrangehörigen ernst zu nehmen
und darauf angemessen zu reagieren.

Darüber hinaus muss der Beschaffungsprozess endlich
geordnet und gestrafft werden. Dabei sollte externer
Sachverstand hinzugezogen werden. Im Mittelpunkt des
Beschaffungswesens muss dabei das Primat stehen, die
Soldatinnen und Soldaten mit der bestmöglichen Ausrüs-
tung für den Einsatz auszustatten. Goldrandlösungen zum
Wohle der Industrie, bei der die Sicherheit des in Einsät-
zen befindlichen Personals auf der Strecke bleibt, darf es
nicht mehr geben. Wo immer dies möglich und verant-
wortbar ist, sollte auf off-the-shelf-Technologie zurück-
gegriffen werden, um die Soldatinnen und Soldaten im
Hier und Jetzt mit dem Nötigen auszustatten.

4. „Bermudadreieck“ aus Bedarfsträger, Amt
und Industrie

Die Geschichte der Rüstungsskandale ist fast so alt wie
die Bundeswehr selbst. Mit der bald 60 Jahre zurücklie-
genden Entscheidung zur deutschen Wiederbewaffnung
ging gleichzeitig die Entscheidung für eine nationale Rüs-
tungsindustrie zur Ausstattung der Streitkräfte einher.
Skandale um verschwendete Steuergelder, Korruptions-
vorwürfe und nicht funktionierende Waffensysteme sind

seit jeher an der Tagesordnung. Viele Projekte bleiben
nicht im Zeit- oder Kostenrahmen.

Durch die verstärkte Belastung der Bundeswehr für Ein-
sätze der Vereinten Nationen, der EU und der NATO bei
gleichzeitig wachsendem Spardruck und verkleinerten fi-
nanziellen Spielräumen seit Beginn der Finanzkrise, ist
die Bundeswehr heute mehr denn je auf ein transparentes
und hinreichend effizientes Beschaffungssystem ange-
wiesen.

Bei Rüstungsgütern versagt der „freie“ Markt als steuern-
des Instrument. Waffen sollen außerhalb von EU und
NATO grundsätzlich nicht exportiert werden.

Auch wenn sich marktwirtschaftliche Grundsätze nur ein-
geschränkt auf das Beschaffungswesen übertragen lassen,
ist das kein Freifahrtschein zum verschwenderischen Um-
gang mit Steuermitteln. Die Tatsache, dass sich auf dem
Beschaffungsmarkt wenige Anbieter noch weniger Käu-
fern gegenüberstehen und daher beide Seiten aufeinander
„angewiesen“ sind, ist keine Ausrede dafür, dass so gut
wie kein Projekt im Zeitplan bleibt und sich die Kosten
im Gegensatz zu den anfänglich erwarteten Summen häu-
fig vervielfachen.

Zudem wird der Rüstungsbereich selbst zwischen den eu-
ropäischen Partnern vielfach als „nationaler Kernbereich“
verstanden. Sogar enge Partner werden aus industriepoli-
tischen und vermeintlich sicherheitspolitischen Beweg-
gründen aus dem Wettbewerb herausgehalten. Selbst an
den Stellen, an denen zumindest ein gewisser Wettbewerb
und sinnvolle Kooperation möglich wären, wird aus über-
holten, falschen Souveränitätsvorstellungen und materiel-
len Interessen darauf verzichtet.

In dieser komplexen Gemengelage wird es der Industrie
häufig zu leicht gemacht, unangenehmen Konsequenzen
nach dem Scheitern von Projekten aus dem Weg zu ge-
hen. Selbst wenn eine Entwicklung häufig Jahre hinter
dem Zeitplan herhinkt und das ursprünglich bestellte Sys-
tem gar nicht mehr gebraucht wird, genieren sich die Un-
ternehmen nicht, auf die Einhaltung der Verträge zu po-
chen. Die Bundeswehr wird oft gezwungen, Geld für
Waffensysteme auszugeben, die sie weder braucht noch
will.

Allerdings wurden in der Vergangenheit auch allzu oft die
Anforderungen an verschiedene Rüstungsprojekte vor
und während der Entwicklung durch die Bundeswehr ins
schier Unendliche gesteigert; statt einer funktionierenden
80 Prozent-Lösung forderte das Verteidigungsministe-
rium häufig die sprichwörtliche eierlegende Wollmilch-
sau. Die Industrie wiederum stellte die Realisierung von
noch so abenteuerlichen Forderungen in Aussicht und
einzelne Abgeordnete, die isoliert die Interessen der in ih-
rem Wahlkreis ansässigen Industrie verfolgen, gaben dem
Ganzen die notwendige politische Rückendeckung. Über
die exorbitanten Kosten sprechen alle erst, wenn es zu
spät ist. Dieses „Bermudadreieck“ aus Bedarfsträger, In-
dustrie und Politik muss aufgebrochen werden.

Auf der einen Seite werden die Streitkräfte zu spät, mit zu
altem und zu teurem Material ausgestattet, welches von

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 185 – Drucksache 17/14650

der Einsatzrealität längst überholt ist. Und die Steuerzah-
ler können nur zusehen, wie ihr Geld in Großprojekten
wie dem A400M, dem MH 90 und dem NH 90 oder ak-
tuell dem Euro Hawk versickert. Der Beitrag des Vertei-
digungshaushalts zur Haushaltskonsolidierung fällt daher
schmaler aus als ursprünglich angedacht. Aus den ur-
sprünglich von Minister zu Guttenberg angekündigten
8 Milliarden Euro Einsparungen ist unter Minister de
Maizière sogar ein leichter Ausgabenaufwuchs gewor-
den. Die Tendenz ist eher steigend als fallend.

Der desolate Zustand des Beschaffungswesens hat weit-
reichende Folgen. Viele Projekte können aus Geldmangel
nicht realisiert werden, und es besteht wenig finanzieller
Spielraum, um die Streitkräfte auch kurzfristig mit not-
wendiger Ausrüstung zu versorgen.

Dieses Spannungsfeld wurde trotz verschiedener Ansätze
in den letzten Jahren nicht aufgelöst. Versuchen, im Aus-
land „von der Stange“ zu kaufen statt für viel Geld und
noch mehr Zeit jedes Rüstungsgut national selbst zu ent-
wickeln, wurde oft mit massivem Druck seitens der Rüs-
tungsindustrie und Teilen der Politik begegnet.

Formelkompromisse und industriepolitische Entschei-
dungen werden häufig als die wirtschaftlich und leis-
tungsmäßig beste Lösung verkauft, obwohl den Beteilig-
ten des Verfahrens häufig das Gegenteil bewusst ist. Die
echten Motive und Entscheidungsgründe werden häufig
vertuscht. Nicht selten erwächst dieser Druck aus engen
persönlichen Beziehungen zwischen Teilen von Industrie,
Politik und Verwaltung. Hieraus können sich eng ver-
flochtene Abhängigkeitsverhältnisse ergeben. In der Kon-
sequenz stehen dann nicht die Entwicklung und Beschaf-
fung von sicherheitspolitisch und hinsichtlich der
Ausrüstung dringend benötigtem Material im Mittelpunkt
der Präferenzen, sondern die kommerziellen Interessen
der Industrie. Für eine gut aufgestellte Bundeswehr und
die Sicherheit der Soldatinnen und Soldaten in den Ein-
sätzen ist das regelmäßig problematisch.

Am Beispiel des gescheiterten Euro Hawk-Projektes so-
wie dem Vorhaben des BMVg, in größerem Umfang un-
bemannte fliegende Systeme der MALE und HALE-
Klasse in die Bundeswehr einzuführen, lässt sich diese
Verquickung exemplarisch rekonstruieren.

Die EuroHawk GmbH wurde für die Entwicklung des
deutschen Global Hawk (Euro Hawk) von EADS sowie
Northrop Grumman (NG) als Joint Venture gegründet.
Cassidian als Geschäftsbereich der EADS fiel die Ent-
wicklung und Integration des SIGINT-Systems ISIS zu,
während NG für die Bereitstellung und Anpassung der
Plattform zuständig war.

Als sich BMVg-intern abzeichnete, dass es mit einer
Musterzulassung und Beschaffung der Euro Hawk-Serie
wohl nichts werden würde, vergab das BAAINBw an die
IABG1254 den Auftrag, eine Studie zu alternativen Träger-
plattformen zu erstellen. Erstaunlich daran ist, dass die
Firma Cassidian (EADS) als Unterauftragnehmerin der

EuroHawk GmbH für die Erstellung der Studie herange-
zogen wurde. In der Vergangenheit hatte Cassidian heftig
für die Entwicklung einer hauseigenen Drohne mit dem
Namen Talarion geworben; gegenüber der Bundeswehr
wurde Druck aufgebaut, Mittel für die weitere Entwick-
lung dieses Projektes zur Verfügung zu stellen und eine
Beschaffung anzustreben. Verteidigungsminister de
Maizière hatte sich 2012 öffentlich gegen das Projekt aus-
gesprochen.

Bei der Erstellung des IABG-Gutachtens untersuchte
Cassidian interessanterweise die bisher nur auf dem
Papier befindliche Drohne „Future European MALE“
(FEMALE). Die IABG-Studie kommt zu dem Schluss,
dass FEMALE als alternative Trägerplattform für das
ISIS-System geeignet sei und damit die Fähigkeitslücke
SIGINT geschlossen werden könnte. Hersteller dieses
MALE-UAV wäre Cassidian. Damit wurde ein Rüstungs-
unternehmen vom BMVg damit beauftragt, ein eigenes
Rüstungsprojektvorhaben zu begutachten, zu bewerten –
und zu bewerben.

Vor dem Untersuchungsausschuss hat StS Beemelmans
hierzu gesagt:

„Ich habe von Anfang an gesagt, dass das Thema
Talarion nicht Erfolg versprechend ist in der Kon-
struktion, in der es ist, und habe von Anfang an
gesagt: Wir müssen, wenn wir ein solches Projekt
machen, ein europäisches Projekt bauen. – FE-
MALE ist an sich das europäische Projekt. Es ist
nicht der Talarion, sondern es ist etwas Vergleich-
bares, aber nicht abgestützt nur auf ein oder zwei
Partner, die wir bislang hatten, sondern abgestützt
auf die relevanten Partner in Europa. Und dafür
habe ich mich – dazu habe ich auch im Verteidi-
gungsausschuss berichtet – intensiv seit meinem
Amtsantritt eingesetzt […].“1255

Wie sehr sich Sts. Beemelmans für die Plattform
FEMALE eingesetzt haben muss, wird dadurch deutlich,
dass sich der CEO von Cassidian, Bernhard Gerwert, bei
einem Zusammentreffen mit StS Beemelmans persönlich
für dessen Einsatz beim Projekt Future European MALE
bedanken wollte.1256

In der weiteren Vernehmung stellte sich heraus, dass die
Plattformen Talarion und FEMALE sehr ähnlich sind, das
Projekt FEMALE sich jedoch auf ein breiteres Feld euro-
päischer Staaten abstützen würde:

„Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): […]
Bei FEMALE ist sozusagen Talarion plus Frank-
reich im Boot?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Plus Frankreich
plus Italien plus Spanien plus England, wenn die
Lust haben, plus jeder, aber unter Ausschluss ei-
nes Konkurrenzprojektes in Europa.“1257

1254 IABG steht für Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft mbH.

1255 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 66.
1256 Vgl. MAT 17-73 BMVg zu BB 17-48, Ordner 2, StS Beemelmans,

S. 101.
1257 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 67.

Drucksache 17/14650 – 186 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Staatssekretär Beemelmans hat in seiner Vernehmung un-
terstrichen, dass eine alternative Trägerplattform zum ge-
scheiterten Euro Hawk möglichst aus den Mitteln finan-
ziert werden muss, die durch die Nichtbeschaffung der
Euro Hawk-Serie „frei würden“. Dabei handelt es sich
um rund 675 Millionen Euro. Die erwähnte IABG-Studie
erwähnt drei mögliche Trägerplattformen, in die ISIS in-
tegriert werden könnte: einen Airbus A319, die MALE-
Drohne Heron TP sowie das UAV Future European
MALE. In einer Fußnote wird bemerkt, dass sich die auf
20 Jahre gerechneten Gesamtkosten von FEMALE von
1.258 Millionen Euro auf nur noch 658 Millionen Euro
reduzieren würden, wenn der geringere Leistungsumfang
(Einsatzradius) des Heron TP angelegt würde. Damit kam
die IABG-Studie zu dem Schluss, dass FEMALE als
Alternative geeignet sei. Gleichzeitig würde der finan-
zielle Aufwand hierfür durch die Nichtbeschaffung der
Euro Hawk-Serie gedeckt. Es ist mehr als zweifelhaft,
dass es möglich sein wird, innerhalb des gesetzten Kos-
tenrahmens entweder ein bemanntes Flugzeug zu be-

schaffen und zu betreiben oder eine unbemannte Neuent-
wicklung durchzuführen.

Es bleibt abzuwarten, welche Alternative das BMVg
letztlich zum Schließen der Fähigkeitslücke und damit
zur Integration von ISIS auswählen wird. Der Deutsche
Bundestag wird über eine entsprechende Vorlage ent-
scheiden müssen. Fest steht, dass die Neuordnung des Be-
schaffungswesens inklusive der diesem zugrundeliegen-
den Beschaffungsphilosophie unter Thomas de Maizière
wegverwaltet wurde. Die skizzierten Probleme wurden
nicht angegangen und existieren nach wie vor. Hier ist der
Minister auf ganzer Linie gescheitert.

Bundesverteidigungsminister Dr. Thomas de Maizière hat
vor dem Verteidigungsausschuss personelle Konsequen-
zen angekündigt. Die Arbeit des Untersuchungsausschus-
ses hat gezeigt, dass dies dringend notwendig ist – insbe-
sondere in der Leitung des BMVg. Der Minister sollte
seiner Verantwortung nachkommen und hier bei sich
selbst beginnen.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 187 – Drucksache 17/14650

B. Sondervotum der Fraktion DIE LINKE.

I. Einleitende Zusammenfassung

Für DIE LINKE. ging es im Untersuchungsausschuss
nicht nur um die Frage, was Thomas de Maizière wann
gewusst oder getan hat, sondern auch um Sinn und Un-
sinn des Euro Hawk. Aus unserer Sicht lassen sich die
folgenden Ergebnisse des Ausschusses festhalten:

– Thomas de Maizière hat nachweislich die Unwahrheit
gesagt, als er behauptete, erst am 13. Mai 2013 über
das wahre Ausmaß des Debakels informiert gewesen
zu sein. Schuld am Euro Hawk Debakel war aber nicht
de Maizière allein, sondern auch seine Vorgänger seit
Scharping.

– Der Euro Hawk war von Anfang an für den Einsatz in
internationalen Militäreinsätzen konzipiert gewesen
und wurde deshalb auch von Beginn an von der LIN-
KEN abgelehnt. Die 600 Millionen Euro, die jetzt in
den Sand gesetzt wurden, wären anderswo von vorn-
herein besser investiert gewesen.

– Der Euro Hawk ist technisch in der Lage, auch Mobil-
telefon-Verbindungen und -Inhalte mitzuschneiden.
Sein Einsatz war „ressortübergreifend“ geplant, d. h.
jenseits der Auslandseinsätze der Bundeswehr auch
durch Geheimdienste oder das Innenministerium.

– Die Verschlüsselungstechnik des Euro Hawk kommt
direkt von der US-amerikanischen NSA. Es konnte im
Verlauf des Ausschusses leider nicht geklärt werden,
inwieweit die NSA darüber alle vom Euro Hawk er-
fassten Daten mitlesen kann und ob dies bei den be-
reits erfolgten Testflügen geschehen ist.

– Im Rahmen des Euro Hawk-Projektes und auch noch
in seinem Scheitern wurde die sehr enge Verflechtung
zwischen Verteidigungsministerium und Rüstungsin-
dustrie deutlich. Noch 2012 galt de Maizière als anpa-
ckender Reformer, der ‚alle Rüstungsgroßprojekte (...)
auf den Prüfstand‘ stellen und ‚harte Verhandlungen
mit der Industrie’ führen wollte,1258 getan hat er gegen
den Rüstungs-Filz allerdings wenig. Bei vielen Ent-
scheidungen im Euro Hawk-Projekt ging es vor allem
darum, der Industrie Geld und Aufträge zuzuschustern –
bis dahin, dass nach dem Scheitern des Euro Hawk
eine der beteiligten Firmen, EADS, für das Nachfolge-
projekt wieder gut im Rennen ist. Regelmäßig hat das
Ministerium die Firmen damit beauftragt, sich selbst
zu begutachten.

– Das Ministerium hat sowohl bei Vertragsschluss als
auch bei der Durchführung des Vertrages grobe Fehler
gemacht, die alle zulasten der Steuerzahler und zu-
gunsten der Rüstungsindustrie gingen. Das Haftungs-
risiko wurde von vornherein einseitig auf den Bund
verlagert, Vertragspflichten der Auftragnehmer im
Laufe des Projektes einfach fallen gelassen.

Zusammenfassend muss man sagen: Das Euro Hawk-Pro-
jekt war von Anfang an falsch, wurde schlecht umgesetzt
und zuletzt ganz im Sinne der Rüstungsindustrie gegen
die Wand gefahren. Und schuld daran waren immer die
anderen.

II. Die Rolle von Thomas de Maizière
Im Laufe des Untersuchungsausschusses konnte nachge-
wiesen werden, dass Thomas de Maizière nicht die Wahr-
heit gesagt hat, als er sich am 5. Juni 2013 als ahnungslos
und uninformiert darstellte.

In der Sitzung des Verteidigungsausschusses am 5. Juni
2013 hatte Verteidigungsminister de Maizière den Abge-
ordneten gegenüber behauptet:

„Ich wurde am 13. Mai 2013 nach der auf Ebene
der Staatssekretäre Wolf am 8. Mai 2013 und
Beemelmans am 10. Mai 2013 getroffenen Ent-
scheidung hierüber in Kenntnis gesetzt. Ich habe
diese Entscheidung am selben Tag gebilligt. Es
gab zuvor keine Vorlage an den Minister mit ei-
ner Beschreibung der Zulassungsprobleme oder
überhaupt zum Gesamtproblem. Es gab lediglich
am 20. März 2012 eine Informationsvorlage an
mich zu rechtlichen Fragestellungen im Zusam-
menhang mit dem sog. G-10-Gesetz.“1259

Die Aussage, er habe vor dem 13. Mai keine Vorlage mit
einer Beschreibung der Probleme bekommen, ist nach-
weislich falsch. Bereits am 5. Dezember 2012 gab es eine
Vorlage an de Maizière1260, in der anlässlich seines Besu-
ches bei Cassidian in Manching von drastischen Proble-
men beim Euro Hawk berichtet wird, von hohen finan-
ziellen Risiken und davon, dass es zu dem Zeitpunkt
keine Grundlage gab, den Auftrag zur Serienbeschaffung
des Euro Hawk zu befürworten. Im Gegenteil, dort wird
ausdrücklich berichtet, dass bereits Alternativen für den
Euro Hawk gesucht wurden. Allein durch diese Vorlage
ist de Maizière mit seiner Aussage, er habe nie eine Vor-
lage zu den Problemen bekommen, der Lüge überführt.

Als Zeuge im Untersuchungsausschuss musste
de Maizière schrittweise zurückrudern. Er erklärte:

„Nach dieser Aussage ist in der Öffentlichkeit der
unzutreffende Eindruck entstanden, ich sei zwi-
schen der Rüstungsklausur im März 2012 und
dem 13. Mai 2013 nie über Probleme beim Euro
Hawk unterrichtet worden. Nachdem dieser nicht
zutreffende Eindruck entstanden war, habe ich im
Verteidigungsausschuss bereits in der nächsten
Sitzung […] und in öffentlichen Einlassungen be-
reits selbst klargestellt, dass ich durchaus über
Probleme unterrichtet wurde, diese aber stets als
lösbar dargestellt wurden.“1261

Es entspann sich dann während der Vernehmung im Un-
tersuchungsausschuss eine unwürdige Debatte darüber,

1258 Vgl. Rede de Maizières vom 21.3.2012, und Interview mit Vizead-
miral Manfred Nielson vom 2.9. 2011.

1259 MAT 17-1 A BT-VA zu BB 17-92, S. 3.
1260 MAT 17-59 BMVg zu BB 17-38.
1261 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 10.

Drucksache 17/14650 – 188 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

was denn im Sprachgebrauch von de Maizière eine „Vor-
lage“ sei, und was „lösbar“. Seine Bemühungen, sich
spitzfindig herauszuwinden, gingen teilweise ins Ab-
surde.

Zunächst verstieg sich de Maizière zu der Aussage, nur
das Deckblatt der Informationsmappe für den Cassidian-
Besuch sei eine „Vorlage“ – auf mehrfaches Nachfragen
gestand er jedoch ein, dass natürlich die gesamte Mappe
eine „Vorlage“ sei. Im weiteren Verlauf der Vernehmung
wollte de Maizière dann noch zwischen „Informations-
vorlagen“, „Entscheidungsvorlagen“, „Vorlagen für einen
Betriebsbesuch“ und anderen Vorlagen unterscheiden.1262
All diese Spitzfindigkeiten ändern jedoch nichts an der
Tatsache, dass de Maizière tatsächlich bereits im Dezem-
ber 2012 eine Vorlage auf den Tisch bekommen hat, in
der die Probleme des Euro Hawk in allen Details sehr
drastisch geschildert wurden. Seine Aussage vom 5. Juni
2013, er habe keine Vorlage bekommen, ist damit nach-
weislich unwahr.

Im weiteren Verlauf versuchte de Maizière, sich darauf
zurück zu ziehen, alle Probleme seien immer als „lösbar“
dargestellt worden. Auch diese Argumentation ist nicht
haltbar, aus zwei Gründen.

Zum einen wurde bereits in dem Cassidian-Briefing deut-
lich gesagt, dass die Serienbeschaffung des Euro Hawk
mit hohen finanziellen und technischen Risiken behaftet
sei und vor allem, dass bereits nach Alternativen für den
Euro Hawk gesucht werde. Deutlicher lässt sich nicht sa-
gen, dass ein Projekt vor dem Scheitern steht.

Zum anderen ergab sich im Untersuchungsausschuss,
dass de Maizière selbst schon vor dem 13. Mai 2013 das
Wissen über die Unlösbarkeit der Probleme hatte. Der
Donaukurier hatte am 6. Juni 2013 gemeldet:

„In seiner Erklärung vom Mittwoch hatte sich de
Maizière beklagt, er sei zu spät über die Probleme
mit der Zulassung der Aufklärungsdrohne infor-
miert worden. Erst am 13. Mai habe er von seinen
Staatssekretären erfahren, dass das Projekt ge-
stoppt worden sei, sagte de Maizière vor dem
Verteidigungsausschuss. Vorher habe er nur in ei-
ner allgemeinen Besprechung von Problemen mit
der Zulassung des Euro Hawk gehört, die aber als
lösbar dargestellt worden seien.

Allerdings hatte der Minister schon anlässlich ei-
nes Redaktionsbesuchs bei unserer Zeitung am
7. Mai große Zweifel geäußert. Auf die Frage, ob
die Bundeswehr wie geplant fünf Euro-Hawk-
Exemplare beschaffen werde, sagte er: „Im Mo-
ment sieht es nicht so aus.“ Die Prüfung sei noch
nicht abgeschlossen, sagte er weiter. Das ent-
scheidende Thema sei die Frage der Zulassung.
Er sprach auch davon, dass man die Aufklärungs-
technik des Euro Hawk gegebenenfalls anders
nutzen, sprich: sie in ein anderes Flugzeug ein-
bauen könne.“1263

Im Untersuchungsausschuss war de Maizière zunächst
gefragt worden, ob er überrascht gewesen sei von der
Entscheidungsvorlage, die ihm am 13. Mai 2013 zuge-
gangen sei, und durch die er nach seinen eigenen Anga-
ben von der Erheblichkeit der Probleme mit dem Ent-
wicklungsprojekt Euro Hawk erfahren habe, und auch
davon, dass auf die Serienbeschaffung verzichtet werden
solle.1264

Daraufhin hatte er bestätigt: Ja, er sei überrascht gewe-
sen.1265

Trotz dieser „Überraschung“ vom 13. Mai 2013 konnte
de Maizière nicht sagen, ab wann er gewusst habe, dass
es voraussichtlich nicht zu einer Serienbeschaffung des
Euro Hawk kommen werde – und er war völlig außer-
stande, auch nur annähernd konkrete Angaben dazu zu
machen, worauf seine beim Donaukurier geäußerten
„Zweifel an einer Serienbeschaffung“ fußten:1266

„Jan van Aken (DIE LINKE): Wir waren stehen
geblieben bei der Frage, seit wann Sie – ungefähr –
wussten, dass es wohl nicht zu einer Serienbe-
schaffung des Euro Hawks kommen würde.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das kann ich,
ehrlich gesagt, im Nachhinein nicht mehr genau
sagen, wann jetzt dieser genaue Zeitpunkt ist.

Jan van Aken (DIE LINKE): Aber Sie haben
vorhin gesagt, Sie waren überrascht am 13. Mai
von der Entscheidung.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, von der Ent-
scheidungsvorlage, von den Dimensionen, von
den Varianten usw.

Jan van Aken (DIE LINKE): Warum?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das war mir in
dieser Dimension nicht klar.

Jan van Aken (DIE LINKE): Was heißt ,in die-
ser Dimension‘? Es geht ja um die Frage ganz
entscheidend: Die Serie wird nicht beschafft. Das
ist ja das, was Sie wahrscheinlich überrascht hat.
Aber hatten Sie vorher keine Hinweise darauf,
dass sie vielleicht nicht beschafft wird?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein, es gab ja
in den Unterlagen zu Gesprächen durchaus solche
Hinweise, aber immer mit dem Punkt: ,Wir versu-
chen, das zu verhindern; wir finden einen Weg;
wir müssen gucken, was wir machen‘, sodass die
abschließende Entscheidung, der abschließende
Entscheidungsvorschlag oder die Entscheidung
,Nein, wir steigen aus‘, das stand erst - - dann
rund um diese Entscheidungsvorlage statt, die ja
einen langen Weg genommen hat von Ende März
bis 13. Mai.

1262 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 25 - 28, 44 - 46.

1263 http://www.donaukurier.de/lokales/schrobenhausen/Ingolstadt-De
MaiziProzent25E8re-Was-wusste-er-wann;art603,2768055.

1264 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 48.
1265 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 48.
1266 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 61.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 189 – Drucksache 17/14650

Jan van Aken (DIE LINKE): Das heißt, bis zum
13. Mai sind Sie davon ausgegangen: ,Das wird
schon‘?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein, das wird
schon nicht, sondern bis zum 13. Mai konnte ich
davon ausgehen, dass an dem Problem konstruk-
tiv gearbeitet wird.

Jan van Aken (DIE LINKE): Und wie lässt sich
dann Ihre Aussage im Donaukurier erklären, dass
Sie da eigentlich nicht mehr von ausgegangen
sind, schon am 7. Mai?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Die Dinge ha-
ben sich ja ein bisschen weiterentwickelt. Herr
Bartels hat auf eine Kleine Anfrage hingewiesen,
die Herr Kossendey an ihn gemacht hat. Und des-
wegen hatte ich offenbar im Hinterkopf, dass sich
die Dinge allmählich zuspitzen. Aber eine kon-
krete Vorlage, also konkrete Kenntnis von der
Vorlage, die ja vom - - die erste vom März
stammt und der zweite Anlauf dann vom April,
hatte ich bei dieser Donaukurier-Vorlage nicht;
sonst hätte ich sie im Zweifel auch anders ausge-
drückt.

Jan van Aken (DIE LINKE): Ich rede ja nicht
über Vorlagen. Ich rede über Ihr Wissen. Also
noch mal: Der Donaukurier zitiert Sie, dass Sie
geantwortet hätten auf die Frage: ,Werden jetzt
diese Euro Hawks angeschafft?‘ Ihre Antwort
– Zitat –: ,Im Moment sieht es nicht so aus.‘ Ist
das richtig zitiert?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das mag sein,
dass das richtig zitiert ist. Ich habe jedenfalls kei-
nen Zweifel, dass das so richtig zitiert sein kann.

Jan van Aken (DIE LINKE): ,Im Moment sieht
es nicht so aus.‘ Also, da hatten Sie ja schon eine
relativ klare Vorstellung, dass es also mit größerer
Wahrscheinlichkeit nicht passiert. Wieso? Wo-
her? Aus welcher Gemengelage an Informationen
nehmen Sie so eine Aussage?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Aus einer Ge-
mengelage von Informationen, die ich vorgetra-
gen habe. Konkret wo ich das hergenommen
habe, das weiß ich nicht.“

Zusammenfassend hat de Maizière bereits im Jahre 2012
eine Vorlage über die Probleme beim Euro Hawk bekom-
men, die dort nicht als lösbar dargestellt wurden, sondern
im Gegenteil wurde als Ausweg dort bereits die Suche
nach Alternativen vorgestellt. Spätestens das Interview
mit dem Donaukurier offenbarte dann, dass Verteidi-
gungsminister de Maizière sehr wohl seinerzeit schon
wusste, dass es mit dem Euro Hawk nicht weitergehen
würde. Seine spätere Aussage, er habe nie eine Vorlage
bekommen und nie etwas über unlösbare Probleme ge-
wusst, ist damit widerlegt.

III. Militarisierung der deutschen Außenpolitik
1. Euro Hawk für Auslandseinsätze der

Bundeswehr
Die technischen Leistungsmerkmale des Euro Hawk-Trä-
gersystems machen ihn zum effektiven Spionage- und
Aufklärungssytem für Auslandseinsätze der Bundeswehr
fernab des Bundes- und Bündnisgebietes. Die Beschaf-
fung des Euro Hawk war von vornherein so angelegt,
dass damit zwei Auslandseinsätze der Bundeswehr
gleichzeitig abgedeckt werden können.

Mit einer Reichweite von über 20.000 Kilometer und ei-
ner Stehzeit von etwa 40 Stunden kann dieses System den
gesamten afrikanischen und asiatischen Kontinent bis an
den Pazifik sowie große Teile Lateinamerikas erreichen
und ohne Betankung wieder nach Deutschland zurück-
fliegen. Mit einer Flughöhe von über 20.000 Metern1267
ist der Euro Hawk für die Luftabwehr vieler Staaten nicht
erreichbar. Die Empfangsreichweiten für das integrierte
ISIS-Empfangssystem umfassen einen Umkreis von
400 bis 500 Kilometer. Der ehemalige Generalinspekteur
Schneiderhan formulierte im Untersuchungsausschuss die
Leistungsanforderung an den Euro Hawk wie folgt:

„Das System soll die signalerfassende Überwa-
chung und Aufklärung für einen Einsatzraum per-
manent sicherstellen – das heißt sieben Tage,
24 Stunden –, für zwei Einsatzräume gleichzeitig
regelmäßig, aber nicht lückenlos, und das dann
für mehrere Monate.“1268

Den technischen Leistungsmerkmalen entsprechend solle
die Beschaffung der Aufklärungsdrohne Euro Hawk, so
der Bundesverteidigungsminister sowie der amtierende
Generalinspekteur Wieker, dazu dienen, die seit Mitte
2010 bestehende „Fähigkeitslücke“ zu schließen.

Insgesamt erfreut sich der Begriff der „Fähigkeitslücke“
im Kontext des EURO HAWK-Skandals großer Beliebt-
heit, stellt er doch die legitimatorische Grundlage zur Be-
schaffung des Systems dar. Wie sehr die Bestimmung ei-
ner „Fähigkeitslücke“ eher subjektiven Kriterien folgte,
wird in einem Schriftwechsel innerhalb des BMVg im
September 2001 deutlich. Darin kommt eine Uneinigkeit
über die Frage einer „Fähigkeitslücke“ bei der „weiträu-
migen bodengebundenen Überwachung und Aufklärung“
zum Ausdruck.1269

Worin besteht diese angebliche „Fähigkeitslücke“ kon-
kret? Bis Mitte 2010 stand noch eine Breguet Atlantic
(BR 1150) mit SIGINT-Fähigkeiten im Dienst der Bun-
deswehr. Es handelte sich dabei um einen bemannten
Langstrecken-Seeaufklärer. Da seit langem bekannt war,
dass die Breguet Atlantic aufgrund ihrer Überalterung im
Jahre 2010 außer Dienst gestellt werden musste, be-
schaffte das BMVg 2006 acht bemannte P-3C Orion See-
aufklärungsflugzeuge. Damit kann die „Fähigkeitslücke“
temporär wieder als geschlossen betrachtet werden, so-

1267 Schneiderhan, Protokoll-Nr. 3, S. 31.
1268 Schneiderhan, Protokoll-Nr. 3, S. 5.
1269 MAT 17-83 BMVg zu BB 17-42, AIN II, Ordner 3, S. 252 – 254.

Drucksache 17/14650 – 190 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

weit es um die Fernaufklärung auf See geht – insbeson-
dere im NATO-Bündnisgebiet. Nach den Vorstellungen
des Bundesministeriums der Verteidigung sollte diese
„Fähigkeitslücke“ langfristig durch das Euro Hawk-
System geschlossen werden.

Zu Zeiten des Ost-West-Konflikts diente die Breguet
Atlantic der Bundesmarine zur Seefernaufklärung des
Atlantiks zum Schutz des NATO-Gebietes. Dieser Auf-
trag stand weitgehend im Einklang mit dem Verteidi-
gungsauftrag des Grundgesetzes (Art. 87a i. V. m.
Art. 115a) sowie des NATO-Statuts (Art. 4 und 6).

Der Verteidigungsbegriff selbst ist in seiner Logik territo-
rial gebunden. Diese Territorialbindung der Verteidigung
findet sich sowohl im Grundgesetz (Art. 115a) als auch in
Art. 6 des NATO-Statuts wieder.1270

Ob die seinerzeit geplante Beschaffung der Euro Hawk-
Systeme vernünftig war, darf angesichts der äußerst posi-
tiven militärischen und sicherheitspolitischen Lageana-
lyse seitens des BMVg und des Ministers de Maizière
selbst, wonach

„eine unmittelbare territoriale Bedrohung
Deutschlands mit konventionellen militärischen
Mitteln unverändert unwahrscheinlich“

sei,1271 ernsthaft bezweifelt werden. Eine militärische Fä-
higkeit, die angesichts der positiven Lageanalyse und le-
diglich abstrakter Bedrohungsszenarien über keinen ver-
teidigungspolitischen Hintergrund verfügt, ist eine
überflüssige Fähigkeit. Ihr Wegfall stellt keine Fähig-
keitslücke, sondern eine Anpassung an die verteidigungs-
politischen Realitäten dar. Die Ausphasung der Breguet
Atlantic im Jahre 2010 war somit sicherheits- und vertei-
digungspolitisch längst überfällig.

Eine „Fähigkeitslücke“ besteht nur für den Fall, dass das
Aufgaben- und Einsatzspektrum der Bundeswehr über
den territorial gebundenen Verteidigungsauftrag hinaus
gehen soll. Also für eine Bundeswehr mit überregionalem
oder globalem Interventionsanspruch.

Genau dies bestätigt de Maizière, wenn er in den „Vertei-
digungspolitischen Richtlinien“ 2011 erklärt, Sicherheit
sei nicht ausschließlich geographisch definiert. Auch im
Untersuchungsausschuss unterstrich de Maizière1272 die
Notwendigkeit der Beschaffung des Euro Hawk zur
„Schließung der Fähigkeitslücke“, um den Soldaten im
Auslandseinsatz einen besseren Schutz zu gewähren und
um die „Bündnisfähigkeit zu erhalten“. Ein weiteres Ar-
gument für die angebliche Notwendigkeit dieser Aufklä-
rungstechnologie erläutert der ehemalige Generalinspek-
teur Wolfgang Schneiderhan:

„(…) weil die [Euro Hawk-Technologie] uns auf
die Augenhöhe mit Partnern bringt, in der NATO
und in der EU.“1273

Dieses Argument verrät ein in rein militärischer Logik
verhaftetes Denken: Die „Augenhöhe“ wird allzu offen-
sichtlich nur nach militärischer Leistungsfähigkeit, nicht
aber nach politischen Parametern gemessen.

Auch das Argument der Gewährleistung eines besseren
Schutzes der Soldaten im Auslandseinsatz durch entspre-
chende Aufklärungsfähigkeiten hat wenig mit der heuti-
gen Realität zu tun. Tatsächlich schreibt das BMVg ganz
offen, dass bei den heutigen Auslandseinsätzen der Euro
Hawk nicht wirklich gebraucht würde, weil die Gegner
technologisch der Bundeswehr gar nicht gewachsen
seien:

„III. Bewertung (…)

16. Die Fähigkeitslücke SIGINT hat sich in den
letzten Jahren nicht ausgewirkt, weil in keinem
Einsatz eine Bedrohung durch technologisch an-
spruchsvolle Systeme bestand. Bei Eintritt eines
solchen Falls würde die Fähigkeitslücke prägnant
und wirkte sich gleichermaßen nachteilig auf die
eigene Durchsetzungsfähigkeit und den Schutz
eigener Kräfte aus. Der Einsatz eigener Kräfte
wäre somit einem erhöhten Risiko ausge-
setzt.“1274

Deutlicher kann man nicht sagen, dass die Anschaffung
des Euro Hawk auf der Erwartung basiert, künftig auch
Auslandseinsätze gegen militärisch gleichwertige Gegner
zu führen.

Auch, und das ist das Entscheidende, muss der Einsatz
der Bundeswehr im Ausland im Kontext der Behauptung
spezifischer außenwirtschaftlicher und geostrategischer
Interessen der Bundesrepublik Deutschland gesehen wer-
den: Die Begriffe deutsche „Interessengebiete“, „Einsatz-
gebiete“ und „ökonomische Interessen“ gehören mittler-
weile wie selbstverständlich in den außen- und
sicherheitspolitischen Diskurs von Bundesregierung und
Bundeswehr.1275

Sie reflektieren einen unverhohlenen globalen Gestal-
tungsanspruch – auch unter Anwendung militärischer
Mittel. „‘Militärische Macht‘ bleibt ein Strukturprinzip
internationaler Beziehungen“, so die Argumentation aus
den Reihen der CDU/CSU-Fraktion.1276

Für künftige Auslandseinsätze zur globalen Interessen-
durchsetzung spielt die luftgestützte Aufklärung in der
gesamten Bandbreite (IMINT, SIGINT, COMINT) eine

1270 Militärische Einsatzoptionen jenseits der Verteidigung des Bundes-
und Bündnisgebiets sind nur im Einklang mit der UNO-Charta zu-
lässig. Hierzu gehören UN-mandatierte oder UN-geführte Missio-
nen im gesamten militärischen Fähigkeitsspektrum.

1271 Vgl. Verteidigungspolitische Richtlinien 2011 (VPR).
1272 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 3.

1273 Schneiderhan, Protokoll-Nr. 3, S. 10.
1274 MAT 17-70 A BMVg zu BB 17-45, Abt. Plg. II 3, Ordner 1, S. 6.
1275 Siehe zum Beispiel: Thomas de Maizière, Verteidigungspolitische

Richtlinien 2011, S. 3. ff.
1276 Dr. Andreas Schockenhoff, stellvertretender Vorsitzender der CDU/

CSU-Bundestagsfraktion, Roderich Kiesewetter, Obmann für Ab-
rüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung der CDU/CSU-
Fraktion und Präsident des Reservistenverbandes, „Impulse für Eu-
ropas Sicherheitspolitik – Die Zeit zum Handeln ist gekommen“,
in: Internationale Politik, 9/10 2012, S. 88-97 – hier, S. 90.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 191 – Drucksache 17/14650

zentrale Rolle. Aufklärungsüberlegenheit bedeutet Füh-
rungsüberlegenheit und somit die Voraussetzung, eine
militärische Operation auch erfolgreich zu bestehen. Wie
wichtig die luftgestützte Aufklärung für künftige Inter-
ventionsoperationen ist, wird in dem „Bericht zum Stand
der Neuausrichtung der Bundeswehr“ des BMVg vom
8. Mai 2013 (wenige Tage bevor de Maizière die Nicht-
beschaffung des Euro Hawk einräumte) deutlich:

Unter der Überschrift „Strukturrelevante Hauptwaffen-
systeme der Streitkräfte“ werden Euro Hawk, Global
Hawk und SAATEG MALE genannt. Mit der Kategori-
sierung „strukturrelevante Hauptwaffensysteme“ werden
sie zu unverzichtbaren Fähigkeiten deutscher Außen- und
Sicherheitspolitik erklärt.

DIE LINKE. hingegen vermag angesichts des reinen Ver-
teidigungsauftrages der Bundeswehr keine aufklärungsre-
levante „Fähigkeitslücke“ zu erkennen. Überregionale
oder globale militärische Machtprojektionen mit welcher
realen oder vorgeschobenen Begründung auch immer
lehnt DIE LINKE. ab.

2. Global Hawk für NATO-AGS

Auf dem Chicagoer NATO-Gipfel im Mai 2012 beschlos-
sen bzw. unterzeichneten 14 NATO-Staaten die Beschaf-
fung von fünf Global-Hawk Block 40 UAV-Drohnen für
ihr Aufklärungssystem AGS (Alliance Ground Surveil-
lance) und die dazu gehörigen mobilen Bodenstationen.
Trotz des eigenen Euro Hawk-Debakel hält die Bundesre-
gierung weiter strikt am AGS-Projekt fest, obwohl die
beiden Drohnentypen sich vor allem in ihrer Missions-
ausstattung unterscheiden, und kaum in der Drohne
selbst. 1277 Dementsprechend ist hier mit sehr ähnlichen
Zulassungsproblemen zu rechnen wie beim Euro Hawk.

Das „Eurocontrol Air Traffic Management“ kam bereits
im Jahre 2010 – also noch zwei Jahre vor dem NATO-
Gipfel – zu folgendem Ergebnis:

„Although GH (but not EH) is equipped with a
Traffic Collision Avoidance System (TCAS),
ICAO13 considers that further safety studies and
analyses are required before the operation of
ACAS is permitted on any UAS.

Therefore, with no pilot on board and operation
of its TCAS not allowed, GH lacks a collision
avoidance capability. (…).

Guideline ATMGH18. Collision avoidance for
GH shall normally be addressed by operating it
either within segregated airspace at or below FL
510 or in airspace where it is isolated from other
aircraft by virtue of its extreme altitude.“1278

Hiermit wird deutlich, dass nach dem Debakel um die
deutschen Euro Hawk sich ähnliche Probleme für die

Global Hawk der NATO ankündigen. Ungeachtet dessen
hält man an der Beschaffung fest.

Details zur Beteiligung an der Global Hawk-Beschaffung
lieferte der am 5. Juni 2013 verteilte Bericht der im Bun-
desministerium der Verteidigung eilig eingesetzten Ad-
hoc Arbeitsgruppe1279. Bestätigt wurde darin nicht nur,
dass Deutschland rund ein Drittel der Kosten für die fünf
Global Hawk des NATO-Programms tragen will, sondern
auch, dass die Bundesregierung noch vier weitere Droh-
nen beisteuern will:

„Deutschland hat sich bereit erklärt, über die Be-
teiligung an NATO AGS (Core) hinaus weitere
vier Luftfahrzeuge zu NATO AGS beizustellen,
ohne sich jedoch abschließend auf ein bestimmtes
Flugzeugmuster festzulegen. Dafür wurde zu-
nächst eine planerische Vorsorge getroffen. Auf-
grund der mittelfristigen finanzplanerischen Rah-
menbedingungen ist derzeit eine Realisierung ab
2023 geplant. Art, Umfang und Kosten dieses se-
paraten Projektes sind noch nicht festgelegt.“

a) Kosten

Ungeachtet der auch seinerzeit schon auf der Hand lie-
genden Probleme wurde beim NATO-Gipfel 2012 in Chi-
cago der endgültige Vertrag mit dem Hersteller Northrop
Grumman unterzeichnet. Die zwei führenden Regierun-
gen bei der Einrichtung des AGS Core und mithin die
größten Beitragszahler des Vorhabens sind die USA
(41,7 Prozent) und Deutschland (33,26 Prozent, das ent-
spricht knapp 483 Millionen Euro). Italien beteiligt sich
an 14,72 Prozent der Kosten, die verbliebenen rund
12 Prozent teilen sich unter den übrigen zehn Partnern
auf.

Die deutsche Beteiligung am NATO AGS wird weitere
Folgekosten beinhalten. Denn wegen der Reichweite des
Global Hawk von über 20.000 Kilometern erfordert der
Datenaustausch mit der Auswerte- und Steuereinheit in
Deutschland breitbandige Satellitenkommunikationsver-
bindungen, die überdies gegen Ausfall gesichert bzw.
doppelt errichtet werden müssen. Daher muss auf die An-
mietung kommerzieller Satellitenkapazitäten oder zivil
genutzter Satelliten der Bundesregierung zurückgegrif-
fen werden. Die Bundesregierung gibt die auf 20 Jahre
geschätzten Kosten hierfür mit rund 250 Millionen Euro
an. Die Gesamtkosten des Projekts beziffert die Bundes-
regierung mit 1,452 Millionen Euro. Weitere Kosten ent-
stehen für Infrastruktur im sizilianischen Sigonella
(105,4 Millionen Euro). Finanziell sollen sich alle
28 NATO-Staaten fortlaufend am Betrieb des AGS betei-
ligen.

b) Funktionalität

Die Alliance Ground Surveillance besteht aus einem
Luft- und einem Bodensegment (das sogenannte AGS
Core). In der Luft kreisen die Spionagedrohnen mit hoch-

1277 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 48.
1278 Eurocontrol Air Traffic Management, “Guidelines for Global

Hawk in European Airspace”, 2010, S. 24. 1279 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3, S. 63 / 64 f.

Drucksache 17/14650 – 192 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

auflösendem Radar zur Bodenbeobachtung. Bislang ver-
fügt der Global Hawk weder für Italien noch für andere
europäische Länder über eine luftfahrtrechtliche Zulas-
sung. Nach Auskunft der Bundesregierung steht der Zu-
lassungsprozess in Italien erst am Anfang und das Land
hat bislang keine konkrete Aussage zur Erfolgswahr-
scheinlichkeit des Zulassungsverfahrens getroffen.1280

Northrop Grumman verpflichtet sich, die Global Hawk
mit einem sogenannten Multi-Platform Radar Technology
Insertion Program Radar (MP-RTIP) auszustatten. Dabei
handelt es sich um eine teure Technologie zur Verfolgung
von sich langsam bewegenden Objekten am Boden oder
auch in niedrigen Höhen. Auf diese Weise könnten die
Drohnen beispielsweise Raketen aufspüren.

Bereits 2006 wurde auf eine deutsch-US-amerikanische
Initiative hin die Gründung einer „Global / Euro Hawk
User Group“ (GEHUG) vereinbart1281. Ziele waren ein
„Austausch von Erfahrungen, Informationen, technischen
Daten, Unfall-/Zwischenfallberichten aus operationeller,
technischer und logistischer Sicht“ sowie die „Bearbei-
tung von erkannten Problemen und Weiterentwicklung
durch Unterarbeitsgruppen“. Hierzu gehören die Bereiche
„Flugrouten und Luftraumnutzung“, also auch Ausweich-
verfahren und Zulassungsfragen.

Das deutsche Euro Hawk-Debakel hatte allerdings erheb-
liche Auswirkungen auf die informelle Zusammenarbeit
zu den US-Riesendrohnen: Die GEHUG wurde nach dem
Stop der Pläne für die Serienbeschaffung des Euro Hawk
im Mai 2013 aufgelöst.

Wie der Euro Hawk verfügen auch die NATO-Drohnen
über keine automatisierten Verfahren zur Vermeidung von
Zusammenstößen in der Luft (sense & avoid-Systeme).
Wie beim Euro Hawk sind hier also hohe Mehrkosten und
Unwägbarkeiten bei der Zulassung für eine Teilnahme am
allgemeinen Luftverkehr zu erwarten. Völlig unklar ist
zudem, inwieweit eine Zulassung ohne erforderliche Do-
kumentation auf europäischer Ebene ermöglicht werden
soll.

IV. „Ressortübergreifender“ Einsatz des
Euro Hawk

Sowohl die Auswertung der Dokumente als auch die Be-
fragung der Zeugen hat gezeigt, dass die Bundesregie-
rung für den Euro Hawk eindeutig sogenannte „ressort-
übergreifende“ Einsätze vorsieht. Für die Fraktion der
LINKEN haben sich hieraus weitergehende Fragen zu
den Fähigkeiten der Spionagetechnologie und möglichen
Einsatzszenarien ergeben, die für den Euro Hawk geplant
waren und nun möglicherweise von einem alternativen
System übernommen werden sollen. Besondere Brisanz
erhalten die Erkenntnisse des Untersuchungsausschusses

durch die aufgetauchten Beweise für die Verwendung von
Verschlüsselungstechnologien der amerikanischen Natio-
nal Security Agency (NSA). Die Abhängigkeiten von die-
ser Technik waren einerseits selbst ursächlich für massive
Verzögerungen im Projektverlauf. Sie werfen andererseits
die Frage auf, ob die Bundesregierung von Beginn an
eine Weitergabe der durch das Signalerfassungssystem
gewonnenen Daten an die USA, bzw. die NSA plante
oder billigend in Kauf nahm.

1. Funktionen und Fähigkeiten des
ISIS-Sensors

Die Funktionen des ISIS-Sensors sind darauf ausgelegt,
eine große Zahl von Funksendern anzupeilen, zu klassifi-
zieren und wiederzuerkennen. Es können die Inhalte so-
wohl von Funkaussendungen als auch von Mobiltelefo-
nen empfangen und aufgefangen werden.

Das ISIS-System im Euro Hawk kann bei 15 Kilometer
Flughöhe in einem Umkreis von bis zu ca. 400 Kilometern
alle Funksignale auffangen, anpeilen und aufzeichnen, die
stark genug sind, um von den Empfängern aufgenommen
zu werden. Dazu gehören auch Mobilfunksignale, insbe-
sondere die der Sendemasten, welche mittels Richtanten-
nen von ISIS selektiv empfangen werden können. In ei-
nem Sprechzettel zum Euro Hawk SIGINT Roll-Out von
Oktober 2011 wird dargelegt, dass der Euro Hawk Handy-
telefonate und E-Mail-Kommunikation auffangen
kann.1282

2. Euro Hawk und ISIS im ressort-
übergreifenden Einsatz

Das Einsatzkonzept der Bundeswehr für den Euro Hawk
verfügt über einen eigenen Unterabschnitt „Sonderein-
sätze“, der unter anderem die „ressortübergreifende
Nachrichtengewinnung und Aufklärung“ vorsieht.1283
Unter ressortübergreifenden Einsätzen kann die Nutzung
der Drohne durch Bundesnachrichtendienst (BND), Poli-
zei oder auch die europäische Agentur zur Flüchtlingsab-
wehr, FRONTEX, gemeint sein. Der ehemalige General-
inspekteur der Bundeswehr, Schneiderhahn, gab in seiner
Vernehmung im Untersuchungsausschuss an, dass der ur-
sprünglichen Konzeption des Anforderungsprofils für den
Euro Hawk (Systemfähigkeitsforderung, SFF) eine „er-
gänzende Aufgabe“ hinzugefügt worden sei: „Ressort-
übergreifende Nachrichtengewinnung und Aufklä-
rung“.1284

Der Zeuge Staatssekretär Stéphane Beemelmans, selbst
zwischen 2009 und 2011 Staatssekretär im Bundesinnen-
ministerium, vermutete, dass ein Bedarf für „ressortüber-
greifenden Einsatz“ des Euro Hawk auch beim Bundes-
innenministerium bestehen könne.1285 Der heutige
Verteidigungsminister de Maizière gab als Zeuge an, in

1280 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion
DIE LINKE. (Bundestags-Drucksache 17/14018) vom 12.6.2013
(noch ohne Drucksachen-Nr.).

1281 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion
DIE LINKE. (Bundestags-Drucksache 17/14018) vom 12.6.2013
(noch ohne Drucksachen-Nr.).

1282 MAT 17-53 BMVg zu BB 17-56, Ordner 5, S. 195 / 440 ff., 445.
1283 MAT 17-64 BMVg zu BB 17-75, BAAINBw H 1.4 Zentrale

Dienste, Ordner 1, S. 19.
1284 Schneiderhan, Protokoll-Nr. 3, S. 4.
1285 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 53.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 193 – Drucksache 17/14650

seiner Zeit als Bundesinnenminister keine Kenntnis vom
Projekt Euro Hawk erhalten zu haben.1286 „Selbstver-
ständlich“ stünden jedoch „Geräte der Bundeswehr im
Wege der Amtshilfe auch anderen zur Verfügung“.1287

Die deutlichen Hinweise auf einen möglichen Einsatz des
Euro Hawk im Inneren werfen Fragen zu Gefahren für
BürgerInnen- und Freiheitsrechte auf. Die fortschreitende
Dehnung des Spektrums der „Amtshilfe“ durch Streit-
kräfteinsätze (Art. 35 GG) hat zu einer massiven Auswei-
tung und rasanten Zunahme von Einsätzen der Bundes-
wehr bei Großveranstaltungen und Staatsbesuchen im
Inland geführt.1288 Die Bundesregierung zögert nicht, in
bestimmten Situationen – wie etwa bei den Protesten ge-
gen Castor-Transporte oder gegen das Treffen der Staats-
und Regierungschefs der G8 in Heiligendamm 2007 – die
Bundeswehr und dezidiert deren Aufklärungsfähigkeiten
(Tornado-Luftbildeinsätze) auch verfassungswidrig ge-
gen die eigene Zivilgesellschaft einzusetzen.

Auch wenn der Euro Hawk nicht primär für solche An-
wendungen geplant und ausgelegt war, kann er technisch
problemlos zur Überwachung im Inneren eingesetzt wer-
den.

Bei großen Protestveranstaltungen werden eine Vielzahl
von Funksystemen eingesetzt. Da Mobiltelefone in gro-
ßen Menschenansammlungen aufgrund der Überlastung
der Netz-Ressourcen oft nur schlecht funktionieren, wer-
den bei Protestcamps u. ä. üblicherweise in größerem
Umfang lizenzfreie Handfunkgeräte (sog. ISM-Band),
Wi-Fi-Knoten oder Schnurlostelefone eingesetzt. Übli-
cherweise werden diese Funksysteme von Gruppen oder
Menschen mit hohem Organisationsgrad verwendet, die
sich nicht auf das Funktionieren der überlasteten oder ört-
lich nicht verfügbaren Mobilfunknetze verlassen wollen.
Der Inhalt dieser Funkverbindungen ist demzufolge aus
Sicht eines Abhörers oft „hochwertig“, weil er Zugang zu
strategischen Informationen verspricht.

Für die Lokalisierung, Identifizierung und Aufzeichnung/
Übertragung aller dieser Funksysteme ist ISIS hervorra-
gend geeignet. Bei Wi-Fi-Verbindungen könnte die Kom-
bination von großer Bandbreite und relativ geringer Sen-
deleistung ein Abhören schwieriger machen bzw. nur
relativ nahe am Sender möglich sein. Mit Hilfe einer eng
kreisenden ISIS-Drohne analog zu den Tornado-Luftbild-
einsätzen beim G8-Protest in Heiligendamm ließe sich
auch eine räumlich weitverteilte Protestbewegung prak-
tisch flächendeckend aufklären.

Sollte ein ISIS-Sensor an einem Fesselballon in einigen
hundert Metern Höhe stationiert werden, wäre ein solcher
ortsfester Einsatz sogar noch verheerender. Durch den ge-
ringeren Abstand zu den zu empfangenden Geräten könn-
ten auch die mit geringer Sendeleistung arbeitenden Mo-
biltelefone problemlos erfasst und aufgezeichnet werden.

So wie bereits 2007 beim G8-Gipfel in Deutschland die
Bundeswehr mit Spionage-Gerät im Inneren ausgeholfen
hat, so wurden bereits mehrfach auch in anderen europäi-
schen Staaten militärische Drohnen zur Überwachung im
Inneren eingesetzt. Beipiele wären die Schweiz 2008
während der Europameisterschaft oder 2008 in Italien
beim G8-Gipfel.1289 Ein Vertreter des Rüstungskonzerns
EADS Cassidian regt an, auch die für die Bundeswehr
geplanten Euro Hawk für Zwecke einer „Homeland
Security” zu nutzen. Hierzu zählt er unter anderem die
Absicherung polizeilicher Großereignisse und Grenz-
überwachung.1290

EADS verfügt in diesem Bereich über Erfahrung: Laut
der Firmenwebseite wurden die in Zusammenarbeit mit
dem französischen Konzern Thales umgebauten Harfang-
Drohnen des israelischen Herstellers IAI beim G8-Gipfel
2009 im französischen Deauville eingesetzt.1291

Ein anderes mögliches „ressortübergreifendes“ Einsatz-
gebiet ist die Grenzsicherung z. B. im Rahmen von
FRONTEX. In Workshops von FRONTEX wurden seit
2009 bereits eine Vielzahl von Drohnen – darunter auch
der Euro Hawk – vorgestellt.1292

3. Verschlüsselungstechnologie von der
NSA

Besondere Brisanz erhalten die oben geschilderten Fähig-
keiten des SIGINT-Systems ISIS durch die verwendeten
Kommunikationskomponenten des Euro Hawk. Im Un-
tersuchungsausschuss stellte sich heraus, dass wesentli-
che Bestandteile der Verschlüsselungstechnologie von der
amerikanischen National Security Agency (NSA) be-
schafft wurden. Die offenen Fragen der LINKEN zum po-
tenziellen Zugang zu den von ISIS – auch schon im Pro-
bebetrieb – ermittelten Daten durch NSA oder andere
Dienste sind von den Zeugen nicht beantwortet worden.

ISIS und die Trägerplattform Euro Hawk nutzen einen
gemeinsamen Datenlink, dessen Verschlüsselung durch
die zugekaufte Technik samt Schlüsseln funktioniert.
Steuerung und Sensordaten des Systems nutzen den glei-
chen physischen Datenlink.

Die Abhängigkeit des Euro Hawk von NSA-Technik
führte zu maßgeblichen Verzögerungen bei der Fertigstel-
lung der Drohne. Wie über eine Vielzahl anderer Sachver-
halte wurde auch diese Information in der Informations-
mappe für Verteidigungsminister de Maizière für seinen
Besuch in Manching am 10. Dezember 2012 eindeutig
kommuniziert:

„lnsgesamt sind bisher Verzögerungen gegenüber
dem ursprünglichen Abschlussdatum des Ent-

1286 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 91.
1287 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 92.
1288 Vgl. Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE., Bundestags-

Drucksache 16/6159.

1289 Youtube, http://www.youtube.com/watch?v=KD206cM6-Fw
1290 “RPAS for homeland security applications”, Vortrag von Jean

CARON/Cassidian, http://www.icao.int/Meetings/UAS/Documents/
26_Caron-Jean_Cassidian_France_Presentation_ver_1804 12.pdf

1291 http://www.eads.com/eads/germany/de/presse/press.20110527_cas
sidian_harfang.html

1292 Schriftliche Frage des Abgeordneten Andrej Hunko Nr. 5/296 vom
28. Mai 2013.

Drucksache 17/14650 – 194 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

wicklungsvertrags von 35 Monaten eingetreten.
Gründe dafür waren: […] verspätete Bereitstel-
lung von Geräten und Komponenten durch die
US Air Force und die National Security Agency
(NSA)“.1293

Der Leiter der Rüstungsabteilung im Bundesministerium
der Verteidigung, Ministerialdirektor Detlef Selhausen,
gab an, er könne keine Angaben zu den benannten Verzö-
gerungen machen, er habe „keine diesbezüglichen Er-
kenntnisse”.1294 Auch über die Geräte und Komponenten,
die von Seiten der NSA für den Euro Hawk beschafft
wurden, hatte der Zeuge „keine eigenen Erkennt-
nisse”.1295 Die Wissenslücken dieses und anderer Zeugen
zu genau diesem Aspekt des Untersuchungsauftrags ist
auffällig. Insbesondere da bereits in der Frühphase des
Projekts (Februar 2001) der damalige Generalinspekteur
Kujat in einem Schreiben an den Staatssekretär im BMVg
Stützle ganz besonders auf die Risiken hingewiesen hatte,
die im Bereich der Kommunikation für das Gesamtpro-
jekt bestehen:

„Neben der Trägerplattform sind hierbei weitere,
teilweise erheblich risikobehaftete Systemele-
mente zu berücksichtigen, z. B. die Übertragung
der durch Sensoren mit hoher Auflösung erzeug-
ten großen Datenmengen, die dabei erforderliche
Sicherheit gegen Informationsoperationen […].
Insbesondere bezüglich Datenübertragung ist
eine europäische Lösung heute nicht verfügbar
und in ihrer Realisierung für den Gesamt-
Zeitplan einer UAV-Lösung zeitkritisch. Von Be-
deutung ist hier die US-Position zur Technolo-
giefreigabe im Rahmen einer möglichen Koope-
ration.“1296

Der Zeuge Schneiderhan verwies in seiner Befragung auf
die Sensibilität des Bereichs Nachrichtengewinnung und
Aufklärung, die eine „europäische Lösung“ von Beginn
an erschwert habe,

„weil die nationalen Interessen dann doch sehr
dominant sind und der nationale Zugriff zu Auf-
klärungssystemen natürlich eine ganz essentielle
Frage ist“.1297

Schneiderhan wiederholte das damalige Argumenta-
tionsmuster der Bundesregierung, demzufolge eine unab-
hängige und eigenständige Nachrichtengewinnung essen-
tiell für die zukünftige Einsatzfähigkeit der Bundeswehr
seien:

„Da müssen wir unsere ureigensten Ansprüche
auf […] ungefilterten Zugang zu Rohdaten und so
haben. In der Phase, wenn das eingeführt ist,
dann können wir durchaus kooperieren, weil
Nachrichtendienst funktioniert nach Geben und
Nehmen. […] Aber in der Entwicklung und in der

Hoheit über das Gerät gibt es sensitive Bereiche
[…].“1298

Dass die befragten Zeugen aus dem BMVg vor diesem
selbst eingeräumten und durchgängig kommunizierten
Hintergrund der für das Gesamtprojekt äußerst kritischen
Datenübertragungswege von der Einbindung eines aus-
ländischen Geheimdienstes ausgerechnet bei der Ver-
schlüsselungstechnologie keine Kenntnisse hatten, bzw.
dieser keine Bedeutung beigemessen haben sollten, ist
kaum vorstellbar.

4. Datenerfassung bei Testflügen
Es bleibt auch vollkommen unklar, ob private Kommuni-
kationsdaten deutscher oder europäischer BürgerInnen,
die die Drohne im Einsatz oder bei Erprobungsflügen be-
reits erfassen konnte, über die erwähnte Schwachstelle in
der Kommunikation nicht bereits in die Hände Dritter ge-
langt sind. EADS schreibt selbst zum ersten vollausgerüs-
teten Testflug im Januar 20131299:

„Für den Testflug war das unbemannte Flugsys-
tem mit hochentwickelten SIGINT-Sensoren zur
Detektion von Radarstrahlern und Kommunika-
tionssendern ausgerüstet.“

Laut dem Sprechzettel des Verteidigungsministers für den
Verteidigungsausschuss1300 diente der verzögerte Ab-
bruch des Euro Hawk-Programms nur dem Abschluss
von Tests mit dem fliegenden ISIS. Sollte dabei eine ver-
sehentliche, grundrechtswidrige Speicherung vorgenom-
men werden, wurde (allerdings erst auf Drängen der G10-
Kommission) ein Löschverfahren festgelegt:

„Unbeabsichtigte Erfassungen von Kommunika-
tion mit G 10-Relevanz werden grundsätzlich
– unabhängig vom jeweiligen Stand und Grad der
Bearbeitung oder Auswertung – umgehend einge-
stellt, bisherige Aufzeichnungen und eventuell
schon angelegte Datenbestände sofort gelöscht.
Entsprechende Verfahren sind eingerichtet.“1301

Die Kontrolleure von Verletzungen des Fernmeldege-
heimnisses haben sich ausbedungen, dass die Löschung
zu Unrecht erhobener Daten protokolliert werden
muss1302:

„Für die Flugerprobung des Euro Hawk wurde
auf Forderung der G-10-Kommission des Deut-
schen Bundestages eine zusätzliche Verfahrensre-
gelung eingeführt, um juristisch verwertbar zu
dokumentieren, dass versehentliche Erfassungen
von G-10-relevanter Kommunikation unverzüg-
lich gelöscht werden.“

Offen geblieben ist aber die Frage, ob denn ausgeschlos-
sen werden könne, dass noch vor der Löschung die NSA

1293 MAT 17-59 BMVg zu BB 17-38, Ordner 1, S. 39.
1294 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 85.
1295 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 85.
1296 MAT 17-83 BMVg zu BB 17-42, Ordner 3, AIN II 2, S. 22, 23.
1297 Schneiderhan, Protokoll-Nr. 3 S. 7.

1298 Schneiderhan, Protokoll-Nr. 3, S. 28 f.
1299 http://www.eads.com/eads/int/en/news/press.de_20130111_cassi

dian_eurohawk.html
1300 MAT 17-1 A BT-VA zu BB 17-92, S. 6, 10.
1301 MAT 17-78 BMVg zu BB 17-52, Ordner 67, AIN V 5, S. 24.
1302 Plenarprotokoll 17/245 vom 12.6.2013.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 195 – Drucksache 17/14650

möglicherweise diese Daten bereits für deren eigenen Ge-
brauch heruntergeladen hat.

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz oder die In-
formationsfreiheit hat keine Kontrolle über Bundeswehr-
aktivitäten. Er wird in die Entwicklung der militärischen
Spionagetechnik nicht einbezogen, sondern lediglich „in-
formiert”. Denn Datenschutz ist laut der Antwort „eine
Führungsaufgabe”, die von der Bundeswehr selbst über-
nommen und wie beim Euro Hawk in einem projektbezo-
genen Datenschutzkonzept festgelegt wird.

Jedoch hat die Bundesregierung versäumt, die „Füh-
rungsaufgabe“ des Datenschutzes beim Euro Hawk
überhaupt zu berücksichtigen. Weder existiert ein militä-
risches Datenschutzkonzept, noch wurde mit entspre-
chenden Vorbereitungen überhaupt begonnen.

Das fehlende Datenschutzkonzept der Bundeswehr sollte
den Abgeordneten des Bundestages verschwiegen wer-
den. Dies belegen interne Vermerke des Bundesministe-
riums der Verteidigung zur Beantwortung einer Kleinen
Anfrage des MdB Andrej Hunko (DIE LINKE.), der sich
genau danach erkundigt hatte1303:

„Der explizite Hinweis auf die Grundsatzweisung
sollte a.h.S. vermieden werden, um dieses Thema
nicht wieder aufzuwärmen. Zudem regelt es nicht
die Einzelmaßnahmen beim EH. Ein Daten-
schutzkonzept (DSK) ist – falls noch nicht ge-
schehen – ohnehin zu erstellen. Dieses DSK setzt
die Vorgaben der Grundsatzweisung um, diese
muss also nicht explizit erwähnt werden.“

V. Verzahnung zwischen Politik und
Rüstungsindustrie

1. Persönliche Verflechtungen am Beispiel
EADS

Die Euro Hawk-Krise hat ein Schlaglicht auf die domi-
nierende Stellung geworfen, die der deutsch-französisch-
spanische Rüstungskonzern EADS auf dem Feld der
Hochtechnologierüstung in Deutschland und Europa in-
nehat. EADS ist mit einem Umsatz von 56,5 Milliarden
Euro der zweitgrößte Rüstungskonzern Europas (2012).
Bei fast zwei Drittel aller Rüstungsaufträge waren in
jüngster Vergangenheit EADS-Sparten Auftragneh-
mer.1304

Für die enge personelle Verflechtung von Politik und Pro-
fit im Falle EADS gibt es mehrere prominente Beispiele.
So hat Tom Enders, der jetzige CEO von EADS, eine Ver-
gangenheit als Beamter im Verteidigungsministerium. Er
war dort von 1989 bis 1991 im Planungsstab tätig. Bis
2011 war er Mitglied der CSU.

Auch Martin Biesel, ehemaliger Büroleiter von Guido
Westerwelle (FDP), wechselte 1999 aus dem Büro des da-

maligen FDP-Chefs direkt zu EADS, als Senior Manager
für Regierungs- und Politikangelegenheiten. Nach zwei
Jahren kehrte er wieder in Westerwelles Vorzimmer zu-
rück, von 2009 bis 2011 war er dann Staatssekretär im
Auswärtigen Amt.

Und SPD-Mann Ditmar Staffelt wurde im Jahr 2002 par-
lamentarischer Staatssekretär im Wirtschaftsministerium
mit Verantwortung für den Rüstungsexport. In dieser
Position hatte er ständigen Kontakt mit Verantwortlichen
der Rüstungssparten von EADS. 2008 legte er sein Man-
dat nieder und wechselte übergangslos in die Position des
Vorstandsbeauftragten für Politik und Regierungsangele-
genheiten bei EADS.

Solche „Übergänge“ von der Politik in die Rüstungswirt-
schaft, demonstrieren augenfällig eine symbiotische Part-
nerschaft von Profit und Politik und werfen schwerwie-
gende Fragen über die persönliche Integrität von
Beamten, bzw. die Unabhängigkeit des Mandats von Ab-
geordneten auf. Diese enge Verflechtung zeigt sich in
eklatanter Weise im Fall Euro Hawk.

2. EADS-Einfluss zu Beginn des Euro Hawk-
Projekts

Eines der frühesten amtlichen Dokumente des Untersu-
chungsausschusses ist das Protokoll der Sitzung der
Arbeitsgruppe „Nachfolger Breguet ATLANTIQUE
SIGINT“ vom 31. März 1998.1305 Deutlich wird hier be-
reits die dominierende Rolle des EADS-Vorgängers
DASA. Zum Thema „Aktueller Sachstand Nachfolgesys-
tem Breguet“ tragen Gäste der DASA vor und sprechen
über ihr Projekt GECARS. Das Protokoll vermerkt:

„Diese Industrievorschläge sollen als Grundlage
für weitere Studiendurchführungen dienen. Die
Ausführungen der Firma wurden sehr positiv auf-
genommen…“

Die DASA bestreitet auch den zweiten TOP selbst: Sie
stellt ihre Variante der Kostenschätzung für das Projekt
vor. Innerhalb der nächsten zwölf Monate kann DASA/
EADS noch vier weitere Male die Pläne für ein HALE-
basiertes SIGINT–Spionagesystem in der Abteilung AIN II
präsentieren.1306

Für diese erste Orientierungsphase eines finanziell so luk-
rativen Projekts wären Präsentationen anderer Anbieter
vollkommen erwartbar. Jedoch finden sich in den vom
Untersuchungsausschuss beigezogenen Akten aus dem
gesamten Zeitraum bis zur Fertigstellung der Systemfä-
higkeitsforderung (SFF) im August 2002 nur zwei Prä-
sentationen von EADS-Konkurrenzfirmen: eine Konzept-
vorstellung „UAV zur weitreichenden Aufklärung“ durch
die Firma STN Atlas Electronic (Bremen) im Februar
2000,1307 und ein Briefing der US-Firma Raytheon zu
‚Future SIGINT‘ im April 2001. Demgegenüber gibt es
alleine im Jahre 2001 weitere vier Präsentationen der

1303 MAT 17-78 BMVg zu BB 17-52, Ordner 67, AIN V 5, S. 320.
1304 EADS-Anteil am Verteidigungshaushalt, s. Handelsblatt, 12.6.2008.

Umsatzzahlen: http://www.eads.com/eads/germany/de/presse/
press.de_20130227_eads_annual_press_conference_ 2013.html

1305 MAT 17-83 BMVg zu BB 17-42, Ordner 2, AIN II, S. 5.
1306 MAT 17-83 BMVg zu BB 17-42, Ordner 1, AIN II, S.1.
1307 MAT 17-38 BMVg zu BB 17-25, Ordner 3, S. 237.

Drucksache 17/14650 – 196 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Firma EADS.1308 Zu diesem Zeitpunkt war nicht einmal
die offizielle Entscheidung für die Erprobung des Global
Hawk als Grundlage-Plattform gefallen, geschweige denn
irgend eine Entscheidung zur Ausschreibung oder Beauf-
tragung des SIGINT-Projekts.1309

Dem Konzern wurde auch erlaubt, die Vergabe der Sys-
temstudien nach seinem Gusto zu lenken. Ein Beschaf-
fungsvorgang beginnt nach dem (alten wie neu gültigen)
CPM mit der Systemfähigkeitsforderung (SFF), die vom
BWB zu erstellen war. Diese soll im Rahmen des CPM
einen „lösungswegneutralen“ Forderungskatalog aufma-
chen.1310 Die daraufhin zu vergebenden Systemstudien
sind vom CPM vorgesehen, um der Bundeswehr die
Möglichkeit zu geben, „zwischen verschiedenen Lö-
sungswegen abzuwägen.“1311

Am 9. Juli 2001 durfte die Firma EADS im BMVg erneut
präsentieren: EADS schlug dem Ministerium vor, nach
den Vorstudien nun eine umfassende Systemstudie zur
weitreichenden luftgestützten Aufklärung in Auftrag zu
geben. Laut Protokoll vom 13. Juli 2001 wurde bei dem
Treffen festgelegt, dass der Entwurf der SFF an EADS
weitergeleitet werden soll, was nur den Schluss zulässt,
dass die Firma sich darauf vorbereiten wird, diese Studie
gemäß der SFF auch zu konzipieren. Doch da war noch
die Konkurrenzfirma STN Atlas, die ebenfalls Interesse
am Projekt bekundet hatte. Das Protokoll hält fest:

„Eine gemeinsame Bearbeitung der Systemstudie
durch die Firmen EADS und STN […] hätte den
Vorteil, dass eine konkurrierende Vergabe zwi-
schen diesen beiden Firmen vermieden wird
(Klärung durch Firma EADS).“ 1312

Obwohl anfänglich scheinbar auf einen Ausgleich abge-
zielt wird, überlässt das BWB die endgültige ‚Klärung‘,
und damit auch die Entscheidung, der Firma EADS. Da-
bei wäre die Gewährleistung von Transparenz und Chan-
cengleichheit im Sinne des CPM hier die ureigenste Auf-
gabe des Amtes.

In der Tat wird die Firma STN in der Folge nicht an der
Erstellung der Studie beteiligt. Der Hauptauftragnehmer
für die Erstellung der Systemkonzeptstudie der Phase 1
wurde EADS Dornier, und für Phase 2 blieb das ebenfalls
so.

Einen signifikanten Eingriff in die Objektivität der vom
CPM geforderten „Darstellung verschiedener Lösungs-

möglichkeiten“ unternahm EADS auch bei der Durchfüh-
rung einer weiteren Studie, der IABG-Studie vom Sep-
tember 2012, in der eine neue eigene EADS-Plattform
platziert wurde.

3. EADS-Drohne als Alternative zum
Euro Hawk?

Als die Probleme beim Euro Hawk immer deutlicher wur-
den, orientierte sich EADS/Cassidian auf die Möglichkeit
alternativer Träger für das neu entwickelte Spionage-Sys-
tem ISIS um. Dabei kam eine Doppelstrategie zum Tra-
gen:

Einerseits wollte EADS/Cassidian den Entwicklungsver-
trag für den Euro Hawk um jeden Preis zu Ende führen,
um das ISIS-System in Testflügen erproben zu können.

Andererseits begann die Sparte Cassidian nun eine neue
Werbeoffensive mit dem Ziel, eine eigene Drohne als
möglichen Ersatz für den Euro Hawk ins Spiel zu brin-
gen.

Dabei wurde nicht nur EADS aktiv. Noch im Januar 2012
preist der Chef der Rüstungsabteilung Selhausen dem
Staatssekretär Beemelmans die krisengeplagte Reißbrett-
drohne Talarion in bestem Werbesprech an:

„[In der Vorlage für Minister de Maiziere] ist das
Vorhaben Talarion zwar behandelt, aber nicht
ausreichend. […] Auf der Plusseite von Talarion
steht zweifellos dass hier erstmals bei Entwick-
lungsbeginn ein UAV konstruiert wird mit dem
Ziel der Zulassung zum Flug im zivilen Luft-
raum!“1313

Ab ca. Mitte 2012 bewarb EADS ein neues Drohnen-Pro-
jekt unter dem Namen Future European MALE (FE-
MALE), das auf dem zuvor gescheiterten Projekt Tala-
rion aufbaute. Unter diesem Projektnamen bekam die
Drohne ein neues Design mit größerer Spannweite und
Nutzlast sowie einer (geringfügigen) Steigerung der Flug-
höhe. Da die Drohne wie der Vorgänger Talarion auch
jetzt noch nicht über die Projektierungsphase hinausge-
kommen ist, ist laut EADS mit einer Serienbeschaffung
nicht vor 2020 zu rechnen.

In der beginnenden Debatte um eine eventuelle Nach-
folge der Euro Hawk-Plattform kam das Projekt
FEMALE just zur rechten Zeit, aber mit zwei gravieren-
den Nachteilen: Die zu geringe Höhe gegenüber einem
HALE UAV und die lange Projektierungszeit. Angesichts
des Scheiterns des Euro Hawk sollte es eigentlich kaum
vorstellbar sein, dass ein Ersatzsystem auf einem unent-
wickelten, risikobehafteten Reißbrett-Projekt basieren
könnte. Auf wundersame Weise hat es aber dieses Projekt
von EADS wieder in die engste Auswahl für ein Euro
Hawk-Ersatzsystem geschafft.

Die am 5. September 2012 vom BMVg beim BWB be-
auftragte Untersuchung zur Integration von ISIS in mög-
liche Alternativplattformen wurde vom Ministerium frei-

1308 Bei diesen Meetings waren oft so viele EADS-Mitarbeiter wie Mi-
nisterial- oder Amtsangestellte zugegen, vgl. z. B. MAT 17-83
BMVg zu BB 17-42, Ordner 2, S. 288.

1309 Während sich Ministerium und BWB 2001 noch gegenseitig versi-
chern, der Vergabeprozess sei „nicht präjudiziert“, diktiert ihnen
Cassidian–Mann Weitzel in die Feder, den US-Partnern „müssten
dann auch die deutschen Forderungen vorgetragen werden“, näm-
lich dass die ‚Integration des deutschen Missionssystems durch
EADS‘ erfolgt. – Die „deutschen Forderungen“ sind die von
EADS. MAT 17-83 BMVg zu BB 17-42, Ordner 3, S. 9.

1310 Zit. in ‚Novellierung des Customer Product Management‘, Folder
des BMVg, 2013.

1311 ibid.
1312 Vgl. MAT 17-83 BMVg zu BB 17-42, Ordner 3, S. 220. 1313 Vgl. MAT 17-73 BMVg zu BB 17-48, Ordner 1, S. 110.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 197 – Drucksache 17/14650

händig an die Consulting-Firma IABG vergeben. Diese
Firma ist ein langjähriger Geschäftspartner von Cassidian
und auch direkt vertraglich im Euro Hawk-Projekt mit
eingebunden. Auch in diesem Falle wurde die Unabhän-
gigkeit der Studie durch das Agieren von EADS ad absur-
dum geführt. Wie Cassidian-Chef Gerwert in der Befra-
gung des Untersuchungsausschusses zugeben musste,
überließ die IABG die Einschätzung der Eignung von FE-
MALE der Firma Cassidian selbst:

„Für diese Studie hat die IABG Cassidian in Un-
terauftrag genommen […] und den aktuellen
Stand der wichtigsten technischen Eigenschaften
des FEMALE erhalten.“

„Geprüft“ wurden insgesamt 37 bemannte und unbe-
mannte Plattformen, drei kamen in die engere Wahl. Die
IABG empfahl als präferierte Alternativen den
Airbus 319 und die Heron TP. Und keine weitere Platt-
form.

Urplötzlich tauchte als mögliche dritte Variante auch die
FEMALE-Drohne wieder auf. Das geschah, wie das Pro-
tokoll der Sitzung vom 11. Dezember 2012 zu ersten Er-
gebnissen der Studie zeigt, auf ausdrückliche Intervention
des Ministeriums, und zwar im Nachgang zu den eigent-
lich schon fertigen Ergebnissen der Prüfung der anderen
beiden Varianten:

„Im Rahmen der Mitzeichnung des Ergebnisver-
merks hat [die Abteilung Planung] II 3 die Be-
rücksichtigung der Alternative FEMALE einge-
fordert. AIN wird FEMALE im Rahmen der
Vorgehensweise daher ebenfalls betrachten und
bewerten.“1314

Auch hier hat EADS offenbar wieder auf geheimen Pfa-
den erreicht, dass das eigene Rüstungsprojekt für das Ver-
teidigungsministerium von den eigenen Leuten bewertet
wird. Die Frage, warum die Hauptabteilung AIN nun-
mehr definierte, welche Modelle in der Studie zu untersu-
chen sind, und nicht die zuständige IABG, die die Studie
durchführte, bleibt ungeklärt. Als die Studie veröffent-
licht wurde, war FEMALE als die dritte Alternative zum
Euro Hawk ausgewählt worden. Die Reißbrettdrohne
wurde sogar als kostengünstigste Lösung gepriesen. Ver-
anschlagt werden zwar Kosten von rund 1,3 Milliarden
Euro. Vorteilhaft sei laut IABG aber, dass wegen der
grundsätzlichen neuen Entwicklung des FEMALE eine
Zulassung für den zivilen Luftraum zu erlangen sein
werde.1315

Dem ging weiteres Lobbying unmittelbar voraus. Cassi-
dian-Chef Gerwert kam laut eigener Auskunft am 10. De-
zember 2012 mit dem Verteidigungsminister in Manching
zu einem Vier-Augen-Gespräch zusammen. Demnach
sprachen die beiden angeblich nicht über Euro Hawk,
aber über die neue EADS-Drohne:

„Das Hauptthema war überhaupt: Wie kann man
ein European MALE realisieren? Was heißt das

in Richtung der Budgetzwänge? Was heißt das in
Richtung der Entwicklungszeiträume? Was heißt
das in Richtung potenzieller Partner? Das war der
Hauptpunkt.“ 1316

Thomas de Maizière hatte bereits im Sommer begonnen,
sich in der Öffentlichkeit dafür stark zu machen, „eine eu-
ropäische Drohne zu entwickeln, die hoffentlich in den
Jahren nach 2020 auch einsatzfähig verfügbar ist“1317.
Und Staatssekretär Beemelmans begab sich noch im Sep-
tember 2012 nach Paris, wo er ein Übereinkommen für
die Entwicklung des Projekts European MALE unter-
schrieb, auch wenn er sich im Untersuchungsausschuss
diesbezüglich skeptisch gab.1318 Bernhard Gerwert jeden-
falls hatte am 25. des gleichen Monats das Bedürfnis, sich
bei Staatssekretär Beemelmans „persönlich (zu) bedan-
ken für die Hilfe beim Projekt ‚Future European
Male“‘.1319

4. EADS profitiert von der Ausentwicklung
von ISIS

Die Auftragsvergabe zur Entwicklung des ISIS bietet
dem EADS-Konzern nun die Möglichkeit, auch im Be-
reich der Signalerfassung ein eigenes Produkt zu ver-
markten. Ziel ist die internationale Wettbewerbsfähigkeit
im Bereich von Luftaufklärung und Spionage.

Dennoch besaß die Entwicklung eines deutschen ISIS-
Systems von deutscher Seite höchste Priorität, wohl um
Interessen deutscher Rüstungskonzerne weltweit zu stär-
ken. Ministeriumssprecher Stefan Paris wenige Tage nach
dem Ziehen der „Reißleine“ für die Serienbeschaffung
des Euro Hawk1320:

„Dieses ,Juwel‘, das da drin ist, mit dem man sehr
schön gucken und schauen kann, behalten wir.
[…] Das, was aber dadrinsteckt das ist mir wich-
tig, also diese 250 Millionen Euro, die für das
Sensorensystem investiert worden sind, ist nicht
verloren. Das ist auch der Grund, warum wir jetzt
noch bis Ende September die letzten Tests durch-
führen, damit wir diese Aufklärungstechnik auch
weiter nutzen können […].“

Das Bundesministerium der Verteidigung hat angesichts
des drohenden Scheiterns der Euro Hawk-Serienbeschaf-
fung bereits im Juni 2012 darauf hingewiesen, dass das
ISIS ein „Kernelement“ sei, die Drohne lediglich den
„Erfüllungsgehilfen“ darstelle1321:

„lch weise nochmals darauf hin, dass das Kern-
element des Programms das SIGINT Paket ist
und der Träger nur ,Erfüllungsgehilfe‘. Dies soll-

1314 MAT 17-78 H BMVg zu BB 17-52, AIN V 1, Ordner 4, S. 23.
1315 MAT 17-26 BMVg zu BB 17-37, Ordner 1, S. 1 ff.

1316 Gerwert, Protokoll-Nr. 6, S. 37.
1317 http://www.afp.com/de/nachrichten/topstories/de-maiziere-fur-

bundeswehr-einsatz-bewaffneter-drohnen
1318 Beemelmans, Protokoll-Nr. 7, S. 80.
1319 Vgl. MAT 17-73 BMVg zu BB 17-48, Ordner 11 StS Wolf, S. 241.
1320 Bundespressekonferenz 15.5.2013, MAT 17-5 BK zu BB 17-88,

Band 1, S. 162.
1321 MAT 17-78 BMVg zu BB 17-52, Ordner 84, AIN V 5, S. 486.

Drucksache 17/14650 – 198 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

ten wir uns bei dieser Bestandsaufnahme immer
vor Augen halten.“

Laut Regierungssprecher Paris habe sich das von EADS
entwickelte System zur „Fernaufklärung“ von digitaler
Kommunikation aus der Luft bewährt, die Technik solle
nun in einen anderen Träger eingebaut werden. Wann das
geschieht, ist noch unklar. Die Wahrscheinlichkeit ist aber
hoch, dass EADS den Zuschlag für eine Nachfolgelösung
des Euro Hawk bekommen wird.

Zusammenfassend muss festgestellt werden, dass am Bei-
spiel des Euro Hawk-Debakels die vielfältigen, institutio-
nellen wie personellen Verflechtungen zwischen Rüs-
tungsindustrie und Bundespolitik deutlich wurden. Durch
Lobbying sowie die Beeinflussung von Studien und Ver-
antwortlichen haben EADS/Cassidian es vermocht, ihre
kommerziellen Interessen durchzusetzen: Zum ersten ist
der erfolgreiche Abschluss der Testflüge noch in diesem
Jahr gesichert, eine Voraussetzung zum erfolgreichen Ab-
schluss der ISIS-Entwicklung. Zweitens besteht die Op-
tion des Weiterbetriebs des Full Scale Demonstratos, der
als Platzhalter für eine Europäische Drohne fungieren
kann, und drittens ist die EADS-Drohne FEMALE nun-
mehr in einer guten Ausgangsposition, eine Dauerlösung
für die Bundeswehr zu werden.

VI. Vertragsfragen: Die Industrie wird aus der
Verantwortung entlassen

Das Projekt Euro Hawk/ISIS ist ein Paradebeispiel dafür,
wie am Ende immer die Rüstungsindustrie profitiert und
die Steuerzahler die Leidtragenden sind. Der Vertrag
selbst hat schon Mängel, noch gravierender ist jedoch der
Umgang mit vertraglich festgelegten Pflichten und Risi-
ken, die am Ende von der Regierung und den Behörden
immer zugunsten der Industrie interpretiert wurden.

1. Freiwilliger Verzicht auf Erbringung
vertraglich geschuldeter Leistungen:
Musterprüfung

Breiten Raum in den Beweisaufnahmesitzungen des Un-
tersuchungsausschusses hat die Frage eingenommen, wa-
rum es nicht zu einer Serienproduktion des Euro Hawk
kommen soll. Als zentraler Grund hierfür wurde vorge-
bracht: Weil die Beschaffung der erforderlichen Unterla-
gen für eine Musterzulassung des Euro Hawk Mehrkos-
ten in Höhe von schätzungsweise 500 bis 600 Millionen
Euro verursacht hätte, die vom Bund zu tragen gewesen
wären.

Dies stimmt allerdings nur zum Teil, denn nach dem Ent-
wicklungsvertrag vom 31. Januar 2007 hatte die Euro-
Hawk GmbH die alleinige Kostentragungspflicht für die
Beschaffung der dafür notwendigen Unterlagen.

Durch die Musterzulassung wird der Nachweis der Ver-
kehrssicherheit eines Luftfahrzeugs erbracht. Für den
Euro Hawk musste diese Musterzulassung auf Grundlage
der Zentralen Dienstvorschrift (ZDv) 19/1 erfolgen. We-
sentliche Voraussetzungen einer Musterzulassung nach
dieser ZDv sind begleitende Kontrollen der Fabrikation

des Luftfahrzeugs sowie eine ausführliche Dokumenta-
tion der für das Luftfahrzeug verwandten und in dieses
eingebauten Komponenten. Diese Dokumentation – d. h.
die entsprechenden Herstellungsunterlagen, Spezifikatio-
nen und Zertifikate – wurde von der EuroHawk GmbH
bzw. deren Unterauftragnehmerin Northrop Grumman
(NGISSII) nicht beigebracht.

Erst im Laufe des Untersuchungsausschusses erfuhren die
Abgeordneten, dass dies nicht daran gescheitert war, dass
den deutschen Vertragspartnern aufgrund von Sicher-
heitsregularien und Ausfuhrbeschränkungen der USA be-
stimmte Informationen und Unterlagen nicht zugänglich
gemacht wurden. Vielmehr erklärte der für das Entwick-
lungsvorhaben Euro Hawk zuständige Projektleiter im
Untersuchungsausschuss, erst im Jahre 2011 habe sich
herausgestellt, dass die für die Musterzulassung erforder-
lichen Dokumente zum großen Teil von der Auftragneh-
merin bzw. deren Unterauftragnehmern aus wirtschaftli-
chen Gründen überhaupt nicht erstellt worden waren:

„Die Risiken beziehen sich nach unserer jetzigen
Kenntnis zum größten Teil darauf, dass es nicht
darum geht, dass wir nicht in Unterlagen einse-
hen können, sondern, dass viele der Unterlagen,
die von uns gefordert werden, bei der US Air
Force bzw. bei dem Hersteller gar nicht vorlie-
gen, weil die es für ihre Zulassungsvorgänge gar
nicht benötigt haben. Die sehen dort auch einen
wirtschaftlichen Punkt. Die sagen: Wir brauchen
das nicht. Wir gehen einige Risiken ein. Wir sind
aber bereit, diese zu tragen, und aus wirtschaftli-
chen Gründen verzichten wir auf die eine oder
andere Erstellung dieser Spezifikationen.

Das war eine Erkenntnis, die wir erst so gegen
2011 hatten. Davor war es wesentlich der Kampf
darum, in diese Dinge einsehen zu können. Das
haben wir auch bis zu der Tiefe geschafft, bis auf
einmal gar nichts mehr da war oder nicht mehr
viel da war. Das heißt, für uns bezogen sich die
Risiken nunmehr darauf, dass wir diese Dinge bei
den Unterauftragnehmern und weiteren Unterauf-
tragnehmern extra beauftragen hätten müssen.
Und das ist ein Risiko, was wir vorher kaum ab-
schätzen können, weil wir nicht genau wissen,
was erfordert jetzt dies an finanziellem Einsatz.
Das heißt, die Zahlen, die genannt worden sind,
sind grobe Schätzungen, die aber schon in die
Größenordnung weisen, die wahrscheinlich mit
einer umfassenden Musterprüfung der Serie auf-
getreten wäre.“1322

Was der Zeuge dabei überging, war die Option, die Her-
stellung dieser Dokumentation nicht etwa auf eigene Kos-
ten „extra beauftragen“ zu müssen – sondern die Auftrag-
nehmerin und die Unterauftragnehmer schlicht darauf
hinzuweisen, dass die Erstellung dieser Dokumentation
bereits im Entwicklungsvertrag aus dem Jahr 2007 als

1322 Knöpfel, Protokoll-Nr. 4, S. 4 f.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 199 – Drucksache 17/14650

von der Auftragnehmerin zu erbringende (werkvertragli-
che) Leistung definiert war.

Fast alle Zeugen aus dem Bundesministerium der Vertei-
digung sowie aus dem BWB/BAAINBw haben bei ihrer
Vernehmung im Untersuchungsausschuss entweder die
Auffassung vertreten, es sei rechtlich unklar, ob die Be-
schaffung der für die Musterzulassung erforderlichen Un-
terlagen eine vertragliche Pflicht der Auftragnehmerin
sei, oder sogar behauptet, die Auftragnehmerin schulde
nach dem Entwicklungsvertrag vom 31. Januar 2007 nur
das Bemühen, die Musterzulassung zu unterstützen (Dis-
kussion um die Anwendung oder den Ausschluss der in
den Musterverträgen des Bundesministeriums der Vertei-
digung verwendeten sog. „Bemühensklausel“).

Details aus dem Vertrag dürfen hier leider nicht öffentlich
erörtert werden, da die EuroHawk GmbH diesen als „Ge-
schäftsgeheimnis“ deklariert. Der Entwicklungsvertrag
vom 31. Januar 2007 einschließlich aller Anlagen und
Änderungsverträge liegt den Mitgliedern des Untersu-
chungsausschusses aber vor und konnte eingehend analy-
siert werden. Aus dieser Analyse1323 ergibt sich die fol-
gende rechtliche Bewertung:

Die Verkehrssicherheit der Trägerplattform Euro Hawk
ist im Zuge einer Musterprüfung durch die EuroHawk
GmbH nachzuweisen. Hierzu sind u. a. technische Unter-
lagen beizubringen, die den Bauzustand des Luftfahr-
zeugs und der Komponenten eindeutig definieren sowie
Prüf-, Wartungs- und Instandsetzungsaktivitäten ermögli-
chen. Auf die ZDv 19/1 als Rahmenvorschrift wird aus-
drücklich Bezug genommen. Und es wird ausführlich de-
finiert, welche Musterunterlagen beigebracht – und dafür
ggf. auch erstellt – werden müssen. Ansprechpartnerin
der Auftraggeberin für alle Musterprüfangelegenheiten ist
die EuroHawk GmbH. Die Unterstützung der Musterzu-
lassungsaktivitäten im Einzelnen und vor Ort übernimmt
Northrop Grumman (NGISSII) als Unterauftragnehmerin
der EuroHawk GmbH. Die Beibringung der Musterprüf-
unterlagen ist als „Erfolg“ des werkvertraglichen Teils
des Entwicklungsvertrages geschuldet, die sog. Bemü-
hensklausel ist für diese vertragliche Leistung ausge-
schlossen – d. h. bloßes „Bemühen“ der Auftragneh-
merin, die geforderte Dokumentation vorzulegen, reicht
nicht.1324 Die Auftragnehmerin hat vielmehr die für die
Musterzulassung erforderlichen Unterlagen zur Verfü-
gung zu stellen und zugänglich zu machen.

Das ist – oder jedenfalls: war – im BWB auch bekannt –
wie sich aus einem die Vertragsschließung vorbereitenden
Vermerk vom 13. Oktober 2006 ergibt:1325 Dort wird klar
herausgestellt, dass die sog. Bemühensklausel sich nur
auf die „Integrationsleistungen“ – also den Einbau und
die Inbetriebnahme des Missionssystems ISIS – bezog,
nicht aber auf die Leistungen zur Konstruktion und Zulas-

sung der Trägerplattform Euro Hawk. Die unterschiedli-
che vertragliche Behandlung wird in diesem Vermerk
auch erläutert: Die Integration der Missionsausrüstung
enthalte ein nicht unerhebliches Realisierungsrisiko – das
System existierte bislang nur auf dem Papier, und es
konnte nicht mit Sicherheit vorhergesagt werden, ob eine
Integration in eine Trägerplattform wunschgemäß gelin-
gen und das System funktionstüchtig sein würde. Beim
Euro Hawk hingegen handelte es sich um ein bereits in
Serie produziertes und in Betrieb genommenes Luftfahr-
zeug, dessen Konstruktion grundsätzlich kein besonderes
technisches Risiko barg.

2. Keine Anstrengungen des Ministeriums
zur Rechtsdurchsetzung

Obwohl die EuroHawk GmbH vertraglich verpflichtet
war, die für eine Musterzulassung erforderliche Doku-
mentation beizubringen und ggf. auch fehlende Unterla-
gen erstellen zu lassen, wurde seitens des Bundes niemals
ernsthaft versucht, die EuroHawk GmbH dazu zu bewe-
gen, diese vertragliche Pflicht auch zu übernehmen.

Stattdessen kam es im Februar 2010 zu einer – soweit
Zeugen in den Sitzungen des Untersuchungsausschusses
sich dazu geäußert haben: formlosen – Vereinbarung, mit
der durch die Auftraggeberin faktisch darauf verzichtet
wurde, die vertraglichen Rechte einzufordern: Nachdem
Northrop Grumman erklärt hatte, die für eine reguläre
Musterzulassung erforderlichen Unterlagen nicht zur Ver-
fügung stellen zu können, einigten sich der für das Ent-
wicklungsprojekt zuständige Projektleiter sowie der für
die Fachaufsicht zuständige Mitarbeiter des Bundes-
ministeriums der Verteidigung mit Verantwortlichen von
Northrop Grumman darauf, für den Prototypen nur eine
vorläufige Verkehrszulassung anzustreben.

Der Leiter der Abteilung Ausrüstung, Nutzung und Infor-
mationstechnologie im Bundesministerium der Verteidi-
gung schilderte zu diesem Vorgang im Untersuchungs-
ausschuss:

„Am 3. Februar 2010 hat der Projektleiter in Ab-
stimmung mit dem fachaufsichtsführenden Refe-
renten entschieden, die Musterprüfung für die Se-
rie nicht mehr am Full Scale Demonstrator
vorzunehmen, sondern das Musterprüfprogramm
erst an den Luftfahrzeugen der Serie durchzufüh-
ren.

Wie ich bereits in meiner Eingangsaussage er-
wähnte, haben die USA bereits zu einem sehr frü-
hen Stadium ihres Global-Hawk-Programms ihr
Luftfahrzeug in den Einsatz gebracht. Erfahrun-
gen aus diesen Einsätzen flossen umgehend in die
Weiterentwicklung des Systems Global Hawk. Im
Ergebnis gab es deshalb de facto keinen festge-
legten und dokumentierten Bauzustand des US-
Systems Global Hawk, der für eine darauf aufset-
zende deutsche Musterzulassung unbedingt erfor-
derlich ist.

Letztlich hat die Firma Northrop Grumman am
3. Februar 2010 dargestellt und begründet, dass

1323 Vgl. MAT 17-6 BMVg zu BB 17-1, Ordner 1, Entwicklungsvertrag
+ Anlage 1.

1324 Vgl. auch MAT 17-4 BRH zu BB 17-90, BRH-Bericht, Ordner 1,
S. 25.

1325 MAT 17-64 BMVg zu BB 17-75, Ordner 1, BAAINBw Z3.2 R1,
S. 91 f.

Drucksache 17/14650 – 200 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

die vorhandenen Nachweise nicht ausreichen, um
die Musterzulassung der Serie Euro Hawk zu er-
reichen.

Zur Vermeidung von unnötigem Mehraufwand
und Verzögerungen im Projekt hat der Projektlei-
ter zusammen mit dem fachaufsichtführenden
Referenten daraufhin entschieden, sich anstelle
der Musterprüfungen auf eine weniger aufwen-
dige Prototypenprüfung für den Full Scale De-
monstrator zu beschränken.

Fraglich ist also, ob eine Beendigung des Vorha-
bens im Jahr 2010 sinnvoll gewesen wäre. Zu
diesem Zeitpunkt war keines der vier Entwick-
lungsziele erreicht.“1326

Zur „Vermeidung von unnötigem Mehraufwand“ wurden
daher der EuroHawk GmbH Aufwendungen in Höhe von
mehreren hundert Millionen Euro erspart.

Die im Untersuchungsausschuss als Zeugin gehörte Prü-
ferin am Bundesrechnungshof Ministerialrätin Angelika
Bauch erklärte zu diesem Vorgang:

„[…] das Agieren letztendlich im Jahr 2010, wo
man festgelegt hat: Wir weichen vom Vertragsziel
ab, wir machen nur eine Prototypenprüfung des
Prototypen, um eine vorläufige Verkehrszulas-
sung zu erreichen - - Das ist aus unserer Sicht
eine wichtige Abweichung vom Vertragsziel ge-
wesen.“1327

Die Einigung vom Februar 2010 hatte eine folgenschwere
Konsequenz, die nun zur Begründung der Einstellung des
Projekts durch das Bundesministerium der Verteidigung
herangezogen wird: Für eine Serienzulassung des
Euro Hawk hätte es einer regulären Musterzulassung be-
durft – die heute ebenso wie im Jahr 2010 nur unter Bei-
bringung einer vollständigen Dokumentation des Luft-
fahrzeugs und seiner Komponenten erreicht werden
konnte.

Aber anstatt entweder auf einer Erfüllung des 2007 ge-
schlossenen Vertrages durch die Auftragnehmer aus der
Rüstungsindustrie – in dem Fall also: einer korrekten Do-
kumentation – zu bestehen, oder das Projekt zu beenden
und Ansprüche gegen die EuroHawk GmbH wegen
Nichterfüllung wesentlicher Vertragsbestandteile geltend
zu machen, wurde der Vertrag mit Einschränkungen zu-
gunsten der Rüstungsindustrie fortgesetzt. Und es wurden
nicht nur weitere Zahlungen erbracht, sondern in drei Än-
derungsverträgen mit der EuroHawk GmbH auch weitere
Zahlungsverpflichtungen mit Blick auf die Musterzulas-
sung eingegangen: Erstmals geschah dies im 3. Ände-
rungsvertrag vom 26. Juni 2009, in dem zusätzliche Leis-
tungen für die Musterzulassung vereinbart wurden.
Bereits seinerzeit wurde festgehalten, die militärische
Verkehrszulassung des Global Hawk in den USA sei
keine geeignete Grundlage einer regulären Musterzulas-

sung des Euro Hawk nach der ZDv 19/1.1328 Und in wei-
teren Änderungsverträgen vom 11. März 2011 (6. Ände-
rungsvertrag) und 2. August 2012 (9. Änderungsvertrag)
wurden zwei weitere Arbeitspakete für Leistungen der
EuroHawk GmbH zur Musterzulassung vereinbart, im
Wert von insgesamt 18 Millionen Euro1329 – unterdessen
war schon im Januar 2012 der Mehraufwand für die Er-
langung einer Musterzulassung für die Serie auf 500 bis
600 Millionen Euro geschätzt worden.1330 Erst im Mai
2013 wurde die Einstellung des Projekts dann unter Ver-
weis auf die hohen Kosten für die Beschaffung der für
eine reguläre Musterzulassung erforderlichen Dokumen-
tation begründet – ohne darauf hinzuweisen, dass diese
Leistung entsprechend dem Entwicklungsvertrag von
2007 von der Rüstungsindustrie zu erbringen gewesen
wäre, und auch ohne darauf hinzuweisen, dass gegenüber
der Rüstungsindustrie auf diese Vertragserfüllung min-
destens zum Teil verzichtet worden war.

3. Haftungsbeschränkung: Öffentliches
Risiko – Privater Gewinn

Jenseits der Frage nach Bemühensklauseln und geschul-
deten Leistungen war das Haftungsrisiko noch aus zwei
weiteren Gründen nahezu gänzlich auf die öffentliche
Hand abgewälzt: Zum einen gab es im Vertrag eine Haf-
tungsbeschränkung, zum anderen war der Vertragspartner
des Bundes eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung,
die im Zweifel nur mit ihrem lächerlich geringen Eigen-
kapital haften würde – selbst bei einer erfolgreichen
Klage ginge der Bund leer aus.

Der Entwicklungsvertrag vom 31. Januar 2007 sieht eine
Haftungsbeschränkung vor, nach der die Haftung für
Schäden aus Verzug, Schlechterfüllung oder Nichterfül-
lung auf den Vertragspreis begrenzt wird.1331

Immerhin könnten hieraus noch vertragliche Ansprüche
gegen die Auftragnehmerin in Höhe von mehreren hun-
dert Millionen Euro resultieren. Ginge es nur um diese
Haftungsbeschränkung, wären also nicht alle, aber zu-
mindest ein Teil möglicher Ansprüche gegen die Auftrag-
nehmerin EuroHawk GmbH abgedeckt.

Relevant gewesen wäre das zum Beispiel für die Fallkon-
stellation, die im Untersuchungsausschuss breit diskutiert
wurde: vertragswidriges Verhalten der EuroHawk GmbH
in der Frage der Zurverfügungstellung, Beiziehung und
Erstellung der für eine luftfahrtrechtliche Zulassung
(Musterzulassung) der Trägerplattform Euro Hawk erfor-
derlichen Unterlagen. Die Kosten für eine nachträgliche
Erstellung der von der EuroHawk GmbH beizubringen-
den Unterlagen wurden vom BWB im Januar 2012 auf
500 bis 600 Millionen Euro geschätzt1332 – aufgrund der
vertraglichen Haftungsbegrenzung hätte (nur) für einen
Teilbetrag von knapp 371 Millionen Euro (also in Höhe

1326 Selhausen, Protokoll-Nr. 5, S. 72.
1327 Bauch, Protokoll-Nr. 5, S. 4.

1328 Vgl. MAT 17-4 BRH zu BB 17-90, BRH-Bericht, Ordner 1, S. 26.
1329 Vgl. MAT 17-4 BRH zu BB 17-90, BRH-Bericht, Ordner 1, S. 30,

34 f.
1330 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3, Ordner 1, Ad-hoc Bericht, S. 35 f.
1331 MAT 17-64 BMVg zu BB 17-75, Ordner 1 BAAINBw Z3.2 R1,

S. 93 f.
1332 MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3, Ordner 1, Ad-hoc Bericht, S. 35 f.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 201 – Drucksache 17/14650

des Vertragswerts1333) eine Kostenübernahme durch die
EuroHawk GmbH durchgesetzt werden können.

Das wirtschaftliche Risiko der zwischen der EuroHawk
GmbH und dem Bund geschlossenen Verträge traf jedoch
vor allem die öffentliche Hand: Die EuroHawk GmbH hat
kein nennenswertes eigenes Gesellschaftsvermögen, weil
sie zwar als Auftragnehmerin des Entwicklungsvertrages
vorgeschaltet ist, selbst aber lediglich mit Management-
aufgaben betraut werden sollte.1334 Ausgeführt wird der
Entwicklungsvertrag von den beiden Gesellschafterinnen
der EuroHawk GmbH, Northrop Grumman und EADS,
die als Unterauftragnehmerinnen auftreten. Der Gewinn
aus dem Entwicklungsvertrag bleibt daher bei EADS und
Northrop Grumman. Das Stammkapital der EuroHawk
GmbH – also der Betrag, mit dem ihre beiden Gesell-
schafterinnen Northrop Grumman und EADS für Ver-
bindlichkeiten der EuroHawk GmbH haften müssen – be-
trägt nur 25.000 Euro.1335 Dem Bundesministerium der
Verteidigung und dem BWB war das bei Vertragsschluss
bekannt, die Euro Hawk GmbH war auf ihren ausdrückli-
chen Wunsch gegründet und zwischengeschaltet wor-
den.1336

Zur – vorgeblichen – Haftungsminimierung war eine kos-
metische Lösung gewählt worden: Die Abgabe einer sog.
Patronatserklärung durch die Gesellschafterinnen der Eu-
roHawk GmbH. Patronatserklärungen haben im günstigs-
ten Fall den Inhalt, dass Gesellschafterinnen sich ver-
pflichten, alle Verbindlichkeiten ihrer Tochtergesellschaft
aufzufangen, wenn diese zahlungsunfähig werden sollte.
Die von Northrop Grumman und EADS zum Entwick-
lungsvertrag abgegebene Patronatserklärung garantierte
allerdings nur, die Managementfunktionen der EuroHawk
GmbH weiter zu erfülen, auch wenn diese in die Insol-
venz gehen sollte – damit es möglich sein würde, den
Entwicklungsvertrag fortzusetzen.1337 Von dieser Erklä-
rung ausdrücklich ausgeschlossen waren aber Ansprüche
der Bundesrepublik Deutschland gegen die EuroHawk
GmbH – darunter auch Schadensersatzansprüche.

Diese Risikoverteilung war von Anfang an sehenden Au-
ges vereinbart worden.1338 Trotzdem das Justiziariat des
BWB mit zunehmender Vehemenz Bedenken äußerte, im
Jahr 2011 mit der Anmerkung „Die Patronatserklärung
geht ziemlich ins Leere. Wenn das so gewollt ist, ok.“ so-
gar die Mitzeichnung von Vertragsentwürfen verwei-
gerte,1339 und auch Juristen in der Abteilung Rüstung des
Bundesministeriums der Verteidigung deutliche Beden-

ken äußerten,1340 fand diese Patronatserklärung beim Ab-
schluss von Folgeverträgen (namentlich: den CLS Verträ-
gen 1 und 2 (Contractor Logistics Support)) erneut
Verwendung.

Damit war vorbestimmt: Der Bund würde keine nennens-
werten Ansprüche, z. B. auf Erfüllung aller vertraglichen
Pflichten, gegenüber seiner einzigen formalen Vertrags-
partnerin Euro Hawk GmbH durchsetzen können – und
schon gar nicht in Höhe von mehreren hundert Millionen
Euro.

VII. Die Zulassungsprobleme des Euro Hawk

1. Vernachlässigung der Verkehrssicherheit

Die Verkehrssicherheit und Lufttüchtigkeit eines militäri-
schen Luftfahrzeugs der Bundeswehr wird durch eine
Musterprüfung und eine darauf basierende Musterzulas-
sung durch die Wehrtechnische Dienststelle der Bundes-
wehr für Luftfahrzeuge (WTD61/ML) nachgewiesen. Für
Prototypen wie den von der EuroHawk GmbH konstruier-
ten Full Scale Demonstrator des Euro Hawk kann auch
eine Vorläufige Verkehrszulassung (VVZ) auf Basis einer
Stückprüfung bzw. Prototypenprüfung erlassen werden;
diese erlaubt dann allerdings nur einen zeitlich und inhalt-
lich begrenzten Flugverkehr. Der Euro Hawk Full Scale
Demonstrator hat eine solche Vorläufige Verkehrszulas-
sung erstmals im Jahr 2010 erhalten, damit nach der Her-
stellung erforderliche Testflüge absolviert werden konn-
ten.

Die Vorgaben, die eingehalten werden müssen, damit eine
Vorläufige Verkehrszulassung erteilt werden darf, erge-
ben sich primär aus der sog. Zentralen Dienstvorschrift
(ZDv) 19/1.1341

Nach den Erkenntnissen des Untersuchungsausschusses
basierte jedenfalls die Erteilung der VVZ im Jahr 2010
auf einer Prototypenprüfung, die den Vorschriften der
ZDv 19/1 nicht entsprach.

Die ZDv 19/1 sowie die dazu erlassenen Durchführungs-
bestimmungen definieren sehr detailliert die Vorausset-
zungen, die die Muster- oder Prototypenprüfung selbst,
aber auch die Qualifikation der Prüfer erfüllen müssen:
Eine Prototypenprüfung kann zwar unter bestimmten Vo-
raussetzungen auf bereits vorliegende Prüfergebnisse
bzw. Zulassungen anderer Stellen zurückgreifen. Die
ZDv 19/1 regelt allerdings auch ausdrücklich, dass die
Übereinstimmung der Prototypen mit den zugelassenen
Bau- und Prüfunterlagen „während und unmittelbar nach
der Fertigung“ nachgewiesen werden muss.1342 Zudem
macht die ZDv 19/1 nicht nur dezidierte Vorgaben dazu,
wer eine Vorläufige Verkehrszulassung erteilen darf (der
Leiter des Musterprüfwesens1343), sondern auch, welche

1333 de Maizière, Protokoll-Nr. 8, S. 8; s. auch MAT 17-4 BRH zu BB
17-91, Ordner 9, S. 0 ff.

1334 MAT 17-4 BRH zu BB 17-91, Ordner 9, S. 40; MAT 17-8 BMVg
zu BB 17-3, Ordner 1, Ad-hoc Bericht, S. 24.

1335 Handelsregister, Amtsgericht Ulm HRB 632173.
1336 MAT 17-64 BMVg zu BB 17-75, Ordner 1, BAAINBw Z3.2 R1,

S. 95; Gerwert, Protokoll-Nr. 6, S. 48.
1337 MAT 17-64, BMVg zu BB 17-75, Ordner 1, BAAINBw Z3.2 R1,

S. 95.
1338 MAT 17-78 A BMVg zu BB 17-52, AIN V 5, Ordner 49, S. 130 –

134.
1339 MAT 17-64 BMVg zu BB 17-75, Ordner BAAINBw Z3.2 R1 Mit-

zeichnungsvorgang, S. 179, 329, 331 ff., 358.

1340 MAT 17-78 E BMVg zu BB 17-52, AIN I 3, Ordner 1 Schriftver-
kehr, S. 63; s. auch MAT 17-78 A BMVg zu BB 17-52, AIN V 5,
Ordner 49, S. 64; 130 – 134.

1341 MAT 17-12 BMVg zu BB 17-7, WTD 61, MVZS Ordner 1, S. 1 ff.
1342 MAT 17-12 BMVg zu BB 17-7, WTD 61, MVZS, Ordner 1,

Nr. 233, 234 i. V. m. Nr. 319 ZDv 19/1, S. 19, 28.
1343 MAT 17-12 BMVg zu BB 17-7, WTD 61, MVZS, Ordner 1 Durch-

führungsbestimmung zu Nr. 319 ZDv 19/1, S. 134.

Drucksache 17/14650 – 202 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Ausbildung die Prüfer haben müssen. Das Prüfpersonal
von Luftfahrzeugen der Bundeswehr bedarf zur Aus-
übung seiner Tätigkeit einer Prüferlaubnis.1344 Diese wie-
derum setzt nicht nur die Absolvierung einer qualifizier-
ten technischen Ausbildung und einschlägiger Prüfungen
sowie ergänzender Fortbildungen voraus, sondern auch
eine mehrjährige „berufliche Tätigkeit […] in der Ferti-
gung oder Materialerhaltung von Luftfahrzeugen und
Luftfahrtgerät“.1345

Sowohl die Vorgaben für die Prüfung selbst, als auch für
die zur Prüfung eingesetzten Mitarbeiter der Güteprüf-
stelle wurden jedenfalls im Vorfeld der Erteilung der ers-
ten Vorläufigen Verkehrszulassung für den Prototypen
(Full Scale Demonstrator) des Euro Hawk ignoriert: Für
das Musterprüfverfahren im Jahr 2009 wurden Mitarbei-
ter der Güteprüfstelle der Bundeswehr nach Palmdale/
USA an den Fertigungsort des Euro Hawk entsandt, um
den Montageprozess zu begleiten und die erforderlichen
Bescheinigungen zu erstellen. Es war jedoch nicht ge-
währleistet, dass diese Mitarbeiter über die ausreichende
Qualifikation verfügten, wie sich u. a. aus einem Bericht
vom 21. August 2009 erschließt.1346 Dort wird geschil-
dert, dass einer der für die Stückprüfung nach Palmdale/
USA entsandten Mitarbeiter nur eine für die vorzuneh-
mende Prüfung nicht ausreichende Sachgebietslizenz be-
saß und somit – nach den dienstrechtlichen bzw. luftver-
kehrsrechtlichen Regelungen der Bundeswehr – keine
Feststellungen zur Verkehrssicherheit und Lufttüchtigkeit
des Full Scale Demonstrator treffen konnte und durfte.
Zudem wurde dargelegt, dass Ausbildungen und Einwei-
sungen auf das Luftfahrzeugmuster Euro Hawk bis zu
diesem Zeitpunkt nicht stattgefunden hatten.

Präzisierend wird angefügt:

„[…] Tätigkeit […] vor Ort kann letztendlich nur
als eine Momentaufnahme angesehen werden, die
mit äußerster Vorsicht unter dem Begriff „Ferti-
gungsbeobachtung“ und Erlangen eines Grundla-
genwissens laufen könnte und auf keinen Fall als
eine qualifizierte und rechtlich belastbare Aus-
sage zur Verkehrssicherheit / Lufttüchtigkeit des
Euro Hawk herangezogen werden kann und darf.
Auch wenn […] im Besitz einer Fachrichtungser-
laubnis für Lfz-Technik zur Durchführung von
Stückprüfungen anderer Lfz-Muster der Bundes-
wehr ist, so erfüllt er – wie im Übrigen auch alle
anderen hier vor Ort in den USA eingesetzten
deutschen Prüfer – auf keinen Fall die bereits aus-
zugsweise oben zitierten Voraussetzungen der
ZDv 19/1. Auch bin ich der Auffassung, dass die-
ser Mangel im Nachherein nicht mehr heilbar ist,
da zum Zeitpunkt der hier durchgeführten und
durchzuführenden Tätigkeiten eben diese Voraus-
setzungen NICHT vorlagen bzw. vorliegen.“1347

Der Bericht schließt mit dem dringenden Hinweis,

„[…], dass für den Fall einer Haftungssituation
die derzeit praktizierten Verfahrensweisen bei der
Prototypenprüfung des Lfz-Musters Euro Hawk
nicht nur die Bundesrepublik Deutschland, son-
dern jeder einzelne Bedienstete in der Entschei-
dungs- und Handlungskette haftbar gemacht wer-
den kann.

Davon abgesehen dürfte bei Vorkommnissen mit
tödlichen Folgen mindestens der Straftatbestand
der fahrlässigen Tötung, wenn nicht sogar der des
Totschlags erfüllt sein!“1348

Als risikoreich hatte sich aber nicht nur die mangelnde
Qualifizierung der mit der Güteprüfung betrauten Mitar-
beiter herausgestellt.

Den nach Palmdale entsandten Prüfern war es auch nicht
möglich, den Herstellungsprozess so zu begleiten, wie die
ZDv 19/1 dies vorschreibt. In einem Bericht von Au-
gust 2009 zur Prototypenprüfung wird dargelegt:

„Die Entsendung des deutschen Prüfpersonals
aus dem Bereich des Güteprüfdienstes der Bun-
deswehr in die USA fand erst nach Abschluss der
gesamten Fertigung statt. Zum Zeitpunkt des Ein-
treffens der deutschen Güteprüfer wurden am Lfz
Euro Hawk 99+01 durch die Firma Northrop
Grumman bereits die ITP [In-Process Test Proce-
dure] und ATP [Acceptance Test Procedure] ab-
gearbeitet. Notwendige herstellungsbegleitende
Prüfungen konnten nicht gemacht werden. Es war
somit nicht möglich, sich einen Eindruck über die
Arbeitsweise bzw. der Arbeitsgüte der Lfz Ferti-
gung zu verschaffen und dementsprechende Aus-
sagen zu treffen.

Ferner liegen uns bis zum heutigen Zeitpunkt
keine anerkannten Bauunterlagen für das Lfz-
Muster EuroHawk vor, die auf Übereinstimmung
mit dem Prototyp zu prüfen sind. Die uns relativ
spät zur Verfügung gestellten Prüfunterlagen (…)
weichen zum Teil von den hier vom Auftragneh-
mer zur Anwendung kommenden Prüfunterlagen
ab.“ 1349

Das für die Erteilung der Vorläufigen Verkehrszulassung
erforderliche Testat wurde dennoch erstellt – obwohl Be-
richten von Oktober 2009 und Januar 2010 zu entnehmen
ist, dass der Konstruktions- und Produktionsstandard des
Euro Hawk den an Luftfahrzeuge der Bundeswehr ge-
stellten Anforderungen nicht entsprach. So wurde zur
Fertigungsausführung des Full Scale Demonstratos u. a.
geschildert:

„Es handelt sich um Abweichungen von Grund-
satz-GAF T.O.s (nachfolgend in Klammern) bzw.
gegenüber bekannten Regeln im Flugzeugbau.

[…]
1344 MAT 17-12 BMVg zu BB 17-7, WTD 61, MVZS, Ordner 1,

Nr. 401 ZDv 19/1, S. 33.
1345 MAT 17-12 BMVg zu BB 17-7, WTD 61, MVZS, Ordner 1,

Nr. 410 ff. ZDv 19/1, S. 35.
1346 MAT 17-48 BMVg zu BB 17-17, S. 11 ff.
1347 MAT 17-48 BMVg zu BB 17-17, S. 14.

1348 MAT 17-48 BMVg zu BB 17-17, S. 15.
1349 MAT 17-48 BMVg zu BB 17-17, S. 12.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203 – Drucksache 17/14650

Kraftstoffleitungen sind größtenteils nicht einzeln
mit einem Masseband mit der Lfz-Zelle verbun-
den, Rohrverschraubungen sind nicht überbrückt

Masseanschlüsse haben überwiegend keinen Kor-
rosionsschutz (vs. Abschn. 3-31)

[…]

Die Befestigungsschrauben der Spoiler-Actuator
sind nur mit Locktite gesichert, weiterhin ist
keine Rutschmarkierung vorgesehen.

[…]

Es wird kein sog. Watershower-Test durchge-
führt, bei dem die Zelle auf eindringendes Wasser
überprüft wird (Bsp.: EF2000 dürfen nicht in Re-
gen einfliegen, wenn dieser Test nicht vorher be-
standen wurde).

[…]

Der Lichtkegel des Landescheinwerfers wird von
der Nutzlast (modifiziertes Nose Payload Com-
partment des EuroHawk) im Bug abgedeckt.“1350

Wie einleitend dargelegt, dienen die Kriterien einer Mus-
terzulassung – auch für eine Vorläufige Verkehrszulas-
sung – dazu, die Verkehrssicherheit des geprüften Luft-
fahrzeuges zu gewährleisten, damit es weder eine
Gefährdung für das Betriebspersonal noch für die Sicher-
heit des Luftverkehrs darstellt. Ein Verstoß gegen die
Prüfvorgaben der ZDv 19/1 bedeutet damit, mit der Zu-
lassung eines Luftfahrzeugs ein erhebliches Sicherheitsri-
siko zu setzen.

Es entsteht der Eindruck, dass selbst explizite Sicher-
heitswarnungen von Mitarbeitern ignoriert wurden, nur
um das Prestigeprojekt Euro Hawk/ISIS irgendwie um-
setzen zu können.

2. Druck auf die Mitarbeiter – Muster-
zulassung

Seinerzeit hatte auch der Personalrat des BWB davon er-
fahren, dass im Projekt Euro Hawk Mitarbeiter entgegen
der ZDv 19/1 mit Sonderaufgaben im Rahmen der Mus-
terprüfung beauftragt worden waren. Der Gesamtperso-
nalrat beim BWB wandte sich daher mit einem Schreiben
vom 5. Oktober 2009 an den Präsidenten des BWB, in
dem u. a. ausgeführt wurde:

„Die geplante Vorgehensweise ,Erstellung eines
Prüfberichtes mit Risikobewertung und ggf.
Empfehlung zur Verkehrszulassung für den Leiter
ML‘ ist jedoch aus rechtlicher Sicht im Interesse
der eingesetzten Mitarbeiter zu klären.

Wir verweisen hierzu auf die bestehenden erheb-
lichen Bedenken des BRH bezüglich der Verwi-
schung von Zuständigkeiten von Musterzulas-
sung und Nachweisführung (Erprobung). Dies
würde bei der geplanten Vorgehensweise jetzt

noch verschärft durch die gleichzeitige Nach-
weisführung / Qualitätssicherung gem. ZDv 19/1.

[…]

Der Dienstherr nimmt dabei in Kauf, dass die be-
auftragten Mitarbeiter über keine oder kaum Er-
fahrung bei der Musterzulassung von Fluggerät
verfügen.“1351

Es dauerte ca. ein Jahr, bis der Hauptpersonalrat beim
Bundesministerium der Verteidigung in die Angelegen-
heit eingebunden wurde. Das schilderte der damalige
Vorsitzende des Gesamtpersonalrats des BWB als Zeuge
im Untersuchungsausschuss so:

„Am 13.10. ist der Präsident zu uns ins Monats-
gespräch gekommen. […] Schwerpunkt: Aner-
kennung anderer Prüfdienste; […]. Wenn etwas
zeitkritisch ist, neigen alle Vorhabensmanager - -
Zeiten einzusparen, und da wird gerne dort ge-
spart, wo man selbst nicht verantwortlich ist,
nämlich: Irgendeiner muss bei einem Flugzeug
unterschreiben, dass es in Ordnung ist, und der
übernimmt Verantwortung, im Wesentlichen
strafrechtlicher Art. Die Mitarbeiter in diesem
Bereich waren sehr sensibilisiert aus der Vergan-
genheit heraus, weil es dort auch Verfahren gege-
ben hat – Hubschrauberabsturz –, wo die Richter
sehr stark Wert darauf gelegt haben: Sie sind ver-
antwortlich und nicht Ihr Chef, der gesagt hat, Sie
müssen sich beeilen. – Die haben also explizit
mitbekommen: Das hat strafrechtliche Konse-
quenzen. Dann gab es […] an der Bundesakade-
mie in Mannheim einen Luftrechtsexperten, der
auch zu ZDv 19/1 vorgetragen hat, und der hat
sich auch deutlich dazu geäußert, dass er in dem
ganzen Vorgehen eine gewisse rechtliche Proble-
matik sieht. Die waren etwas verunsichert, und da
war unser Punkt: ,Herr Präsident, das müssen Sie
klären!‘ Und er hat das aufgenommen, muss ich
sagen, was ja sehr positiv ist. Ihm war schon be-
wusst, dass damit ein Teil der Verantwortung bei
ihm liegt. […]

Es ist dadurch gelöst worden, dass wir ein knap-
pes Jahr später zu dem Schluss kamen, da sich
BMVg und BWB mit ihren Rechtsauffassungen
nicht einigen konnten, […]- - Wir haben dann ge-
sehen, dass wir unsere nächste Stufe – sprich: den
Hauptpersonalrat beim BMVg – angerufen haben –
[…], und hatten dann das Problem in Bonn. […].
Und in Bonn hat das auch noch seine Zeit gedau-
ert […].

Ja, rechtliche Probleme haben wir gesehen, und
wenn Sie die Frage so stellen, dann ist als Ender-
gebnis eine Feststellung des Staatssekretärs zu se-
hen, der seitens der Leitung eine Klarstellung ge-
geben hat – einen kurzen Satz –, dass diese

1350 MAT 17-48 BMVg zu BB 17-17, S. 7/8. 1351 MAT 17-51 BMVg zu BB 17-40, Ordner 1, S. 64 f.

Drucksache 17/14650 – 204 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Prüfer, wenn sie das so tun, wie es beschrieben
ist, dann nicht belastet würden.“1352

Die von dem Zeugen erwähnte Erklärung wurde am
30. Juni 2011 von Staatssekretär Beemelmans abgegeben,
also kurz nachdem dieser Mitte März 2011 von Minister
de Maizière als beamteter Staatssekretär ins Bundes-
ministerium der Verteidigung geholt worden war. Die an
den Vorsitzenden des Hauptpersonalrats des Bundes-
ministeriums der Verteidigung adressierte Erklärung lau-
tete:

„Gerne bin ich bereit, Ihnen die Überzeugung der
Bundesregierung zu bestätigen, dass sich das Per-
sonal der Bundeswehr und die für die Entschei-
dung der Anerkennung externer Prüfdienste zu-
ständige Stelle durch die Anwendung und
Beachtung der ZDv 19/1 ,Das Prüf- und Zulas-
sungswesen für Luftfahrzeuge und Luftfahrgerät
der Bundeswehr‘ nicht der Gefahr einer Haftung
und/oder einer strafrechtlichen Verantwortung
aussetzen.“1353

Diese Erklärung ist rechtlich belanglos: Denn wenn Re-
gelungen der ZDv 19/1 mit höherrangigem Recht verein-
bar sind, können die zur Güteprüfung eingesetzten Mitar-
beiter sich ohnehin nicht strafbar machen, wenn sie die
Vorgaben der ZDv einhalten. Ist die ZDv aber rechtswid-
rig, machen sich die Mitarbeiter – zumindest wenn sie
diese Rechtswidrigkeit erkennen – strafbar. Denn sie sind
beamtenrechtlich verpflichtet, Zweifel an der Rechtmä-
ßigkeit einer dienstlichen Anordnung geltend zu machen
und einer solchen Anordnung jedenfalls dann nicht zu
folgen, wenn sie sich der Rechtswidrigkeit dieser Anord-
nung bewusst sind.

Der Personalrat hatte erkannt, dass die von Staatssekretär
Beemelmans abgegebene Erklärung im günstigsten Fall
ein rechtliches nullum, also inhaltlich belanglos, war. Das
ändert jedoch nichts daran, dass die Abgabe einer derarti-
gen Erklärung, die die Mitarbeiter in Sicherheit wiegen
und dazu motivieren sollte, ihren Widerstand gegen die
Prüfpraxis aufzugeben, durch einen Spitzenbeamten aus
der Leitungsebene eines Ministeriums eine massive Ver-
letzung der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht darstellt.

VIII. Verfahrensfragen: Die Grenzen der
Aufklärung

Der Untersuchungsausschuss hatte leider nicht den Auf-
trag, umfassend zu untersuchen, was einer eingehenden
Betrachtung dringend bedarf: die Beschaffungspraxis von
Rüstungsgütern, mangelnde Kontrollen und die Verqui-
ckungen zwischen Politik und Rüstungsindustrie.

Schon bevor der Verteidigungsausschuss sich am
26. Juni 2013 als Untersuchungsausschuss konstituiert
hatte, war deutlich geworden, dass das Entwicklungs- und
Beschaffungsprojekt Euro Hawk nur ein Teil der Spitze

eines Eisbergs ist – und exemplarisch nicht nur für eine
enorme Misswirtschaft in diesem Bereich steht, sondern
auch für den sicherheits- und rüstungspolitischen Größen-
wahn aller Bundesregierungen der jüngeren Vergangen-
heit.

Die Fraktion DIE LINKE. hat sich als einzige Fraktion im
Haushaltsausschuss und im Verteidigungsausschuss des
Bundestages von Anfang an konsequent gegen die Be-
schaffung des Euro Hawk gewehrt. Die Linksfraktion hat
von Anfang an gerade dieses Beschaffungsprojekt einge-
hend hinterfragt.

Die Berichterstatterin der Fraktion DIE LINKE. im Haus-
haltsausschuss des Bundestages, Gesine Lötzsch, erklärte
bereits in der Ausschusssitzung vom 31. Januar 2007,
dass DIE LINKE. dem Euro Hawk auch aus „grundsätzli-
chen Erwägungen“ nicht zustimmen werde.

Zahlreiche der vom Untersuchungsausschuss vor allem
bei der Bundesregierung beigezogenen Akten trafen so
spät ein, dass sie für die Arbeit des Ausschusses allenfalls
eingeschränkt nutzbar zu machen waren. Selbst als der
Ausschuss mit den Zeugenvernehmungen schon begon-
nen hatte, war den Fraktionen erst etwa ein Drittel des
Aktenbestandes zugänglich gemacht worden. Auch zum
Zeitpunkt der Verabschiedung des Ausschussberichts sind
noch nicht alle von den Beweisbeschlüssen des Aus-
schusses umfassten Dokumente eingegangen.

Auffällig vor diesem Hintergrund ist die Tatsache, dass
aus dem Bundeskanzleramt – dessen Leiter Thomas
de Maizière von 2005 bis 2009 war, bevor er von 2009
bis 2011 das Innenressort leitete – überhaupt keine Akten
aus den Jahren 2006 bis 2010 vorgelegt wurden. Da sei-
tens des Bundeskanzleramts eine Vollständigkeitserklä-
rung abgegeben wurde, lässt sich ausschließen, dass von
dort noch weitere Unterlagen nachgeliefert werden.

Besondere Schwierigkeiten bereitete schließlich der Um-
gang mit Aktenbestandteilen der Rüstungsunternehmen:
Die mit der Entwicklung des Systems Euro Hawk/ISIS
beauftragte EuroHawk GmbH vertrat die – in dieser Pau-
schalität klar rechtsmissbräuchliche – Auffassung, sämtli-
che aus ihrem Bereich stammenden Dokumente enthiel-
ten Geschäftsgeheimnisse, seien daher als „VS-Geheim“
einzustufen und dürften z. B. in den öffentlichen Sitzun-
gen des Untersuchungsausschusses nicht behandelt wer-
den. Die EuroHawk GmbH bezeichnet sogar den am
31. Januar 2007 mit der Bundesrepublik abgeschlosse-
nen Entwicklungsvertrag für das System Euro Hawk/
ISIS – ohne nähere Eingrenzung oder Spezifizierung – als
einstufungsbedürftiges Geschäftsgeheimnis. Ein dem Un-
tersuchungsausschuss diesbezüglich vom Bundesministe-
rium der Verteidigung (als aktenübersendender Stelle) zur
Kenntnis gebrachter Briefwechsel mit der EuroHawk
GmbH hat offenbar auch bis zur Verabschiedung des
Ausschussberichts keine Ergebnisse gezeitigt, so dass auf
die Akten der EuroHawk GmbH für einen öffentlichen
Bericht nicht zurückgegriffen werden konnte. Aber auch
die EADS Deutschland GmbH – eine der beiden Gesell-
schafterinnen der EuroHawk GmbH –, die den Entwick-

1352 Böhm, Protokoll-Nr. 4, S. 108 f.
1353 MAT 17-51 A BMVg zu BB 17-40, Ordner 1, Schriftverkehr

Beemelmans, S. 1.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 205 – Drucksache 17/14650

lungsvertrag als Unterauftragnehmerin der EuroHawk
GmbH gemeinsam mit Northrop Grumman realisieren
sollte, verlangte eine Einstufung der von ihr übersandten
Unterlagen. Diese Akten wurden als „VS-Vertraulich“
eingestuft. Auch sie durften daher den Ausschussmitglie-
dern nur über die Geheimschutzstelle des Bundestages
zugänglich gemacht werden und konnten in den öffentli-
chen Sitzungen des Untersuchungsausschusses und im

Ausschussbericht nicht zitiert werden. Der Aufklärungs-
erfolg des Ausschusses wird durch eine solche Positionie-
rung zu einem nicht unwesentlichen Teil in die Hand der
Bundesregierung sowie der Rüstungsindustrie gelegt. Die
verfassungsrechtlich geforderte Kontrolle derartiger Rüs-
tungsgeschäfte durch das Parlament wird damit de facto
ausgehebelt – die vereinbarten Geschäftspraktiken kön-
nen dem Blick der Öffentlichkeit entzogen bleiben.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 207 – Drucksache 17/14650

Fünfter Teil: Übersichten und Verzeichnisse
I. Abkürzungsverzeichnis
ABEI Allgemeine Bedingungen für Entwicklungsverträge mit Industriefirmen
a. D. außer Dienst
Abg. Abgeordnete/r
AbgG Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages
Abs. Absatz
AF Abschließende funktionale Forderung
AFB Air Force Base
AFMSS Air Force Mission Support System
AF SLWÜA Abschließende funktionale Forderung für das System SLWÜA
AG Auftraggeber
AGS Alliance Ground Surveillance
AIN Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung
AIN V 5 ab 1. April 2012 fachaufsichtführendes Referat im BMVg über das Projekt EURO HAWK, zuvor

Rü VI 2
AL Abteilungsleiter
AN Auftragnehmer
Anm. Anmerkung
ARGE Arbeitsgemeinschaft
Art. Artikel
AWACS Airborne Warning and Control System
A/V Air Vehicle

BAAINBw Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr
BB Beweisbeschluss
BDI Bundesverband der Deutschen Industrie
BDSV Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie
BGBl. Bundesgesetzblatt
BHO Bundeshaushaltsordnung
BM Bundesminister
BMF Bundesministerium der Finanzen
BMinG Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder der Bundesregierung
BMVg Bundesministerium der Verteidigung
BRH Bundesrechnungshof
bspw. beispielsweise
BT-Drs. Bundestagsdrucksache
BT-HA Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages
BT-VA Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages
BVerfG Bundesverfassungsgericht
BWB Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung
bzw. beziehungsweise

Drucksache 17/14650 – 208 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

CEO Chief Executive Officer

CLS Contractor Logistics Support

COMINT Communications Intelligence

CPM Customer Product Management

CPM (nov.) Customer Product Management (novelliert)

CS-23 Certification Specifications 23 (europäische zivile Bau- und Zulassungsvorschrift für leichte
Motorflugzeuge)

d. der/des

DASS Defensive Aid Subsystem

DDP Declaration of Design and Performance

DEU Deutschland

DFS Deutsche Flugsicherung GmbH

d. h. das heißt

Dipl. Ing. Diplom Ingenieur

Dir Direktor

DirWTD Direktor einer Wehrtechnischen Dienststelle

DoD Department of Defense

DP Dienstposten

Dr. Doktor

Dr. phil. Doktor der Philosophie

EADS European Aeronautic Defence and Space Company

EAFB Edwards Air Force Base (Kalifornien, USA)

EDA Agenda der europäischen Verteidigungsagentur

EH EURO HAWK

ELINT Electronic Intelligence

EU Europäische Union

EURO HAWK Unbemanntes Luftfahrzeug, bestehend aus der Trägerplattform GLOBAL HAWK und dem
SIGINT-Missionssystem ISIS

exkl. exklusive/r

f./ ff. folgende/ fortfolgende

Fa. Firma

FAA Federal Aviation Administration (Zivile Bundesluftfahrtbehörde der USA)

FEMALE Future European Medium Altitude Long Endurance-Konzept

FLT Flight Line Tester

FMS Foreign Military Sales

FRONTEX Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen

FSD Full Scale Demonstrator (Prototyp Euro Hawk)

FSM Foreign Military Sales

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 209 – Drucksache 17/14650

FSMusterzulV Flugsicherungs-Anlagen- und Geräte-Musterzulassungs-Verordnung

FüSK Führung Streitkräfte

GAST Gemeinsames Auswertesystem Fernmelde- und Elektronische Aufklärung der Bundeswehr

GEHUG Global/Euro Hawk User Group

GenLT Generalleutnant

GCS Ground Copy Station

GG Grundgesetz

ggf. gegebenenfalls

GH Global Hawk

GLOBAL HAWK Unbemanntes Luftfahrzeug als Trägerplattform

GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung

GO-BT Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages

GPS Güteprüfstelle

GSO Geschäftsordnung

HALE High Altitude Long Endurance

HAN Hauptauftragnehmer

h. c. honoris causa

HHJ Haushaltsjahre

IABG Industrieanlage-Betriebsgesellschaft mbH

IAGFA Integrierte Arbeitsgruppe Fähigkeitsanalyse

i. G. im Generalstab, in Gründung

IMINT Imagery Intelligence

Inc. Incorporated (US-Kapitalgesellschaftsform)

IPR Intellectual Proberty Rights

ISIS Integriertes Signal Intelligence System (in die Trägerplattform GLOBAL HAWK integriertes
SIGINT-Missionssystem)

ISIS-A Integrated SIGINT System-Airborne

ISIS-G Integrated SIGINT System-Ground

ITAR International Traffic in Arms Regulations (Exportbeschränkungen der USA für Rüstungs-
projekte)

IVL Integration Verification Laboratory

JAR Joint Aviation Regulations

JMPS Joint Mission Planning System

Drucksache 17/14650 – 210 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Kap. Kapitel

Kdo Lw Kommando Luftwaffe

KdoStratAufkl Kommando Strategische Aufklärung

KGv Konzeptionelle Grundvorstellungen

km Kilometer

KoRMog Kostenrechtsmodernisierungsgesetz

Lfz. Luftfahrzeug

LRU Line Replaceable Unit

LTB Luftfahrttechnischer Betrieb

LTF Lufttüchtigkeitsforderung

Ltr Leiter/Leiterin

LTRDir Leitender Technischer Regierungsdirektor

LuftGerVO Verordnung zur Prüfung von Luftfahrtgerät

LuftVG Luftverkehrsgesetz

Luft-VO Luftverkehrsordnung

LuftVZ-O Luftverkehrszulassungs-Ordnung

MALE Medium Altitude Long Endurance

MD Ministerialdirektor

MdB Mitglied des Bundestages

mind. mindestens

Mio. Millionen

ML Musterprüfwesen für Luftfahrtgerät der
Bundeswehr bei der WTD 61

MOB Main Operating Base

MoU Memorandum of Understanding

MP-RTIP Multi-Platform Radar Technology Insertion Program Radar

MR Ministerialrat

MRn Ministerialrätin

NAGSMA NATO Alliance Ground Surveillance Management Organisation

NATO AGS North Atlantic Treaty Organization Alliance Ground Surveillance (Programm der NATO zum
Aufbau einer Fähigkeit zur Gefechtsfeldaufklärung und -überwachung)

NfD Nur für den Dienstgebrauch

NG Northrop Grumman

NGC Northrop Grumman Corporation

NGISSII Northrop Grumman Integrated Sensor Systems International Inc. (Unterauftragnehmer der Euro-
Hawk GmbH und Hersteller der Trägerplattform)

Nr. Nummer

NSA National Security Agency

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 211 – Drucksache 17/14650

OTL Oberstleutnant

PAB Prüfungsamt des Bundes München,
Geschäftsbereich des Bundesrechnungshofes

Pag. Paginierung

PFM Pre-Flight Message

PL Projektleiter

PräsBAAINBw Präsident des Bundesamts für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr

Prof. Professor

PUAG Gesetz zur Regelung des Rechts der Untersuchungsausschüsse des Deutschen Bundestages

RB Rechtsberater

rd. rund

ReG Realisierungsgenehmigung

RRP Risk Reduction Phase

Rü VI 2 bis 31. März 2012 fachaufsichtführendes Referat im BMVg über das Projekt EURO HAWK,
später AIN V 5

S. Seite

SAATEG System zur Abbildenden Aufklärung in der Tiefe des Einsatzgebietes

SFF Systemfähigkeitsforderung
SIGINT Signal Intelligence (Signalerfassende Aufklärung und Überwachung)
SLWÜA Signalerfassende, luftgestützte, weiträumige Überwachung und Aufklärung
StGB Strafgesetzbuch
StPO Strafprozessordnung
SMS Short message Service
sog. sogenannt
STANAG Standardization Agreement
StS Staatssekretär

TAA Technical Assistance Agreement (Vereinbarung zwischen einer US-Firma und einem ausländi-
schen Vertragspartner über Know-How-Transfer zu einem den ITAR unterliegenden Rüstungs-
projekt

TCAS Traffic Avoidance System
TORR Technischer Oberregierungsrat

u. a. unter anderem
UA Untersuchungsausschuss
UAN Unterauftragnehmer
UAS Unmanned Aircraft Systems
UAV Unmanned Aerial Vehicle
US United States
USA United States of America

Drucksache 17/14650 – 212 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

USAF United States Air Force

USAR Unmanned Air Vehicle Systems Airworthiness Requirements

Verf. Verfasser/Verfasserin

VOCON Vorhabenüberwachung und Controlling

VS Verschlusssache

VVZ Vorläufige Verkehrszulassung (Vorläufige Zulassung eines Luftfahrzeuges zum Luftverkehr zum
Zwecke der Entwicklung und Erprobung)

VZ Verkehrszulassung (Zulassung eines Luftfahrzeuges zum Luftverkehr)

WP Wahlperiode

WTD Wehrtechnische Dienststelle

ZC Zentralcontrolling

ZDv Zentrale Dienstvorschrift

ZE Zwischenentscheidung

Ziff. Ziffer

z. Zt. zur Zeit

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 213 – Drucksache 17/14650

II. Übersicht der Beratungsunterlagen

Beratungs-
unterlage

17/…
Art, Datum, Inhalt

Eingang/
Verteilung

am
Beschlossen/

Behandelt am

Soweit
Beweis-

beschluss:
BB 17-

1 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung sämtlicher Verträge/Änderungsverträge
zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der
Firma EURO HAWK GmbH, die das Entwicklungs-
projekt EURO HAWK betreffen, nebst allen Anla-
gen beim Bundesministerium der Verteidigung

24.06.2013 26.06.2013 1

2 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung sämtlicher Verträge, Änderungsverträge,
Vereinbarungen, Memoranda of Understanding o. ä.
zwischen Stellen der Bundesrepublik Deutschland
und der Vereinigten Staaten von Amerika, die das
Entwicklungsprojekt EURO HAWK betreffen, im
Original und in deutscher Übersetzung nebst allen
Anlagen beim Bundesministerium der Verteidigung

24.06.2013 26.06.2013 2

3 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung des Berichts der Ad-hoc Arbeitsgruppe
EURO HAWK im BMVg nebst allen Anlagen beim
Bundesministerium der Verteidigung

24.06.2013 26.06.2013 3

4 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung des Phasendokuments aus dem Jahr
2004 „Abschließende funktionale Forderung“ für
das System SLWÜA (AF SLWÜA) [Bericht Ad-hoc
AG, S. 7] nebst allen Anlagen beim Bundesministe-
rium der Verteidigung

24.06.2013 26.06.2013 4

5 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung der ersten Zwischenentscheidung zur
AF SLWÜA vom 13. November 2006 [Bericht
Ad-hoc AG, S. 21] nebst allen Anlagen beim Bun-
desministerium der Verteidigung

24.06.2013 26.06.2013 5

6 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung der Lufttüchtigkeitsforderung Sonderbe-
stimmungen bei Prüfung und Zulassung unbemann-
ter Luftfahrzeugsysteme der Bundeswehr (LTF
1550-001) [Bericht Ad-hoc AG, S. 19] nebst allen
Anlagen beim Bundesministerium der Verteidigung

24.06.2013 26.06.2013 6

Drucksache 17/14650 – 214 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

7 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung von ZDv 19/1 (Prüf- und Zulassungswe-
sen für Luftfahrzeuge und Luftfahrtgerät der Bun-
deswehr); ZDv 19/2 (Flugbetriebsordnung für be-
mannte Luftfahrzeuge der Bundeswehr); ZDv 19/3
(Flugbetriebsordnung für unbemannte Luftfahr-
zeuge der Bundeswehr) nebst allen Durchführungs-
bestimmungen beim Bundesministerium der Vertei-
digung

24.06.2013 26.06.2013 7

8 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung des 3. Entwurfs des Musterprüfrahmen-
programms vom 30. Juni 2004 [Bericht Ad-hoc AG,
S. 20] nebst allen Anlagen beim Bundesministerium
der Verteidigung

24.06.2013 26.06.2013 8

9 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung der JAR 23 (Joint Aviation Regula-
tions 23) [Bericht Ad-hoc AG, S. 20] nebst allen
Anlagen beim Bundesministerium der Verteidigung

24.06.2013 26.06.2013 9

10 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung der CS 23 (Certification Specifica-
tion 23) [Bericht Ad-hoc AG, S. 20] nebst allen An-
lagen beim Bundesministerium der Verteidigung

24.06.2013 26.06.2013 10

11 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung des Airworthiness Certification Criteria
(MIL-HDBK-516) [Bericht Ad-hoc AG, S. 22] nebst
allen Anlagen beim Bundesministerium der Vertei-
digung

24.06.2013 26.06.2013 11

12 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung des Customer Product Management
2001 (CPM 2001) [Bericht Ad-hoc AG, S. 22] und
aller weiteren seit dem Jahr 2001 geltenden Fassun-
gen des Customer Product Management (CPM)
nebst allen Anlagen beim Bundesministerium der
Verteidigung

24.06.2013 26.06.2013 12

Beratungs-
unterlage

17/…
Art, Datum, Inhalt

Eingang/
Verteilung

am
Beschlossen/

Behandelt am

Soweit
Beweis-

beschluss:
BB 17-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 215 – Drucksache 17/14650

13 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung des Musterentwicklungsvertrags des
BWB (Stand 2002 bis 2007) [Bericht Ad-hoc AG,
S. 22] nebst allen Anlagen beim Bundesministerium
der Verteidigung, hilfsweise beim BAAINBw.

24.06.2013 26.06.2013 13

14 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung der zwischen der Bundeswehr und dem
Bundesverband der deutschen Industrie abgestimm-
ten Musterverträge [Bericht Ad-hoc AG, S. 23] nebst
allen Anlagen beim Bundesministerium der Vertei-
digung

24.06.2013 26.06.2013 14

15 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung sämtlicher eigenständiger Sonderverein-
barungen zu dem am 31. Januar 2007 zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und der Euro Hawk
GmbH geschlossenen (Grund) Vertrag über die Ent-
wicklung eines Systems zur signalerfassenden, luft-
gestützten, weitreichenden Überwachung und Auf-
klärung, nebst aller weiteren Änderungsverträge und
Anlagen beim Bundesministerium der Verteidigung

24.06.2013 26.06.2013 15

16 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung des Vertrages über logistische Unterstüt-
zungsleistungen für den Anfangsflugbetrieb des Full
Scale Demonstrators (CLS 1-Unterstützungsvertrag)
aus dem Jahr 2009 [Bericht Ad-hoc AG, S. 27] nebst
allen Änderungsverträgen und Anlagen beim Bun-
desministerium der Verteidigung

24.06.2013 26.06.2013 16

17 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung der ab Anfang 2009 bis 2011 – auch un-
ter Mitwirkung von Prüfern der US-amerikanischen
Defense Contract Management Agency – entstande-
nen Prüfberichte des BWB zur Prototypenprüfung
des Full Scale Demonstrators bei Northrop Grum-
man [Bericht Ad-hoc AG, S. 32] nebst allen Anlagen
beim Bundesministerium der Verteidigung

24.06.2013 26.06.2013 17

Beratungs-
unterlage

17/…
Art, Datum, Inhalt

Eingang/
Verteilung

am
Beschlossen/

Behandelt am

Soweit
Beweis-

beschluss:
BB 17-

Drucksache 17/14650 – 216 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

18 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung des Testats des Leiters der GPS Man-
ching vom 24. Juni 2010 über die amtliche Feststel-
lung der Verkehrssicherheit zum Abschluss der Pro-
totypenprüfung sowie der Bescheinigung des Leiters
der GPS Manching vom 14. Juli 2011 zu der für den
Überführungsflug notwendigen ergänzenden Proto-
typenprüfung des Full Scale Demonstrators [Bericht
Ad-hoc AG, S. 32] nebst allen Anlagen beim Bun-
desministerium der Verteidigung

24.06.2013 26.06.2013 18

19 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung der Informationsvorlage von BMVg
Rü VI 2 vom 5. Dezember 2011 zur Frage einer
Musterzulassung für die Euro Hawk Serie [Bericht
Ad-hoc AG, S. 33] nebst allen Anlagen beim Bun-
desministerium der Verteidigung

24.06.2013 26.06.2013 19

20 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung des Berichts des BWB vom 13. Januar
2012 an das Bundesministerium der Verteidigung
zur Frage des Mehraufwands zur Erreichung einer
Musterzulassung der Euro Hawk Serie [Bericht Ad-
hoc AG, S. 35] nebst allen Anlagen beim Bundes-
ministerium der Verteidigung

24.06.2013 26.06.2013 20

21 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung des Berichts des BWB vom 24. Januar
2012 an BMVg Rü VI 2 zu Möglichkeiten alterna-
tiver Zulassungswege für die Euro Hawk Serie [Be-
richt Ad-hoc AG, S. 35] nebst allen Anlagen beim
Bundesministerium der Verteidigung

24.06.2013 26.06.2013 21

22 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung des Berichts des BWB an die Abteilung
Rüstung des Bundesministeriums der Verteidigung
vom 30. Januar 2012 zu den Kosten für den Mehrbe-
darf einer Musterzulassung der Euro Hawk Serie so-
wie der hierauf bezogenen Vorlage der Leitung des
Bundesministeriums der Verteidigung an Staatsse-
kretär Beemelmans vom 8. Februar 2012 [Bericht
Ad-hoc AG, S. 35/36] nebst allen Anlagen beim
Bundesministerium der Verteidigung

24.06.2013 26.06.2013 22

Beratungs-
unterlage

17/…
Art, Datum, Inhalt

Eingang/
Verteilung

am
Beschlossen/

Behandelt am

Soweit
Beweis-

beschluss:
BB 17-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217 – Drucksache 17/14650

23 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung der Stellungnahme der Rechtsabteilung
des Bundesministeriums der Verteidigung (R II 5)
vom 5. März 2012 zur Zulassungsfähigkeit der Euro
Hawk Serie [Bericht Ad-hoc AG, S. 36] nebst allen
Anlagen beim Bundesministerium der Verteidigung

24.06.2013 26.06.2013 23

24 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung des Berichts des BWB an BMVg vom
13. März 2012 zur Muster- und Verkehrszulassungs-
fähigkeit der Euro Hawk Serie [Bericht Ad-hoc AG,
S. 36] nebst allen Anlagen beim Bundesministerium
der Verteidigung

24.06.2013 26.06.2013 24

25 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung des Berichts des BWB vom 14. Mai
2012 zur alternativen Zulassung der Euro Hawk
Serie [Bericht Ad-hoc AG, S. 38] nebst allen Anla-
gen beim Bundesministerium der Verteidigung

24.06.2013 26.06.2013 25

26 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung des Berichts des BWB vom 28. August
2012 an BMVg AIN V 5 zu – u. a. der aktuellen ver-
traglichen Situation, zur Zulassung der Euro Hawk
Serie und zum Zeitplan für einen ersten Erprobungs-
flug in Deutschland [Bericht Ad-hoc AG, S. 39]
nebst allen Anlagen beim Bundesministerium der
Verteidigung

24.06.2013 26.06.2013 26

27 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung des Berichts des BAAINBw vom
16. Oktober 2012 zum Sachstand alternativer Zulas-
sungsmöglichkeiten für die Euro Hawk Serie [Be-
richt Ad-hoc AG, S. 40] nebst allen Anlagen beim
Bundesministerium der Verteidigung

24.06.2013 26.06.2013 27

28 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

24.06.2013 26.06.2013 28

Beratungs-
unterlage

17/…
Art, Datum, Inhalt

Eingang/
Verteilung

am
Beschlossen/

Behandelt am

Soweit
Beweis-

beschluss:
BB 17-

Drucksache 17/14650 – 218 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

noch
28

Beiziehung der Stellungnahme von WTD 61/ML ge-
genüber dem BAAINBw vom 26. November 2012
zum Betrieb des Euro Hawk Seriensystems auf Ba-
sis von stückbezogenen Vorläufigen Verkehrszulas-
sungen (VVZ) sowie des Berichts des BAAINBw
vom 13. Dezember 2012 zur alternativen Zulas-
sungsmöglichkeit für Serienluftfahrzeuge des Euro
Hawk auf Basis stückbezogener Vorläufiger Ver-
kehrszulassungen (VVZ) sowie des abschließenden
zusammenfassenden Berichts des BAAINBw an
BMVg AIN V 5 vom 3. Januar 2013 zu alternativen
Zulassungsmöglichkeiten [Bericht Ad-hoc AG,
S. 41/42] nebst allen Anlagen beim Bundesministe-
rium der Verteidigung

29 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung der von BMVg AIN V 5 am 22. Mai
2013 in Auftrag gegebenen Kurzstudie der IABG –
DS, Ottobrunn, vom 26. Mai 2013 zur Bewertung
bestehender Aufwandsabschätzungen für die Quali-
fikation und Zulassung des Systems Euro Hawk
[Bericht Ad-hoc AG; S. 46] nebst allen Anlagen
beim Bundesministerium der Verteidigung

24.06.2013 26.06.2013 29

30 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung der Studien zum Projektbeginn Euro
Hawk, insbesondere F&T-UAV Demostratorpro-
gramm (Flugbetrieb von AUS im kontrollierten
Luftraum) – Phase I von 04/2000 bis 09/2000 sowie
Phase II von 09/2001 bis 11/2004; Systemkonzept-
studie „Weiträumige Luftgestützte Überwachung
und Aufklärung“ Phase I, AG Systemkonzeptstudie
vom 8. Juli 2002; Systemstudie „Luftgestützte weit-
räumige Überwachung und Aufklärung“ EADS-
Dornier vom 24. Januar 2003; AGWOA „Aufklä-
rungssystem zur großflächigen, weiträumigen, ope-
rativen Aufklärung“, IABG mbH vom 28. Februar
2003; Systemkonzeptstudie „Luftgestützte Weiträu-
mige Überwachung und Aufklärung LWÜA –
(Phase II)“, EADS-Dornier vom 28. Juli 2003;
„Luftgestützte Weiträumige Überwachung und Auf-
klärung“, IABG mbH vom 15. März 2004; F&T-Stu-
die „Multi Channel Digital Analyzer“ von März
2004; F&T-Studie „Luftgestützte Weiträumige
Überwachung und Aufklärung (LWÜA 3)“, EADS-
Dornier vom 2. März 2004; „Integriertes SIGINT
Sensorsystem“, EADS, MEDAV, Rhode & Schwarz
vom 8. Juli 2004 [Bericht Ad-hoc AG, Anlage E]
nebst allen Anlagen beim Bundesministerium der
Verteidigung

24.06.2013 26.06.2013 30

Beratungs-
unterlage

17/…
Art, Datum, Inhalt

Eingang/
Verteilung

am
Beschlossen/

Behandelt am

Soweit
Beweis-

beschluss:
BB 17-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 219 – Drucksache 17/14650

31 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung sämtlicher Unterlagen, die der Ad-hoc
Arbeitsgruppe EURO HAWK im BMVg im Zuge
der Abfassung ihres Berichts zur Verfügung standen,
soweit diese noch nicht durch vorangegangene Be-
weisbeschlüsse erfasst sind, beim Bundesministe-
rium der Verteidigung

24.06.2013 26.06.2013 31

32 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung sämtlicher Unterlagen, die dem Bundes-
minister der Verteidigung zur Vorbereitung seines
Vortrags im Verteidigungsausschuss am 5. Juni 2013
zu den „Bewertungen und Konsequenzen zum Euro
Hawk“ anlässlich der Vorlage des „Berichts der
Ad-hoc Arbeitsgruppe EURO HAWK des BMVg“
übergeben worden sind, nebst allen Anlagen beim
Bundesministerium der Verteidigung

24.06.2013 26.06.2013 32

33 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung des Dokuments „Systemfähigkeitsforde-
rung SFF“ vom 18. August 2002 nebst allen Anla-
gen beim Bundesministerium der Verteidigung

24.06.2013 26.06.2013 33

34 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung der IABG-Studie B-WA 4403/04 Auf-
klärungssystem zur großflächigen, weiträumigen,
operativen Aufklärung Abschlussbericht (AG-
WOA) vom 28. Februar 2003 nebst allen Anlagen
beim Bundesministerium der Verteidigung

24.06.2013 26.06.2013 34

35 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung der LWÜA Studie (EADS Dornier) vom
November 2003 nebst allen Anlagen beim Bundes-
ministerium der Verteidigung

24.06.2013 26.06.2013 35

36 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung des Dokuments „Abschließende funktio-
nale Forderung für das System Signalerfassende Luft-
gestützte Weiträume Überwachung und Aufklärung“,
BMVg Fü S VI 3, vom 20. August 2004 nebst allen
Anlagen beim Bundesministerium der Verteidigung

24.06.2013 26.06.2013 36

Beratungs-
unterlage

17/…
Art, Datum, Inhalt

Eingang/
Verteilung

am
Beschlossen/

Behandelt am

Soweit
Beweis-

beschluss:
BB 17-

Drucksache 17/14650 – 220 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

37 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung der Studie zu alternativen Trägersyste-
men, beauftragt im September 2012 im Auftrag des
BMVg, durch das BAAINBw vorgelegt am 6. De-
zember 2012, nebst allen Anlagen beim Bundes-
ministerium der Verteidigung

24.06.2013 26.06.2013 37

38 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung der Vorlage mit dem Aktenzeichen
75-60-00, mit der Bundesminister De Maizière im
Dezember 2012 nach Berichterstattung in der Süd-
deutschen Zeitung vom 12. Juni 2013 über die
„Probleme beim Euro Hawk“ informiert worden
sein soll, nebst allen Anlagen beim Bundesministe-
rium der Verteidigung

24.06.2013 26.06.2013 38

39 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung des „abschließenden Arbeitsergebnis-
ses“ der „AG Zulassung“ (vgl. S. 41 der Ad-hoc
Arbeitsgruppe EURO HAWK) nebst allen Anlagen
und Bewertungen beim Bundesministerium der Ver-
teidigung

24.06.2013 26.06.2013 39

40 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung des Schreibens des Personalrats beim
BWB/BAAINBw an den Präsidenten des BWB/
BAAINBw vom Oktober 2009, in dem nach Be-
richterstattung von Spiegel Online vom 25. Mai
2013 „Probleme mit der Aufklärungsdrohne Euro
Hawk“ Gegenstand gewesen sein soll, nebst allen
Anlagen zu diesem Vorgang beim Bundesministe-
rium der Verteidigung

24.06.2013 26.06.2013 40

41 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung sämtlicher Akten, Dokumente und Da-
teien, die dem Verteidigungsausschuss im Zusam-
menhang mit dem Entwicklungsvorhaben EURO
HAWK bis zum 25. Juni 2013 durch das Bundes-
ministerium der Verteidigung bereits übermittelt
wurden, soweit sie nicht durch vorangegangene Be-
weisbeschlüsse bereits erfasst sind, beim Bundes-
ministerium der Verteidigung

24.06.2013 26.06.2013 41

Beratungs-
unterlage

17/…
Art, Datum, Inhalt

Eingang/
Verteilung

am
Beschlossen/

Behandelt am

Soweit
Beweis-

beschluss:
BB 17-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 221 – Drucksache 17/14650

42 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung sämtlicher Dokumente, Ausarbeitun-
gen, Einschätzungen, Berichte o. ä. sowie der dies-
bezüglichen Korrespondenz (schriftlich und elektro-
nisch) zur Problematik SLWÜA zwischen dem
1. Januar 1999 und dem 18. August 2002 beim
Bundesministerium der Verteidigung

24.06.2013 26.06.2013 42

43 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung sämtlicher Projektstatusberichte der Pro-
jektleitung EURO HAWK nebst allen Anlagen beim
Bundesministerium der Verteidigung

24.06.2013 26.06.2013 43

44 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung sämtlicher Vorlagen, Vermerke, Sprech-
notizen o. ä. für die Bundesminister der Verteidigung
zu den Themen EURO HAWK, AGS, Global Hawk
und andere unbemannte fliegende Systeme, insbeson-
dere auch für Treffen der Verteidigungsminister der
NATO und für Truppenbesuche und Besuche bei Fir-
men der Wehrtechnischen Industrie, nebst allen Anla-
gen beim Bundesministerium der Verteidigung

24.06.2013 26.06.2013 44

45 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung sämtlicher Vorlagen, Vermerke, Sprech-
notizen o. ä. für die (beamteten und parlamentari-
schen) Staatssekretäre beim BMVg zu den Themen
EURO HAWK, AGS, Global Hawk und andere un-
bemannte fliegende Systeme, insbesondere auf für
Treffen der Verteidigungsminister der NATO und für
Truppenbesuche und Besuche bei Firmen der Wehr-
technischen Industrie, nebst allen Anlagen beim
Bundesministerium der Verteidigung

24.06.2013 26.06.2013 45

46 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung sämtlicher Vorlagen, Vermerke, Sprech-
notizen o. ä. für den Generalinspekteur der Bundes-
wehr sowie seine Stellvertreter zu den Themen
EURO HAWK, AGS, Global Hawk und andere un-
bemannte fliegende Systeme, insbesondere auch für
Treffen der Verteidigungsminister der NATO und für
Truppenbesuche und Besuche bei Firmen der Wehr-
technischen Industrie, nebst allen Anlagen beim
Bundesministerium der Verteidigung

24.06.2013 26.06.2013 46

Beratungs-
unterlage

17/…
Art, Datum, Inhalt

Eingang/
Verteilung

am
Beschlossen/

Behandelt am

Soweit
Beweis-

beschluss:
BB 17-

Drucksache 17/14650 – 222 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

47 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung sämtlicher Akten, Dokumente, in Da-
teien oder auf andere Weise gespeicherter Daten und
sonstiger sächlicher Beweismittel, die den Untersu-
chungsgegenstand betreffen, und die sich befinden
im Büro des Bundesministers der Verteidigung,
beim Bundesministerium der Verteidigung

24.06.2013 26.06.2013 47

48 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung sämtlicher Akten, Dokumente, in Da-
teien oder auf andere Weise gespeicherter Daten und
sonstiger sächlicher Beweismittel, die den Untersu-
chungsgegenstand betreffen, und die sich befinden
in den Büros der (beamteten und parlamentarischen)
Staatssekretäre im BMVg, beim Bundesministerium
der Verteidigung.

24.06.2013 26.06.2013 48

49 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung sämtlicher Akten, Dokumente, in Da-
teien oder auf andere Weise gespeicherter Daten und
sonstiger sächlicher Beweismittel, die den Untersu-
chungsgegenstand betreffen, und die sich befinden
in den Büros des Generalinspekteurs der Bundes-
wehr sowie seiner Stellvertreter, beim Bundesminis-
terium der Verteidigung.

24.06.2013 26.06.2013 49

50 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung des gesamten eingegangenen und ver-
sandten Schriftverkehrs, der den Untersuchungsge-
genstand betrifft, und der sich befindet im Leitungs-
stab des Bundesministers der Verteidigung, beim
Bundesministerium der Verteidigung.

24.06.2013 26.06.2013 50

51 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung des gesamten eingegangenen und ver-
sandten Schriftverkehrs, der den Untersuchungsge-
genstand betrifft, und der sich befindet im Planungs-
stab des Bundesministers der Verteidigung, beim
Bundesministerium der Verteidigung.

24.06.2013 26.06.2013 51

Beratungs-
unterlage

17/…
Art, Datum, Inhalt

Eingang/
Verteilung

am
Beschlossen/

Behandelt am

Soweit
Beweis-

beschluss:
BB 17-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 223 – Drucksache 17/14650

52 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung sämtlicher Akten, Dokumente, in Da-
teien oder auf andere Weise gespeicherter Daten und
sonstiger sächlicher Beweismittel, die den Untersu-
chungsgegenstand betreffen, und die sich befinden
im Bereich der ehemaligen Hauptabteilung Rüstung
(Rü)/Abteilung Ausrüstung, Informationstechnik
und Nutzung (AIN) beim Bundesministerium der
Verteidigung.

24.06.2013 26.06.2013 52

53 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung des Aufsatzes „Zukunftstechnologie für
das neue Fähigkeitsprofil der Bundeswehr“ von
Hans-Heinrich Weise (damaliger Abteilungsleiter
Rüstung im BMVg) aus dem Jahr 2001 beim Bun-
desministerium der Verteidigung.

24.06.2013 26.06.2013 53

54 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung sämtlicher Akten, Dokumente, in Da-
teien oder auf andere Weise gespeicherter Daten und
sonstiger sächlicher Beweismittel, die den Untersu-
chungsgegenstand betreffen, und die sich befinden
im Bereich der ehemaligen Abteilung Haushalt (H)/
Abteilung Haushalt und Controlling (HC) beim
Bundesministerium der Verteidigung.

24.06.2013 26.06.2013 54

55 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung sämtlicher Akten, Dokumente, in Da-
teien oder auf andere Weise gespeicherter Daten und
sonstiger sächlicher Beweismittel, die den Untersu-
chungsgegenstand betreffen, und die sich befinden
im Bereich der Abteilung Recht des BMVg beim
Bundesministerium der Verteidigung.

24.06.2013 26.06.2013 55

56 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung des gesamten eingegangenen und ver-
sandten Schriftverkehrs, der den Untersuchungsge-
genstand betrifft, und der sich befindet im Kom-
mando Strategische Aufklärung, beim Bunde-
sministerium der Verteidigung.

24.06.2013 26.06.2013 56

Beratungs-
unterlage

17/…
Art, Datum, Inhalt

Eingang/
Verteilung

am
Beschlossen/

Behandelt am

Soweit
Beweis-

beschluss:
BB 17-

Drucksache 17/14650 – 224 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

57 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung sämtlicher Akten, Dokumente, in Da-
teien oder auf andere Weise gespeicherter Daten und
sonstiger sächlicher Beweismittel, die den Untersu-
chungsgegenstand betreffen, und die sich befinden
im gesamten Bereich des ehemaligen Führungsstabs
der Luftwaffe (FüL)/ Abteilung Führung Streitkräfte
(FüSK) mit Ausnahme der Büros des Generalin-
spekteurs sowie seiner Stellvertreter, beim Bundes-
ministerium der Verteidigung.

24.06.2013 26.06.2013 57

58 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung des gesamten eingegangenen und ver-
sandten Schriftverkehrs, der den Untersuchungsge-
genstand betrifft, und der sich befindet im Büro des
Präsidenten des BAAINBw, beim Bundesministe-
rium der Verteidigung.

24.06.2013 26.06.2013 58

59 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung des gesamten eingegangenen und ver-
sandten Schriftverkehrs, der den Untersuchungsge-
genstand betrifft, und der sich befindet in der WTD
61 des BAAINBw, beim Bundesministerium der
Verteidigung.

24.06.2013 26.06.2013 59

60 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung des Geschäftsverteilungsplans der Wehr-
technischen Dienststelle für Luftfahrzeuge – Mus-
terprüfwesen für Luftfahrtgerät der Bundeswehr
(WTD 61) beim Bundesministerium der Verteidi-
gung.

24.06.2013 26.06.2013 60

61 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung sämtlicher Protokolle der Pressekonfe-
renzen des Bundesministers der Verteidigung, die
sich mit EURO HAWK, AGS, Global Hawk und im
Zusammenhang damit sonst mit der Beschaffung
von Drohnen befassen, nebst allen Anlagen beim
Bundesministerium der Verteidigung.

24.06.2013 26.06.2013 61

Beratungs-
unterlage

17/…
Art, Datum, Inhalt

Eingang/
Verteilung

am
Beschlossen/

Behandelt am

Soweit
Beweis-

beschluss:
BB 17-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 225 – Drucksache 17/14650

62 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung sämtlicher Akten, Dokumente, in Da-
teien oder auf andere Weise gespeicherter Daten und
sonstiger sächlicher Beweismittel, die den Untersu-
chungsgegenstand betreffen, und die sich befinden
im Bereich des Presse- und Informationsstabes des
BMVg, insbesondere eventuelle schriftliche Unter-
lagen („Sprechzettel“ o. ä.) zur Vorbereitung der Äu-
ßerungen des Ministers und der Pressesprecher des
BMVg zum Untersuchungsgegenstand, beim Bun-
desministerium der Verteidigung.

24.06.2013 26.06.2013 62

63 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

vorrangige Beiziehung sämtlicher dokumentierter
Kommunikation des BWB/BAAINBw mit der
EURO HAWK GmbH und den Unterauftragneh-
mern EADS Cassidian und Northrop Grumman,
nebst allen Anlagen beim Bundesministerium der
Verteidigung.

24.06.2013 26.06.2013 63

64 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

vorrangige Beiziehung sämtlicher dokumentierter
Kommunikation des Bundesministeriums der Vertei-
digung mit dem BWB/BAAINBw, die sich mit
EURO HAWK befasst, nebst allen Anlagen beim
Bundesministerium der Verteidigung.

24.06.2013 26.06.2013 64

65 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

vorrangige Beiziehung sämtlicher dokumentierter
Kommunikation des Bundesministeriums der Vertei-
digung (ohne BWB/BAAINBw) mit der
EURO HAWK GmbH und den Unterauftragneh-
mern EADS Cassidian und Northrop Grumman, be-
zogen auf den Untersuchungsgegenstand, nebst allen
Anlagen beim Bundesministerium der Verteidigung.

24.06.2013 26.06.2013 65

66 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

vorrangige Beiziehung sämtlicher dokumentierter
Kommunikation, mit denen das Bundesministerium
der Verteidigung den Bundesrechnungshof bezüg-
lich EURO HAWK informiert hat, nebst allen Anla-
gen beim Bundesministerium der Verteidigung.

24.06.2013 26.06.2013 66

Beratungs-
unterlage

17/…
Art, Datum, Inhalt

Eingang/
Verteilung

am
Beschlossen/

Behandelt am

Soweit
Beweis-

beschluss:
BB 17-

Drucksache 17/14650 – 226 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

67 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung des Zeitplans über Abfluss und Höhe
von Haushaltsmitteln für das Entwicklungsprojekt
EURO HAWK mit inhaltlicher Angabe des Meilen-
steins, der erreicht wurde, nebst allen Anlagen beim
Bundesministerium der Verteidigung.

24.06.2013 26.06.2013 67

68 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung sämtlicher Organigramme des Bundes-
ministeriums der Verteidigung und des BWB/
BAAINBw aus den Jahren 2000 bis 2013 beim Bun-
desministerium der Verteidigung.

24.06.2013 26.06.2013 68

69 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung des Berliner Erlasses vom 21. Dezember
2005 beim Bundesministerium der Verteidigung.

24.06.2013 26.06.2013 69

70 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung des Dresdner Erlasses vom 21. März
2012 beim Bundesministerium der Verteidigung.

24.06.2013 26.06.2013 70

71 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung sämtlicher Aktenpläne zum Entwick-
lungsvorhaben EURO HAWK aus dem gesamten
Bereich des Bundesministeriums der Verteidigung,
beim Bundesministerium der Verteidigung.

24.06.2013 26.06.2013 71

72 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung der Terminkalender des Bundesministers
der Verteidigung Dr. Thomas de Maizière, soweit
diese Termine (persönlich, telefonisch oder in sons-
tiger Form) betreffen, die in direktem oder indirek-
tem, konkreten oder abstrakten Zusammenhang mit
dem Untersuchungsauftrag standen, beim Bundes-
ministerium der Verteidigung.

24.06.2013 26.06.2013 72

Beratungs-
unterlage

17/…
Art, Datum, Inhalt

Eingang/
Verteilung

am
Beschlossen/

Behandelt am

Soweit
Beweis-

beschluss:
BB 17-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 227 – Drucksache 17/14650

73 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung der Teilnehmerlisten zu Reisen der Bun-
desminister der Verteidigung in Mitgliedstaaten der
EU sowie NATO-Mitgliedstaaten mit Bezug zum
Entwicklungsprojekt EURO HAWK, nebst allen
Anlagen beim Bundesministerium der Verteidigung.

24.06.2013 26.06.2013 73

74 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung der Teilnehmerlisten zu Besuchen und
Gesprächen, die die Bundesminister der Verteidi-
gung bei Wirtschaftsunternehmen bzw. mit Unter-
nehmensvertretern mit Bezug zum Entwicklungs-
projekt EURO HAWK absolvierten, nebst allen
Anlagen beim Bundesministerium der Verteidigung.

24.06.2013 26.06.2013 74

75 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung sämtlicher Akten, Dokumente, in Da-
teien oder auf andere Weise gespeicherter Daten und
sonstiger sächlicher Beweismittel, die den Untersu-
chungsgegenstand betreffen, und die sich befinden
in dem Zuständigkeitsbereich des Bundesministe-
riums der Verteidigung und die noch nicht durch die
bisherigen Anträge erfasst sind, beim Bundesminis-
terium der Verteidigung.

24.06.2013 26.06.2013 75

76 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung sämtlicher Organigramme des Bundes-
ministeriums der Finanzen und des Referats II D 1
aus den Jahren 2004 bis 2013 beim Bundesministe-
rium der Finanzen.

24.06.2013 26.06.2013 76

77 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung sämtlicher Aktenpläne zum Entwick-
lungsvorhaben EURO HAWK aus dem gesamten
Bereich des Bundesministeriums der Finanzen, beim
Bundesministerium der Finanzen.

24.06.2013 26.06.2013 77

78 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

24.06.2013 26.06.2013 78

Beratungs-
unterlage

17/…
Art, Datum, Inhalt

Eingang/
Verteilung

am
Beschlossen/

Behandelt am

Soweit
Beweis-

beschluss:
BB 17-

Drucksache 17/14650 – 228 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

noch
78

Beiziehung sämtlicher Akten, Dokumente, in Da-
teien oder auf andere Weise gespeicherter Daten und
sonstiger sächlicher Beweismittel, die den Untersu-
chungsgegenstand betreffen, und die sich befinden
im Büro des Bundesministers der Finanzen, beim
Bundesministerium der Finanzen.

79 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung sämtlicher Akten, Dokumente, in Da-
teien oder auf andere Weise gespeicherter Daten und
sonstiger sächlicher Beweismittel, die den Untersu-
chungsgegenstand betreffen, und die sich befinden
in den Büros der (beamteten und parlamentarischen)
Staatssekretäre im Bundesministerium der Finanzen,
beim Bundesministerium der Finanzen.

24.06.2013 26.06.2013 79

80 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung des gesamten eingegangenen und ver-
sandten Schriftverkehrs, der den Untersuchungsge-
genstand betrifft, und der sich befindet in der Lei-
tungsebene des Bundesministers der Finanzen, beim
Bundesministerium der Finanzen.

24.06.2013 26.06.2013 80

81 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung sämtlicher Akten, Dokumente, in Da-
teien oder auf andere Weise gespeicherter Daten und
sonstiger sächlicher Beweismittel, die den Untersu-
chungsgegenstand betreffen, und die sich befinden
in den Büros des Referats II D 1 im Bundesministe-
rium der Finanzen, beim Bundesministerium der Fi-
nanzen.

24.06.2013 26.06.2013 81

82 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung der Vorlage BMF Nr. 137/06 VS-NfD
(Gz II D 1 – WE 2058/06/0005) an den Haushalts-
ausschuss des Deutschen Bundestages [Bericht Ad-
hoc AG, S. 27] nebst allen Anlagen beim Bundes-
ministerium der Finanzen.

24.06.2013 26.06.2013 82

83 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

24.06.2013 26.06.2013 83

Beratungs-
unterlage

17/…
Art, Datum, Inhalt

Eingang/
Verteilung

am
Beschlossen/

Behandelt am

Soweit
Beweis-

beschluss:
BB 17-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 229 – Drucksache 17/14650

noch
83

Beiziehung sämtlicher Akten, Dokumente, in Da-
teien oder auf andere Weise gespeicherter Daten und
sonstiger sächlicher Beweismittel, die den Untersu-
chungsgegenstand betreffen, und die sich befinden
im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums
der Finanzen, und die noch nicht durch bisherige
Anträge erfasst sind beim Bundesministerium der
Finanzen.

84 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung sämtlicher Akten, Dokumente, in Da-
teien oder auf andere Weise gespeicherter Daten und
sonstiger sächlicher Beweismittel, die den Untersu-
chungsgegenstand betreffen, und die sich befinden
im Büro der Bundeskanzlerin, beim Bundeskanzler-
amt.

24.06.2013 26.06.2013 84

85 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung sämtlicher Akten, Dokumente, in Da-
teien oder auf andere Weise gespeicherter Daten und
sonstiger sächlicher Beweismittel, die den Untersu-
chungsgegenstand betreffen, und die sich befinden
im Büro des Chefs des Bundeskanzleramtes beim
Bundeskanzleramt.

24.06.2013 26.06.2013 85

86 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung sämtlicher Akten, Dokumente, in Da-
teien oder auf andere Weise gespeicherter Daten und
sonstiger sächlicher Beweismittel, die den Untersu-
chungsgegenstand betreffen, und die sich befinden
im Büro des Abteilungsleiters 2 des Bundeskanzler-
amtes, beim Bundeskanzleramt.

24.06.2013 26.06.2013 86

87 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung sämtlicher Akten, Dokumente, in Da-
teien oder auf andere Weise gespeicherter Daten und
sonstiger sächlicher Beweismittel, die den Untersu-
chungsgegenstand betreffen, und die sich befinden
im Bereich der Gruppe 22 des Bundeskanzleramtes,
beim Bundeskanzleramt.

24.06.2013 26.06.2013 87

Beratungs-
unterlage

17/…
Art, Datum, Inhalt

Eingang/
Verteilung

am
Beschlossen/

Behandelt am

Soweit
Beweis-

beschluss:
BB 17-

Drucksache 17/14650 – 230 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

88 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung sämtlicher Akten, Dokumente, in Da-
teien oder auf andere Weise gespeicherter Daten und
sonstiger sächlicher Beweismittel, die den Untersu-
chungsgegenstand betreffen, und die sich befinden
im gesamten Bereich des Presse- und Informations-
amtes der Bundesregierung, insbesondere eventuelle
schriftliche Unterlagen („Sprechzettel“ o .ä.) zur
Vorbereitung von Äußerungen der Regierungsspre-
cher zum Untersuchungsgegenstandbeim Bundes-
kanzleramt.

24.06.2013 26.06.2013 88

89 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung sämtlicher Akten, Dokumente, in Da-
teien oder auf andere Weise gespeicherter Daten und
sonstiger sächlicher Beweismittel, die den Untersu-
chungsgegenstand betreffen, und die sich befinden
im Zuständigkeitsbereich des Bundeskanzleramtes,
und die noch nicht durch bisherige Anträge erfasst
sind, beim Bundeskanzleramt.

24.06.2013 26.06.2013 89

90 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung des Berichts des Bundesrechnungshofes
an den Haushaltsausschuss „Bericht an den Haus-
haltsausschuss des Deutschen Bundestages nach
§ 88 Abs. 2 BHO zur Entwicklung des Euro Hawk
Systems“ nebst allen Anlagen beim Bundesrech-
nungshof.

24.06.2013 26.06.2013 90

91 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung sämtlicher Unterlagen sowie dokumen-
tierter Kommunikation, mit denen der Bundes-
rechnungshof durch das Bundesministerium der
Verteidigung oder dritte Stellenbezüglich des Ent-
wicklungsvorhabens EURO HAWK informiert wurde,
nebst allen Anlagen beim Bundesrechnungshof.

24.06.2013 26.06.2013 91

92 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung sämtlicher Protokolle des Verteidigungs-
ausschusses, die sich mit EURO HAWK, AGS oder
in diesem Zusammenhang allgemein mit der Be-
schaffung von Drohnen befassen nebst allen Anla-
gen beim Deutschen Bundestag.

24.06.2013 26.06.2013 92

Beratungs-
unterlage

17/…
Art, Datum, Inhalt

Eingang/
Verteilung

am
Beschlossen/

Behandelt am

Soweit
Beweis-

beschluss:
BB 17-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 231 – Drucksache 17/14650

93 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Beiziehung sämtlicher Protokolle des Haushaltsaus-
schusses, die sich mit EURO HAWK, AGS oder in
diesem Zusammenhang allgemein mit der Beschaf-
fung von Drohnen befassen nebst allen Anlagen
beim Deutschen Bundestag.

24.06.2013 26.06.2013 93

94 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Verlangen der Herausgabe gemäß § 29 Abs. 1
PUAG hinsichtlich sämtlicher Aktenpläne zum Ent-
wicklungsvorhaben EURO HAWK im Bereich der
EURO HAWK GmbH, Claude-Dornier-Straße,
88090 Immenstaad.

24.06.2013 26.06.2013 94

95 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Verlangen der Herausgabe gemäß § 29 Abs. 1
PUAG hinsichtlich sämtlicher dokumentierter
Kommunikation mit Stellen der Bundesregierung,
insbesondere mit dem Bundesministerium der
Verteidigung, dem BWB/BAAINBw, dem Bundes-
ministerium der Finanzen oder dem Bundeskanzler-
amt, die den Untersuchungsgegenstand, insbeson-
dere die Frage 5 des Untersuchungsauftrags zur In-
formation über Probleme im Verlauf des Entwick-
lungsvorhabens Euro Hawk, betreffen, und die sich
befinden im Bereich der EURO HAWK GmbH,
Claude-Dornier-Straße, 88090 Immenstaad.

24.06.2013 26.06.2013 95

96 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Verlangen der Herausgabe gemäß § 29 Abs. 1
PUAG sämtlicher Verträge oder Vereinbarungen mit
dritten Stellen (z. B. EADS Deutschland GmbH,
Northrop Grumman LITEF GmbH), die durch die
EURO HAWK GmbH im Zusammenhang mit der
Erfüllung der mit der Bundesrepublik Deutschland
zum Entwicklungsvorhaben Euro Hawk geschlosse-
nen Verträge selbst vereinbart worden sind, und die
sich befinden im Bereich der EURO HAWK GmbH
Claude-Dornier-Straße 88090 Immenstaad.

24.06.2013 26.06.2013 96

97 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

24.06.2013 26.06.2013 97

Beratungs-
unterlage

17/…
Art, Datum, Inhalt

Eingang/
Verteilung

am
Beschlossen/

Behandelt am

Soweit
Beweis-

beschluss:
BB 17-

Drucksache 17/14650 – 232 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

noch
97

Verlangen der Herausgabe gemäß § 29 Abs. 1
PUAG hinsichtlich sämtlicher Aktenpläne zum Ent-
wicklungsvorhaben EURO HAWK im Bereich der
EADS Deutschland GmbH, Division Cassidian,
Landshuter Straße 26, 85716 Unterschleißheim.

98 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Verlangen der Herausgabe gemäß § 29 Abs. 1
PUAG hinsichtlich sämtlicher dokumentierter Kom-
munikation mit Stellen der Bundesregierung, insbe-
sondere mit dem Bundesministerium der Verteidi-
gung, dem BWB/BAAINBw, dem Bundesministe-
rium der Finanzen oder dem Bundeskanzleramt, die
den Untersuchungsgegenstand betreffen, und die
sich befinden im Bereich der EADS Deutschland
GmbH Division Cassidian Landshuter Straße 26,
85716 Unterschleißheim.

24.06.2013 26.06.2013 98

99 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Verlangen der Herausgabe gemäß § 29 Abs. 1
PUAG hinsichtlich sämtlicher Aktenpläne zum Ent-
wicklungsvorhaben EURO HAWK im Bereich der
Northrop Grumman LITEF GmbH, Lörracher Straße
18, 79115 Freiburg.

24.06.2013 26.06.2013 99

100 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Verlangen der Herausgabe gemäß § 29 Abs. 1
PUAG hinsichtlich sämtlicher dokumentierter Kom-
munikation mit Stellen der Bundesregierung, insbe-
sondere mit dem Bundesministerium der Verteidi-
gung, dem BWB/BAAINBw, dem Bundesministe-
rium der Finanzen oder dem Bundeskanzleramt, die
den Untersuchungsgegenstand betreffen, und die
sich befinden im Bereich der Northrop Grumman
LITEF GmbH, Lörracher Straße 18, 79115 Freiburg.

24.06.2013 26.06.2013 100

101 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Es soll Beweis erhoben werden zum gesamten Un-
tersuchungsauftrag durch Vernehmung von Bundes-
minister Dr. Thomas de Maizière als Zeugen.

24.06.2013 26.06.2013 101

102 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

24.06.2013 26.06.2013 102

Beratungs-
unterlage

17/…
Art, Datum, Inhalt

Eingang/
Verteilung

am
Beschlossen/

Behandelt am

Soweit
Beweis-

beschluss:
BB 17-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 233 – Drucksache 17/14650

noch
102

Es soll Beweis erhoben werden zum gesamten Un-
tersuchungsauftrag durch Vernehmung von Staats-
sekretär Rüdiger Wolf als Zeugen.

103 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Es soll Beweis erhoben werden zum gesamten Un-
tersuchungsauftrag durch Vernehmung von Staats-
sekretär Stéphane Beemelmans als Zeugen.

24.06.2013 26.06.2013 103

104 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Es soll Beweis erhoben werden zum gesamten Un-
tersuchungsauftrag durch Vernehmung von Staats-
sekretär a. D. Dr. Peter Eickenboom als Zeugen.

24.06.2013 26.06.2013 104

105 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Es soll Beweis erhoben werden zum gesamten Un-
tersuchungsauftrag durch Vernehmung von Staats-
sekretär a. D. Dr. Walther Stützle als Zeugen.

24.06.2013 26.06.2013 105

106 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Es soll Beweis erhoben werden zum gesamten Un-
tersuchungsauftrag durch Vernehmung von General
a. D. Wolfgang Schneiderhan als Zeugen.

24.06.2013 26.06.2013 106

107 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Es soll Beweis erhoben werden zum gesamten Un-
tersuchungsauftrag durch Vernehmung von General
Volker Wieker als Zeugen.

24.06.2013 26.06.2013 107

108 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Es soll Beweis erhoben werden zum gesamten Un-
tersuchungsauftrag durch Vernehmung von Ministe-
rialdirektor Detlef Selhausen als Zeugen.

24.06.2013 26.06.2013 108

109 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Es soll Beweis erhoben werden zum gesamten Un-
tersuchungsauftrag durch Vernehmung von Ministe-
rialdirektor Dr. Paul Jansen als Zeugen.

24. 6.2013 26.06.2013 109

Beratungs-
unterlage

17/…
Art, Datum, Inhalt

Eingang/
Verteilung

am
Beschlossen/

Behandelt am

Soweit
Beweis-

beschluss:
BB 17-

Drucksache 17/14650 – 234 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

110 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Es soll Beweis erhoben werden zum gesamten Un-
tersuchungsauftrag durch Vernehmung von Ministe-
rialdirigent Harald Stein als Zeugen.

24.06.2013 26.06.2013 110

111 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Es soll Beweis erhoben werden zum gesamten Un-
tersuchungsauftrag durch Vernehmung des Dienstel-
lenleiters WTD 61, Herbert Hauck, als Zeugen.

24.06.2013 26.06.2013 111

112 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Es soll Beweis erhoben werden zum gesamten Un-
tersuchungsauftrag durch Vernehmung des Projekt-
leiters EURO HAWK im BAAINBw, OTL Richter
als Zeugen.

24.06.2013 26.06.2013 112

113 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Es soll Beweis erhoben werden zum gesamten Un-
tersuchungsauftrag durch Vernehmung von Staats-
sekretär Werner Gatzer als Zeugen.

24.06.2013 26.06.2013 113

114 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Es soll Beweis erhoben werden zum gesamten Un-
tersuchungsauftrag durch Vernehmung von Ministe-
rialrätin Angelika Bauch (Bundesrechnungshof) als
Zeugin.

24.06.2013 26.06.2013 114

115 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Es soll Beweis erhoben werden zum gesamten Un-
tersuchungsauftrag durch Vernehmung des Präsiden-
ten des Bundesrechnungshofs, Prof. Dr. Dieter
Engels, als Zeugen.

24.06.2013 26.06.2013 115

116 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

24.06.2013 26.06.2013 116

Beratungs-
unterlage

17/…
Art, Datum, Inhalt

Eingang/
Verteilung

am
Beschlossen/

Behandelt am

Soweit
Beweis-

beschluss:
BB 17-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 235 – Drucksache 17/14650

noch
116

Es soll Beweis erhoben werden zum gesamten Un-
tersuchungsauftrag durch Vernehmung des Leiters
des Referats II D1 im BMF zum Zeitpunkt der Haus-
haltsvorlage vom 22. Dezember 2006, MR Otten-
burger, als Zeugen.

117 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Es soll Beweis erhoben werden zum gesamten Un-
tersuchungsauftrag durch Vernehmung des Vizeprä-
sidenten beim BAAINBw, Thomas Wardecki, als
Zeugen.

24.06.2013 26.06.2013 117

118 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24. Juni 2013

Es soll Beweis erhoben werden zum gesamten Un-
tersuchungsauftrag durch Vernehmung des Vorsit-
zenden des Personalrats beim BAAINBw im Okto-
ber 2009, N. N., als Zeugen.

24.06.2013 26.06.2013 118

119 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 21 Juni 2013

Es soll Beweis erhoben werden zum gesamten Un-
tersuchungsauftrag durch Vernehmung von Bundes-
minister a. D. Rudolf Albert Scharping als Zeugen.

24.06.2013 26.06.2013 119

120 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 21 Juni 2013

Es soll Beweis erhoben werden zum gesamten Un-
tersuchungsauftrag durch Vernehmung von Bundes-
minister a. D. Dr. Franz-Josef Jung als Zeugen.

24.06.2013 26.06.2013 120

121 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 21 Juni 2013

Es soll Beweis erhoben werden zum gesamten Un-
tersuchungsauftrag durch Vernehmung des Chief
Executive Officer (CEO) von Cassidian Bernhard
Gerwert, als Zeugen.

24.06.2013 26.06.2013 121

122 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 21 Juni 2013

Es soll Beweis erhoben werden zum gesamten Un-
tersuchungsauftrag durch Vernehmung des ehemali-
gen Chief Executive Officer (CEO) von Cassidian,
Stefan Zoller als Zeugen.

24.06.2013 26.06.2013 122

Beratungs-
unterlage

17/…
Art, Datum, Inhalt

Eingang/
Verteilung

am
Beschlossen/

Behandelt am

Soweit
Beweis-

beschluss:
BB 17-

Drucksache 17/14650 – 236 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

123 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 21 Juni 2013

Es soll Beweis erhoben werden zum gesamten Un-
tersuchungsauftrag durch Vernehmung des Sector
Vice President und General Manager Unmanned
Systems von Northrop Grumman, Janis G. Pamiljans
als Zeugen.

24.06.2013 26.06.2013 123

124 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 21 Juni 2013

Es soll Beweis erhoben werden zum gesamten
Untersuchungsauftrag durch Vernehmung des
Geschäftsführers der Northrop Grumman LITEF
GmbH, Eckehardt Keip als Zeugen.

24.06.2013 26.06.2013 124

125 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 26 Juni 2013

Es soll Beweis erhoben werden zum gesamten Un-
tersuchungsauftrag durch Vernehmung des Direktors
der WTD 61 und des Musterprüfwesens für Luft-
fahrzeuge und Luftfahrtgerät, Wolfgang Steiger als
Zeugen.
(in 1. Sitzung mündlich beschlossen)

28.06.2013 26.06.2013 125

126 Antrag der Mitglieder aller Fraktionen im Verteidi-
gungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 26 Juni 2013

Es soll Beweis erhoben werden zum gesamten Un-
tersuchungsauftrag des Dienststellenleiters WTD 61
zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses 2007, Walter
Storz als Zeugen.
(in 1. Sitzung mündlich beschlossen)

28.06.2013 26.06.2013 126

127 Schreiben des Staatssekretärs Wolf an den Präsiden-
ten des BRH vom 4. Juli 2013 (Abstimmung ge-
meinsamer Aktenlieferung)

05.07.2013 22.07.2013 --

128 Schreiben der Fraktion DIE LINKE. vom 5. Juli
2013 zur Beratungsunterlage 17-127 (Schreiben von
Staatssekretär Wolf vom 3. Juli 2013)

08.07.2013 22.07.2013 --

129 Schreiben des BMVg vom 5. Juli 2013
Untersuchungsauftrag VA 2. UA (A-Drs. 17(12)1235
vom 24. Juni 2013) Umsetzung Beweisbeschlüsse

08.07.2013 22.07.2013 --

130 Schreiben des Staatssekretärs Wolf, BMVg, vom
10. Juli 2013
Information über den weiteren Geschäftsverkehr
zwischen dem BMVg und dem BRH

11.07.2013 22.07.2013 --

Beratungs-
unterlage

17/…
Art, Datum, Inhalt

Eingang/
Verteilung

am
Beschlossen/

Behandelt am

Soweit
Beweis-

beschluss:
BB 17-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 237 – Drucksache 17/14650

131 Entwurf Zeitplan zur Erstellung des Abschlussbe-
richts des VA als 2. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG

11.07.2013 22.07.2013 --

132 Schreiben der Rechtsanwaltskanzlei WilmerHalle
vom 12. Juli 2013
Anwaltliche Vertretung des Zeugen Pamiljans
(Northrop Grumman)

12.07.2013 22.07.2013 --

133 Schreiben an die Obleute/Sprecher des VA als 2. UA
vom 12. Juli 2013
Vorläufige Einstufung von Beweismitteln des VA als
2. UA als VS-VERTRAULICH

16.07.2013 22.07.2013 --

134 Schreiben an die Obleute/Sprecher des VA als 2. UA
vom 16. Juli 2013
Vorläufige Einstufung von Beweismitteln des VA als
2. UA als VS-VERTRAULICH

16.07.2013 22.07.2013 --

135 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im
Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsaus-
schuss gem. Art. 45a Abs.2 GG vom 17. Juli 2013

Es wird Beweis erhoben zum gesamten Untersu-
chungsauftrag durch Beiziehung sämtlicher Akten,
Dokumente, in Dateien oder auf andere Weise ge-
speicherter Daten und sonstiger sächlicher Beweis-
mittel, die den Untersuchungsgegenstand betreffen,
aus dem gesamten Bereich des Bundesnachrichten-
diensts und der Abteilung 6 des Bundeskanzleramts
beim Bundeskanzleramt

18.07.2013 22.07.2013 --

136 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im
Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsaus-
schuss gem. Art. 45a Abs.2 GG vom 17. Juli 2013

Es wird Beweis erhoben zum gesamten Untersu-
chungsauftrag durch Beiziehung sämtlicher Akten,
Dokumente, in Dateien oder auf andere Weise ge-
speicherter Daten und sonstiger sächlicher Beweis-
mittel, die den Untersuchungsgegenstand betreffen,
aus dem gesamten Bereich des Amtes für den Mili-
tärischen Abschirmdienst beim Bundesministerium
der Verteidigung.

18.07.2013 22.07.2013 --

137 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im
Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsaus-
schuss gem. Art. 45a Abs.2 GG vom 17. Juli 2013

Es wird Beweis erhoben zum gesamten Untersu-
chungsauftrag durch Beiziehung sämtlicher dem
Bundesministerium der Verteidigung, dem Bundes-
ministerium der Finanzen, dem Bundesministerium
für Wirtschaft und Technologie sowie dem Bundes-
kanzleramt vorliegender Aufstellungen sowie sons-
tiger Unterlagen, Akten, Dokumente, in Dateien
oder auf andere Weise gespeicherter Daten und sons-
tiger sächlicher Beweismittel über Person und Auf-

18.07.2013 22.07.2013 --

Beratungs-
unterlage

17/…
Art, Datum, Inhalt

Eingang/
Verteilung

am
Beschlossen/

Behandelt am

Soweit
Beweis-

beschluss:
BB 17-

Drucksache 17/14650 – 238 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

noch
137

gabenbereich ehemals für diese Regierungsstellen
sowie deren nachgeordnete Behörden tätiger Perso-
nen, die seit bzw. nach 1999 für die European Aero-
nautic Defence and Space Company N.V. (EADS)
oder die Northrop Grumman Corporation sowie de-
ren jeweilige Beteiligungsgesellschaften oder zum
jeweiligen Konzernverbund gehörende Unterneh-
men der Sicherheits- und Wehrtechnischen Industrie
tätig geworden sind oder dort Funktionen übernom-
men haben beim Bundesministerium der Verteidi-
gung, beim Bundesministerium der Finanzen, beim
Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie
sowie beim Bundeskanzleramt.

138 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im
Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsaus-
schuss gem. Art. 45a Abs.2 GG vom 17. Juli 2013

Es wird Beweis erhoben zum gesamten Untersu-
chungsauftrag durch Beiziehung sämtlicher dem
Bundesministerium der Verteidigung, dem Bundes-
ministerium der Finanzen, dem Bundesministerium
für Wirtschaft und Technologie sowie dem Bundes-
kanzleramt vorliegender Aufstellungen sowie sons-
tiger Unterlagen, Akten, Dokumente, in Dateien
oder auf andere Weise gespeicherter Daten und sons-
tiger sächlicher Beweismittel über Person und Auf-
gabenbereich der seit dem Jahr 1999 in den bzw. für
diese Stellen sowie deren nachgeordneten Behörden
tätigen oder in Arbeits- und Projektabläufe einge-
bundenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der
European Aeronautic Defence and Space Company
N.V. (EADS) sowie der Northrop Grumman Corpo-
ration sowie ihrer jeweiligen Beteiligungsgesell-
schaften bzw. zum jeweiligen Konzernverbund ge-
hörenden Unternehmen der Sicherheits- und
Wehrtechnischen Industrie beim Bundesministerium
der Verteidigung, beim Bundesministerium der Fi-
nanzen, beim Bundesministerium für Wirtschaft und
Technologie sowie beim Bundeskanzleramt.

18.07.2013 22.07.2013 --

139 Entwurf Verfahrensbeschluss 4 (neu) vom 18. Juli
2013
Verteilung von Beratungsunterlagen, Beweisbe-
schlüssen und Ausschussmaterialien

18.07.2013 22.07.2013 --

140 Entwurf Verfahrensbeschluss 5 (neu) vom 18. Juli
2013
Verteilung von Verschlusssachen (zu § 16 Abs. 1
Untersuchungsausschussgesetz)

18.07.2013 22.07.2013 --

141 Schreiben der Rechtsanwaltskanzlei Krause-Kolle-
gen vom 16. Juli 2013
Herr Bernhard Gerwert/Zeugenbegleitung

17.07.2013 22.07.2013 --

Beratungs-
unterlage

17/…
Art, Datum, Inhalt

Eingang/
Verteilung

am
Beschlossen/

Behandelt am

Soweit
Beweis-

beschluss:
BB 17-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 239 – Drucksache 17/14650

142 Entwurf Verfahrensbeschluss 13 vom 21. August
2013
Ende der Beweisaufnahme und Abschluss von Zeu-
genvernehmungen § 26 Untersuchungsausschussge-
setz (PUAG)

21.08.2013 26.08.2013 --

143 Entwurf Verfahrensbeschluss 14 vom 21. August
2013
Gewährung rechtlichen Gehörs zum Abschlussbe-
richt gemäß § 32 PUAG

21.08.2013 26.08.2013 --

144 Entwurf Verfahrensbeschluss 15 vom 21. August
2013
Herabstufung von Protokollen und Anfügung an den
Bericht nach § 33 PUAG

21.08.2013 26.08.2013 --

145 Entwurf Verfahrensbeschluss 16 vom 21. August
2013
Feststellung der Teile des Berichts nach § 33 PUAG
und Vorlage an den Deutschen Bundestag

21.08.2013 26.08.2013 --

146 Entwurf Verfahrensbeschluss 17 vom 21. August
2013
Behandlung der Protokolle und Materialien nach
Kenntnisnahme des Abschlussberichtes durch den
Deutschen Bundestag

21.08.2013 26.08.2013 --

147 Entwurf Verfahrensbeschluss 18 vom 21. August
2013
Rückgabe von Beweismaterialien und Mehrausferti-
gungen von Protokollen

21.08.2013 26.08.2013 --

148 Entwurf Abschlussbericht – Dritter Teil: Bewertun-
gen des Untersuchungsausschusses

22.08.2013 26.08.2013 --

149 Schreiben des Staatssekretärs Wolf vom 22. August
2013
Berichterstattung der „Zeit- online“ vom 21. August
2013 unter dem Titel „Traum von einer Drohne“

23.08.2013 26.08.2013 --

150 Schreiben der EURO HAWK GmbH vom
16. August 2013
Einstufung von Dokumenten

23.08.2013 26.08.2013 --

151 Entwurf Abschlussbericht Erster Teil Gang des Ver-
fahrens, Zweiter Teil ermittelte Tatsachen

23.08.2013 26.08.2013 --

152 Entwurf Bericht Vierter Teil Sondervotum (SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

23.08.2013 26.08.2013 --

153 Entwurf Bericht Vierter Teil Sondervotum (DIE
LINKE.)

26.08.2013 26.08.2013

Beratungs-
unterlage

17/…
Art, Datum, Inhalt

Eingang/
Verteilung

am
Beschlossen/

Behandelt am

Soweit
Beweis-

beschluss:
BB 17-

Drucksache 17/14650 – 240 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
III

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Drucksache 17/14650 – 270 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 273 – Drucksache 17/14650

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 275 – Drucksache 17/14650

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Drucksache 17/14650 – 282 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 295 – Drucksache 17/14650

V. Verzeichnis der Sitzungen

Nr. Datum Art Gegenstand Dauer (in Minuten)
Protokoll-

umfang

1 26.6.13 nicht öffentlich Konstituierung, Beratungssitzung 45 6

2 22.7.13 nicht öffentlich Beratungssitzung 36 8

3 22.7.13 nicht öffentlich Beratungssitzung 5 2

3 22.7.13 öffentlich Zeugenvernehmung
– General a. D Wolfgang Schneiderhan

– BM a. D. Rudolf Albert Scharping

– BM a. D. Dr. Franz-Josef Jung, MdB

370 72

4 23.7.13 nicht öffentlich Beratungssitzung 6 2

4 23.7.13 öffentlich Zeugenvernehmung
– LTRDir Rüdiger Knöpfel

– DirWTD Wolfgang Steiger

– Oswald Böhm

– PräsBAAINBw Harald Stein

668 155

5 24.7.13 öffentlich Zeugenvernehmung
– MRn Angelika Bauch

– MD Detlef Selhausen

– DirWTD a. D.Wolfgang Storz

529 115

6 29.7.13 öffentlich Zeugenvernehmung
– Bernhard Gerwert

– Janis G. Pamiljans

– StS Werner Gatzer

– MD Dr. Paul Jansen

679 152

7 30.7.13 öffentlich Zeugenvernehmung
– StS Stéphane Beemelmans

– StS Rüdiger Wolf

– General Volker Wieker

732 188

8 31.7.13 nicht öffentlich Beratungssitzung 4 1

8 31.7.13 öffentlich Zeugenvernehmung
– BM Dr. Thomas de Maizière, MdB

447 117

9 26.8.13 nicht öffentlich Beratungssitzung 30 14

Drucksache 17/14650 – 296 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

SeiteVI. Verzeichnis beigefügter Stenografischer Protokolle
Seite

1. Stenografisches Protokoll der 3. Sitzung über die Vernehmung
der Zeugen:
General a. D. Wolfgang Schneiderhan, Bundesminister a. D.
Rudolf Scharping und Bundesminister a. D. Dr. Franz Josef
Jung, MdB, am 22. Juli 2013 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297

2. Stenografisches Protokoll der 4. Sitzung der Vernehmung
der Zeugen:
Leitender Technischer Regierungsdirektor Rüdiger Knöpfel,
Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung
der Bundeswehr, Direktor WTD Wolfgang Steiger, Wehrtech-
nische Dienststelle (WTD) 61, Oswald Böhm, ehem. Vor-
sitzender des Personalrates beim Bundesamt für Wehrtechnik
und Beschaffung und Harald Stein, Präsident des Bundesamtes
für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundes-
wehr am 23. Juli 2013 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389

3. Stenografisches Protokoll der 5. Sitzung über die Vernehmung
der Zeugen:
Ministerialrätin Angelika Bauch, Bundesrechnungshof, Ministerial-
direktor Detlef Selhausen, Bundesministerium der Verteidigung,
und Direktor des WTA a. D. Walter Storz, ehemaliger Dienst-
stellenleiter WTD 61, am 24. Juli 2013 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 555

4. Stenografisches Protokoll der 6. Sitzung über die Vernehmung
der Zeugen:
Bernhard Gerwert, Chief Executive Officer (CEO), Fa. EADS
Division Cassidian, Janis G. Pamiljans (Sector Vice President),
Fa. Northrop Grumman, Staatssekretär Werner Gatzer, Bundes-
ministerium der Finanzen und Ministerialdirektor Dr. Paul Jansen,
Bundesministerium der Verteidigung am 29. Juli 2013 . . . . . . . . . . . 689

5. Stenografisches Protokoll der 7. Sitzung über die Vernehmung
der Zeugen:
Staatssekretär Stéphane Beemelmans, Bundesministerium der
Verteidigung, Staatssekretär Rüdiger Wolf, Bundesministerium
der Verteidigung und General Volker Wieker, Generalinspekteur
der Bundeswehr am 30. Juli 2013 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 853

6. Stenografisches Protokoll der 8. Sitzung über die Vernehmung
des Zeugen:
Bundesminister der Verteidigung, Dr. Thomas de Maizière,
am 31. Juli 2013 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1053

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 297 – Drucksache 17/14650

Deutscher Bundestag
17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als
2. Untersuchungsausschuss
gem. Art. 45 a Abs. 2 GG

Protokoll Nr. 3
(Sitzungsteil Zeugen-

Vernehmungen, Öffentlich)
23. Juli 2013

Stenografisches Protokoll
- Endgültige Fassung* -

der 3. Sitzung
des Verteidigungsausschusses

als 2. Untersuchungsausschuss gem. Art. 45 a Abs. 2 GG
- zugleich 148. Sitzung des Verteidigungsausschusses -

am Montag, dem 22.07.2013, 9.30 Uhr
Paul-Löbe-Haus, Berlin

Vorsitz: Dr. h. c. Susanne Kastner, MdB (SPD)

Tagesordnung

Vernehmung von Zeugen, im Einzelnen:

- General a. D. Schneiderhan
gemäß Beweisbeschluss 17-106

- Bundesminister a. D. Rudolf Scharping
gemäß Beweisbeschluss 17-119

- Bundesminister a. D. Dr. Franz Josef Jung, MdB
gemäß Beweisbeschluss 17-120

Seite

1-72

* Hinweis:
Die Zeugen General a. D. Schneiderhan, Bundesminister a. D. Scharping und Bundesminister a. D. Dr.
Jung haben Einsicht in das Protokoll genommen. Die Korrekturwünsche der Zeugen Schneiderhan und
Scharping sind dem Protokoll als Anlagen 1 und 2 beigefügt. Der Zeuge Dr. Jung hat keine
Korrekturwünsche übermittelt.

Drucksache 17/14650 – 298 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

II

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 299 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

III

Drucksache 17/14650 – 300 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

IV

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 301 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

V

Drucksache 17/14650 – 302 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

VI

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 303 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

VII

Drucksache 17/14650 – 304 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

VIII

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 305 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 1
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

(Beginn: 10.01 Uhr)

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße
Sie sehr herzlich zu unserer dritten Sitzung
des Untersuchungsausschusses, die zu-
gleich unsere 148. Sitzung des Verteidi-
gungsausschusses ist. Herr General
Schneiderhan, ich begrüße ebenfalls Sie
sehr herzlich im Namen des Ausschusses.

Ich komme zum einzigen Punkt der Ta-
gesordnung:

Vernehmung von Zeugen, im Ein-
zelnen:

- General a. D. Wolfgang
Schneiderhan
gemäß Beweisbeschluss 17-106

- Bundesminister a. D. Rudolf
Scharping
gemäß Beweisbeschluss 17-119

- Bundesminister a. D. Dr. Franz
Josef Jung, MdB
gemäß Beweisbeschluss 17-120

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie Sie
der Tagesordnung entnehmen können, ste-
hen heute insgesamt drei Zeugenverneh-
mungen in öffentlicher Sitzung an.

Zunächst gebe ich einige allgemeine
Hinweise. Die zahlreichen Vertreter der Me-
dien weise ich darauf hin, dass keine Film-,
Ton-, Bild- und Fernsehaufnahmen gemacht
werden dürfen. Gleiches gilt für die auf der
Tribüne befindlichen Besucher. Ich bitte Sie
daher darum, sämtliche Film-, Ton- und Bild-
aufnahmegeräte aus dem Sitzungssaal zu
entfernen.

Die Vertreter der Medien und die Besu-
cher weise ich darauf hin, dass die Benut-
zung von Handys nicht gestattet ist. Die
Handys müssen während der gesamten
Sitzung ausgeschaltet bleiben. Auch andere
Formen der drahtlosen Kommunikation sind
unzulässig.

Wir vernehmen die Zeugen in der folgen-
den Reihenfolge: General a. D. Wolfgang
Schneiderhan, Bundesminister a. D. Rudolf
Scharping und Bundesminister a. D. Franz-
Josef Jung.

Ich werde nach der Vernehmung des
Zeugen General Schneiderhan die Sitzung
für zehn Minuten unterbrechen, um Ihnen
Gelegenheit für Fotos und Presseerklärun-
gen zu geben. Danach wird die Sitzung mit
der Vernehmung des Zeugen Bundesminis-
ter a. D. Rudolf Scharping fortgesetzt.

Für den Fall, dass Teile der Vernehmun-
gen als Geheim eingestuft werden, weise ich
bereits an dieser Stelle ausdrücklich auf die
Geheimschutzordnung des Deutschen Bun-
destages hin. Ich möchte zudem darauf hin-
weisen, dass nach § 7 der Geheimschutz-
ordnung des Deutschen Bundestages eine
entsprechende Beschlussfassung herbeige-
führt werden muss, wenn über Verschluss-
sachen der Geheimhaltung VS-Vertraulich
und höher beraten wird.

Ich möchte in diesem Zusammenhang da-
ran erinnern, dass im Falle einer Einstufung
der Vernehmung mit einem Geheimhal-
tungsgrad VS-Vertraulich oder höher ein
Wechsel des Sitzungssaals erforderlich wird.
Daher bitte ich Sie, etwaige Vernehmungs-
teile, die einer entsprechenden Einstufung
bedürfen, gesammelt am Ende der Verneh-
mung zur Sprache zu bringen. Ein unter Um-
ständen erforderlich eingestufter Verneh-
mungsteil wird im Sitzungssaal 2.300 des
Paul-Löbe-Hauses durchgeführt.

Ferner weise ich darauf hin, dass Vor-
halte aus eingestuften Akten nur in einer
ebenso eingestuften Sitzung zulässig sind.
Im Falle eines Vorhalts möchte ich daran
erinnern, dass die beigezogene Unterlage
dem Zeugen durch den Fragesteller - durch
den Fragesteller! - vorzulegen ist. Ich bitte
aber auch für das Protokoll um eine klare
Benennung der Fundstelle mitsamt der MAT-
Nummer.

Im Falle der Einstufung der Sitzung wird
die Wortprotokollierung grundsätzlich weiter-
geführt. Bestehen hierzu Einwände? - Das ist
nicht der Fall. Damit ist eine durchgehende
Wortprotokollierung beschlossen.

Dann kommen wir jetzt zur Zeugenver-
nehmung. Wir beginnen mit der Vernehmung
des Zeugen General a. D. Wolfgang
Schneiderhan.

Vernehmung des Zeugen
Wolfgang Schneiderhan

Sehr geehrter Herr General, ich weise Sie
darauf hin, dass die Sitzung aufgezeichnet
wird. Dies dient ausschließlich dem Zweck,
die stenografischen Aufzeichnungen der
Sitzungen zu erleichtern. Die Aufnahme wird
später gelöscht. Das Protokoll dieser Ver-
nehmung wird Ihnen nach Fertigstellung
zugestellt. Sie haben anschließend die Mög-
lichkeit, Korrekturen und Ergänzungen vor-
zunehmen.

Drucksache 17/14650 – 306 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 2
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Herr General Schneiderhan, Sie sind mit
Schreiben vom 27. Juni 2013 geladen wor-
den. Das Beweisthema ist Ihnen mit dem
Untersuchungsauftrag und dem Beweisbe-
schluss zugegangen. Der Beweisbeschluss
ist Ihnen und den Mitgliedern bekannt. Auf
eine Verlesung kann daher verzichtet wer-
den. Die erforderliche Aussagegenehmigung
liegt vor.

Wir kommen jetzt zu den üblichen Beleh-
rungen. Herr General, nach den Vorschriften
der Strafprozessordnung, die im Untersu-
chungsverfahren sinngemäß Anwendung
finden, und den Vorschriften zur Regelung
des Rechts der Untersuchungsausschüsse
des Deutschen Bundestages - im Folgenden
verwende ich die Abkürzung PUAG - muss
ich Sie zunächst belehren. Sie sind als
Zeuge verpflichtet, die Wahrheit zu sagen.
Ihre Aussagen müssen daher richtig und
vollständig sein. Sie dürfen nichts weglassen,
was zur Sache gehört, und nichts hinzufü-
gen, was der Wahrheit widerspricht.

Ich habe Sie außerdem auf die möglichen
strafrechtlichen Folgen eines Verstoßes
gegen die Wahrheitspflicht hinzuweisen.
Danach kann derjenige, der vor dem Unter-
suchungsausschuss uneidlich falsch aus-
sagt, gemäß § 153 des Strafgesetzbuches
mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu
fünf Jahren bestraft werden.

Nach § 22 PUAG können Sie die Aus-
kunft auf solche Fragen verweigern, deren
Beantwortung Sie selbst oder Personen, die
im Sinne des § 52 Abs. 1 Strafprozessord-
nung Ihre Angehörigen sind, in die Gefahr
bringen würde, einer Untersuchung nach
gesetzlich geordnetem Verfahren ausgesetzt
zu werden.

Sollten Teile Ihrer Aussage aus Gründen
des Schutzes von Dienst-, Privat- und Ge-
schäftsgeheimnissen nur in einer nach der
Geheimschutzordnung des Bundestages
eingestuften Sitzung möglich sein, bitte ich
Sie um einen Hinweis, damit eine entspre-
chende Einstufung erfolgen kann.

Nachdem ich den Gegenstand der Ver-
nehmung erläutert, Sie zur Wahrheit ermahnt
und belehrt habe, komme ich nun zur Ver-
nehmung zur Person. Herr General Schnei-
derhan, bitte nennen Sie uns Ihren Namen,
Ihren Familienstand und Ihren Wohnort.

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Mein
Name ist Wolfgang Schneiderhan. Ich bin
verheiratet und wohne in Bad Soden am
Taunus.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön. - Ich komme nun zur Verneh-
mung zur Sache. Herr General Schneider-
han, zunächst gebe ich Ihnen Gelegenheit,
dem Ausschuss das im Zusammenhang
darzulegen, was Ihnen von dem Gegenstand
der Vernehmung bekannt ist.

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Vielen
Dank. - Frau Vorsitzende! Meine Damen und
Herren Abgeordnete! Herr Wehrbeauftragter!
Ich bedanke mich für die Gelegenheit, zu
Beginn einige zusammenfassende Bemer-
kungen zum Untersuchungsgegenstand zu
machen. Ich habe mein Gedächtnis nach fast
vier Jahren Abwesenheit aus dem Amt auf-
gefrischt anhand des Ad-hoc-Berichtes, der
Ihnen vorgelegt wurde, der Ad-hoc-Arbeits-
gruppe vom 5. Juni 2013. Das war die Ar-
beitsgrundlage, anhand derer ich mich vorbe-
reitet habe.

Wenn Sie gestatten, würde ich gerne mit
Bemerkungen zu Zuständigkeiten und Ver-
fahren anfangen. Im Zuge des Transforma-
tionsprozesses der Bundeswehr, der formal
eingeleitet wurde durch das Bundeskabinett
am 14.06.2000, unter dem Stichwort, das Sie
alle kennen: Erneuerung der Bundeswehr
von Grund auf - - Vor diesem Hintergrund
wurden auch die Verfahren zur Beschaffung,
vor allem das Zusammenwirken von Be-
darfsträgern, also Streitkräfte vertreten durch
den Generalinspekteur, und Bedarfsdeckern,
das heißt die zivile Seite des Hauses - Rüs-
tungsdirektor, Abteilung Haushalt, Wehr-
verwaltung -, geregelt. Es wurde geregelt
durch das, was wir Customer Product Ma-
nagement genannt haben, CPM. Und in die-
sem CPM wurde das Beschaffungswesen
strukturiert und in Phasen aufgeteilt, und den
Phasen wurden Verantwortungen zugeord-
net. Mir erscheint das sehr wichtig im Ge-
samtverlauf.

Die Verantwortung des Generalinspek-
teurs wurde in dem Bereich Bundeswehrpla-
nung nach der Zielbildung festgelegt auf das,
was wir Fähigkeitsanalyse nennen. Und dazu
wurden damals im Ministerium die Integrier-
ten Arbeitsgruppen „Fähigkeitsanalysen in
der Bundeswehr“, Abkürzung IAGFA, einge-
führt und etabliert, und zwar in der Verant-
wortung des Generalinspekteurs in der Un-
terverantwortung des damaligen Führungs-
stabs der Streitkräfte, Abteilung Planung,
Abteilung VI.

Was war neu? Neu war, dass in diesem
Prozess zum ersten Mal alle relevanten Be-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 307 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 3
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

reiche mit sogenannten Bevollmächtigten
zusammengebunden waren. Das sind die
Bevollmächtigten der Inspekteure gewesen.
Das waren die Bevollmächtigten des Abtei-
lungsleiters Rüstung, Haushalt, Wehrver-
waltung, IT-Verwaltung. All diese Bereiche
sind in den sogenannten IAGFAs im Pla-
nungsprozess zusammengebunden worden.
Und damit ist eine Zusammenbindung von
Bedarfsträgern und Bedarfsdeckern erstma-
lig entstanden. Auf dem Stand dieses CPM,
der dann nachgebessert wurde in den Jahren
2004 und 2006, haben wir die damals not-
wendigen Phasenpapiere für den Untersu-
chungsgegenstand entwickelt.

Die zweite Vorbemerkung gilt dem
Transformationsprozess. In diesem Prozess
haben wir die Bundeswehrplanung überge-
leitet von dem, was wir bisher konzentriert
hatten auf die Beschaffung von Großgeräten
oder Waffensystemen, in die Gedankenwelt,
dass wir uns in diesem Planungsprozess mit
Fähigkeiten beschäftigen müssen, die die
Streitkräfte in dem zukünftigen Aufgaben-
spektrum haben. Im Mittelpunkt der Bundes-
wehrplanung stand also nicht mehr ein spe-
zifisch definiertes Projekt - Gerät, Großgerät
oder Waffensystem -, sondern die Fähigkeit,
die die Bundeswehr haben muss. Dabei sind
dann diese Ihnen bekannten Fähigkeiten
entwickelt worden, die ich hier nicht weiter
ausführen möchte. Die gehen von Führung
bis zu Überlebensfähigkeit. Und eine Katego-
rie dieser Fähigkeiten ist als Nachrichten-
gewinnung und Aufklärung definiert worden.
Und um diese Fähigkeit geht es ja in der
Diskussion.

Die letzte Vorbemerkung: In der Analyse-
phase, für die der Generalinspekteur zustän-
dig ist, entstehen dann im Grunde zwei Zen-
traldokumente. Die sind im CPM festgelegt.
Das ist die sogenannte Systemfähigkeitsfor-
derung, SFF abgekürzt. Nach einem weite-
ren Analyseprozess folgt dann die „Abschlie-
ßende funktionale Forderung“. Und wenn es
notwendig ist, gibt es Zwischenentscheide zu
den funktionalen Forderungen.

Wenn diese Dokumente gebilligt sind,
meine Damen und Herren, dann geht das in
die Phase Projektierung. Die Phase Projek-
tierung beginnt dann in der Verantwortung
der Abteilung Rüstung des IT-Stabes der
Wehrverwaltung, je nachdem, wo es ange-
siedelt wird. Aber die Projektierung geht aus
der Verantwortung des Generalinspekteurs
heraus. Und wenn ich den Prozess dann
noch mal zu Ende führe, kommt dann nach

der Projektierung die Phase Einführung,
auch in der Zuständigkeit Rüstung, Wehr-
verwaltung, IT-Direktor, je nachdem. Und am
Schluss folgt die Phase Nutzung. Und das ist
dann der Organisationsbereich oder die Teil-
streitkraft, bei dem bzw. der das Projekt an-
gesiedelt ist.

Es erscheint mir wichtig, darauf hinzuwei-
sen, dass die integrierten Arbeitsgruppen in
der Phase Projektierung natürlich weiterhin
zusammenarbeiten, um steuernde Maßnah-
men zu entwickeln in der Laufzeit. Also, die-
ses integrierte System, das ich vorher ge-
schildert habe, ist auch wirksam in der Phase
Projektierung.

Zur Fähigkeitsanalyse „Nachrichten-
gewinnung und Aufklärung“ ein paar wenige
Bemerkungen: Diese Fähigkeit ist unterteilt,
wie die anderen auch, in Teilfähigkeiten. Das
ist einmal die Nachrichtengewinnung und die
weltweite Aufklärung als eine Teilfähigkeit.
Die wird abgedeckt durch Satelliten, SAR-
Lupe als Stichwort; mehr muss ich dazu nicht
sagen. Dann gibt es die Aufklärung im Ein-
satzgebiet selbst und die zentrale Lage-
beurteilung. Dazu gehören dann die takti-
schen Aufklärungsmittel, die Sie kennen.
Und schließlich geht es um die weiträumige
Aufklärung. Und diese weiträumige Aufklä-
rung ist genau die Teilfähigkeit in dem gro-
ßen Thema Nachrichtengewinnung und Auf-
klärung, um die es beim Euro Hawk geht.

Für die luftgestützte, signalerfassende,
weiträumige Aufklärung hatte die Bundes-
wehr seit 1972 die Breguet Atlantic zur Ver-
fügung, die vier Muster, die Sie kennen, in
der Signal-Intelligence-Version. Dieses Sys-
tem hatte sowohl technisch als auch in ope-
rativer Hinsicht natürliche Mängel. Das hängt
mit dem Alter des Systems schlechthin zu-
sammen. Man hatte zunächst geplant, dieses
System länger in Betrieb zu halten und bis
2010 auch noch eine Kampfwertanpassung
bei der Breguet Atlantic zu machen. Das ist
dann verworfen worden, weil es für die
Breguet Atlantic ab 2010 keine wirtschaft-
liche Versorgungsmöglichkeit durch die In-
dustrie mehr gibt und die Nachrüstungszeit,
die 2007 fertig gewesen wäre, bis zum Aus-
laufen 2010 völlig unwirtschaftlich gewesen
wäre, für die Investitionen über 200 Millionen
an Nachrüstung. Und deshalb wurde ent-
schieden: Es gibt keine Kampfwertanpas-
sung für die Breguet Atlantic.

Das erste System ist 2004 ausgephast
worden, das letzte 2010. In dem Bericht, den
ich zu Beginn als Gedächtnisstütze erwähnt

Drucksache 17/14650 – 308 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 4
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

habe, steht ja, dass der Rechnungshof schon
2005 nachdrücklich darauf hingewiesen hat,
dass „das … System so schnell wie mög-
lich … außer Dienst“ gestellt werden muss.
Und das ist genau der Hintergrund, weshalb
die Integrierte Arbeitsgruppe sich entschlos-
sen hat, nach den Regeln des damals gülti-
gen CPM im März 2000 eine sogenannte
Systemfähigkeitsforderung anzuordnen, und
die habe ich am 18. August 2002 unter-
schrieben und dem zuständigen Staats-
sekretär zugeleitet.

Die Fähigkeitsansprüche wurden aus der
Konzeption der Bundeswehr abgeleitet, da-
mals nur im Entwurf da. Das war die Über-
gangsphase, die ich auch zu Beginn be-
schrieben habe. Die Forderung, die abgelei-
tet wurde, hieß: kontinuierliche, verzugsarme
strategische Lageinformation für die poli-
tische Leitung und die militärische Führung -
ich denke, beides ist wichtig - im Spektrum
von Krisenfrüherkennung, Krisenvorsorge,
Krisenmanagement, einschließlich der Pla-
nung und Vorbereitung von militärischen
Einsätzen, Verfolgen und Beobachten geg-
nerischer Gruppierungen, Verlegung und
Rückverlegung eigener Kräfte, und es ging
hin bis zur Erfassung von Schäden in Kata-
strophenfällen. Ich glaube, da ist der ressort-
übergreifende Ansatz dieser Fähigkeit auch
erkennbar.

In den Ableitungen, die in der SFF ge-
macht wurden, finden wir den Bezug zum
strategischen Konzept der NATO, zu den
Streitkräftezielen der NATO, zur Defence
Capabilities Initiative. Und schließlich finden
wir auch den Bezug zur Europäischen Union,
angelehnt an das European Headline Goal,
das zu diesem Zeitpunkt galt, später dann
die Europäische Sicherheitsstrategie. Das
Ziel war, eine eigenständige politische und
militärische Urteils-, Entscheidungs- und
Handlungsfähigkeit im gesamten Einsatz-
spektrum sicherzustellen und damit eben
auch die Voraussetzungen für die gleichbe-
rechtigte Teilnahme am Informationsaus-
tausch mit Partnern zu schaffen. Und so
wurde die Beschaffung eines luftgestützten,
signalerfassenden Systems empfohlen. Die
Aufklärungskomponenten sollten in nationa-
ler Verfügungsgewalt sein. Das hängt mit
dem direkten Zugriff und der Steuerung zu-
sammen. Das hängt auch mit dem ungefil-
terten Zugriff auf die Rohdaten zusammen.
Das waren die Überlegungen.

Nicht betrachtet in der SFF haben wir die
bodengestützte und seegestützte Aufklärung,

weil die nicht weiträumig war, dem Anspruch
nicht genügte, weil sie tageszeitabhängig
und wetterabhängig war. Die SAR-Lupe als
Radarsatellitensystem ist eine andere
Klasse. Die wurde in der SFF natürlich auch
nicht erwähnt und nicht behandelt, weil sie in
eine andere Kategorie gehört.

Zum Träger. In der SFF wurde nur aus-
geführt: aus großer Höhe - das hat mit der
Abstrahlung, der Sicherheit und der Erfas-
sung zu tun -, lange Stehzeit. Und es wurde
allgemein formuliert, weit ins Interessen-,
Krisen- und Einsatzgebiet hineinwirken zu
können. Ob bemannt oder unbemannt,
wurde in der SFF noch offengehalten. Aller-
dings wurde in der SFF auch schon erwähnt,
dass der Träger sich in die vorhandenen
zivilen und militärischen Luftraumstrukturen
einordnen können muss und dafür mit den
erforderlichen technischen Einrichtungen
versehen sein sollte. Das geht unter ande-
rem auf die Studien zurück, die im Vorfeld
der SFF schon angelegt waren und deren
Ergebnisse wir ausgenutzt hatten.

In der Systematik des CPM folgte dann
am 17.08.2004, gebilligt durch den Staats-
sekretär am 27.08., das nächste Phasen-
dokument, und das ist die „Abschließende
funktionale Forderung“ für das System „Sig-
nalerfassende, luftgestützte, weiträumige
Überwachung und Aufklärung“. In diesem
Phasendokument, AF genannt, wurden die
Elemente aus der SFF von 2002 teilweise
präzisiert, teilweise ergänzt, unter anderem
um die Idee, dieses System in das System
„Vernetzte Operationsführung“ einzubauen.
Als ergänzende Aufgabe - das scheint mir
auch wichtig zu sein - wurde eine ressort-
übergreifende Nachrichtengewinnung und
Aufklärung definiert, auch für Hilfs- und Ret-
tungsaktionen, also zum Beispiel Erfassen
und Peilen von Notsignalen. Das war in der
SFF noch nicht angelegt.

Wir haben in der AF präzisieren müssen:
mindestens 3 000 Kilometer entferntes Ein-
satzgebiet. Das hängt dann auch mit der
NATO-Strategie zusammen. Wir haben die
Stehzeit im Operationsgebiet definiert: 24
Stunden. Wir haben die Höhen definiert, um
die Abschottungen zu minimieren. Und es
war die Forderung erhoben worden, mög-
lichst viele Funktionen zu automatisieren.
Das waren die Präzisierungen, die in der AF
im Gegensatz zur SFF dann entstanden sind.

Entscheidend ist für den Generalinspek-
teur in der Phase, dass in der „Abschließen-
den funktionalen Forderung“ Lösungswege

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 309 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 5
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

untersucht werden müssen und ein Lö-
sungsweg auch vorgeschlagen werden
muss. Das ist der Charakter des Dokuments.
Am Ende der Überlegungen wurden dann
zwei Lösungswege für Trägersysteme ver-
gleichend bewertet. Das ist einmal ein kom-
merzielles Geschäftsflugzeug gewesen und
eben auf der anderen Seite das High Altitude
Long Endurance UAV, also Euro Hawk, in
Verbindung mit den zu erwartenden Sys-
temleistungen und der Integration der noch
zu entwickelnden Seeking-Sonar-Technik,
die Sie kennen.

Realisierungsrisiken wurden in der AF
angesprochen. Das ist die Frage der Träger,
der Missionsausrüstung für den Träger. Es
wurde aber auch die Missionsausrüstung am
Boden diskutiert. Wir hatten eine Lebens-
dauer für das Projekt von 20 Jahren zu-
grunde gelegt, und aufgrund dieser 20 Jahre
Nutzungszeit wurden die Lebenshaltungs-
kosten für das System vergleichend - Flug-
zeug und unbemannt - gemacht. Und das
Realisierungsrisiko für das unbemannte
Projekt erschien uns damals nur geringfügig
höher zu sein als beim Flugzeug, was ja von
der Integration der Sensorik auch noch
Geldaufwendungen und unbekanntes Terrain
bedeutet hätte. Letztendlich war dann die
Entscheidung für unbemannt.

Um nun die damals schon erkannten Ri-
siken beherrschbar zu machen, wurde ent-
schieden, dass ein Full Scale Demonstrator
gebaut wird, als Erstes. Und die zu entwi-
ckelnden Sensoriksysteme oder Sensorsys-
teme sollten in einem schrittweisen Phasen-
projekt dann in den Träger integriert werden,
wenn die Entwicklungsstände das jeweils
zulassen. Das sind dann die Optionen, die
Sie ja auch kennen.

Die funktionalen Forderungen, die aufge-
stellt wurden, wurden damals zunächst in
einem sehr groben Raster mit Muss-, Kann-
und Sollforderungen in der AF abgebildet.
Und das, meine Damen und Herren, verehrte
Frau Vorsitzende, erfolgte dann in sehr enger
Abstimmung zwischen BMVg, dem Ver-
kehrsministerium und der Behörde, die für
Flugsicherheit zuständig ist. So wurde der
Raster verfeinert und entwickelt. Für den
Demonstrator, den Full Scale Demonstrator,
wurde „Kann“ entschieden. Sein Betrieb, so
die AF, soll im kontrollierten Luftraum als
durchführbar gesehen werden. Und für Start
und Landungen haben wir in der AF schon
den Gedanken gehabt, dass zusätzliche
Flugbeschränkungen nötig werden würden.

Und für den Demonstrator wurde auch ein
zusätzliches Radarsystem gefordert, das mit
zivilen und militärischen Gegenständen zu-
sammenarbeiten können sollte; so hatte es
die AF vorgesehen.

Für die Serie wurde ein Soll festgelegt.
Das Soll bedeutet: „wenn technisch machbar
und finanzierbar“. Denn es war flugbetrieblich
gesehen Neuland, das betreten wurde. Das
war bei der Erstellung der AF klar, dass wir
Neuland betreten wollen und müssen. - Das
zu dem Teil.

Für mich war wichtig, dass wir zunächst
einmal den Weg gegangen sind, für die Pro-
jektierungsphase einen Demonstrator vorzu-
sehen und nicht in Serie zu gehen, und dass
wir bei der Entwicklung von Komponenten
der Seeking-Sensor-Systeme unter Anwen-
dung von bekannten Technologien mit der
Integration in einen verfügbaren Träger aus-
gehen wollten und damit im Grunde eine
ganz umfassende Neuentwicklung des Ge-
samtsystems nicht notwendig war.

Um es noch einmal zu sagen: Das Sys-
tem soll die signalerfassende Überwachung
und Aufklärung für einen Einsatzraum per-
manent sicherstellen - das heißt sieben
Tage, 24 Stunden -, für zwei Einsatzräume
gleichzeitig regelmäßig, aber nicht lückenlos,
und das dann für mehrere Monate. Es wurde
gefordert, dass die Ausbildung in Deutsch-
land stattzufinden habe. Und so entwickelte
sich dann die Forderung nach fünf Flugseg-
menten. Die klassische Aufteilung: Drei sind
im Einsatz, einer ist in der Wartung und einer
wird als Ausbilder benutzt bzw. in Reserve
gehalten - das klassische System plus zwei
Bodensegmente. Und das wurde in den
Bundeswehrplan 2005 dann durch den Ge-
neralinspekteur eingestellt und im 38. Fi-
nanzplan auch abgebildet. - So weit die Tat-
sachen zur „Abschließenden funktionalen
Forderung“.

Es wurde dann 2006, am 13.11., von mir
eine erste Zwischenentscheidung zur „Ab-
schließenden funktionalen Forderung“ ge-
zeichnet und am 12.12. vom Staatssekretär
gebilligt. Diese erste Zwischenentscheidung
wurde notwendig, weil Programmverzöge-
rungen und Kostensteigerungen angefallen
sind, und die müssen nach CPM dann in
einer solchen ersten Zwischenentscheidung
erfasst und vorgelegt werden, um den Pro-
grammverlauf neu zu bewerten und zu ge-
wichten und Risiken abzuleiten.

Bei der Präzisierung ging es zunächst
einmal um interne Kommunikation im System

Drucksache 17/14650 – 310 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 6
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

selbst, es ging um den Verbund Nachrich-
tengewinnung und Aufklärung, die Frage der
Kooperation mit Partnern. Und damals war
noch relevant, was dann später nicht mehr
relevant war: der Einbau in das gemeinsame
Auswertungssystem der technischen und
elektronischen Aufklärung, GAST als Abkür-
zung, das dann 2008 eingestellt wurde.

Die Kostensteigerung wurde erfasst, und
man musste eben zur Kenntnis nehmen,
dass wir im Vergleich zur allgemeinen Forde-
rung ein höheres Realisierungsrisiko mit
Blick auf die Musterzulassung erkennen
konnten und damit eben auch höhere finan-
zielle und zeitliche Risiken ableiten mussten.
Das hing, soweit ich das damals mitverfolgen
konnte, mit den internationalen Zulassungs-
vorschriften zusammen, die noch in Be-
arbeitung waren. Also, das war die Begrün-
dung für die erste Zwischenentscheidung.

Ich habe damals, glaube ich, formuliert,
dass diese Faktoren, die ich gerade skizziert
habe, in der Projektierung, Einführung und
Nutzung des Systems ein gewisses zeitliches
und damit einhergehendes finanzielles Risiko
enthalten. Es bestand aber die Aussicht,
dass sich über die Erfahrung, die in der Ver-
handlung, in der Zusammenarbeit entstehen
würde, das Risiko dann auch reduzieren
würde. - Das war die Zwischenentscheidung
2006.

Und schließlich wurde dann am 31.01.
nach parlamentarischer Billigung in Überein-
stimmung mit dem Haushaltsausschuss auch
einvernehmlich, denke ich, mit den Bemer-
kungen des Bundesrechnungshofes zu die-
sem Zeitpunkt, 2005 - - wurde dann 2007 der
Vertragsabschluss zwischen dem BWB da-
mals und der Firma EuroHawk getätigt.

Die IAGFA hat das Projekt natürlich wei-
ter begleitet. Und dann kamen die Ände-
rungsverträge, die Sie kennen - auf die brau-
che ich nicht einzugehen; die hängen ja alle
mit den Veränderungen zusammen -, der
dritte Änderungsvertrag zum Entwicklungs-
vertrag. Eine zweite Zwischenentscheidung
wurde notwendig. Die wurde von mir noch in
Auftrag gegeben, aber ich habe sie nicht
mehr bis zum Ende erleben können. Das
heißt, die war noch in der Mitzeichnung, als
meine Amtszeit beendet war. Insofern weiß
ich nicht, was aus der zweiten Zwischenent-
scheidung geworden ist, und ich kenne auch
nicht deren Inhalt.

Aber es war uns damals klar, als die
zweite Zwischenentscheidung angelegt
wurde, dass wir Lösungen suchen müssen,

die die Lücke zwischen der Außerdienststel-
lung der letzten Breguet Atlantic SIGINT und
dem Zulauf des neuen Systems, das heißt
Aufklärungslücke - - wie man das schließen
kann, weil das natürlich eine Fähigkeit ist, die
essenziell ist für Streitkräfte im Einsatz. Das
brauche ich hier nicht auszuführen. Also,
diese Lücke musste natürlich aus operativer
Sicht so kurz wie möglich gehalten werden,
und dazu war es notwendig, Lösungswege
zu finden. Um vorgezogene Nutzung des Full
Scale Demonstrators und Ähnliches haben
wir damals diskutiert. Aber, wie gesagt, ich
kenne den Abschluss der zweiten Zwischen-
entscheidung nicht mehr.

Wenn ich zum Schluss sagen darf, wie
ich das Projekt am Ende meiner Dienstzeit
gesehen habe: Die Konzeption der Bundes-
wehr stellt das Fähigkeitsprofil eindeutig auf.
Die Fähigkeitskategorie „Nachrichtengewin-
nung und Aufklärung“ ist eine Schlüssel-
fähigkeit geworden für die politische Leitung
und die militärische Führung, kontinuierliche
verzugsarme Lageinformationen in Regionen
von besonderem Interesse, aber auch in
potenziellen oder in aktuellen Einsatzgebie-
ten. Signalerfassende luftgestützte weiträu-
mige Aufklärung mit elektromagnetischem
System trägt genau dazu bei, diese Fähig-
keiten zur Entscheidungsfindung im poli-
tischen und militärischen Raum zu decken.

Die national gewonnenen Erkenntnisse
geben dann eben auch die Möglichkeiten,
eine souveräne Urteilsentscheidung, Hand-
lungsfähigkeit anzusiedeln, souverän in der
Bundesrepublik Deutschland, aber letztend-
lich auch als Partner auf der Augenhöhe mit
den anderen in der NATO oder in der EU.
Und damals haben wir eben auch noch ge-
sagt: Das dient nachhaltig zum Schutz des-
sen, was wir damals Eingreif- und Stabilisie-
rungsoperation genannt haben. Die Begriff-
lichkeit hat sich ja geändert.

Das ist der Stand, mit dem ich sozusagen
aus dem Amt geschieden bin und das Projekt
Euro Hawk und weiträumige luftgestützte
signalerfassende Aufklärung auch verlassen
habe. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerk-
samkeit.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Vielen Dank, Herr Schneiderhan, für Ihre
Ausführungen. - Ich werde jetzt den Mitglie-
dern nach der sogenannten Berliner Stunde -
das kennen Sie alle - das Wort erteilen. Da
hat die CDU/CSU 23 Minuten, die SPD 14,
die FDP 9, die Linke 7 und Bündnis 90/Die

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 311 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 7
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Grünen ebenfalls 7 Minuten. - Das Wort hat
die CDU/CSU.

Markus Grübel (CDU/CSU): Herzlichen
Dank, Herr General Schneiderhan. Sie ha-
ben ja schon ausführlich und im Zusammen-
hang eingeführt. Ich möchte ein paar Nach-
fragen insbesondere stellen.

Einmal, Sie haben ja im August 2002 die
Systemfähigkeitsforderung unterschrieben.
Warum hat man sich damals nicht für eine
marktverfügbare Lösung entschieden, son-
dern für eine Lösung, die erst entwickelt wer-
den musste mit allen Entwicklungsrisiken?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ant-
wort?

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Bitte schön.

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Die
marktverfügbaren Lösungen, deren Details
ich nicht mehr kenne - - kann ich jetzt nicht
schlüssig beantworten. Ich weiß nur, was
unsere Gedankenwelt war: dass wir den
Sprung hinkriegen müssen aus dem doch
sehr überschaubaren technischen Leistungs-
vermögen, das wir bis dahin in der Breguet
Atlantic angesiedelt hatten, eben die Frage:
Gelingt es uns auch technologisch, einen
Sprung zu machen, der eine lange Reich-
weite - - dieses System mit unseren Forde-
rungen verbindet? Und da war markttech-
nisch nichts verfügbar. Man hätte trotzdem
entwickeln müssen. Ob das nun die Einrüs-
tung in ein Flugzeug gewesen wäre oder
anderes Adäquates.

Markus Grübel (CDU/CSU): Dann eine
weitere Frage: Welche Erkenntnisse haben
Sie aus den Demonstrationsflügen 2003 des
Global Hawk gewonnen? Gab es dabei
Schwierigkeiten, und wie wurden diese De-
monstrationsflüge auf der Leitungsebene
bewertet?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Die
Bewertung der Demonstrationsflüge war
nicht in der Verantwortung, die ich damals
hatte. Wir haben sie insgesamt ausgetauscht
in den Gremien, die ich vorher genannt habe.
Im Übrigen habe ich vergessen, zu erwäh-
nen, dass wir auch einen Rüstungsrat hatten,
in dem die entscheidenden Leute auch zu-
sammen waren. Da wurde über diese Erfah-

rung berichtet. Aber alle waren getragen von
zwei Ideen: Erstens. Wir müssen diesen
Sprung schaffen, weil wir diese Fähigkeit
abdecken müssen in der Bundeswehr, und
zweitens war die gesamte Gedankenwelt so,
dass das auch leistbar sein wird, technolo-
gisch und auch finanziell.

Das war der Sachstand, mit dem wir da-
mals umgegangen sind. Das war natürlich
auch der Kenntnisstand, den wir damals
hatten. Probleme ja, aber bei welchem Rüs-
tungsprojekt hatten wir keine Probleme?
Deshalb war zu diesem Zeitpunkt, von dem
Sie sprechen, Herr Abgeordneter, die Er-
kenntnis oder der Wille eben da, dieses Pro-
jekt auch umzusetzen und hinzukriegen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Warum hat
man sich trotz aller Entwicklungsrisiken für
die Entwicklung und Beschaffung des Sys-
tems Euro Hawk aus den Vereinigten Staa-
ten entschieden? Wäre nicht auch denkbar
gewesen, eine europäische Eigenentwick-
lung zu machen? Wer hat die Entscheidung
getroffen? Welche militärischen Vorteile wa-
ren ausschlaggebend, dann auf Global
Hawk, also Euro Hawk, zu gehen als Träger-
system?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Wir
hatten gewisse Erfahrungen, wie schwierig
es ist, gerade im Bereich „Nachrichtengewin-
nung und Aufklärung“ europäisch zusam-
menzufinden, weil die nationalen Interessen
dann doch sehr dominant sind und der natio-
nale Zugriff zu Aufklärungssystemen natür-
lich eine ganz essenzielle Frage ist; ich habe
das vorher ja angedeutet. Insofern war auch
nichts in Sichtweite, wo man gesagt hätte:
Das geht nun europäisch einfacher und
schneller. - Das war einfach nicht zu sehen.
Ich fürchte, das ist heute noch so, dass ge-
rade in dem Bereich die nationalen Dinge
dann doch überwiegen. Wir haben so viele
Schwierigkeiten, die Sie alle kennen, mit
Zertifizierungsmodellen national; aber das ist
nicht das Thema.

Beim anderen war eben ein Träger ver-
fügbar, auf den man aufsetzen konnte. Die
Erfahrungen waren zu diesem Zeitpunkt - ich
reflektiere unseren Kenntnisstand von da-
mals - ja nicht so deprimierend, dass man
nicht hätte glauben können, man kann das
so schaffen. Wenn man dann noch die Kos-
ten - -

(Störgeräusche des Mikrofons)

Drucksache 17/14650 – 312 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 8
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr General, könnten Sie mal das Mikrofon
ausschalten und das andere nehmen? Viel-
leicht ist irgendwas nicht in Ordnung. Danke
schön.

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ja,
Entschuldigung. Vielleicht ist das besser. Tut
mir leid.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Dafür können Sie ja nichts.

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Zum
anderen haben wir eben auch die Kosten
verglichen. Wir wollten ja nur fünf Träger.
Das ist ja eine verdammt niedrige Zahl. Die
hat in sich ja schon ein Kostensteigerungs-
element, niedrige Produktionen. Und wenn
man das vergleicht mit dem, was auf der
amerikanischen Seite angedacht war - ich
spreche immer von diesem Zeitpunkt -, dann
wären wir eben bei 150 Systemen gewesen
insgesamt in dieser Kategorie „High Altitude
Long Endurance UAV“, und damit wären wir
in einer Produktionsweise - - Stückzahl-
bereich angekommen, von dem man von
vornherein eine gewisse Wirtschaftlichkeit
unterlegen konnte im Vergleich zum Start
einer Entwicklung, von der man nicht wusste,
wie am Ende die Stückzahlen aussehen
würden; denn keine europäische Nation wird
eine große Stückzahl brauchen. Das waren
alles Überlegungen, in einen im Grunde vor-
konfigurierten Träger mit einzusteigen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Sie haben
das Phasendokument „Abschließende funk-
tionale Forderung“ angesprochen, das in der
Amtszeit von Verteidigungsminister Struck
durch Staatssekretär Eickenboom unter-
zeichnet wurde. Wie waren Sie in dieses
Dokument und die Entscheidungen, die in
dem Dokument niedergelegt sind, eingebun-
den?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Die
„Abschließende funktionale Forderung“, Herr
Abgeordneter?

Markus Grübel (CDU/CSU): Ja.

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Das ist
meine Verantwortung. Das war mein Doku-
ment sozusagen, weil ich in der Phase zu-
ständig bin. Ich habe das erarbeitet. Was

heißt „ich“? Ich sollte nicht „ich“ sagen. Die
IAGFA hat es erarbeitet, der Stab hat es
verfeinert, dann wurde mir das zur Kenntnis
gegeben, dann habe ich es unterschrieben
und dann auch, bevor der Staatssekretär
abschließend entschieden hat, im Dialog
erläutert. Das ist ja ein Erläuterungsprozess,
den man dem Staatssekretär - - wo man
dann eintritt. Wie gesagt, wir hatten auch den
Rüstungsrat, vorher waren Gespräche mit
den Inspekteuren, mit den Bedarfsträgern,
die es am Ende in der Nutzungsphase hat-
ten, mit der Hauptabteilung Rüstung. All
diese Partner haben zusammengewirkt, aber
die Federführung lag bei mir, und ich habe
das sicherlich dem Staatssekretär Eicken-
boom auch erläutert, warum und weshalb,
und wir haben über verschiedene Elemente
auch diskutiert. Schließlich hat es der
Staatssekretär dann, soweit ich mich erin-
nere, ohne Änderungsauflagen auch gebil-
ligt.

Markus Grübel (CDU/CSU): War in der
Phase auch der Verteidigungsminister ein-
gebunden?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Also,
ich sage jetzt ja, dass wir im sogenannten
Kollegium über diese Phase gesprochen
haben. Aber ich kann mich jetzt nicht an ein
ganz konkretes Datum erinnern. Ich bin mir
aber ziemlich sicher, dass in einem der Kol-
legien auch diese Phase angesprochen
wurde, weil es ja, wie gesagt, der Einstieg in
einen Technologiesprung war, den wir ge-
wagt haben. Das war uns allen klar, und
insofern glaube ich schon, dass wir im Kolle-
gium darüber gesprochen haben. Ich kann
Ihnen aber nicht die Frage beantworten, ob
der Staatssekretär mit dem Minister gespro-
chen habe. Ich ja.

Markus Grübel (CDU/CSU): In dieser
„Abschließenden funktionalen Forderung“
oder in dem Zusammenhang wurde ja - wir
sind im Jahr 2004, Staatssekretär Eicken-
boom, Amtszeit Verteidigungsminister
Struck - aus dem Muss-Kriterium - muss am
allgemeinen Luftverkehr teilnehmen können -
ein Soll-Kriterium, also: soll am allgemeinen
Luftverkehr teilnehmen können. Sie haben
vorher ausgeführt: soweit technisch möglich
und finanzierbar. - Möglicherweise ist das der
Knackpunkt, an dem wir heute ganz erheb-
lich leiden, dass aus dem Muss-Kriterium ein
Soll-Kriterium geworden ist. Warum hat man

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 313 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 9
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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damals dieses Muss-Kriterium zum Soll-Kri-
terium heruntergestuft?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Das
war eine Gemeinschaftsleistung, nicht eine
einsame Leistung, sondern eine Gemein-
schaftsleistung unter Einbeziehung all derer,
die mit Luftverkehr zu tun haben. Ich sagte
vorher: Verkehrsministerium genauso wie die
deutsche Gesellschaft für Flugsicherheit. Der
entscheidende Unterschied war ja, dass wir
das für die Serie genommen haben und nicht
für den Demonstrator. Und die Frage war
eben, ob wir zu diesem Zeitpunkt das Sys-
tem nicht schon überfordern, wenn wir jetzt
die Muss-Forderung stellen, weil es einfach
Neuland war, bis hin zu den Luftverkehrs-
zulassungsvorschriften, die sich im Übrigen
in der Entwicklungsphase ja auch noch mal
geändert haben. Und insofern war es der Rat
von dem, was ich in der ersten Forderung
gestellt habe allgemein - das war ja noch
eine ganz allgemeine Forderung -, doch
mehr in einen realisierbaren Bereich hinein-
zugehen, aber schon mit einem ernstzuneh-
menden Soll.

Markus Grübel (CDU/CSU): Hätte ein
Beharren auf der Muss-Forderung damals
zum Abbruch des Projekts führen müssen,
oder hätte man das auch verhandeln
können?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Das
kann ich Ihnen nicht beantworten, Herr Ab-
geordneter. Das weiß ich nicht. Das lag gar
nicht an, weil es gab zu diesem Zeitpunkt
niemanden - auch nicht der Bundesrech-
nungshof -, der uns in irgendeiner Form, mir
in irgendeiner Form nahegebracht hätte: Ihr
müsst da aufhören, ihr könnt da nicht wei-
termachen. - Es war übereinstimmend die
Überzeugung da: Das ist lösbar. Die Pro-
bleme, die wir haben, sind lösbar. Das war
unsere Auffassung zum damaligen Zeitpunkt,
abgestützt dadurch, dass auch der Rech-
nungshof im Grunde uns bis hin zu der Billi-
gung dann vom Vertrag 2007 keine Hürden
aufgebaut hat im Bereich der Finanzierung,
sodass wir schon in einer Gemeinschafts-
leistung der Meinung waren: Das ist mach-
bar. Schwierigkeiten haben wir, aber es war
niemand zu diesem Zeitpunkt da, der uns in
irgendeiner Form gesagt hätte: Nein.

Die Entscheidung, von Muss auf Kann zu
gehen, war, wie gesagt, eine Entscheidung,
die jetzt nicht aus militärischer Sicht oder aus

nur rüstungswirtschaftlicher Sicht getroffen
wurde, sondern da waren die dabei, die et-
was verstehen von der Luftraumordnung und
den Zulassungsbestimmungen. Mit denen
gemeinsam ist es auf die Ebene gekommen;
aber das war dann schon eine ernste Forde-
rung.

Markus Grübel (CDU/CSU): Also, ich
habe mich jetzt immer bezogen von Muss-
auf Soll-Kriterium. Sie haben jetzt gerade
Muss auf Kann für den Demonstrator - -

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Von
Muss auf Soll bei der Serie.

Markus Grübel (CDU/CSU): Muss auf
Soll bei der kleinen Serie, ja. - Es ist ja immer
in der politischen Diskussion auch wieder
das Wort gefallen: Geburtsfehler des Pro-
jekts Euro Hawk. In dem Zusammenhang
wird insbesondere auch diese Herabstufung
des Muss-Kriteriums zu einem Soll-Kriterium
genannt. Was würden Sie dazu sagen?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ich
würde zur Vorsicht mahnen, in diesem prä-
natalen Zustand, den wir damals hatten, mit
dem Kenntnisstand, den wir damals hatten,
schon von einem Fehler zu reden. Das ist mit
der Weisheit von heute vielleicht leicht mög-
lich. Mit der Weisheit von damals - in diesem
pränatalen Zustand noch weit von der Geburt
entfernt - konnte man das so nicht beurteilen.
Insofern hätte ich Probleme mit dieser Be-
grifflichkeit, Herr Abgeordneter.

Markus Grübel (CDU/CSU): Dann der
Entwicklungsvertrag 2007 und Fragen zum
dritten Änderungsvertrag 2009. Mit dem
praktisch dritten Änderungsvertrag war ja der
Löwenanteil des Geldes sozusagen ausge-
geben 2009. Die späteren Änderungsver-
träge, da ging es ja nicht mehr um den ganz
großen Anteil am Gesamtprojekt. Wie waren
Sie in den Entwicklungsvertrag 2007 einge-
bunden und in den dritten Änderungsvertrag
vom Juni 2009?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Über
den ersten Vertrag, der 2007 geschlossen
wurde, da hatte ich die Kenntnis, die ich
brauchte, das heißt aber keine detaillierte
Vertragskenntnis, weil ich dazu gar nicht die
Kompetenz gehabt hätte; das ist ja nicht in

Drucksache 17/14650 – 314 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 10
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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meiner Phase. Ich wusste, was abgeschlos-
sen wird.

Über den dritten Änderungsvertrag - vom
Juni 2009, sagten Sie, Herr Abgeordneter -
muss ich sagen: An den kann ich mich nicht
erinnern. Das weiß ich nicht mehr.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ja. - Dann
zum Abschluss meiner Fragerunde: Wie
standen denn die politischen Parteien - inte-
ressant ist das insbesondere in der Zeit bis
2005 - hinter dem Projekt? Gab es Kritik an
der Entwicklung und Beschaffung von Aufklä-
rungsdrohnen aus den regierungstragenden
Parteien? Gab es Kritik oder kritische Nach-
fragen aus den regierungstragenden Fraktio-
nen? Gab es Kritik oder Nachfragen zu die-
sem Drohnenprojekt vonseiten von Regie-
rungsmitgliedern, die jetzt nicht unmittel-
bar - - also nicht Verteidigungsminister, son-
dern andere Regierungsmitglieder, die ent-
weder die Vertragssumme kritisch hinterfragt
hätten oder - wir leben ja in einer Zeit, wo es
eine gewisse Drohnenhysterie gibt - unbe-
mannte Luftfahrzeuge grundsätzlich infrage
gestellt haben oder infrage gestellt haben,
dass die Bundeswehr über derlei Aufklä-
rungsfähigkeiten verfügt?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Aus
meiner Erinnerung, Herr Abgeordneter, wa-
ren wir alle - - Die Beteiligten - alle Betei-
ligten - waren zunächst mal erstens der Mei-
nung, dass wir diese Technologie nicht mehr
in die Flasche zurückzaubern können, weil
sie einfach da ist.

Markus Grübel (CDU/CSU): Sie meinen
die Drohnen?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Die
Drohnen. - Und jetzt ist die Frage: bemannt
oder unbemannt? Die geht ja schon länger in
der Bundeswehr herum, die Frage: Was hat
ein bemanntes Flugzeug für eine Zukunft?
Ich meine, wir reden heute über unbemannte
S-Bahnen, die technologisch angedacht wer-
den. Und wir waren eigentlich der Meinung,
dass wir uns diesem Trend nicht einfach
entziehen können und sozusagen auf der
Technik vom letzten Jahrhundert stehen
bleiben können, wenn wir die Bundeswehr
von Grund auf reformieren und wenn wir
ernsthaft uns mit dem Verantwortungs- und
Einsatzspektrum auseinandersetzen, das im
Kabinettsbeschluss angelegt war von 2000,
das in der NATO-Strategie angelegt ist, das

in der europäischen Strategie - - Denken Sie
an das, was die Europäische Union sich
vorgenommen hat: 6 000 Kilometer rund um
Brüssel, zehn Tage nach Ratsentschei-
dung. - Wenn wir das alles ernsthaft bewälti-
gen wollen, können wir das nicht mit der
Technologie aus dem letzten Jahrhundert
machen. Dann müssen wir dort einsteigen,
wo die Zukunft liegt. Da haben wir lange
diskutiert über die Frage „Zukunft von unbe-
mannten Flugzeugen“ oder: Ist das be-
mannte Flugzeug der Träger der Zukunft
schlechthin? - Und da waren wir uns alle
einig, dass die Bundeswehr diese Fähigkeit
braucht - nicht nur die Bundeswehr, sondern
dieses Land Entscheidungsfähigkeit auf der
Basis braucht - und dass wir dazu das nüt-
zen müssen, was zukunftsträchtig ist, mit der
Langzeitperspektive - wir haben ja keine
Planung für vier Jahre aufgelegt, sondern der
Bundeswehrplan deckt ja 15 Jahre plane-
risch ab -; da waren wir uns alle einig.

Der zweite Punkt ist: Natürlich gab es
Fragen dazu. Und natürlich - ich weiß es nur
aus dem Verteidigungsausschuss, weil ich in
den anderen nicht so war - wurde darüber
diskutiert. Auch - ich sage es jetzt sehr ein-
fach - die Fragen „Kriegt ihr das hin?“ oder
„Wie beurteilen Sie das?“, das waren Dauer-
begleiter. Da haben wir kommuniziert. Da
habe ich sicherlich mit dem Leiter Planungs-
stab darüber geredet, mit dem Hauptabtei-
lungsleiter Rüstung, mit dem Zuständigen
vom Haushalt.

Ich darf hier sagen - das gehört jetzt nicht
unbedingt zur Sache -: Dadurch dass ich so
lange in diesem Planungsgeschäft war, seit
98 ja im Grunde, waren die Netzwerke auch
da, wo wir uns drüber unterhalten haben.
Aber ich reflektiere aus meiner Sicht Ende
2009 nur, dass wir alle von der Notwendig-
keit überzeugt waren: Das brauchen wir, das
braucht die Bundeswehr. - Zweitens: Das ist
die Technologie, die wir haben müssen, weil
die uns auf die Augenhöhe mit Partnern
bringt, in der NATO und in der EU. Und in-
sofern muss ich Ihre Frage beantworten: Ja,
es wurde diskutiert. Aber es wurde nicht im
Grundsätzlichen diskutiert, nach dem Motto:
Lasst die Finger davon.

Markus Grübel (CDU/CSU): Also, darf
ich da noch mal nachfragen? Wenn Sie sa-
gen, Sie waren sich alle einig - es wurde
zwar diskutiert -, dann schließt das die ge-
samte damalige Regierungskoalition, Rot-
Grün, mit ein, oder gab es jemanden - - Also,

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 315 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 11
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DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

wir haben ja aktuell eine Diskussion, dass ein
späterer Bundesminister und jetziger Kandi-
dat sich kritisch zu Drohnen geäußert hat.
Solche Stimmen kamen in der Zeit nicht an
Ihr Ohr, sodass Sie gesagt haben: „Wir müs-
sen das Projekt noch mal neu überlegen“?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Wir
hatten damals die Lage nicht, wie wir sie
heute haben. Sie haben das mit einem Be-
griff bezeichnet, den ich jetzt zitiere, mit der
„Drohnenhysterie“; das ist ein Begriff von
Ihnen, nicht von mir. Das stand uns damals
als Denkkategorie einfach nicht zur Verfü-
gung. Insofern hatten wir auch keinen Grund,
da Böses zu sehen oder Unmoralisches zu
sehen, weil diese Dinge einfach erst viel
später gekommen sind. Das heißt, wir gingen
da mit großer Sachkompetenz, orientiert an
den Notwendigkeiten und Fähigkeiten, ran,
ohne dass wir das jetzt sozusagen in einer
moralischen Kategorie gesehen haben, wo-
bei das nicht heißt, dass wir Bundeswehrpla-
nung ohne jeden moralischen Bezug betrie-
ben haben.

Markus Grübel (CDU/CSU): Jetzt mein
Kollege.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Bitte schön, Herr Silberhorn.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Vielen
Dank, Frau Vorsitzende. - Herr General, Sie
haben vorhin erläutert, dass die System-
fähigkeitsanforderung bereits vorgesehen
hat, dass dieses neue Luftfahrtgerät, das zu
entwickeln war, in den allgemeinen Luftver-
kehr eingeordnet werden müsste. Das be-
deutet - verstehe ich Sie da richtig? -, dass
die Frage einer notwendigen Zulassung -
nicht nur einer Musterzulassung, sondern
auch einer Zulassung zur Teilnahme am
Luftverkehr - von vornherein erkennbar und
klar war?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ja; es
ist ja klar. Ich meine, ich bin da zwar Laie in
diesen Details, aber der muss irgendwie da
hochkommen, wo er hingehört, und er muss
wieder runterkommen, und dazwischen ist
allgemeiner Flugverkehr, und das muss ge-
regelt werden. Das wussten wir schon von
anderen Bundeswehreinrichtungen; ich will
gar nicht an grausame Ereignisse wie den
Tupolew-Unfall erinnern. Uns war das klar,

dass wir eine Luftraumordnung brauchen und
dieses Ding in der Luftraumordnung irgend-
wie eingebunden werden muss; sonst kommt
er nicht da hin, wo wir ihn haben wollen.
Mehr Details haben mich nicht beschäftigt,
als ich die Forderung unterschrieben habe.
Aber das war so offensichtlich, dass wir das
machen müssen, und dass das der europäi-
sche und der deutsche Luftraum werden
würde, ist uns auch klar gewesen. Wir sind
da damals nicht - - Wir waren auch noch
nicht Afghanistan-allein-beseelt bei den
Überlegungen zu diesem Zeitpunkt, sondern
das lag auf der Hand, und so entstand die
sehr allgemein gehaltene Formulierung, über
deren Entwicklung wir ja vorher schon gere-
det haben.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Ist
Ihnen in Ihrer Zeit bekannt geworden, dass
die Zulassung dieses Full Scale Demonstra-
tors größere Probleme aufwirft, und seit
wann haben Sie davon Kenntnis erlangt?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Die
Probleme sind uns bekannt geworden schon
nach der SFF, bevor ich die „Abschließende
funktionale Forderung“ geschrieben habe;
denn da habe ich schon auf das Risiko hin-
gewiesen, das wir erkennen können. Das
führte dann zur ersten Zwischenentschei-
dung; das habe ich vorher gesagt. Ja, das
haben wir gesehen, aber immer als eine
lösbare Dimension.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Das
wäre meine nächste Frage gewesen. Sie
haben es ja vorhin schon ausgeführt, dass
Sie die Probleme immer als lösbar betrachtet
haben. Das gilt bis zum Ende Ihrer Amtszeit
und gilt insbesondere auch für die Fragen
der Zulassung?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Das gilt
bis zum Ende der Amtszeit. Ich will aber
durchaus ernsthaft darauf hinweisen, dass
die IAGFA im Jahre 2008 mir das Problem
schon mal aufbereitet hat; das kann ich jetzt
aber aus Erinnerung nicht mehr im Wortlaut
erwähnen. Aber damals habe ich die Sorge
gehabt, dass wir eine größere Lücke haben
werden zwischen der Außerdienststellung
der letzten Breguet und dem Zulauf, der
dann damals schon für 2011 genannt wurde,
des Euro Hawk. Ich habe in der IAGFA den
Auftrag gegeben, dass wir uns überlegen
müssen, wie wir diese Lücke und den daraus

Drucksache 17/14650 – 316 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 12
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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entstehenden Aufklärungsschaden oder das
Aufklärungsdefizit minimieren können, ob es
da Zwischenlösungen gibt. Das war vorher
der kurze Gedanke, dass wir die vielleicht
noch vorgezogen kriegen, den Demonstrator
noch schneller kriegen, weil wir mit der Lücke
natürlich nicht leben konnten. Damit haben
wir uns schon beschäftigt.

Das war dann, Herr Abgeordneter, nicht
so sehr das - - Was ich empfunden habe,
war nicht das Problem: „Wir kriegen das nie
zugelassen“, sondern: „Ich habe eine noch
größere Lücke, als ich ursprünglich einkalku-
liert habe“, und die hätte ich Ihnen gegen-
über und dem Minister gegenüber natürlich
rechtfertigen müssen, weil ich ja für die Ein-
sätze verantwortlich war. Das hat mich mehr
umgetrieben als technische oder finanzielle
Dinge: Wie gehe ich mit der Lücke um? Wir
sind in Afghanistan im Einsatz. Das war die
Triebfeder, die mir Sorgen gemacht hat, wäh-
rend die andere Seite, die technische oder
die Luftfahrtzulassung, vorläufige Zulassung
oder endgültige Zulassung oder was es da
alles gibt - - Das hat mir nicht so auf den
Nägeln gebrannt wie die entstehende und
immer wahrscheinlicher werdende größere
Lücke zwischen Ende Breguet Atlantic und
Anfang Euro Hawk.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Herr
General, Sie haben ausgeführt, dass Sie mit
dem Minister gesprochen hätten zu Beginn
dieses Vorhabens. Haben Sie auch im Laufe
der Projektierung mit den jeweiligen Minis-
tern über dieses Projekt gesprochen, und
haben Sie auch die Zulassungsfragen und
auch die Fragen der Kostensteigerungen und
Zeitverzögerungen, die Gegenstand der
ersten Zwischenentscheidung waren, mit den
Ministern erörtert?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ja,
aber in einem sehr allgemeinen Bereich, weil
die Zuständigkeit in der Projektierungsphase
nicht beim Generalinspekteur liegt, sodass
ich davon ausgegangen bin - und ich glaube,
zu Recht -, dass der Hauptabteilungsleiter
Rüstung und die anderen, die dafür zustän-
dig sind, auch der Bereich Haushalt, in die-
sem Kommunikationsprozess drin waren,
aber die Federführung hatten. Das war nicht
meine Verantwortung. Aber das schließt jetzt
nicht aus, dass ich mit dem Minister öfters
über diese Fähigkeitsprobleme gesprochen
habe, die ich da habe. Also, wie gesagt, ich
will sehr deutlich machen: In der Projektie-

rungsphase war mein Thema nicht so sehr
das, was Sie gerade aufgeworfen haben -
Finanzierung und Machbarkeit -, sondern
mein Problem war, dass ich in eine Aufklä-
rungslücke reinlaufe, die ich nur schwer ver-
antworten kann dem Minister gegenüber, und
da bin ich sicher, dass ich mit dem Minister
darüber geredet habe.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Vielen Dank an die CDU/CSU. - Jetzt kommt
die SPD. Herr Kollege Arnold.

Rainer Arnold (SPD): Vielen Dank. - Herr
Schneiderhan, Sie sprachen von einer gro-
ßen Einigkeit, dass man diesen Weg gehen
will. Hat sich an dieser Einigkeit dann mit der
Veränderung der Koalition hin zur Großen
Koalition irgendwas verändert?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Nein.
Also, mein Eindruck, bis ich weggegangen
bin - - Ich bin zwar nicht ganz im Frieden
gegangen,

(Heiterkeit)

aber an der Stelle war ich mit mir und der
Koalition im Frieden.

Rainer Arnold (SPD): Hat man aus Ihrer
Sicht im Vorfeld, in der Phase, in der Sie Ihre
Anforderungen formuliert haben, ausreichend
untersucht, ausreichend Gutachten ge-
bracht? Haben Sie da selbst noch Nachfra-
gen gestellt und Weiteres angefordert, so-
dass eine verantwortbare Entscheidung
möglich war?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ich
habe die Verantwortbarkeit der Entscheidung
deshalb für mich in Anspruch nehmen kön-
nen, weil ich ja als Leiter Planungsstab das
Projekt auch kannte. Ich kannte die Studien,
die der Minister Scharping in Auftrag gege-
ben hat, und ich kannte auch das Ergebnis.
Aufsetzend auf das Studienergebnis - - Es
war ja eine ganze Latte von Studien, die da
in Auftrag gegeben wurde; das hat mir der
Planungsstab zusammengefasst. Vorher war
ich ja Unterabteilungsleiter Militärpolitik. Da
hat mich das von der NATO-Seite natürlich
auch beschäftigt mit der Aufklärungslücke
und mit der Forderung der DCI. Das heißt,
ich war im Projekt intellektuell natürlich schon
drin, musste nicht neu einsteigen, und auf-
grund all dessen, was mir da bekannt wurde,
dachte ich - und davon bin ich heute noch

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 317 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 13
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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überzeugt - - konnte ich die Verantwortung
als Generalinspekteur im August 2002, ge-
rade frisch im Amt, übernehmen und sagen:
Das fordere ich jetzt.

Rainer Arnold (SPD): Sie sagten ja, die
Vertragsgestaltung usw. ist keine Baustelle
für Sie im Detail als Generalinspekteur. Es
gab ja wohl und gibt ja wohl standardisierte
Wege, wie damals das BWB Entwicklungs-
verträge abgewickelt hat, nach bestimmten
Mustern und Rastern. Ist Ihnen irgendwas zu
Ohren gekommen, dass man in diesem si-
cherlich nicht einfachen Fall davon abgewi-
chen ist, oder war das der übliche Entwick-
lungsvertrag?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ich
glaube, wir haben uns - - Alle haben sich
stark am CPM, dem neuen, orientiert, und
mir ist nicht bekannt, dass in irgendeiner
Form von den Prozeduren abgewichen
wurde oder gar im Gegensatz zu vorgesehe-
nen Phasen, Wegen und Verantwortlichkei-
ten gehandelt wurde. Da ist mir nichts in
Erinnerung.

Rainer Arnold (SPD): Sie haben mehr-
fach das Stichwort „Zwischenentscheid“ an-
gesprochen. Können Sie noch ein bisschen
genauer erklären, wann nach diesen Verfah-
ren Zwischenentscheide notwendig sind?
Auch in der Phase der Entwicklung oder nur
zu Beginn? Und: Wer trifft solche Zwischen-
entscheide, und auf welche Tische werden
die dann auch geleitet?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Die
Zwischenentscheide laufen über dieselben
Tische, Herr Abgeordneter, wie die „Ab-
schließende funktionale Forderung“, weil sie
sich immer auf sie beziehen. Das sind ja
keine neuen Dokumente. Das sind immer
Folgedokumente aus der abschließenden
Forderung. Die entstehen dann, wenn in der
IAGFA oder in anderen Bereichen Abwei-
chungen zur ursprünglichen Forderung ent-
stehen - zeitliche Abweichungen oder finan-
zielle Abweichungen - oder wenn Präzisie-
rungen notwendig werden, weil man im Laufe
der Zeit feststellt: Das geht nicht. - Ausstieg
aus GAST zum Beispiel, also keine Integra-
tion in das normale fernmeldeelektronische
Aufkommen.

Das sind dann alles Begründungen, die
nach dem CPM den Generalinspekteur wie-
der auffordern, diese Zwischenentscheide zu

machen, weil es abweichend von seiner
ersten Vorlage ist. Das kommt also wieder in
die Verantwortung des Generalinspekteurs,
und das gilt auch für die Phase der Projektie-
rung.

Dazu haben wir die Integrierte Arbeits-
gruppe geschaffen, und dazu gab es im Übri-
gen dann auch den Rüstungsrat, dessen
Vorsitzender ja auch der Generalinspekteur
ist - oder war; das weiß ich nicht. Aber auf
jeden Fall: Ich war es. Da werden diese
Dinge auch zusammengetragen - nicht nur
beim Entstehen des Bundeswehrplans je-
weils im Monat März des laufenden Jahres
für die kommenden Jahre, sondern auch in
unregelmäßigen Abständen. Das heißt, es
gibt ein System der Alarmierung, wo man
dem Generalinspekteur sagt: Jetzt musst du
eine Zwischenentscheidung machen, weil wir
eine Verzögerung von über einem Jahr ha-
ben.

Das ist detailliert im CPM festgelegt - also
die Verzögerung. Ich muss nicht, wenn es
eine Verzögerung von drei Monaten gibt,
springen; aber das ist definiert, und da waren
es ja Verzögerungen, die dann in den Jah-
resbereich hineingegangen sind.

Das ist, Herr Abgeordneter, natürlich auch
ein Stück Abwägung beim Generalinspekteur
selbst, ob er eine Zwischenentscheidung
braucht oder ob es im Rahmen einer Orien-
tierung stattfindet. Das muss man sehen.
Aber wenn die Daten aus dem CPM erfüllt
sind, dann ist Zwischenentscheidung Muss
für den Generalinspekteur.

Rainer Arnold (SPD): Also, wenn zum
ersten Mal aufschlägt, dass eine Musterzu-
lassung möglicherweise gar nicht zu errei-
chen ist: Wäre das ein Punkt für einen Zwi-
schenentscheid dann? Sie waren dort nicht
mehr in der Verantwortung - nur Ihrem Ver-
ständnis nach.

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ja, ja,
würde ich schon sagen.

Rainer Arnold (SPD): Sie sprachen
beide Bereiche an: diesen Rüstungsrat, das
Kollegium allerdings auch. Wie muss ich mir
das vorstellen? In Ihrer Verantwortungszeit:
Wie sind hier Probleme aufgeschlagen? Gab
es hier den formellen Weg, oder war es üb-
lich, dass bei Großvorhaben eigentlich immer
automatisch im Rüstungsrat ein Stück weit
auch geklärt wurde: „Wo stehen wir?“?
Ebenso im Kollegium. Wie war das?

Drucksache 17/14650 – 318 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 14
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ich be-
ginne mit dem Kollegium. Kollegium: Minis-
ter, die Staatssekretäre, der Leiter Planungs-
stab, der Generalinspekteur, Büroleitung,
Adjutant - aber nicht stimmberechtigt - und
der Pressesprecher - Kollegium, unter-
schiedlich gehandhabt von den Ministern. In
meiner Zeit gab es regelmäßig mindestens
alle 14 Tage eine Tagesordnung, zu der man
selber beitragen konnte, indem man Themen
angemeldet hat, oder der Büroleiter oder die
Büroleiterin - je nachdem - hat Aufträge er-
teilt: „Der Minister will, dass der General-
inspekteur dazu vorträgt“ oder so, und dann
haben wir uns unterhalten: Staatssekretäre,
vor allem die beiden beamteten natürlich, mit
denen der Generalinspekteur ja zu tun hatte,
weil für den Bundeswehrplan ist er ja ver-
knüpft.

Er ist ja für die konzeptionelle Ableitung
der Forderung zuständig, er ist dafür verant-
wortlich, etwas zu fordern, was haushalte-
risch beherrschbar ist - damit ist die Abtei-
lung Haushalt drin -, und es muss rüstungs-
wirtschaftlich sinnvoll sein. Damit ist er bei
der Abteilung Rüstung. Das sind ja die drei
Kriterien oder die drei Fragekomplexe, die
der Generalinspekteur zu beantworten hat.

Da wurde nach normaler Tagesordnung
verfahren bis hin zum Punkt Verschiedenes,
und dann hat der Minister Aufträge erteilt:
„Sie kümmern sich darum, du kümmerst dich
darum“, und dann wussten wir, was wir bis
zum nächsten Kollegium abzuarbeiten ha-
ben. Das ist die eine Phase.

Der Rüstungsrat ist vor allem im Zusam-
menhang mit der Bundeswehrplanung rele-
vant, weil wir da ja auch - - Für den jeweili-
gen nächstfolgenden Haushaltsplan und
Finanzplan muss ich ja die bedarfsbegrün-
denden Dokumente liefern - für den Bundes-
wehrplan und dann für die einzelnen Rüs-
tungsobjekte. Da wurde dann eben durchge-
gangen: Wo stehen wir, und wie können wir
das einstellen? Dann ist die Frage: Brauchen
wir 25 Wiedervorlagen? Das alles wird in der
Runde diskutiert und geht dann aber wieder
in die Zuständigkeiten. Die Wiedervorlage
macht ja nicht der Generalinspekteur, son-
dern Haushalt. Da aber findet die Koordina-
tion statt. Das ist der Rüstungsrat.

Rainer Arnold (SPD): Um das noch mal
richtig zu verstehen: In den Rüstungsrat
kommen Projekte von einer hohen Relevanz
mit einer gewissen automatischen Einspei-
sung, einfach, um den Status immer wieder

zu haben. Oder muss das jemand anfordern,
dass da was kommt?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Nein,
das fordert sicherlich der Generalinspekteur
deshalb an, weil er ja für den Bundeswehr-
plan diese Projekte alle mit Teileinheit und
Zeile unterbringen muss. Sonst kriegt er kei-
nen Haushaltsplan. Also kann der Abtei-
lungsleiter Haushalt keinen Haushalt auf-
stellen, keine Forderung aufstellen. Und in
den Zusammenhang kommen alle Projekte,
und da kriegt man natürlich auch mit, wo es
Verzögerungen gibt, wo wir keinen Mittelab-
fluss haben. Dann die Frage: Wie kann man
Mittelabfluss trotzdem sicherstellen oder
umsteuern? Da sind wir bei den geheimen
Erläuterungen. Das brauche ich hier alles
nicht zu sagen.

Das ist der normale kontinuierliche Pro-
zess, der bei der Aufstellung des Bundes-
wehrplans bis hin dann zum Haushalts-
beschluss des Bundestages - in der Regel im
November - erfolgt. In der Zeit läuft das auf
relativ hohem Aktionstempo.

Rainer Arnold (SPD): Haben Sie eine
Erinnerung, wie oft der Rüstungsrat in Ihrer
Verantwortungszeit dann über Euro Hawk
gesprochen hat?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Also
mindestens einmal jährlich. Ich glaube, zwei-,
dreimal war es ein bisschen öfter, weil wir ein
paar Grundsatzentscheidungen hatten. Bei
der Marine ging es um die Frage der Kor-
vetten und den Anschluss bei den Fregatten,
und es gibt da so Projekte, die haben einen
ein Leben lang beschäftigt - in dem Bereich.
Aber es war fester Termin: mindestens ein-
mal im Jahr. Und dann haben - - Die IAGFA
war natürlich sehr hilfreich, weil die dann
sozusagen auf der Oberst-Ebene die The-
men aufgearbeitet haben und dann hochge-
bracht haben.

Rainer Arnold (SPD): Sie waren ja nicht
nur Generalinspekteur, sondern eine Zeit
lang ja auch Chef vom Planungsstab. Hat der
Planungsstab irgendwelche Funktionen im
Prozess von Rüstungsvorhaben? Kann er ein
Frühwarnsystem sein? Wie sind die Melde-
wege? Was geht dort zum Minister, wenn
man einen Planungsstab hat?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 319 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 15
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Das ist
immer schwierig, wenn man aus der eigenen
Vergangenheit erzählen muss.

Also, der Planungsstab war ja geschaffen,
um - - ja, schon als Controllingorgan für das
Ministerium. Ich glaube, so war schon der
Ausgangspunkt. Der hatte für alle Bereiche
des Ministeriums einen zuständigen Mann im
Planungsstab. Der war ja nicht besonders
groß - der Planungsstab - zu meiner Zeit,
und da war auch einer da - das war ein Be-
amter, der aus dem Rüstungsbereich kam -,
der war für Rüstung zuständig. Und der Pla-
nungsstab in seiner Konzeption hatte ja un-
abhängig von der Hierarchie das Recht, zu
allem, was dem Minister vorgelegt wird,
Stellung zu nehmen - ohne die Hierarchie
einschalten zu müssen, Kraft eigener Sach-
kompetenz.

Dann hat der eben - - Der zuständige
Referent hat dann - - Es kam eine Vorlage -
ich muss das jetzt sehr allgemein sagen -,
und dann habe ich geschrieben: Der Haupt-
abteilungsleiter Rüstung legt Ihnen Folgen-
des vor. Dazu merke ich an. - Dann habe ich
meinen Kommentar da hingeschrieben, und
das ging mit der Vorlage zum Minister. Dann
hat er eine andere Auffassung oder eine
unterstützende Auffassung, und wenn wir
keine Auffassung brauchten, dann haben wir
eben geschrieben: „Billigt“ oder „Planungs-
stab schlägt Billigung vor“ oder so was Ähn-
liches. Aber ich weiß, wie sehr Minister da-
rauf Wert gelegt haben, dass der gelbe Zet-
tel - so hieß das Ding - bei der Vorlage dran
ist. Das war die Beteiligung des Planungs-
stabes. So lief das in der Praxis ab.

Rainer Arnold (SPD): Hat dieser Pla-
nungsstab dann, sage ich mal, durchaus
einen Sinn für einen Minister? Bevor er so
einen gelben Zettel dann weitergeleitet hat:
Hat er auch nachhaken können im Haus?
Hat er die Instrumente nutzen können, um
nachzufragen?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Also,
jetzt mal unabhängig von persönlichen Ver-
hältnissen: Selbstverständlich. Wenn was
nicht klar war - das ging auch meinem Vor-
gänger im Planungsstab so; das war der
General Kujat -, dann hat der ja auch nach-
gefragt, und ich habe den GI ja auch ange-
rufen, als er damals Kujat hieß, und gesagt:
„Da müssen wir drüber reden; da haben wir
eine abweichende Auffassung“ oder „Da
sehen wir ein Problem“.

Die haben auf der Arbeitsebene natürlich
zusammengearbeitet, weil man natürlich so
wenig Disharmonie wie möglich in die Lei-
tung transportieren will. Da wollten wir schon
abgestimmte Dinge im Haus haben, bevor
der Minister involviert wird, um Kleinstreitig-
keiten zu lösen. Also Kommunikationssys-
tem!

Rainer Arnold (SPD): Sie haben ja vor-
hin selbst das Stichwort Netzwerk angespro-
chen. Jetzt haben wir über die geregelten
Kommunikationsprozesse gesprochen. Sie
haben zwei Minister oder zweieinhalb, sage
ich mal - den Letzten nur sehr kurz -, ken-
nengelernt. Gab es dort auch andere Ebe-
nen, wo man aktuelle Fragen, die möglicher-
weise kritisch waren, mal zwischen Tür und
Angel auf dem Flur - - Oder mal zu jeman-
dem hin ist und gesagt hat: „Hör mal!“? - Wie
muss ich mir das vorstellen? Immer formell,
oder gibt es auch noch andere Kommunika-
tion?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Natür-
lich gibt es die andere Kommunikation. Also,
wenn ich als Generalinspekteur gewartet
hätte, bis mir alles schriftlich vorgelegt
wurde, wäre ich vielleicht noch kürzer Gene-
ralinspekteur gewesen.

(Heiterkeit)

Rainer Arnold (SPD): Ich will mal ganz
kurz zu dem Thema „Aus Muss Soll“ kom-
men. Hätte dieser Euro Hawk die Soll-Be-
stimmung, also die Flugberechtigung nach
Kategorie zwei, erhalten, wäre er dann trotz-
dem tauglich gewesen nach Ihrem Anforde-
rungsprofil, die Aufgaben zu erfüllen, oder
wäre er dort schon ausgeschieden und hätte
im Grunde genommen nicht mehr dem Profil
entsprochen?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ich
weiß jetzt nicht mehr Bescheid über die
technischen Probleme, die damit verbunden
waren. Da gibt es ja einen ganzen Haufen,
bis zu Vereisungsdingen. Die meinen Sie
jetzt aber - -

Rainer Arnold (SPD): Darf ich Ihnen
ganz kurz sagen, was ich meine?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ja.

Drucksache 17/14650 – 320 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 16
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Rainer Arnold (SPD): Kategorie eins: nur
über militärischem Grund, sage ich mal, flie-
gen. Damit kann man sicherlich nicht viel
anfangen. Kategorie zwei: nach oben
schrauben im gesperrten Luftraum, oben
aber seine Arbeit erledigen können. Kate-
gorie drei wäre dann die absolute Teilnahme
am Zivilen.

Und die Frage ist - er erfüllt ja im Augen-
blick nicht mal die Kategorie zwei -: Hätte
man mit der aber was anfangen können,
nachdem Sie aus Muss Soll gemacht haben?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ja,
klar. Das muss man regeln, also dieses
Hochkommen und Wieder-Runterkommen,
wie immer man das jetzt nennt. Ich weiß da
den Fachbegriff nicht. Wir haben das damals
als Zylinder beschrieben, der dann gesichert
werden muss durch zusätzliche Bestimmun-
gen, bis der draußen ist und wenn er wieder
reinkommt. Ja.

Rainer Arnold (SPD): Danke schön.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön. - Jetzt Herr Kollege Spatz,
bitte.

Joachim Spatz (FDP): Herr General, die
Schönheit liegt ja oft in der Einfachheit und
Klarheit, und Sie haben das ja vorhin sehr
einfach und klar beschrieben: Das Ding muss
hoch, muss runter, und dazwischen liegt
allgemeiner Luftraum. Deswegen meine
Frage: Warum und durch wen wurde eigent-
lich diese Forderung - Teilnahme am allge-
meinen Luftverkehr - immer weiter abgestuft
bis zu dem Zustand, den wir jetzt haben?
Wie ist in dem Zusammenhang Ihre Äuße-
rung zu bewerten, die Sie vorhin gesagt ha-
ben - ich zitiere mal so sinngemäß -: „Na ja,
da wurde davon Abstand genommen, um
das Ding nicht schon quasi in statu nascendi
ungebührlich zu belasten“?

Also durch wen und warum wurde von
dieser Forderung Abstand genommen, wo
Sie doch, wie gesagt, in aller Klarheit das
Ding so beschrieben haben, dass das eine
Conditio sine qua non ist, gewissermaßen
vergleichbar mit der Typzulassung beim Kfz?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Herr
Abgeordneter, ich bin nicht in der Lage, die
Details zwischen Musterzulassung und Typ-
zulassung und das alles - aber das meinten

Sie auch nicht - gegeneinander abzugren-
zen. Aber es war eine einvernehmliche Ent-
scheidung, die eben - - Wir haben ja zwei
Jahre zwischen der Systemforderung und
der abschließenden Forderung gearbeitet an
dem Projekt, und das war in einem kommu-
nikativen Prozess entstanden, mit dem ich
dann auch einverstanden war, dass man
gesagt hat: Weil wir absolutes technisches
Neuland haben, weil die Vorschriften noch
gar nicht existieren für diese Zulassung:
Deshalb jetzt erst mal mit einer Forderung in
den Demonstrator reingehen und dann die
Frage - - Und das ist relevant; das betrifft ja
nur die Serie, die zu diesem Zeitpunkt ja gar
nicht im Vordergrund stand, sondern das
Innovative lag ja darin, dass wir zunächst mal
nur auf Demonstrator gegangen sind und die
Serie weggestellt haben von dem Teil.

Und insofern konnte ich mit der Aussage
„Das muss man prüfen; man muss, wenn
technisch machbar und so, einen Entwick-
lungsprozess haben“ leben, weil es mir den
Demonstrator nicht sozusagen behindert hat.
Das war einvernehmlich und, soweit ich mich
erinnern kann, auch einvernehmlich mit dem
für Luftraum zuständigen - ich weiß nicht, wie
es genannt wird - deutschen Institut für Luft-
raumsicherheit oder Gesellschaft für Luft-
raumsicherheit. Und soweit ich mich erin-
nere, war auch das Verkehrsministerium in
diesen Prozess eingeschlossen, dass wir das
erst mal weggestellt haben, um den De-
monstrator zu kriegen und dann zu entschei-
den: Serie ja oder nein?

Joachim Spatz (FDP): Das heißt also:
Wenn ich Sie recht verstanden habe, haben
die damalig Entscheidenden in diesem Pro-
zesse billigend in Kauf genommen, dass in
der Tat ein Zustand entstehen kann: Wir
haben einen Demonstrator, die Frage nach
der Teilnahme am allgemeinen Luftverkehr
oder diese Zulassung höherer Ordnung,
sage ich mal, ist bis dahin offen, und damit
ist ganz klar ein Risiko damit verbunden,
dass man zwar einen Demonstrator hat, aber
die Serie noch mit diesem Restrisiko behaftet
ist. - Das hat man also dann durch diese
Unterscheidung in Kauf genommen. Oder
habe ich das falsch verstanden?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Es
war - - Nein, Sie haben mich nicht falsch
verstanden, Herr Abgeordneter. Ich störe
mich nur ein bisschen an dem Wort „billigend
in Kauf genommen“. Damals war das nicht

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 321 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 17
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

ersichtlich, die Dimensionen, die wir heute
wissen, sondern damals, als wir das gesagt
haben, war das noch: Das ist lösbar.

Und deshalb, um den Demonstrator jetzt
nicht zu gefährden und das System durchzu-
halten, jetzt also nicht Dinge aus der Serie
vorzuziehen, haben wir gesagt: zu diesem
Zeitpunkt. Und das war dann im Jahre - ja bis
zum Entwicklungsvertrag praktisch - 2007,
wenn ich das jetzt richtig im Kopf habe. Aber
bis zu meinen abschließenden Forderungen
war das Risiko beherrschbar aus meiner
damaligen Sicht.

Joachim Spatz (FDP): Wie gesagt, mir
ist nur wichtig, dass da eine klare Trennung
gemacht worden ist, die gewissermaßen
schon eine Art - ich will nicht sagen: Soll-
bruchstelle - deutliche Unterscheidung vor-
gesehen hat mit der Abrückung von dieser
allgemeinen Forderung - wenn man es mit
dem Kfz-Bereich vergleicht, würde man es
Typzulassung nennen -, und so ist es ja dann
auch eingetreten, was vielleicht aus der da-
maligen Sicht noch nicht sichtbar war.

Ab Mitte 2009 wurde aber klar, dass bei
dem Prüfer der WTD 61, was das Muster-
prüfprogramm angeht, mit der amerikani-
schen Firma Northrop Grumman keine Eini-
gung zu erzielen war. Können Sie das bestä-
tigen?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Nur
sehr allgemein, weil ich da nur noch den
Auftrag gegeben habe, dass eine zweite
Zwischenentscheidung notwendig ist. Das
war Mitte 2009, und dann war meine Zeit
relativ kurz danach zu Ende, und ich hatte
ein bisschen andere Schwerpunkte. Das ist
keine Entschuldigung, aber ich kann das jetzt
im Detail nicht mehr beantworten, wie prä-
zise dieses Thema Ende 2009 dann da war,
und ich weiß vor allem nicht, wie es in die
zweite Zwischenentscheidung eingeflossen
ist, weil ich die nicht mehr verfolgt habe.

Joachim Spatz (FDP): Aber haben Sie
wahrgenommen, dass gewissermaßen mit
der amerikanischen Firma, die man offen-
sichtlich gebraucht hätte, ein - ich sage jetzt
mal - neuer Beteiligter an dem Prozess dabei
ist, der - ich sage mal - eher zu Schwierig-
keiten als zu Lösungen führt? Die Tatsache
ist Ihnen klar gewesen?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Die
Tatsache, dass die Zusammenarbeit zwi-

schen der EuroHawk GmbH und der ameri-
kanischen Seite sich schwierig gestaltet mit
der Freigabe von aus amerikanischer Sicht
schützenswerter Technologie, das wusste ich
sehr wohl.

Joachim Spatz (FDP): Wurde dann die-
ses Projekt - weil das ja doch eine zusätz-
liche Erschwerung ist; noch vor Abschluss
des dritten Änderungsvertrags ist es ja auf-
getreten - unter diesem neuen Aspekt neu
diskutiert in der kollegialen Weise, wie Sie
das ja vorhin beschrieben haben?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Meiner
Erinnerung nach, ja. Aber das ist jetzt nicht
mehr sehr präzise, weil das Ende 2009 war.
Das muss so Juni, Juli gewesen sein.

Joachim Spatz (FDP): Da waren Sie
aber noch mit beteiligt.

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ja,
aber ich habe das jetzt nicht mehr so verfüg-
bar, weil neben den Dingen - Sie kennen die
Zeit, auf die ich jetzt reflektiere - waren be-
stimmte andere Dinge natürlich sehr viel
dominanter für mich am Ende meiner Dienst-
zeit, vor allem ab September 2009, sodass
das Thema „Euro Hawk“ nicht mehr den
Stellenwert bei mir selber hatte, den es zu
Beginn oder in anderen Phasen hatte. Das
muss ich durchaus einräumen.

Joachim Spatz (FDP): Also, Sie spra-
chen aber eben von Juni, Juli. Da hatten der
Vorfall, auf den Sie anspielen, und dessen
Untersuchungsausschuss noch nicht einmal
stattgefunden.

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Nein,
ich will damit nicht ausweichen, Herr Ab-
geordneter, aber die Lage in Afghanistan ist
zunehmend unerfreulich geworden in dieser
Phase und hat mich mehr beschäftigt als das
eine oder andere Rüstungsprojekt.

Joachim Spatz (FDP): Okay. - Wissen
Sie - oder vielleicht auch nicht; das weiß ich
nicht -, ob dann versucht worden ist - und
wenn ja, wie? -, mit den Amerikanern bzw.
den US-Behörden, die ja da im Hintergrund
natürlich auch mit befasst sind, eine kon-
struktive Lösung herbeizuführen?

Drucksache 17/14650 – 322 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 18
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Nein,
das kann ich Ihnen nicht beantworten.

Joachim Spatz (FDP): Okay. - Sie spra-
chen generell von dem konkreten Rüstungs-
projekt jetzt als einem gemeinsamen Ent-
wicklungsprojekt und dass die natürlich risi-
kobehaftet seien; das ist richtig. Würden Sie
das generell für gemeinsame Entwicklungs-
projekte bestätigen?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Sie
meinen jetzt europäisch oder NATO gemein-
sam? Das ist gemeinsam, oder?

Joachim Spatz (FDP): Nein, nein, ge-
meinsam mit der Industrie, also „Neuland
betreten“, hatten Sie gesagt, „Technologie-
sprung“. Und würden Sie diese Risikobehaf-
tetheit für alle solche Projekte unterstellen
oder nur für dieses einzelne?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Nein,
das ist generell ein Thema: Wenn man in
technologisches Neuland eintritt, dann ist das
risikobehaftet. Dann muss sehr sorgfältig
abgewogen werden. Manchmal gehen auch
die Vorstellungen der Industrie dann am
Ende kleiner zusammen als am Beginn.
Auch das gehört zu diesen Prozessen. Und
da muss man partnerschaftlich offen mit-
einander umgehen. Aber es sind offensicht-
lich alle - oder sehr viele - sehr schwierig. Ich
will jetzt keine einzelnen nennen, aber Bei-
spiele lassen sich ja aufführen, dass das
immer außerordentlich schwierig ist.

Und sehr viele Schwierigkeiten liegen
natürlich immer bei der Zertifikation. Auch
das ist ein Thema. Das geht bis hin zur Mu-
nition, die man gemeinsam entwickeln will
und dann national in der EU nicht zertifiziert
kriegt. Zertifizierung als nationales Hoheits-
recht ist ein Problem bis hin zur Panzermuni-
tion oder Artilleriemunition.

Joachim Spatz (FDP): Besten Dank.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön. - Jetzt gebe ich der Linken das
Wort. Frau Kollegin Höger.

Inge Höger (DIE LINKE): Vielen Dank,
Frau Vorsitzende. - Guten Tag, Herr
Schneiderhan!

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Grüß
Gott, Frau Höger!

Inge Höger (DIE LINKE): Herr Schnei-
derhan, wann waren Sie das erste Mal mit
dem Projekt Euro Hawk oder Neue Aufklä-
rungssoftware befasst?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Das
erste Mal, glaube ich - - Das ist schwierig,
aber ich grenze mal ein: Das war die Zeit, als
ich Stabsabteilungsleiter für Militärpolitik war,
weil da das Thema im Rahmen der NATO
sehr stark diskutiert wurde, und es war dann
auch ein europäisches Thema, das für uns
sehr relevant geworden ist im Bereich der
Auseinandersetzungen auf dem Balkan und
beim Einsatz der Bundeswehr im Kosovo.
Allda kam das Thema „Nachrichtengewin-
nung und Aufklärung“ natürlich in einer riesi-
gen Dimension auf uns zu.

Und da war zum ersten Mal nicht das
System Euro Hawk, Frau Abgeordnete, aber
das Thema Aufklärungsfähigkeit im nationa-
len, souveränen Zugriff. Das ist spätestens
im Zusammenhang mit der Kosovo-Aus-
einandersetzung für das Militär sehr relevant
geworden. Und ich glaube, da war auch
meine erste Begegnung dann, als die Stu-
dien aufgesetzt wurden. In der Zeit war ich
Leiter Planungsstab, und Kujat war General-
inspekteur, und Minister war Herr Scharping.
In der Zeit wurde dann das sozusagen vom
System her konkreter, also von der abstrak-
ten Fähigkeitsforderung hin zur Frage des
Systems.

Aber die funktionale Forderung lässt ja
ganz bewusst noch offen: bemannt oder
unbemannt? Daraus kann man sehen, dass
wir zum Stand von 2002, im August, als ich
die gezeichnet habe, noch keine Festlegung
hatten auf bemannt oder unbemannt. Da war
das Thema sozusagen noch offen, und die
Dinge wurden gegeneinander in den zwei
Jahren bis zur AF untersucht.

Inge Höger (DIE LINKE): Also, Sie spra-
chen jetzt wiederholt verschiedene Studien
an, die schon unter Minister Scharping ein-
geholt wurden. Können Sie da eine Jahres-
zahl sagen? Und was war genau das Ergeb-
nis dieser Studien?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Das
war eine große Zahl von verschiedenen Stu-
dien. Die Jahreszahlen weiß ich jetzt nicht so
ganz präzise, aber es war alles im Umfeld

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 323 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 19
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

der Entscheidung „Bundeswehrreform von
Grund auf“. Wir hatten den Weizsäcker-Be-
richt, wir hatten die Stellungnahme des da-
maligen Leiters Planungsstab, Kujat. Das
war die Vorlage vom Generalinspekteur von
Kirchbach. All das waren die Dokumente, die
die Bundeswehr in der Zukunft beschrieben
haben.

Und auf diesen Themen wurden dann
verschiedene Studien in Auftrag gegeben
und eingegrenzt, auch zur Frage der Aufklä-
rungsfähigkeit in den verschiedenen Katego-
rien, weltweite Aufklärung. Da ist dann die
SAR-Lupe als Satellitensystem rausgekom-
men. Dann die Frage der taktischen Aufklä-
rungsmittel. Da sind LUNA, KZO und all
diese Dinge entstanden. Und der dritte große
Bereich war die weiträumige signalerfas-
sende Aufklärung. Das waren die Studien.

Inge Höger (DIE LINKE): Auf welcher
Grundlage brauchte die Bundeswehr, die ja
im Grundgesetz immer noch nur zur Vertei-
digung eingesetzt wird, eine weltweite Auf-
klärung mit einem Radius von 3 000 Kilo-
meter? Das war ja die Fähigkeitslücke, die
Sie immer wieder beschreiben.

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Das
war die Fähigkeitslücke, die ich beschrieben
habe und die ich auch weiterhin so tragen
werde. Egal wie Sie den Auftrag der Bun-
deswehr eingrenzen: Im Interesse der Si-
cherheit unseres Landes ist Aufklärung im-
mer eine Schlüsselkategorie. Wenn man
nicht weiß, was auf der Welt um uns herum
geschieht, dann kann man sich weder prä-
ventiv damit beschäftigen - - Und ich habe
ausdrücklich vorher gesagt, dass wir Krisen-
prävention beschrieben haben als Mit-
begründung für ein solches System, Krisen-
früherkennung und Krisenmanagement. All
diese Kategorien sind in den Forderungen
erwähnt.

Es ist also nicht, wie Sie vielleicht jetzt
unterlegen, auf Kriegsführung angelegt, son-
dern es ist ausdrücklich auch auf Krisenprä-
vention hin ausgelegt und als ressortüber-
greifende Komponente. Deshalb habe ich
das auch zweimal betont. Das ist also nicht
etwas, was die Soldaten zum Kriegspielen
wollen, sondern das ist eine sehr ernste Fä-
higkeit, die wir brauchen, bis hin zum Erfas-
sen von Notsignalen in Katastrophenfällen.
Auch das ist in den Dokumenten verankert.
Das war der Ansatz: dass dieses Land

handlungsfähig ist, politisch und militärisch,
in der Reihenfolge.

Inge Höger (DIE LINKE): Ist die Sicher-
heit Deutschlands denn jetzt durch den Ab-
bruch des Euro-Hawk-Projekts gefährdet?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Das ist
mir jetzt eine zu politische Frage an einen
einfachen, ehemaligen General.

(Heiterkeit)

Inge Höger (DIE LINKE): Einfacher,
ehemaliger General - ich glaube, als Gene-
ralinspekteur haben Sie sich schon den Na-
men verdient, dass Sie die Bundeswehr im
Einsatz ganz entscheidend mitgeformt ha-
ben. Aber gut.

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Aber
im Ernst - ich würde gerne schon im Ernst
antworten -: Wissen Sie, wenn ich die Dis-
kussion verfolge - auch die politische - um
die Risiken im Rückverlegen aus Afghanis-
tan, dann komme ich genau an dem Punkt
an: Wissen wir denn genügend? Haben wir
denn wirklich Möglichkeiten, so aufzuklären,
dass wir sicher sein können, dass wir alles
zum Schutz unserer Soldaten in einer im-
mens schwierigen militärischen Operation,
die da „Rückzug“ heißt - - Das beschäftigt
mich schon sehr, auch im Ruhestand.

Und da liegt das Problem der Lücke. Jetzt
Rückzug organisieren und nicht wissen, was
sich da zusammenbraut um die Zurückzu-
ziehenden herum, das ist ein hohes Maß an
Verantwortung, das wir damit übernehmen,
wenn wir sagen: „Das wissen wir halt nicht“,
oder „Da müssen wir bei den Amerikanern
fragen oder bei den Italienern“. Ich würde
mich da jetzt im Augenblick nicht so beson-
ders wohl fühlen. Deshalb bin ich auch dank-
bar, dass ich im Ruhestand bin.

(Heiterkeit)

Inge Höger (DIE LINKE): Können Sie
noch mal die Unterschiede der verschiede-
nen Aufklärungssysteme, also des alten, von
der Bundeswehr benutzten Breguet-Sys-
tems, der Flottendienstboote und jetzt des
ISIS, beschreiben?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Das ist
ein Netzwerk, Frau Abgeordnete, wo die
Systeme unterschiedliche Auffassungen
haben. Da ist Radaraufklärung drin, da sind

Drucksache 17/14650 – 324 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 20
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

verschiedene Stehzeiten, manche von den
taktischen können nur 30 Minuten fliegen.
Die nützen der Bundesregierung relativ we-
nig. Das ist die Ebene des Bataillons und des
Zuges.

Dann habe ich die SAR-Lupe erwähnt als
Satelliten, der ja in einer Umlaufbahn ist. Mit
der kann man aber keine definierten Räume
überwachen und schon gar keine Ziele ver-
folgen, weil das auch noch ein niederlaufen-
der Satellit ist.

Und in dem ganzen Gefüge ist das, was
wir signalerfassende Aufklärung nennen,
notwendig. Es ist also ein Aufklärungsver-
bund, der am Schluss zu einem abgerunde-
ten Lagebild kommt, bis hin zur mensch-
lichen Aufklärung. Das ist das Gesamtsystem
„Nachrichtengewinnung und Aufklärung“. Die
einzelnen Systeme, LUNA - -

Ich weiß nicht, ob Sie jetzt meinen, dass
ich das beschreiben kann, aber ich will es
einfach von den Ebenen her abwägen. Das
ist die taktische Ebene, auf dem Gefechtsfeld
sehr schnell, aber ohne große Nachhaltigkeit
auf der einfachen Ebene. Dann die lang
dauernde, lange Stehzeit, wo man über
lange Zeit vor allem auch Bewegungsmuster
erkennen kann. Und das ist in Zeiten der
Asymmetrie natürlich eine Schlüsselfähigkeit,
dass man auch Bewegungsmuster erkennen
kann und rechtzeitig darauf reagieren kann.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön. - Jetzt gebe ich das Wort
Bündnis 90/Die Grünen. Herr Kollege Nouri-
pour.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Herr Schneiderhan, waren Sie
mit NATO-Projekt AGS betraut?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ja,
aber nicht im System, sondern in der politi-
schen Dimension und der Forderung danach.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Inwieweit? Was bedeutet das?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Dass
wir uns bereit erklärt haben, in diesem
NATO-System unseren Anteil zu leisten so-
wohl finanziell als auch technologisch, und
dem zugestimmt haben. Aber ich bin jetzt
nicht - sagen wir mal - in den Details von
Global Hawk und diesen Dingen zu Hause.
Ich wusste nur, dass wir dann nach dem

Maritime Patrol Aircraft - das ist ja die andere
Komponente der Breguet Atlantic, die ja auch
ausgephast wurde - in dieses gemeinsame
Projekt AGS einsteigen, das als NATO-Pro-
jekt als notwendig erkannt haben und bereit
waren, unseren Beitrag zu leisten. Also, da
würde ich sagen, war ich nicht in der Tech-
nik, sondern nur in der Militärpolitik.

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Das
kann ich Ihnen jetzt im Detail nicht mehr be-
antworten; aber es ging um die Beschaffung
von einer Zahl von Systemen, die wir mit-
finanzieren. Aber ich weiß die Zahl nicht
mehr; das habe ich nicht parat.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Also, Sie erinnern sich nicht, ob
es zum Beispiel darum ging, dass das Auf-
klärungssystem von den Deutschen geliefert
werden möge -

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Fragen
Sie die - -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): - oder die Integration?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ich
glaube, das System. Aber da ich muss ich
sagen: Ich glaube, das System. Das weiß ich
nicht.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Es gab aber trotzdem im Militär-
politischen rege Konsultationen mit den Part-
nern?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ja.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Und es ist auch offen gesprochen
worden über Probleme, die es gegeben hat?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ja.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Auch bei der Zulassung?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Nein.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Warum nicht?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Wir
haben uns in der militärpolitischen Diskus-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 325 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 21
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

sion nicht um diese Fragen - - Also, da kann
ich mich jetzt an keinen Militärausschuss
erinnern, wo wir Zulassungsfragen diskutiert
hätten.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie haben über das CPM ge-
sprochen, -

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ja.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): - mit dem Sie gearbeitet haben.
Jetzt, im Nachhinein, nachdem wir wissen,
dass die Drohne gegen die Wand geflogen
ist: Was sind denn die Mängel bei dem CPM
gewesen, mit dem Sie gearbeitet haben?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ich
kann keine Mängel im CPM erkennen. Ich
glaube, dass wir damals mit allen - - Es ist
zweimal nachgebessert worden; das habe
ich entschieden. Die Praxis zeigt immer ge-
wisse Schwächen.

Ich würde die Antwort auf die Probleme,
die man heute hat, zu denen ich nichts sagen
kann, nicht in dem System finden können.
Ich glaube, das hat uns sehr gut getragen.

Wir haben eine ganze Reihe von Dingen,
die dieses Geschäft eben außerordentlich
schwierig machen. Ich sage mal ein Beispiel:
Die Jährlichkeit der Haushalts- und Bundes-
wehrplanung ist eine planerische Belastung.
Frankreich hat den Sechs-Jahres-Rüstungs-
plan. Das heißt, die haben ganz andere Pla-
nungszyklen.

Dann haben wir eine andere Weichen-
stellung, und das ist die Trennung von Be-
darfsdecker und Bedarfsträger, die im IT-
Bereich ein bisschen gemildert wurde, im
anderen Bereich natürlich noch sehr scharf
da ist, also zivil/militärisch.

Dann haben wir noch ein paar andere
Tabus, die da stehen. Wenn man - und das
entnehme ich jetzt Ihrer Frage - die Frage
beantworten will: „Was muss denn geändert
werden?“, dann würde ich persönlich nicht
beim CPM ansetzen, sondern bei ein paar
anderen Grundsatzfragen, die in diesem
Bereich eben extrem relevant sind.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Bei welchen?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Zum
Beispiel die Frage der Trennung von Be-

darfsträger und Bedarfsdecker in diesem
System: Wie kann man da besser zusam-
men-, noch enger zusammenkommen, also
der Generalinspekteur und die Haushaltsab-
teilung und die Rüstungsabteilung?

Die Frage der Jährlichkeit des Haushalts
ist eine Risikofrage auch für die Industrie,
weil sie nicht wissen, was wir im nächsten
Haushalt als planbare Größe unterbringen
bei laufenden Projekten, die immer noch die
Zwischenentscheidungen haben, obwohl sie
im Grundsatz genehmigt sind, 25-Mio.-Vorla-
gen. Das sind alles Risikofaktoren, von der
Seite wahrgenommen, die auf Planungs-
sicherheit setzen muss; Industrie als Bei-
spiel.

Da, in dem Bereich, liegen eher die The-
men als in den Verfahrensfragen und den
Phasendokumenten. Ich weiß, dass darüber
gearbeitet wurde. Ich kenne aber den neuen
Stand nicht, was man für neue Gedanken
hat, um das zu suchen. Nur, ich wäre sehr
skeptisch, ob in der Administration, CPM, der
Königsweg für Vermeiden von Fehlern liegt.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie meinen, wenn ich Sie richtig
verstanden haben, die Zusammenarbeit zwi-
schen GI und Abteilungsleiter oder Abteilung
Haushalt ist auch im Planungsstab nicht eng
genug gewesen.

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Doch,
die ist schon eng, aber es sind eben ver-
schiedene Verantwortlichkeiten. Ich kann
jetzt nur von meiner Zeit reden. Ich fand,
dass wir sehr gut zusammengearbeitet ha-
ben. Das vermeidet Fehler nicht grundsätz-
lich; aber ich habe das Gefühl, dass das
Team Rüstung/GI, also Generalinspekteur
und Haushalt, sehr gut funktioniert hat, und
da würde ich jetzt kein Problem sehen. Die
Probleme liegen in der Struktur, irgendwo,
wo ich versucht habe, es zu skizzieren. Ich
muss da sehr vorsichtig sein, weil ich mich
nicht um die jetzige Zeit kümmern will. Aber
aus meiner Sicht waren das nicht die Pro-
bleme.

Die Probleme, die man in der Planung
hat - und übrigens auch in der Finanzierung,
wenn ich das noch anführen darf, Herr Ab-
geordneter Spatz - - Das ist immer unser
Problem der kleinen Stückzahl und der lan-
gen Entwicklungszeiten. Das sind natürlich
klassische Kostentreiber, und da muss man
sehen, wie man mit denen fertigwerden
kann. Da liegen eher die Themen als in den

Drucksache 17/14650 – 326 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 22
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

formalen Abschnitten von Analysephase und
Projektierungsphase und Einführungsphase.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wenn ich das noch mal zusam-
menfassen darf, was sozusagen die einzel-
nen Schritte - auch in Legislaturperioden
gedacht - bedeuten: Bis 2005 wurde der
Bedarf festgestellt. Danach ist das Projekt
angeschoben worden und der Vertrag unter-
zeichnet worden.

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ja.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Würden Sie bei der Feststellung
des Bedarfs heute irgendeine Kritik sehen?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Nein.
Ich glaube, der Bedarf ist schlüssig begrün-
det worden. Sonst hätten wir ja auch nie die
Zustimmung vom Haushaltsausschuss ge-
kriegt. Denn beim Haushaltsausschuss sind
es ja immer zwei Fragen: Ist es konzeptionell
begründet? - Erste Frage. Und zweitens: Ist
es haushalterisch unterlegt?

Das sind ja die beiden Fragen, die zu be-
antworten sind, und wenn es da Kritik gege-
ben hätte, dann hätten wir die Zustimmung
des Haushaltsausschusses vor der endgülti-
gen Vertragsschließung zwischen BWB und
der EuroHawk GmbH nicht hingekriegt, und
ich kann mich auch zu diesem Zeitpunkt
nicht an Bemerkungen vom Bundesrech-
nungshof erinnern, die gesagt hätten: Ihr
dürft das nicht abschließen. - Insofern waren
wir da nach meiner Meinung auf genau der
richtigen Seite und hatten überall Zustim-
mung, wissend, dass es Risiken gibt.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön. - Ich frage jetzt, ob eine zweite
Runde gewünscht ist. - Dann Herr Grübel,
bitte.

Markus Grübel (CDU/CSU): Herr Gene-
ral Schneiderhan, in Ihrer Amtszeit wurde ja
der Löwenanteil des Geldes ausgegeben,
das heute betrauert wird. Gab es einen
Punkt, an dem Sie als Generalinspekteur
gesagt haben, das Projekt sollte man jetzt
abbrechen, wenn Sie es alleine hätten ent-
scheiden können: „Ich brauche das Geld für
andere wichtige Projekte im Bereich der
Bundeswehr nötiger als für dieses Projekt

Euro Hawk oder signalerfassende Aufklä-
rung“?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Nein,
den Zeitpunkt gab es nicht. Ich würde auch
heute noch sagen, dass wir dieses Geld für
dieses Projekt so dringend wie damals brau-
chen, weil wir diese Fähigkeitslücke nicht in
Kauf nehmen können, und ich habe keine
Alternativen bisher gesehen, diese Fähig-
keitslücke zu decken. Und alles andere, über
das nachgedacht wird, kostet auch Geld.
Insofern: Umschichten ist ja schön und gut,
aber dann ist es auch weg.

Nein, es ist die richtige Technologie. Es
ist die richtige Forderung. Es ist die Fähig-
keit, die dem Militär auf den Nägeln brennen
muss, und deshalb wäre ich bis zur Stunde
nicht auf den Gedanken gekommen, zu sa-
gen: Das lassen wir jetzt bleiben und haben
es dann eben nicht.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ich will
Ihnen da nicht widersprechen; aber aufgrund
des Gesamtzusammenhangs, in dem wir uns
hier befinden, stelle ich dann doch noch mal
ein paar Fragen.

Sie haben gesagt, während Ihrer gesam-
ten Amtszeit sind Sie davon ausgegangen,
dass die Probleme, insbesondere die Zulas-
sungsprobleme, lösbar sind. Waren Sie da
als Militär getrieben von dieser Sicherheits-
lücke - Sie haben zum Beispiel Rückzug aus
Afghanistan geschrieben -, dass Sie einfach
gesagt haben: „Der militärische Nutzen ist so
hoch, dass sozusagen auch hohe Risiken in
Kauf genommen werden müssen, um das
Projekt zu Ende zu führen“, und darum sozu-
sagen der Wunsch der Vater des Gedan-
kens, dass es sozusagen lösbare Probleme
sind, war?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ja, ich
bin überzeugt gewesen bis zum Schluss und
würde das auch heute noch sagen, dass wir
diese Fähigkeit brauchen und dass wir alles
tun müssen, um diese Fähigkeit den Streit-
kräften und der Bundesregierung zu be-
schaffen.

Wenn man noch mal über die Kosten re-
det - vom damaligen Zeitpunkt, Herr Ab-
geordneter; ich rede jetzt von maximal
2009 -, wenn ich da die ganzheitliche Kos-
tenrechnung mache, die wir übrigens mit
dem CPM auch eingeführt haben - - auch
eine Neuerung, die damals gekommen ist,
dass wir Lebenszyklen rechnen und nicht nur

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 327 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 23
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Betriebskosten in der Jährlichkeit. Wir haben
uns den auf 20 Jahre angeguckt und haben
geguckt, wie die Kostenrechnung anzieht im
Vergleich zu dem, was wir an Ergebnissen
bekommen, an Aufklärungsergebnissen und
an einsatzrelevanten Ergebnissen, und was
für Qualität von Daten wir mit dem System
bekommen. Damit habe ich insgesamt für
mich damals, Ende 2009, ein ganz günstiges
Kosten-Leistungs-Verhältnis hingebracht,
wenn ich das so gerechnet habe in diesem
System. Und auch das war ein Grund, zu
sagen: Ja, das ist eigentlich von der - - Dass
inzwischen heute gesagt wird: „Die Lebens-
kosten im Vergleich zum herkömmlichen
Geschäftsflugzeug sind nicht so günstig wie
damals zugrunde gelegt“, das ist Wissen,
das mir 2009 nicht zur Verfügung stand.

Damals war das ein ganz vernünftiges
Kosten-Nutzen-Verhältnis im Ergebnis im
Vergleich zum Input und Output, wenn ich es
mal so einfach sagen darf. Das kam auch
dazu.

Markus Grübel (CDU/CSU): Der Kollege
Arnold hatte Sie ja gefragt, wie die Berichts-
ebenen in Richtung Generalinspekteur wa-
ren. Wie war denn das in Richtung Minister?
Haben Sie Ihre Minister sozusagen aus
eigener Initiative unterrichtet, wenn gewisse
Markpunkte sozusagen erreicht waren, oder
haben Sie darauf gewartet, dass der Minister
Sie bittet, vorzutragen zum Projekt?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Beim
Militär gibt es einen Grundsatz. Der heißt
„Melden macht frei“, Herr Abgeordneter,

(Heiterkeit)

und ich bin sicher, dass wir Wege hatten, wo
man über vielerlei Dinge auch ganz informell
miteinander geredet hat. Wenn mir was auf
den Nägeln gebrannt hat, wo ich dachte, das
muss der Minister jetzt wissen, dann habe
ich jenseits aller Formalitäten als General-
inspekteur Zugang, weil ich Vortragsrecht
hatte beim Minister - manchmal mit Staats-
sekretär, manchmal alleine, je nachdem, wie
die Lage war. Das war ein ganz natürliches
Kommunikationsverhältnis - tagtäglich. Es
gab sogar Phasen, wo der Minister zu mir ins
Büro gekommen ist und mich was gefragt
hat. Also, so informell läuft es auf der ande-
ren Seite natürlich auch ab. Nein, nein, der
Generalinspekteur würde hohe Gefahr lau-
fen - ich sagte das schon -, wenn er nur im
Extremfall dann zur Vorlage greifen würde.

Auch der Abstimmungsprozess - - Wir
wissen ja alle, wie risikobehaftet das Entste-
hen von Vorlagen im Hinblick auf: „Die wer-
den eher einem anderen Kreis bekannt als
dem, den man haben will“ - - Deshalb emp-
fiehlt es sich, im Vorfeld von Vorlagen durch-
aus erst einmal zu besprechen, ob man
überhaupt eine machen soll oder ob man die
Dinge nicht durch verbale Kommunikation
auf der Leitungsebene zunächst einmal
steuert und dann den Prozess selbst in die
Hand nimmt, wie dann die formalen Dinge
ablaufen. Das muss man nicht unbedingt bei
aller Hochschätzung der Qualität von Refe-
renten den Referenten überlassen, wann sie
mit welchem Verteiler was an den Minister
schreiben. Ich würde schon allein aus
Sicherheitsgründen das Gespräch immer erst
mal vorziehen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Also, Sie
meinen, dass die Vorlage schneller bei der
Presse ist als beim Minister?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Das
Risiko ist da.

(Heiterkeit)

Markus Grübel (CDU/CSU): Der Kollege
Silberhorn macht dann weiter.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Vielen
Dank. - Herr General, wenn Sie nach dem
Grundsatz „Melden macht frei“ verfahren,
geben Sie zu erkennen, dass Sie damit eine
gewisse Verantwortung über die übertrage-
nen Informationen an den Minister weiterrei-
chen. Gab es denn einen Minister in Ihrer
Amtszeit oder auch einen beamteten Staats-
sekretär, der die von Ihnen vorgetragenen
Informationen nicht nur zur Kenntnis ge-
nommen hat, sondern auch Konsequenzen
daraus gezogen hat? Also, gab es Entschei-
dungsvorlagen beispielsweise, die angefor-
dert worden sind? Gab es auch mal eine
angeforderte Unterrichtung? Gab es alterna-
tive Lösungswege, die in Auftrag gegeben
worden sind?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Sie
meinen jetzt zu unserem Untersuchungs-
gegenstand oder allgemein?

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Nein,
zu diesem Untersuchungsgegenstand.

Drucksache 17/14650 – 328 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 24
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Wie
gesagt, die ergänzende Vorlage, also die
erste Zwischenentscheidung, ist so eine,
wenn man Abweichungen festgestellt hat. Es
gab keinen Auftrag, eine Entscheidungsvor-
lage „Abbrechen oder nicht abbrechen“ zu
machen, weil das in dem Zeitraum einfach
nicht anstand, weil die Lage gar nicht so war.

Ich bitte immer darum, die Dinge nicht
aus der heutigen Sicht zu beurteilen. Wir
mussten mit unserem Kenntnisstand und den
Beurteilungen, die die Fachleute abgegeben
haben, von 2002 bis 2009 arbeiten. Erkennt-
nisse, die heute da sind, standen nicht zur
Verfügung.

Nein, da wurde nichts angefordert nach
dem Motto: „Schreiben Sie mir mal auf, ob
ich entscheiden soll: Wir hören auf, oder wir
hören nicht auf“, weil es nicht anlag in der
Form.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Herr
General, als Abgeordneter will ich darauf
hinweisen, dass der Grundsatz „Melden
macht frei“ auch gegenüber dem Parlament
seine Wirkung entfalten könnte. Haben Sie
denn in Ihrer Amtszeit auch Abgeordnete,
insbesondere die Berichterstatter der Frak-
tionen, über den Verlauf des Projekts und
über den jeweiligen Sachstand unterrichtet?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Das
war genau nicht meine Zuständigkeit, da es
der Hauptabteilungsleiter Rüstung im Vertei-
digungsausschuss war, und ich weiß nicht,
ob der gefragt wurde. Ich denke, ja. Und der
hat da Rede und Antwort zu stehen. Das ist
nicht Sache des Generalinspekteurs. Ich
bitte, das jetzt nicht zu feierlich zu nehmen
mit dem „Melden macht frei“, Herr Abgeord-
neter.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Herr
General, Sie haben ganz am Anfang erläu-
tert, dass die Aufklärungslücke, die Sie fest-
gestellt haben, aus Ihrer militärischen Sicht
unverantwortlich ist. Das war Ihre Einschät-
zung, wenn ich Sie richtig verstanden habe,
im Jahre 2000 oder 2002. Diese Lücke ist,
wenn ich Ihnen recht gefolgt bin, heute grö-
ßer geworden. Und Sie haben eben gesagt,
dass Sie dieses Projekt nach wie vor für die
richtige Technologie halten. Kommen Sie
denn zu der Einschätzung, dass durch die
Mittel, die in Ihrer Amtszeit für dieses Projekt
verausgabt worden sind, aus heutiger Sicht
ein Schaden entstanden ist für den Bund?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ich
möchte die heutige Sicht nicht gern beant-
worten, weil ich da einfach nicht mehr in der
Materie bin. Ich muss vielleicht ein bisschen
korrigierend jetzt antworten, Herr Abgeord-
neter, wenn Sie mir das gestatten. Der Plan
war, dass wir eben keine Aufklärungslücke
nach der Ausphasung der letzten Breguet
Atlantic haben; das war der Plan. Nicht die
Lücke, von der ich gesagt habe, dass ich sie
heute für ganz erheblich halte und für eine
große Herausforderung an die Verantwor-
tung derer, die jetzt handeln müssen, son-
dern wir wollten, dass wir erstens die Breguet
Atlantic aussondern, auch weil sie unwirt-
schaftlich ist - Rechnungshof 2005 -, weil sie
industriell nicht mehr nachversorgbar ist nach
2010. Und wir wussten, wir brauchen, wenn
die letzte geht, ein Mittel, damit es keine
Fähigkeitslücke gab. Und deshalb: De-
monstrator. Und deshalb haben wir uns dann
überlegt, als es kritisch wurde - das war noch
in meiner Amtszeit -: Gibt es Möglichkeiten,
die Flugfähigkeit des Demonstrators vorzu-
ziehen? Oder letzter Auftrag von mir an die
IAGFA: „Gibt es andere Zwischenlösun-
gen?“, als erkennbar wurde, der kommt frü-
hestens mit vorläufiger Zulassung oder
Nichtzulassung 2011 in die Luft. Das war so
mein Stand, als ich gegangen bin.

Also hatten wir ein Jahr mit Einsatz in Af-
ghanistan, das uns umtreiben musste, und
da haben wir uns überlegt - - Aber das Er-
gebnis kann ich Ihnen nicht vortragen, weil
ich den Gang zur zweiten Zwischenentschei-
dung nicht mehr abschließend verfolgt habe.
Aber dass uns das auf den Nägeln gebrannt
hat, das ist dokumentiert auch in den Be-
sprechungsprotokollen der IAGFA; Ende
2008, Anfang 2009 muss das gewesen sein.

Also, damals hatten wir noch nicht die
Verantwortung: „Wir haben eine Fähigkeits-
lücke“, sondern wir haben die Verantwortung:
Es darf keine entstehen. Das war der Punkt,
der uns umgetrieben hat. Das ist ein biss-
chen anders als das, was Sie, vielleicht un-
geschickt formuliert, jetzt aus heutiger Sicht
gesagt haben.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wir haben
jetzt keine Fragen mehr und können weiter-
geben.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut. - Dann an die SPD-Fraktion.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 329 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 25
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Herr Ge-
neral, Sie haben über die Frage Geburtsfeh-
ler schon was gesagt. Jedenfalls war aber
klar: Es ist ein wichtiges Projekt, es ist eines
der zu dem Zeitpunkt drei deutsch-amerika-
nischen Rüstungsprojekte. Es ist eine neue
Technik, und es soll hier eine Lücke ge-
schlossen werden, die erkennbar auftritt.
Also war das ein Baby, das, wenn es auf der
Welt ist, besonderer Fürsorge bedurft hätte.

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Wie
alle Babys, Herr Abgeordneter.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber ein
besonderes Baby.

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ja, ja,
natürlich. - Also, ich habe über die Fähig-
keitskategorie nicht gesprochen, über die
anderen fünf, die wir damals entwickelt ha-
ben. Aber dazu gehörte eben auch die Frage
A400M - das ist auch ein Thema -, Luftver-
legbarkeit und, und, und. Aber Nachrichten-
gewinnung und Aufklärung ist der Schlüssel
geworden. Je mehr Asymmetrie, desto mehr
Bedeutung von Nachrichtengewinnung und
Aufklärung, auch um entsprechend das
Parlament beraten zu können, bevor es
Einsatzentscheidungen und Einsatzmandate
für die Streitkräfte erteilt.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): War das
ein Thema, zu dem der Bundesminister,
einer der Bundesminister Ihrer Zeit, auch
Gespräche mit der amerikanischen Seite
geführt hat?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Also,
ich kann mich jetzt nicht an Details erinnern.
Ich kann mich nur erinnern, dass Bundes-
kanzler Schröder in Amerika war, und dafür
gab es einen Sprechzettel, wo das Thema
Aufklärungsfähigkeit drin war. Bloß, Sie dür-
fen mich jetzt nicht nach den Details fragen.
Ich weiß nur, dass wir für seine Amerikareise
etwas geschrieben haben zu dem Thema;
aber die Details habe ich nicht mehr parat.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber es
gab ja auch deutsch-amerikanische Regie-
rungsverträge zu diesem Thema. Insofern ist
realistisch - wir können das ja die Minister
nachher auch noch mal fragen, die ehema-
ligen Minister -, dass es sozusagen in der
Zeit auch Gespräche gegeben hat auf der

Ebene der Verteidigungsminister zu diesem
neuen, an amerikanische Technik anschlie-
ßenden Projekt.

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Wobei
ich vermute, dass die Minister sich auf der
politisch-strategischen Ebene bewegt ha-
ben - und das heißt: wir brauchen so etwas -
und dass die Minister sich nicht mit der Frage
„Luftgestützt und was ist weiträumig, und wie
ist die Luftraumordnung?“ beschäftigt haben.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wir ha-
ben ja schon etwas gehört zur Information
der Minister, also zur auch spontanen, auch
informellen Information der Minister. Aber
aus der Perspektive der jeweiligen Fach-
beamten und Militärs im Ministerium ist es
existenziell wichtig, immer dann, wenn der
Minister sich mit einer Sache beschäftigen
muss, auch einen richtigen Sachverhalt auf
ihn zulaufen zu lassen. Also, er muss wissen,
wie der Stand ist.

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): So ar-
beitet ein Ministerium.

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: So ha-
ben wir gearbeitet, ja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Und der
Planungsstab hätte möglicherweise darauf
geachtet, dass das auch tatsächlich stattfin-
det, wenn es mal nicht stattfindet.

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ja, der
Planungsstab hat vielleicht im Gegensatz
zum Führungsstab der Streitkräfte empfoh-
len: „Diese oder jene Bemerkung machen
Sie nicht gleich zum Auftakt, sondern die
nehmen Sie mal in Reserve im Laufe des
Gespräches“, also mehr die taktische Va-
riante von Gesprächen bestimmt. Da gab es
durchaus Vorschläge, dass man das vom
Aktiven in das Reaktive übersetzt hat - oder
umgekehrt. So schon. Aber natürlich gab es
diese Pflicht, den Minister nach bestem Wis-
sen zu unterrichten.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Und der
Minister braucht eigentlich in diesem Riesen-
apparat Bundeswehr ein Frühwarnsystem,
das ihm hilft, sozusagen nicht nur angewie-

Drucksache 17/14650 – 330 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 26
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

sen zu sein auf ihn zulaufende Entschei-
dungsvorlagen.

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Lassen
Sie mich es etwas spöttisch beantworten:
Was soll ich als ehemaliger Leiter Planungs-
stab anderes sagen als Ja?

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Dann will
ich Sie jetzt auch nicht fragen, ob es ein
Fehler war, den Planungsstab abzuschaffen,
was der Minister de Maizière am Anfang
seiner Amtszeit gemacht hat.

Zu dem Vertrag - das vielleicht auch fürs
Protokoll mal gesagt -: Der Vertrag, der 2007
geschlossen wurde, war aus Ihrer Sicht
okay?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Aus
meiner Sicht hatte ich da nichts einzuwen-
den; aber, wie gesagt, ich bin nicht in den
Vertragsdetails, nicht in den Optionen und
nicht in den Leistungen im Detail, was von
der Industrie - - Das war alles nicht mein
Thema.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sie haben
über zwei Zwischenentscheidungen gespro-
chen: 2006 und 2009. Wer trifft diese Zwi-
schenentscheidungen?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Die
muss der Generalinspekteur dann in Ergän-
zung zu seiner abschließenden Forderung
dem Minister vorlegen - oder der Leitung,
besser gesagt, vorlegen -, wenn Änderungen
zur abschließenden Forderung entstanden
sind im Bereich Geld und im Bereich Zeit.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Und die
Leitung muss abzeichnen?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Die
Leitung zeichnet ab. Die von mir -
13.11.2006 - hat der Staatssekretär am
12.12.2006 gebilligt.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sie haben
entschieden, und er hat - - Das wäre jetzt
überhaupt mal interessant - das wird uns ja
noch verfolgen in diesem Ausschuss -: Was
ist der Unterschied zwischen einer Entschei-
dung und einer Billigung?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Das ist
keine Entscheidung vom Generalinspekteur,

sondern die Zwischenentscheidung - hat ein
bisschen einen schwierigen Namen - ist
eigentlich eine Vorlage zur Unterrichtung,
wenn man das jetzt mal sehr präzise fassen
würde. Warum das „Zwischenentscheidung“
heißt, kann ich hier nicht diskutieren. Aber in
der ersten hatte ich festgestellt: Wir haben
ein Jahr Abweichungen vom Zeitplan. Das ist
der Auslöser gewesen. Wir haben Kosten-
steigerungen, die ich im Moment nicht mehr
quantifizieren kann; aber sie waren erheblich.
Das hängt auch mit den Foreign-Military-
Sales-Geschäften zusammen, die da eine
Preissteigerung gebracht haben. Und wir
wollten insgesamt noch die interne Kommu-
nikation im System verbessern. Das waren
die drei Gründe, wo ich dem Minister über
den Staatssekretär, also dem Staatssekretär,
vorgeschlagen habe, dass wir da nach-
steuern müssen. Und dann wurde zu diesem
Zeitpunkt eben in dieser Zwischenentschei-
dung festgestellt, dass wir mit Blick auf den
Zulassungsprozess höhere zeitliche und
finanzielle Risiken zu diesem Zeitpunkt fest-
stellen müssen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Und das
muss gemeldet werden.

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ja, das
steht da drin. Das ist der Grund für die Vor-
lage.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Kann
man davon ausgehen, wenn der Staats-
sekretär das gemailt bekommt zur Billigung,
dass dem Minister das bekannt wird?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ja,
würde ich Ja sagen. Aber das weiß ich jetzt
nicht, weil ich die Vorlage nicht mehr sehe.
Ich weiß, dass es eine Vorlage vom Gene-
ralinspekteur an den Staatssekretär ist. Das
war damals Staatssekretär Eickenboom. Den
weiteren Verlauf habe ich nicht in Erinne-
rung.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sie sa-
gen, 2008, als die IAGFA Ihnen sozusagen
ein Gutachten vorgelegt hat, haben Sie auch
gebeten, Alternativen zu prüfen, Alternativen
außerhalb also der Lösung Euro Hawk, also
mit einem anderen System.

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: In sehr
allgemeiner Form. Nach meiner Erinnerung

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 331 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 27
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

hat die IAGFA 2008 - das Datum weiß ich
nicht mehr präzise - mir gemeldet, dass es
eine Verzögerung von sechs Monaten gibt,
und zwar bei allen Meilensteinen im Projekt.
Damit war klar, dass der Erstflug nicht vor
Ende 2009 stattfinden wird, dass die Über-
führung 2010 stattfinden wird. Das hat mich
dazu bewegt, dem Inspekteur der Luftwaffe
und dem Inspekteur der SKB damals den
Auftrag zu geben, zu untersuchen, wie wir
damit fertigwerden können. Denn jetzt ist
klar: Wir werden eine Lücke haben.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das erste
Mal sozusagen taucht das Wort „Alternative
zu Euro Hawk“ dann im Prinzip an dem
Punkt auf, wo Sie diese Lücke identifizieren.

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ich
habe nicht „Alternative zu Euro Hawk“ formu-
liert.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Zwi-
schen-, Überbrückungslösung.

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ich
habe eine Zwischenlösung - - damit wir die
Lücke nicht haben, bis der kommt. Ich habe
nicht „Alternative zum System“ gesagt - da
bin ich mir ziemlich sicher -, sondern ich
wollte wissen: Wie können wir die Lücke
decken? Gibt es da andere Varianten, wo
man das machen kann?

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber es
wäre dann ein anderes System gewesen,
was man übergangsweise hätte nehmen
müssen.

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Genau.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wir ha-
ben ja auch die Koinzidenz mit anderen
Systemen, die auf der gleichen Grundlage
sind, also NATO AGS und die IMINT-Version
des Global Hawk, die wir auch beschaffen
wollten, fünf Exemplare. Frankreich und
Großbritannien sind ja ausgestiegen aus
NATO AGS. Ist Ihnen da eine Diskussion
erinnerlich, also darüber, dass es irgend-
wann sozusagen Vorbehalte gab oder Pro-
bleme gab, die in diesen Ländern gesehen
wurden? Oder war das nach Ihrer Zeit?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ich
kann mich nur an militärpolitische Diskussio-

nen erinnern unter dem Thema „Ausstieg
Deutschlands aus einem Partnerschaftspro-
jekt mit Amerika“ und die Frage: Wie wirkt
das in der NATO? Ich kann mich nicht an
Diskussionen über Details von Luftzulassun-
gen oder Ähnlichem in dem Zusammen-
hang - - nur die Frage: Kann sich die Bun-
desrepublik Deutschland mit ihrer Verant-
wortung etc., etc. aus diesem einzig verblie-
benen bilateralen Projekt mit Amerika als
NATO-Projekt einer Beteiligung entziehen?
Ist das politisch, militärpolitisch - sicherheits-
politisch ist besser gesagt - verantwortbar
oder nicht? Das war die Diskussion. Keine
Technikdiskussion.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Vielleicht
noch mal eine Fähigkeitsfrage. Die Flotten-
dienstboote der Marine, die ja auch über so
eine SIGINT-Technik verfügen - nun nicht
aus großer Höhe, sondern aus der Distanz
vom Meer aus -, waren zur Ausphasung
Mitte dieses Jahrzehnts vorgesehen. Das ist
dann mal umentschieden worden, interes-
santerweise 2011. Also, die werden jetzt
ertüchtigt und sollen bis infinitum fahren, bis
sie dann durch etwas anderes ersetzt wer-
den.

War das damals eine Diskussion, dass,
wenn der Euro Hawk da ist, man dann auch
die Flottendienstboote eben nicht mehr er-
neuern muss, sondern dass das mit abge-
deckt wird?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ich
meine mich so zu erinnern, Herr Abgeord-
neter, ja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Insofern
wäre die Frage also: Wenn man irgendwann
feststellt, wir brauchen sie doch noch, dann
hat man was festgestellt -

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): - 2011.

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Wobei
das war - -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Was nicht
Ihre Zeit ist.

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Da war
ich schon im Ruhestand.

Drucksache 17/14650 – 332 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 28
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Vielen
Dank.

Rainer Arnold (SPD): Herr General, im
Vertrag steht ja, dass die Mittel entsprechend
der Erreichung von Meilensteinen ausbezahlt
werden. Nun sagte Kollege Grübel vorhin,
die Auszahlungen wären alle in Ihrer Zeit
erfolgt.

(Zuruf des Abg. Markus Grübel
(CDU/CSU))

- Der Löwenanteil. - Haben Sie da Erkennt-
nisse drüber, ob es eher um Verträge geht
oder um real geflossene Summen nach Mei-
lensteinen?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Also,
ich meine, es geht um Verträge, aber ich bin
mir da jetzt nicht sicher, Herr Abgeordneter.
Das weiß ich jetzt nicht definitiv.

Rainer Arnold (SPD): Muss man sehen
bei anderen Fragen. - Noch mal zur Einbe-
ziehung des Parlamentes. Haben Sie sich,
auch wenn Sie nicht zuständig sind, mit sol-
chen Fragen gelegentlich dann in diesem
Zusammenhang befasst? Wir haben ja in
Erinnerung, dass bis zum dritten Änderungs-
vertrag das Parlament unterrichtet wurde und
ja auch entsprechende Vorlagen da waren.
Dann hat es erst aufgehört.

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ja, das
Geflecht, mit dem wir gearbeitet haben -
auch mit diesem Ausschuss -, war ja auch
sehr viel auf bilateraler Basis: sehr viel per-
sönliche Information, sehr viel persönliche
Gespräche fast durch alle Fraktionen, die im
Verteidigungsausschuss anwesend sind. Da
gab es zu Rüstungsfragen immer wieder
Themen, und dazu gehörte auch, dass - - Ich
will jetzt da keine Namen nennen, aber ich
glaube, ich habe mit vielen Abgeordneten -
männlich und weiblich - über dieses Thema
gelegentlich auch gesprochen.

Rainer Arnold (SPD): Keine weiteren
Fragen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Dann bitte die FDP.

Joachim Spatz (FDP): General Schnei-
derhan, Sie hatten ja vorhin, was den Be-
schaffungsprozess insgesamt angeht, ge-
sagt: Wenn man Neuland betritt, wenn man

Eigenentwicklungen macht, wenn man kleine
Stückzahlen beschafft, hat man gewisser-
maßen so eine Art „rock bottom“, da kommt
man nicht drum rum und hat immer die Risi-
ken, was technische Lösbarkeit, zeitliche
Lieferzeitverzögerungen oder auch Kosten
anbetrifft. Dazu zwei Fragen.

Die erste Frage: Halten Sie es deshalb für
geboten, dass wir weniger Eigenentwicklun-
gen machen und mehr von der Stange kau-
fen, um diese Risiken in der Zukunft zu mi-
nimieren? Oder, wenn wir uns umentschei-
den würden: Welche anderen Risiken wür-
den wir eingehen, wenn wir Abstand nehmen
von Eigenentwicklungen, Neuland betreten
und ähnliche Dinge? Das ist die erste Frage
zu dem Komplex.

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Die
erste Antwort ist: Das Risiko liegt immer in
den Zertifizierungsangelegenheiten, also
national. Das kennen Sie aus vielen anderen
Bereichen auch, Herr Abgeordneter.

Zweitens muss man aufpassen: Es ist ja
nicht nur risikobehaftet, wenn man Neuland
betritt. Wer hätte gedacht, dass die Turbine
eines A400M uns solche Entwicklungs-
schwierigkeiten gibt, wo es so lange schon
Propellerflugzeuge gibt, als Beispiel. Wäre
nicht darauf gekommen, dass das ein Pro-
blem werden könnte beim A400M. Ist es
aber. Also, da muss man sehr differenziert
rangehen.

Bei dem „von der Stange kaufen“ würde
ich empfehlen, dass man sehr unterscheiden
muss. Ich kann mir vorstellen - ich kann ja
nun nicht mehr geprügelt werden vom Heer -,
dass man bestimmte Transportfahrzeuge
durchaus von der Stange kaufen kann, weil
auch industriepolitisch Blechbiegen keine
reizvolle Herausforderung ist, weil es keine
innovative Technologie bedeutet.

Aber es gibt national sensitive Bereiche -
und dazu gehört Nachrichtengewinnung und
Aufklärung -, wo ich schon sagen würde: Da
müssen wir unsere ureigensten Ansprüche
auf ungeschü- - ungefilterten Zugang zu
Rohdaten und so haben. In der Phase, wenn
das eingeführt ist, dann können wir durchaus
kooperieren, weil Nachrichtendienst funktio-
niert nach Geben und Nehmen. Aber, Herr
Abgeordneter, das brauche ich Ihnen auch
nicht zu sagen.

Aber in der Entwicklung und in der Hoheit
über das Gerät gibt es sensitive Bereiche, wo
ich eben nicht „Stange“ sagen würde. Und es
gibt einfaches Zeug, das man von der

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 333 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 29
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Stange kaufen kann. Da hängt auch natürlich
eine industriepolitische Überlegung mit drin.

Was wir jetzt da entwickeln mit den Sen-
soren und was für Fragen wir mit der Inte-
gration industrietechnisch, also technolo-
gisch, haben, das ist natürlich auch geeignet,
eine gute Position für dieses Land in dieser
Technologie zu bekommen.

Joachim Spatz (FDP): Also werden wir
dann auch weiterhin mit den entsprechenden
Begleiterscheinungen zu kämpfen haben,
vermute ich mal.

Zweite Frage. Trotzdem gibt es ja viel-
leicht beim CPM Optimierungsmöglichkeiten.
Und nachdem wir ja auch als Untersu-
chungsausschuss aufgetreten sind, „by
lessons learned“ auch in dieser Hinsicht auf-
zuschreiben: Was würden Sie denn aus Ihrer
Erfahrung aus Ihrer Zeit bezüglich dieses
Projekts, aber auch allgemeiner Beschaffung
als optimierungsfähig titulieren, was diesen
ganzen Prozess anbetrifft?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Erstens
die Prozesssteuerung und die Zuständigkei-
ten in der Prozesssteuerung. Das ist, glaube
ich, ein Schlüsselthema. Dass alle immer
eingebunden sind, dass wir sozusagen nicht
in Zuständigkeitskaminen arbeiten und ar-
beiten und zu einem relativ späten Zeitpunkt
die Ergebnisse aus den verschiedenen Ka-
minen erst zusammenkommen, sondern
dass ganz früh sozusagen die Details von
der Technik übers Geld bis zum Streitkräfte-
bedarf sehr, sehr früh in einen gemeinsamen
Entwicklungsgang kommen und dann alle auf
derselben Höhe miteinander reden können,
auch auf dieselben Datenbanken Zugriff
haben, würde ich dann auch fordern. Das
sind sicherlich Bereiche. Und soweit ich das
in Erinnerung habe, sind da auch einige Än-
derungen jetzt aktuell ins Rohr geschoben.
Die kann ich aber nicht aufzählen, und ich
will sie schon gar nicht beurteilen.

Joachim Spatz (FDP): Ja. - Besten
Dank. Das waren meine Fragen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Dann würde ich jetzt den Linken das Wort
geben.

Inge Höger (DIE LINKE): Ja, vielen
Dank. - Ich möchte auch noch mal bei der
Vertragsgestaltung weitermachen, und zwar

ganz am Anfang. Mit welchen Firmen sind
Gespräche geführt worden, nachdem Sie
sozusagen diese Fähigkeitslücke festgestellt
haben, um ein neues System zu entwickeln?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Kann
ich Ihnen nicht beantworten, Frau Abgeord-
nete. Weiß ich nicht.

Inge Höger (DIE LINKE): Es gibt Hin-
weise darauf, dass EADS bereits 1999
mehrfach im Ministerium vorgetragen hat.

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ich
kann es nicht wechseln, weil ich es nicht
weiß. Das sind alles Dinge, die - - Das be-
zieht sich jetzt schon ein bisschen auf die
Frage von Ihnen, Herr Abgeordneter Spatz.
Das sind eben die Dinge, nicht? Wer die
Gespräche führt und welchen Inhalts, das ist
dann eben - - Da ist der Bedarfsträger sozu-
sagen nicht so recht beteiligt, würde ich mal
ganz, ganz vorsichtig anmahnen.

Inge Höger (DIE LINKE): Okay. - Dann
noch mal zu der Frage, dass Sie ja gesagt
haben, dass eine normale Luftverkehrszulas-
sung - - dass Ihnen das klar ist, dass die
einfach notwendig ist. Auch da hat es ja im-
mer wieder Hinweise gegeben, auch von-
seiten EADS, dass es da große Probleme
geben wird. Ist Ihnen das bekannt gewesen?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ja. Auf
Probleme ist immer hingewiesen worden.
Aber da das nichts Außergewöhnliches ist,
muss man eben sagen - verzeihen Sie mir
auch hier die Einfachheit des Arguments -:
Dann müssen wir jetzt alles tun, um die
Probleme zu lösen. - Manchmal fährt man
aus der Haut und sagt: Ihr habt mir die
Probleme jetzt lange genug beschrieben. Ich
würde gerne mal wissen, wie wir sie lösen
wollen. - Das ist vielleicht so ein Grundpro-
blem in so einer Welt, nicht? Ich konnte sie
nicht lösen als Generalinspekteur.

Inge Höger (DIE LINKE): Ja, aber die In-
dustrie sollte sie lösen, und da hat man - -

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: In Zu-
sammenarbeit mit denen, die verantwortlich
sind für diese Zulassungsdinge. Das kann ich
im Detail auch nicht beantworten. Ich kann
allerdings abschätzen, dass es schwierig ist,
eine Verantwortung zu übernehmen, 20

Drucksache 17/14650 – 334 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 30
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Jahre lang nur mit vorläufigen Ausnahme-
genehmigungen so ein Ding zu betreiben. Da
hätte ich auch ein Problem, wenn man mir
das zumuten würde, nicht? Also, ich denke,
das ist auch fair, dass man da die Verant-
wortungen klar regeln muss. Es gibt die vor-
läufige Verkehrszulassung, aber über eine
Laufzeit von 20 Jahren ist, glaube ich, das
Wort „vorläufig“ nicht so richtig passend.

Inge Höger (DIE LINKE): Also, Sie sagen
jetzt, Sie waren mit der Vertragsgestaltung
nicht befasst. Aber in dem Vertrag hat ja
auch dringestanden, dass die Luftverkehrs-
zulassung Bestandteil ist.

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ja.
Aber, wie gesagt, da gibt es Leute, die das
wissen und verhandeln. Dazu gehöre ich
nicht. Ich bin kein Sachverständiger in diesen
Dingen.

Inge Höger (DIE LINKE): 2006 haben Sie
einen Zwischenbericht gemacht, haben Sie
vorhin gesagt, -

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ja.

Inge Höger (DIE LINKE): - wo Kosten-
steigerungen schon mal in erheblichem Um-
fang drin waren. Sie waren der Ansicht: Das
ist alles planbar. Der Vertrag ist dann ja ab-
schließend erst endgültig 2007 abgeschlos-
sen worden. Aber das war aus Ihrer Sicht
alles völlig vertretbar?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ja.
Kostensteigerungen kriegt der General-
inspekteur gemeldet - die heißen in der Re-
gel „unabweisbare Kostensteigerungen“ -,
und dann hat er den Auftrag, die im nächsten
Haushalt anzumelden und unterzubringen, in
Zusammenarbeit mit dem Abteilungsleiter
Haushalt. Ich habe das für vertretbar gehal-
ten. Ich meine - ich hatte das ja ausgeführt -,
ich hatte keine Ampelstellung „rot - das darfst
du jetzt nicht mehr machen“. Von keiner
Seite ist eine Ampelstellung „rot“ eingeleitet
worden.

Inge Höger (DIE LINKE): Wir hören jetzt
sowohl von Ihnen als auch aktuell von Herrn
de Maizière immer wieder: Die Probleme
waren lösbar. - Auf der anderen Seite gab es
aber zig Hinweise darauf, dass es nicht lös-
bar war.

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Mit den
zig Hinweisen „es ist nicht lösbar“ bin ich
etwas vorsichtig, Frau Abgeordnete. Da ist
mir eben jetzt nichts bekannt. Auch meine
eigene Beurteilungskompetenz hat mich auf
der Wissensbasis der damaligen Zeit nicht zu
„Ampel rot - nicht lösbar“ geführt.

Inge Höger (DIE LINKE): Ich übergebe
mal an meinen Kollegen.

Harald Koch (DIE LINKE): Sie hatten
vorhin ausgeführt, dass das ein Projekt mit
ressortübergreifender Nutzung wäre. Meinen
Sie da auch - Sie hatten ja auch den Kata-
strophenbegriff genannt - Innenministerium,
Verbrechensbekämpfung, Demonstrations-
überwachung etc.?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Nein,
um Gottes willen. Ich habe nun das Vergnü-
gen, im Beirat, Herr Abgeordneter Spatz, des
Auswärtigen Amtes „zivile Krisenprävention“
zu sein. Und wenn es richtig ist, dass Krisen-
prävention, zivile Krisenprävention ein
Schlüssel für die Zukunft wird, um Interven-
tionen erst gar nicht notwendig zu machen,
dann brauchen wir in diesem Bereich ein
Frühwarnsystem, das das Auswärtige Amt,
das Bundeskanzleramt und alle relevanten
Ressorts rechtzeitig in die Lage versetzt,
zivile Krisenprävention - das geht hin bis zur
Steuerung von Dürrekatastrophen in Somalia
und Ähnlichem - rechtzeitig zu sehen - oder
Wassernotstände - und rechtzeitig zivile
Handlungsalternativen aufzubauen, bevor wir
vor der militärischen Intervention stehen, weil
uns sonst nichts mehr einfällt oder wir schon
beim Mittel der letzten Wahl gelandet sind.
Das meinte ich damit. Kein Einsatz, wie Sie
es geschildert haben. Um Gottes willen.

Harald Koch (DIE LINKE): Nächste
Frage. Die Luftzulassung werden ja die Ame-
rikaner haben, gehe ich mal davon aus. Wis-
sen Sie und können Sie darüber etwas sa-
gen, ob unsere Verbündeten über uns schon
fliegen?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Nein,
das weiß ich nicht. Kann ich Ihnen nicht be-
antworten, weiß ich einfach nicht.

Harald Koch (DIE LINKE): Zu diesen
Reichweiten noch mal. Ich hätte mal noch
eine konkrete Frage. Dieses System der

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 335 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 31
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Signalerfassung: Wissen Sie, wie weit die
Reichweite einzuschätzen ist, auch im Unter-
schied zu den bisherigen Systemen, zum
Beispiel der Breguet Atlantic oder AWACS?
Können Sie da Zahlen nennen?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan:
AWACS ist ein ganz anderes System. Das
würde ich jetzt als Vergleich nicht empfehlen.
- Nein, ich will es sehr einfach machen: Je
höher, desto besser ist die Abstrahlmöglich-
keit, und je niedriger, desto geringer und
desto häufiger sind die Störungen in der Ab-
strahlung. Und deshalb ist das System eben
auch angelegt auf 20 Kilometer bzw. 30 Ki-
lometer Höhe. Das ist genau der Grund da-
für, dass da die bestmögliche Erfassung über
eine lange Zeit entstehen kann. Die Breguet
Atlantic war eben ein Modell aus den 1970er-
Jahren, nicht? Damit können wir die Auffor-
derungen, die wir heute haben, nicht im Min-
desten erfüllen.

Ich will es nur mal an der europäischen
Sicherheitsstrategie festmachen. Die EU -
Deutschland hat dem zugestimmt - hat für
ihre Battle Groups gesagt: 6 000 Kilometer
um Brüssel herum, innerhalb von zehn Ta-
gen nach Ratsbeschluss. - Das ist eine kna-
ckige Formulierung. 6 000 Kilometer sind da
genannt, also Einsatz. Können Sie ja jetzt
Mali nehmen oder anderes. Das heißt, in
dem Bereich, in dem Flächenbereich, müs-
sen wir auch wissen, was wir tun und was
auf uns zukommt und wo die Gefahren lie-
gen. Also, ich glaube, das kann man eben
nur aus hoher Höhe, langer Stehzeit und mit
Weiterwirkungen in die relevanten zu definie-
renden Gebiete hinein, die man eben bei so
einem System fallweise definieren kann.
Dem Satelliten können Sie keine fallweise
definierten Räume zuweisen. Der fliegt halt
um die Welt herum und fotografiert, was er in
der Zeit sieht. So ein System kann man zu-
weisen, so und so lange über dem und dem
in der Abstrahltiefe. Das ist der Unterschied
zu allen anderen Aufklärungsmitteln, die wir
da haben. Und es ist eben nicht Radar, wo
eben auch Abhängigkeiten entstehen, son-
dern es ist eben Erfassen von Signalen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut. - Herr Kollege Nouripour.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich bin zwar nicht der Kollege
Nouripour, aber trotzdem: Vielen Dank, Frau
Vorsitzende.

Herr General, es geht mir um die Aktuali-
sierung der „Abschließenden funktionalen
Forderung“ aus dem Jahr 2006. Warum
wurde denn die AF aktualisiert, und wer war
dahinter die treibende, fordernde Kraft für
diese Aktualisierung?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Also,
ich nehme das jetzt auf mich. Das war die
IAGFA in meiner Verantwortung und am
Ende ich, weil wir gesagt haben: Das müs-
sen wir jetzt aktualisieren.

Ich habe vorher genannt: Das waren die
Kostensteigerungen und die Zeitverzögerun-
gen. - Und dazwischen sind auch ein paar
andere Themen aufgekommen. Und die hin-
gen mit der Integration in die fernmeldeelek-
tronische Aufklärung zusammen, was dann
irrelevant wurde, als das GAST-System 2008
praktisch beerdigt wurde. Das waren die
wesentlichen Punkte. Und man hat erkannt,
dass es eben wegen innerer Probleme zwi-
schen der EuroHawk GmbH und der ameri-
kanischen Firma, auch mit den Führungs-
ebenen und was es da alles gibt, eben zu
Verzögerungen und zu höheren Risiken - ich
glaube, ich habe formuliert: in zeitlicher und
finanzieller Hinsicht - gekommen ist. Das war
der Auslöser für den ersten Zwischenent-
scheid.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich möchte dem Zeugen einen
Vorhalt machen und das BMF fragen, da es
sich um eine Vorlage des BMF „VS-NfD“
handelt, ob ich aus dieser Vorlage zitieren
darf oder ob ich es allgemein formulieren
soll.

(Zuruf)

- Sie schließen sich an. Vielen Dank.
Es geht mir um das Material 17-5 Nr. 4, in

dem Ordner die Zeilen 111 bis 114. Es ist
eine Unterrichtung von Herrn Staatssekretär
Gatzer aus dem Mai 2013. Dort, Herr Gene-
ral, heißt es auf der Seite 4 dieser Vorlage -
bzw. in unserem Materialordner ist das die
Seite 114 -, dass das BMVg das Phasen-
dokument auf Druck des BMF aktualisiert
hätte. In dem Punkt wird dann darauf einge-
gangen, dass auch ein höheres Risiko bei
der Verkehrszulassung gesehen wird. Ich
würde gerne von Ihnen wissen, wie Sie sich
jetzt - -

Drucksache 17/14650 – 336 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 32
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege Lindner, Sie müssen die Vor-
lage dem Herrn General vorlegen.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das mache ich gern.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ohne Vorlage geht das gar nicht.

(Abg. Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN) übergibt dem
Zeugen ein Schriftstück - Der

Zeuge liest in diesem Schriftstück)

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Mir geht es darum, dass es in der
Vorlage heißt, auf Druck des BMF sei das
Phasendokument aktualisiert worden. Und es
ist aus meiner Sicht schon ein Unterschied,
wenn das BMF da die fordernde Stelle wäre.
Und ich würde gerne wissen, wie Sie sich
diese Äußerung des BMF in diesem Doku-
ment erklären, wenn Sie zuvor ausgeführt
haben, dass auf Ihre Forderung hin die AF
aktualisiert wurde.

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Viel-
leicht müssen wir unterscheiden zwischen
der allgemeinen Aktualisierung, die ich ver-
antworte, und irgendeinem Detail, das auf-
grund - - auf Druck des BMF entstanden ist.
Ich kann Ihnen die Frage nicht beantworten,
weil ich mich nicht an einen Druck des BMF
erinnern kann. Der würde auch nicht bei mir
landen, sondern der würde ja dann im Be-
reich der Abteilung Haushalt landen und
dann an mich weitergegeben werden.

Daran kann ich mich im Augenblick nicht
erinnern; da bin ich wahrscheinlich auch
nicht der richtige Gesprächspartner. Mit mir
hat das BMF in diesen Dingen nicht gespro-
chen. Also, ich habe kein Druckgefühl ge-
habt. Weiß ich jetzt nicht.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das BMF erwähnt ja dann an
dieser Stelle, dass es vor allem um die Risi-
ken bei der Verkehrszulassung ging. Würden
Sie sagen, dass Sie selbst, als Sie eine Ak-
tualisierung veranlasst haben, auch diesen
Punkt „höhere Risiken bei der Verkehrszu-
lassung“ gesehen haben, oder ist das einer
dieser Punkte, von denen Sie sagen, an die
erinnern Sie sich nicht, wo das BMF diese
Forderungen im Verteidigungsministerium
dann gemacht hat?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ich
weiß, dass die IAGFA seit geraumer Zeit mit
dem Problem „Verkehrszulassung“ zu tun
hatte und uns das sehr geläufig war. Also,
ich habe nicht den Eindruck, dass ich das
vom BMF erfahren habe, dass es Probleme
mit der Verkehrszulassung geben könnte.
Das war Sachkenntnis auch im BMVg und in
der IAGFA.

Wenn ich das lese, weiß ich jetzt nicht,
was das BMF eigentlich für einen Druck aus-
gelöst hat, weil es steht hier: „Die Risiken
wurden allerdings nicht als kritisch beschrie-
ben.“(?) Und wir haben dann am Ende ja
auch nur geschrieben, dass es höhere Risi-
ken gibt, hat das BMF veranlasst. Ich meine,
das ist von der Qualität her ja auch kein so
gigantischer Sprung, von „Risiken“ zu „höhe-
ren Risiken“ zu kommen.

Also, ich kann die Frage nicht mehr aus
der Erinnerung beantworten, wer da aus dem
BMF und ob da aus dem BMF Einfluss ge-
nommen wurde auf das Zwischendokument.
Aber es liegt in der Verantwortung des Gene-
ralinspekteurs, die Zwischenentscheidung.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich möchte an der Stelle noch auf
einen Punkt eingehen, weil wir ja immer wie-
der über lösbare oder unlösbare Probleme
reden im Zusammenhang mit Risiken und
höheren Risiken. Wie muss ich mir die Be-
urteilung eines Problems als „lösbar“ inner-
halb des Verteidigungsministeriums vorstel-
len? Gibt es da eine Risikoanalyse, wo man
sagt: „Ein Risiko ist ab irgendeinem Zeit-
punkt - - hat eine gewisse Höhe erreicht,
dass ich es für unlösbar halte“, oder ist ein
Problem so lange lösbar, solange theoretisch
irgendeine Lösungsmöglichkeit dafür be-
stünde?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Also,
wenn die Fachleute, die sich damit beschäf-
tigen und die das teilweise auch alles studiert
haben, einem den Rat geben: „Regen Sie
sich nicht auf, das kriegen wir hin, und das ist
lösbar“, wer sollte den Sachverstand haben,
zu sagen, das ist nicht lösbar, ja?

Also, da muss man sich natürlich auf die
Mitarbeiter und die Zuarbeiter auch verlassen
und deren Sachkompetenz in Ansatz brin-
gen. Und die sind es dann eben auch, die
sagen müssen: Es ist nicht mehr lösbar; jetzt
ist der Zeitpunkt da, wo es nicht mehr geht.

Und das ist sicherlich in dem Bereich an-
gesiedelt. Das ist eine ganz schwierige

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 337 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 33
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Frage: Was sind lösbare Probleme, und was
sind nicht lösbare Probleme? Ich will mich da
nicht verlieren, aber die Problemdarstellung
an sich ist ja noch keine so gute Entschei-
dungsgrundlage. Da gehört ein bisschen
mehr dazu, wenn man Entscheidungen aus-
lösen will, als einfach zu sagen: Das ist jetzt
schwierig. - Das löst noch keine Entschei-
dung aus, weder eine militärische noch eine
politische. Das muss anders quantifiziert
werden.

Und da muss man sagen: Nicht lösbar,
weil technisch nicht; weil es juristisch nicht
geht; weil es nicht finanzierbar ist. - Da gibt
es ja Kriterien. Und die wägt man dann ge-
geneinander ab und sagt: Das ist ein Krite-
rium, das schlägt durch. „Nicht finanzierbar“
schlägt jetzt durch, egal ob er mir sagt, dass
ihr das in fünf Jahren doch noch packt: Ich
mache nicht mehr mit. Das kann man ja ent-
scheiden. Da muss dann der Entschei-
dungsträger die Verantwortung für seine
Entscheidungskriterien und deren Gewich-
tung übernehmen. So ist das.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Wir haben noch eine dritte Runde vereinbart.
Aber nach der dritten Runde ist eigentlich
Schluss. Ich frage die CDU/CSU-Fraktion. -
Nein. Die SPD-Fraktion? - Nein. Die FDP? -
Nein. Die Linken?

Inge Höger (DIE LINKE): Noch eine
Frage. Es gab Anfang der 90er-Jahre ein
Projekt „LAPAS“, das auch imstande gewe-
sen wäre, sozusagen das Breguet-System
abzulösen. Das ist seinerzeit eingestellt wor-
den. Warum?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ohne
das Detail zu kennen - -

MR Andreas Conradi (BMVg): Frau Vor-
sitzende, ich hätte Bedenken, ob das zum
Untersuchungsauftrag gehört.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Das sehe ich eigentlich auch so. Ich habe
mich ja gerade kurzgeschlossen. Also ich
bitte Sie, Ihre Frage ein bisschen anders zu
formulieren.

Inge Höger (DIE LINKE): Okay. - Wissen
Sie von anderen Aufklärungssystemen, die
auch möglich gewesen wären, um die

Sicherheitslücke der Bundeswehr zu schlie-
ßen?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ich
versuche, es mal so zu sagen: Wir waren
eigentlich schon davon überzeugt, dass wir
für die Bewältigung des Anspruchs „Nach-
richtengewinnung und Aufklärung im
21. Jahrhundert“ nicht Mittel brauchen kön-
nen, die Ende des 19. Jahrhunderts entwi-
ckelt wurden. Also, eine Lösung, die dann
noch unterhalb von der Breguet Atlantic liegt,
die brauchen wir eigentlich nicht.

Und insofern war es eben nicht angezeigt,
in irgendeinen Bestand zu gehen - wer weiß,
wie immer die geheißen haben - und sich als
Bundesrepublik Deutschland mit unserer
Stellung - auch was die Partner bei uns su-
chen - - angeht - mit einer Lösung zu verab-
schieden, wo wir Gefahr laufen, dass uns die
anderen dann endgültig auslachen im Be-
reich „Nachrichtengewinnung und Aufklä-
rung“.

Inge Höger (DIE LINKE): Wäre es mög-
lich gewesen, diese Systeme weiterzuentwi-
ckeln, halt mit der Firma, die dieses Projekt
entwickelt hatte?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Viel-
leicht, aber nicht umsonst. Vielleicht nur ver-
geblich.

Inge Höger (DIE LINKE): Gut. - Es ist ja
jetzt immer eine Kosten-Nutzen-Abwägung,
wie Sie selber gesagt haben. Das Projekt
Euro Hawk ist ja jetzt auch finanziell völlig
aus dem Ruder gelaufen und eingestellt wor-
den - nicht weil sozusagen die Mehrheit der
Parteien es nicht wollte, sondern weil es zu
teuer wurde.

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Das
sind Entscheidungen, Frau Abgeordnete, wo
ich Sie um Verständnis bitte, dass ich sie
weder kommentiere noch beurteile, weil ich
dafür keine Verantwortung trage.

Inge Höger (DIE LINKE): Sie sprachen
vorhin, dass Sie ja immer gut vernetzt sind,
also in Netzwerken; das ist ja auch üblich.
Wer ist sozusagen - - Welche Bereiche sind
in diesen Netzwerken vertreten?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ja, alle
relevanten Bereiche des Ministeriums. Wenn

Drucksache 17/14650 – 338 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 34
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Sie sich die Gliederung der IAGFA angu-
cken, finden Sie die Bevollmächtigten aller
Bereiche, die relevant sind, um Entscheidun-
gen welcher Art auch immer in dem Bereich
herbeizuführen. Das meinte ich mit „Vernet-
zung“.

Inge Höger (DIE LINKE): Gehören auch
Vertreter der Rüstungsindustrie dazu?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Nein,
da sind keine Vertreter der Rüstungsindustrie
dabei. Wir haben keinen militärisch-indus-
triellen Komplex.

Inge Höger (DIE LINKE): Aber man kennt
sich?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Sie
kennen die doch auch, Frau Abgeordnete.

(Heiterkeit)

Inge Höger (DIE LINKE): Man spricht
doch sicherlich, wenn es um solche Ent-
wicklungen geht, schon mal vorab miteinan-
der, wer wie wo was kann.

MR Andreas Conradi (BMVg): Frau Vor-
sitzende, ich kann nicht erkennen, warum
das zum Untersuchungsauftrag gehören
sollte.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ja, Frau Kollegin Höger, also jetzt müssen
Sie nicht mit Gewalt Ihre Zeit ausnutzen. Sie
müssen schon am Untersuchungsauftrag
bleiben.

Inge Höger (DIE LINKE): Das fand ich
schon eine wichtige Frage in dem Zusam-
menhang, warum es keine Ausschreibung
gegeben hat und keine Mitbewerber kontak-
tiert werden. Fragen wir mal so.

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Das
kann ich Ihnen nicht beantworten. Aber Sie
haben ja noch andere Zeugen, die aus dem
Bereich kommen. Die können das beant-
worten.

Ich will aber vielleicht mal als ehemaliger
Generalinspekteur noch einmal auf die Frage
von Ihnen, Herr Abgeordneter Spatz - - Op-
timierungsmöglichkeiten. Natürlich ist es für
den Generalinspekteur, wenn er Bundes-
wehrplanung macht, relevant: Wo gehen die
Entwicklungen eigentlich hin in dem Tech-

nologiebereich? Das zu wissen, um nicht viel
Geld für ein im Grunde Auslaufsystem zu
investieren, ist es schon notwendig, dass
irgendjemand das Ingenieurwissen, das in
Deutschland angelegt ist, in diesen Dingen
auch abgreift, um zu sagen: Wir können da-
für kein Geld mehr ausgeben, das müssen
wir jetzt sinnvoller dort ausgeben, weil da
geht es industriell hin.

Und deshalb auch vorher mein wahr-
scheinlich dümmlicher Hinweis mit unbe-
mannten S-Bahnen, die in den Köpfen von
Ingenieuren sind. Und wir beschäftigen uns
dann noch mit - - also, nur als Beispiel. In-
sofern muss natürlich irgendjemand mit der
Industrie auch kommunizieren, nicht im
Sinne von Einflussnahme und Beauftragung,
sondern eben den Sachverstand sich zu
erarbeiten: Wo geht der Zug denn hin auf
dieser Welt? Also, ich glaube, das ist ein
Anspruch, den muss man schon haben.

Und wenn da der Generalinspekteur ein
bisschen besser informiert wird, als er gele-
gentlich wurde, dann würde ich sagen, ist
das auch ein Ansatz zur Verbesserung, weil
man dann von Anfang an das Richtige for-
dert.

Harald Koch (DIE LINKE): Herr Schnei-
derhan, Sie hatten vorhin schon sehr sach-
lich darauf geantwortet, was die Reichweite
betrifft. Aber mich würden trotzdem mal kon-
krete Zahlen interessieren; sowohl das Flug-
gerät - wie weit kann das fliegen? was hat
das für eine Reichweite? - als auch dann das
Signal erfassende SIGINT-System: Wie weit
kann das Signale erfassen?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Beim
Flugzeug, Herr Abgeordneter, ist nicht die
Frage: „Wie weit?“, sondern: Wie hoch? Und
bei der Erfassung ist es eben der Kegel, der
sich daraus ergibt. Das weiß ich jetzt in der
Dimension nicht; das habe ich technisch
nicht drauf. Aber da haben wir gesagt: 3 000
Kilometer und weit ins Einsatzgebiet hinein;
habe ich, glaube ich, definiert. Ich glaube, ich
habe mich nicht auf eine Zahl, was den Ke-
gel angeht - - Aber das Entscheidende ist die
Höhe in dem Zusammenhang, nicht die
Weite.

Harald Koch (DIE LINKE): Okay. - Das
war’s.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 339 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 35
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut. - Dann gebe ich jetzt den Grünen das
Wort. Bitte schön, Herr Kollege Nouripour.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Herr Schneiderhan, in Ihrer letz-
ten Äußerung zur S-Bahn: Ist das der Grund,
warum bei den Alternativen und den Prüfun-
gen die Lockheed-U-2 nicht infrage gekom-
men ist? Weil das ist ja ein HALE.

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Das
hat jetzt mit den S-Bahnen nichts zu tun. Ich
würde den Vergleich auch zurückziehen. Ich
habe den jetzt nur gezogen im Vergleich: Wo
geht der Zug denn hin? Technisch, was ist
technisch drin, und wo muss man als Indus-
trienation vom Kaliber Bundesrepublik
Deutschland mit diesen Abhängigkeiten ein-
fach dabei sein, wenn man nicht in den Be-
reich der armen Leute geraten will, was diese
Dinge angeht? - Ich kann aber die präzise
Frage nicht präzise beantworten.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Meine Frage lautet: Bei der Er-
wägung des Projekts Euro Hawk vorher, bei
der Fragestellung: Welche Trägersysteme
kommen denn infrage - - Wir haben in den
letzten Wochen von vielen Leuten vom Fach
gehört, dass man gerade jetzt ja auch, ge-
rade wenn man über die Höhen spricht, über
die wir reden - 60 000 Fuß plus - über U-2
sprechen müsste. Meine Frage ist: Warum
fand dieser Gedanke damals nicht statt?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Das ist
ja bemannt, nicht, die U-2?

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ja.

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Dann
sind wir bei dem Thema. Die können Sie
nicht 24 Stunden in die Luft kriegen. So viel
Pampers können Sie gar nicht einpacken,
wie man da braucht.

(Heiterkeit)

Also, das sind auch Personalkosten, das
geht auf diese Art und Weise eben - - ist das
nicht die Zukunft. 24 Stunden, 7 Tage, und
das möglichst lange - das geht bemannt
nicht.

Und ich denke, auch das System U-2 - -
Ich kann das technisch nicht beurteilen; aber

ich glaube, da kann ich mich schon in meiner
Kindheit daran erinnern, dass der geflogen
ist.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): 56 angefangen.

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Bitte?

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): 56 Jungfernflug.

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ja, da
war ich gerade zehn Jahre alt. - Also, ich
glaube nicht, dass das jetzt unbedingt - -
Außerdem weiß ich nicht, wie wir da die
Blackboxen aufgekriegt hätten, die amerika-
nischen, in dem Zusammenhang. Das kann
ich nicht beurteilen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aber ich habe Sie richtig ver-
standen, dass ein bemanntes System - was
jetzt ja potenziell kommen kann, weil ja der
Euro Hawk nicht mehr kommen wird - deut-
lich teurer wird, allein wegen der Personal-
kosten?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Das
dürfte im Unterhalt - - So ist die Rechnungs-
basis ja gewesen 2000, als ich die AF ge-
macht habe und wir uns für unbemannt
entschieden haben; da war ja der Vergleich
„bemannt“ mit so einem Geschäftsflugzeug -
hieß man es damals -; da war kein Typ ge-
nannt; jetzt sind ja Typen im Gespräch.
Deren Life-Cycle-Kosten über die prognos-
tizierten 20 Jahre lagen, glaube ich, bei
2,5 Millionen Euro.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Milliarden.

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Milliar-
den; also 2 500 Millionen. Und die anderen
wurden damals mit 1 400 gerechnet, wenn
ich das richtig im Kopf habe, die unbe-
mannte. Und das war ja auch ein Faktor,
weshalb man auf unbemannt gegangen ist,
von den Life-Cycle-Kosten her; neben dem
Schutz von Personal; den müssen Sie ja
auch haben.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Also quasi 80 Prozent teurer,
wenn es bemannt ist?

Drucksache 17/14650 – 340 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 36
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Dama-
liger Sach- - Zahlenstand. Wie das heute
aussieht, weiß ich nicht. Aber das war der
Stand, auf dem wir entschieden haben.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie haben vorhin von den Kon-
sultationen mit dem Verkehrsministerium
gesprochen, die dann dazu geführt haben,
dass von Muss auf Soll umgeschaltet wurde.
Wissen Sie, auf welcher Ebene sie stattfan-
den?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ich
würde gerne das Wort „auch“ einführen: auch
zu der Entscheidung geführt haben, nicht
ausschließlich.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Richtig.

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Das
weiß ich nicht; aber es muss auf der Unter-
abteilungsleiterebene gewesen sein.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sagt Ihnen die Steuerungs-
gruppe UAS etwas?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ja,
aber nicht sehr viel.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wir wissen nicht, ob es sie zu
Ihren Zeiten schon gegeben hat.

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Nein,
die sagt mir jetzt nichts, die Steuerungs-
gruppe UAS.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Vorletzte Frage, Full Scale De-
monstrator. Ich will es noch mal genau ver-
standen haben: Wer genau hat die Entschei-
dung getroffen, dass es so kommt, dass man
erst einmal einen Prototypen kauft? Sie ha-
ben den Vorschlag gemacht, und der Minis-
ter hat es abgesegnet, richtig?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Ja, ich
meine, wir hielten es für einfach clever, zu
sagen: Bevor wir nicht wissen, dass das
auch alles funktioniert und fliegt, gehen wir
nicht in eine Serienbeschaffung hinein. - Das
ist ja eine Abweichung zu Bisherigem. Es
gibt mehrere Abweichungen. Es gab eine

Abweichung beim A400M mit der Vorfinan-
zierung durch die Industrie - erster innova-
tiver Ansatz damals. Zweiter innovativer An-
satz: Demonstrator entwickeln und dann
entscheiden, Serie ja oder nein. Das war
eine große Veränderung im Vergleich zum
bisherigen Beschaffungswesen, wo man
immer schon Serien und Stückzahlen in die
Entwicklung hineingegeben hat.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Gab es nicht auch Prototypen
beim Tiger?

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Der
läuft so lange, das weiß ich jetzt nicht mehr.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Okay. - Eine letzte Frage. Ich will
es noch mal klar haben: Sie wurden ja kon-
frontiert mit der Begrifflichkeit „Geburtsfeh-
ler“. Das ist ja nicht von irgendjemandem,
sondern vom jetzigen Minister. Sie sagen:
Diese Formulierung ist so nicht richtig.

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Das
wollte ich so nicht sagen. Ich wollte sagen -
ich versuche es noch mal -: Es ist relativ
einfach, mit dem Kenntnisstand von heute
über eine Entscheidung aus dem Jahr 2002
zu urteilen, wo der Erkenntnisstand, der Wis-
sensstand, auch der technische, auch der
verkehrszulassungstechnische, ein anderer
war, und zu sagen: Da liegt es schon. - Das
unterstellt ja so ein bisschen - das unterstelle
ich jetzt nicht dem Minister; aber man kann
es ja so lesen -, dass wir damals sozusagen
blind in den Fehler gelatscht sind. Ich würde
mich schon ein bisschen dagegen wehren
wollen. Wir haben das durchaus ernst ge-
nommen, und wir wussten, was wir da ent-
scheiden, mit allen Risiken und mit allem.
Das war also schon sehr ernsthaft, und, wie
gesagt, es war sehr pränatal, das Stadium.
Von Geburtsfehler waren wir - - Aber das ist
ja kein biologischer Disput.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Dann sind wir am Ende der Befragungen.

Herr Schneiderhan, herzlichen Dank. Ich
darf Sie noch einmal darauf hinweisen, dass
Ihnen nach Fertigung des Protokolls dieses
für mögliche Korrekturen vom Sekretariat
übersandt werden wird. Des Weiteren bin ich
nach § 26 Abs. 3 PUAG gehalten, Sie zum
Ende Ihrer Vernehmung darauf hinzuweisen,

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 341 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 37
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

dass der Untersuchungsausschuss durch
Beschluss feststellt, dass die Vernehmung
des Zeugen abgeschlossen ist. Die Ent-
scheidung darf erst ergehen, wenn nach
Zustellung des Vernehmungsprotokolls zwei
Wochen verstrichen sind oder auf die Ein-
haltung dieser Frist verzichtet wird.

Herr General Schneiderhan, ich danke
Ihnen nochmals sehr herzlich und wünsche
Ihnen alles Gute und einen guten Nach-
hauseweg.

Zeuge Wolfgang Schneiderhan: Danke
schön. Ich wünsche Ihnen auch alles Gute
bei Ihrem Auftrag.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich unterbreche an dieser Stelle, wie ange-
kündigt, kurz die Sitzung. Wir haben dann
Gelegenheit, wieder die Fotografen und die
Medien hereinzuholen. Wir machen jetzt
zehn Minuten Pause.

(Unterbrechung von
12.33 bis 12.46 Uhr)

Drucksache 17/14650 – 342 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 38
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich setze
die unterbrochene Sitzung fort.

Wir kommen nun zur Vernehmung des
Zeugen Bundesminister a. D. Rudolf Schar-
ping.

Vernehmung des Zeugen
Rudolf Scharping

Herr Scharping, ich weise Sie darauf hin,
dass die Sitzung aufgezeichnet wird. Dies
dient ausschließlich dem Zweck, die steno-
grafische Aufzeichnung der Sitzung zu er-
leichtern. Die Aufnahme wird später gelöscht.

Das Protokoll dieser Vernehmung wird
Ihnen nach Fertigstellung zugesandt. Sie
haben anschließend die Möglichkeit, Kor-
rekturen und Ergänzungen darin vorzuneh-
men.

Herr Bundesminister, Sie sind mit Schrei-
ben vom 7. Juni 2013 geladen worden. Das
Beweisthema ist Ihnen mit dem Untersu-
chungsauftrag und dem Beweisbeschluss
zugegangen. Der Beweisbeschluss ist Ihnen
und den Mitgliedern bekannt; auf eine Ver-
lesung kann daher verzichtet werden.

Die erforderlichen Aussagegenehmigun-
gen liegen vor.

Wir kommen nun wieder zum Teil „Beleh-
rungen“. Herr Scharping, nach den Vor-
schriften der Strafprozessordnung, die im
Untersuchungsverfahren sinngemäß Anwen-
dung finden, und den Vorschriften des Ge-
setzes zur Regelung des Rechts der Unter-
suchungsausschüsse des Deutschen Bun-
destages - im Folgenden verwende ich die
Abkürzung PUAG - muss ich Sie zunächst
belehren.

Sie sind als Zeuge verpflichtet, die Wahr-
heit zu sagen. Ihre Aussagen müssen daher
richtig und vollständig sein. Sie dürfen nichts
weglassen, was zur Sache gehört, und nichts
hinzufügen, was der Wahrheit widerspricht.

Ich habe Sie außerdem auf die möglichen
strafrechtlichen Folgen eines Verstoßes
gegen die Wahrheitspflicht hinzuweisen.
Danach kann derjenige, der vor dem Unter-
suchungsausschuss uneidlich falsch aus-
sagt, gemäß § 153 des Strafgesetzbuches
mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu
fünf Jahren bestraft werden. Nach § 22
PUAG können Sie die Auskunft auf solche
Fragen verweigern, deren Beantwortung Sie
selbst oder Personen, die im Sinne des § 52
Abs. 1 Strafprozessordnung Ihre Angehöri-

gen sind, in die Gefahr bringen würden, einer
Untersuchung nach gesetzlich geordneten
Verfahren ausgesetzt zu werden.

Sollten Teile Ihrer Aussage aus Gründen
des Schutzes von Dienst-, Privat- oder Ge-
schäftsgeheimnissen nur in einer nach der
Geheimschutzordnung des Bundestages
eingestuften Sitzung möglich sein, bitte ich
Sie um einen Hinweis, damit eine entspre-
chende Einstufung erfolgen kann.

Ich möchte in diesem Zusammenhang
noch daran erinnern, dass im Falle einer
Einstufung der Vernehmung mit einem
Geheimhaltungsgrad VS-Vertraulich und
höher ein Wechsel des Sitzungssaales erfor-
derlich wird. Daher möchte ich Sie bitten,
etwaige Vernehmungsteile, die einer ent-
sprechenden Einstufung bedürfen, gesam-
melt am Ende der Vernehmung zur Sprache
zu bringen.

Nachdem ich Ihnen den Gegenstand der
Vernehmung erläutert, Sie zur Wahrheit er-
mahnt und belehrt habe, komme ich nun zur
Vernehmung zur Person. Herr Bundes-
minister, bitte nennen Sie uns Ihren Namen,
Ihren Familienstand und Ihren Wohnort.

Zeuge Rudolf Scharping: Rudolf Schar-
ping, verheiratet, Wohnort Frankfurt am
Main.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich komme nun zur Vernehmung zur Sache.
Herr Bundesminister a. D., zunächst gebe ich
Ihnen die Gelegenheit, dem Ausschuss das
im Zusammenhang darzulegen, was Ihnen
von dem Gegenstand der Vernehmung be-
kannt ist.

Zeuge Rudolf Scharping: Frau Vorsit-
zende! Meine Damen und Herren Abgeord-
neten! Wie Sie wissen, habe ich mein Amt im
Oktober 1998 angetreten. Es war offenkun-
dig, dass die Bundeswehr zu dieser Zeit
einerseits neuen Herausforderungen gegen-
übersteht, andererseits darauf nicht - ich
sage es mal untechnisch - eingerichtet war.
Wir haben deshalb die Weizsäcker-Kommis-
sion eingesetzt und eigene Überlegungen
angestellt. Das alles ist bekannt und hat zu
den Beschlüssen der Bundesregierung vom
Juni 2000 geführt mit den anschließenden
entsprechenden Ministerentscheidungen,
Planungserlassen usw. usw.

Im Kern: Die Bundeswehr, wie gesagt,
stand neuen Herausforderungen gegenüber
und hatte dafür unzureichende Mittel. Unzu-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 343 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 39
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

reichende Mittel meint Geld, meint Ausrüs-
tung, meint Strukturen und vieles andere
mehr. Ein Beispiel für diese unzureichende
Ausrüstung war das Thema Aufklärung, In-
formationsbeschaffung. Wie wichtig das ist,
das hatten wir zuletzt noch einmal im Zu-
sammenhang mit dem Kosovo erfahren
müssen.

Es kommt hinzu, dass die Bundeswehr
nach unseren gemeinsamen parteiübergrei-
fenden Haltungen oder Überzeugungen ja
immer Bündnisarmee ist, sowohl im europäi-
schen wie auch im transatlantischen Kontext.
Ich mache deshalb darauf aufmerksam - das
wissen Sie ja auch -, dass es 1999 die soge-
nannte Defence Capabilities Initiative gab,
also den Versuch, innerhalb der NATO, im
Rahmen deren strategischer Konzepte, zu
beschreiben, was im Zusammenhang mit
militärischen Fähigkeiten im Rahmen der
Außen- und Sicherheitspolitik erforderlich sei.
Dem entsprach das European Headline
Goal, also der Versuch, diese strategischen,
politischen, ausrüstungsmäßigen Überlegun-
gen zu übersetzen im Rahmen der europäi-
schen Außen- und Sicherheitspolitik.

In diesem Zusammenhang war ganz klar,
dass das Ziel der Informationsbeschaffung,
der Informationsüberlegenheit auch im Zu-
sammenhang mit luftgestützten Systemen
bisher nicht erreicht werden konnte. Sie wer-
den sich sicher daran erinnern, dass damals
Themen wie SAR-Lupe, also ein auf Klein-
satelliten gestütztes System, oder Air Coun-
ter-Surveillance oder andere eine Rolle ge-
spielt haben, also auch das Thema: Wie
kann man im Zusammenhang mit Entwick-
lungen, die in Amerika im Gange waren, den
Rückstand der Europäer beseitigen oder
aufholen? Das hat in meiner Amtszeit zu
Konzeptstudien geführt, mit denen die IABG
und die EADS beauftragt wurden, um über-
haupt mal herauszufinden, ob und welche
Möglichkeiten bestehen könnten, mithilfe
eines solchen Systems den Mangel der In-
formationsbeschaffung und der Informations-
überlegenheit - der angestrebten, aber nicht
erreichten Informationsüberlegenheit - zu
beseitigen.

Es war schon zu dieser Zeit klar, wenn ich
das mal mit Blick auf die aktuellen Diskus-
sionen sagen darf, dass hier technische
Herausforderungen zu bewältigen sein wür-
den, allerdings auch rechtliche und luftver-
kehrsrechtliche. Das hat jedenfalls nach mei-
ner Kenntnis der Abteilungsleiter Rüstung,
der damalige Abteilungsleiter Rüstung

Dr. Weise, schon sehr frühzeitig in seinen
Überlegungen immer wieder angesprochen,
übrigens auch öffentlich wahrnehmbar. Also
ist die Entscheidung getroffen worden, Kon-
zeptstudien zu beauftragen, um herauszufin-
den, ob man eine vernünftige Entschei-
dungsgrundlage haben würde - technisch
möglich, finanziell verantwortbar, politisch
sinnvoll -, ein solches System für die Bun-
deswehr und damit im europäischen Zu-
sammenhang zu beschaffen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön. - Herr Scharping, wir beginnen
jetzt mit einer Berliner Stunde. Das bedeutet
für die CDU/CSU 23 Minuten Redezeit, die
SPD 14, die FDP 9, die Linke 7 und für
Bündnis 90/Die Grünen 7. - Ich gebe das
Wort der CDU/CSU. Frau Kollegin Strenz.

Karin Strenz (CDU/CSU): Danke schön. -
Herr Minister, wären Sie so freundlich, uns
noch einmal darzustellen, warum die Ent-
wicklung und Beschaffung des Projektes
Euro Hawk für Sie und Ihr Umfeld so wichtig
waren?

Zeuge Rudolf Scharping: Wenn Sie
Streitkräfte nicht auf Territorialverteidigung
begrenzen nach dem Motto: „Ich warte mal
ab, ob mich jemand angreift“, sondern im
Vorfeld Krisenprävention betreiben wollen
oder Aufklärung betreiben wollen, wenn Sie
Soldaten möglicherweise in fremde Einsatz-
gebiete schicken - egal ob auf dem Balkan,
in Afghanistan oder sonst wo -, dann erfor-
dert das bestimmte politische, verfassungs-
rechtliche, völkerrechtliche Voraussetzungen;
auf die gehe ich aber jetzt nicht ein. Wenn
diese Voraussetzungen gegeben sind, dann
wäre es in meinen Augen ganz und gar un-
verantwortlich, auf Informationsmittel zu ver-
zichten, die man braucht, um seine Ziele zu
erreichen, und übrigens auch, um das Leben
der Soldaten zu schützen.

Karin Strenz (CDU/CSU): Gab es aus
Ihrer Sicht und aus Ihrer Erinnerung heraus
Alternativen für die Schließung dieser Fähig-
keitslücke außer Euro Hawk?

Zeuge Rudolf Scharping: Es war ja das
Ziel der Konzeptstudien, herauszufinden, ob
man Alternativen hätte, und es war auch das
Ziel der Konzeptstudien, herauszufinden, ob
man, aufsetzend auf dem ja schon entwi-

Drucksache 17/14650 – 344 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 40
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

ckelten oder in der Entwicklung befindlichen
System Global Hawk, eine ebenfalls für die
Bundeswehr und für die europäische Außen-
und Sicherheitspolitik verfügbare Möglichkeit
schaffen könnte.

Das ist mir deswegen wichtig, weil die
Bundesrepublik Deutschland jedenfalls nach
meinem Urteil nicht klug beraten ist, sich in
zentralen Fragen gewissermaßen nur einem
denkbaren Lieferanten auszuliefern. Vor
diesem Hintergrund war es geboten - jeden-
falls in meinen Augen, nach meinem Urteil -,
nach Möglichkeiten zu suchen, diese er-
kannte Fähigkeitenlücke zu schließen und
damit die Ziele besser erreichbar zu machen,
von denen ich sprach, nämlich einerseits
Einsätze verantwortbar unter den genannten
Bedingungen überhaupt eingehen zu können
und zweitens dabei so gut wie irgend möglich
und so viel wie irgend möglich über das zu
wissen, was die mögliche Gegenseite, wenn
ich das mal so untechnisch sagen darf,
denkt, tut, vorhat, über was sie verfügt usw.
usw. Jedenfalls, einen militärischen Einsatz
ohne hinreichende Aufklärung, das würde ich
nicht für sonderlich verantwortlich halten.

Karin Strenz (CDU/CSU): In Ihre Amts-
zeit fallen die vorbereitenden Studien, von
denen Sie bereits sprachen, und auch die
Vereinbarung vom Oktober 2011 mit den
Vereinigten Staaten von Amerika zur Vorbe-
reitung der Demonstrationsflüge des Global
Hawk in Deutschland.

Zeuge Rudolf Scharping: Sie meinen
2001.

Karin Strenz (CDU/CSU): Selbstver-
ständlich. - Wurden Sie in dieser Zeit mit
möglichen Risiken für die Zulassung unbe-
mannter Systeme oder mit Risiken, die aus
der Zusammenarbeit mit den Vereinigten
Staaten bei so einer Hochtechnologie ent-
stehen können, befasst?

Zeuge Rudolf Scharping: Frau Abge-
ordnete, wie schon gesagt: Der Abteilungs-
leiter Rüstung, Dr. Weise zu dieser Zeit, hat -
auch öffentlich nachvollziehbar - auf Risiken
hingewiesen und das in einem Urteil zusam-
mengefasst, das sagt: Im Kern geht es weni-
ger um technische Probleme als um Zulas-
sungsprobleme, darunter luftverkehrsrecht-
liche.

Was ich jetzt verfolge, ist, sagen wir mal,
eine gewisse Überraschung, wenn ich das so

nennen darf. Wenn ich mich recht erinnere,
dann kann ich Fluggerät auf verschiedenste
Weise zulassen. Da gibt es eine Kategorie,
dann ist das militärisches Fluggerät; dann
gibt es eine Kategorie, da ist das ziviles
Fluggerät, usw. usw. Vor diesem Hintergrund
und mit Blick auf die aktuelle Debatte er-
schließt sich mir nicht ganz, warum mögliche
bestehende luftverkehrsrechtliche Zulas-
sungsprobleme im zivilen Bereich zwingend
und automatisch dazu führen müssten, dass
eine - untechnisch ausgedrückt - militär-
basierte Zulassung nicht möglich sein sollte.
Das ist ja in anderen Ländern auch der Fall.
Warum ist das in Deutschland nicht der Fall?

Es steht mir vielleicht nicht ganz zu; aber
wenn ein Minister eine Entscheidung zu
treffen hat über solche Fragen, dann gibt es
zwei Möglichkeiten: Entweder ich will gewis-
sermaßen das gesamte Spektrum der zulas-
sungsrechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen,
oder ich will mich auf das konzentrieren, was
mein Kernjob ist. Wenn ich das Zweite errei-
chen kann, innerhalb meines Kernjobs, dann
ist es vielleicht zu früh, etwas abzubrechen,
und wenn ich das Erste nicht erreichen kann,
dann ist es vielleicht zu spät, je nachdem.
Das müssen Sie beurteilen; das ist nicht
meine Aufgabe. Ich weiß nur eines: Man
sollte sich intensiv mit diesen Differenzierun-
gen etwas auseinandersetzen, und dann
kommt man möglicherweise zu dem Ergeb-
nis, dass eine auf die Möglichkeiten des mi-
litärischen Geräts gestützte Zulassung wie in
anderen Ländern - - Na ja, da ist sie möglich.
Ich registriere es schlicht.

Zurück zu einem Aspekt Ihrer Frage: Im
Jahr 2001 war das im Rahmen der Konzept-
studien - wenn ich das richtig erinnere, sind
da immer auch Fachleute zwischen der Bun-
desrepublik Deutschland und den USA hin-
und hergereist; aber das sage ich mit dem
Vorbehalt einer möglicherweise nicht voll-
ständigen Erinnerung -, dass man jedenfalls
mit dem möglichen Lieferanten der Basis-
technologie - ich glaube, das war Northrop
Grumman - in einem ständigen Austausch
steht. Das macht Sinn, jedenfalls solange
man sich entscheidet, keine Eigenentwick-
lung zu betreiben, sondern ein System dem
Kern nach zu übernehmen und auf die eige-
nen Bedürfnisse zu adaptieren, anzupassen.

Karin Strenz (CDU/CSU): Hat man Sie
seitens der Staatssekretäre oder des Gene-
ralinspekteurs oder der Fachebene ausführ-
lich zu diesem Projekt informiert?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 345 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 41
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Rudolf Scharping: Wir haben je-
denfalls des Öfteren darüber gesprochen,
weil man ja nicht Folgendes machen kann:
Man kann ja nicht Beschlüsse der Bundesre-
gierung herbeiführen im Rahmen der ge-
nannten Initiativen - European Headline
Goal, Defence Capabilities Initiative -, man
kann ja nicht sagen: „Das ist ein Projekt von
einer nicht unbeachtlichen strategischen
Bedeutung“, und es dann dem Routinepro-
zess einer Bürokratie überlassen. Es würde
mich jedenfalls sehr wundern, wenn ein poli-
tisch zur Führung Verpflichteter - nicht nur in
der Führung Verantwortlicher, sondern auch
zur Führung Verpflichteter - zu dem Ergebnis
kommt: „Wir haben hier eine substanzielle
Fähigkeitenlücke; wir wollen die Möglichkei-
ten prüfen, wie wir sie schließen können, und
wenn wir sie schließen können, dann prüfen
wir, ob das technisch, finanziell usw. möglich
ist“, wenn ich zu diesem Ergebnis komme,
dann kann ich ja nicht sagen: Das ist von
strategischer Bedeutung; im Übrigen aber
soll sich die Bürokratie mal verwaltungsmä-
ßig darum kümmern. - Das passt in meinen
Augen nicht zusammen.

Karin Strenz (CDU/CSU): Würden Sie
uns schildern, wann und durch wen Sie als
Minister grundsätzlich über Rüstungsprojekte
informiert worden sind und wie die gängige
Praxis in Ihrem Hause war?

Zeuge Rudolf Scharping: Also, jeden-
falls in meiner Zeit - ob das gängige Praxis
ist außerhalb meiner Zeit, vermag ich nicht
zu beurteilen - war es so, dass wir gesagt
haben: Erstens. Wir brauchen gewisserma-
ßen neue Strukturen. Ich will jetzt nicht über
Einsatzführungskommando usw. reden. Das
führte dann ja zur Einrichtung eines soge-
nannten Rüstungsrates. Ich habe noch eini-
germaßen lebhaft in Erinnerung, dass da ein
zuständiger Staatssekretär und ein General-
inspekteur sich - wie soll man sagen, ohne
jemandem zu nahe zu treten? - etwas eifer-
süchtige Auseinandersetzungen und Debat-
ten lieferten über die Frage: Wer soll denn
das jetzt führen?

Das Zweite war, dass jedenfalls in meiner
Zeit die Themen, von denen wir gemeinsam
einschätzten, dass sie aus politischen, aus
sicherheitspolitischen, aus anderen Erwä-
gungen von zentraler Bedeutung seien, re-
gelmäßig erörtert worden sind. Dazu braucht
man übrigens auch keine offiziellen Sitzun-
gen. Wenn Sie mit den Leuten mal in der

Challenger da durch die Gegend fliegen
müssen, weil da irgendwo ein Termin ist - ich
weiß nicht wo, im Baltikum oder in Süd-
europa oder sonst irgendwo -, dann haben
Sie doch die Gelegenheit, im Flugzeug oder
gegebenenfalls auch mal beim abendlichen
Rotwein über viele Dinge zu reden, die sich
vermutlich nicht in Akten niederschlagen.
Aber Sie reden darüber.

Ich habe - wenn Sie mir das noch erlau-
ben - eine Erfahrung mit auf den Weg be-
kommen. Ich habe mit Volker Rühe - damit
Sie das richtig verstehen, schicke ich das
voraus - ein sehr gutes Verhältnis, man
könnte fast sagen, ein freundschaftliches
Verhältnis. Ich habe von ihm - und habe ja
auch den Staatssekretär Wichert übernom-
men - gehört: „Das Beste, was du machen
kannst, ist: Lass dir Vorlagen geben, aber
zeichne sie nicht ab, weil dann ist man auf
der sichereren Seite.“

(Heiterkeit)

Sorry, aber mit meinem Verständnis von
Führungsverantwortung und Führungsver-
pflichtung konnte ich das nicht in Überein-
stimmung bringen.

Karin Strenz (CDU/CSU): Hat es in
Ihrem Haus jemals die Situation gegeben,
dass man Ihnen vorgeschlagen hätte, ein
Rüstungsprojekt zu stoppen, weil es gewisse
Risiken birgt?

Zeuge Rudolf Scharping: Ja. Wenn Sie
mal an verschiedenste Entwicklungen den-
ken: GTK, Fennek usw. Das gibt es häufiger
bei großen Rüstungsvorhaben, dass jemand
sagt: Stoppen! Aufhören! Wird zu teuer! Ist
nicht realistisch! - Es gibt verschiedenste
Gründe. Dann ist man als Minister eingebun-
den in Solidaritäten transatlantischer und
europäischer Natur, Regierung, Koalition und
was da alles so eine Rolle spielt. Da ist man
eigentlich gut beraten, sich nicht nur auf
einen Vorschlag zu verlassen, sondern mit
mehreren Leuten zu reden, die Aspekte wirk-
lich durchzugehen und dann eine Entschei-
dung zu treffen.

Und dann muss man damit leben, dass
die Konsequenzen der Entscheidung
manchmal wie eine nicht sonderlich ange-
nehme Brühe über Ihrem Kopf ausgeschüttet
werden können. Das gehört zum Job dazu.

Drucksache 17/14650 – 346 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 42
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Karin Strenz (CDU/CSU): Hätten Sie das
Projekt Euro Hawk mit dem heutigen Wissen
darüber gestoppt?

Zeuge Rudolf Scharping: Ich glaube,
dass jede Antwort auf diese Frage unfair
wäre, weil mit dem heutigen Wissen kann
man in der Vergangenheit vieles sehr diffe-
renziert beurteilen. Die Frage ist, ob man in
einer bestimmten Situation sich hinreichend
um Informationen bemüht, sorgfältig und
übrigens auch nachvollziehbar abwägt, eine
Entscheidung entsprechend auch begründen
kann und dergleichen mehr.

Ich will mich auf das beschränken, was
ich zuvor schon gesagt hatte: Wenn ich mich
konzentriere auf eine Zulassung als militäri-
sches Gerät, dann habe ich eine andere
Situation, als wenn ich mich darauf konzen-
triere, zu sagen, ich will gewissermaßen Full
Range der verschiedensten Kategorien der
Zulassung erreichen. Komme ich zu Ergeb-
nis eins, dann ist der Abbruch zu früh.
Komme ich zu Ergebnis zwei, dann ist er zu
spät.

Karin Strenz (CDU/CSU): Ich bedanke
mich recht herzlich und gebe weiter an den
Kollegen Grübel.

Markus Grübel (CDU/CSU): Herr Schar-
ping, Sie hatten von Umsetzung von Be-
schlüssen der Bundesregierung geredet,
diese Fähigkeitslücke auch im internationa-
len Verhältnis zu schließen. Gab es in der
Bundesregierung, gab es in Ihrer Partei, gab
es in der Partei des Koalitionspartners Die
Grünen, gab es in der SPD-Fraktion oder in
der Grünen-Fraktion irgendwelche Stimmen,
die gemeint haben, diese Fähigkeit braucht
die Bundeswehr nicht oder die Kosten, die
dafür anfallen, sind zu hoch und nicht zu
rechtfertigen?

Zeuge Rudolf Scharping: Ich habe noch
nie erlebt, dass Parteien mit ihren unter-
schiedlichen Facetten auftreten wie das
Wachbataillon.

(Heiterkeit)

Das habe ich noch nie erlebt. Ich würde auch
nicht anraten, das zu erwarten. Also es gibt
unterschiedliche Meinungen. Das ist ganz
normal, vermutlich auch in Ihrer Partei. Und
vor diesem Hintergrund: Die Frage ist nicht,
ob es unterschiedliche Meinungen zu sol-
chen Themen gibt. Die Frage ist: Wie organi-

sieren Sie eine verantwortungsvolle und
vertretbare Entscheidung?

Markus Grübel (CDU/CSU): Darf ich die
Frage konkretisieren: Gab es nennenswerten
Widerstand, die Fähigkeitslücke zu schlie-
ßen? Hat irgendjemand, der eine besondere
Funktion in der Partei, in der Fraktion, im
Regierungslager hatte, damals gesagt: „Nein,
wir könnten das Geld für andere Objekte
dringender brauchen“, oder: „Wir können das
Ganze einsparen“?

Zeuge Rudolf Scharping: Nennenswert
im Zusammenhang mit meinem Amt war
Widerstand immer nur dann, wenn der
Kanzler oder der Außenminister gesagt hät-
ten: Scharping, du spinnst! Lass das mal!

(Heiterkeit)

Markus Grübel (CDU/CSU): Aus Ihren
Aussagen schließe ich, dass weder der
Kanzler noch der Außenminister gesagt ha-
ben: „Scharping, du spinnst!“, und Sie so die
Fähigkeitslücke schließen konnten.

Zeuge Rudolf Scharping: Ja, soweit
man eine Koalition als Koalition einheitlich
handlungsfähig halten will, in dieser Frage
war das so.

Markus Grübel (CDU/CSU): Okay, also
bei mir in der Fraktion haben der Fraktions-
vorsitzende, die AG-Vorsitzenden und Spre-
cher auch noch was zu sagen. Von daher
wäre es natürlich interessant gewesen - -

Zeuge Rudolf Scharping: Natürlich.

Markus Grübel (CDU/CSU): Sie hätten
auch sagen können - - Gab es da Zustim-
mung, oder gab es da eine Ablehnung oder
strittige Diskussionen?

Zeuge Rudolf Scharping: Also nach
meiner Erinnerung gab es bei der Entschei-
dung über alle Fragen, die zu tun haben mit
der Neuausrichtung der Bundeswehr, den
Beschlüssen der Bundesregierung vom Juni
2000 und den nachfolgenden Entscheidun-
gen, natürlich im Vorfeld intensive Diskussio-
nen. Das halte ich auch für vollkommen nor-
mal. Genauso klar ist: Wir haben diese Ent-
scheidungen gemeinschaftlich getroffen, und
ab dann müssen sie auch gemeinschaftlich
vertreten werden. So war das.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 347 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 43
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Markus Grübel (CDU/CSU): Hat sich das
auch für die gewählte Technologie, nämlich
ein unbemanntes Luftfahrzeug zu wählen,
eine sogenannte Drohne, so dargestellt?
Also gab es da am Ende auch Einigkeit, dass
eine Drohne oder Drohnensystem für die
Bundeswehr angeschafft werden soll, oder
gab es gegen Drohnen Widerstände in der
Koalition?

Zeuge Rudolf Scharping: Wir reden ja
von Aufklärung. Im Lichte der heutigen De-
batte ist es sicher so, dass es intensiver Dis-
kussion bedarf, wenn man von bewaffneten
unbemannten Flugzeugen gleich welcher
Art - Drohnen - redet. Diese Debatte ist eine
vollkommen andere - jedenfalls in meinen
Augen - als die Debatte über Aufklärung.
Und vor diesem Hintergrund ist mir jedenfalls
nichts in Erinnerung, was gegen eine ver-
besserte Aufklärungsfähigkeit der deutschen
Streitkräfte argumentiert hätte, und zwar
ganz egal, ob wir über eine Aufklärungs-
drohne reden oder über das SAR-Lupe-Sys-
tem oder über anderes.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wenn jetzt
aus meiner Fraktion niemand mehr Fragen
hat, dann können wir weitergeben.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner
(SPD): Wenn ihr keine Fragen mehr habt,
dann gebe ich weiter an die SPD. Herr Kol-
lege Bartels.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Herr Mi-
nister Scharping, das Euro-Hawk-Projekt
war, als es sich abzeichnete, eine wichtige
Entscheidung? Oder war es etwas, was ne-
benbei lief?

Zeuge Rudolf Scharping: Nein.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Es war
etwas Wichtiges?

Zeuge Rudolf Scharping: Wie gesagt:
Es war eine strategische Fähigkeitenlücke.
Die sollte geschlossen werden. Also war es
wichtig.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wenn
Bundesminister sich mit solchen Themen
beschäftigen: Wie werden sie informiert?
Also sie müssen sozusagen informiert wer-
den über Dinge, die sich verändern, sie müs-

sen informiert werden über Dinge, die etwa
Partner - die USA - betreffen. Ist das richtig?

Zeuge Rudolf Scharping: Ja, wenn ich
noch mal das Stichwort NATO und Europa,
Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik,
aufgreifen darf: Wenn man eine solche
Fähigkeitenlücke identifiziert, dann gibt es
diverseste Überlegungen internationaler
Abstimmungsprozesse, denn zum Beispiel
so ein Thema wie Defence Capabilities Ini-
tiative in der NATO, das wird ja nicht nach
dem Motto gemacht: Einer schreibt ein Pa-
pier, alle anderen lesen es, nicken und stim-
men zu. - Das ist ein sehr intensiver Prozess
des Austausches, des Einbringens verschie-
denster Überlegungen, Argumente, Informa-
tionen und dergleichen.

Ich will damit sagen, dass es auch inner-
halb des deutschen Ministeriums natürlich
solche Überlegungen, Abwägungsprozesse
usw. gibt. Und dann ist die Frage: Wie orga-
nisiert man den Meinungsbildungsprozess
auf der Führungsebene? Und meine Erfah-
rung mit Bürokratien - nicht nur im Bundes-
ministerium der Verteidigung - ist, dass man
klug beraten ist, sich nicht nur auf gewisser-
maßen das zu verlassen, was als abge-
stimmter Konsens aus der Bürokratie die
Ebene des Ministers erreicht, weil dabei
durchaus Informationen, Aspekte usw. unter-
gehen können.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Also Sie
haben auch nachgefragt. Sie haben sich
auch selber gekümmert um Informationen.
Ich erinnere mich an die Anekdote, wo Sie
mal 60 Aktenordner Herkules auf den
Schreibtisch gestellt bekommen haben, die
Sie auch nicht ganz durcharbeiten konnten.
Aber sozusagen man fragt nach als Minister?

Zeuge Rudolf Scharping: Ich will Ihnen
eine andere, das ist übrigens keine Anek-
dote, erzählen. Ich habe mal eine Sitzung
des Militärischen Führungsrates erlebt und
habe circa 20 Minuten gebraucht, um einen
später Viersternegeneral davon zu überzeu-
gen, dass die Äußerung seiner persönlichen
Auffassung, seiner ganz persönlichen Auf-
fassung, nicht von Nachteil sein würde, eher
umgekehrt, um herauszufinden, ob eine Dis-
kussion - die hatte zu tun mit dem Einsatz-
führungskommando und dergleichen -, ob die
sogenannte konsensuale Position, die da im
Militärischen Führungsrat entwickelt worden
war, tatsächlich dem fachlichen Urteil, der

Drucksache 17/14650 – 348 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 44
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

fachlichen Meinung aller Beteiligten ent-
sprach oder eben nicht. Da gab es einen
Generalinspekteur, der das als einen Eingriff
in seine Autorität betrachtet hat. Das hatte
dann Konsequenzen, die sind bekannt.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Können
Sie mit der Differenzierung „lösbare Pro-
bleme“, über die ein Minister nicht informiert
werden muss, und „unlösbare Probleme“,
über die er zu informieren ist, etwas anfan-
gen?

Zeuge Rudolf Scharping: Das würde ich
gerne Ihrer Beurteilung überlassen, weil ein
Minister ist eigentlich in meinen Augen -
jedenfalls ich habe mein Amt so verstanden -
verpflichtet, nach Lösungen zu suchen, so-
lange man zu der Analyse, zu dem Ergebnis
gekommen ist im Zuge einer Analyse: Ich
habe es hier mit einem strategischen Thema
zu tun.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Also, der
Minister ist selbst Teil des Problemlösungs-
apparats?

Zeuge Rudolf Scharping: Ja; -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das
reicht.

Zeuge Rudolf Scharping: - er ist noch
ein bisschen mehr, aber er ist auch Teil des
Problemlösungsapparates.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wir wol-
len lernen. - Haben Sie Gespräche mit ame-
rikanischen Stellen geführt zu diesem Thema
Euro-Hawk- oder Global-Hawk-Nutzung für
ein deutsches System? Können Sie sich
erinnern?

Zeuge Rudolf Scharping: Ich habe jetzt
keine konkrete Erinnerung an Gespräche im
Zusammenhang mit Global Hawk oder Euro
Hawk. Ich meine mich aber korrekt zu erin-
nern, dass im Zusammenhang mit den
NATO-Ministerratstagungen, auch mit den
bilateralen Gesprächen, die ich mit meinem
Kollegen Cohen in den USA oder in
Deutschland geführt habe, das Thema Auf-
klärungsfähigkeit im Zusammenhang mit
internationalen Einsätzen immer ein Thema
war.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Dazu gibt
es dann auch aus dem Hause Vorberei-
tungsvermerke?

Zeuge Rudolf Scharping: Ja, natürlich.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Muss ja. -
Sie haben einen Planungsstab gehabt. Wel-
che Aufgabe hatte der Planungsstab bei der
Vorbereitung des Ministers auf schwierige
Themen, auf neue Themen, auf wichtige
Themen?

Zeuge Rudolf Scharping: Ja, ich sage
es mal so: Sie haben verschiedene Stränge,
auf denen Informationen zu Ihnen kommen.
Mir war der Planungsstab und sein Chef
wichtig, weil ich immer das Zutrauen hatte,
dass ich da gewissermaßen - wie nennt man
das in anderen Zusammenhängen? - eine
second opinion bekomme.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Also ohne
Planungsstab wären Sie dem Ministerium ein
bisschen ausgeliefert gewesen?

Zeuge Rudolf Scharping: Ich will nicht
sagen „ausgeliefert“, aber ich hätte mich
nicht so komplett abwägend und auch im
Zweifel mal mit unterschiedlichen Sichtwei-
sen vertraut gemacht gesehen wie in dieser
Konstruktion, die mir auf der einen Seite den
vollständigen Sachverstand des Militärischen
Führungsrats, der Teilstreitkräfte usw. er-
möglicht und auf der anderen Seite den,
wenn man so will, etwas zurückgezogenen,
etwas neutraleren, kritischen Blick, den der
Planungsstab entwickeln sollte.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Können
Sie mit dem Begriff „Geburtsfehler“ beim
Euro-Hawk-Projekt etwas anfangen?

Zeuge Rudolf Scharping: Nein, eigent-
lich nicht. Eigentlich nicht, aber vielleicht
helfen Sie mir, zu verstehen, was damit ge-
meint sein könnte? Dann - -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Der Ver-
teidigungsminister de Maizière sagt, es habe
wohl Geburtsfehler gegeben, die er dann
auch erst, nachdem alles schon abgebro-
chen war, erkannt hat, aber Sie hätten es
vielleicht erkennen können.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 349 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 45
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Rudolf Scharping: Na ja, in mei-
ner Zeit, wie gesagt, Konzeptstudien, um
herauszufinden: Was ist eine vertretbare
Lösung zur Beseitigung einer bestehenden
und als strategisch eingeschätzten Lücke?

Ich weiß nicht, ich habe eher so ein biss-
chen das Gefühl, dass das mit dem Ge-
burtsfehler - - Ich weiß nicht, ich würde das
nicht verwenden, also wenn ich jetzt gewis-
sermaßen später in der Verantwortung ge-
wesen wäre. Wenn ich heute einen Ge-
burtsfehler sehe und längere Zeit im Amt bin,
dann müsste ich mich ja selbst kritisch fra-
gen: Wieso habe ich den nicht früher gese-
hen?

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Vielen
Dank.

Ullrich Meßmer (SPD): Herr Scharping,
Sie sprachen einleitend ja davon, dass die
Streitkräfte an eine veränderte Wirklichkeit,
gerade in Ihrer Amtszeit beginnend, ange-
passt werden müssen. Hat es auch Auswir-
kungen und Überlegungen dann gegeben,
wie die Beschaffungsvorhaben strukturell
und organisatorisch anders durchgeführt
werden als vor Ihrer Zeit?

Zeuge Rudolf Scharping: Ja, das Kürzel
dafür war CPM, Customer Product Manage-
ment: Macht den Versuch, so viel wie mög-
lich nicht selbst zu entwickeln, weil da kom-
men immer - wie hieß das so schön im Jar-
gon? - Goldrandlösungen raus, die sind be-
kanntlich teuer, nicht nur in der Beschaffung,
sondern auch im Betrieb, sondern sorgt da-
für, dass so viel wie möglich marktüblich
beschafft und für den jeweiligen Zweck dann
entsprechend konfiguriert wird.

Und im Zusammenhang mit manchen Be-
schaffungsvorhaben ist es dann notwendig,
diesen globalen Ansatz in die Vorschriften,
die darunterliegen, entsprechend zu überset-
zen. Es entzieht sich meiner Kenntnis, ob
das geschehen ist, weil wir haben diesen
Ansatz seit 2000, 2001 verfolgt, und so eine
Umsetzung braucht eine gewisse Zeit.

Da wir bei Anekdoten waren: Was heißt
jetzt „CPM“? Es gab mal ein Gespräch mit
einem Hersteller im Zusammenhang mit
ebenfalls Luftverkehrsfragen A400M. Und ich
erinnere mich ziemlich gut, da mit zwei Vor-
standsmitgliedern dieser Firma im Minister-
büro gesessen zu haben mit einer einzigen
Frage, die wollte ich klären: Wie viel - unter
dem Ansatz „Customer Product Manage-

ment“ - seid ihr bereit an Entwicklungsrisiken
auf eure eigene Bilanz zu nehmen, und was
bedeutet das für die Festlegung eines Fest-
preises mit - die braucht man immer - be-
stimmten Indikationen?

Aber noch mal, wenn Sie sich an die Dis-
kussion erinnern am Ende des Jahres 2000
und die Themen, die mit Afghanistan zu tun
hatten - ich hoffe, ich habe das im zeitlichen
Zusammenhang richtig im Kopf. Mir sind
noch lebhaft vor Augen die zum Teil, man
könnte fast sagen: höhnischen Kommentare,
dass die Deutschen zwar in Afghanistan
einen Beitrag leisten wollten, aber komplett
unfähig seien, ihre Leute und ihr Gerät da
hinzubringen. Wenn ich mich an die erste
Entsendung von Soldaten entsinne, die
dann, wenn ich das richtig im Kopf habe, im
Schnee irgendwo in der Türkei auf einem
Flugplatz festsaßen, sich dann mal mit der
Frage auseinanderzusetzen, sorry, politisch,
denn auf der einen Seite sagen wir: „Jawohl,
Terrorbekämpfung vor Ort, dafür sorgen,
dass es eine Stabilisierung gibt“, und auf der
anderen Seite: „Wir haben die Fähigkeiten
nicht, wir haben zwar den Anspruch, aber wir
haben die Fähigkeiten nicht“, und dann ver-
suchen Sie, diese Lücke zu schließen. Alles
mühsam, kostet alles seine Zeit, gar keine
Frage. Ich will Ihnen nur sagen - das wissen
Sie ja auch -, wenn Sie als Politiker tätig
sind, dann müssen Sie auch mal ein biss-
chen darauf gucken, was da so passiert.

Langer Rede kurzer Sinn: Ich denke, dass
solche Debatten, gerade wenn ein neues
Beschaffungsverfahren durchgesetzt werden
soll, wenn Sie dem nachgeordneten Bereich
das Gefühl geben, da ist ein neues Label, im
Übrigen aber geht es weiter wie bisher - -
Wenn Sie nicht selbst, ob das jetzt ein
Staatssekretär, ein Parlamentarischer
Staatssekretär oder ein Minister ist, jeden-
falls wenn die Führungsebene nicht selbst
solche Dinge kontinuierlich begleitet und
wirklich führt, dann, glaube ich, lernt ein
nachgeordneter Bereich nie, dass es ernst-
gemeint wäre.

Ullrich Meßmer (SPD): Vielen Dank.
Keine Fragen mehr.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut, dann kommt jetzt Kollege Spatz von der
FDP.

Joachim Spatz (FDP): Ja, Herr Bundes-
minister a. D., so viel zur Theorie. Fakt war,

Drucksache 17/14650 – 350 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 46
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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dass trotz des CPM die langlaufenden Be-
schaffungsprojekte sowohl aus der Hub-
schrauberei wie auch die Korvette und Ähn-
liches - jedenfalls nach meinem Kenntnis-
stand - nicht nachhaltig verbessert und
adaptiert worden sind. Das heißt, meine
Frage: Haben Sie aus Ihrer Tätigkeit viel-
leicht auch jetzt rückschauend Nachbesse-
rungsbedarf identifiziert, wie man diese Be-
schaffungsprozesse noch weiter optimieren
kann? Weil, wie gesagt, offensichtlich on the
ground, sowohl was Lieferzeiten wie Kosten-
steigerungen und Ähnliches angeht, ist ja,
wie gesagt, nichts nachhaltig anders gewor-
den.

Zeuge Rudolf Scharping: Über diesen
Teil könnte man streiten, aber das führt,
glaube ich, heute, mit Blick auf den Untersu-
chungsgegenstand, nicht wirklich weiter.
Richtig scheint mir zu sein, dass die Be-
schaffung unter Nutzung schon vorhandener
Techniken, Technologien aus dem zivilen
Bereich, konfiguriert auf militärische Bedürf-
nisse, notfalls ergänzt um Elemente, die man
nur im militärischen Bereich hat oder haben
sollte, dass das sehr viel Sinn macht. Und ich
weiß auch, dass jeder Minister unabhängig
von Parteizugehörigkeit mit dem Eigenleben
des nachgeordneten Bereichs immer mal so
das eine oder andere auszutragen hat. Das
ist nicht immer einfach unter den Bedingun-
gen von - weiß ich was - dem deutschen
Beamtenrecht und dergleichen mehr. Das ist
so, das hat überhaupt keinen Sinn, das zu
beklagen. Man muss sich damit auseinan-
dersetzen und gucken, wo man, falls gebo-
ten, Beschleunigung erreichen kann.

Mir persönlich gefällt das auch nicht, dass
bestimmte Vorhaben dann - - Das ist ja auch
eine Frage: Ich kündige den Streitkräften an,
das ist 2008 oder 2010 oder wann auch im-
mer verfügbar, und danach habe ich dann zu
erklären, warum es 2013 oder 2015 wird und
dergleichen. Die beliebte Ausrede ist dann -
manchmal ist es ja auch wirklich ein Argu-
ment - „Geld“, aber Strukturen und Verfahren
sind es leider eben manchmal auch.

Joachim Spatz (FDP): Sie haben gerade
als Alternative angeboten, zivil vorhandenes
Material dann, ich sage mal, von der Stange
zu kaufen, weil es schon existiert, gegebe-
nenfalls militärisch nachzurüsten. Verab-
schieden wir uns dann nicht aus dem Thema
Technologieführerschaft in diesem Bereich?
Weil, ich sage, es gibt zum Beispiel bei un-

bemannter Technologie schlicht und ergrei-
fend nichts Ziviles, was Sie hernehmen
könnten. Das heißt, der Weg ein - riskantes -
gemeinsames Projekt zu machen, ist an der
Stelle dann ohne wirkliche, ich sage mal,
zivile Alternativen.

Zeuge Rudolf Scharping: Ich bin mir
nicht ganz sicher, ob es nicht auch im zivilen
Bereich Technologien und Entwicklungen
gibt, die in genau dieselbe Richtung gehen.
Das können wir offenlassen, wenn Sie ein-
verstanden sind. Nehmen Sie das Thema
Informationsbeschaffung, Informationsver-
arbeitung und dergleichen mehr. Wenn zum
Beispiel die Bundeswehr hier in der Bundes-
republik Deutschland im Bereich Informa-
tionsbeschaffung, Informationsverarbeitung
usw. alles selbst entwickeln, alles selbst tun
wollte, dann würde ich die Gegenfrage stel-
len: Wie viele Milliarden sind Sie bereit dafür
auszugeben? Und wenn Sie diese Milliarden
haben sollten, dann ist immer noch nicht
sichergestellt, dass Sie auch die Leute be-
kommen.

Joachim Spatz (FDP): Also, General
Schneiderhan hat vorhin gesagt, dass man
da durchaus unterscheiden müsste zwischen
den Dingen, die sicherheitstechnisch relevant
sind, und anderen; insofern ist die Welt nicht
schwarz und weiß, sondern grau. Okay, aber
das lassen wir mal dahingestellt sein.

Ich hätte noch eine Frage zum Thema
Entscheidungsfindung. Sie haben gesagt, es
gibt natürlich informelle Strukturen, man
muss sich deren auch aktiv bedienen, weil
ansonsten - ich sage mal, das sagt ja wohl
der Fachjargon - die Lehmschicht im Hause,
die von oben nichts nach unten und von un-
ten nichts nach oben lässt, einen halbwegs
blind macht. Ich will mal fragen: Bei Ent-
scheidungen von größerer Tragweite - zum
Beispiel dem Stoppen eines Rüstungspro-
jekts und ähnlichen Dingen -, wie haben Sie
das da gehandhabt? Haben Sie sich dann
nur auf diese Dinge verlassen oder die viel-
leicht nur zum Anlass genommen, um dann
zu veranlassen, dass Ihnen aber eine belast-
bare Vorlage dann vorgelegt wird?

Zeuge Rudolf Scharping: Herr Ab-
geordneter, in meiner Zeit war die größere
Herausforderung, Strukturen zu verändern,
Wirtschaftlichkeit zu stärken und im Übrigen
das notwendige Geld zu beschaffen oder das
Geld, das gekürzt werden sollte - - die Kür-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 351 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 47
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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zung abzuwehren. Ich war Gott sei Dank
nicht in der - - Ich erinnere mich jedenfalls im
Moment an kein Beispiel, dass ich ein Rüs-
tungsvorhaben hätte abbrechen müssen -
manchmal im Umfang reduzieren; das ist
richtig.

Und damit mit Blick auf den ersten Aspekt
Ihrer Bemerkung kein Missverständnis bleibt:
Es ist schon richtig: Es gibt bestimmte In-
strumente, Fähigkeiten, Mittel, von denen
auch ich denke, die sollten nur im Sicher-
heitsbereich - in dem Fall: Militär - zur Verfü-
gung stehen. Schon richtig! Das war der
Hintergrund meiner Formulierung: markt-
üblich beschaffen, soweit möglich, adaptie-
ren und ergänzen mit dem, was ich da brau-
che oder zu brauchen glaube.

Das bedeutet mit Blick auf meine Erfah-
rung: Ob Sie ein Rüstungsprojekt beginnen
oder abbrechen, ist im Kern immer längs
derselben Kriterien, längs derselben Überle-
gungen: Brauche ich das? Kann ich das be-
zahlen? Nutzt mir das in der Zukunft? Und so
weiter. Es sind immer dieselben Kriterien.
Und wenn ich feststelle, ich kann ein be-
stimmtes Ziel nicht, nicht in angemessener
Zeit, nicht zu angemessenen Kosten errei-
chen oder das Ziel selbst hat sich grund-
legend verändert, dann muss ich längs der
gleichen Kriterien diese Konsequenzen zie-
hen.

Joachim Spatz (FDP): Eine letzte Frage,
was die Einsatzfähigkeit des Euro Hawk und
seine Überwachungstechnik betrifft: Hat zu
Ihrer Zeit eine Überlegung stattgefunden, wie
Sie sie vorhin auch geschildert haben für die
Jetzt-Zeit, dass, wenn ich eine umfassende
Zulassung nicht erreichen kann, ich mich
dann auf diese sogenannte militärische Nut-
zung beschränken soll? Ich frage das des-
halb, weil die Gutachten, die in Auftrag ge-
geben worden sind zu Ihrer Zeit, sowohl
EADS/Dornier wie auch IABG, zu dem
Schluss kommen, dass die weiträumige
Überwachung - ich zitiere mal eines der Gut-
achten - für die Teilnahme am allgemeinen
Luftverkehr innerhalb und außerhalb
Deutschlands erforderlich ist. Und wenn Sie
mal unabhängig von einem konkreten Mili-
täreinsatz diese Drohnen auch einsetzen
möchten, um gerade im zivilen Krisenprä-
ventionsbereich tätig zu sein, sage ich mal,
legt auch der gesunde Menschenverstand
nahe, dass man ebendiese umfassende
Genehmigung braucht. Hat zu Ihrer Zeit
diese Differenzierung, die Sie vorhin als Lö-

sung andeuteten, eine Überlegung gespielt
oder eben nicht?

Zeuge Rudolf Scharping: Ich unterstelle
mal, dass das Teil des Auftrags war, das in
den Konzeptstudien entsprechend zu unter-
suchen. Allerdings, ich habe den Unterlagen,
die ich sichten konnte, entnommen, dass alle
diese Gutachten und Konzeptstudien nach
dem Ende meiner Amtszeit das Ministerium
erreicht haben. Ich glaube, dass ich da mich
richtig erinnere, könnte es aber auch noch
schnell nachgucken.

Ich sage ganz nüchtern: Ich bin in den
technischen Einzelheiten jetzt nicht mehr so
drin, als dass ich mir da auch nur den Hauch
eines Urteils erlauben würde. Ich stelle mir
nur die Frage, warum eine bestimmte militä-
rische Fähigkeit - die man ja als strategisch
wichtig eingestuft hat - nicht wenigstens
unter diesen Bedingungen fortgeführt werden
könnte, zumal wir innerhalb der NATO mit
Global Hawk und zumal wir innerhalb des
europäischen Verbundes - in Anführungszei-
chen - ja offenkundig Länder haben, die das
weiterverfolgen werden.

Joachim Spatz (FDP): Besten Dank.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So, jetzt kommt die Fraktion Die Linke. Bitte
schön.

Andrej Hunko (DIE LINKE): Vielen Dank,
Frau Vorsitzende. - Herr Bundesminister
a. D., Sie haben jetzt oft die Konzeptstudien
erwähnt. Wann haben Sie zum ersten Mal - -
oder woran erinnern Sie sich, wo Sie zum
ersten Mal Studien oder Analysepapiere zur
Kenntnis genommen haben, die das, was Sie
als Fähigkeitslücke bezeichnen, zum Gegen-
stand hatten?

Zeuge Rudolf Scharping: Also, die ers-
ten Hinweise darauf dürften in dem Bericht
stehen, um den ich den Staatssekretär
Wichert vor meiner Amtsübernahme schon
gebeten hatte. Ich hatte ihn gebeten: Schrei-
ben Sie mir alles auf, wo Schwierigkeiten
bestehen, wo Rückstände bestehen, wo
Mängel beseitigt werden müssen usw. Das
hat ja dann zu meiner Entscheidung geführt,
eine Kommission einzusetzen, die unter dem
Namen des geschätzten Bundespräsidenten
Richard von Weizsäcker bekannt geworden
ist und ja auch wirklich glänzende Arbeit

Drucksache 17/14650 – 352 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 48
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

gemacht hat. Und dann gab es diese ganzen
Diskussionen innerhalb der NATO, innerhalb
der europäischen Kollegen Verteidigungs-
minister und übrigens auch Außenminister,
und das alles im Rahmen von: eine Fähig-
keitenlücke identifizieren und dann nach
Wegen suchen, wie man sie beseitigen kann,
wenn überhaupt. - Wir reden über Aufklä-
rung.

Ich habe hier vor mir liegen die System-
fähigkeitsforderung über luftgestützte weit-
räumige Überwachung und Aufklärung. Die
ist vom August 2002. Ich vermute, dass vor
meinem Ausscheiden aus dem Amt -
18.07.2002 - darüber auch geredet worden
ist, in den Zusammenhängen, die ich eben
versucht habe zu schildern, weil allen war
klar - - Ich bin selber mal mit diesem alten
Flugzeug - Breguet Atlantic - ein bisschen
herumgeflogen, habe mir das angeguckt.
Das ist ja unter musealen Aspekten durchaus
interessant gewesen,

(Heiterkeit)

unter technologischen Aspekten übrigens
auch, nämlich mit der Fragestellung: Wieso
funktioniert so etwas so lange? Aber an-
sonsten war auch klar: Für das, was man
„weiträumige Aufklärung“ nennt, reicht es
nicht.

Andrej Hunko (DIE LINKE): Es gab ja in
den Jahren 1998 bis 2001 - das geht aus
den Unterlagen hervor - eine Reihe von Prä-
sentationen von EADS bzw. dem Vorläufer
von EADS in Ihrem Hause. Sind da auch,
sagen wir mal, Analysepapiere mit verteilt
worden? Haben Sie mal teilgenommen an
solchen Präsentationen? Können Sie sich
daran erinnern?

Zeuge Rudolf Scharping: Nein, an den
Präsentationen - nach meiner Erinnerung -
habe ich nicht teilgenommen. Das wäre in
meinen Augen auch ein bisschen „overdoing“
gewesen. Aber sich berichten zu lassen:
„Was ist los, wie kommen wir voran, was soll
am Ende in dem Auftrag für eine Konzept-
studie stehen?“, das halte ich für ziemlich
normal, und ich glaube auch sicher, dass das
stattgefunden hat.

Andrej Hunko (DIE LINKE): Gab es da
auch andere Anbieter?

Zeuge Rudolf Scharping: Andere An-
bieter? - Also, mir nicht bekannt. Und wenn

es sie gegeben hätte, dann hätte man es
vergleichen müssen mit der Fragestellung:
Was ist innerhalb eines Bündnisrahmens
kompatibel? Weil es hat ja nicht sehr viel
Sinn, wenn wir über etwas verfügen, aber
über die Ergebnisse und Informationen, die
dabei gewonnen werden, können wir uns
nicht austauschen, und dummerweise kön-
nen auch, sagen wir mal, Aufklärungsflug-
zeug 1 und Aufklärungsflugzeug 2 nicht mit-
einander kommunizieren. - Sie entschuldigen
den etwas versimpelten Ausdruck. Ich will
nur sagen, dass Interoperabilität und Kom-
patibilität von Fähigkeiten unverzichtbare
Voraussetzung sind, wenn Sie nicht in einen
nationalistischen Blödsinn zurückfallen wol-
len nach der Methode: Ich mache meine
Verteidigung ganz alleine.

Andrej Hunko (DIE LINKE): Das heißt,
es war auch klar, dass EADS sozusagen den
Auftrag dann kriegen würde?

Zeuge Rudolf Scharping: Nein. Die ha-
ben den Auftrag bekommen für eine Kon-
zeptstudie. Und deswegen ist ja auch der
Auftrag an die IABG erteilt worden, das
ebenfalls zu machen. Weil: Die Frage, ob
eine Firma wie EADS oder eine Firma wie
Northrop Grumman oder andere am Ende
des Tages einen Auftrag bekommt, die hängt
von zwei Sachen ab: nämlich einmal von den
Systemstudien oder Konzeptstudien, die in
Auftrag gegeben worden sind, und am Ende
des Tages von einer, ich will mal sagen, aus-
schreibungsähnlichen Situation. Sich am
Anfang auf jemanden festzulegen, bedeutet
nichts anderes, als seine Position in jeder
Hinsicht zu schwächen, verhandlungsmäßig,
technisch, finanziell usw. Wenn Sie nur einen
Kunden haben, dann ist der Kunde in einer
sehr guten Position.

Andrej Hunko (DIE LINKE): Es gab aber
in Ihrer Zeit ja auch Diskussionen über per-
sönliche Verflechtungen zwischen Ihrem
Haus und dem EADS-Vorstand. Ich erinnere
an Staatssekretär Biederbick. Wie würden
Sie das Verhältnis bezeichnen, das - -

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Diese Frage, denke ich, gehört nicht zum
Untersuchungsgegenstand. - Herr Conradi,
bitte.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 353 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 49
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

MR Andreas Conradi (BMVg): Frau Vor-
sitzende, ich schließe mich der Bewertung
an.

Zeuge Rudolf Scharping: Aber vielleicht
klären Sie mich auf: Welche Verflechtung
gab es denn zwischen Herrn Biederbick und
EADS?

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Aber diese Frage gehört nicht zum Untersu-
chungsgegenstand.

Andrej Hunko (DIE LINKE): Das er-
schließt sich mir nicht. Ich kann das nur so
zur Kenntnis nehmen und frage weiter.

Der Begriff der Fähigkeitslücke: Wann ist
der zum ersten Mal Ihrer Erinnerung nach
aufgetaucht - als Begriff?

Zeuge Rudolf Scharping: Ich kann
Ihnen nicht sagen, wann der zum ersten Mal
aufgetaucht ist. Ich kann Ihnen nur sagen,
dass er in meiner Beschäftigung mit Bun-
deswehr, mit dem Amt des Bundesministers
der Verteidigung und auch in den Zeiten
vorher - meine Beschäftigung im Zusam-
menhang mit internationaler Politik und der
Partei, der ich angehöre -, dass das da im-
mer eine Rolle gespielt hat. Aber wann der
zum ersten Mal aufgetaucht ist? - Sorry.
Keine Ahnung.

Andrej Hunko (DIE LINKE): Welche
Rolle - Sie haben es ja vorhin auch erwähnt,
auch Herr Schneiderhan hat es erwähnt -
spielt Ihrer Ansicht nach der Krieg gegen
Jugoslawien 1999, wo ja auch, ich sage mal,
Aufklärungsdefizite bestanden? Stichwort
„Hufeisenplan“ oder „KZ in Pristina“. Welche
Rolle spielte dieser Krieg für die Entwicklung
des Euro-Hawk-Projekts oder seiner Vorläu-
fer?

Zeuge Rudolf Scharping: Wenn Sie er-
lauben: Sie können das so formulieren, wie
Sie es formuliert haben; aber im Kern ging es
im Zusammenhang mit dem Kosovo-Konflikt
um die Frage, wie man den Krieg gegen die
dortige Bevölkerung beenden könnte. Dazu
hat es eine lange Phase der Verhandlungen
gegeben, die erfolglos blieb, und danach gab
es ein militärisches Eingreifen, das 80 Tage
gedauert hat und Gott sei Dank diesen Krieg
gegen die Bevölkerung im Kosovo beendet
hat. - Das ist der eine Punkt.

Der zweite Punkt ist: Im Zusammenhang
mit diesem Thema waren die Fragen der
Aufklärung zwar wichtig, aber auch be-
herrschbar, weil Sie es ja nicht mit einem so
weit entfernten Gebiet, nicht mit einem so
großräumigen Gebiet zu tun hatten. Sie wa-
ren beherrschbar. Aber man konnte sehen,
dass eben im Zusammenhang mit bestimm-
ten Einzelaspekten auch da Fähigkeiten-
lücken schon erkennbar waren. Sie haben
sich nicht so ausgewirkt - glücklicherweise -,
aber sie waren erkennbar.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So, jetzt gebe ich das Wort Bündnis 90/Die
Grünen. Herr Kollege Nouripour,

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Herr Minister, wie muss man sich
das vorstellen: den Zeitrahmen zwischen
2002 - spätestens 2002 -, als Sie festgestellt
haben, dass es den Bedarf gibt, und dann
der Entstehung von der EuroHawk GmbH
2005? Da gibt es ja sozusagen eine Proze-
dur. Wie sieht diese Prozedur aus?

Und: Sie haben gerade von einer „aus-
schreibungsähnlichen Situation“ gesprochen.
Was bedeutet das?

Zeuge Rudolf Scharping: Das Letzte
bedeutet, dass Sie sich nicht von Anfang an
auf einen Anbieter konzentrieren sollten, weil
Sie dann ausgeliefert sind. Sie müssen sich
Alternativen offenhalten, solange es geht.
Jedenfalls würde ich immer dazu raten.

Das Thema selbst ist nicht 2001 oder
so - - Ich sage noch mal: Seit ich Bundes-
minister der Verteidigung wurde, gab es das
Thema, spätestens 1999 mit European
Headline Goal und DCI, also Defence Capa-
bilities Initiative. Seitdem gab es das Thema
und gab es die Frage - und mehr als die
Frage - der Schließung bestimmter Fähig-
keitslücken, darunter weiträumige luftge-
stützte Aufklärung. Deshalb die Konzeptstu-
dien und, wenn Sie so wollen, die Frage, ob
eine Fähigkeitenlücke dadurch zu schließen
ist, dass der eine über die Fähigkeit verfügt -
Global Hawk, USA -, die anderen alle nicht,
oder ob man sagt: Das ist ein Thema, sagen
wir einmal, der gleichberechtigten Mitwirkung
auf der Basis vergleichbarer Fähigkeiten
innerhalb eines Bündnisses. Ich bin immer
der Meinung: In einem Bündnis sollte ein zu
großes Gefälle von Fähigkeiten in grund-
legenden, wenn Sie so wollen, strategisch
wichtigen Bereichen, nicht bestehen, weil

Drucksache 17/14650 – 354 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 50
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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dieses Gefälle immer die Tendenz - ich sage
ausdrücklich: die Tendenz - der Abhängigkeit
beinhaltet.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Damit ich es noch mal verstehe:
Ab der Konzeptstudie bis hin, dass es eine
GmbH gibt, die sich extra gründet, um dieses
Projekt voranzutreiben - was sind die Schritte
dazwischen?

Zeuge Rudolf Scharping: Oh, da müss-
ten Sie mit denen reden, die nach dem
18. Juli 2002 die Verantwortung hatten. Das
kann ich Ihnen nicht beantworten.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wir haben heute Morgen schon
mit dem ehemaligen Generalinspekteur über
das CPM gesprochen, was Sie ja auch an-
gesprochen haben. Sehen Sie jetzt im Nach-
hinein, gerade wenn wir auch die Ergebnisse
kennen, größere Mängel in dem CPM, was
unter Ihnen gelaufen ist?

Zeuge Rudolf Scharping: Nein. Aber
das will ich gerne Ihrer Untersuchung über-
lassen. Ich vermute mal - - Das ist jetzt eine
reine Vermutung. Es ist auch gefährlich oder
es könnte risikoreich sein, wenn man das als
Zeuge so äußert. Aber ich habe zum Beispiel
in Manching, von dem ich vermute, dass es
in dem Zusammenhang eine Rolle spielt,
durchaus fähige Leute kennengelernt, sehr
fähige Leute. Vielleicht hatten die eine Ein-
schätzung von technischer Machbarkeit,
Zulassungsfragen, usw., usw. Ich kann aber
nicht sagen, ob diese Einschätzung bis auf
die Führungsebene gekommen ist. Das
überlasse ich gerne Ihrer Untersuchung, weil
dann wird ja noch die spannende Frage ent-
stehen: Wo sind denn da möglicherweise
Barrieren auf dem Weg der Information von
Urheber bis Empfänger gewesen?

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das heißt, Sie schließen nicht
aus, dass das bereits 2001 schon möglich
gewesen wäre?

Zeuge Rudolf Scharping: Nein, das
nicht, aber sicher später. Ich wollte nur sa-
gen: Auf der Grundlage dessen, was ich
kennengelernt habe von den wehrtechni-
schen Erprobungs- oder Dienststellen, da
habe ich zum Teil sehr, sehr fähige Leute

getroffen. Ich war mir nie immer so ganz
sicher - - Ich habe dann versucht, sagen wir
mal, im Blick zu behalten, dass manche In-
formation da, wo sie entsteht - - Die läuft
dann so die Ebenen hoch. Das Interessante
ist ja immer, zu beobachten: Wie verändert
sie sich dabei? - Manchmal gibt es Situatio-
nen, wo Sie das, was da unten auf den Weg
gebracht worden ist, genau kennen müssen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das heißt, Sie schließen aus,
dass es zu Ihrer Amtszeit möglich gewesen
wäre, das Problem der Zulassung in der Hef-
tigkeit, wie wir es heute kennen, zu über-
blicken?

Zeuge Rudolf Scharping: Das wäre eine
nachträgliche Schlaumeierei. Die will ich
nicht begehen. Das wäre auch unfair gegen-
über jedem meiner Amtsnachfolger. Ich weiß
nur eines: Es gibt bei Informationen eine
Bringschuld, und es gibt bei Informationen
eine Holschuld.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Und wo liegt sie jetzt?

Zeuge Rudolf Scharping: Man muss
sich selber kümmern.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie haben vorhin gesagt, dass
man gerade strategische Projekte ja sehr
eng als Minister begleiten muss.

Zeuge Rudolf Scharping: Ja.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Was bedeutet das genau?

Zeuge Rudolf Scharping: Holschuld.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das heißt, dass Sie sozusagen
als Minister bei sich selbst die Schuld gese-
hen haben, die Information zu besorgen, die
für ein strategisches Projekt von großer Re-
levanz ist?

Zeuge Rudolf Scharping: Ich muss mich
regelmäßig informieren. Ich muss selber den
Anstoß dazu geben. Ich muss Fragen stellen.
Ich kann nicht auf der einen Seite - wenn ich
das noch mal wiederholen darf - sagen, es ist
ein Projekt von strategischer Bedeutung im

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 355 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 51
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Bündnisrahmen, mit Blick auf die eigenen
Streitkräfte, mit Blick auf Leben und Gesund-
heit der eingesetzten Soldaten, mit allen
möglichen Facetten, und dann sagen, ab der
Identifikation der Lücke, der Fähigkeitslücke,
oder ab der Entscheidung, die Fähigkeits-
lücke auf eine bestimmte Weise zu schlie-
ßen, ab dann ist das hervorragend gut auf-
gehoben in den normalen Routineabläufen
einer Verwaltung.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Und das gilt nicht nur für - -

Zeuge Rudolf Scharping: Mit allem
Respekt vor jeder Verwaltung, aber ich weiß
sehr genau: Man muss nachfragen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Und diese Holschuld gibt es nicht
nur für den formellen Weg, sondern auch für
informelle Gespräche beispielsweise?

Zeuge Rudolf Scharping: Das ist das
Thema, das muss jeder mit seinem Stil in
Übereinstimmung bringen. Also, ich würde
niemals den Maßstab aufstellen oder be-
haupten wollen, es müsse jeder das so ver-
suchen zu machen wie ich, weil ich habe ja
auch nicht immer alles richtig gemacht. Man-
che denken das sogar noch schärfer. Aber
das ist egal jetzt. Aber das ist eher so eine
Frage - - Mir geht es um das Prinzip, nicht
darum, wie man das macht; das kann sehr
unterschiedlich sein. Mir geht es nur darum,
deutlich zu machen, dass jedenfalls für mein
Verständnis von politischer Führung die Hol-
schuld für Informationen ein Teil ist, ein Teil
von politischer Führung.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Und Sie sind auch - - Noch mal,
damit ich es verstehe: Ihr Weg war, sozusa-
gen die Informationen auf allen Wegen zu
holen, die Ihnen zur Verfügung standen?

Zeuge Rudolf Scharping: Auf möglichst
vielen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So, danke schön. - Jetzt kämen wir in die
zweite Runde. Die CDU/CSU-Fraktion. Herr
Kollege Silberhorn.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Danke
schön, Frau Vorsitzende. - Herr Bundes-

minister, Sie haben selbst dieses neue Be-
schaffungsverfahren erwähnt, das die Be-
zeichnung „Customer Product Management“
erhalten hat. Können Sie uns erläutern, wa-
rum es notwendig war, das anders oder bes-
ser zu machen als zuvor, und was im Kern
neu an diesem neuen Beschaffungsvorgang
gewesen ist?

Zeuge Rudolf Scharping: Das sollte
dazu führen, Herr Abgeordneter, dass die
Abläufe verkürzt werden, dass möglichst für
die Streitkräfte gemeinsam nach Lösungen
gesucht wird, dass mögliche Lösungen be-
trachtet werden unter dem Aspekt: Was trägt
das zum gemeinsamen Fähigkeitenprofil der
Bundeswehr insgesamt bei? Dahinter stand
die Erfahrung - nicht so sehr von mir, son-
dern von vielen anderen, Uniformträgern und
auch zivilen Mitarbeitern der Bundeswehr -,
die Bundeswehr - das wollten wir ja überwin-
den - nicht mehr als eine Addition von Teil-
streitkräften zu betrachten, sondern die Bun-
deswehr zu betrachten als ein integriertes
Ganzes, wo bestimmte Fähigkeiten gemein-
sam vorhanden sein müssen, plus der Aus-
prägung, die sich aus den Anforderungen in
den jeweiligen Teilstreitkräften ergibt. Es
sollten mehr funktionale Anforderungen for-
muliert werden und nicht so sehr nach dem
Motto: Wir sagen, welches Ziel erreicht wird.
Das entspricht im Übrigen der Auftragstaktik
der Bundeswehr: Ich nenne dir das Ziel und
gebe dir die Mittel. Ich sage nicht, was du im
Einzelnen in welcher Situation zu tun hast,
sondern ich sage dir das Ziel und gebe dir
die Mittel, und du kannst mir dann, in Res-
ponse gewissermaßen, sagen: Nein, die
Mittel reichen nicht aus. - Das war das, was
erreicht werden sollte.

Und dazu kommt noch eine bestimmte
Projektverantwortung. Ich kann jetzt nicht,
bezogen auf den Untersuchungsgegenstand,
dem Sie sich widmen - - Ich kann nicht sa-
gen, ob es für Euro Hawk im Sinne dieses
CPM einen Projektverantwortlichen gegeben
hat. Hätte es aber geben sollen! Ich weiß es
nicht. Aber jedenfalls, wenn man den CPM
ernst nimmt, die Entscheidung des Jahres
2001 zugrunde legt, dann hätte es für ein
strategisch entscheidendes, wichtiges, be-
deutsames Rüstungsvorhaben einen Pro-
jektverantwortlichen geben müssen, einen,
der die verschiedenen Dienststellen, Betei-
ligten usw. koordiniert und sagt: Ich habe hier
den Gesamtüberblick, und ich kann euch

Drucksache 17/14650 – 356 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 52
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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deswegen Zeitrahmen, Funktionalitäten,
andere Ziele vorgeben.

Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass in
meiner Amtszeit es für die Neuausrichtung
der Bundeswehr zum Beispiel einen Projekt-
verantwortlichen gegeben hat. Das nannten
wir „Integriertes Reformmanagement“, und
das wurde geführt von einem Verantwort-
lichen. Wenn ich hier so ein Vorhaben von
einer gewissen Komplexität habe - CPM
ernst genommen -, müsste es einen solchen
Projektverantwortlichen geben.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Darf ich
nachfragen: War Bestandteil dieses Inte-
grierten Reformmanagements auch ein Con-
trolling-System? Also, wem gegenüber war
der Projektverantwortliche nach Ihrem Modell
dann verantwortlich? Wer hat das politische
Controlling auf Leitungsebene wahrgenom-
men?

Zeuge Rudolf Scharping: In dem Fall
war es so, dass der direkt an mich berichtet
hat. Und das war auch gut so, weil nämlich
die anderen Beteiligten das, sagen wir mal,
ein kleines Stückchen ernster nehmen.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Sie ha-
ben das Customer Product Management
vorhin in Ihrer einleitenden Stellungnahme
erwähnt oder auf eine der Fragen im Hinblick
auf ein Gespräch, das Sie mit Herstellern des
A400M geführt haben. Sie haben ausgeführt,
dass es hier um die Risikoverteilung zwi-
schen dem Verteidigungsministerium oder
dem Bund auf der einen Seite und den Her-
stellern auf der anderen Seite ging. War das
eine der Zielsetzungen dieses Customer
Product Managements, das Risiko für den
Bund überschaubar zu halten und auch die
Verantwortlichkeiten außerhalb des Hauses
zu definieren?

Zeuge Rudolf Scharping: Im konkreten
Fall ging es ja um die spannende Frage:
Welchen Bedarf haben wir? - Ich glaube,
mich richtig zu erinnern: 73 Maschinen. Das
war im Parlament umstritten, das war vom
Rechnungshof her umstritten, usw. Dann war
die Frage: Was brauchen andere, und er-
reicht die Summe ein wirtschaftlich vertretba-
res, die Entwicklungskosten tragendes - etc.,
etc. - entsprechendes Volumen? Das war die
Frage.

Und vor diesem Hintergrund mussten ja
Parlamente, andere überzeugt werden, dass

das finanzielle Risiko, das damit verbunden
sein würde - ich will nicht sagen: null ist -, in
beherrschbaren oder vertretbaren Grenzen
bleibt. Das war die Diskussion über den
Festpreis und: Was inkludiert der Festpreis
an Entwicklungsaufwand, Risiken, die da-
nach kommen, usw., usw.? Ich kann Ihnen
nicht sagen, wie das weitergegangen ist, weil
ich habe den Vertrag nicht mehr abschließen
können. Das ist im Jahr - wenn ich es richtig
weiß -, irgendwann im Jahre 2003 passiert.
Ich weiß nicht, zu welchem Datum, aber je-
denfalls außerhalb meiner Amtszeit.

Nur, CPM bedeutet - noch mal -: Wenn
Sie anfangen, Streitkräfte oder überhaupt
einen großen Personalkörper auf neue Fä-
higkeiten, neue Herausforderungen - falsche
Reihenfolge; Entschuldigung -, neue He-
rausforderungen, neue Fähigkeiten etc. ein-
zurichten, grundlegend zu reformieren, dann
sind Sie in einer Sphäre, in der politische
Führung besonders intensiv gefragt ist. Und
dann müssen Sie mit dem Risiko leben, dass
Sie da mal was auf die Mütze kriegen oder
einen Fehler machen und deswegen was auf
die Mütze - - usw.

Zurück zu Ihrem Untersuchungsgegen-
stand: Keine Ahnung! Aber jedenfalls: CPM
ernst genommen, müsste es einen Projekt-
verantwortlichen geben, und der müsste an
irgendjemanden berichten, und der Irgend-
jemand sollte klugerweise auf der Führungs-
ebene gewesen sein, unterstelle ich mal, weil
es ist ja ein strategisches Projekt.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Haben Sie keine weiteren Fragen mehr? -
Bitte schön, Herr Grübel.

Markus Grübel (CDU/CSU): Es gibt so
Projekte - A400M, Korvette, GTK, Tiger und
auch Euro Hawk -, die sind entweder aus
Ihrer Zeit oder haben einen starken Bezug zu
Ihrer Amtszeit. Jetzt rückblickend: Haben Sie
Punkte, wie die Projekte hätten eingefädelt
werden können, dass die späteren Probleme
nicht oder nicht so gravierend eingetreten
wären? Also, gibt es aus der Gründungs-
phase was, wo Sie sagen, im Nachhinein
hätte man das anders machen können, dann
wären möglicherweise Probleme reduziert
worden, oder sehen Sie die Probleme im
Vollzug?

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Also, dieser Rückblick gehört eigentlich nicht
zum Untersuchungsgegenstand, finde ich.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 357 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 53
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Markus Grübel (CDU/CSU): Wie Pro-
jekte eingefädelt werden, ist entscheidend.

(Joachim Spatz (FDP): „Lessons
learned“ heißt es dann!)

- Genau.

Zeuge Rudolf Scharping: Mit BIick auf
das Thema, das Sie erörtern, wiederhole ich
gern noch mal, dass der Ausgangspunkt war:
Identifikation einer als strategisch einge-
schätzten Fähigkeitenlücke, Konzeptstudien
beauftragen, herausfinden: Wie kann ich das
schließen unter technischen, finanziellen
usw., allen Aspekten, die dabei geprüft wer-
den müssen?

Ob es danach Probleme im Vollzug ge-
geben hat, bei diesem oder bei anderen grö-
ßeren Projekten, entzieht sich meiner Kennt-
nis. Auch da würde ich es als unfair empfin-
den, das jetzt einfach mal so in den Raum zu
stellen. Ich weiß es schlicht nicht, will auch
nicht darüber spekulieren.

Wenn man an die verschiedenen großen
Projekte denkt, dann kann einen im Nach-
hinein der Verdacht beschleichen, dass es
möglicherweise für die eingespielten Regeln
des Apparats insgesamt zu viele waren. Das
könnte sein. Ehrlich gesagt, mit dem Risiko
zu leben, bei größerem Ehrgeiz 80 Prozent
zu erreichen, ist mir immer noch lieber, als
bei kleinerem Ehrgeiz 70 Prozent zu errei-
chen oder ohne Ehrgeiz nichts oder nur die
Hälfte.

Markus Grübel (CDU/CSU): Okay. Das
ist jetzt Spekulation.

Zeuge Rudolf Scharping: Ja.

Markus Grübel (CDU/CSU): Damit
schließe ich meine Fragen.

Zeuge Rudolf Scharping: Ich dachte
nur, dass wir uns die Bälle dann so gewis-
sermaßen ergänzend zuspielen, quasi spe-
kulativ.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
SPD-Fraktion?

Rainer Arnold (SPD): Wir haben keine
weiteren Fragen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
FDP-Fraktion? - Linke?

Andrej Hunko (DIE LINKE): Ich würde
gern noch mal auf Frage 2 unserer 14 Fra-
gen zu sprechen kommen, die im Untersu-
chungsauftrag hier aufgeführt sind. Wie und
mit welcher Zweckbestimmung und auf
Grundlage welcher Informationen und Kon-
sultationen kam es zum Vertragsabschluss
des Bundesamtes für Wehrtechnik und Be-
schaffung mit der EuroHawk GmbH, also
EADS und Northrop Grumman, im Januar
2007? Und da mir eben ja eine konkrete
Frage zur Rolle von Staatssekretär Bieder-
bick untersagt worden ist, würde ich Sie gern
allgemein fragen, wie das Verhältnis von
Ihrem Haus und EADS zu Ihrer Zeit war.

Zeuge Rudolf Scharping: Wie Sie am
Beispiel A400M sehen können: Es war alles
andere als konfliktfrei, aber Konflikt im Zu-
sammenhang mit Vertragsgestaltung, Preis-
gestaltung usw. Also, wenn Sie so wollen:
normale Diskussionen auf der Basis zweier
unterschiedlicher, jedenfalls in Teilen unter-
schiedlicher Interessen.

Ich kann Ihnen aber nicht sagen, was zu
der Überlegung geführt hat, eine EuroHawk
GmbH zu gründen, und was in den Verträgen
steht und wie das zu beurteilen ist. Das ent-
zieht sich schlicht meiner Kenntnis. Ich
habe - - Ich weiß nichts darüber.

Andrej Hunko (DIE LINKE): Gut. - Noch
eine andere Frage: Sie erwähnten vorhin die
Vereinbarung aus dem Oktober 2001 mit den
USA zum Global Hawk. War das damals
schon im Kontext des Bündnisfalles infolge
der Anschläge vom 11. September? Weil das
ja gerade praktisch einen Monat später war.
Wissen Sie das noch?

Zeuge Rudolf Scharping: Ja, nur, Herr
Abgeordneter, wenn Sie anfangen, Fähig-
keitenlücken zu schließen, wenn - sagen wir
mal - der Fall des - in Anführungszeichen -
unmittelbar bevorstehenden oder eingetrete-
nen militärischen Einsatzes - - Da würde ich
sagen: Dann haben Sie vielleicht die Zeit
vorher ein bisschen verschlafen. Das Ge-
heimnis jeder Sicherheitspolitik und jeder
Krisenprävention ist die Antizipation von
möglichen Bedrohungen oder möglichen
Herausforderungen - auf gut Deutsch: die
sorgfältige Analyse -, was nicht ausschließt,
dass Sie überrascht werden können. Aber
wenn Sie überhaupt nichts analysieren,
überhaupt nichts antizipieren, überhaupt
keine Vorsorge treffen, dann können Sie

Drucksache 17/14650 – 358 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 54
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Sicherheitspolitik sofort vergessen, und zwar
genauso im zivilen Bereich. Sie machen da
auch nicht Katastrophenschutz, Rettungswe-
sen und so, Brandschutz in dem Moment, wo
es angefangen hat, ernst zu werden, in dem
Sinne: Das Ereignis tritt ein.

Andrej Hunko (DIE LINKE): Mir fiel nur
die zeitliche Nähe auf. Deswegen habe ich
nachgefragt. - Aber Antizipation ist ein gutes
Stichwort. Welche Debatten gab es bezüglich
der Entwicklung von Euro Hawk zur Frage
des Datenschutzes und der Datensicherheit?
Wir haben jetzt natürlich die aktuelle Debatte,
12, 13 Jahre später. Ich habe auf eine An-
frage an die Bundesregierung die Antwort
gekriegt, dass Euro Hawk sehr wohl in der
Lage ist oder war, konzipiert war, Mobilfunk-
verbindungen und SMS zum Beispiel abzu-
hören, dass das aber unterbunden wurde,
aber die Technik dafür da ist. Welche Dis-
kussion gab es in Ihrer Amtszeit zur Frage
eben des Umgangs mit den Daten, die Euro
Hawk erfasst?

Zeuge Rudolf Scharping: Nichts Spezi-
fisches, nichts, was auf den Euro Hawk als
solchen bezogen werden könnte. Aber ich
meine, es ist ja doch überhaupt kein Ge-
heimnis, dass man über Human Intelligence,
über seegestützt oder andere - - Natürlich
hören Sie im Bereich von Bedrohungen - ich
rede ausdrücklich von sicherheitspolitischen
Bedrohungen - darüber: Wie kann ich mir
Informationen beschaffen, um das Eintreten
der Bedrohung oder den Umfang der Bedro-
hung zu vermindern, zu beherrschen, prä-
ventiv etwas dagegen zu tun? - Das ist kein
Kommentar zu dem, was aktuell über Prism,
NSA und solche Themen diskutiert wird. Das
verfolge ich als besorgter und interessierter
Staatsbürger. Aber da will ich jetzt kein poli-
tisches Statement abgeben.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Keine weiteren Fragen mehr? - Dann kom-
men die Bündnis 90/Die Grünen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Keine weiteren Fragen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Keine Fragen mehr? - Dann sind wir am
Ende der Befragung, Herr Scharping. Ich darf
Sie noch einmal darauf hinweisen, dass nach
Fertigung des Protokolls dieses für mögliche

Korrekturen Ihnen vom Sekretariat übersandt
wird.

Zuletzt erinnere ich Sie daran, dass nach
§ 26 Abs. 3 PUAG der Untersuchungsaus-
schuss durch Beschluss feststellt, dass die
Vernehmung des Zeugen abgeschlossen ist.
Die Entscheidung darf erst ergehen, wenn
nach Zustellung des Vernehmungsprotokolls
zwei Wochen verstrichen sind oder auf die
Einhaltung dieser Frist verzichtet worden ist.

Herr Scharping, ich danke Ihnen für Ihr
Kommen und wünsche Ihnen einen guten
Nachhauseweg.

Zeuge Rudolf Scharping: Vielen Dank.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich unterbreche an dieser Stelle wie ange-
kündigt die Sitzung, und wir fahren um 3 Uhr
mit der nächsten Befragung fort.

(Unterbrechung von
14.05 bis 14.57 Uhr)

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 359 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 55
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Vernehmung des Zeugen
Dr. Franz Josef Jung

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich setze
die unterbrochene Sitzung fort.

Herzlich willkommen, Herr Dr. Jung, in
unserer Runde. Sie kennen das Prozedere,
Herr Dr. Jung. Aber ich muss Sie trotzdem
wieder mal belehren und Sie darauf hinwei-
sen, dass die Sitzung aufgezeichnet wird.
Dies dient ausschließlich dem Zweck, die
stenografische Aufzeichnung der Sitzung zu
erleichtern. Die Aufnahme wird später ge-
löscht. Das Protokoll dieser Vernehmung
wird Ihnen nach der Fertigstellung zuge-
sandt, und Sie haben anschließend die Mög-
lichkeit, Korrekturen und Ergänzungen vor-
zunehmen.

Herr Minister, Sie sind mit Schreiben vom
27. Juni 2013 geladen worden. Das Beweis-
thema ist Ihnen mit dem Untersuchungsauf-
trag und dem Beweisbeschluss zugegangen.
Der Beweisbeschluss ist Ihnen und den Mit-
gliedern bekannt. Auf eine Verlesung kann
deshalb verzichtet werden. Die erforderlichen
Aussagegenehmigungen liegen vor.

Jetzt kommt die Abteilung Belehrung.
Nach den Vorschriften der Strafprozessord-
nung, die im Untersuchungsverfahren sinn-
gemäß Anwendung finden, und den Vor-
schriften des Gesetzes zur Regelung des
Rechts der Untersuchungsausschüsse des
Deutschen Bundestages - im Folgenden
verwende ich die Abkürzung PUAG - muss
ich Sie zunächst belehren. Sie sind als
Zeuge verpflichtet, die Wahrheit zu sagen.
Ihre Aussagen müssen richtig und vollständig
sein. Sie dürfen nichts weglassen, was zur
Sache gehört, und nichts hinzufügen, was
der Wahrheit widerspricht.

Ich habe Sie außerdem auf die möglichen
strafrechtlichen Folgen eines Verstoßes
gegen die Wahrheitspflicht hinzuweisen.
Danach kann derjenige, der vor dem Unter-
suchungsausschuss uneidlich falsch aus-
sagt, gemäß § 153 des Strafgesetzbuches
mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu
fünf Jahren bestraft werden.

Nach § 22 PUAG können Sie die Aus-
kunft auf solche Fragen verweigern, deren
Beantwortung Sie selbst oder Personen, die
im Sinne des § 52 Abs. 1 Strafprozessord-
nung Ihre Angehörigen sind, in die Gefahr
bringen würde, einer Untersuchung nach

gesetzlich geordnetem Verfahren ausgesetzt
zu werden.

Sollten Teile Ihrer Aussage aus Gründen
des Schutzes von Dienst-, Privat- oder Ge-
schäftsgeheimnissen nur in einer nach der
Geheimschutzordnung des Bundestages
eingestuften Sitzung möglich sein, bitte ich
Sie um einen Hinweis, damit eine entspre-
chende Einstufung erfolgen kann. Ich möchte
in diesem Zusammenhang daran erinnern,
dass im Falle einer Einstufung der Verneh-
mung mit einem Geheimhaltungsgrad VS-
Vertraulich oder höher ein Wechsel des Sit-
zungssaales erforderlich wird. Daher möchte
ich Sie bitten, etwaige Vernehmungsteile, die
einer entsprechenden Einstufung bedürfen,
gesammelt am Ende der Vernehmung zur
Sprache zu bringen.

Nachdem ich Ihnen den Gegenstand der
Vernehmung erläutert, Sie zur Wahrheit er-
mahnt und belehrt habe, komme ich nun zur
Vernehmung zur Person. Herr Bundes-
minister a. D., bitte nennen Sie uns Ihren
Namen, Ihren Familienstand und Ihren
Wohnort.

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Dr. Franz
Josef Jung, verheiratet, drei Kinder, wohnhaft
in Eltville,

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich komme nun zur Vernehmung zur Sache,
Herr Dr. Jung. Zunächst gebe ich Ihnen die
Gelegenheit, dem Ausschuss das im Zu-
sammenhang darzulegen, was Ihnen von
dem Gegenstand der Vernehmung bekannt
ist. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Besten
Dank. - Frau Vorsitzende! Verehrte Kollegin-
nen und Kollegen! Sie wissen, dass ich Ende
November 2005 als Bundesminister der
Verteidigung ins Amt gekommen bin. Im
Rahmen des Verteidigungsministeriums ist
es nicht nur so, dass man mit militärischen
Ehren empfangen wird, sondern es erfolgt
dann auch eine entsprechende Einweisung
in die verschiedenen Aufgabengebiete so-
wohl im militärischen Bereich als auch im
zivilen Bereich - bis zum Thema Spezial-
kräfte -, aber auch konkret zu Rüstungsvor-
haben. Und diese Einweisung zu Rüstungs-
vorhaben ist Anfang Januar 2006 auch mei-
nerseits erfolgt. Hierbei handelt es sich auch
um signalerfassende, luftgestützte, weiträu-
mige Überwachung und Aufklärung, hier
konkret dann die Planungen zum Euro Hawk.

Drucksache 17/14650 – 360 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 56
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Mir wurde damals vorgetragen, dass ge-
plant sei, diese unbemannte Plattform mit der
US-Plattform Global Hawk und deutscher
Sensorausstattung von EADS hier als Ent-
wicklungsprojekt in Auftrag zu geben, eben
zur luftgestützten, signalerfassenden Aufklä-
rung, als Nachfolge für die BR 1150, Breguet
Atlantic SIGINT. Es wurde auch vorgetragen,
dass eine Investition in diesem Bereich nicht
mehr sinnvoll sei, auch vom Bundesrech-
nungshof nicht für richtig erachtet würde und
ein Nachfolgeprojekt hier als sinnvoll ange-
sehen würde. Es ist damals ein Finanzvolu-
men von rund 332 Millionen Euro konkreti-
siert worden.

Der Vertrag über die Entwicklung des
Euro Hawk sollte ursprünglich im zweiten
Halbjahr 2005 vorgelegt werden; aber auf-
grund des erheblichen Nachbesserungs-
bedarfes des von der Industrie vorgelegten
Angebotes - so wurde vorgetragen - werde
mit der Vorlage an den Haushaltsausschuss
Mitte 2006 gerechnet. Die Realisierung des
Projektes setze die Bereitschaft der Firma
Northrop Grumman und der US-Regierung
voraus, zu einem gewissen Grad Informatio-
nen und Technologie über das Basissystem
Global Hawk auch auszutauschen. Der Fort-
schritt bei den Verhandlungen zeige - das hat
damals der Hauptabteilungsleiter Rüstung,
Herr Kaempf, vorgetragen -, dass die US-
Amtsseite diesen Forderungen entgegen-
komme.

Es ist dann in der weiteren Abfolge die
Vorlage für den Bundesfinanzminister gefer-
tigt worden - das war Ende November
2006 -, für den Euro Hawk, damals mit einem
Gesamtvolumen mit den anderen Beistellun-
gen von insgesamt 420 Millionen Euro. Als
Basis für den Euro Hawk - so ist dargelegt
worden - ist das von der US Air Force bereits
über 8 000 Flugstunden operativ betriebene
Aufklärungssystem Global Hawk mit den
Anteilen Trägerplattform, Datenlink und Bo-
denkomponente ausgewählt worden. Die
Entscheidung beruhe auf einer mehrstufigen
nationalen F&T-Studie, also Systemkonzept-
studie, die von Januar 2002 bis Mai 2004
gefertigt worden ist. Im Rahmen dieser Stu-
die sind die möglichen Träger für die Aufklä-
rungssensorik technisch und wirtschaftlich
untersucht worden. Dabei habe sich das
HALE UAV Global Hawk der Firma Northrop
Grumman Corporation als eindeutig über-
legen erwiesen. HALE heißt übersetzt High
Altitude Long Endurance.

Das ist dann im Dezember, Ende Dezem-
ber, dem Haushaltsausschuss auch vorge-
legt worden. Und vor Vertragsschluss hat die
Industrie beim Einbau des Full Scale De-
monstrators dargelegt, auf welchem Weg
eine deutsche Musterzulassung erreicht wer-
den kann, und das ist in Abstimmung mit
dem Bundesministerium für Verkehr und der
Deutschen Flugsicherung erfolgt. Der Vertrag
ist dann am 31. Januar 2007 geschlossen
worden. Der Vertrag ist geschlossen worden
zwischen dem Bundesamt für Wehrtechnik
und Beschaffung, also BWB, und der
EuroHawk GmbH, also ist nicht von mir un-
terzeichnet worden. Das war ein Entwick-
lungsvertrag-Joint-Venture: zu je 50 Prozent
EADS und Northrop Grumman GmbH, Frei-
burg. Grundlage der Vertragsgestaltung war
der Musterentwicklungsvertrag des BWB
und, wie gesagt, der Full Scale Demonstrator
als Entwicklungsziel, Vorbereitung für den
späteren Kauf von vier Systemen.

Hinsichtlich der Musterzulassung wurde
folgende Verpflichtung formuliert: Die
EuroHawk GmbH schuldet die Manage-
mentleistung für logistische Unterstützung
und für den Zulassungsprozess. Und es sind
die gesetzlichen Rechte des BGB, also Ge-
währleistungsrecht und Schadensersatz,
vereinbart worden, wobei ich hierzu sagen
darf, dass ich natürlich allgemein über den
Vertrag informiert worden bin, von Herrn
Staatssekretär Eickenboom; der war dafür
zuständig, für den Bereich. Und ich kann
mich ganz gut erinnern, dass ich, weil bei
mehreren Rüstungsprojekten nicht unbedingt
der Grundsatz „pacta sunt servanda“ galt,
sondern immer Verzögerungen eingetreten
waren, gesagt habe: Schaut doch einmal, ob
ihr wenigstens Schadensersatz und Ge-
währleistungsrecht in die Verträge rein-
bekommt. - Und das ist hier dann ja auch
geschehen.

Der Verteidigungsausschuss und der
Haushaltsausschuss haben dann diesem
Vertrag, wie Sie wissen, zugestimmt. Ich will
hier noch vortragen, dass das Thema
„Unmanned Air Vehicles“, also UAV, öfters
auch Gegenstand unserer Besprechungen
bei der EDA, also bei der European Defence
Agency in Brüssel, war und im Steering
Board eine Rolle gespielt hat und dass es
immer wieder auch unser Bemühen war, hier
weiter voranzukommen, weil das Thema der
Aufklärung - und das war ein Punkt, der auch
eine besondere Bedeutung in Afghanistan
hatte - gerade auch im Hinblick auf den

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 361 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 57
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Schutz für unsere Soldatinnen und Soldaten
von besonderer Wichtigkeit war. Dazu zählte
dann auch die Diskussion innerhalb der
NATO zum Thema AGS, also Alliance
Ground Surveillance, was im Grunde ge-
nommen dort auch vorangetrieben worden
ist.

Ich selbst war am 18. März 2008 in Israel
und habe mir dort auf der Airbase das Auf-
klärungsflugzeug Heron angeschaut, das ja
auch dann nachher beschafft worden ist, wie
Sie wissen. Und deshalb habe ich auch am
5. Mai 2008 im Verteidigungsministerium
noch einmal gebeten, einen strategischen
Überblick über alle Aufklärungsmaßnahmen
zu bekommen, die wir vonseiten des Bun-
desverteidigungsministeriums geplant haben.
Dabei spielte natürlich auch die Frage Euro
Hawk eine Rolle. Das heißt, es ist dargelegt
worden: Das HALE UAV deckt vor allem den
weiträumigen Bereich mit abstandsfähigen
Sensoren ab; das Einsatzgebiet muss nicht
überflogen werden; ab 2013 sei der Zulauf
jetzt geplant und weitere vier Euro Hawk
dann in weiterer Planung. Euro Hawk als
herausforderndes Entwicklungsprojekt und
Einstieg in die UAV-Domäne für die Bundes-
wehr, und UAV öffnete die Tür zur vernetzten
Operationsführung.

Ich war dann im Verlauf - das war Ende
Mai, denke ich, 2008 - hier auf der ILA in
Berlin. Und dort wurde mir auch sehr über-
zeugend von der EADS der Euro Hawk dar-
gestellt, all seine Vorzüge. Und es wurde
auch dargelegt, dass es jetzt mittlerweile hier
überhaupt kein Problem mehr gebe, sondern
dass der Euro Hawk aus Sicht der EADS voll
funktionsfähig sei.

Sie wissen, dass dann Änderungsver-
träge noch geschlossen worden sind in mei-
ner Amtszeit, nämlich einmal im März 2009 -
da ging es um Zusatzarbeiten zur Obso-
leszenzbeseitigung, also technische Ände-
rungen wegen neuer Kryptochips - und dann
am 26. Juni 2009 ein Änderungsvertrag; da
ging es um Mehrkosten wegen verspäteter
Lieferung regierungsseitiger Beistellungen,
Kosten für zusätzliche Qualifizierungs- und
Zertifizierungsleistungen aufgrund baulicher
Änderungen der Trägerplattform. Also, da
ging es um die aerodynamische Auslegung
des Global Hawk und Kosten wegen US-Air-
Force-bedingter Änderungen des Missions-
planungssegmentes, also neuer Software.
Dieser Änderungsvertrag ist ebenfalls dann
am 17. Juni 2009 vom Haushaltsausschuss

und vom Verteidigungsausschuss mit Zu-
stimmung versehen worden.

Ich darf vielleicht sagen, dass ich von die-
sen Änderungsverträgen natürlich nur allge-
mein informiert worden bin und nicht im De-
tail und dass in meiner gesamten Amtszeit
das Thema Zulassungsproblematik über-
haupt keine Rolle gespielt hat. Ich hatte mit
mehreren Rüstungsprojekten zu tun, weil die
leider Gottes erstens nicht immer zeitgemäß
waren und zweitens wir dringend darauf an-
gewiesen waren. Wenn ich an die geschütz-
ten Fahrzeuge, die Dingos, denke, wenn ich
an den Eagle denke, wenn ich daran denke,
dass unsere Schiffe natürlich nicht so ausge-
rüstet waren, dass im Oman 37 Grad Hitze
waren und von daher unsere Soldaten natür-
lich in einer ganz anderen Situation waren,
wenn ich an den A400M denke, der von Tur-
binen bis zu - - erhebliche Probleme bereitet
hat, bis zum Thema Eurofighter, dann waren
das die Themen, mit denen ich mich zu be-
schäftigen hatte. Aber das Thema Euro
Hawk, das hat eigentlich im Hinblick auf die
Frage der Zulassung oder alles, was jetzt
hier diskutiert wird, in meiner Amtszeit keine
Rolle gespielt.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Vielen Dank, Herr Dr. Jung. - Sie kennen die
Modalitäten der Befragungen, der Berliner
Stunde: Die CDU/CSU hat 23 Minuten, die
SPD 14 Minuten, die FDP 9, Die Linke 7 und
Bündnis 90/Die Grünen ebenfalls 7 Minu-
ten. - Ich beginne mit der CDU/CSU-Fraktion.
Herr Kollege Grübel.

Markus Grübel (CDU/CSU): Herr Bun-
desminister a. D. Dr. Jung, Sie haben ge-
sagt, zuständig für das Projekt Euro Hawk
wäre in Ihrem Haus Staatssekretär Eicken-
boom gewesen. Einmal: Wie hat er Sie unter-
richtet? Insbesondere: Haben Sie periodisch
um einen Sachstand gebeten?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Also, ich
habe ja gerade gesagt: Ich habe zunächst
die Einweisung bekommen, am Beginn mei-
ner Amtszeit, und dann ging es ja um die
weitere Vorlage für den Haushaltsausschuss
und danach, wie gesagt, um den Vertragsab-
schluss. Das war eine relativ enge Zeitab-
folge. Und ich habe immer wieder, in regel-
mäßigen Abständen, mit Herrn Staatssekre-
tär Eickenboom auch über die Rüstungsfrage
allgemein, aber auch dann konkret beim
Vertrag darüber gesprochen. Er hat mich

Drucksache 17/14650 – 362 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 58
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

allgemein darüber informiert, in Kenntnis
gesetzt.

Und ich muss sagen: Es war der Bedarf
da. Wir brauchten Aufklärungsmittel. Wir
mussten einen Ersatz für die Breguet haben,
und deshalb war es auch sinnvoll, das ent-
sprechend vertragsgemäß dann so als Ent-
wicklungsprojekt auf den Weg zu bringen.
Und wie gesagt: Ich habe in dem Gespräch -
da kann ich mich sehr genau dran erinnern -
noch ziemlich deutlich gemacht, dass wir
doch schauen, dass wir Schadensersatz und
Gewährleistung in die Verträge bringen, weil
ich mich, wie gesagt, etwas geärgert habe,
dass wir immer sozusagen nicht zeitgemäße
Lieferungen von entsprechenden Rüstungs-
gütern zur Kenntnis nehmen mussten.

Markus Grübel (CDU/CSU): Es wird ja
gerade auch geprüft, ob sich das segens-
reich jetzt für unsere Situation - -

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Bitte?

Markus Grübel (CDU/CSU): Schadens-
ersatzfragen werden ja auch gerade geprüft,
also ob sich das segensreich auswirkt. -
Noch mal eine Nachfrage: Haben Sie von
Zulassungsproblemen gehört, für den deut-
schen Luftraum, für den europäischen Luft-
raum, und, wenn ja, wurden die als lösbar
dargestellt oder als schwer lösbar oder als
nicht lösbar?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Also, ich
habe es ja gerade gesagt: Von Zulassungs-
problemen habe ich im Zusammenhang mit
dem Thema Euro Hawk nichts gehört. Das ist
mir auch nicht irgendwo vorgetragen worden.
Ich habe allgemein mal vor meinem Besuch
der ILA - - Da gab es aber mehr Probleme im
Hinblick auf die Ausführungen des Euro
Hawk, die dann aber beseitigt waren, wie mir
im Rahmen der ILA vorgetragen wurde. Aber
dass es ein Problem geben könnte im Hin-
blick auf die Zulassung, das war nicht Ge-
sprächsthema.

Markus Grübel (CDU/CSU): Sie haben
den Hauptvertrag und die Entwicklung bis
zum dritten Änderungsvertrag im Jahr 2009
angesprochen. Mit dem dritten Änderungs-
vertrag ist ja der Löwenanteil des Geldes
sozusagen ausgegeben gewesen. Wurde
Ihnen im Zusammenhang mit dem dritten
Änderungsvertrag, was ja noch mal - aus der

Erinnerung -, ich glaube, 48 Millionen Euro
waren - - Ist Ihnen aus der Erinnerung da
noch ein Punkt, dass man Sie auf Risiken
hingewiesen hat, dass das ganze Projekt am
Ende, zum Beispiel an Zulassungsfragen
oder Ähnlichem, scheitern könnte?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Eindeutig
nein. Das Einzige, was in dem Zusammen-
hang eine Rolle gespielt hat, war, dass teil-
weise beklagt wurde, dass die Kooperation
mit den Amerikanern nicht so ganz optimal
sei. Ich hatte ein sehr gutes Verhältnis zu
meinem Kollegen Bob Gates und war auch
um diese Zeit dann in Washington und habe
dann auch mit ihm darüber gesprochen, weil
die Frage der deutsch-amerikanischen Rüs-
tungszusammenarbeit natürlich auch was
damit zu tun hat, dass wir die entsprechen-
den Informationen bekommen. Nach meinem
Kenntnisstand ist das dann auch nachher
erfolgt.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wurden
Ihnen vor Abschluss des Vertrags nochmals
Alternativen vorgestellt zum Euro-Hawk-
Projekt?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Nein. Also,
es wurde ja dargelegt, dass diese Untersu-
chung stattgefunden hat und dass sich das
als Bestes bewährt habe, aber eine Alterna-
tive zum Thema Euro Hawk hat weder im
Zusammenhang mit der damaligen Einwei-
sung - das war ja schon; das ging ja klar auf
diesem Weg - noch ansonsten irgendeine
Rolle gespielt.

Markus Grübel (CDU/CSU): Also, nach
den mir bekannten Unterlagen sind ja bis zur
Unterschrift weitgehend die Rahmenbedin-
gungen verhandelt gewesen. Hätten Sie eine
Möglichkeit gesehen, die Vertragsverhand-
lungen noch mal völlig neu aufzugreifen, um
mögliche Schwächen der Vorprägung, zum
Beispiel Zusammenarbeit mit den Vereinig-
ten Staaten und der Rüstungsfirma in den
Vereinigten Staaten, zu vermeiden?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Also, wie
gesagt, ich war natürlich auch nicht im Detail
in den Vertragsverhandlungen drin, sondern
ich bin allgemein darüber informiert worden.
Es gab die Notwendigkeit dieses Ersatzes.
Das Projekt ist als Entwicklungsprojekt in
Auftrag gegeben worden. Der Vertrag ist

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 363 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 59
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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unter diesem Aspekt - ich sage es noch ein-
mal: Schadensersatz, Gewährleistung - ab-
geschlossen worden, und von daher gab es
aus meiner Sicht und auch in meinem Dis-
kussionsbereich keine Thematik, die ir-
gendwo eine Alternative berührt hat.

Markus Grübel (CDU/CSU): Erinnern Sie
sich an kritische Fragen aus dem Verteidi-
gungsausschuss oder aus dem Haushalts-
ausschuss, insbesondere was die Höhe des
Projekts oder was Risiken angeht?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Sie wissen
ja, dass ich im Verteidigungsausschuss
durch die Staatssekretäre vertreten worden
bin und auch im Haushaltsausschuss, so-
dass ich da jetzt auch das nicht konkret be-
antworten kann; denn mich haben derartige
Themen nicht erreicht.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Wenn
ich fortsetzen darf? - Vielen Dank. - Habe ich
Sie richtig verstanden, Herr Minister, dass es
zu Beginn Ihrer Amtszeit in den Verträgen
über große Beschaffungsprojekte für Rüs-
tungsgüter keine Vorkehrungen gab für Zeit-
verzögerungen oder Kostensteigerungen?
Also das, was Sie angesprochen haben mit
vertraglichen Klauseln zu Gewährleistung
und Schadenersatz, das wurde erst in Ihrer
Amtszeit auf Ihre Initiative in die Verträge
eingearbeitet?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Das war
mein Kenntnisstand. Und deshalb - - Ich
hatte nämlich immer die Frage gestellt: Ja,
warum müssen wir das einfach so akzeptie-
ren, dass beispielsweise zwei Jahre später,
drei Jahre später - - Können wir das nicht
anders regeln, indem wir gegebenenfalls
dann auch mal über Schadensersatz reden
oder in anderen Punkten über Gewährleis-
tung? Damals wurde es so dargelegt, dass
das früher unüblich war. Dann habe ich da-
rauf gedrängt, dass genau das in die Ver-
träge kam.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Darf ich
informatorisch nachfragen, ob das nur bei
diesen Verträgen zum Euro Hawk der Fall
gewesen ist oder ob das ein genereller An-
satz zur Novellierung aller oder Änderung der
bestehenden Verträge - - oder jedenfalls die
Neufassung von neu zu schließenden Ver-
trägen betroffen hat?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Es ging
generell um die Rüstungsverträge.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Darf ich
noch mal nachfragen: Wurden auch beste-
hende Verträge daraufhin nochmals über-
prüft und gegebenenfalls geändert, weil es ja
auch bei diesem Projekt Änderungsverträge
im Laufe der Zeit gab?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Also, mir
wurde damals gesagt, dass keine Ände-
rungsmöglichkeiten mehr bestünden, son-
dern die Verträge waren ja alle geschlossen
und waren entsprechend unterschrieben.
Wie gesagt, ich kann mich noch sehr genau
erinnern, weil ich gesagt habe: Für mich gilt
der Grundsatz „pacta sunt servanda“, und
das gilt in dem gesamten Rüstungsbereich
nicht. Da müssen wir irgendwo mal gucken,
dass wir das ein bisschen in den Griff be-
kommen. Deshalb mein Petitum hier im Hin-
blick auf das Thema Schadensersatz und
Gewährleistungsrecht.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Darf ich
noch die Frage stellen: Wurde Ihnen aus der
Amtszeit Ihrer Vorgänger für irgendein Rüs-
tungsprojekt ein Projektverantwortlicher be-
nannt?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Ja gut, ich
habe ja, wenn Sie so wollen, all diejenigen,
die die Verantwortung hatten in dem Bereich,
auch übernommen in meiner Amtszeit. Das
heißt, Hauptabteilungsleiter Kaempf und Herr
Staatssekretär Eickenboom waren dafür
zuständig, für den Bereich der Rüstung, und
von daher habe ich auch dann mit Herrn
Staatssekretär Eickenboom sehr konkret
über diese Fragen ja gesprochen, wie ich
dargelegt habe.

Markus Grübel (CDU/CSU): Haben Sie
in Ihrer Amtszeit das Verfahren des Be-
schaffungswesens geändert?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Hier ging
es ja jetzt nicht um Beschaffung, sondern
hier ging es jetzt um Entwicklung.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ja, oder
Entwicklungen von so Großprojekten, also
dieses CPM.

Drucksache 17/14650 – 364 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 60
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Wie ge-
sagt, dieses Thema - - Schauen Sie, das
habe ich ja gerade dargelegt, Gewährleis-
tungsrechte, und ich habe auch immer - -
Wenn ich das recht erinnere, haben wir das
bei dem Heron auch realisiert und auch bei
anderen Projekten, beispielsweise haben wir
ja, um das mal zu sagen - - Bei dem Dingo
haben wir ja im Grunde genommen zunächst
alles nach Afghanistan geschafft, was wir
hatten, und hatten keine Möglichkeit mehr
hier auch in der Ausbildung. Und wir hatten
damals, wenn ich es richtig sehe, einen Ver-
trag geschlossen. Da hatten wir, glaube ich,
39 bestellt, aber wir haben dann kurzfristig
doch 100 geliefert bekommen, weil wir das
brauchten zum Schutz unserer Soldaten.
Von daher haben wir dort versucht, Verände-
rungen herbeizuführen, die auch dann ge-
lungen sind.

Rainer Arnold (SPD): Herr Minister, Herr
Jung, Herr Kollege Grübel sprach gerade
davon, dass der Großteil der Gelder ja sehr
früh abgeflossen ist. Haben Sie da Erkennt-
nisse drüber, dass der Großteil der Gelder
während Ihrer Amtszeit geflossen ist, oder
haben Sie eher die Verträge abgeschlossen,
bei denen die Summen fixiert waren?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Also, über
den Abfluss der Gelder habe ich natürlich
keine Kenntnis. Ich habe Ihnen ja auch ge-
sagt, der Unterschiedlichkeit der Finanzvo-
lumen - - Das habe ich Ihnen ja gerade vor-
getragen. Ich will noch mal unterstreichen,
dass den Vertrag das BWB gemacht hat und
auch der Chef des BWB ihn unterschrieben
hat, ich aber allgemein informiert worden bin
und auch mit Herrn Staatssekretär Eicken-
boom darüber gesprochen habe, was auch in
Ordnung ist.

Rainer Arnold (SPD): Sie betrachten den
Vertrag als einen Vertrag, der in Ihrem Sinne
auch nachjustiert wurde. Das heißt, Sie ha-
ben schon ein Stückchen nachgefragt und
Verbesserungen auch eingefordert?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Insbeson-
dere zum Thema Schadensersatz und Ge-
währleistung, ja.

Rainer Arnold (SPD): Das heißt, Sie
würden heute sagen, der Vertrag ist in Ord-
nung?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Ich werde
als Zeuge gefragt und nicht zum Bewerten,
lieber Kollege.

Rainer Arnold (SPD): Dann frage ich
direkt: Ist dieser Vertrag ein Geburtsfehler,
der in Ihrer Ägide unterschrieben wurde?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Das ist
wieder eine Bewertung. Ich kann nur Folgen-
des sagen: Ich habe das mit Herrn Staats-
sekretär Eickenboom besprochen. Das
war - - Von daher ist das auf den Weg ge-
bracht worden. Ich habe noch einmal dafür
gesorgt, dass das Thema - wie gesagt: die
Rechte des BGB, Schadensersatz usw.,
Gewährleistung - in den Vertrag kommt, und
von daher ist das in dieser Richtung auch
vollzogen worden. Aber es war auch dann in
Ordnung.

Rainer Arnold (SPD): Und ist mit Ihnen
auch darüber gesprochen worden, warum ein
Entwicklungsvertrag in dieser Situation und
kein Beschaffungsvertrag?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Ja, da-
rüber ist sehr konkret gesprochen worden.
Ich meine, das muss man generell sagen. Ich
meine, es ging natürlich auch immer darum,
sozusagen eine eigene Komponente oder,
wenn Sie so wollen, auch in anderen Dingen
eine europäische Komponente hier mit auf
den Weg zu bringen, hier in Kooperation mit
den Amerikanern. Aber es war ja, wenn ich
so sagen darf - - hat man ja auch ein Stück
Neuland beschritten. Und deshalb war das
natürlich auch dann dieses Thema der Ent-
wicklungskomponente, die hier auf den Weg
gebracht worden ist, weil eine Alternative ja
zum damaligen Zeitpunkt des Vertragsab-
schlusses in der Art und Weise gar nicht zur
Verfügung stand.

Rainer Arnold (SPD): Sie konnten den
Vertrag in seiner Ausgestaltung und Umset-
zung nachher nicht mehr begleiten. War
Ihnen aber bewusst, dass es ein Vertrag ist,
den man eng monitoren muss und wo auch
der Minister immer wieder dann natürlich
nachhaken muss, oder wie haben Sie das für
sich persönlich aufgefasst?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Ich sage
Ihnen ja: Der Vertrag wurde abgeschlossen.
Ich bin dann informiert worden über die wei-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 365 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 61
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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teren Entwicklungen. Ich habe mich selbst
noch einmal konkret informieren lassen, da-
mals in unserem U-Boot - Sie kennen das -
und mit Generalinspekteur, mit Inspekteur
der Luftwaffe usw., weil es mir um die strate-
gische Planung und die Aufklärungskompo-
nente insgesamt ging. Dazu gehört natürlich
auch das Thema Euro Hawk. Dort wurden
dann die Dinge so vorgetragen, wie ich es
Ihnen gerade gesagt habe. Von daher
ging - - Eigentlich war das Projekt dann
unproblematisch, insbesondere als mir dann
auch - ich meine, es wäre Tom Enders ge-
wesen - auf der ILA noch einmal sehr über-
zeugend den Euro Hawk dargestellt hat.

Rainer Arnold (SPD): Zu diesem Ent-
wicklungsvertrag gehörte auch ein bodenge-
bundenes Element für die Missionsplanung.
Dies haben die Amerikaner letztlich aber gar
nicht geliefert, weil das unter ihre Export-
restriktionen fällt. Wäre das ein Punkt dann,
dies, was Sie durchgesetzt haben, Regress
zu verlangen, auch einzufordern? Weil Fakt
ist ja: Das ist nicht geliefert, und die
Missionsplanung erfolgt von den Vereinigten
Staaten aus.

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Herr Kol-
lege, ich bin zwar Jurist.

Rainer Arnold (SPD): Eben.

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Ich kann
von daher auch sachgerecht Auskunft geben.
Aber Sie vernehmen mich jetzt hier als Zeu-
gen, und deshalb bitte ich um Verständnis.
Ich denke, der Vertrag ist sachgerecht, und
alles andere muss jetzt gegebenenfalls ent-
schieden werden.

Rainer Arnold (SPD): Dann haben Sie
vorhin noch darüber gesprochen, dass Sie
auch informiert wurden, dass es Probleme
gibt mit den Amerikanern. Können Sie das
noch ein bisschen präziser machen, welche
Art Probleme Ihnen da geschildert wurden?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Es ging
um das Thema der deutsch-amerikanischen
Rüstungszusammenarbeit, und dort ging es
ja auch - auch in dem Zusammenhang mit
dem Thema Euro Hawk - um entsprechende
Informationen, die wir brauchten. Das wurde
ja schon im Rahmen der Einweisung damals
vorgetragen. Ich habe Ihnen ja gesagt: Da-

mals hat der Hauptabteilungsleiter Rüstung
gesagt, man käme da klar. Aber nachher hat
mir der Staatssekretär vorgetragen, dass es
doch da immer wieder Probleme gebe im
Hinblick auf die Information.

Und da ich selbst dann in Washington war
und mit meinem Kollegen Bob Gates - denn
die Frage AGS war auch immer wieder ein
Thema unserer Diskussion, weil dann andere
wieder abgesprungen sind usw. - - habe ich
dann natürlich auch dieses Thema ange-
sprochen, dass, wenn wir eine deutsch-ame-
rikanische Rüstungszusammenarbeit ma-
chen, wir natürlich auch den entsprechenden
Informationsaustausch brauchen, der not-
wendig ist, um die gemeinsame Kooperation
hinzubekommen. Das habe ich da angespro-
chen, und wenn ich richtig informiert bin, hat
sich das ja auch danach entsprechend ver-
bessert.

Rainer Arnold (SPD): Es wurde ja vor
dem Vertrag auch schon MoU abgeschlos-
sen im Jahr 2006. Können Sie sich noch
erinnern, über welche Dinge in diesem Zu-
sammenhang, auch über welche Risiken,
hier gesprochen wurde?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Also, da-
rüber bin ich nicht im Einzelnen informiert
worden. Ich habe Ihnen ja gesagt: Die Haus-
haltsvorlage und alles, was dort mit den Stu-
dien usw. - - das war mir klar, aber im Detail
jetzt MoU, das war mir nicht klar.

Rainer Arnold (SPD): Aber Sie würden
jetzt auch nicht sagen, der Staatssekretär hat
wichtige Informationen nicht weitergegeben?
Sie hatten das, was Sie für Ihre Entschei-
dungen brauchten?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Also, ich
muss Ihnen sagen, dass, obwohl - Sie wis-
sen das - der Staatssekretär einer anderen
Partei angehört hat als ich, die Zusammen-
arbeit loyal und gut war.

Rainer Arnold (SPD): Danke.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Sind noch weitere Fragen?

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Um noch
mal zum Lob des Vertrages zurückzukom-
men. Der hatte ja nicht nur Regress- und
Schadenersatzmöglichkeiten, sondern es

Drucksache 17/14650 – 366 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 62
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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war ein Vertrag, der jederzeit kündbar war.
Das ist für einen Entwicklungsvertrag ja eine
gute Sache; denn wenn man das Risiko ein-
geht, etwas Neues zu entwickeln - - Erster
Schritt: nicht sozusagen sofort die Serien mit
beschließen; das ist der neue CPM gewesen.
Also, zunächst mal den Full Scale De-
monstrator haben, gucken, ob es funktioniert,
und auch bei der Entwicklung des Full Scale
Demonstrators sich nicht darauf zu verlas-
sen, dass es schon klappen wird, sondern
jederzeit kündbar. Das war auch nicht üblich,
aber es war sozusagen etwas, was Ihnen
auch klar war, dass das sozusagen eine
Risikominimierung war in dem Vertrag, der
zu Ihrer Zeit geschlossen wurde.

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Vollkom-
men richtig; denn es war ja immer - bei allen
Projekten, hätte ich fast gesagt - - Ich kenne
kein einziges Projekt, wo es nicht irgendwel-
che Probleme dann irgendwo gab, und hier
ging es um ein Entwicklungsprojekt, und
damit war die Möglichkeit der jederzeitigen
Kündbarkeit ein durchaus wichtiger Punkt.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wenn
Ihnen Probleme geschildert worden wären,
lösbare, unlösbare, Sie hätten sich mit Pro-
blemen beschäftigt, wenn Sie den Eindruck
hätten, das braucht politischen Nachdruck?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Aber, Herr
Kollege, spekulieren will ich jetzt nicht. Ich
bitte Sie um Verständnis. Ich habe Ihnen
gesagt, wie ich verhandelt habe. Sie haben
meine Amtszeit auch mit verfolgt, und dann
können Sie die entsprechenden Schlüsse
ziehen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Kennen
Sie den Unterschied zwischen lösbaren und
unlösbaren Problemen? Gibt es so etwas
überhaupt? Wann werden Probleme an den
Minister herangetragen?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Also, ich
will Ihnen ganz ehrlich sagen: Beim A400M
waren wir in einer kritischen Phase, von den
Turbinen bis zu - - Wir haben das jetzt ja
technisch hinbekommen. Alles andere, was
ich jetzt heute aktuell lese, hat mich damals
nicht beschäftigt. Aber es gab manchmal
schon nicht ganz einfache Probleme. Das
muss ich schon fairerweise zugeben. Aber
wir konnten sie zum Glück alle lösen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Und das
Führungsverständnis ist richtig, wenn man
sagt: „Das gehört zum Minister. Probleme
gehören zum Minister, damit sie gelöst wer-
den können, damit Sie Druck machen kön-
nen“?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Wenn es
wichtige, relevante Dinge gibt - ich habe
Ihnen ja gesagt, mit welchen Fragen ich mich
beschäftigt habe -, dann habe ich mich da-
rum gekümmert, ja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ist das
Informiertwerden eine Sache, die also für Sie
rein reaktiv zu geschehen hat, oder gibt es
eine Holschuld des Ministers?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Also, wis-
sen Sie, es gibt ja immer gewisse Ge-
sprächsbereiche, sei es im Kollegium mit den
Staatssekretären, sei es in anderem Zu-
sammenhang; wir hatten auch Koalitionsge-
spräche usw. Da haben wir über diese Fra-
gen auch gesprochen, und das war im ge-
genseitigen Dialog, wenn ich es so sagen
darf.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Und nur
vielleicht noch mal zu Protokoll: Also, sozu-
sagen dieses Projekt war, weil es ein trans-
atlantisches war, weil es um strategische
Aufklärung ging, ein wichtiges Projekt.

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Ich habe
Ihnen ja gerade gesagt: Das war sozusagen
der Einstieg in die entsprechende Aufklä-
rungskomponente, und von daher war das
natürlich kein unwichtiges Projekt.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Vielen
Dank.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Hat die SPD noch weitere Fragen? - Nein.
Dann gebe ich der FDP das Wort.

Joachim Spatz (FDP): Herr Bundes-
minister, Sie haben also, wenn ich Sie richtig
verstanden habe, den Herrn Staatssekretär
Eickenboom als Prozessverantwortlichen an
dieser Stelle wahrgenommen und niemanden
sonst.

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Ja, wie
gesagt, bei der Einweisung waren natürlich

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 367 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 63
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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alle von der Rüstung auch mit dabei, bis zum
Hauptabteilungsleiter. Aber ansonsten, in
dem weiteren Dialog bis zum Vertrag usw.,
war mein Gesprächspartner immer Staats-
sekretär Eickenboom.

Joachim Spatz (FDP): Wie erklären Sie
sich die Diskrepanz - also, jedenfalls nehme
ich das so wahr -, dass sowohl der Herr
Scharping in seiner vorherigen Vernehmung
gesagt hat, man dürfe sich ja nicht nur auf
offizielle Meldewege verlassen, muss also
auch nachfragen - er sprach von „Hol-
schuld“ -, und auch Sie gesagt haben, Sie
haben das Produkt eigentlich als unproble-
matisch wahrgenommen - das ist die eine
Sichtweise -, und bei Herrn Schneiderhan
haben wir vorhin gehört, dass es da quasi
einen beständigen Informationsfluss gege-
ben habe? Also, mir scheint da irgendwas
nicht ganz zusammenzupassen.

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Also, ich
habe „unproblematisch“, was das Thema der
Zulassung anbetrifft, gesagt. Ich habe schon
mitbekommen, dass es damals im Entwick-
lungsprojekt am Anfang auch das eine oder
andere Problem gab. Deshalb hat mir ja
nachher EADS in besonderer Art und Weise
dargestellt, dass jetzt die Probleme gelöst
sind und wir einen funktionsfähigen Euro
Hawk haben. Dabei hat aber das Thema
Zulassung keine Rolle gespielt.

Joachim Spatz (FDP): Also, der Herr
Schneiderhan sprach sogar bei gewissen
Entscheidungen von kollegialen Entschei-
dungen bzw. Entscheidungen im Kollegium.
Ist das in Ihrer Amtszeit auch so praktiziert
worden? Er sprach also von einer Runde, wo
der Minister, die Staatssekretäre, beamtete
und Parlamentarische, zusammengesessen
waren. War das bei Ihnen auch Praxis?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Ja, also,
es gab das Kollegium, wo die Staatssekre-
täre mit dabei waren, wo gegebenenfalls die
entsprechenden Abteilungsleiter mit dabei
waren. Parlamentarier waren in diesem
Gremium bei mir nicht dabei, aber der Gene-
ralinspekteur auch; selbstverständlich.

Joachim Spatz (FDP): Und wurde da
auch über das Thema gesprochen, dass ab
Mitte 2009 ja offensichtlich durch die Prüfung
WTD 61 völlig klar war, dass mit Northrop

Grumman keine Einigung zu erzielen war
hinsichtlich des für die Zulassung notwendi-
gen Informationsaustausches? Das ist ja
schon eine heftige Aussage, und ich sage
mal: Das hätte doch in gerade diesem Kolle-
gium besprochen werden müssen.

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Ich habe
Ihnen ja gerade gesagt: Es ist mir dann
schon vorgetragen worden, dass es dort
Probleme gibt im Hinblick auf das Thema
Informationsaustausch. Und deshalb habe
ich ja - ich war in dieser Zeit danach dann in
Washington - auch mit meinem Kollegen Bob
Gates genau darüber gesprochen - über das
Thema Informationsaustausch, damit ich
mich richtig ausdrücke -, und aus meiner
Sicht ist es danach auch entsprechend ver-
bessert worden.

Joachim Spatz (FDP): Haben Sie Infor-
mationen darüber, ob die Verbesserungen
vonseiten der USA in einem hinreichenden
Maß stattgefunden haben, damit eine min-
destens mal Musterzulassung stattfinden
kann, oder ob, trotz Verbesserung, doch
nicht hinreichend verbessert worden ist?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Nein, da-
rüber habe ich keine entsprechenden Detail-
kenntnisse. Ich kann halt nur noch einmal
sagen, dass es damals nicht um das Thema
Musterzulassung ging, sondern es ging im-
mer nur um das Thema des allgemeinen
Informationsaustausches. Das Thema Mus-
terzulassung war ja im Grunde genommen
unser BWB-Vertrag und der Vertrag von
2007, wo die entsprechenden Verpflichtun-
gen ja drin waren.

Joachim Spatz (FDP): Dann habe ich
erst mal keine weiteren Fragen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut, danke schön. - Dann gebe ich das Wort
dem Herrn Koch von der Linken.

Harald Koch (DIE LINKE): Herr Bundes-
minister, Sie haben ja eingangs sehr gut
dargelegt, wie Sie sich als Noch-nicht-Minis-
ter schon informiert haben - wir sagen so
salopp - über die Leichen, die eventuell im
Keller liegen beim Ministerium, und Sie ha-
ben ja auch sehr augenscheinlich dargestellt,
dass Sie sich auch als Minister um Rüs-
tungsprojekte bemüht haben, die ständig

Drucksache 17/14650 – 368 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 64
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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unter Kontrolle hatten. Jetzt ist die Frage für
mich - Sie sind ja Jurist -: Wie eng waren Sie
in die Vertragsgestaltung einbezogen? Also,
dieses Kollegium bzw. Ihre Führungsmann-
schaft kommt ja regelmäßig zusammen. Das
läuft ja alles nach einem bestimmten Plan ab,
wo also über bestimmte Fragen diskutiert
wird, informiert wird, und dann werden Be-
schlüsse gefasst. Haben Sie sehr konkret an
diesem Vertrag mitgearbeitet?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Nein, an
dem Vertrag natürlich nicht. Ich will allerdings
noch eine Vorbemerkung machen, damit hier
nichts Falsches im Protokoll steht: Ich war
schon Minister, als ich eingewiesen worden
bin in die Thematik; das habe ich ja gerade
vorgetragen.

Jetzt aber konkret zu Ihrer Frage: nicht
über das Detail der Vertragsgestaltung, aber
über die Rahmenbedingungen. Ich habe
gesprochen von dem Thema Gewährleis-
tung, ich habe gesprochen vom Thema
Schadensersatz. Wenn ich es richtig im Kopf
habe, hat mich ja auch der Staatssekretär
informiert über das Thema Kündigungs-
schutz, Musterzulassung; diese allgemeinen
Dinge schon, aber nicht natürlich - - Wie
gesagt, ich habe auch den Vertrag ja nicht
unterschrieben, sondern das lief dann alles
über das dafür zuständige Bundesamt für
Wehrtechnik und Beschaffung, also über
BWB in Koblenz.

Harald Koch (DIE LINKE): Sie hatten hier
ausgeführt, schon mehrfach jetzt wiederholt,
dass insbesondere Sie Einfluss genommen
haben, dass Formulierungen reinkommen
über Regressleistungen, wenn bestimmte
Bedingungen nicht erfüllt werden. Aber nun
stellen wir fest, dass ja über diese Bemü-
hensklausel ein Quasi-Aushebeln dieser
Regressforderungen zu verzeichnen ist. Wie
schätzen Sie das ein, inwieweit schon mit
dem Vertrag, den Sie durch Ihren Einfluss
dahin gehend überarbeiten ließen, diese
Bemühensklausel diese Regressforderungen
quasi aushebelt?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Also, das
will ich jetzt nicht bewerten, ob das ausge-
hebelt ist oder nicht. Ich kann Ihnen nur noch
einmal sagen, dass, wie gesagt, die Regeln
des BGB gelten, und darin stehen sowohl
Gewährleistung als auch Schadensersatz.

Harald Koch (DIE LINKE): Wie der Bild-
Zeitung zu entnehmen ist vom 26.05., haben
Sie auch dort ausgeführt, dass Sie auch ha-
ben in dem Vertrag verankern lassen, dass
dieser Euro Hawk mit einem Antikollisions-
system übergeben wird, also damit erst die
Lieferbedingungen erfüllt sind. Nun gibt es
aber gegensätzliche Auffassungen aus dem
Verteidigungsministerium, und das ist ja
letztendlich auch der Streitpunkt im Moment.
Wie sehen Sie das heute?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Also, da-
mals war es ja noch nicht möglich, das
Thema „Sense and Avoid“. Wir waren da-
mals allerdings führend in Deutschland in der
Vorbereitung, in der Planung und in der Ent-
wicklung. Das war immer auch ein Thema,
was wir beispielsweise in Europa bei der
EDA erörtert haben. Wir haben damals das
als Zukunftsperspektive schon im Blick ge-
habt. Aber das Entwicklungsprojekt als sol-
ches war natürlich auf die - Sie wissen, das
ist in verschiedene Kategorien eingeteilt -
Kategorie zwei eingestuft, wobei man sagen
muss: Da geht es um das Thema „Gegebe-
nenfalls gesperrter Luftraum“. Der Euro
Hawk ist ja so: Wenn Sie den einmal hoch-
bringen, ist der ja oberhalb des Flugverkehrs,
sodass das aus damaliger Sicht auch kein
Thema war.

Harald Koch (DIE LINKE): Die heutige
Zeugenvernehmung hat bei mir unter ande-
rem auch den Eindruck erweckt, dass es hier
wohl einen Unterschied gibt zwischen einer
rein militärischen Zulassung eines solchen
Systems als auch - darüber hinaus - der zi-
vilen Nutzung. Heute war auch die Rede von
ressortübergreifender Inanspruchnahme,
also nicht nur militärisch, sondern auch zivil:
Katastrophenschutz etc. Gibt es für Sie einen
Unterschied zwischen einer militärischen
Zulassung eines solchen Flugobjektes und
der zivilen?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Ja, gut, ich
habe Ihnen ja gesagt, dass es auch eine
Abstimmung gab zur Deutschen Flugsiche-
rung und zum Bundesministerium für Ver-
kehr. Aber natürlich haben wir, wenn ich es
so sagen darf, im Militärischen den einen
oder anderen Vorteil - über gesperrtem Luft-
raum usw. -, den Sie im zivilen Bereich nicht
haben.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 369 – Drucksache 17/14650

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Harald Koch (DIE LINKE): Dann komme
ich ja auf einen Punkt, der letztendlich das
ganze Projekt so interessant macht für viele:
dass es also nicht nur rein militärisch einge-
setzt werden kann, sondern auch für zivile
Zwecke. Wir haben ja alle schon mehrfach
gehört, was dieses System kann, in welcher
Reichweite: wie so ein Staubsauger den
ganzen Kommunikationsverkehr auf der Erde
aufsaugen, dann durch Auswertung be-
stimmte Schlussfolgerungen - - also Aufklä-
rung. Hier macht natürlich dieses System
keinen Unterschied zwischen zivilem Kom-
munikationsverkehr, privatem - Bürgerinnen
und Bürgern -, und militärischem. Jetzt ist
meine Frage: Haben Sie schon darüber dis-
kutiert damals - wurde darüber gespro-
chen? -, dass eventuell auch noch andere
Bereiche dieses System nutzen könnten?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Nein, das
war damals nicht das Thema. Unser Thema
war mehr die Sorge: Können wir bessere
Aufklärung erreichen für beispielsweise das
Thema Geiselbefreiung, teilweise für den
Schutz unserer Soldaten? Wenn ich an eine
sehr konkrete Situation in Afghanistan denke:
Wenn wir da bessere Aufklärung gehabt
hätten, wäre vielleicht auch das eine oder
andere anders gelaufen. Also, die Frage der
Aufklärungskomponente war unter dem As-
pekt ein ganz wichtiger Punkt.

Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Ich meine,
ich habe unmittelbar erlebt in Afghanistan,
wo wir durch entsprechende Hinweise Leben
von Soldaten schützen konnten. Ich sage
Ihnen auch sehr persönlich: Selbst auf mich
ist ja ein Anschlag geplant gewesen. Durch
diese Information konnten wir das entspre-
chend verhindern. Das ist immer - ja, wie soll
ich es sagen? - ein Stück auch einer Grat-
wanderung. Aber damals ging es uns um die
Schutzfunktion und darum, den entspre-
chenden Aufklärungsbedarf, den wir hatten in
Afghanistan, zu verbessern.

Harald Koch (DIE LINKE): Wie gestaltete
sich in Ihrem Ressort die Zusammenarbeit
mit der EADS?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Gut, die
war natürlich sehr vielschichtig, wenn Sie so
wollen, weil die EADS in anderen Projekten
natürlich auch mit beteiligt war. Dort gab es
auch immer wieder Gespräche. Da gab es
Gespräche mit Tom Enders, da gab es Ge-
spräche mit Herrn Gallois, weil beim Thema

A400M wollte EADS teilweise auch mehr
Mittel haben. Das habe ich allerdings damals
nicht eingesehen unter dem Aspekt, den ich
vorhin vorgetragen habe. Da haben wir auch
ziemlich hart verhandelt. Da, muss ich sa-
gen, waren wir auch nicht allein; denn es gab
noch andere Nationen, die da mit beteiligt
waren. Andere Nationen haben das eine
oder andere anders beurteilt; das will ich jetzt
im Detail nicht darlegen. Aber das waren
immer wieder Gespräche, die dort geführt
worden sind, und ich hatte natürlich die Ver-
pflichtung, die Interessen, wenn ich es so
sagen darf, unseres Ministeriums entspre-
chend zu vertreten.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt kommt Bündnis 90/Die Grünen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Vielen Dank. - Herr Jung, noch mal zu Fra-
gen der Gewährleistung. Sie sind im Januar
2006 eingewiesen worden, haben Sie ge-
sagt, und haben dann darauf gedrängt, dass
die Gewährleistungsregeln gelten. Verstehe
ich das so, dass die Bemühensklausel vorher
noch nicht abbedungen war und die dann
erst nach Ihrem Amtsantritt abbedungen
worden ist?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Nein, das
hätten Sie missverstanden. Ich habe im Zu-
sammenhang mit den Gesprächen mit Herrn
Staatssekretär Eickenboom in Vorbereitung
des Vertrages auf diesen Gesichtspunkt -
Schadensersatz und Gewährleistung - hin-
gewiesen: dass ich der Meinung sei, das
sollte man in entsprechende Verträge mit
aufnehmen, weil mir zu Ohren kam, dass das
in vorherigen Verträgen nicht der Fall war.
Das war dann in den Gesprächen, ich sage
mal, nicht schon im Januar 2006, sondern in
Vorbereitung des Vertrages - der war ja am
31. Januar 2007 - mit Herrn Staatssekretär
Eickenboom, wo ich darüber gesprochen
habe.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Gut. - Meine Frage zielte darauf: Gab es im
Januar 2006 schon einen Vertragsentwurf, in
dem die Bemühensklausel noch galt?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Nein, ich
habe Ihnen ja gerade vorgetragen, dass es
dort - - Auch entsprechend mir wurde vorge-

Drucksache 17/14650 – 370 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 66
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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tragen. Warten Sie mal. Ich will es nur noch
mal rekapitulieren.

(Der Zeuge blättert in seinen
Unterlagen)

Mir wurde damals vorgetragen, dass geplant
war, dass schon im zweiten Halbjahr 2005
der entsprechende Vertrag vorgelegt werden
sollte und dass es erheblichen Nachbesse-
rungsbedarf gab im Hinblick auf das von der
Industrie damals vorgelegte Angebot. Nach-
her ist der Vertrag ja gemacht worden auf-
grund unseres, wenn ich es so sagen darf -
also BWB-Musterentwicklungsvertrag -, Ver-
trages. Also, von daher hat es hier, wenn ich
es so sagen darf, einen längeren Prozess
gegeben im Zusammenhang auch mit der
Vertragsgestaltung.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Gut, dann will ich vielleicht noch mal bei der
weiteren Vertragsgestaltung weiterfragen.
Was waren denn das für Nachforderungen?
Ging es da unter anderem auch um die
Musterzulassung? War das auch eines der
Themen, die dort laut Herrn Kaempf nach-
gefordert werden mussten?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Nein, das
war damals in der Einweisung nur diese
Frage der Kooperation/Information mit den
Amerikanern.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sie hatten aber jetzt vorhin in Ihrem Vortrag
durchaus schon mal die Musterzulassung
erwähnt und hatten gesagt: Es wurde ja dem
Haushaltsausschuss vorgelegt, und noch vor
Vertragsschluss wurde auch klar geregelt
oder besprochen - da frage ich jetzt, zwi-
schen wem -, wie die Voraussetzungen einer
Musterzulassung sind. Was waren das für
Gespräche, und wer hat die geführt?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Ich habe
Ihnen gesagt: Vor Vertragsschluss hat die
Industrie beim Einbau des Full Scale De-
monstrators dargelegt, auf welchem Weg
eine deutsche Musterzulassung erreicht wer-
den kann. Und ich habe gesagt: Das erfolgte
auch in Abstimmung mit dem Bundesministe-
rium für Verkehr und der Deutschen Flug-
sicherung. - Das war vor Vertragsschluss.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Gut, vor Vertragsschluss. Ist die Musterzu-
lassung damit dann Vertragsschluss gewor-

den? Ist sie aufgenommen worden als Leis-
tung des Vertrages?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Nach mei-
nem Kenntnisstand ja.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Gut. - Habe ich Sie richtig verstanden, dass
die EADS auch nach dem Vertrag zu keinem
Zeitpunkt Ihnen gegenüber geäußert hat,
dass es Probleme geben könnte mit der
Musterzulassung?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Also, zum
Thema Zulassung nein, zum Thema „In der
Entwicklungsphase“ ja - habe ich ja gesagt.
Aber dann ILA 2008: „Jetzt haben wir die
Probleme alle im Griff, jetzt haben wir ein
funktionsfähiges Flugzeug“, wenn ich es so
salopp sagen darf.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Jetzt frage ich mich noch - - Vorhin hörte sich
das nach einer Einschränkung an. Also Sie
haben jetzt eben gesagt: Die Musterzulas-
sung war Vertragsgegenstand und fällt unter
die Gewährleistung. Sie hatten in Ihrem Ein-
gangsstatement eine Einschränkung drin,
hinsichtlich der Musterzulassung sei nur die
Managementleistung geschuldet oder Ähn-
liches. Wie ist das zu verstehen, und gibt es
für diese Einschränkung irgendwelche An-
haltspunkte im Vertrag?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Ich kann
gerne mal nachschauen.

(Der Zeuge blättert in seinen
Unterlagen)

Also, ich habe gesagt: Grundlage der
Vertragsgestaltung war der Musterentwick-
lungsvertrag des BWB. - Das habe ich Ihnen
ja auch gerade dargelegt; das habe ich auch
im Rahmen meiner Einführung gesagt. Und
ich habe dann gesagt: Hinsichtlich der Mus-
terzulassung bestand folgende Verpflichtung:
EuroHawk GmbH schuldet die Manage-
mentleistung für logistische Unterstützung
und für den Zulassungsprozess.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Haben Sie das selbst mal in dem Vertrag
gefunden? Haben Sie sich selbst mit dem
Vertrag an der Stelle mal auseinander-
gesetzt, was hinsichtlich der Musterzulas-
sung dort enthalten ist?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 371 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 67
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Ich habe
Ihnen ja gerade gesagt, dass ich allgemein
über den Vertrag informiert worden bin und
dass ich über die Veränderungen informiert
worden bin - zunächst Industrievorlage, dann
unser Vertrag, wenn ich das so sagen darf,
Musterentwicklungsvertrag -, dass ich aber
nicht über diese Detailfragen - - auch nicht
diskutiert habe, sondern es ging um den
grundsätzlichen Rahmen, dass der steht.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Gut. - Aber Sie gehen davon aus und sind
auch damals davon ausgegangen, dass die
Musterzulassung Vertragsbestandteil ist und
damit unter die Gewährleistung fällt.

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Das ist
jetzt eine Bewertung. Da bitte ich Sie wieder
um Verständnis.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Nein, also so habe ich Sie jetzt eben ver-
standen, -

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Sie neh-
men mich - -

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
- dass Sie davon ausgegangen sind, dass
die Musterzulassung für den Euro Hawk
vertraglich vereinbart worden ist.

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Dass die
Musterzulassung in dem Vertrag ist, ja, rich-
tig.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Gut, vielen Dank. - Dann gebe ich weiter an
den Kollegen.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Herr Jung, mir geht es darum,
wenn Sie erwähnen, dass in dem Vertrag
Gewährleistungsansprüche enthalten sein
sollen, wie denn der Weg und das Verfahren
der Vertragsgestaltung im Ministerium waren.
Kann ich mir das so vorstellen, dass Sie
Weisung gegeben haben oder eine Vorlage
gebilligt haben, in der Sie das BWB oder Ihre
Rechtsabteilung angewiesen haben, diese
Vertragsbestandteile aufzunehmen, und
wurde dann vor dem Vertragsschluss oder
beim Vertragsschluss kontrolliert oder der
Vertrag einer Bewertung unterzogen, ob
diese Forderungen auch durch den Vertrag

erfüllt werden, ob diese Eigenschaften durch
den Vertrag erfüllt werden?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Also, ich
sage noch einmal: Ich habe mit Herrn
Staatssekretär Eickenboom darüber gespro-
chen, habe dort auch meine Meinung vorge-
tragen, und er hat gesagt, dass er dafür sor-
gen wolle, dass das auch entsprechend Ver-
tragsbestandteil wird.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Und ist in irgendeiner Art und
Weise überprüft worden, verifiziert worden,
dass das auch Vertragsbestandteil ist? Also
war sich das Bundesministerium der Vertei-
digung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses
darüber im Klaren, was für ein Vertrag da
geschlossen wird und welche Regress-
ansprüche durch den Vertrag bestehen wür-
den?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Mir wurde
dargelegt, dass die Regeln des BGB verein-
bart sind, und im BGB steht Gewährleistung
und steht Schadensersatz.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Herr Minister, wenn ich Sie richtig
verstanden habe, ist sozusagen, dass es ein
Risiko bei der Zulassung gibt, bei Ihnen so
nicht angekommen. Habe ich das richtig
verstanden?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Ja.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wir haben vorhin den Herrn
Schneiderhan gehört, und der hat ja davon
gesprochen, dass er eine abschließende
funktionale Forderung geschrieben hat, die
2006 dann noch mal aktualisiert wurde -
auch beispielsweise, weil abzusehen war,
dass es Mehrkosten geben würde. Und ich
habe die Prozedur seinerseits so beschrie-
ben verstanden, dass er diese quasi ge-
macht hat und entworfen hat, dass aber am
Ende durch die Leitung des Hauses auch
tatsächlich abgesegnet wurde. Das ist aber
dann in Ihrer Zeit gewesen. Habe ich das
falsch verstanden?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Nein. Ich
habe nur aus den Unterlagen auch gesehen,
dass das unmittelbar beim Generalinspekteur
aufgelaufen ist, aber nicht bei mir.

Drucksache 17/14650 – 372 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 68
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Wir kommen in die nächste Runde. CDU? -
Nein. - SPD? - Nein. FDP? - Nein. Linke? -
Bitte schön, Herr Koch.

Harald Koch (DIE LINKE): Ja, ich war
vorhin mit meiner letzten Frage in der ersten
Runde bei EADS angekommen; Sie hatten
darauf geantwortet. Mich würde mal interes-
sieren, inwieweit Sie als Minister darauf ge-
achtet haben, wer aus Ihrem Haus wie oft mit
EADS Gespräche geführt hat.

(MR Andreas Conradi (BMVg):
Frau Vorsitzende!)

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Wissen
Sie: Wenn ich richtig erinnere, waren damals
360 000 Mitglieder - 250 000 Soldaten und
110 000 Zivile - -

(MR Andreas Conradi (BMVg): Frau
Vorsitzende!)

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Dr. Jung, Augenblick. Der Herr Conradi
möchte - -

MR Andreas Conradi (BMVg): Ja. - Also
ich bin der Meinung, dass das Verhältnis und
die Beziehungen zwischen dem BMVg und
der Firma EADS nicht Untersuchungsgegen-
stand sind. Untersuchungsgegenstand ist
das Entwicklungsvorhaben Euro Hawk, aber
nicht die allgemeine - -

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ziehen Sie das Mikrofon zu sich.

MR Andreas Conradi (BMVg): Ja. - Also
ich bin der Meinung, dass das allgemeine
Verhältnis des BMVg und die Beziehungen
zur EADS nicht Untersuchungsgegenstand
sind - jedenfalls nicht in dieser allgemeinen
Form.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Bitte schön, Herr Koch.

Harald Koch (DIE LINKE): Ich möchte
das kurz begründen, warum ich hier auch ein
berechtigtes Interesse für den Ausschuss
sehe - egal für wen -, auf diese Frage eine
Antwort zu bekommen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Aber Herr Koch, dann müsste ich jetzt die

Sitzung unterbrechen und eine Beratungs-
sitzung machen.

Harald Koch (DIE LINKE): Das können
wir machen wegen mir. Hier geht es um eine
grundsätzliche Sache.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Dann, Herr Dr. Jung, muss ich Sie leider
bitten, jetzt den Saal zu verlassen, und wir
machen eine kurze Beratungssitzung. Und
die Zuschauer oben muss ich auch bitten,
den Saal zu verlassen. Wir bitten Sie dann
wieder rein.

(Unterbrechung des Sitzungsteils
Zeugenvernehmung, Öffentlich:

15.52 Uhr - Folgt Beratungssitzung)

(Wiederbeginn des Sitzungsteils
Zeugenvernehmung, Öffentlich:

15:59 Uhr)

Fortsetzung der Vernehmung
des Zeugen Dr. Franz Josef Jung

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich setze die unterbrochene Sitzung fort, und
der Kollege Koch wird seine Frage gezielt auf
den Euro Hawk wiederholen.

Harald Koch (DIE LINKE): Ja, also ge-
zielt auf die Problematik: Haben Sie Kenntnis
davon, wer wie oft zwischen Bundesverteidi-
gungsministerium und EuroHawk GmbH
Gespräche geführt hat zum Thema „Projekt
Euro Hawk“?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Nein, das
habe ich natürlich nicht. Denn ich habe ja
vorhin gerade angesetzt. Wissen Sie: Da-
mals waren 360 000 Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter im Ministerium, 250 000 Soldaten
und rund 110 000 zivile Beschäftigte. Da
kann der Minister nicht den Überblick haben
über alle Gespräche, die wer wo geführt hat.
Ich hätte gerne manchmal das eine oder
andere gestoppt. Da haben Sie allerdings
recht.

(Heiterkeit - Ullrich Meßmer (SPD):
Das eine oder andere Gespräch,

oder was?)

Inge Höger (DIE LINKE): Herr Dr. Jung,
der Vertrag beinhaltete ja sozusagen im
Grunde zwei Leistungen: zum einen die Ent-
wicklung des Aufklärungssoftwaresystems
ISIS und auf der anderen Seite die Beschaf-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 373 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 69
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

fung der Plattform - das war dann der Euro
Hawk -, auf der das dann sozusagen in die
Luft getragen wird. Sind Ihnen da Probleme
über diese beiden sehr unterschiedlichen
Entwicklungskomponenten in Ihrer Amtszeit
zugetragen worden?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Nein. Ich
habe ja gesagt: Es ging ja zunächst - - Es
gab am Anfang das eine oder andere Pro-
blem, was aber mehr mit technischen Fragen
zu tun hat und nicht mit Zulassungsproble-
men, und die waren dann, wie gesagt, bei
der ILA 2008 bei der Darstellung gelöst. Es
war ja einmal das ISIS-Thema, die Aufklä-
rungskomponente, dann die Global-Hawk-
Komponente, die im Grunde genommen
beide zusammengeführt worden sind.

Inge Höger (DIE LINKE): Herr Schnei-
derhan hat ja heute Morgen gesagt, dass
bereits 2006 Probleme mit der luftverkehrs-
rechtlichen Zulassung bestanden haben und
die Vertragsgrundlagen nachverhandelt wer-
den mussten. Und im Bericht des Bundes-
rechnungshofs ist die Rede davon, dass
2009 - das war ja auch noch in Ihrer Amts-
zeit - ernsthafte Probleme wegen der Luft-
zulassung dargestellt worden waren. Das
haben Sie nicht mitbekommen?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Mich hat
das Thema nicht erreicht. Ich habe in den
Unterlagen gesehen, dass das beim Gene-
ralinspekteur angelangt ist; das stimmt. Aber
mich hat dieses Thema nicht erreicht.

Inge Höger (DIE LINKE): Dann noch
einmal zum Vertrag. Sie haben jetzt ausführ-
lich dargelegt, dass Sie sich dafür eingesetzt
haben, dass Gewährleistungsansprüche da
reinverhandelt worden sind. Aber es ging
Ihnen nicht darum, die Bemühungsklausel,
die ja sonst die Gewährleistungsansprüche
sozusagen außer Kraft setzt, auszusetzen?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Mir ging es
grundsätzlich um Gewährleistung und Scha-
densersatz, die Regeln des BGB. Und im
Einzelnen will ich das juristisch nicht bewer-
ten, zumal es, wie ich informiert bin, zurzeit
auch geprüft wird.

Inge Höger (DIE LINKE): Gut. Inzwischen
ist uns mitgeteilt worden, das müsste alles
juristisch geprüft werden. Ich sehe den Ver-

trag ein bisschen anders, aber das können
wir hier jetzt auch nicht - -

Dann noch mal zu den Verhandlungen mit
EuroHawk oder EADS. Im Vorfeld - die wa-
ren wahrscheinlich vor Ihrer Amtszeit, die
ersten Verhandlungen - hat das für Sie da
eine Rolle gespielt, ob man eine andere
Rüstungsfirma beauftragt, oder war das für
Sie von vornherein klar und unwiderfragt, ob
man da nicht eine Ausschreibung macht oder
verschiedene Angebote sich machen lässt?
Oder haben sich ähnliche Fragen gestellt?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Nein. Ich
habe Ihnen ja gerade gesagt: Im Rahmen
der Einweisung in das Rüstungsvorhaben
wurde das dargelegt. Es wurde auch darge-
legt, dass verschiedene Alternativen geprüft
worden sind und dass das die einzige sinn-
volle und richtige Alternative ist. Es gab ja
auch die entsprechende Studie, die immerhin
über fast zwei Jahre, wenn ich es richtig aus
dem Kopf sage, gemacht wurde, und von
daher war klar, dass diese entsprechende
Vorbereitung für den Vertrag nur über
EuroHawk erfolgt.

Inge Höger (DIE LINKE): Wie sehen Sie
die Vertragsvergabe im Nachhinein? Also,
Sie haben ja nun mitbekommen, dass sozu-
sagen die luftverkehrsrechtliche Zulassung
nicht möglich war, oder wenn, nur mit ganz
enormen Folgekosten. Hätte man da im Vor-
hinein noch andere Sicherungen einbauen
müssen?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Da bitte
ich Sie um Verständnis. Das kann ich nicht
bewerten. Das war alles dann nach meiner
Zeit; denn die endete ja leider in 2009.

Inge Höger (DIE LINKE): Danke.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Sind noch weitere Fragen von den Linken? -
Nein. Dann gebe ich Bündnis 90/Die Grünen
das Wort.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Danke. - Herr Kollege, Herr
Minister - wie auch immer -, es gibt ja man-
che, die sagen, es hätte Geburts- und
Konstruktionsfehler gegeben, und die hätten
darin bestanden, dass es verschiedene Vor-
stellungen gegeben habe, wie denn eine
Musterzulassung amerikanischer Art in den

Drucksache 17/14650 – 374 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 70
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

deutschen Luftraum übertragen werden
kann. Schließen Sie sich dem an?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Auch das
ist eine Bewertung. Ich habe Ihnen ja gerade
gesagt: Mir wurde bereits am Anfang im
Rahmen der Einweisung vorgetragen, dass
es im Hinblick auf die Verhandlungen mit den
Amerikanern entsprechende Fortschritte
gegeben habe und dass die amerikanische
Seite unseren Forderungen auch entgegen-
komme. Sie kennen den Vertrag, wo das
entsprechend mit der Zulassung formuliert
ist. Und es gab dann nachher das Thema,
wo der Informationsfluss nicht so war, wie er
notwendigerweise sein sollte, und das habe
ich auch mit meinem amerikanischen Kolle-
gen besprochen. Und ich sage Ihnen noch
einmal: Aus meinem Kenntnisstand ist es
danach auch dann verbessert worden.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wissen Sie, auf welcher Grund-
lage diese Bewertung, die Sie gerade vorge-
tragen haben, die Ihnen dann vorgetragen
wurde, entstanden ist?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Welche
Bewertung meinen Sie?

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Die Bewertung, dass es kein
Problem gebe mit den Amerikanern, dass
man auf einem guten Weg sei, dass man
eigentlich das amerikanische Musterzulas-
sungsverfahren in Deutschland einfach nur
adaptieren müsse.

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Nein. Das
ist im Rahmen dieser Einweisung erfolgt, und
ich habe ja gesagt, die Realisierung des
Projektes setzt die Bereitschaft der Firma
Northrop Grumman und der US-Regierung
voraus, zu einem gewissen Grad Informatio-
nen und Technologie über das Basissystem
Global Hawk auszutauschen. Der Fortschritt
bei den Verhandlungen zeige - laut Haupt-
abteilungsleiter Rüstung; das ist Herr
Kaempf -, dass die US-Amtsseite diesen
Forderungen entgegenkommt. Das war
meine Information. Das war der Vortrag, der
mir gegenüber gehalten worden ist.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie haben ja beschreiben, dass
es einen Vertrag gab und dass es zu Ihrer

Amtszeit zwei Änderungen des Vertrages
gab. Die sind ja rechtlich sicherlich überprüft
worden. Von wem?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Was? Die
Änderungen des Vertrages meinen Sie?

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Und der Vertrag selbst. Die
rechtliche - -

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Ja gut, das
läuft bei uns immer - - Wie gesagt: BWB. Ich
gehe davon aus, dass die Rechtsabteilung
mit draufgeschaut hat. Und wie gesagt:
Nachher ist es ja auch durch den Ausschuss
gelaufen. Der Verteidigungsausschuss und
der Haushaltsauschuss haben ja auch ent-
sprechend zugestimmt. Also, von daher wa-
ren da mehrere Augen von Kontrolle mit da-
bei.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aber eine Rechtsanwaltskanzlei
wurde dafür nicht eingeschaltet?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Nein. Da
bin ich ja immer grundsätzlich dagegen ge-
wesen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Warum?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Weil wir
eine Rechtsabteilung haben.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Danke. - Ich wollte noch kurz
zum Thema Informationsfluss die eine oder
andere Frage stellen.

(Zuruf der Abg. Inge Höger
(DIE LINKE))

- Ja, wir sehen das genauso.
Die Frage ist noch mal: In welcher Art und

Weise sind Sie denn eigentlich informiert
worden? Sind Sie informiert worden durch - -
Wir haben jetzt gelernt, es gibt Informations-
vorlagen und Entscheidungsvorlagen und
Unterrichtungen. Sind Sie in allen drei Ar-
ten - - Oder was war jetzt die Form der Un-
terrichtung für Sie?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Da ich da-
von ausgehe, dass Sie alle Akten kennen,
haben Sie wahrscheinlich gesehen, dass dort

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 375 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 71
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Akten mich nicht erreicht haben, sondern ich
habe im Gespräch mit Herrn Staatssekretär
Eickenboom die Informationen bekommen,
auch den Dialog geführt und habe auch in
dem einen oder anderen Punkt, wo wir im
Kollegium darüber gesprochen haben - -
Aber mein Erinnerungspunkt konzentrierte
sich im Wesentlichen auf meine Gespräche
mit Herrn Staatssekretär Eickenboom.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wir haben noch nicht alle Akten
bekommen, aber jenseits davon wollte ich
nur die Frage stellen: Dieses Gespräch -
waren Sie da zu zweit? Oder war das eine
Unterrichtung? Also, war das ein formelles
oder informelles Gespräch?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Das war
ein formelles Gespräch, das wir aber zu
zweit geführt haben im Zusammenhang mit
dem Thema „Vertragsgestaltung Euro Hawk“.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Weil da muss ich doch die Frage
stellen, was eigentlich der Unterschied ist
zwischen einem formellen Gespräch unter
vier Augen und informellen Gespräch unter
vier Augen.

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Also wich-
tig ist, dass die Dinge umgesetzt werden, die
besprochen werden, und das ist aus meiner
Sicht erfolgt.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Da sind wir uns schon wieder
einig. Herzlichen Dank.

Ich würde gerne noch mal nach AGS fra-
gen. Sie haben ja schon davon gesprochen.
Sie haben beschrieben, dass es Probleme
gab, die absehbar waren, dass andere abge-
sprungen wären, wenn ich es richtig verstan-
den habe. Was war das genau?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Also, es
war ja so, dass das im Rahmen der NATO
sozusagen das Aufklärungssystem war, das
also auf den Weg gebracht werden sollte,
und es waren nicht alle NATO-Nationen
beteiligt. Und ich weiß, dass wir es für wichtig
erachteten, dass wir die Aufklärungskompo-
nente hier entsprechend weiter forcieren.
Deshalb habe ich ja auch mit meinem ameri-
kanischen Kollegen Bob Gates darüber ge-
sprochen. Wenn ich es richtig weiß, habe ich

ihm sogar einmal geschrieben, dass wir das
für wichtig und notwendig erachten und dass
wir das Projekt weiter vorantreiben. Das ha-
ben wir dann auch gemeinsam innerhalb der
NATO gemacht.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie haben dann sozusagen einen
deutschen Beitrag dafür in Aussicht gestellt,
richtig? - Sie haben einen deutschen Beitrag
für AGS in Aussicht gestellt?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Ja, selbst-
verständlich. Da waren wir -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Und was war der technische
Beitrag?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: - auch
finanziell beteiligt.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Und was ist der technische Bei-
trag gewesen, der hätte kommen sollen?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Da - das
muss ich sagen - bin ich jetzt im Detail über-
fragt. Also, wir haben - - Damals ging es um
das Thema dieser Aufklärungskomponente
AGS und dass wir das weiter voranbringen,
dass das nicht scheitern sollte. Das war ein
Anliegen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ist Ihnen jemals genauer be-
schrieben worden, was eigentlich der Unter-
schied ist bei AGS Global Hawk und Euro
Hawk?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Ich habe ja
gelernt im Zusammenhang mit diesen Ver-
fahren Global Hawk 20 und Global Hawk 40
usw. Sie kennen alle diese Thematik. Das
hat mich aber damals nicht erreicht, sage ich
Ihnen ganz ehrlich.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Herzlichen Dank.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Jung, Sie hatten gerade erwähnt, es
gibt eine Rechtsabteilung im Ministerium,
und Sie gehen davon aus, dass die auch die
Verträge prüfen. Spricht aus Ihrer Sicht ir-
gendetwas dagegen, dass auch die Rechts-

Drucksache 17/14650 – 376 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 72
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

abteilung des Ministeriums gegebenenfalls
Gewährleistungsansprüche aus einem Ver-
trag prüft? Fällt das nicht auch in deren Zu-
ständigkeit?

Zeuge Dr. Franz Josef Jung: Also, ich
erkenne ja den Sinn Ihrer Frage, und es ist
natürlich auch eine Bewertungsfrage. Ich
habe Ihnen meine Einschätzung gesagt.
Okay?

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gibt es keine weiteren Fragen mehr? Ich
schaue in die Runde. - Dann sind wir am
Ende der Zeugenvernehmung.

Herr Dr. Jung, vielen Dank, dass Sie da
waren. Ich darf Sie aber trotzdem noch mal
darauf hinweisen, dass Ihnen nach Fertigung
des Protokolls dieses für mögliche Korrek-
turen vom Sekretariat übersandt wird.

Zuletzt erinnere ich Sie daran, dass nach
§ 26 Abs. 3 PUAG der Untersuchungss-
auschuss durch Beschluss feststellt, dass die
Vernehmung des Zeugen abgeschlossen ist.
Die Entscheidung darf erst ergehen, wenn
nach Zustellung des Vernehmungsprotokolls
zwei Wochen verstrichen sind oder auf Ein-
haltung der Frist verzichtet wurde.

Ich bedanke mich noch mal für Ihr Kom-
men und wünsche Ihnen alles Gute.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nach
Abschluss der Vernehmungen schließe ich
nun die Sitzung. Die nächste Sitzung des
Untersuchungsausschusses beginnt morgen,
den 23. Juli 2013, um 9 Uhr in diesem Saal.

Einen schönen Abend noch!

(Schluss: 16:11 Uhr)

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 377 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 73
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Drucksache 17/14650 – 378 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 74
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 379 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 75
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Drucksache 17/14650 – 380 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 76
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 381 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 77
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Drucksache 17/14650 – 382 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 78
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 383 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 79
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Drucksache 17/14650 – 384 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 80
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 385 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 81
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Drucksache 17/14650 – 386 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 82
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 387 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 83
[3. Sitzung am 22.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 389 – Drucksache 17/14650

Deutscher Bundestag
17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als
2. Untersuchungsausschuss
gem. Art. 45 a Abs. 2 GG

Protokoll Nr. 4
(Sitzungsteil Zeugen-

vernehmungen, Öffentlich)
24. Juli 2013

Stenografisches Protokoll
- Endgültige Fassung* -

der 4. Sitzung
des Verteidigungsausschusses

als 2. Untersuchungsausschuss gem. Art. 45 a Abs. 2 GG
- zugleich 149. Sitzung des Verteidigungsausschusses -

am Dienstag, dem 23.07.2013, 9 Uhr
Paul-Löbe-Haus, Berlin

Vorsitz: Dr. h. c. Susanne Kastner, MdB (SPD)

Tagesordnung

Vernehmung von Zeugen, im Einzelnen:

- Leitender Technischer Regierungsdirektor Rüdiger Knöpfel,
Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung
der Bundeswehr
gemäß Beweisbeschluss 17-112

- Direktor WTD Wolfgang Steiger, Wehrtechnische Dienststelle (WTD) 61
gemäß Beweisbeschluss 17-125

- Oswald Böhm, ehem. Vorsitzender des Personalrates beim
Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung
gemäß Beweisbeschluss 17-118

- Harald Stein, Präsident des Bundesamtes für Ausrüstung,
Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr
gemäß Beweisbeschluss 17-110

Seite

1-155

* Hinweis:
Die Zeugen Rüdiger Knöpfel, Wolfgang Steiger, Oswald Böhm und Harald Stein haben Einsicht in das
Protokoll genommen. Die Korrekturwünsche der Zeugen Knöpfel, Steiger und Stein sind dem Protokoll als
Anlagen 1, 2 und 3 beigefügt. Der Zeuge Böhm hat keine Korrekturwünsche übermittelt.

Drucksache 17/14650 – 390 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

II

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 391 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

III

Drucksache 17/14650 – 392 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

IV

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 393 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

V

Drucksache 17/14650 – 394 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

VI

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 395 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

VII

Drucksache 17/14650 – 396 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

VIII

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 397 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 1
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

(Beginn: 9.01 Uhr)

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Guten Morgen, Herr Knöpfel! Ich begrüße
Sie sehr herzlich im Namen des Ausschus-
ses. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich
begrüße Sie sehr herzlich zur vierten Sitzung
des Untersuchungsausschusses, die zu-
gleich die 149. Sitzung des Verteidigungs-
ausschusses ist. Ich begrüße den Leitenden
Beamten des Herrn Wehrbeauftragten recht
herzlich.

Ich komme nun zum einzigen Punkt der
Tagesordnung:

Vernehmung von Zeugen, im Ein-
zelnen:

- Leitender Technischer Regie-
rungsdirektor Rüdiger Knöpfel,
Bundesamt für Ausrüstung, In-
formationstechnik und Nutzung
der Bundeswehr
gemäß Beweisbeschluss 17-112

- Direktor WTD Wolfgang Steiger,
Wehrtechnische Dienststelle
(WTD) 61
gemäß Beweisbeschluss 17-125

- Oswald Böhm, ehem. Vorsitzen-
der des Personalrates beim
Bundesamt für Wehrtechnik
und Beschaffung
gemäß Beweisbeschluss 17-118

- Harald Stein, Präsident des
Bundesamtes für Ausrüstung,
Informationstechnik und Nut-
zung der Bundeswehr
gemäß Beweisbeschluss 17-110

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie Sie
der Tagesordnung entnehmen können, ste-
hen heute insgesamt vier Zeugenverneh-
mungen in öffentlicher Sitzung an.

Zunächst gebe ich einige allgemeine
Hinweise. Die zahlreichen - es ist über-
schaubar - Vertreter der Medien weise ich
darauf hin, dass keine Film-, Ton-, Bild- und
Fernsehaufnahmen gemacht werden dürfen.
Gleiches gilt für die auf der Tribüne befind-
lichen Besucher. Ich darf Sie daher bitten,
sämtliche Film-, Ton- und Bildaufnahme-
geräte aus dem Sitzungssaal zu entfernen.

Die Vertreter der Medien und die Besu-
cher weise ich darauf hin, dass die Benut-
zung von Handys nicht gestattet ist. Die
Handys müssen während der gesamten
Sitzung ausgeschaltet bleiben. Auch andere

Formen der drahtlosen Kommunikation sind
unzulässig.

Wir vernehmen die Zeugen in folgender
Reihenfolge: erstens den Leitenden Techni-
schen Regierungsdirektor Rüdiger Knöpfel,
zweitens Direktor WTD Wolfgang Steiger,
drittens den Vorsitzenden des Personalrates
beim Bundesamt für Wehrtechnik und Be-
schaffung im Oktober 2009, Herrn Oswald
Böhm, und viertens den Präsidenten des
Bundesamtes für Ausrüstung, Informations-
technik und Nutzung der Bundeswehr, Herrn
Harald Stein.

Ich werde die Sitzung nach der Verneh-
mung des Zeugen Knöpfel für zehn Minuten
unterbrechen, um Ihnen Gelegenheit für Fo-
tos und Presseerklärungen zu geben. Da-
nach wird die Sitzung mit der Vernehmung
des Zeugen Wolfgang Steiger fortgesetzt.

Für den Fall, dass Teile der Vernehmun-
gen als Geheim eingestuft werden, weise ich
bereits an dieser Stelle ausdrücklich auf die
Geheimschutzordnung des Deutschen Bun-
destages hin. Ich möchte zudem darauf hin-
weisen, dass nach § 7 der Geheimschutz-
ordnung des Deutschen Bundestages eine
entsprechende Beschlussfassung herbeige-
führt werden muss, wenn über Verschluss-
sachen der Geheimhaltungsgrade VS-Ver-
traulich und höher beraten wird.

Ich möchte in diesem Zusammenhang da-
ran erinnern, dass im Falle einer Einstufung
der Vernehmung mit einem Geheimhal-
tungsgrad VS-Vertraulich oder höher ein
Wechsel des Sitzungssaals erforderlich wird.
Daher bitte ich Sie, etwaige Vernehmungs-
teile, die einer entsprechenden Einstufung
bedürfen, gesammelt am Ende der Verneh-
mung zur Sprache zu bringen. Ein unter Um-
ständen erforderlicher eingestufter Verneh-
mungsteil wird in dem Sitzungssaal 2.300
des Paul-Löbe-Hauses durchgeführt.

Ferner weise ich darauf hin, dass Vor-
halte aus eingestuften Akten nur in einer
ebenso eingestuften Sitzung zulässig sind.
Im Falle eines Vorhalts möchte ich daran
erinnern, dass die beigezogenen Unterlagen
dem Zeugen durch den Fragesteller vorzu-
legen sind. Ich bitte aber auch für das Proto-
koll um eine klare Benennung der Fundstelle
mitsamt der MAT-Nummer.

Im Falle der Einstufung der Sitzung wird
die Wortprotokollierung grundsätzlich weiter-
geführt. Bestehen hiergegen Einwände? -
Das ist nicht der Fall. Damit ist eine durchge-
hende Wortprotokollierung beschlossen.

Drucksache 17/14650 – 398 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 2
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Dann kommen wir jetzt zu den Zeugen-
vernehmungen. Wir beginnen mit der Ver-
nehmung des Zeugen Leitender Technischer
Regierungsdirektor Rüdiger Knöpfel.

Vernehmung des Zeugen
Rüdiger Knöpfel

Sehr geehrter Herr Knöpfel, ich weise Sie
darauf hin, dass die Sitzung aufgezeichnet
wird. Dies dient ausschließlich dem Zweck,
die stenografische Aufzeichnung der Sitzung
zu erleichtern. Die Aufnahme wird später
gelöscht. Das Protokoll dieser Vernehmung
wird Ihnen nach Fertigstellung zugestellt. Sie
haben anschließend die Möglichkeit, Kor-
rekturen und Ergänzungen vorzunehmen.

Herr Knöpfel, Sie sind mit Schreiben vom
28. Juni 2013 geladen worden. Das Beweis-
thema ist Ihnen mit dem Untersuchungsauf-
trag und dem Beweisbeschluss zugegangen.
Der Beweisbeschluss ist Ihnen und den Mit-
gliedern bekannt. Auf eine Verlesung kann
daher verzichtet werden. Die erforderliche
Aussagegenehmigung liegt den Ausschuss-
mitgliedern als Tischvorlage vor.

Herr Knöpfel, nach den Vorschriften der
Strafprozessordnung, die im Untersuchungs-
verfahren sinngemäß Anwendung finden,
und den Vorschriften des Gesetzes zur Re-
gelung des Rechts der Untersuchungsaus-
schüsse des Deutschen Bundestages - im
Folgenden verwende ich die Abkürzung
PUAG - muss ich Sie zunächst belehren. Sie
sind als Zeuge verpflichtet, die Wahrheit zu
sagen. Ihre Aussagen müssen daher richtig
und vollständig sein. Sie dürfen nichts weg-
lassen, was zur Sache gehört, und nichts
hinzufügen, was der Wahrheit widerspricht.

Ich habe Sie außerdem auf die möglichen
strafrechtlichen Folgen eines Verstoßes
gegen die Wahrheitspflicht hinzuweisen.
Danach kann derjenige, der vor dem Unter-
suchungsausschuss uneidlich falsch aus-
sagt, gemäß § 153 des Strafgesetzbuches
mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu
fünf Jahren bestraft werden.

Nach § 22 PUAG können Sie die Aus-
kunft auf solche Fragen verweigern, deren
Beantwortung Sie selbst oder Personen, die
im Sinne des § 52 Abs. 1 Strafprozessord-
nung Ihre Angehörigen sind, in die Gefahr
bringen würde, einer Untersuchung nach
gesetzlich geordnetem Verfahren ausgesetzt
zu werden.

Sollten Teile Ihrer Aussage aus Gründen
des Schutzes von Dienst-, Privat- oder Ge-

schäftsgeheimnissen nur in einer nach der
Geheimschutzordnung des Deutschen Bun-
destages eingestuften Sitzung möglich sein,
bitte ich Sie um einen Hinweis, damit eine
entsprechende Einstufung erfolgen kann.

Nachdem ich Ihnen den Gegenstand der
Vernehmung erläutert, Sie zur Wahrheit er-
mahnt und belehrt habe, komme ich nun zur
Vernehmung zur Person. Herr Knöpfel, bitte
nennen Sie uns Ihren Namen, Ihren Fami-
lienstand und Ihren Wohnort.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Sehr verehrte
Frau Vorsitzende, mein Name ist Rüdiger
Knöpfel. Ich bin verheiratet, habe zwei Kin-
der. Mein Wohnort ist Sinzig bei Bonn.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön. - Ich komme nun zur Verneh-
mung zur Sache. Herr Knöpfel, zunächst
gebe ich Ihnen die Gelegenheit, dem Aus-
schuss das im Zusammenhang darzulegen,
was Ihnen von dem Gegenstand der Ver-
nehmung bekannt ist.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Sehr verehrte
Frau Vorsitzende! Sehr verehrte Damen und
Herren Abgeordnete! Mein Name ist Rüdiger
Knöpfel, wie ich schon sagte. Ich bin Pro-
jektleiter für das Projekt „Signalerfassende,
luftgestützte, weiträumige Überwachung und
Aufklärung“, mittlerweile mit dem Kürzel
„Euro Hawk“ bekannt, seit dem 8. März 2011.
Ich war davor, seit August 2006, im Rahmen
meiner Referententätigkeit im BMVg Rü VI 2
unter anderem auch mit der fachaufsicht-
lichen Tätigkeit für dieses Projekt betraut.

Ich möchte darauf hinweisen, dass ich
mein Recht auf Akteneinsicht nicht wahrge-
nommen habe und versuche, nach bestem
Wissen und Gewissen diesen Untersu-
chungsausschuss zu unterstützen.

Was ist aus Sicht des Projektleiters zur
Projektierungsphase zu sagen, in der wir uns
befinden? Die Aufgabe - und das trifft nicht
nur mich, sondern auch meine Vorgänger im
Range der Projektleiter - war die Gesamt-
demonstration eines aufklärenden, signal-
erfassenden Systems mit einer in Deutsch-
land entwickelten Aufklärungssensorik, um
diese in einem unbemannten System der
HALE-Klasse - High Altitude Long Endu-
rance - darzustellen.

Im Einzelnen war dazu notwendig, die
signalerfassende Aufklärung in Deutschland
zu entwickeln - einerseits -, zweitens den
marktverfügbaren Träger - aus Kostengrün-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 399 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 3
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

den wollten wir einen marktverfügbaren Trä-
ger nehmen -, soweit es notwendig war, zu
modifizieren, aber unter größtmöglicher Bei-
behaltung des Bauzustandes zum Global
Hawk, dann weiterhin dieses Missionssystem
zu integrieren, weiterhin auszutesten, die
Verkehrssicherheit des Gesamtsystems
nachzuweisen, in diesem Zusammenhang
auch eine luftfahrtrechtliche Zulassung für
den Full Scale Demonstrator oder Prototypen
zu erlangen und damit auch die Vorbereitung
für die später stattfindende umfassende
Musterprüfung für die Euro-Hawk-Serie vor-
zubereiten.

Was haben wir bis jetzt geschafft? Wir
haben ein ISIS-System - das ist die Abkür-
zung für das Integrierte SIGINT-System - in
der Funktionalität FSD. Wir haben nicht die
vollkommene Funktionalität entwickelt; die
sollte erst später mit der Serie weiter fortge-
führt werden. Wir haben dieses System ent-
wickelt oder entwickeln lassen. Wir haben
erfolgreich einen Träger modifiziert; das
heißt, wir konnten das System, ISIS-Mis-
sionssystem, integrieren. Wir haben es ge-
schafft, den Träger als auch - oder da sind
wir noch dabei - das Gesamtsystem auszu-
testen, nämlich mit den Schlagworten Quali-
fikation - das heißt, die technischen Spezifi-
kationen müssen nachgewiesen werden -
und sowohl Zertifizierung, das heißt, ein hin-
reichendes Maß an Verkehrssicherheit zu
erlangen. Die Modifikation bzw. die Erpro-
bung des Trägers fand erfolgreich statt, bis
auf zwei Datenpunkte; die sind aber nicht
einer technischen Unzulänglichkeit geschul-
det, sondern mangelnden Windverhältnissen
damals in den USA. Das heißt, auch das
könnte noch nachvollzogen werden. Wir ha-
ben eine luftfahrtrechtliche Zulassung für das
System erlangt. Das heißt, es ist eine hinrei-
chende Verkehrssicherheit für den Full Scale
Demonstrator nachgewiesen worden, und er
ist damit berechtigt zur Teilnahme am Luft-
verkehr. Diese Teilnahme geschieht nach
den Regeln der Kategorie 2, nach der zurzeit
jedes unbemannte Luftfahrzeug maximal
teilnehmen kann, weil die anderen Bedin-
gungen noch nicht gegeben sind.

Weiterhin haben wir eine Erkenntnis im
Zusammenhang mit der Zulassung erlangt,
dass die umfassende Musterprüfung für die
Serie doch erheblichen Mehraufwand erfor-
dert vor dem Hintergrund unserer derzeitigen
luftfahrtrechtlichen Regularien, und somit
wurde in meiner übergeordneten Dienst-
behörde die Entscheidung getroffen, den

Handlungsstrang Euro-Hawk-Serie im Rah-
men des Projektes SLWÜA nicht mehr wei-
terzuverfolgen, sondern nach alternativen
Trägermöglichkeiten zu suchen. Das ist mein
bisheriger Stand, ganz grob zusammenge-
fasst, als Projektleiter.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön. - Wir kommen dann zu den
Befragungen. Wir haben eine sogenannte
Berliner Stunde; Sie wissen das. Da hat die
CDU/CSU 23 Minuten, die SPD 14 Minuten,
FDP 9 Minuten, die Linke 7 und Bündnis
90/Die Grünen ebenfalls 7 Minuten.

Ich gebe der CDU/CSU-Fraktion, dem
Kollegen Grübel, das Wort.

Markus Grübel (CDU/CSU): Herr
Knöpfel, einmal: Welche Ebenen sind für Sie
als Projektleiter die zuständigen Ansprech-
partner, also wem berichten Sie oder wem
melden Sie, wenn es Probleme gibt?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ich melde im
Prinzip direkt meiner Fachaufsicht, also über
den Dienstweg natürlich, über meinen Präsi-
denten und meinen Abteilungsleiter, an die
Fachaufsicht, und die ist zurzeit das BMVg
AIN V 5, in luftfahrtrechtlichen Angelegen-
heiten zusätzlich noch das BMVg AIN V 1,
weil die für den Bereich Luftfahrtzulassung
zuständig sind im BMVg.

Markus Grübel (CDU/CSU): Vor Ihrer
Amtszeit, bereits in frühen Studien im Jahr
2003, zum Beispiel im Zusammenhang mit
der abschließenden funktionellen Förderung,
wurden das Zulassungsproblem und feh-
lende einheitliche Standards für die Integra-
tion von unbemannten Luftfahrzeugen in den
allgemeinen Luftverkehr angesprochen. Wa-
rum wurde dennoch am Projekt festgehalten,
bzw. warum war man sich sicher, dass man
das Problem lösen konnte?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Gut, da bezie-
hen sich meine Kenntnisse auch nur auf das,
was ich gelesen habe; aber das ist sehr ein-
fach nachvollziehbar. Sie sprechen die all-
gemeine Teilnahme am Luftverkehr an. Dazu
bedarf es gewisser technischer Vorausset-
zungen, mit denen die bemannte Luftfahrt
sich gegen die unbemannte zunächst noch
wehrt, wenn die nicht gegeben sind. Bei dem
Projekt Euro Hawk haben wir die Besonder-
heit, dass wir auch unsere Mission erfüllen

Drucksache 17/14650 – 400 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 4
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

können im Rahmen einer Kategorie-2-Be-
triebsordnung. Das heißt, wir brauchen für
unseren Full Scale Demonstrator in dem
belebten Luftraum, wenn ich das mal so
ausdrücken darf, eine gewisse luftfahrtrecht-
liche Beschränkung. Da wird das Gebiet für
uns beschränkt. Andere Luftfahrteilnehmer
dürfen dort nicht hineinfliegen. Aber aufgrund
der Leistungsfähigkeit dieses Full Scale
Demonstrators oder der Euro-Hawk-Klasse
können wir über dem belebten Luftverkehr
fliegen, sodass dort mangels anderer Teil-
nehmer keine Konfliktsituationen auftreten.
Deswegen war von Anfang an auf jeden Fall
die Möglichkeit gegeben, dieses System
missionsgerecht einzusetzen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wir haben ja
praktisch zwei Erprobungselemente, nämlich
ein amerikanisches Teil - das Trägersystem -
und das deutsche Teil. Beim amerikanischen
Teil stellt sich ja die Frage, dass jeder, der
mit US-Behörden zu tun hat, weiß, dass im
sensiblen Bereich oft stark abgeschottet
wird - sogenannte Blackbox-Probleme. Da-
durch trägt nach dem Grundvertrag der Auf-
traggeber das finanzielle Entwicklungsrisiko,
zum Beispiel auch die parallele Weiterent-
wicklung von Global Hawk durch die US Air
Force, vollständig allein. Hat man die Koope-
rationsbereitschaft der US Air Force, insbe-
sondere bei solchen Verträgen mit dem
Ausland, falsch eingeschätzt?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das kann ich
so nicht behaupten, dass wir die falsch ein-
gesetzt [sic!] haben. Es ist immer ein sehr
aufwendiges Geschäft, die entsprechende
Kooperationsbereitschaft der Amerikaner
nach unseren Vorstellungen zu erlangen.
Aber im Zuge der Programmabwicklung
konnten wir mehrere Erfolge aufweisen, in-
dem wir auf Arbeitsebene einen sehr frucht-
baren Informationsaustausch institutionalisie-
ren konnten.

Was die Blackbox-Angelegenheit angeht:
Die haben wir insofern für das Missionssys-
tem vermieden, weil wir unser eigenes Mis-
sionssystem gebaut haben. Das heißt, da ist
„German eyes only“; da dürfen nur wir rein-
schauen, da dürfen auch die Amerikaner
nicht reinschauen.

Was das Flugsystem selbst angeht: Da
gibt es meiner Kenntnis nach keine Black-
boxes, die uns nicht erschlossen werden,
weil das ein reines Luftfahrzeug ist.

Markus Grübel (CDU/CSU): Also habe
ich das falsch in Erinnerung aus den früheren
Ausschusssitzungen, dass die Amerikaner
und Northrop Grumman die zuständigen
deutschen Stellen nicht in ihre Produktion,
Materialien, Software, Programmierungs-
dinge Einblick haben nehmen lassen?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Die Möglich-
keiten zur Einsichtnahme waren uns anfangs
sehr stark verwehrt. Wir konnten halt durch
Hinübersendung eines entsprechenden Ge-
samtmusterprüfers und auch eines Flugver-
suchsingenieurs dort viele Wege eröffnen,
die uns zumindest so weit gebracht haben,
dass wir die hinreichende Verkehrssicherheit
des Full Scale Demonstrators erklären
konnten. Ob sich das eins zu eins übertragen
lässt auf eine spätere Serie, das gehört halt
schon zu diesen Risiken, die wir gesehen
haben und die weiterhin bestehen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Könnten Sie
genau diese Risiken mal beschreiben? Weil
letztendlich war ja die Entscheidung, die
Serie nicht zu beschaffen wegen der Frage
der Zulassungsfähigkeit.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Die Risiken be-
ziehen sich nach unserer jetzigen Kenntnis
zum größten Teil darauf, dass es nicht darum
geht, dass wir nicht in Unterlagen einsehen
können, sondern, dass viele der Unterlagen,
die von uns gefordert werden, bei der US Air
Force bzw. bei dem Hersteller gar nicht vor-
liegen, weil die es für ihre Zulassungsvor-
gänge gar nicht benötigt haben. Die sehen
dort auch einen wirtschaftlichen Punkt. Die
sagen: Wir brauchen das nicht. Wir gehen
einige Risiken ein. Wir sind aber bereit, diese
zu tragen, und aus wirtschaftlichen Gründen
verzichten wir auf die eine oder andere Er-
stellung dieser Spezifikationen.

Das war eine Erkenntnis, die wir erst so
gegen 2011 hatten. Davor war es wesentlich
der Kampf darum, in diese Dinge einsehen
zu können. Das haben wir auch bis zu der
Tiefe geschafft, bis auf einmal gar nichts
mehr da war oder nicht mehr viel da war.
Das heißt, für uns bezogen sich die Risiken
nunmehr darauf, dass wir diese Dinge bei
den Unterauftragnehmern und weiteren Un-
terauftragnehmern extra beauftragen hätten
müssen. Und das ist ein Risiko, was wir vor-
her kaum abschätzen können, weil wir nicht
genau wissen, was erfordert jetzt dies an
finanziellem Einsatz. Das heißt, die Zahlen,

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 401 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 5
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

die genannt worden sind, sind grobe Schät-
zungen, die aber schon in die Größenord-
nung weisen, die wahrscheinlich mit einer
umfassenden Musterprüfung der Serie auf-
getreten wäre.

Markus Grübel (CDU/CSU): Die Zahlen,
die Sie jetzt gerade angesprochen haben,
beziehen die sich auf die Serie? Da sind
Zahlen von 150 Millionen bis 600 Millionen
schon eine ziemlich breite Streuung. Nach
Ihrer Auffassung: Was kommt der Realität
näher, die 150 Millionen oder die 600 Millio-
nen?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Jetzt fühle ich
mich versetzt genau in eine Sitzung, wie sie
schon damals im BMVg stattfand.

Markus Grübel (CDU/CSU): Können Sie
kurz sagen: Damals?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Damals, das
war Anfang 2012, als wir genau diesen Punkt
hatten. Wie ich schon sagte: Es handelt sich
hier um eine sehr grobe Schätzung, weil wir
halt nicht genau wissen, was vielleicht doch
noch an Dokumenten da ist, was uns zu-
gänglich ist, was größtenteils, wenn alles neu
erstellt werden müsste, dann als maximale
Obergrenze kommt. Da gab es die Schät-
zung, dass es bis zu 600 Millionen an Mehr-
kosten geben könnte, nur für die umfassende
Musterprüfung. Es könnte aber auch, bei
Vorliegen weiterer Daten oder vielleicht,
wenn man sieht, dass man nicht die gesamte
Software neu entwickeln müsste - - Das ist
so ein gesamter Bereich, der von 100 Millio-
nen bis 600 Millionen aufkam. Aber das ist
halt kein gutes Zeichen, weil man diese Un-
sicherheit hat.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wer war
denn bei dieser Sitzung Anfang 2012 dabei,
die Sie gerade schildern?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Anfang 2012,
da war der Abteilungsleiter Rü dabei; Herr
Selhausen war das damals noch. An alle
Personen kann ich mich nicht erinnern. Ich
selbst war dabei, und der Herr Steiger, der
später kommt, war auch dabei. Und dann, ich
glaube, Vertreter der - - ich glaube, der Herr
Rohmann (?) noch als Rü-VI-2-Vertreter.
Aber die restlichen Personen sind mir nicht
mehr erinnerlich.

Markus Grübel (CDU/CSU): Zumindest
in der Presse - wir haben ja die Zeugenan-
hörung von dem Vertreter von Northrop
Grumman noch nicht gemacht - wird ja ge-
sagt, dass Northrop Grumman sich das zu
einem sehr viel geringeren Preis zutraut. Da
sind Beträge von 150 bis 190 Millionen ge-
nannt. Nach Ihrer Einschätzung: Ist das ein
Festpreis, oder kommen da noch Beträge
hinzu? Wenn ich das richtig lese, sind da ja
ein paar Dinge, die nicht abgedeckt sind,
deren Kostenrisiken ich allerdings nicht be-
werten kann. Können Sie die bewerten?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Auf Basis die-
ser Vorlage oder dieser Information, die uns
die Firma gegeben hat, kann ich das auch
nicht bewerten, weil aufgrund von Nachfra-
gen - die Nachfragen sind bis jetzt noch of-
fen - nicht alle Rahmenbedingungen genannt
wurden, unter denen der Hersteller Northrop
Grumman - da sind noch nicht mal die Kos-
ten der EuroHawk GmbH mit drin - diese
Kosten erstellt hat. Wir wissen zum Beispiel
noch nicht, ob es nach Ansicht der Firma
Northrop Grumman um einen Beitrag zur
umfassenden Musterprüfung geht oder ob es
sich um einen Rückgriff auf alternative Zu-
lassungsmethoden handelt, die bei uns ja
noch nicht in der Tiefe ausformuliert worden
sind. Insofern kann ich das nicht genau ab-
schätzen. Ich gehe dort auch nicht von einem
Festpreis aus, weil wir nämlich die Manage-
mentkosten der EuroHawk GmbH noch nicht
dabei haben. Bisher zumindest war es so,
dass sich der Hersteller bzw. der Unterauf-
tragnehmer Northrop Grumman nicht auf
einen Festpreis geeinigt hat, weil er selbst
den gesamten Umfang noch nicht umfassen
konnte. Es wäre nachzufragen; aber bis jetzt
habe ich da keine näheren Informationen zu.

Markus Grübel (CDU/CSU): Haben Sie
Erkenntnisse über Zulassungsverfahren von
unbemannten Luftfahrzeugen in anderen EU-
und NATO-Ländern? Also, läuft das so wie in
Deutschland, oder gibt es da andere Regeln
bzw. andere Hürden, die etwas geringer oder
höher sind als in Deutschland?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das ist eine
reine Vermutung meinerseits, zu der ich jetzt
eigentlich nichts sagen kann, weil ich kenne
nicht die genauen Zulassungsregeln der
anderen.

Drucksache 17/14650 – 402 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 6
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Keine Vermutungen.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Genau. Des-
wegen sage ich es auch: Dazu kann ich
nichts sagen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Also, Ihr
Amt sozusagen hatte keine Erkenntnisse,
wie die Zulassung in anderen NATO-Ländern
bzw. anderen EU-Ländern erfolgt und welche
Zulassungsvoraussetzungen dort bestehen, -

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Nein, also
nicht - -

Markus Grübel (CDU/CSU): - zum Bei-
spiel insbesondere in Italien?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Italien hat eine
andere Zulassungsordnung, die mir aber im
Detail so nicht bekannt ist.

Markus Grübel (CDU/CSU): Der Bundes-
rechnungshof erwähnt in seinem Bericht,
dass ein Problem darin liegt, dass die deut-
sche Seite keine ausreichenden Kenntnisse
über die Zulassungsverfahren in den Ver-
einigten Staaten hat und sich diese Kennt-
nisse hätte verschaffen müssen, um zu wis-
sen, welche Hürden sozusagen überwunden
sind, wenn die amerikanische Seite eine
Zulassung, zum Beispiel für den Global
Hawk, erteilt hat. Trifft das zu?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das war ein
Lernprozess, den wir im Rahmen der Projek-
tierung auch durchschritten haben. Nachdem
wir den Vertrag unterzeichnet hatten, waren
wir auch in der Lage, dort gezielt nachfragen
zu dürfen. Und dort lernten wir, dass die US-
amerikanischen Behörden mehrere Möglich-
keiten haben, einen Zulassungsweg zu be-
schreiten. Seit 2010 gibt es dort auch die
Forderung, eine Typzertifizierung - Type
Certificate heißt das dort - vornehmlich
durchzuführen. Falls das aber nicht reicht
und ich einen hohen operationellen Einsatz-
bedarf habe, kann ich auch einen Alternativ-
weg dort wählen. Vor diesen Bestimmungen
war der Alternativweg in der Regel der üb-
liche Weg. Dort wurden unter Abwägung von
operationellen Bewertungen bestimmte Risi-
ken akzeptiert. Aber die Ableitung dieser
operationellen Bewertungen, die war uns
nicht zugänglich, weil das natürlich Einblick

in die strategische Planung oder taktische
Planung der US-Streitkräfte hat.

Aber diese Grundlage, diese Philosophie,
die lernten wir, dass die vorhanden ist. Aller-
dings die Begründungen, wie die US-Ame-
rikaner dann zu den einzelnen Zulassungen
gekommen sind, haben wir noch nicht in aller
Deutlichkeit bekommen. Das geht auch gar
nicht, weil die dort ihre nationale Sicherheit
vorlegen. Generell war die Aussage unseres
Leiters der Musterzulassungsstelle, dass
dieser Weg für uns gespiegelt an den Regu-
larien, die wir zurzeit haben, auch nicht zu-
lässig ist; deswegen auch nicht übertragbar.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wenn Sie
die Situation bewerten müssten, einmal beim
deutschen Teil, dem Aufklärungssystem
ISIS, und zum anderen beim unbemannten
Luftfahrzeug Euro Hawk oder Global Hawk:
Wie würden Sie das einschätzen? Wie weit
sind wir da gekommen?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ich verstehe die
Frage jetzt so, dass Sie fragen, wie weit wir
die Leistungsfähigkeit ISIS nachgewiesen
haben bzw. - -

Markus Grübel (CDU/CSU): Genau.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Okay. - Also,
für die Leistungsfähigkeit ISIS kann ich noch
keine belastbaren Aussagen geben, weil die
Erprobung bzw. Zertifizierung noch nicht
abgeschlossen ist. Da hoffen wir, dass wir
Ende des Septembers dort zu einer ab-
schließenden bewerteten Aussage kommen,
was die technische Leistungsfähigkeit an-
geht. Für die Erprobung des Full Scale De-
monstrators, also des Trägers, des reinen
Luftfahrzeugs, kann ich bestätigen, wie ich
vorhin schon sagte, dass wir alle flugmecha-
nischen Rahmenbedingungen bis auf die
Crosswind-, also Querwindlandungen, die wir
noch nicht testen konnten wegen mangeln-
der Windverhältnisse, so weit abgeschlossen
haben.

Markus Grübel (CDU/CSU): Können Sie
noch was sagen - also, zurzeit laufen ja
Testflüge, möglicherweise dieser Tage -, wie
diese Testflüge verlaufen? Wo steigt Euro
Hawk auf, wo fliegt Euro Hawk, was wird
getestet, und wo landet Euro Hawk wieder?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 403 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 7
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das Schema
der Erprobungsflüge ist relativ übersichtlich.
Wir starten in Manching und landen dort wie-
der. Das ist das Ziel. Wir haben für Man-
ching, auch für den prädestinierten Aus-
weichflugplatz Schleswig-Jagel, eine ent-
sprechende luftverkehrsrechtliche Vorsorge
getroffen, indem wir dort einen Luftraum ge-
sperrt haben, der insbesondere den Luftraum
Echo angeht - dort, wo jeder andere auch
fliegen kann -, um einfach die anderen Luft-
fahrzeugteilnehmer zu schützen bzw. uns vor
Kollisionen zu schützen. Innerhalb dieses
gesperrten Luftraums für die Start- und Lan-
dephase schraubt sich im übertragenen Sinn
der Full Scale Demonstrator auf die Höhe,
wo die anderen Luftverkehrsteilnehmer sich
nicht mehr befinden und dort mangels Masse
unbefleckt fliegen kann.

Wir fliegen, je nachdem, was wir dort
testen wollen. Ich sage das jetzt nur ganz
schematisch. Wir haben Sendestationen, die
vorgegebenen Sendestationen, und die
müssen in einem geordneten Verfahren er-
fasst werden, weitergemeldet werden und an
die Bodenstationen wieder gemeldet werden.
Das heißt, die gesamte funktionale Kette wird
ausgetestet im jeweiligen Frequenzbereich.
Und das geschieht vornehmlich im süddeut-
schen Raum, weil wir dort diese Emitter oder
Sendestationen stehen haben. Wir haben
aber auch schon Flüge über die Nordsee
unternommen. Dann landen wir wieder in
Manching, indem wir wieder den gesperrten
Luftraum aktivieren und uns dort zur Lan-
dung begeben.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wie groß ist
denn der gesperrte Luftraum? Man spricht ja
da von Zylindern. Welchen Durchmesser
haben die Zylinder?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Die genauen
Ausmaße der gesperrten Lufträume sind mir
zurzeit nicht geläufig, aber sie reichen aus,
damit wir dort einfach nach oben fliegen
können.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wenn ich
jetzt mal so ganz pauschal fragen will - wir
haben ja das Thema „Probleme“ von Anfang
an -: Ab wann war für Sie der Punkt erreicht,
wo Sie gesagt haben: „Die Probleme sind
jetzt nicht mehr beherrschbar oder lösbar“
bzw.: „Wir haben ein Kostenrisiko, das so
hoch ist, dass in Abwägung das ganze Pro-
jekt problematisch ist“?

Ich weiß, dass letztendlich die anderen
Ebenen entscheiden müssen, aber Sie in
Ihrer Zuständigkeit müssen ja auch eine Be-
wertung sozusagen nach oben melden, da-
mit die, die in den technischen Details nicht
so drinstecken, aber die politische Verant-
wortung oder auf höherer Ebene die ad-
ministrative Verantwortung tragen, eine ver-
nünftige Entscheidungsgrundlage hatten.
Wann war für Sie der Knackpunkt erreicht
bzw. der Punkt, wo Sie gesagt haben: „Jetzt
muss ich mal warnen, das könnte zu teuer
werden“ oder: „Die Risiken sind zu hoch, und
es wird zu teuer“?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja, für uns im
Projekt oder für mich als Projektleiter war
dieser Punkt gegen Ende des Jahres 2011
erreicht, nachdem ich erste Schätzungen der
EuroHawk GmbH, basierend auf den Schät-
zungen oder groben Schätzungen der
Northrop Grumman, was aus ihrer Sicht für
eine umfassende Musterprüfung für die Serie
an Aufwand notwendig wäre, nachdem auch
die Northrop Grumman durch die gesamten
Vorjahre natürlich gelernt hat, welche Anfor-
derungen unsere deutsche Zulassungsstelle
gibt - -

Gut, da hat sie selbst festgestellt, dass
die Betriebssoftware nicht so einfach akzep-
tiert werden kann, wie sie zurzeit ist, nämlich
im Herstellungsprozess. Wir müssen immer
bedenken: Wir reden hier von einer geplan-
ten Betriebsdauer über 20 Jahre hinaus und
über mehr als 20 000 Flugstunden pro Luft-
fahrzeug; denn das ist die Grundlage für die,
die die umfassende Musterprüfung prüft,
nicht nur wie eine Prototypenprüfung für die
nächsten 1 000 Stunden.

In diesem Zusammenhang wurde dann
schnell klar, dass, wenn die Firma schon
einen ziemlich hohen zweistelligen Betrag,
nämlich an die 99 Millionen, ergibt, da gege-
benenfalls noch weitere Mehrkosten auftre-
ten können. Da kam es dann im Gespräch
mit dem Leiter der Musterzulassungsstelle
und der vorhin schon erwähnten Bespre-
chung zu diesen Grobschätzungen, die aber
in der gemeinsamen Kommunikation mit dem
BMVg schon stattfanden.

Markus Grübel (CDU/CSU): Gab die
weitere Erprobung für Sie nach 2011 einen
Sinn?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ich gehe immer
vom Projekt SLWÜA aus, das heißt signal-

Drucksache 17/14650 – 404 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 8
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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erfassende, luftgestützte, weiträumige Über-
wachung und Aufklärung, in dem es eine
Möglichkeit gibt, diese Fähigkeitslücke zu
überbrücken, und zwar indem wir dieses
System ISIS in einen unbemannten Träger
integrieren.

Wir haben mittlerweile das System ISIS
integriert. Wir suchen jetzt eine Alternativ-
lösung. Deswegen war es für mich nicht das
Scheitern des Gesamtprojektes, sondern wir
mussten sagen, dass wir, wenn wir den wei-
teren Weg beschreiten, wahrscheinlich er-
hebliche Mehrkosten haben werden, und
diese Abwägung, ob diese Mehrkosten wei-
ter zu tragen sind, oblag dann dem BMVg.

Markus Grübel (CDU/CSU): Noch mal
für die Erprobung: Man hätte ja sagen kön-
nen zum Beispiel beim dritten Änderungs-
vertrag: Wir brechen jetzt ab. - Weil da war
der größte Anteil des Geldes vertraglich ge-
bunden, Ende oder Mitte 2009. War da für
Sie ein Zeitpunkt, wo Sie gesagt hätten:
„Jetzt gibt die Erprobung keinen Sinn mehr“?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Auf keinen Fall.
Weil wir hatten von den Jahren 2007 bis
2009 erhebliche Fortschritte gemacht. Es ist
ja nicht so, dass das alles ganz einfach lief
und auf einmal 2011 - wupp! - das große
Problem da war.

Nein, das war ein kontinuierlicher Pro-
zess, und wir hatten jeweils immer den Er-
folg, dass wir dieses System weiter betreiben
konnten. Wir hatten 2009 - kurz danach, im
Herbst, war ja erst der Rollout - die Hinweise,
dass das ISIS-System in der Entwicklung gut
voranging. Wir hatten den Hinweis, dass das
Trägersystem gut voranging. Wir mussten
jetzt warten, wie es nachher mit der Integra-
tion aussah. Wir haben in 2010 den erfolgrei-
chen Erstflug gehabt mit einer deutschen
luftfahrtrechtlichen Zulassung. Wir haben
dann das Jahr gebraucht. Mit hervorragen-
den, schnellen Ergebnissen haben wir den
Träger qualifiziert ohne das Missionssystem.
Wir haben es geschafft, dann in 2011 das
Flugzeug nach Deutschland zu fliegen mit
einer entsprechenden luftfahrtrechtlichen
Zulassung.

Es waren zwar schwierige Steps, aber wir
haben immer erfolgreich uns weiter durch-
manövriert, sodass wir auch ganz bestimmt
2009 nicht das Gefühl hatten: Oh, hier
scheitert alles. - Ganz bestimmt nicht.

Markus Grübel (CDU/CSU): Und hätte
man die Erprobung 2011 abbrechen müssen,
wo zwar der größte Teil des Geldes ausge-
geben war? Aber der Erprobungsbetrieb
kostet jetzt auch noch Geld.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Wir haben 2011
gesehen, dass die Serie, die Euro-Hawk-
Serie, einen erheblichen Mehraufwand erfor-
dern könnte. Wir haben aber gleichzeitig eine
funktionierende Testumgebung für unser
ISIS gehabt. Wir haben den Auftrag gehabt,
einen Demonstrator herzustellen, um die
Gesamtfunktionalität - signalerfassendes
Missionspaket plus unbemannter Träger - zu
demonstrieren, und da gab es auch aus mei-
ner Sicht keinen Grund, da abzubrechen.
Dann hätte man wirklich viel verloren. Es war
für uns zielgerichtet, weiter vorzugehen, den
Auftrag zu erfüllen, und die Auftragserfüllung
war möglich. Und wir sind ja jetzt ein sehr
gutes Stück weitergekommen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Vielen Dank. - Jetzt kommt die SPD-Fraktion.
Herr Kollege Arnold.

Rainer Arnold (SPD): Recht herzlichen
Dank. - Zunächst noch mal, weil ich da nicht
schnell genug geschrieben habe: Wann sind
Sie von der Fachaufsicht rübergewechselt
zum Projektleiter?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Am 8. März
2011 habe ich die Aufgaben des Projektlei-
ters übernommen.

Rainer Arnold (SPD): Und vorher waren
Sie in der Fachaufsicht?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: So ist es.

Rainer Arnold (SPD): Wann sind Ihnen
in Ihrer Funktion als Fachaufsicht zum ersten
Mal Schwierigkeiten beschrieben worden in
Bezug auf die Zulassung?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ich war seit
2006 im Rahmen der Fachaufsicht. 2007
wurde der Vertrag unterzeichnet, und seit-
dem war ich in den Berichten, insbesondere
auf den Program Management Reviews,
PMRs, die ja halbjährlich stattfinden, immer
vor Ort und konnte den Weg, allerdings auch
die zeitweiligen Erfolge, im Rahmen der Zu-
lassung mit verfolgen. Das heißt, mir war von

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 405 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 9
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Anfang an bewusst, dass wir dort gewisse
Herausforderungen haben, und ich konnte
aber auch die Lernkurve von unserer Seite
als auch von der Northrop Grumman mit
verfolgen, und wir hatten auch jeweils immer
Erfolge. Denn wir sind ja schrittweise wirklich
zu einer luftfahrtrechtlichen Zulassung beim
Full Scale Demonstrator gekommen.

Rainer Arnold (SPD): Das verstehe ich
jetzt nicht ganz, weil doch immer deutlicher
wurde - bereits beginnend im Jahre 2007,
deutlich im Jahr 2008 -, dass die amerikani-
sche Zulassung nicht Basis für eine deutsche
sein kann. Hat Sie die Frage „Was passiert
nach dem Demonstrator?“ nicht interessiert?
Oder haben Sie von jemandem den Auftrag
erhalten, sich nur um den Demonstrator zu
kümmern, und die Serie spielt in der Phase
keine Rolle?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Vornehmlich
war in dieser Phase natürlich die Erfüllung
des Projektauftrags gegeben. Wir hatten
durch die schrittweisen Erfolge im Rahmen
der Zulassung beim Full Scale Demonstrator
natürlich auch die bestätigte Erwartung, dass
es im Rahmen der umfassenden Musterprü-
fung nachher auch für die Serie so weiter-
gehen könnte. Das heißt, ich hatte zu diesem
Zeitpunkt keinen Zweifel, dass wir zu einer
luftfahrtrechtlichen Zulassung der Serie
kommen können.

Rainer Arnold (SPD): Und wenn Ihre
Mitarbeiter Zweifel äußern, wie nehmen Sie
die auf? Ich nehme mal den Herrn Weiß, der
auf einer Besprechung ja schon im Jahr 2008
sagte: Wenn man hier nicht sofort weiter-
kommt, könnte dies ein Showstopper für das
gesamte Projekt sein. - Was tun Sie mit sol-
chen Hinweisen Ihrer Fachleute?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Mit solchen
Hinweisen meiner Fachleute - damals sogar
schon als Vorhabenaufsicht - habe ich mich
zu den gleichen Dingen genauso ähnlich
geäußert gegenüber der Industrie und auch
gegenüber unseren Musterzulassungen.
Denn damals war auch schon bekannt, dass
wir hier Herausforderungen haben, und wir
mussten die Industrie auch auffordern, ge-
meinsam mit uns den Weg zu gehen und
viele aus Sicht der Industrie eigentlich als
nicht erforderlich erachtete Dokumente frei-
zugeben und uns zugänglich zu machen.

Das heißt, das war ein Grund, die Indus-
trie zu motivieren: Jetzt müsst ihr ran. Wenn
ihr da nicht weitermacht, dann haben wir
wirklich ein sehr großes Problem. - Also, das
gehörte ganz einfach zu meinen Aufgaben
dazu - später auch als Projektleiter -, die
beiden beteiligten Parteien in diesem Fall
von meiner Sicht als Projektleiter, nämlich
auf der einen Seite die luftfahrtrechtliche
Zulassungsstelle und auf der anderen Seite
die entsprechende nachweispflichtige Indus-
trie, zu ermahnen, dass wir hier schnellst-
möglich zu einem Ergebnis kommen müs-
sen.

Rainer Arnold (SPD): Und hat die Indus-
trie dann geliefert in den folgenden zwei Jah-
ren?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja, sie hat ge-
liefert. Wir haben ja eine luftfahrtrechtliche
Zulassung des Full Scale Demonstrators
erreicht.

Rainer Arnold (SPD): Noch mal: Meine
Frage war ja auch, warum man immer nur
auf den Demonstrator geschaut hat. Hat die
Serie damals für Sie schon keine Relevanz
mehr gehabt?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Doch, doch, die
hat schon Relevanz gehabt.

Rainer Arnold (SPD): Ja, aber warum
konzentrieren Sie sich dann ausschließlich
auf den Demonstrator? Welchen Sinn macht
es aus Sicht der Beschaffer, einen De-
monstrator zu haben, wenn man dann schon
absehen kann, es kommt nicht zu einer Se-
rie?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Na ja, für uns
war damals nicht abzusehen, dass es nicht
zu einer Serie kommt. Wir wussten allerdings
zu dem damaligen Zeitpunkt schon, dass die
Serie sich technisch in wesentlichen Teilen
von dem Full Scale Demonstrator unter-
scheiden wird, schon allein aufgrund der
Fortentwicklung des Global Hawks selbst als
auch aufgrund unserer weitergehenden For-
derungen im Rahmen des geplanten opera-
tionellen Einsatzes. Wir brauchten zum Bei-
spiel ein Anti-Icing-System, also eine Sys-
tem, was die Vereisung an den Tragflächen
verhindert, als auch ein Lufteinlass-Anti-
Icing-System für die Serie.

Drucksache 17/14650 – 406 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 10
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Das heißt, viele technische Bestandteile
wären erst zum Zeitpunkt der Feststellung
der Serie relevant gewesen, und darauf hät-
ten wir dann die umfassende Musterprüfung
absetzen müssen. Das heißt, im Hintergrund
lief die Serie schon immer mit, aber wir hat-
ten zu diesem Zeitpunkt nicht das Gefühl
oder die Erwartung: Die Serie, das wird auf
keinen Fall was. - Keinesfalls.

Rainer Arnold (SPD): Wie erklären Sie
uns dann, dass spätestens im Jahr 2010
festgehalten wurde: „Bereits das Festhalten
an einer Musterprüfung für einen De-
monstrator führt zu einem ganz erheblichen
Mehraufwand“ und dass man dann dazu
gekommen ist, den Demonstrator nur vorläu-
fig zuzulassen? Das heißt doch: Es hat mit
dem Demonstrator auch nicht so funktioniert
mit einer korrekten Zulassung. Und aus den
Unterlagen entnehmen wir, dass für den
Demonstrator nur eine vorläufige Verkehrs-
zulassung dann gemacht wird.

Da würde mich dann schon mal interes-
sieren, welche Tragweite dann so eine Ent-
scheidung hat. Wer hat diese Entscheidung
von Ihnen dann damals in Ihrer Verantwor-
tung zusätzlich erhalten?

Wir haben gelesen, dass der Projektleiter
nicht an den BWB-Präsidenten berichtet hat.
Kann das sein, dass man so eine wichtige
Entscheidung bei einem Projekt gar nicht
weitermeldet?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Gut, zu diesem
damaligen Zeitpunkt haben wir gesehen, was
ich eben schon sagte, dass die Serie sich
technisch wesentlich von dem Full Scale
Demonstrator unterscheiden wird. Bei einem
Festhalten an einer umfassenden Muster-
prüfung für den Full Scale Demonstrator
hätte ich Bemühen beauftragt, was über-
haupt nicht mehr relevant gewesen wäre.
Das heißt, ich hätte Mehrkosten verursacht,
die wahrscheinlich umsonst gewesen wären.

Weiterhin hatten wir den Vorteil - - Ich
sprach vorhin davon, dass eine umfassende
Musterprüfung auf eine Betriebsdauer über
20 Jahre bzw. 20 000 Flugstunden hinaus-
geht, dementsprechend auch wesentlich
umfangreicher - daher kommt auch das Wort
„umfassend“ - stattfinden wird. Für den Full
Scale Demonstrator sollte - - Das war aber
bis dahin schon abzusehen, dass wir diesen
Full Scale Demonstrator aufgrund der techni-
schen Unähnlichkeit wahrscheinlich in dieser
Form nicht mehr so lange betreiben werden.

Weiterhin hatten wir das Ziel, mit dem
operationellen Einsatz des Full Scale De-
monstrators im Rahmen der Anfangsflug-
befähigung die Fähigkeitslücke schnellst-
möglich zu stopfen. Also war die Entschei-
dungsgrundlage: Wie kann ich es erreichen,
den Full Scale Demonstrator so schnell wie
möglich zu zertifizieren, wenig Mehrkosten
zu produzieren im Hinblick auf die Serie, die
sich ja schon technisch unterscheiden wird?

Und da kamen wir auf Basis des Vor-
schlags auch der Industrie zu der Auffas-
sung: Wir verlassen den Weg der umfassen-
den Musterprüfung für den Full Scale De-
monstrator, weil er auch die Muster - - später
gar nicht mehr in der Form entsprechen
würde, sondern wir verlagern uns jetzt im
Rahmen der schnellstmöglichen Zulassung
dieses Systems auf eine Prototypenprüfung,
wobei das jetzt nicht was vollkommen ande-
res ist. Sondern eine Prototypenprüfung ist
eine Teilmenge einer umfassenden Muster-
prüfung, beschränkt auf den Prototypen
selbst.

Mit dieser Entscheidung haben wir nach
unserer Sicht ein Problem gelöst, und wir
mussten eigentlich nicht mehr über ein
Problem berichten. Im Rückblick auf die jet-
zige Entwicklung kann ich sagen: Ja gut, da
hätten wir wahrscheinlich besser berichten
müssen, aber zu dem damaligen Zeitpunkt
haben wir wirklich das Gefühl gehabt: Wir
haben ein Problem gelöst, und jetzt geht es
weiter. - Das ist die Aufgabe eines Projekt-
leiters.

Rainer Arnold (SPD): Wer hat dies ent-
schieden damals?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Entschieden
hat das der damalige Projektleiter, und ich
war dabei. Ich habe das genauso unterstützt
vonseiten der Fachaufsicht.

Rainer Arnold (SPD): Das heißt, für Sie
ist es eine Problemlösung, wenn man auf ein
Ziel, das eigentlich ursprünglich formuliert
war, nämlich diese Zulassung für den De-
monstrator, verzichtet und das ganze Ding
nach unten fährt von der Qualifikation. Dann
ist das eine Problemlösung. Habe ich das
richtig verstanden?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Nein, das ha-
ben Sie so nicht richtig verstanden. Das Ziel
war, eine luftfahrtrechtliche Zulassung für
den Full Scale Demonstrator zu erreichen,

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 407 – Drucksache 17/14650

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was wir ja auch geschafft haben. Wir haben
eine Vorläufige Verkehrszulassung, die so-
wieso nur für den Full Scale Demonstrator
vorgesehen war. Insofern haben wir das Ziel
erreicht. Und die entsprechenden Aktivitäten
für die umfassende Musterprüfung - - Die
sollte später einfach verlagert werden bei der
Einführung der Serie, weil wir auch dann erst
den umfassenden technischen Stand, näm-
lich den Musterzustand, festlegen konnten.

Rainer Arnold (SPD): Könnte man auf
den Gedanken kommen - wenn es beim
Prototyp schon so schwierig ist, zu einer
Zulassung zu kommen, wenn man dort seine
Ansprüche runterfährt -, dass es bei der
Musterzulassung dadurch nicht unbedingt
einfacher wird mit diesem Kenntnisstand?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das kann man
so folgern, aber das heißt nicht, dass es nicht
möglich gewesen wäre, auf keinen Fall.
Denn bis dahin konnten wir ja immer fest-
stellen durch entsprechendes Bemühen und
Motivation der Industrie - - Seitens auch des
Projektleiters haben wir schrittweise es er-
reicht, die Verkehrssicherheit zumindest
schon mal für den Full Scale Demonstrator
nachzuweisen. Und genauso haben wir vor-
gehabt, mit einer entsprechenden Festlegung
des Bauzustandes für die Serie später ge-
nauso vorzugehen. Einen Anlass, daran zu
zweifeln, gab es damals nicht.

Rainer Arnold (SPD): Das entspre-
chende Grün verstehe ich nicht so ganz. Wir
sehen viel Gelb und manchmal auch Rot in
den Meldungen. Wie können Sie sich das
dann erklären? Und manchmal wurde sogar
aus Rot in einem Ministerium - - wieder nach
unten gestuft.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja, das bezog
sich - - Zum Beispiel ein Fall ist ein klarer
Vorgang: Im Zusammenhang mit der Über-
führung nach Deutschland hatten wir die
Herausforderung, dass erstens die VVZ noch
nicht ausgesprochen war, weil noch ein, zwei
Nachweise fehlten. Weiterhin hatten wir die
Befürchtung, dass die Landebahn in Man-
ching nicht zur Verfügung stehen würde, die
Südlandebahn. Wir waren zunächst gebun-
den, auf der Nordlandebahn zu landen, die
aber aus Herstellergründen aufgrund der
geringen Breite wieder zu einem Problem
wurde. Das heißt zu diesem Zeitpunkt kurz
vor Überführungsflug - und da wurden diese

Berichte erstellt, das war nämlich gerade
zum Quartalsende, gegen Ende Juni -, dort
war wirklich im Zusammenhang der Überfüh-
rungsflug aufgrund von den Gegebenheiten
der Zulassung, dass wir unbedingt auf der
Südbahn landen mussten, dass die nicht zur
Verfügung stand, dass die Verkehrszulas-
sung noch nicht ausgestellt war, dass wir
auch noch keine Frequenzen bereitgestellt
bekommen hatten durch die Frequenzverga-
bebehörde, dass dort auf alle Fälle für den
nächsten Projektschritt, nämlich Überführung
nach Deutschland, ein sehr rotes Wartungs-
signal gesetzt wurde.

Im Zuge der weiteren Abarbeitung konn-
ten wir es erreichen, dass die Schließung der
Südbahn nach hinten verlagert wurde. Wir
haben erreicht, dass wir die VVZ rechtzeitig
bekamen, sodass wir am 22. Juli dann die
Überführung stattfinden lassen konnten. Zu
diesem Zeitpunkt war dann im Ministerium
die Rot-Alarm-Flagge weg, weil wir hatten
alle Voraussetzungen geschaffen, einen
Überführungsflug durchführen zu können.
Das heißt, die Warnleuchten bei den ent-
sprechenden Statusberichten spiegeln oft-
mals singuläre Ereignisse wider, die zu dem
jeweiligen Zeitpunkt da waren, spiegeln aber
nicht den grundsätzlichen Zweifel an einer
Zulassungsfähigkeit der Serie wider. Dieser
kam erst gegen Ende 2011.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wir
wechseln mal. - Sind die 150 bis 600 Millio-
nen zusätzliche Zulassungskosten für den
Full Scale Demonstrator oder für die Serie?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Die sind aus-
schließlich für die Serie, weil für den Full
Scale Demonstrator haben wir ja schon eine
Verkehrszulassung, und die reicht aus, um
die gesamten Testflüge durchführen zu kön-
nen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ist der
Full Scale Demonstrator also ein nutzbares,
zugelassenes Flugzeug, das Sie der Luft-
waffe übergeben könnten?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das ist nicht
ganz so einfach, weil die Vorläufige Ver-
kehrszulassung bezieht sich auf Luftfahr-
zeuge in der Beschaffung, Entwicklung und
Erprobung. Ein Betrieb mit einer Vorläufigen
Verkehrszulassung durch die Truppe ist
möglich, bedarf aber noch einiger Vorausset-
zungen. So ähnlich machen wir das ja zur

Drucksache 17/14650 – 408 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 12
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Zeit mit dem Heron 1 in Afghanistan. Der
fliegt mit einer Vorläufigen Verkehrszulas-
sung und wird durch die Luftwaffe betrieben.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Er ist ja
auch nur geleast und wird nicht nach
Deutschland kommen. - Was müssten Sie
denn ausgeben, um den Full Scale De-
monstrator in Deutschland zulassen zu kön-
nen, dass die Luftwaffe ihn übernehmen
könnte?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Wir müssten
noch - - Das müsste genau noch mal ge-
schätzt werden. Wir könnten den Full Scale
Demonstrator mit einer Ausnahmegenehmi-
gung eigentlich sofort übergeben. Die Frage:
Wir haben ausgebildetes Personal. Die Lo-
gistik durch die Firma ist auch weiterhin ge-
geben oder wäre gegeben, wenn wir sie be-
auftragen. Es bedarf nur noch einer entspre-
chenden Genehmigung zur Nutzung, die
man ausstellen könnte. Also, das ist zur Zeit
wenig problematisch.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So, jetzt kommt die FDP-Fraktion. Herr Kol-
lege Spatz.

Joachim Spatz (FDP): Herr Knöpfel, wir
haben gestern erfahren vom General a. D.
Schneiderhan, dass bereits Ende 2002 so
eine Art Split gemacht worden ist zwischen
der Vorgabe, möglichst schnell den De-
monstrator herbeizuschaffen, und, ich sage
mal, dieser luftfahrtrechtlichen Genehmi-
gungsfrage, was die Serie angeht. War das
die Grundlage für Ihr Vorgehen, zu sagen:
„Wir lösen erst mal das Thema Demonstrator
und“, ich sage mal, „lassen das andere“, wie
Sie sagten, „im Hintergrund mitlaufen“?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja, das ist ja
gemäß dem damaligen CPM auch genauso
vorgesehen. Wir sollten einen Full Scale
Demonstrator entwickeln, um die Demon-
stration der Gesamtfunktionalität darstellen
zu können. Erst wenn das gelingt, dann sollte
eine Entscheidung für eine Serie als Vor-
schlag für die Füllung der Fähigkeitslücke
durchgeführt werden. Natürlich wird das nicht
nur klinisch betrachtet auf den Full Scale
Demonstrator. Insofern haben wir ja auch
schon gegen Ende 2011 mit dem Blick auf
die Serie darauf hingewiesen, dass dort er-
hebliche Mehrkosten für die Serie auftreten

könnten. Insofern wird das nicht klinisch ge-
trennt. Aber die ersten - - Die vornehmliche
Aufgabe war die Demonstration der Ge-
samtfähigkeit im Rahmen der Projektierung:
Deswegen auch Full Scale Demonstrator.

Joachim Spatz (FDP): Das heißt, gemäß
dieser Logik hatten Sie dann den Eindruck -
wenn ich das richtig verstanden habe -, dass
Sie davon ausgingen, Sie haben ein Problem
gelöst, wenn Sie die technische Machbarkeit
des Demonstrators mal vorrangig darstellen
können.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja, so verstehe
ich genau den Auftrag - natürlich immer mit
Ausblick auf die spätere Serie, auf die Lö-
sungsmöglichkeit für die Gesamtfähigkeits-
lücke.

Joachim Spatz (FDP): War Ihnen klar,
dass man dann aber vielleicht auf ein Risiko
zulaufen könnte, dass zwar die technische
Realisierung existiert, aber die Probleme,
was die Zulassung der Serie angeht, min-
destens außen vor sind und gegebenenfalls
vielleicht auch relevant werden könnten?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Gut. Eine Pro-
jektierungsphase kann nie gänzlich Risiken
ausschließen, sondern das Ziel war, die Risi-
ken greifbar und überschaubar zu machen.
Durch den Fortschritt der Zulassungsaktivi-
täten beim Full Scale Demonstrator - schritt-
weise erfolgreich geschafft - und den Nach-
weis der Verkehrssicherheit gingen wir bis
dahin davon aus, dass wir auch genauso das
für die Serie schaffen könnten. Im Prinzip
stimmt die Logik ja auch weiterhin; denn
niemand sagt, dass eine Zulassung für die
Serie unmöglich ist. Nein, es ist eine Abwä-
gung des damit verbundenen wirtschaftlichen
Aufwandes. Stimmt dann noch der Ansatz,
ein marktverfügbares System zu nehmen?
Und das ist dann immer in Zweifel gezogen
worden. Und eine Abwägung hat stattgefun-
den, dass wir so erst mal nicht mehr weiter-
machen können.

Joachim Spatz (FDP): Was hat denn
dazu geführt, dass Sie von der allgemeinen
luftfahrtrechtlichen Genehmigung, also Kate-
gorie 3, ich sage mal - - plötzlich zufrieden
gewesen sind mit der Kategorie 2?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 409 – Drucksache 17/14650

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[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Zeuge Rüdiger Knöpfel: Da muss ich
leider korrigieren; denn da gab es keinen
Bedürfniseinschnitt, sondern von ganz An-
fang an war uns klar, dass wir dieses Flug-
system mangels einer entsprechenden tech-
nischen Voraussetzung - dieses sogenannte
Sense and Avoid oder See and Avoid -
immer dann nur in Kategorie 2 betreiben
können, was allerdings kein Einschnitt ist;
denn für beides, beide Kategorien, muss ich
die gleiche Verkehrssicherheit nachweisen.
Da gibt es überhaupt keinen Unterschied. Es
ist nur die Frage, ob ich mich in einen Tor-
nado setzen kann und von A nach B fliegen
kann oder ob ich einen entsprechenden Luft-
raum für mich reservieren muss. Das war - -
Das hat nie den Zweifel an einer Gesamt-
lösung „Euro-Hawk-Serie“ oder des Gesamt-
systems bewirkt, weil das war immer mög-
lich.

Joachim Spatz (FDP): Wie erklären Sie
dann, dass in den Gutachten, die 2003 an
das Ministerium gegangen sind von der IABG
bzw. EADS/Dornier von einer allgemeinen - -
von der Teilnahme am allgemeinen Flugver-
kehr gesprochen wird? Da steht nichts von
gesperrtem Luftraum oder sonst irgendwel-
chen Spezialeinschränkungen drin.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Gut. Das Ziel
ist natürlich - und daran arbeitet ja ganz
Europa und auch USA -, die Teilnahme am
allgemeinen Luftverkehr, also nach Kate-
gorie 3, zu gewährleisten. Da werden erheb-
liche Forschungsanstrengungen unternom-
men. Und das wird auch - das ist so meine
Schätzung - gegen 2020 wohl erfolgreich
sein.

Und wir gingen und gehen auch immer
noch weiterhin davon aus, dass eine ent-
sprechende Einrüstung eines solchen Sys-
tems dann auch einen Euro Hawk dazu be-
fähigt hätte, am allgemeinen Luftverkehr
teilzunehmen. Aber dieses System, dieses
Sense and Avoid, und die luftfahrtrechtlichen
Bedingungen, damit zusammenhängend,
müssen ja erst noch entwickelt und finalisiert
werden. Aber das wäre jetzt kein nobelpreis-
trächtiges Vorgehen gewesen, das dort ein-
zubauen.

Joachim Spatz (FDP): Okay. - Aber ver-
glichen mit dieser Vorgabe ist es schon we-
niger - das, was wir jetzt haben, nicht?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Wenn man es
mit dieser Vorgabe vergleicht, ja. Insofern
war es ja auch nie eine Muss-Forderung im
Rahmen der abschließenden Forderungen,
sondern es war für den Full Scale De-
monstrator ein Kann. Wenn bis dahin schon
entwickelt worden, wäre toll. Dann hätten wir
das auch gleich einbauen können und erpro-
ben können. Für die Serie war es ein Soll.
Wenn es denn da ist, dann sollte überlegt
werden, ob es gebraucht wird. Aber für die
Gesamtfunktionalität des gesamten Ansat-
zes, ein signalerfassendes System mit einem
HALE-System, einem großen, unbemannten
Luftfahrzeug durchzuführen, war das nie eine
einschneidende Sache, weil, wie gesagt:
Dort oben fliegt er und hat praktisch den
Luftraum für sich sowieso allein.

Joachim Spatz (FDP): Wie ist denn in
dem Zusammenhang Ihre Äußerung von
vorhin zu verstehen, wo Sie sagten: Die be-
mannte Luftfahrt wehrt sich noch gegen oder
zunächst noch gegen den Fortschritt der
unbe- - Wie ist das in diesem Zusammen-
hang zu er- - Glauben Sie, dass da irgend-
welche Widerstände, die, sagen wir mal,
technisch nicht begründet sind, noch da
sind? Oder können wir da vielleicht eine Lö-
sung erwarten?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Also ich bin
ganz sicher, dass wir dort eine Lösung er-
warten. Ich kann Ihnen das an einem ganz
kleinen Beispiel verdeutlichen. Es geht im
Wesentlichen hier um das „Manöver des
letzten Augenblicks“. Das ist ein Begriff aus
der Seefahrt, ist aber in die Luft genauso zu
übertragen.

Wenn zwei Luftfahrzeuge sich begegnen
auf einem stetigen Kurs und beide die Be-
rechtigung haben, dort zu fliegen - wer auch
immer den Fehler gemacht hat, das ist jetzt
mal nebensächlich, das bedarf dann einer
späteren Analyse -, so wird nicht jeder Pilot
da drinsitzen, den anderen sehen und sagen:
So, ich habe aber recht, ich fliege jetzt ein-
fach so weiter und warte darauf, dass der
andere was macht. - Und der andere sagt es
genauso. Nein, irgendwann sagt er: „Okay,
jetzt reicht es mir, und ich weiche aus, ob-
wohl ich eigentlich das Recht hätte“, und wird
später dann darüber einen sogenannten
Violation-Report ausfüllen, ja? Das setzt aber
voraus, dass die beiden sich gesehen haben.
Es kann aber auch sein, dass einer nur den
sieht. Obwohl er vorfahrtrechtlich Vorrang

Drucksache 17/14650 – 410 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

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hat, weicht er aus. Dann wird er genau das
Gleiche machen.

Bei unbemannten Systemen, die heute an
diesem Luftverkehr teilnehmen, wäre dieser
Vorfall nicht möglich. Das heißt, es ist eine
technische Voraussetzung zu schaffen, dass
ein System selbstständig, ohne dass andere
mithelfen, sieht: Da ist irgendwas in meiner
Nähe, das hat einen entsprechenden Kolli-
sionskurs, das ist eine Gefahr. Ich gebe dir
jetzt eine Warnung, und wenn du nicht folgst,
dann werde ich ausweichen.

Dieses System, das ist das sogenannte
See and Avoid System, was zur Zeit einen
hohen Forschungsaufwand innerhalb der
Europäischen Gemeinschaft auch hat. Und
dies ist dann die Voraussetzung, wenn es
denn mal zertifiziert ist und entsprechende
luftfahrtrechtliche Regelungen getroffen wor-
den sind, dass dies eingerüstet wird. Und
solange dies nicht geschieht, wehrt sich die
bemannte Luftfahrt zur Zeit - das ist mein
Kenntnisstand - gegenüber der unbe-
schränkten Teilnahme von unbemannten
Luftfahrzeugen am Luftverkehr. Deswegen
die Sperrung, nämlich die Kategorie 2, indem
man den anderen Luftverkehr aus diesem
Luftraum raushält.

Joachim Spatz (FDP): Also wenn wir
lange genug warten, können wir den Euro
Hawk fliegen lassen.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das wäre eine
Möglichkeit, ja.

Joachim Spatz (FDP): In dem Zusam-
menhang, was die Mehrkosten angeht: Also,
ich habe Sie richtig verstanden, dass wir
technisch ganz gut dabei sind, aber die
Mehrkosten für die Zulassung der Serie zwi-
schen, sagen wir mal, 100 oder 150 - ist jetzt
egal - und 600 Millionen schwanken. Und Sie
sagen: Diese Erkenntnis gibt es schon einige
Zeit.

Würden Sie zum Zeitpunkt heute sagen,
dass Sie - Sie haben ja gesagt: „Wir haben
jetzt mehr Verbindungen mit den Amerika-
nern“ und ähnliche Dinge - es schon ein
bisschen enger eingrenzen könnten? Oder
hat sich seit dem Zeitpunkt des ersten Auf-
tretens dieser Schätzung die Schätzung noch
nicht verändert, also ein Stück weit der
„Range“ verkleinert?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das hat sich
zurzeit noch nicht weiter verkleinert, weil wir

ja auch mit diesem Stadium so weit festge-
schrieben sind, und wir haben dort nicht
weiter nachgeforscht. Auch vonseiten der
Industrie wird ja vorgeschlagen, möglichst
einen Alternativweg zu gehen, um einfach
den wirtschaftlichen Aufwand zu begrenzen.

Es heißt auch nicht, dass wir hier Unter-
lagen haben, die wir nicht einsehen können,
sondern diese Unterlagen müssten zum
größten Teil nach unseren Bedürfnissen
erstellt werden, und das kostet einfach Geld.
Solange man auf diese Erstellung nicht ver-
zichtet, wird sich der Umfang dieser fehlen-
den Unterlagen auch nicht verringern. Da
sind also der Kostenaufwand, der damit ver-
bunden ist, und die Unsicherheit in der Kos-
tenschätzung.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön. - Jetzt kommt die Fraktion Die
Linke. Frau Kollegin Höger.

Inge Höger (DIE LINKE): Vielen Dank,
Frau Vorsitzende. - Guten Morgen, Herr
Knöpfel! Herr Knöpfel, Sie haben vorhin ge-
sagt, dass Sie das Recht auf Akteneinsicht
nicht wahrgenommen haben. Wie haben Sie
sich sonst auf diese Sitzung vorbereitet?
Haben Sie mit jemandem gesprochen, sich
irgendwie vorbereitet?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Nun gut, ich bin
Referatsleiter und habe unter anderem auch
das Projekt Euro Hawk zu betreuen. Wie Sie
sich vorstellen können, haben wir die letzte
Zeit damit verbracht, entsprechende Unter-
lagen zusammenzustellen. Das war eine der
Beschäftigungen, denen wir in der letzten
Zeit nachgegangen sind. Ich habe mich ein-
fach vorbereitet, indem ich noch mal rekapi-
tuliert habe, was so die letzten Jahre ge-
schehen ist.

Inge Höger (DIE LINKE): In diesen Jah-
ren, wann waren Sie da erstmalig mit dem
Projekt Euro Hawk befasst oder haben erst-
malig davon mitbekommen?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Erstmalig mit-
bekommen habe ich das im August 2006, als
ich als Referent bei Rü VI 2 begann und dort
unter anderem die Aufgaben der Fachauf-
sicht übernahm, wobei man natürlich auch
erst mal lernen muss: Was ist dort gesche-
hen? Da fängt man ja auch nicht von null auf
hundert an. Gleichzeitig hatte ich das Ver-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 411 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 15
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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gnügen - in Anführungsstrichen -, die parla-
mentarische Kenntnisnahme dieses Ent-
wicklungsvertrages vorzubereiten. Deswegen
hatte ich da eine sehr enge Begegnung mit
dem Projekt, das mich dann gleich von null
auf hundert gebracht hat.

Inge Höger (DIE LINKE): Kannten Sie
auch die Studien, die sozusagen die Fähig-
keitslücke oder Bedarfsanalyse festgestellt
haben und mit denen dieses Projekt vorbe-
reitet worden ist?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Nein, die Stu-
dien kannte ich bis dahin nicht.

Inge Höger (DIE LINKE): Hatten Sie ir-
gendwas mit der Vertragsgestaltung zu tun
mit der Firma EuroHawk?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Als ich das
Projekt übernahm, war der Vertrag endver-
handelt. Ich habe praktisch nur noch die
Formalien für die parlamentarische Kennt-
nisnahme vorbereitet. Da hatte ich keinen
Einfluss drauf und auch keine Kenntnis.

Inge Höger (DIE LINKE): Wie muss ich
mir das vorstellen: „Formalien für die parla-
mentarische Kenntnisnahme“?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Gut. Es gibt
einen entsprechenden - - Wenn ein endver-
handelter Vertrag vorliegt, dann wurde er
vom BWB an das BMVg, also an uns, wei-
tergegeben mit der Bitte, die parlamenta-
rische Kenntnisnahme vorzubereiten. Dort
musste ein entsprechender Beitrag der
Hauptabteilung Rüstung geschrieben wer-
den, der dann die Grundlage war für die Ab-
teilung Haushalt damals, eine entsprechende
Vorlage zu schreiben, die dann ans Bun-
desministerium der Finanzen ging. Und das
Bundesministerium der Finanzen hat dann
die Vorlage letztendlich für das Parlament
vorbereitet. Diese Bearbeitung, das ist für
mich: die formalen Voraussetzungen schaf-
fen für die parlamentarische Kenntnisnahme.

Inge Höger (DIE LINKE): Das heißt, Sie
kannten durchaus den Vertrag mit der
EuroHawk GmbH.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ich habe den
Vertrag dort im Einzelnen nicht studiert, weil
ich im Rahmen der Fachaufsicht dafür erst

mal keine Notwendigkeit sah; denn der Ver-
trag war endverhandelt und war von unseren
Juristen als machbar und richtig weitergege-
ben worden.

Inge Höger (DIE LINKE): In dem Vertrag
ist ja die luftverkehrsrechtliche Zulassung
geregelt und Voraussetzung für die Ver-
tragserfüllung. War Ihnen das bekannt?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Im Vertrag ist
geregelt, dass der Auftragnehmer sich einer
umfassenden Musterprüfung zu unterziehen
hat. Das heißt, er muss alles beistellen, da-
mit unsere Musterzulasser eine Prüfung
durchführen können mit dem Ziel einer spä-
teren luftfahrtrechtlichen Zulassung. Das ist
geschuldet, ja. Es ist auch geschuldet, dort
ein Musterprüfprogramm zusammen mit den
Zulassern zu erarbeiten. Das ist eine Bring-
schuld, die der Auftragnehmer hat. Weiterhin
wurde dann festgelegt im Rahmen der Test-
bemühungen, auch die entsprechenden
Grundlagen für die Zertifizierung, neben der
Qualifizierung auch der Zertifizierung, zu
schaffen. Und das heißt: Der Auftragnehmer
muss nach bestem Bemühen alles unterstüt-
zen, damit eine Zulassung nachher ermög-
licht wird. Das ist geschuldet, ja.

Inge Höger (DIE LINKE): Wann gab es
die Veränderung, dass nicht mehr die Zulas-
sung, also auch die Musterzulassung, nach
den luftverkehrsrechtlichen Regelungen
Kategorie 3, sondern nur noch 2 für den Full
Scale Demonstrator für Sie Voraussetzung
war?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Also, der
Nachweis der Verkehrssicherheit hat erst mal
nichts mit den flugbetrieblichen Kategorien
zu tun. Ob ich später nach Flugbetriebkate-
gorie 2 oder 3 fliege, ist vollkommen un-
erheblich. Ich habe immer das gleiche Maß
an Verkehrssicherheit zu bieten; denn es ist
vollkommen unabhängig, ob ich in einem
gesperrten Luftraum über Hamburg fliege
oder frei fliege: Die Verkehrssicherheit muss
immer gegeben sein. Das heißt, die Katego-
rie 2 oder 3 war niemals Gegenstand. Wie
ich vorhin schon ausführte, war auch die
Kategorie 3 keine unbedingte Voraussetzung
für den Projekterfolg.

Die luftfahrtrechtliche Zulassung für den
Full Scale Demonstrator war, wie immer
schon geplant, im Rahmen einer VVZ, also
einer Vorläufigen Verkehrszulassung, zu

Drucksache 17/14650 – 412 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 16
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erreichen. Das war Ziel und Streben des
Projektleiters während der Projektierungs-
phase.

Inge Höger (DIE LINKE): Und welche Vo-
raussetzungen mussten für diese vorläufige
Zulassung erfüllt sein?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Im Einzelnen
muss dazu der Leiter ML Stellung nehmen,
weil ich bin jetzt kein Zulassungsexperte.
Letztendlich wird geprüft, ob das System
entsprechend den luftfahrtrechtlichen Bedin-
gungen zusammengebaut wird, ob die ent-
sprechenden Subsysteme alle beitragen zur
Verkehrssicherheit, und das muss letztend-
lich der Gesamtmusterprüfer beurteilen. Der
stellt später dann auch eine Vorläufige Ver-
kehrszulassung aus. Diese Vorläufige Ver-
kehrszulassung heißt, dass unter bestimmten
Auflagen, die betriebsrechtlich gegeben sind,
eine hinreichende Verkehrssicherheit für das
Luftfahrzeug vorliegt.

Inge Höger (DIE LINKE): Sie haben ja
vorhin schon mal ausgeführt, dass es Pro-
bleme gab, in den USA die für die Zulassung
notwendigen Unterlagen zu bekommen bzw.
die Fertigungsschritte zu begleiten. Wann hat
sich das verändert, bzw. gab es dann wirklich
ausreichende Möglichkeiten, das zu prüfen?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Gut, das kann
ich im Umkehrschluss sagen. Durch vielfälti-
ges Nachfragen und Bohren und durch ent-
sprechendes Hinübersenden von Experten
haben wir es erreicht, dass wir einen hinrei-
chenden Grad von Einsichtnahme erreichen
konnten, sodass wir eine Vorläufige Ver-
kehrszulassung ausstellen konnten, bzw.
nicht ich, sondern der Leiter ML ausstellen
konnte.

Inge Höger (DIE LINKE): Während der
Fertigungsbeobachtung gab es ja massive
Hinweise auf Probleme des fehlenden Korro-
sionsschutzes, auf Probleme bei der Elektrik,
auf Probleme bei den Masseverbindungen.
Konnte das alles geheilt und abgestellt wer-
den?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Nun, bezüglich
Korrosion kann ich Sie beruhigen. Das ist ja
eine Langzeiterscheinung. Das hätte be-
stimmt im Rahmen der Serie noch korrigiert
werden müssen. Für die übrigen Dinge, was

die Verkabelung angeht, haben wir im Zu-
sammenhang mit der Bodenstation Defizite
erkannt, die dann auch durch entsprechende
Untersuchungen des TÜV Rheinland bestä-
tigt wurden, und wir haben dort vorläufige
Abhilfe geschaffen in den Bodenstationen.
Sonst hätten wir die Bodenstationen gar nicht
in Betrieb nehmen dürfen.

Inge Höger (DIE LINKE): Danke.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich gebe jetzt das Wort Bündnis 90/Die Grü-
nen. Herr Kollege Nouripour.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Herr Knöpfel, was wird derzeit
erprobt?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Zurzeit wird er-
probt, unter Nutzung des Trägers Euro
Hawk, das ISIS-Missionssystem. Wir haben
bestimmte vertraglich zugesicherte techni-
sche Spezifikationen. Die Industrie bereitet
sich auf diesen Abnahmeflug vor, der hof-
fentlich im August stattfinden wird, und dann
muss uns die Industrie nachweisen, inwie-
weit die technischen Spezifikationen, die
vertraglich geschuldet sind, auch erfüllt wer-
den.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Was passiert, wenn sie es nicht
tun werden?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Wenn sie es
nicht tun, dann können wir das System so
nicht abnehmen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wenn die Erprobung nun been-
det ist und es irgendwann ein alternatives
Trägersystem gibt, muss man dann neu er-
proben?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Wir sprechen
hier von einem integrierten SIGINT-System.
Wenn wir es in einen anderen Träger hinein-
bringen, dann muss man es in dieser neuen
Umgebung natürlich auch testen. Ich kann
nicht einfach ein Trägersystem nehmen und
hoffen, dass es in einer anderen Systemum-
gebung genau die gleichen Ergebnisse
bringt. Wir reden hier von Antennenverteilun-
gen, und das ist nicht immer ganz einfach zu
übertragen.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 413 – Drucksache 17/14650

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Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das heißt, die gesamte Integra-
tion müsste neu erprobt werden?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Nicht die ge-
samte Integration. Die Integration muss statt-
finden, und die technische Leistungsfähigkeit
muss nachher dann noch mal erprobt wer-
den, ja.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Was genau würde jetzt im Falle
dessen, dass es nicht funktioniert, dann nicht
abgenommen werden: das Trägersystem
oder das SIGINT-System?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Insgesamt wür-
den wir das System abnehmen, wenn die
Leistungsfähigkeit erfüllt wird. Wenn die
Leistungsfähigkeit erst mal nicht erfüllt wird,
dann können wir es so noch nicht abnehmen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Was genau meinen Sie mit „das
System“? Meinen Sie dann die Integration,
das integrierte System? Beides?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Beide Systeme,
also den Träger mit integriertem System, ja.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie haben vorhin davon gespro-
chen, dass die Fragen der Zulassung sich ja
beim Demonstrator von der Serie unter-
scheiden. Habe ich das richtig verstanden?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Noch mal: Dass
die - -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Dass die Fragen der Zulassung
sich beim Demonstrator unterscheiden von
den Zulassungsfragen bei der Serie.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Gut. Wie ich
vorhin sagte, ist die Prototypenprüfung eine
Teilmenge der umfassenden Musterprüfung.
Das heißt, es werden dort nicht alle Dinge
angesprochen, die später für eine Serie er-
forderlich sind, wenn ich beabsichtige, dieses
System für eine sehr lange Zeit zu nutzen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Können Sie ein Beispiel dafür
sagen, damit es - -

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja, zum Bei-
spiel die Korrosionsfestigkeit, die angespro-
chen wurde, oder die strukturelle Festigkeit.
Dort haben wir zum Beispiel einen Mangel
erkannt, weil der Hersteller aufgrund des
damaligen Vorgebens der US Air Force nur
einen sogenannten Faktor 1,2 berücksichtigt
hat, während unsere Zulassungsvorausset-
zungen einen Faktor 1,5 voraussetzen, um
eine entsprechende Böenfestigkeit zu haben.
Das kann man auch begründen; das müsste
man auch machen. Aber man könnte auch
ganz einfach strukturelle Verstärkungen
vorsehen, wie es zum Beispiel für die Serie
später vorgesehen war. Das heißt, auch da
hätten wir wieder eine technische Änderung
gehabt, um unsere Forderungen zu erfüllen.
Darauf hätte sich dann später die umfas-
sende Musterprüfung unter anderem auch
bezogen. Das wäre also jetzt sinnlos gewe-
sen bei dem Full Scale Demonstrator, der ja
nur eine wesentlich kürzere Lebenszeit be-
absichtigt hat.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Und diese Unterscheidungen der
Zulassungsfragen sind auch bekannt im Mi-
nisterium?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Davon gehe ich
aus.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie haben vorhin beschrieben,
warum die Zulassungskategorie 2 ja eigent-
lich ausreichend sei für den Demonstrator.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Es gibt keine
Zulassungskategorie 2. Es gibt eine flugbe-
triebliche Regelung, nach der ich ein ver-
kehrssicheres Luftfahrzeug betreibe. Ob ich
es jetzt nach Flugkategorie 2 oder 3 betreibe,
das ist eine Frage des Betriebs, nicht der
Zulassung. Für die Zulassung für einen Flug-
betrieb nach Kategorie 2 oder 3 brauche ich
ein jeweils gleiches verkehrssicheres Luft-
fahrzeug. Da gibt es keine Änderungen in der
Zulassungsordnung.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Damit ich das verstehe: Die Un-
terschiede zwischen Kategorie 2 und 3 sind
quasi der Unterschied zwischen Sollen und
Müssen.

Drucksache 17/14650 – 414 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 18
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Zeuge Rüdiger Knöpfel: Nein. Der Un-
terschied zwischen Kategorie 3 und 2 ist das
zurzeit noch allgemein fehlende Sense and
Avoid System wie dazugehörige luftfahrt-
rechtliche Zulassungen. Das heißt, wenn ich
ein unbemanntes Luftfahrzeug betreiben will,
fehlt mir die selbstständige Fähigkeit, zum
Beispiel das Manöver des letzten Augen-
blicks durchzuführen - deswegen, weil ich
nicht unmittelbar auf dieser selbstständigen
Ebene bin, nämlich als Pilot vorne im Cock-
pit -, eine entsprechende spätere Ausweich-
situation durchzuführen, die Notwendigkeit
aufgrund des Verlangens der bemannten
Luftfahrt. Dann soll dieses System in einem
gesperrten Luftraum fliegen, in dem es sol-
che Kollisionsmöglichkeiten eigentlich per
Logik gar nicht geben kann. Gut, das kann
immer noch passieren; aber deswegen sagt
man: Solange ein solches System, ein Sense
and Avoid, noch nicht vorhanden ist, betrei-
ben wir ein solches Luftfahrzeug nach Kate-
gorie 2.

Das bedeutet natürlich eine operationelle
Einschränkung für unbemannte Luftfahr-
zeuge, die aber bei unserem System keine
großen Auswirkungen haben, weil ich diese
Beschränkung nur für die Zeit der Start- und
Landesphase brauche. Für die operationelle
Tätigkeit ganz oben, wo keine Luftfahrzeuge
mehr sind, habe ich per se einen gesperrten
Luftraum, weil andere Luftfahrzeuge auf die
Höhe gar nicht kommen. Deswegen ist Kate-
gorie 2 keine Einschränkung für das Euro-
Hawk-System.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wir haben gelesen, dass es beim
Überführungsflug Probleme gegeben hat,
beispielsweise dass die Verbindung zum
System abgebrochen sei, dass auch, nach-
dem die Verbindung wiederhergestellt wurde,
die Höhe nicht mehr dieselbe war. Können
Sie das bestätigen? Und wenn ja: Gab es da
noch andere Probleme?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Nein. Das wa-
ren die beiden Probleme, die aber per se gar
nicht meldepflichtig sind. Das heißt, sie ha-
ben keine Zwischenfallqualität. Es lag daran,
dass uns ein Schlüssel der US-Amerikaner
falsch übermittelt wurde, sodass wir auf der
Primärfrequenz nach Übernahme der Flug-
führung durch die deutsche Bodenstation die
Primärfrequenz nicht nutzen konnten. Aber
wir haben Redundanzen dort eingebaut, und
so konnten wir dann auf einem Ausweich-

system das System hier nach Deutschland
überführen. Bei der Überführung dann nach
Deutschland, im deutschen Luftraum, kam es
kurzzeitig zu einem Verlust dieser Datenver-
bindung. Dafür ist das System auch vorge-
sehen; dann macht es einfach das, wofür es
programmiert wurde, und genau das hat es
gemacht.

Aus Gründen der schnellen Abwicklung
wurde damals ein vorzeitiger Abstieg durch
die Flugverkehrssicherung erforderlich ge-
macht. Das heißt, das System sank, und dort
trat kurzzeitig diese Funkstörung auf. Und da
hat das System gesagt: „Was mache ich,
wenn ich an diesem Punkt bin? Dann muss
ich eigentlich auf eine größere Höhe
steigen“, und das auch gemacht, genau so,
wie es vorgesehen und programmiert war.
Das waren keine technischen Aussetzer,
sondern das System hat so funktioniert, wie
es programmiert war und vorgesehen war.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Vielen Dank. - Jetzt kommt die CDU/CSU-
Fraktion. Herr Kollege Silberhorn.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Vielen
Dank, Frau Vorsitzende. - Herr Knöpfel, Sie
haben dargestellt, dass Ihr Vorgänger im Amt
als Projektleiter mit Ihnen zusammen die
Entscheidung getroffen hätte, dass man auf
eine umfassende Musterprüfung für den Full
Scale Demonstrator verzichtet und sich mit
einer bloßen Prototypprüfung begnügt. Sie
haben es damit begründet, dass dies ausrei-
chend wäre, um Ihren Auftrag zu erfüllen, die
Gesamtfunktionalität des Systems herzu-
stellen. Können Sie erinnern, wann genau
diese Entscheidung getroffen worden ist?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Genau? Sie ist
Anfang des Jahres 2010 getroffen worden.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Mit die-
ser Entscheidung ist, wenn ich es richtig
sehe, die Nutzungsmöglichkeit des Full Scale
Demonstrators zunächst beschränkt worden
auf die Erprobungsphase, um das Gesamt-
system operabel zu machen. Also war mit
dieser Entscheidung Anfang 2010, die hier
getroffen worden ist, auch klar, dass eine
weitere Nutzungsmöglichkeit des Full Scale
Demonstrators außerhalb dieser Erpro-
bungsphase zumindest offensteht?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 415 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 19
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Nein; denn
schon in den Voruntersuchungen war klar,
dass wir den Full Scale Demonstrator nur im
Rahmen einer Vorläufigen Verkehrszulas-
sung betreiben werden können, weil es das
Muster „Full Scale Demonstrator“ so gar
nicht geben würde. Auch die Anfangsflug-
befähigung - die Anfangsflugbefähigung, die
später stattfinden sollte - sollte im Rahmen
einer VVZ bei der Luftwaffe stattfinden.

Es war geplant, später im Rahmen der
Einführungsphase den Full Scale De-
monstrator auf den technischen Stand der
Serie hochzurüsten. Dann hätte er dem
Muster entsprochen und wäre unweigerlich
unter die sowieso dann schon vorhandene
Musterzulassung subsumiert worden. Es
wurde aber im Bereich dieser Projektie-
rungsphase zum damaligen Zeitpunkt schon
bekannt, dass wahrscheinlich der Aufwand,
den Full Scale Demonstrator auf den Serien-
standard später hochzurüsten, wahrschein-
lich auch in keinem wirtschaftlichen Verhält-
nis stehen könnte. Insofern war das aber
unschädlich, weil für die geplanten Nut-
zungsarten, nämlich Erprobung während der
Projektierungsphase und der Anfangsflug-
befähigung, eine Vorläufige Verkehrszulas-
sung vollkommen ausreichend war und auch
so geplant war.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Darf ich
nochmals nachfragen: Seit wann war klar,
dass der Full Scale Demonstrator nur für die
von Ihnen beschriebenen Zwecke eingesetzt
werden soll, nämlich die Gesamtfähigkeit des
Systems herzustellen und die Anfangsflug-
befähigung herzustellen?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das war von
Anfang an so weit klar.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Also,
ich frage noch mal nach, weil natürlich hier
die Frage nach dem Schaden entsteht. Es
wird ja argumentiert, ein Schaden wäre da-
durch entstanden, dass man jetzt nicht nur
die Serie nicht beschafft, sondern der Full
Scale Demonstrator keine Musterzulassung
hat. Sie sagen, es war von Anfang an klar -
das bedeutet, mit Beginn des Projekts von
2002 -, dass der Full Scale Demonstrator nur
für die Erprobung und Anfangsflugbefähi-
gung des Systems eingesetzt werden sollte.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: So ist es - vor-
behaltlich einer späteren Hochrüstung auf

den Serienstandard. Dann wäre er das fünfte
komplette Luftfahrzeug geworden, wie es
damals beabsichtigt war. Aber das hätte
einer technischen Nachrüstung bedurft.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Das
bedeutet, eine Einsatzfähigkeit des Full
Scale Demonstrators über die Erprobungs-
phase und Anfangsflugbefähigung hinaus
wäre nicht allein mit der Musterprüfung der
Serienflugzeuge erreichbar gewesen, aber
auch eine bloße Musterprüfung des Full
Scale Demonstrators hätte nicht ausgereicht,
um die Serie beschaffen zu können? Habe
ich Sie da richtig verstanden? Man hätte also
eine Musterprüfung der Serie machen müs-
sen - dazu frage ich gleich -; aber man hätte
sozusagen die Musterprüfung des Full Scale
Demonstrators nicht nutzen können, um eine
Musterprüfung der Serie zu erreichen?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Um das viel-
leicht näher zu erklären: Wenn man davon
ausgeht - das ist jetzt der Idealfall -, dass ich
ein marktverfügbares System nutze und das
nahezu unverändert als Full Scale De-
monstrator und nachher genauso unver-
ändert für die Serie nutze, dann hätte ich,
wenn ich die umfassende Musterprüfung für
den Full Scale Demonstrator weiter fortge-
trieben hätte, nachher zu Beginn der Serie
sofort auf eine umfassende Musterprüfung
zurückgreifen können und hätte sofort eine
Musterzulassung für die Serie gehabt.

Wir haben aber sehr schnell gemerkt,
dass sich die technischen Unterschiede des
Full Scale Demonstrator - allein schon, was
ich vorhin sagte, mit Anti-Icing und anderen
Zusatzanlagen, auch einer höheren Zuver-
lässigkeit des Flugkontrollsystems, anderen
Eiswarnern und so was - schon erheblich
unterschieden hätten. Das heißt, eine Mus-
terprüfung für den Full Scale Demonstrator
wäre in großen Teilen sinnlos geworden. Wir
haben uns auf den Teilbereich, auf die Teil-
menge der Musterprüfung, nämlich die Pro-
totypenprüfung, dort beschränkt, weil dies
ausreichend ist für eine Vorläufige Verkehrs-
zulassung, die natürlich für den Anfangsflug-
betrieb nachher mit einer höheren Stunden-
anforderung auch noch weitergetrieben wor-
den wäre. Es wäre rausgeschmissenes Geld
gewesen, wenn wir diesen Muster-FSD, den
es gar nicht geben sollte, weiter verfolgt hät-
ten.

Später, mit der Serie, mit dem Fest-
schreiben eines Musters, hätten wir dann die

Drucksache 17/14650 – 416 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 20
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

umfassende Musterprüfung, aufbauend auf
der Teilmenge, die wir schon gemacht ha-
ben, weiter fortgeführt. Dann wäre im Zuge
der Einführungsphase noch zu entscheiden
gewesen, ob wir den Full Scale Demonstra-
tor auf den gleichen technischen Stand ge-
hoben hätten wie die Serie, oder wir hätten
ihn so belassen und weitergeflogen, bis es
nicht mehr geht.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Also,
darf ich noch mal wiederholen, auch wenn es
vielleicht etwas schwierig ist; aber ich will es
nur verstehen: Es ging Ihnen von Anfang an
überhaupt nicht um die Musterzulassung, um
die Musterprüfung des Full Scale De-
monstrators, sondern es ging allenfalls um
die Frage, ob man die Serie mit Musterprü-
fung zulässt? Und dann wäre die Frage ent-
standen, ob man den Full Scale Demonstra-
tor hochrüstet. Aber da haben Sie gesagt:
Das war Ihnen auch von Anfang an klar,
dass das mit Mehrkosten verbunden wäre.

Dann stellt sich natürlich für das Parla-
ment trotzdem die Frage: Was macht man
denn mit dem Full Scale Demonstrator,
nachdem er für viel Geld gekauft worden ist?
Gibt es denn außerhalb der Erprobungs-
phase eine Nutzungsmöglichkeit? Was
wäre - Sie haben ja einige Hinweise gege-
ben - nach Ihrer Einschätzung die einfachste
Möglichkeit, wenn man das politische Ziel
verfolgen wollte, den Full Scale Demonstra-
tor nicht zu verschrotten, sondern ihn, so-
lange er betriebsfähig ist, einsatzfähig zu
halten?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Nun, das Ziel
war, einen Full Scale Demonstrator nicht nur
für die Erprobungszwecke zu bauen, son-
dern, mit dem Wissen, dass die Serie so-
wieso etwas später zuläuft, diesen Bereich
der totalen Fähigkeitslücke dadurch zu über-
brücken, dass wir die sogenannte Anfangs-
flugbefähigung - auch besser bekannt unter
diesen CLS-Verträgen - eingerichtet haben.
Das heißt, dort sollte in eingeschränktem
Maße - weil ein Full Scale Demonstrator
natürlich nicht vier Flugzeuge ersetzen
kann - zumindest diese erhebliche Fähig-
keitslücke abgemildert werden durch opera-
tionellen Einsatz. Das heißt, die Luftwaffe
hätte das Flugzeug so betrieben, wie es
später alle vier Luftfahrzeuge auch betrieben
hätte, im Rahmen der zulässigen flugbetrieb-
lichen Möglichkeiten; denn die VVZ gibt
natürlich nicht den gesamten Bereich frei.

Das war von Anfang an vorgesehen und
auch jeweils nur mit einer Vorläufigen Ver-
kehrszulassung. Im Zuge der späteren Ein-
führung der Serie - das war das Ziel während
des Vertragsschlusses - sollte dann der Full
Scale Demonstrator auf den gleichen techni-
schen Standard wie die Serie hochgerüstet
werden. Dann wäre ganz automatisch dieser
Full Scale Demonstrator unter die Musterzu-
lassung gefallen, weil es ja dann dem Muster
entsprochen hätte.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Gehört
es denn auch zu Ihren gegenwärtigen Auf-
gaben, die Frage zu beantworten, was man
mit dem beschafften Full Scale Demonstrator
nach der Erprobungsphase zu tun gedenkt?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Zu meinen Auf-
gaben gehört es, nachzufragen, was denn
beabsichtigt ist nach dem 30. September,
und ich kann Vorschläge machen. Entschie-
den wird das im BMVg.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Sie ha-
ben angedeutet, dass Sie eine Ausnahme-
genehmigung für möglich erachten, um die-
sen Full Scale Demonstrator weiter nutzen
zu können. Halten Sie es auch für möglich,
dass man eine Verwendung dieses Full
Scale Demonstrators in ähnlicher Form wie
die AWACS-Flugzeuge überlegt, dass man
das gemeinsam mit NATO-Partnern macht,
gegebenenfalls auch in Italien stationiert?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das sind - -

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Das
sind politische Entscheidungen. Ich frage
nach den technischen Möglichkeiten, die Sie
aus Ihrer fachlichen Sicht beurteilen können.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Also, wenn ich
davon ausgehe, dass ich eine nachgewie-
sene Verkehrssicherheit im Rahmen der VVZ
habe, dann kann ich, wenn andere Länder
genau diese verkehrsrechtliche Zulassung
anerkennen, eigentlich weltweit fliegen. Die
Frage ist nur, ob das geschieht. Das kann ich
jetzt noch nicht beurteilen; das müsste dann
im Einzelnen geprüft werden.

Auch eine Stationierung in Sigonella -
wenn die Italiener einverstanden sind, mit
unserem jetzigen technischen Zustand das
Luftfahrzeug zu betreiben, oder wir betreiben
es dort unten -, das wäre alles möglich. Das

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 417 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 21
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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ist nicht ausgeschlossen. Wir haben ja eine
nachgewiesene Verkehrssicherheit.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Ich
hätte noch einige Fragen zur Serienbe-
schaffung. Wenn im Jahr 2011 klar war, dass
erhebliche Mehrkosten zu erwarten sind, die
Sie ausschließlich auf die Serienbeschaffung
bezogen haben, warum hat es dann so lange
gedauert, bis man erst im Januar 2013 diese
zweite Zwischenentscheidung vorgelegt hat,
die aus dieser Erkenntnis aus dem Jahr 2011
Konsequenzen gezogen hat?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Nun, es gehört
ja zu den Aufgaben eines Projektleiters, nicht
nur Probleme aufzuzeigen, sondern auch
Vorschläge zu machen, wie man sie lösen
könnte. Beitretender Faktor war hier beim
Festhalten an einer umfassenden Muster-
prüfung der damit verbundene wirtschaftliche
Aufwand. Was wäre also möglich gewesen
im Rahmen unserer bestehenden Regula-
rien, eventuell alternative Zulassungsmög-
lichkeiten durchzudenken? Denn vor dem
Hintergrund dessen, dass die USA dieses
System ja - also nicht den Euro Hawk, aber
den Global Hawk in der abbildenden Ver-
sion - sehr erfolgreich in ihren Einsätzen
verwendet haben, muss es doch irgendwie
eine Möglichkeit geben, dass wir das auch
schaffen.

Das war die Motivation dafür, nachzufra-
gen: Was können wir gegebenenfalls im
Rahmen unseres gegebenen Regularien-
werkes oder darüber hinausgehend schaffen,
um diesen wirtschaftlichen - ich sage nur:
wirtschaftlichen - Mehraufwand zu reduzie-
ren? Denn die technische Unmöglichkeit war
ja keinesfalls infrage gestellt. Wir haben ein
System - wenn die technischen Erprobungen
das entsprechend zeigen -, ein funktionie-
rendes System, das wahrscheinlich die Fä-
higkeitslücke entsprechend mindern, wenn
nicht gar füllen wird. Deswegen war unser
Bestreben, zu untersuchen: Wie können wir
diesen wirtschaftlichen Mehraufwand redu-
zieren, damit die Realisation einer entspre-
chenden Serie doch noch möglich wäre? Das
geht natürlich nicht von heute auf morgen.

Zweitens haben wir ja begleitend die Er-
probung durchgeführt, weil das Ziel, der
Nachweis, die Gesamtfunktionalität noch zu
zeigen, ja noch ausstand - das ist ja bis jetzt
auch noch nicht geschehen -, das heißt, das
eigentliche Ziel der Projektierungsphase
fortzuführen. Mit dem Gedanken an die Serie

ist nicht unbedingt das Scheitern der Projek-
tierungsphase gekoppelt.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Ich
möchte auch hier gerne noch mal nachha-
ken. Sie haben ja weiterhin den Auftrag, die
Fähigkeit zur Verfügung zu stellen, Nach-
richtenübermittlung und Aufklärung zu leis-
ten. Gehe ich recht in der Annahme, dass die
Entscheidung, die Serie nicht zu beschaffen,
mit Überlegungen verbunden ist, eine alter-
native Lösung zu finden, um diese Fähigkeit
bereitzustellen?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Spielen
insoweit nur wirtschaftliche Überlegungen
eine Rolle, also Mehrkosten beim Euro Hawk
auf der einen Seite gegenüber einem mög-
licherweise eigenen System, das auch Kos-
ten verursacht, aber dann ein eigenes ist?
Und inwieweit spielen technische Überlegun-
gen neben den wirtschaftlichen Aspekten
eine Rolle? Sie haben vorhin angedeutet,
dass das System Global Hawk auch weiter-
entwickelt worden ist von den Amerikanern.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Gut. Zu Anfang
sagte ich schon, dass ich Projektleiter im
Projekt SLWÜA bin; das ist nicht gleichbe-
deutend mit Euro Hawk. Wir sind weiterhin
dazu aufgerufen, die Fähigkeitslücke zu de-
cken; das heißt auch, das Projekt SLWÜA
geht weiter. Wir haben jetzt den Handlungs-
strang Euro Hawk verlassen, weil wirtschaft-
liche Abwägungen dazu geführt haben, die
Serie nicht zu beschaffen. Gleichzeitig bin ich
dazu aufgerufen, im Rahmen eines inte-
grierten Project Teams Alternativlösungen zu
untersuchen, inwieweit das von Deutschland
entwickelte ISIS-System in einen alternativen
Träger eingebaut werden kann. Diese Unter-
suchungen sind bei weitem noch nicht abge-
schlossen. Dort haben wir neben wirtschaft-
lichen Interessen natürlich auch die techni-
sche Realisierung zu bewerten und zu unter-
suchen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ich hätte
noch einmal eine Frage. Sie erproben ja
auch das deutsche Aufklärungssystem ISIS
zurzeit.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja.

Drucksache 17/14650 – 418 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 22
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Markus Grübel (CDU/CSU): Welche
Konsequenzen hätte ein Abbruch vor von mir
aus einem Jahr für das deutsche Aufklä-
rungssystem ISIS gehabt?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja, gut, die
Aufgabe des Projektleiters ist es, die Ge-
samtfunktionalität darzulegen. Ein Teilaspekt
war, die technischen Spezifikationen oder die
Realisierung der technischen Spezifikationen
des ISIS-Systems nachzuweisen. Hätten wir
vor einem Jahr abgebrochen, dann hätte ich
gar nichts gehabt. Ich hätte ja noch nicht mal
eine Aussage treffen können, ob das irgend-
wie funktioniert. Ich kann jetzt auch noch
keine belastenden Aussagen dazu geben;
das wird erst Ende September sein. Aber
Ende September haben wir dann eine hof-
fentlich solide Aussage über die Fähigkeit
des ISIS-Systems in der FSD-Spezifikation.
Das ist noch nicht die Gesamtspezifikation
gemäß der Abschließenden Forderung. Aber
um überhaupt eine Aussage zu machen und
eine Wertigkeit oder Aussage zu treffen: Ja,
es lohnt sich, mit diesem System weiterzu-
machen in einem alternativen Träger, dazu
werde ich erst Ende September in der Lage
sein.

Markus Grübel (CDU/CSU): Um es in
Zahlen auszumachen: Wir sprechen ja von
Kosten der Erprobungsphase von etwas
mehr als 500 Millionen Euro, für das Aufklä-
rungssystem rund die Hälfte. Dann wäre
diese Hälfte sicher verloren gewesen, wenn
man zum Beispiel vor einem Jahr die Erpro-
bung eingestellt hätte?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Wenn ich da-
von ausgehe, dass die Gesamtfunktionalität
nachgewiesen werden muss, dann habe ich
zu dem Zeitpunkt die flugmechanischen Fä-
higkeiten des Trägers nachgewiesen, aber
wofür? Das ist kein Selbstzweck. Ich brauche
die flugmechanischen Fähigkeiten, um nach-
zuweisen, dass es ein hinreichender Träger
für das ISIS-System ist. Wenn ich vor einem
Jahr abgebrochen hätte, hätte ich zwar ge-
wusst, ja, das Flugzeug kann fliegen. Aber
wofür kann es fliegen? Das hätte ich nicht
sagen können. Insofern wäre es eigentlich
ein Gesamtverlust gewesen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ich frage da-
rum: Dann wäre sozusagen der Gewinn, ein
paar Millionen für die Erprobungsphase ein-

zusparen, mit einem Verlust von mindestens
250 Millionen Euro erkauft worden?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Je nach Sicht-
weise ist das auch eine mögliche Interpreta-
tion, ja.

(Heiterkeit)

Markus Grübel (CDU/CSU): Ja, „eine
mögliche Interpretation“ ist eine ein bisschen
schwache Formulierung. Widerspricht meiner
Interpretation irgendwas Gravierendes aus
der Fachsicht?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Nein.

Markus Grübel (CDU/CSU): Das ist mehr
als eine Interpretation, okay. - Damit hätten
wir keine Fragen mehr.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Da es von der CDU/CSU keine Fragen mehr
gibt, der Kollege Bartels von der SPD.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Also,
250 Millionen wären verloren, ISIS-Investi-
tionsmittel, wenn der Full Scale Demonstra-
tor, das Euro-Hawk-System nicht kommt. Es
kommt ja nun nicht.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Nein, es wäre
verloren gewesen, wenn wir die ISIS-Erpro-
bung nicht weiter fortgeführt hätten. Zu ir-
gendeinem Zeitpunkt hätten wir entscheiden
müssen, ob wir das ISIS-System gegebe-
nenfalls in der Serie oder in einem alterna-
tiven Trägersystem weiter fortgeführt hätten.
Ohne diese letztendlichen Untersuchungen
und Bewertungen hätte ich ja nichts in der
Hand gehabt. Ich hätte nur sagen können:
Ja, ja, das könnte vielleicht was werden. -
Aber es bedarf immer einer weiteren Erpro-
bung, um die technische Spezifikation zu
erhärten.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Es ist
eine Frage der Vertragsgestaltung. Es gab
einen Vertrag mit der EuroHawk GmbH, an
der beide Firmen hingen. Einen Vertrag mit
EADS, die das ISIS-System herstellen, kön-
nen Sie natürlich jederzeit schließen. Was
das dann kostet, ist die nächste Frage.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Richtig, ja.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 419 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 23
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Es wird
dann ja auch die nächste Frage sein, was es
kostet, um das ISIS-System in ein anderes
Trägermodell einzubauen. Das wird dann
auch wieder EADS machen müssen, weil die
ja das ISIS-System entwickelt haben. Rich-
tig?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: So ist es.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja. Und
ISIS, da wissen Sie noch gar nicht, ob das
ein gutes System ist, weil Sie sagten ja eben,
das wissen Sie erst im September, wenn
alles erprobt ist.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Belastbar kann
ich Ihnen das erst Ende September sagen,
und zwar hinsichtlich der technischen Spezi-
fikation. Die operationelle Einsatzfähigkeit
kann ich im Rahmen der jetzigen zur Verfü-
gung stehenden Flüge nicht nachweisen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sind ir-
gendwelche Verträge gekündigt worden?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Nein, wir haben
keine Verträge gekündigt. Wir haben Einzel-
kündigungen ausgeführt für bestimmte An-
teile, die jetzt mit der Aufhebung des An-
fangsflugbetriebs gar nicht mehr notwendig
gewesen wären, zum Beispiel Ausbildungs-
abschnitte. Die haben wir schon gekündigt,
und die werden nicht mehr durchgeführt.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): An wen
melden Sie?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ich melde über
die Hierarchie des BAAIN an das BMVg AIN
V 5.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Bekom-
men Sie Rückläufe, was mit Ihren Meldungen
geschieht?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Zum Teil. Wenn
es für uns aus Sicht des BMVg relevant ist,
bekommen wir auch Rückläufer, ja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Also, be-
kommen Sie Rückläufe?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ich bekomme
Rückläufer, ja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Welche
Diskussion hat es gegeben, Serie beschaffen
oder darauf verzichten?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Da gab es er-
hebliche Diskussionen, weil wir ja beitragend
die Zulassungsproblematik mit den entspre-
chenden wirtschaftlichen Bewertungen bei-
getragen haben.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Was war
da Ihre Position?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Meine Position
war, dass wir gesagt haben, wir sollten, um
den wirtschaftlichen Aufwand zu reduzieren,
Alternativmöglichkeiten der Zulassung zu-
nächst eruieren und die Entwicklung des
ISIS-Systems, das heißt die Projektierungs-
phase, bis zu einem Abschluss dort fort-
führen, um eine Aussage über die ISIS-
Leistungsfähigkeit zu bekommen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): ISIS-Leis-
tungsfähigkeit in einem Global Hawk?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: In einem Euro
Hawk, ja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja, das ist
der Global Hawk als Flieger.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Es wird
nun in ein anderes Flugzeug eingebaut
werden müssen; die Entscheidung ist ja
getroffen, die Entscheidung, dass es nicht
mit dem Global Hawk verheiratet wird.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Die Entschei-
dung ist getroffen worden, den Handlungs-
strang Euro Hawk nicht weiter fortzuführen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Gegen
Ihren Rat?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Gegen
Ihren Rat?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Nein, ich habe
empfohlen - -

Drucksache 17/14650 – 420 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 24
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sie
wollten eine alternative Zulassung für die
Serie.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Wir sollten für
die Serie einen alternativen Zulassungsweg
führen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das war
Ihr Rat?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja, genau.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Was wäre
dieser alternative Zulassungsweg gewesen?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Da waren es
zwei Handlungsmöglichkeiten: Die eine war
auf Basis der Nummer 316, und dort auch in
entsprechender Auslegung. Das heißt, so
wie es dort formuliert war, eine Zulassung
über die Luftwaffe zu bekommen, das ist
praktisch so ein analoger Weg, so wie es die
USA machen, das heißt ein risikobasierter
Ansatz, basierend auf einer Sicherheits-
bewertung der Zulassungsstelle und seines
Leiters ML. Der Unterschied ist, dass wir bei
einer regulären Musterprüfung dezidiert Teil
für Teil für Teil mathematisch nachweisen
müssen, dass es den entsprechenden Zu-
wachs zur Gesamtsicherheit bringt, und
deswegen auch alle Unterlagen brauchen.
Bei dem anderen Ansatz wäre der Ansatz
gewesen, diese Teilzulassung oder die Zu-
lassung der US Air Force, dieses Airworthi-
ness Certificate, das heißt Verkehrssicher-
heitsnachweis, also keine Musterzulassung -
der Global Hawk hat keine Musterzulas-
sung -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Auch in
den USA nicht?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: - in den USA
nicht -, aber diese gesamte auch aus opera-
tionellen Risikobetrachtungen erfolgte Zulas-
sung als Teilbaustein zu nehmen, um dann
die entsprechenden Unterschiede vom Glo-
bal Hawk zum Euro Hawk noch mal einzeln
zu beleuchten.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Verant-
wortung Inspekteur der Luftwaffe, nicht mehr
Verantwortung WTD 61?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja, weil das so
geschrieben war. Diese operationelle Be-
trachtung, das heißt, ich akzeptiere be-
stimmte Risiken, ich bin mir über die Auswir-
kungen, die Eintrittswahrscheinlichkeit, ba-
sierend auf einer Sicherheitsbewertung unse-
rer Zulassungsstelle, bewusst. Ich akzeptiere
das, um den operationellen Nutzen zu be-
kommen. Das ist die gleiche Logik, so wie es
die US Air Force macht. Ich akzeptiere das
Risiko und stelle damit eine Verkehrszulas-
sung aus zum Erhalt der Einsatzbereitschaft
der Bundeswehr. Das war ein Handlungs-
weg.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ich will es
gar nicht so lange, ich brauche es erst mal
sozusagen zum Verstehen und Nachvoll-
ziehen.

Dafür brauchen Sie dann, wenn so eine
durch den Luftwaffeninspekteur gezeichnete
Zulassung da ist, im Falle des Einsatzes in
irgendwelchen Einsatzgebieten Überflug-
genehmigungen, die Sie einholen müssen
mit dieser Zulassung. Das hat schon nicht
gut geklappt beim Überführungsflug des Full
Scale Demonstrator nach Deutschland.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja, ob es nicht
so gut geklappt hat, das wage ich jetzt zu
bezweifeln; denn wir hatten die Berechti-
gung, über den gesamten kanadischen Luft-
raum zu fliegen von West bis nach Ost. Also
das ging.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Warum
nicht über den amerikanischen?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das ist jetzt
wieder Vermutung; da müsste ich passen.
Aber es gab Probleme zwischen der Luft-
waffe und der FAA, die aber intern zu klären
sind. Das ist mein Kenntnisstand; mehr kann
ich dazu nicht sagen. Wir haben es auf alle
Fälle geschafft, wir sind in den USA geflo-
gen, wir haben da die gesamten Erprobun-
gen durchgeführt, und wir haben auch das
Teil von Edwards Air Force Base bis zur
Westküste geflogen. Also da sind wir auch
drüber geflogen, ging also auch. Damit hät-
ten wir eine Herausforderung gehabt; aber
durch die entsprechende Risikobewertung
und der Aussagekraft des Inspekteurs Luft-
waffe schien uns das zumindest als eine
mögliche Handlungsalternative, die wir mal
untersuchen sollten.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 421 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 25
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Woran ist
das gescheitert?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Gescheitert ist
es noch gar nicht. Es war bis zu dem Zeit-
punkt - -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Die
Rechtsabteilung hat sich geäußert, und das
Ministerium verfolgt es ja nun nicht. Also ist
es gescheitert.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja, die Rechts-
abteilung hat Folgendes gesagt: dass das
Regelwerk so, wie es jetzt geschrieben ist,
für einen langfristigen Betrieb nicht ausreicht.
Das wussten wir auch, weil in den Vorschrif-
ten steht drin, dass dieses Verfahren möglich
ist, solange noch keine Musterzulassung
erfolgt ist. Wenn man aber weiß, dass man
eine Musterzulassung aus wirtschaftlichen
Gründen nicht bekommt, -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Und
niemals bekommen wird.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: - dann scheitert
das an diesem Punkt. Aber das ist eine Vor-
schrift, die wir so geschrieben haben. Des-
wegen war verbunden mit diesem Weg auch
der Versuch, eine Ausnahmegenehmigung
im bestehenden Regelwerk zu erreichen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber da
ist technisch nicht monatelang irgendwas zu
prüfen, das muss man sozusagen in dem
Einstundengespräch rechtlich klären. Es ist
jetzt geklärt: Dieser Weg wird nicht verfolgt.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Dieser Weg
wird so weit nicht mehr verfolgt, weil die Ent-
scheidung zum Verlassen der Serie getroffen
wurde. Es war noch nicht abschließend ge-
regelt - das sagen auch die gesamten Sys-
teme -; aber die Bewertung aus meiner vor-
gesetzten Dienststelle war, dass wir jetzt
nicht weiter so machen können, sondern es
wurde gesagt, es besteht keine ausreichende
Aussicht, diesen Handlungsweg weiterzu-
verfolgen, weil wir zu diesem jetzigen Zeit-
punkt immer nur Risiken sehen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wie lange
hat es gedauert von Ihrem Vorschlag, diese
Ausnahmegenehmigung zu erwirken, bis zur
Entscheidung, das machen wir nicht?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Also die Nach-
frage nach einer konkreten Ausnahme-
genehmigung stand noch gar nicht an, son-
dern es gab ab März konkrete Gespräche mit
der Luftwaffe -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): März
2012?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: - Entschuldi-
gung, März 2012 -, konkrete Gespräche mit
der Luftwaffe, weil für die war das ja auch
Neuland, und dort wollten wir gemeinsam
diesen Weg erst mal untersuchen. Gegen
Ende des Jahres 2012 war dieser Prozess
noch nicht vollkommen abgeschlossen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das ist
aber sehr lange, oder?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Na ja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Für eine
rechtliche Klärung, keine technische Klä-
rung?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Es ist ja keine
ausschließlich rechtliche Klärung, sondern es
ist auch die Klärung, ob die Luftwaffe dazu in
der Lage ist, einen solchen Weg mit zu be-
schreiten. Für die ist das auch Neuland. Also,
ich möchte hier nicht der Luftwaffe vorwer-
fen, dass das zu lange gedauert hat.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Die
Luftwaffe hat das nie gewollt.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das weiß ich
nicht, jedenfalls - -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Oder
sagen Sie, was gab es da für Positionen in
der Luftwaffe?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Es gab meiner
Kenntnis nach eine Position, die dafür ge-
stimmt hat, das fortzuführen, weil das
schafften wir.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Auf der
Fachebene?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Auf der Fach-
ebene, ja. Und wie es in der übergeordneten
Stelle aussah, kann ich so nicht sagen. Ich
weiß, dass auf der anderen Fachebene - es

Drucksache 17/14650 – 422 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 26
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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gibt ja verschiedene Fachebenen - gesagt
wurde: Oh, das ist ein zu großer Aufwand,
das können wir wahrscheinlich so nicht
stemmen. - Deswegen war zu dem Zeitpunkt
Ende 2012 dieser Prozess noch ungeklärt.
Aber die Tendenz daraufhin - und das war
auch meine Empfehlung - war, dass dieser
Weg wahrscheinlich so schnell nicht zum
Erfolg führt, deswegen kein valabler Weg ist.
Deswegen hatte ich ja noch eine zweite Al-
ternative reingebracht, die zu dem Zeitpunkt
Ende 2012 natürlich auch noch mit Risiken
behaftet ist; denn sie verfolgte den Ansatz,
wenn ich keine Musterzulassung be-
komme - - Eine Musterzulassung setzt vom
damaligen Denken her auch eine große
Flotte voraus, klar, dann lohnt sich das.
Wenn ich aber nur von fünf Luftfahrzeugen
fliege, dann sind das insgesamt noch weni-
ger Prototypen, als ich damals für Tornado
hatte. Es ist ja wesentlich weniger, anstatt
der 259 Luftfahrzeuge, die wir damals hatten.
Da kam die Idee: Wenn ich Prototypen an
der WTD 61 in diesem Umfang mit Einzel-
zulassung betreiben kann, warum kann ich
das nicht mit einer Serie? Ansatzmäßig ein
schöner Gedanke, das heißt - -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Also eine
Serie aus fünf Prototypen?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Bitte?

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Eine
Serie aus fünf Prototypen.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja, genau, das
ist der logische Überbau. Um halt dann
diese - -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das war
aber alles irgendwie auch sehr nicht nur neu,
sondern - -

Markus Grübel (CDU/CSU): Ich verstehe
ja, es ist eine aufgeregte Stimmung -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Nein, wir
reden über die Zulassung.

Markus Grübel (CDU/CSU): - und Wahl-
kampf. Aber der Herr Bartels sollte wenigs-
tens den Zeugen ausreden lassen und
zweitens sich bewusst sein, wir haben hier
einen Zeugen. Das ist kein Angeklagter.
Diese Art, ihm ständig ins Wort zu fallen wie

in Gerichtshows, das ist vielleicht unan-
gemessen.

Wenn ich diesen Verfahrenshinweis ge-
ben darf an Sie, Herr Kollege Bartels, ihn
bitte einmal ausreden zu lassen und dann
vielleicht im Ton ein bisschen freundlicher.

(Zurufe von der SPD und dem
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Dann unterbreche ich die Sitzung. Wir ma-
chen eine Beratungssitzung. Bitte verlassen
Sie den Saal; die Zuschauer verlassen auch
den Saal.

(Unterbrechung des Sitzungsteils
Zeugenvernehmung, Öffentlich:
10.44 Uhr - Folgt Sitzungsteil
Beratung, Nichtöffentlich)

(Wiederbeginn des Sitzungsteils
Zeugenvernehmung, Öffentlich:
10.50 Uhr)

Fortsetzung der Vernehmung des
Zeugen Rüdiger Knöpfel

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröff-
net. - Kollege Bartels.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ich hoffe,
es ist kein Missverständnis eingetreten. Wir
sind ja im intensiven Gespräch, weil es uns
wirklich interessiert und Sie wirklich etwas
wissen.

Sie sind für das Gesamtprojekt der Pro-
jektleiter. Alternativen zu prüfen, liegt auch in
Ihrer Aufgabe?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das ist auch
eine meiner Aufgaben, ja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Welche
Alternativen sind geprüft?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Zurzeit ist der
Prozess noch nicht abgeschlossen, und so-
weit ich weiß, gehen die auch über den
Untersuchungsausschuss hinaus. - Ist das
korrekt?

(MR Andreas Conradi (BMVg): Es
würde jetzt darauf ankommen im
Grunde genommen, worum es jetzt
konkret geht!)

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Conradi, ich habe es nicht verstanden.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 423 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 27
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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MR Andreas Conradi (BMVg): Also, in
dieser Allgemeinheit, weiß ich nicht. Also,
Alternativen können wir, glaube ich, durch-
aus ansprechen. Gucken wir erst einmal.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wir reden
ja sozusagen über ein System, das aus
einem Flugzeug und der Missionssoftware
besteht. Über die Missionssoftware reden wir
dann, wenn sie in Alternativen eingebaut
werden soll. Insofern ist für uns interessant:
Welche Alternativen gibt es?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Entsprechend
den funktionalen Forderungen, wie sie in der
AF, der Abschließenden Forderung, auch
begründet wurden, untersuchen wir wieder
bemannte als auch unbemannte Systeme,
wobei bei den unbemannten Systemen na-
türlich immer noch entsprechende Heraus-
forderungen sind. Aber als bemannte Sys-
teme könnten wir uns ein schnelles Ge-
schäftsreiseflugzeug oder einen entspre-
chenden Mittelstreckenjet vorstellen, wobei
hier das Problem nachher die Antenneninte-
gration ist, und hier müssen wir einen mög-
lichst wirtschaftlichen Weg finden; denn man
sagt natürlich einfach: Wir nehmen ein zivil
zugelassenes Luftfahrzeug, prima, dann
haben wir die Zulassung schon. - Aber so-
bald ich dort eine militärische Schraube an-
setze, ist natürlich das wieder hinfällig. Das
muss alles wieder neu untersucht werden.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich habe ein kleines Problem mit der Laut-
sprecheranlage. Könnten wir die ein biss-
chen lauter stellen, geht das? Die Leute
oben hören nichts. - Herr Kollege Bartels.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Welches
unbemannte System untersuchen Sie?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Im Rahmen der
Möglichkeiten untersuchen wir zurzeit auch
ein Heron TP. Die einzige Herleitung dafür
ist: weil dieses System gegebenenfalls auch
im Rahmen einer anderen Ausrüstungslücke
noch betrachtet werden kann. Wenn wir
solch ein System haben, dann ist zu untersu-
chen, ob man das vielleicht nicht auch für
diesen Zweck nutzen kann, wobei das er-
hebliche Einschränkungen bedeuten würde;
aber es ist eine technische Alternative, die
wir untersuchen. Aber die abschließende

Bewertung wird erst gegen Ende des Jahres
vorliegen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Seit wann
betrachten Sie Alternativen?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Seitdem wir
beauftragt worden sind, und eine erste Be-
auftragung in diese Richtung war im Sep-
tember letzten Jahres. Dort wurde gesagt,
wir sollten mal eine Kurzstudie machen, zu
der wir Aussagen über die Integration des
ISIS-Systems in einen alternativen Träger
führen sollen. Dann gab es eine entspre-
chende Umklappentscheidung im Rahmen
der Steuerung von CPM alt auf CPM (nov.),
und dort bin ich beauftragt worden, ein IPT
zu gründen und entsprechende Untersu-
chungen auf der Basis der AF SLWÜA
durchzuführen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt gebe ich der FDP, dem Kollegen Spatz,
das Wort.

Joachim Spatz (FDP): Untersuchen Sie
auch die Integration in den Global Hawk?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Na ja, die Inte-
gration in den Global Hawk hat ja zum Euro
Hawk geführt. Insofern ist das eine recht
kurze Untersuchung. Was wir eventuell noch
betrachten, weil wir nicht alles ausschließen
wollen, ist die Betrachtung der US-Navy-
Variante, des Tritons, weil der erhebliche
weitere technische Fortschritte schon hat. Ob
das zu einer grundlegenden anderen Aus-
sage bezüglich der Zulassungsfähigkeit führt,
das ist noch zu untersuchen. Aber wir su-
chen nach allen Möglichkeiten. Der Hinter-
grund dafür ist, dass, wenn wir ein System
ähnlichen Typs zumindest betrachten, natür-
lich die Integration weniger aufwendig ist als
die in ein vollkommen neues Luftfahrzeug.

Joachim Spatz (FDP): Ich frage ja mit
dem Hintergrund, weil Sie vorhin auch an-
deuteten, es könnte ja gegebenenfalls eine
Lösung geben, die die NATO für den Global
Hawk erreicht. Wenn wir dann, ich sage mal,
die Frage Integration relativ schnell und
preisgünstig beantworten könnten, stellt sich
dann schon die Frage, ob man jetzt sagt: Wir
machen das, kleben vielleicht die NATO-
Flagge darauf und hätten eine funktions-

Drucksache 17/14650 – 424 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 28
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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fähige Alternative. - Ist das im Bereich des
Möglichen?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Im Bereich des
Möglichen eine NATO-Flagge daraufzu-
kleben, gibt es nicht, sondern es ist immer
das jeweilige Land zuständig, in dem die
Luftfahrzeuge stationiert wären. In diesem
Falle, wenn Sie auf den AGS anspielen, wäre
das die italienische Nationalflagge, die da-
raufgeklebt werden müsste. Ob das möglich
ist und im Sinne des Aufklärungsauftrages,
nämlich „German eyes only“, bliebe zu unter-
suchen. Aber es ist eine Möglichkeit, die zu
untersuchen wäre, ja.

Joachim Spatz (FDP): Es gibt ja auch
Reeder, die ausflaggen. Das ist auf jeden
Fall eine Sache, über die man - -

(Zuruf des Abg. Omid Nouripour
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

- Ja, ich meine das nur halb satirisch. Okay.
Was die Alternativen angeht, gehe ich

recht in der Annahme, wir wissen noch keine
technischen Lösungen abschließend, und wir
wissen natürlich auch noch keine Kosten-
rahmen abschließend? Ist das richtig?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das ist korrekt.
Abschließend wissen wir noch nichts, nein.

Joachim Spatz (FDP): Das heißt, was wir
wissen, sind - unterstellt, ISIS funktioniert,
sage ich mal als Arbeitshypothese - die 100
bis 600 Millionen, wenn wir in unserem jetzi-
gen Euro-Hawk-Gebiet geblieben wären?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja.

Joachim Spatz (FDP): Alle anderen
Dinge sind offen. - Okay. Zusammen mit den
ersten Ausführungen kann man sich ja da,
glaube ich, ein bisschen ein Bild machen.

Dann haben Sie gesagt: Der Demonstra-
tor - ich interpretiere das mal in meinen
Worten - ist schneller veraltet als Fluggerät,
als die Erprobungsphase abgeschlossen
worden ist. Ist das korrekt?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das entzieht
sich jetzt genau meiner Wahrnehmung.
Wieso soll der so schnell veralten?

Joachim Spatz (FDP): Na, weil Sie ge-
sagt haben, die Entwicklungen sind so

schnell fortgeschritten, dass darauf eine Se-
rie aufbauend nicht zu erwarten gewesen ist.
Das heißt für mich: Das Ding ist als Fluggerät
durch andere, bessere überholt worden, man
könnte auch sagen, veraltet.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Die techni-
schen zukünftigen Differenzen beziehen sich
nicht darauf, dass der Global Hawk in seinen
Ausführungen - Block 20, 30, 40 - dermaßen
schnell weiterentwickelt wurde. Da gibt es
kleine Sprünge. Der Block 40 hat eine ge-
wisse bessere Zuverlässigkeit in dem Flug-
kontrollsystem. Aber die Übereinstimmungen
zwischen Block 30, 40 und 20 liegen im 90-
Prozent-Bereich, und die Übereinstimmung
mit dem Euro Hawk FSD liegt so bei
70 Prozent. Insofern, von einer Überalterung
oder schnellen Alterung des FSD jetzt im
Rahmen der Projektierungsphase kann ich
nicht reden.

Wichtig ist, zu betonen, dass der techni-
sche Zustand der späteren Euro-Hawk-Serie
aufgrund der Zusatzforderungen und Er-
kenntnisse, die wir hatten im Zuge der Pro-
jektierungsphase - dazu dient ja auch die
Projektierungsphase, solche Erkenntnisse zu
gewinnen -, größer gewesen wäre, als wir es
zu Anfang des Projekts gedacht hatten.
Deswegen wäre ein Festhalten an einer um-
fassenden Musterprüfung für den FSD nicht
mehr sinnvoll gewesen.

Joachim Spatz (FDP): Na gut, welches
Etikett Sie daraufkleben, ist egal, ob veraltet
oder nicht. Ich habe es vielleicht ein bisschen
zugespitzt formuliert. Auf jeden Fall hat der
Fortschritt schneller stattgefunden, als man
gedacht hat.

Sie sagten, die Konzentration auf erst den
Demonstrator, um das, ich sage mal, tech-
nisch sicherzustellen, dann die Serie sei im
CPM so angelegt -

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja, ja. - Ent-
schuldigung.

Joachim Spatz (FDP): - und verbunden
mit der Erkenntnis, dass so ein Trägersystem
weniger schnell Schritt halten kann, als Er-
kenntnisse wachsen und Ähnliches. Glauben
Sie nicht, dass es da Änderungsbedarf an
diesem Prinzip CPM gibt, was uns ja gestern
von Herrn Scharping so als großes Allheil-
mittel hier präsentiert worden ist, weil solche
Effekte könnten ja auch an anderer Stelle
auftreten?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 425 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 29
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Zeuge Rüdiger Knöpfel: Gut, ganz zu
Anfang war festzustellen, dass mit dem Vor-
haben bzw. mit dem Projekt gewisse Risiken
verbunden sind. Um diese überschaubar und
einordbar zu machen, wurde halt das Hilfs-
mittel Projektierungsphase gewählt, um diese
Risiken abzuarbeiten und bei einer Beschaf-
fung sagen zu können: Jawohl, es sind nur
noch überschaubare oder kleine Risiken da.-
Denn es wäre ja fatal gewesen, wenn wir in
2007 schon die gesamte Serie beauftragt
hätten, in der Hoffnung: Ja, das wird schon
irgendwie. - Nein. Deswegen hat man gerade
dieses Hilfsmittel - im CPM 2010 als auch im
neuen CPM (nov.) ist ein ähnliches Vorgehen
vorgesehen -, zur Risikominimierung vor dem
großen Schritt der Beschaffung mitigierende
Schritte zu nehmen, und das ist zum Teil, wie
wir es in dieser Projektierungsphase vor-
haben, die Demonstration der Gesamtfunk-
tionalität mit den Einzelteilen, das heißt ISIS-
Integration, -Zulassung und allem Drum und
Dran, und bei einem haben wir jetzt festge-
stellt, wir können es nicht ausreichend wirt-
schaftlich reduzieren. Deswegen kam die
Entscheidung: Wir gehen diesen Schritt in
Richtung Euro-Hawk-Serie nicht mehr weiter.
- Das ist so, wie es im Bilderbuch vorgese-
hen ist, genau so.

Joachim Spatz (FDP): Okay. - Der Kol-
lege Krestel macht weiter.

Holger Krestel (FDP): Herr Knöpfel, ich
möchte mich noch mal auf den Dialog zwi-
schen Ihnen und dem Kollegen Bartels be-
ziehen. Da ging es ja um die Frage, warum
der Demonstrator bei dem Überführungsflug
den kanadischen Luftraum nutzen musste.
Sie sprachen da von Schwierigkeiten zwi-
schen der Luftwaffe und der FAA. Mich
würde jetzt mal interessieren: Welche
Schwierigkeiten oder Animositäten gibt es
denn zwischen der Luftwaffe und der FAA
wegen der Nutzung des Luftraumes der Ver-
einigten Staaten, und warum darf denn ge-
gebenenfalls das US-amerikanische Modell
den Luftraum der Vereinigten Staaten nutzen
und der doch ebenfalls bei Northrop Grum-
man gebaute Demonstrator darf das nicht
oder nur ungern, weil er den kürzesten Weg
benutzen musste, um da rauszukommen?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Okay.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Moment. - Herr Conradi, bitte.

MR Andreas Conradi (BMVg): Frau Vor-
sitzende, ich hielte die Frage für zulässig,
wenn sie diesen konkreten Flug im Zusam-
menhang mit den Entwicklungsfragen Euro
Hawk beträfe. Die Grenze würde ich da se-
hen, wo es sozusagen um die allgemeinen
Animositäten irgendwie zwischen der FAA
und der deutschen Zulassungs- - -

(Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Könnten Sie mehr ins
Mikrofon sprechen?)

- Ich sagte, ich würde die Frage für zulässig
erachten, wenn sie sich auf den konkreten
Überführungsflug im Zusammenhang mit den
Entwicklungsfragen Euro Hawk bezieht. So-
zusagen die allgemeine Zusammenarbeit
zwischen der FAA und den deutschen Stel-
len würde ich hier nicht für vom Untersu-
chungsgegenstand gedeckt sehen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Krestel.

Holger Krestel (FDP): Es ging natürlich
um diesen Flug, weil das ja auch der einzige
war, auf den die Frage passen würde, und
ich habe die Formulierung nur so gewählt,
weil sie vom Zeugen so in die Sitzung jetzt
mehr oder weniger eingebracht wurde.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Jetzt darf ich.
Okay. - Erst mal möchte ich eines klarstellen:
Es geht nicht um Animositäten zwischen der
FAA und der Luftwaffe oder unserer deut-
schen Zulassungsbehörde, sondern es geht
um Differenzen zwischen der US Air Force
und der FAA. Das liegt einfach daran, dass
im Gegensatz zu uns, die wir eine rein zivile
Luftraumordnung haben, an der wir als Mili-
tärs teilnehmen dürfen - zumindest in Frie-
denszeiten; im Spannungsfall würde das
genau andersrum sein - - Aber da sagen die
Zivilsten, die Deutsche Flugsicherung, wo es
langgeht. In den USA ist das anders. Dort
gibt es entsprechende Übereinkommen. Aber
die US Air Force hat ihre eigene Hoheit. Und
da steht die in ständiger Konkurrenz zur
FAA.

Die US Air Force hat ihre eigene Zulas-
sung, kann entsprechend ihren eigenen Vor-
gaben den ihr zugewiesenen Luftraum nut-
zen. Bei uns handelt es sich um eine auslän-
dische Zulassung, nämlich eine deutsche

Drucksache 17/14650 – 426 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 30
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Vorläufige Verkehrszulassung. Und somit
waren wir den Regularien der FAA unter-
worfen, nicht der US Air Force. Und bis zum
Zeitpunkt der Flugplanung - das war bis zum
Freitag; am Montag sollte die Überführung
stattfinden - war der FAA die gesamte Flug-
planung bekannt, bis 12.30 Uhr. Und um
16.30 Uhr wurde uns mitgeteilt, dass sie das
so nicht akzeptieren könne.

Die Gründe hierfür sind mir nicht in allen
Details bekannt. Es gab in dieser Hinsicht
Aussagen: „Ja, da haben die sich ein biss-
chen gekabbelt.“ Jedenfalls haben wir es
innerhalb eines Wochenendes geschafft, die
Flugplanung umzuändern, und hatten die
Bereitschaft auch der Kanadier, ihr gesamtes
Staatsgebiet zu nutzen. Und deswegen ha-
ben wir als sogenanntes Zivilluftfahrzeug im
Sinne der FAA diesen Weg - den etwas län-
geren Weg - genutzt, aber konnten damit
erfolgreich das Luftfahrzeug überführen.

Holger Krestel (FDP): Danke, dass wir
das mal klargestellt haben.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön. - Jetzt kommt Die Linke. Frau
Kollegin Höger.

Inge Höger (DIE LINKE): Ja, Herr
Knöpfel, ich möchte noch mal ein bisschen in
die Anfangszeiten zurückkommen. Herr
Schneiderhan hat uns hier gestern gesagt,
dass 2004, als beschlossen wurde sozusa-
gen, dieses Projekt in Auftrag zu geben und
das Ganze vorzubereiten, ihm klar gewesen
sei, dass man eine Luftzulassung unbedingt
braucht, weil halt in der heutigen Zeit so viel
Verkehr ist, dass man nicht so einfach davon
ausgehen kann, dass man mit einer militäri-
schen Zulassung alleine klarkommt.

Meine Frage daran anschließend: Sie wa-
ren ja dann in der Abteilungsleitung Planung
mit der Vertragsgestaltung befasst. Gab es
schon vor Vertragsabschluss Bedenken, also
zum Beispiel wegen des Sense and Avoid
Systems, dass es Schwierigkeiten gäbe, das
zu integrieren, oder dass es sonstige Pro-
bleme geben würde? Weil es im Vertrag ja
noch drinsteht, dass die EuroHawk GmbH
die Voraussetzungen für die zivile Luftzulas-
sung zu gestalten hat und sicherzustellen
hat.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Im Vertrag
steht, dass sich der Unterauftragnehmer
einer umfassenden Musterprüfung zu unter-

ziehen hat. Das heißt, er muss die Zulas-
sungsbestrebungen seitens der deutschen
Regierung unterstützen. Das ist seine Bring-
schuld.

Wir streben keine Zivilzulassung für den
Euro Hawk an, sondern wir bewegen uns im
Regulariumsraum Luftverkehrsgesetz § 30
und können dort nach eigenem militärischem
Ermessen auf Basis der ZDv 19/1 zulassen.
Das heißt, es war von Anfang an immer eine
militärische Zulassung geplant. Aber egal ob
zivile oder militärische Zulassung: Beide
Zulassungen müssen die Verkehrssicherheit
zur Teilnahme am Luftverkehr bestätigen.

Insofern gab es zu Beginn der Zeit - - Und
das beruht auch nur auf meiner Lektüre; da
war ich noch nicht im Programm enthalten

(Heiterkeit)

oder habe noch nicht mitgespielt. Deswegen
war von Anfang an immer klar, dass wir eine
luftfahrtrechtliche Zulassung welcher Form
auch immer benötigen, um unseren Auftrag
zu erfüllen. Naheliegend war, dass es eine
militärische Zulassung sein muss. Und im
Zugriff auf die gegebenen Regularien konnte
es nur eine Musterzulassung und eine darauf
basierende Verkehrszulassung geben.

Und da wir von einer umfassenden Mus-
terprüfung ausgehen, ist natürlich auch der
wirtschaftliche Aufwand damals schon in der
Diskussion gewesen. Und es gab zeitweise
die Idee einer vereinfachten Musterprüfung.
Das heißt, man legt eine gegebene Muster-
zulassung eines ausländischen Staates, zum
Beispiel der US Air Force, zugrunde und baut
dann nur noch die entsprechenden Differen-
zen darauf auf. Das war leider nicht mehr
möglich, sodass man im Jahr 2006 auch
wieder auf die umfassende Musterprüfung
zurückgeschwenkt ist, und zwar für die Serie,
für die später geplante Serie.

Insofern: Ja, es gab schon damals Pro-
bleme. Und deswegen ist es ja auch in der
AF und später in der ersten Zwischenent-
scheidung auch als entsprechendes Risiko
beschrieben worden. Und genauso ist es
auch in den weiteren entsprechenden Be-
richten auch transportiert worden. Ja, es gab
ein Risiko. Aber man ging davon aus, dass
man auf Basis der umfassenden Musterprü-
fung bzw. der Prototypenprüfung für den Full
Scale Demonstrator dort zu einer luftfahrt-
rechtlichen Zulassung kommt. Und genau
das haben wir für den Full Scale De-
monstrator auch erreicht.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 427 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 31
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Inge Höger (DIE LINKE): Sie haben ja
nur eine Zulassung nach der Kategorie 2
erreicht.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja, das ist kor-
rekt. Wir haben eine Zulassung, eine vorläu-
fige Verkehrszulassung, die uns die Ver-
kehrssicherheit zur Teilnahme am Luftver-
kehr bestätigt. Wir können mit dem Full Scale
Demonstrator aufgrund eines mangelnden
Sense and Avoid Systems zurzeit nur in der
Kategorie 2 für unbemannte Luftfahrzeuge
teilnehmen. Das ist aber kein ausschließen-
der Hinderungsgrund für den Auftrag, den wir
zu erfüllen haben. Das heißt, wir können mit
Kategorie 2 unseren Auftrag erfüllen. Das ist
kein Ausschließungsgrund.

Inge Höger (DIE LINKE): Was bedeutet
das genau, wenn der Euro Hawk jetzt startet,
um dann in die entsprechenden Höhen zu
kommen und dann seine Aufgaben wahr-
nehmen zu können?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Wir haben
einen entsprechenden reservierten Luftraum,
der per Nachrichten für die Luftfahrer dann
bekannt gemacht wird. Das heißt, im Rah-
men der Start- und Landephase wird der
jeweilige Luftraum mit einem zeitlichen Puffer
plus/minus gesperrt. Das müssen alle ande-
ren Luftfahrzeuge beachten. Sie dürfen dort
nicht einfliegen. Wenn sie das machen, be-
gehen sie eine - wie heißt es noch mal? -
Ordnungswidrigkeit, vielleicht auch eine
Straftat - das weiß ich jetzt nicht -, aber eine
Ordnungswidrigkeit auf alle Fälle. Es ist eine
sogenannte Violation.

Das heißt, die Luftfahrer dürfen dort nicht
einfliegen. Dort wird die mangelnde Sense-
and-Avoid-Fähigkeit ausgeglichen, indem wir
selbst nicht für den Schutz für andere sor-
gen, sondern wir bauen uns einen Kokon
drum herum, in dem wir fliegen dürfen, und
die anderen Luftfahrer sind ausgeschlossen.

Dies gilt für den Bereich, in dem wir die
Höhen durchkreuzen, in denen sich der an-
dere Luftverkehr auch aufhält. Wenn wir un-
sere Zielhöhe erreicht haben, ist mangels
anderer Verkehrsteilnehmer eine Kollision so
gut wie unmöglich. Also nur für Start- und
Landephasen benutzen wir diesen gesperr-
ten Luftraum. Und diese operationelle Ein-
schränkung ist durchaus hinnehmbar. Es ist
überhaupt keine Einschränkung hinsichtlich
des Auftrags.

Inge Höger (DIE LINKE): Aber es ist eine
Einschränkung für die zivile Luftfahrt, und
zwar eine erhebliche. Und deshalb ist auf
Dauer sicherlich schon das Sense and Avoid
System notwendige Voraussetzung.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das ist korrekt.
Deswegen arbeiten ja auch alle Leute daran,
ein Sense and Avoid System zu entwickeln,
damit man auch diese Einschränkung noch
umgeht. Aber die Sperrung des Luftraums ist
tägliches Geschäft im militärischen Fliegen.
Wenn ich als Tornado-Pilot geübt habe, ha-
ben wir auch den Luftraum über Schleswig-
Holstein gesperrt; dort gibt es Übungs-
gebiete. Oder wenn ich als Testpilot Versu-
che durchgeführt habe, wird der Luftraum
auch gesperrt für mich. Das ist also nichts
Atypisches. Und dort wurde es auch nur
zeitweilig gesperrt.

Inge Höger (DIE LINKE): Der Bundes-
rechnungshof hat aufgrund der Zulassungs-
probleme gesagt, dass man eigentlich 2009
das Projekt hätte neu bewerten müssen und
sich eventuell nach einem anderen Träger-
system umschauen müssen. Sie haben ge-
sagt, Sie haben dann 2010 lieber entschie-
den, sich mit dieser vorläufigen Verkehrszu-
lassung zu begnügen. Waren Sie an dieser
Entscheidungsfindung beteiligt?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ich war an der
Entscheidungsfindung beteiligt, wobei wir
nicht entschieden haben, uns mit einer vor-
läufigen Verkehrszulassung zu begnügen,
sondern von Anfang an war klar, dass der
Full Scale Demonstrator in seiner techni-
schen Ausführung als Demonstrator nur mit
einer VVZ betrieben werden kann.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So, dann gebe ich Bündnis 90/Die Grünen
das Wort. Das Wort hat die Kollegin Keul.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, vielen Dank. - Herr Knöpfel, ich würde
zunächst gerne noch mal klären, welche
Rolle Sie jeweils im BMVg und nachher als
Projektleiter im Hinblick auf diese halbjähr-
lichen Statusberichte gespielt haben. Habe
ich Sie richtig verstanden, dass Sie im BMVg
derjenige waren, der die Statusberichte ent-
gegengenommen und gegebenenfalls be-
wertet hat und als Projektleiter im Prinzip

Drucksache 17/14650 – 428 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 32
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

selber an der Erstellung dieser Berichte be-
teiligt war? Könnten Sie das noch mal - -

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Gut. Während
meiner Zeit als Referent in der fachauf-
sichtsführenden Stelle Rü VI 2 war ich unter
anderem im Rahmen des Euro-Hawk-Pro-
jekts damit betraut, meinen Fachbeitrag als
Fachaufsichtsführender darzustellen, auf der
Basis der Bewertung des Projektleiters. Und
diese Berichte sind dann an unser Vorhaben
oder an unser Zentralcontrolling im Bereich
der Rüstung gegangen.

Das heißt, jeweils die Bewertung, die ich
als fachaufsichtsführender Referent gegeben
habe, als auch das, was der Projektleiter
gegeben habe: Beide Ausfertigungen lagen
dann dem Zentralcontrolling und damit der
Leitung Rüstung vor.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Und Ihre Bewertung war dann das, was unter
„Bewertung BMVg“ unter dem Bericht steht,
oder?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Bewertung
fachaufsichtsführende Stelle - VA, Fachauf-
sicht.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also, dort steht ja einmal: „Bewertung Abtei-
lungscontrolling“. Da steht dann meinetwe-
gen „kritisch“ oder Ähnliches. Und dann
kommt: „Bewertung BMVg“. Und dann steht
dort noch mal „kritisch“ oder „sehr kritisch“.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Und Ihr Anteil war dann die „Bewertung
BMVg“? - Dann frage ich Sie, ob Sie sich
denn gewundert haben oder welchen Hinter-
grund es haben könnte, dass ausgerechnet
ab Mitte 2011 in diesen Halbjahresberichten
keine Bewertung des BMVg mehr vorkommt?
Also, im Prinzip zeitgleich, wo Sie gewech-
selt sind als Projektleiter, steht bei „Bewer-
tung BMVg“ nur noch: „keine“. Wie ist das zu
erklären?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das kann ich
Ihnen nicht erklären, weil ich zu der Zeit nicht
mehr im BMVg war.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Aber Sie haben als Projektleiter immer noch

ein Feedback bekommen zu Ihren Status-
berichten, hatten Sie vorhin gesagt, oder?
Also, aus dem BMVg ist auch was zurückge-
kommen?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Wir haben di-
rektes Feedback zu Vorlagen bekommen,
wenn das aus Sicht des BMVg als notwendig
erachtet wurde. Wir haben vierteljährlich
unsere Statusberichte nach oben gegeben.
Inwiefern sie nach meinem Weggang dort
oben dann bearbeitet wurden, das erschließt
sich meiner Kenntnis nicht.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Aber Sie gehen davon aus oder Sie konnten
davon ausgehen, dass genau wie zu Ihrer
Dienstzeit auch im BMVg jemand im BMVg
sitzt und eine entsprechende Bewertung
abgibt?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Und wenn das nicht erfolgt ist, können Sie da
jetzt auch nichts zu sagen?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: So ist es.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Gut. - Dann noch mal zu den Statusberich-
ten: Auch in der Zeit 2007 bis 2010 steht in
jedem Statusbericht ja drin, dass die Muster-
zulassung nach Kategorie 3 vertragsgemäß
angestrebt wird. Da steht auch was von
„vertragsgemäß angestrebt“. Sie haben aber
eben gesagt, eine Musterprüfung war für den
Full Scale Demonstrator im Prinzip von An-
fang an nie vorgesehen. Können Sie diesen
Widerspruch vielleicht noch mal aufklären?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja, diese For-
mulierung ist leider falsch, weil man damals
auch immer schon davon ausging: Wir bli-
cken ja auf die Serie - das, was vorhin schon
mal angesprochen wurde. Weil für die Serie
natürlich eine Musterzulassung angestrebt
wurde. Konkret ist: Aus dem Vertrag geht nur
hervor, dass wir eine umfassende Muster-
prüfung im Rahmen des Full Scale De-
monstrators angestrebt haben, damit wir
später für eine Serie die Musterzulassung
aussprechen können. Das ist eine etwas
fälschlich verkürzte Form, und da gebe ich
Ihnen recht, das ist so nicht korrekt.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 429 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 33
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Aber jetzt frage ich Sie: Sie hatten uns vorhin
auch erklärt, auch nachvollziehbar, dass Sie
den Vertrag selber jetzt nicht gelesen haben,
weil das machen bei Ihnen eben andere
Stellen. Dann frage ich Sie: Woher wissen
Sie denn, dass die Musterzulassung im Ver-
trag nicht als solche vereinbart worden ist?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ich bin da-
mals - - Ich bin gefragt worden, ob ich ihn
2007 gelesen habe. Mittlerweile - mit den
entsprechenden Vorgängen, die in der letz-
ten Zeit passiert sind - sind natürlich diese
entscheidenden Paragrafen und entspre-
chenden Abschnitte schon gelesen worden.
Deswegen kann ich dazu Stellung nehmen,
dass im Vertrag der Auftragnehmer dazu im
Rahmen der Nichtbemühung als Bringschuld
die Erstellung eines Flugerprobungspro-
grammes oder eines Musterprüfprogrammes
bringen muss und die übrigen Aktivitäten im
Rahmen des Bemühens zu leisten sind.

Aber eine Musterzulassung kann ich von
einem Auftragnehmer gar nicht fordern, weil
die wird ja durch unsere Stelle ausgestellt. Er
muss es nur unterstützen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, er muss die Voraussetzungen schaffen,
diese Muster - -

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Die Nachweise
liefern!

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Und Sie sagen mir gerade, die Bemühens-
klausel würde dafür gelten? Das würde rei-
chen?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Die Bemühens-
klausel war, weil der Gesamtumfang gar
nicht abzusehen war, was eine umfassende
Musterprüfung bedeuten würde, auch seitens
der Industrie nicht mit einem Festpreis mög-
lich, das heißt, einem geschuldeten Objekt,
sondern wir mussten dort im Rahmen des
Entwicklungsgegenstandes - weil auch die
Musterprüfung ein Entwicklungsgegenstand
ist - akzeptieren, dass wir dort nur die Bemü-
hensklausel erreichen konnten.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also, Sie wollen mir sagen, dass die einzel-
nen Voraussetzungen, die technischen De-
tails für die Musterprüfung nicht im Vertrag

vereinbart waren, weil man die noch nicht
absehen konnte? Habe ich das richtig ver-
standen?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Was vereinbart
wurde, war, dass sich der Auftragnehmer
einer umfassenden Musterprüfung zu unter-
ziehen hat und deswegen alle entsprechen-
den technischen Nachweise zu liefern hat,
damit im Endeffekt wir für die Serie eine
Musterzulassung aussprechen können. Da
aber der Gesamtumfang damals nicht in al-
len Details klar war - das heißt, auch der
wirtschaftliche Aufwand -, konnte dort nur
das Bemühen festgelegt werden.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ich würde dem Zeugen gerne einen stillen
Vorhalt aus den Vertragsanlagen machen,
also ihm eine Anlage vorlegen, ohne daraus
zu zitieren, wenn es recht ist, um allgemeine
Fragen darüber zu stellen?

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich weiß ja nicht, wie es eingestuft ist.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Das ist die Anlage 1 zum Vertrag vom
31.01.2007.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ist die eingestuft, Herr Conradi?

MR Andreas Conradi (BMVg): Ja.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Anhang H der Anlage 1.

MR Andreas Conradi (BMVg): Ehrlich
gesagt, weiß ich nicht, was drübersteht, und
es geht auch weniger um unsere Einstufung,
sondern vielmehr darum - das ist ja die
Frage, die wir erst gestern diskutiert haben -,
dass unser Vertragspartner der Meinung
ist - -

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ja, dass das Parlament das eingestuft hat!

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ich würde ja deswegen auch nur einen stillen
Vorhalt geben. Ich würde die Anlage dem
Zeugen geben und allgemeine Fragen da-
rüber stellen, ohne daraus zu zitieren.

Drucksache 17/14650 – 430 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 34
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Aber er muss ja antworten auf diese. Wenn
es geheim eingestuft ist, also VS-NfD, dann
habe ich ein Problem.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Nein.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Nein?

MR Andreas Conradi (BMVg): Der Punkt
ist ja - - Noch mal: Das hatte ich ja gestern
erklärt, sozusagen unsere Inhalte - - Da hat-
ten wir ja erklärt: Wenn das VS-NfD ist, sind
wir grundsätzlich dazu bereit, dass das hier
diskutiert wird. Aber ich hatte ja gestern aus-
geführt, dass wir ja nun einen Auftragnehmer
haben, der der Meinung ist, dass, wenn ver-
tragliche Konditionen usw. und gegebenen-
falls Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse mit
angesprochen werden, dass er darauf auf
keinen Fall verzichtet. Deswegen ist halt die
Frage - - Ich hätte sicherlich keine Schwie-
rigkeiten damit, wenn das hier diskutiert wird.
Es ist die Frage, ob wir das öffentlich ma-
chen können.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Also, dann können wir auf nichtöffentlich
gehen, und ich bitte die Besucher aus dem
Saal.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ich möchte aber noch mal bitte betonen,
dass ich einen stillen Vorhalt mache. Ich
werde nicht - - Es geht um ein technisches
Regelwerk, aus dem ich hier nicht vorlesen
werde.

MR Andreas Conradi (BMVg): Ich
fürchte nur, dass der Zeuge auf den stillen
Vorhalt nicht still antworten kann.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, aber ich werde ihm Fragen stellen, ob er
das kennt, ob er das einordnen kann, ob das
nationale oder internationale Vorschriften
sind.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut, dann machen wir das jetzt so.

MR Andreas Conradi (BMVg): Wir kön-
nen es ja versuchen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Wir machen Ihnen einen stillen Vorhalt. Die
Fragen, die Sie dann stellen, das beurteilen
dann wir, ob er sie beantworten kann.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also, dann würde ich bitten, dem Zeugen
die - -

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Das müsst ihr machen!

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Gut. Vielleicht können wir dem Zeugen ein
paar Minuten einräumen, sich da durchzu-
blättern, um zu wissen, was das ist, und die
Zeit so lange stoppen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gerne, Sie können das gerne erst mal lesen.

(Dem Zeugen wird ein Schriftstück
vorgelegt - Der Zeuge liest in
diesem Schriftstück)

MR Andreas Conradi (BMVg): Frau Vor-
sitzende, vielleicht können wir noch feststel-
len, welche Materialnummer das ist?

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Die MAT-Nummer brauchen wir noch!

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Die steht da jetzt drauf. Das ist der Vertrag,
also MAT 4.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Wenn ich das
richtig sehe, ist das MAT 4, Ordner 9 bis 26.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Jawohl, vielen Dank.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön. - So, jetzt können Sie ja die
Fragen stellen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Gut, vielen Dank. - Herr Knöpfel, können Sie
sagen: Kennen Sie dieses Regelwerk, was
Ihnen da jetzt vorliegt? Können Sie da was
mit anfangen? Haben Sie das schon mal
gesehen?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das ist das
Musterprüfrahmenprogramm, was als Ange-
botsaufforderung von uns mitgeliefert wird.
Aufgrund dieses Musterprüfrahmenpro-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 431 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 35
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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gramms wird dann später in der Vertrags-
ausführung ein sogenanntes Musterprüfpro-
gramm erstellt, in gemeinsamer Arbeit mit
dem Musterzulasser.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Es gibt ja aber auch ein Regelwerk, wo jetzt
über 100 Seiten technische Vorgaben ge-
macht worden sind als Voraussetzung für
diese Zulassung. Sind das die Berücksichti-
gungen unserer deutschen, nationalen Vo-
raussetzung für die umfangreiche Musterzu-
lassung?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das ist das im
Wesentlichen, ja.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Das ist das? - Wenn das jetzt Vertragsbe-
standteil geworden ist, muss dann nicht auch
die Musterprüfzulassung geliefert werden?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Nein. Das ist
praktisch das Drehbuch, auf dem nachher
das konkrete Drehbuch - nämlich das Mus-
terprüfprogramm für das jeweilige Stück -
erstellt wird und nach dem dann die Muster-
prüfung durchzuführen ist. Wenn diese er-
folgreich durchlaufen ist, dann kann nachher
ein Musterzulasser bzw. der Leiter ML die
Musterzulassung aussprechen. Das ist prak-
tisch der Handlungsrahmen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, das sind die Voraussetzungen, die doch
der Hersteller erbringen muss, damit Sie die
Prüfung abnehmen können - bzw. die Prüf-
stelle?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Nicht konkret
die Voraussetzungen, sondern die konkreten
Voraussetzungen werden mit dem Muster-
prüfprogramm festgelegt, das bildet nur den
Handlungsrahmen, deswegen Musterprüf-
rahmenprogramm.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Frau Kollegin Keul, Ihre Redezeit ist zu
Ende. - Ja, es tut mir leid. Wir haben Regeln.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, sonst müssen wir in der nächsten Runde
noch mal wieder neu vorlegen. Ich habe nur
noch eine Frage dazu.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Lassen Sie bitte Ihre Vorlage einsammeln.
Ich gebe der CDU/CSU das Wort. - Die hat
keine weiteren Fragen mehr, dann SPD.

Rainer Arnold (SPD): Ich komme noch
mal zu den Alternativen. Zunächst mal die
Alternativen der Zulassung. Ich habe das
vorhin richtig verstanden: Die Überlegung,
dass der Demonstrator mit einer VVZ zur
Luftwaffe geht, die ist nicht weiter verfolgt
worden? Hat die Luftwaffe diese Überlegung
nicht angenommen?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Nein, da müs-
sen wir jetzt differenzieren. Die Überlegung,
dass der Full Scale Demonstrator im Rah-
men der Anfangsflugbefähigung mit einer
Vorläufigen Verkehrszulassung zur Luftwaffe
geht, war von Anfang an so geplant, und
dagegen hat sich auch die Luftwaffe nicht
gesträubt, sondern das war ja Plan im Rah-
men der Anfangsflugbefähigung, die Aus-
rüstungslücke zumindest in Teilen mit dem
Full Scale Demonstrator auch schon zu
überdecken.

Rainer Arnold (SPD): Das habe ich
schon verstanden. Warum hat die Luftwaffe
das dann - - Warum macht man es jetzt nicht
so?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das entzieht
sich meiner Kenntnis, weil diese Entschei-
dung wurde im BMVg gefällt.

Rainer Arnold (SPD): Die alternativen
Zulassungsverfahren, dass die Luftwaffe im
Grund genommen mit diesen Sonderrege-
lungen nach den Paragrafen, die ich mir nicht
merken muss - - Würde derjenige von der
Luftwaffe, der diese unterzeichnet, auch
verantwortlich sein im strafrechtlichen Sinn,
wenn das Ding jetzt jemandem auf den Kopf
fällt? Und gibt es einen Inspekteur, der so
was unterschreiben würde? Oder sagt ein
Inspekteur: „Das mache ich nicht“?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Wir reden jetzt
von der Euro-Hawk-Serie, und dafür waren
diese alternativen Vorschläge gedacht. In
diesem Zusammenhang haben wir versucht,
zu ermitteln, ob wir das Regelwerk, so wie es
zurzeit besteht, nämlich in Bezug auf die
Nr. 316 in der ZDv 19/1 - - dass, wenn wir
einen operationellen Bedarf haben und so-

Drucksache 17/14650 – 432 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 36
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lange keine Musterprüfung vorliegt und der
Leiter ML erklärt, warum sie nicht vorliegt,
trotzdem zum Erhalt der Einsatzbereitschaft
der Bundeswehr eine Zulassung durch den
Inspekteur - damals, als er noch im BMVg
war - ausgestellt werden kann.

Rainer Arnold (SPD): Herr Knöpfel, sind
Sie mir nicht böse! Wir als Abgeordnete sind
immer ungeduldig, das ist unser Problem.
Das zweite Problem ist, dass wir nur 14 Mi-
nuten Zeit haben, deshalb sind wir manchmal
drängend. Und ich hätte die Bitte, nur das zu
beantworten, was ich gefragt habe: Was
bedeutet es, wenn der Inspekteur dieses
unterzeichnen würde, mit seiner Haftung?
Das ist das, was mich interessiert.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Soweit ich das
beurteilen kann - das bedarf natürlich einer
rechtlichen Grundlage -: Wenn er diese Zu-
lassung ausstellt, ist er auch haftbar im
Rahmen der Amtshaftung, weil er das getan
hat, und solange er das nicht leichtsinnig
oder grob fahrlässig macht und alle Möglich-
keiten versucht, zu eruieren, um das Risiko
zu mindern, dann ist das auch vollkommen in
Ordnung.

Rainer Arnold (SPD): Gab es bei ande-
ren Fluggeräten schon solche Zeichnungen?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja.

Rainer Arnold (SPD): Bei welchen?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Im Rahmen des
Kosovo-Einsatzes gab es eine Nachtsicht-
brille für die Tornadopiloten.

Rainer Arnold (SPD): Okay.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja, das ist ge-
nau das Regelwerk. Dafür wurde das ange-
wandt: weil es gab keine Zulassung durch
die ML, und der Inspekteur Luftwaffe hat das
Risiko getragen, diese einzusetzen.

Rainer Arnold (SPD): Aber das ist wahr-
scheinlich überschaubarer, eine Nachtsicht-
brille?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja, auf alle
Fälle, deswegen haben wir auch gesagt, wir
brauchen eine Ausnahmegenehmigung.

Rainer Arnold (SPD): Ist okay. - Dann:
Die Zulassung im Bereich von - - Entschuldi-
gung, die Prüfung von alternativen Plattfor-
men. Sie sagten ja, Sie haben Ende letzten
Jahres den Auftrag erhalten. Das war doch
aber sicher am Ende eines Prozesses, dass
Sie den Auftrag erhalten haben. Wann hat
dieser Prozess, Alternativen zu untersuchen,
begonnen? Welche Beiträge haben Sie dazu
geleistet?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Also, den Auf-
trag habe ich bereits Anfang des Jahres
2012 bekommen, nachdem ich um Billigung
dieses Vorgehens nachgesucht habe; das
wurde auch unterstützt. In diesem Zusam-
menhang haben wir dann im Laufe des Jah-
res die verschiedenen Möglichkeiten, zu-
nächst erst mal gestützt auf die Ziffer 316
oder die Nr. 316 und später dann, gegen
Ende des Jahres, auch im Versuch auf Ein-
zelzulassung - - dort einen Alternativweg zu
bekommen. Beide Verfahren waren gegen
Ende des Jahres noch nicht vollends abge-
schlossen, das heißt, mit diesen Alternativen
waren Risiken behaftet.

Rainer Arnold (SPD): Meine Frage war:
Wann haben diese Überlegungen begonnen,
alternative Plattformen zu untersuchen? Vor-
her sagten Sie, -

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ach, alternative
Plattformen? Ich war jetzt bei der alternativen
Zulassung.

Rainer Arnold (SPD): - im September
haben Sie den Auftrag erhalten. Aber der
Auftrag steht ja am Ende eines Prozesses.
Mich interessiert der Anfang des Prozesses
und wie Sie dort einbezogen waren.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Entschuldi-
gung, ich habe das jetzt verwechselt. - Also,
der Auftrag für alternative Trägerplattformen,
der kam - - Zunächst erst mal eine Vorunter-
suchung durch einen Auftrag, durch eine
Studie, die wir durchgeführt haben: Welche
Möglichkeiten gäbe es? Lohnt es sich dort
weiterzumachen? Dies wurde Ende letzten
Jahres durch eine Studie bestätigt. Und den
richtigen, formalen Auftrag bekam ich nach
Inkraftsetzung des CPM (nov.) durch die
Umklappentscheidung, ein entsprechendes
IPT zu gründen - „ISIS-aT“ heißt das; ISIS
alternative Trägerlösungen -, um dort gegen

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 433 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 37
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Ende des Jahres dem Generalinspekteur
eine entsprechende Empfehlung zu geben.

Rainer Arnold (SPD): Entschuldigung,
vielleicht liegt es auch daran, dass ich
Schwabe bin - ich kann aber nichts dafür -,
irgendwie verstehen wir uns nicht ganz.
Meine Frage nochmals wiederholt: Wann
haben die ersten Überlegungen begonnen,
Alternativen zu untersuchen? Sie schildern
uns immer, wann die Aufträge gekommen
sind. Ich möchte wissen: Wann hat man die
Überlegungen gestartet? Wann und wie wa-
ren Sie dabei einbezogen? Mehr möchte ich
gar nicht hören.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Okay. - Wann
die Überlegungen im BMVg gestartet sind,
weiß ich nicht. Einbezogen war ich ab Sep-
tember 2012.

Rainer Arnold (SPD): Vorher haben Sie
nie etwas davon gehört, dass Untersuchun-
gen gemacht werden?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Bis dahin hatte
man den Versuch, alternative Zulassungs-
wege zu finden, und als absehbar war, dass
es höchste Schwierigkeiten gibt, hat man das
gewandelt, zusätzlich auch alternative Trä-
gerlösungen zu untersuchen.

Rainer Arnold (SPD): Also, Sie haben
vor September letzten Jahres nichts gehört,
auch keine Gespräche geführt, dass auch
Überlegungen da sind, alternative Plattfor-
men zu untersuchen?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das kann ich
nicht vollends ausschließen. Zumindest ist
mir zurzeit nichts bewusst. Ich verknüpfe das
mit dem September, als wir aufgefordert
wurden, dort eine Studie in Auftrag zu geben.

Rainer Arnold (SPD): Wer hat den Auf-
trag erteilt?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das war zu
dem Zeitpunkt schon BMVg AIN V 5.

Rainer Arnold (SPD): Okay. - Dann
würde ich gerne noch mal über die Sensorik
mit Ihnen reden. Zunächst mal: In welchen
Flughöhen wird im Augenblick getestet? Wo
finden die Testflüge statt?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Die Testflüge
finden statt über deutschem Hoheitsgebiet,
weil nur da auch die vorläufige Zulassung
zurzeit gilt, und wir fliegen auf Einsatzflug-
höhe, das heißt bis zu 60 000 Fuß.

Rainer Arnold (SPD): Was heißt das für
mich als Nichtpiloten in Metern?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: 20 Kilometer
Höhe. Bis zu 20 Kilometer Höhe.

Rainer Arnold (SPD): Und Enteisung
usw. macht dort auch keine Probleme?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Nein, wir flie-
gen ja nur bei Wetterbedingungen, die Ver-
eisung ausschließen.

Rainer Arnold (SPD): Okay. - Dann: Sind
Sie sicher oder relativ sicher, dass bis Ende
September die Flugtests so abgeschlossen
sind, dass die Zertifizierung - ja oder nein,
sage ich einmal - erfolgen kann?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Wir haben vor,
mit noch zwei ausstehenden Qualifikations-
flügen die technische Leistungsfähigkeit
nachzuweisen. Das hängt natürlich davon
ab, welche Leistung uns die Industrie nach-
weist. Eine Zertifizierung ist nicht angestrebt,
sondern nur die Qualifizierung. Das heißt:
Werden die technischen Spezifikationen
erreicht?

Rainer Arnold (SPD): Warum ist keine
Zertifizierung angestrebt?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das System
selbst ist ja schon zertifiziert zum Betrieb im
Flug. Das heißt, es findet keine Beeinträchti-
gung der Verkehrssicherheit des Trägers
statt. Das hat schon längst stattgefunden.

Rainer Arnold (SPD): Und das Missions-
system selbst muss nicht zertifiziert werden,
nur qualifiziert?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das Missions-
system wird auf Flugverträglichkeit zerti-
fiziert. Das heißt, es darf das Luftfahrzeug
nicht in seiner Verkehrssicherheit beein-
trächtigen. Das ist geschehen. Insofern dür-
fen wir auch damit fliegen. Das heißt, die
Zertifizierung ist kein Ziel mehr. Das ist
schon erledigt.

Drucksache 17/14650 – 434 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 38
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Rainer Arnold (SPD): Es geht also um
die Qualifizierung. Noch einmal: Die Zahl der
Flüge bis dorthin wird ausreichen, um eine
Qualifizierung dann festzustellen?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Die Zahl der
Flüge ist vorgegeben worden, und unser
Auftrag war, einen technisch qualifizierten
Abschluss des ISIS-Systems sicherzustellen.

Rainer Arnold (SPD): Ist die Firma und
sind beide anderen Firmen, die beteiligt sind,
der Auffassung, dass die Zahl der Flüge und
der Zeitrahmen bis September reichen?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Für diese redu-
zierten Anforderungen, die uns vorgegeben
wurden, haben wir gemeinsam mit der In-
dustrie ein restrukturiertes Erprobungspro-
gramm ausgearbeitet, und die Industrie sagt
auch, dass wir die technischen Leistungs-
fähigkeiten des ISIS-Systems nachvollziehen
können.

Rainer Arnold (SPD): Welche Anforde-
rungen hat man jetzt reduziert für diesen
Rest der Testflüge und warum?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Die Gesamt-
zahl der vorgesehenen Flüge diente auch als
Vorbereitung für die nachfolgende Anfangs-
flugbefähigung. Das heißt, dazu zählten auch
Kalibrierungsflüge des Systems auf den Euro
Hawk selbst, damit wir das System für einen
operationellen Test der Luftwaffe zur Verfü-
gung stellen konnten. Diese Flüge entfallen
jetzt, nachdem die Entscheidung getroffen
wurde, die Anfangsflugbefähigung nicht mehr
weiter zu vollziehen. Das heißt, wir haben
nun noch den Teil „technische Spezifikation
des ISIS-Systems“ herausgegriffen.

Rainer Arnold (SPD): Was ist, wenn die
Qualifizierung im September nicht positiv
unterschrieben werden kann?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Dann haben wir
ein Problem. Das müssen wir dann lösen.
Wir können das System so nicht abnehmen.
Wie wir dann weiter vorgehen, bedarf einer
Weisung durch das BMVg.

Rainer Arnold (SPD): Nehmen wir an, es
wird nicht qualifiziert. Wie viel Geld wäre
dann verloren?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das ist eine
Frage, was qualifiziert werden konnte. Alles
oder nichts ist, glaube ich - - Aber da sind wir
im Bereich des Glaubens, und das kann ich
erst sagen, wenn ich belastbare Aussagen
gegen Ende September machen kann. Das
wäre jetzt in die Glaskugel schauen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Noch eine
Nachfrage zu den alternativen Trägerplatt-
formen. Im April 2012 werden im Ministerium
in der Abteilung Rüstung Vermerke ge-
tauscht mit dem Hinweis: Wir müssen alter-
native Trägerplattformen prüfen. - Sie sagen,
den Auftrag haben Sie erst im September
bekommen. Waren Sie denn im April schon
irgendwie informiert darüber? Also: Waren
Sie beteiligt daran, dass die Abteilung Rüs-
tung über alternative Trägerplattformen re-
det, und warum hat es dann so lange ge-
dauert, bis es bei Ihnen ankommt?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ich kann nicht
ausschließen, dass vielleicht in einem Ge-
spräch das eine oder andere schon einmal
durchgeführt wurde. Aber um einen Auftrag
zu erledigen mit entsprechender Hinter-
legung von Finanzmitteln, das war für mich
erst im September - -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Welche
Finanzmittel brauchten Sie dafür? Sie hatten
doch Personal.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Eine Studie
habe ich in Auftrag gegeben oder in Auftrag
geben müssen, um diese entsprechenden
schnellen Informationen, die das BMVg ha-
ben wollte, zu erhalten.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wann
haben Sie die in Auftrag gegeben?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Da müsste ich
jetzt nachschauen. Das weiß ich nicht genau.
Aber das muss in diesem Zeitraum gewesen
sein; denn wir haben Ende 2012 ein entspre-
chendes Studienergebnis der IABG bekom-
men.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sie haben
ein Studienergebnis?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 435 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 39
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber Sie
haben uns eben nicht gesagt, was das Er-
gebnis ist.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das habe ich
aber schon gesagt. Das Ergebnis ist, dass es
mögliche Alternativen gibt, die aber einer
wesentlich weiteren Betrachtung bedürfen,
weil wir nicht abschätzen können, ob wir den
gesamten wirtschaftlichen Rahmen dort nicht
sprengen oder ob wir den wirtschaftlichen
Rahmen, der zurzeit vorgegeben ist, auch
einhalten können. Das konnte mit diesem
groben Ansatz so schnell nicht geschaffen
werden.

Rainer Arnold (SPD): Hätte man das
Missionssystem, wenn es in ein Flächenflug-
zeug mit Piloten eingebaut würde - andere
Flughöhe, andere Generatoren, Menschen in
der Nähe bei den Antennen usw. -, so ähn-
lich konzipiert, wie es im Augenblick für die
Drohne gemacht ist, oder wären dann andere
Parameter entscheidend gewesen und hätte
man anders gebaut und geplant?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das System
heißt „integriertes Missionssystem“. Das
heißt, es ist natürlich auf den Träger abge-
stimmt. Wir können aber ganz sicher davon
ausgehen, dass von den Antennen keine
Gefährdung für Personal ausgeht. Das heißt,
bemannte Träger sind nicht von vornherein
ausgeschlossen, weil diese Antennen nichts
senden, sondern nur empfangen. Es geht nur
darum, ein entsprechendes Fluggerät zu
finden, das den entsprechenden Platz für die
Dislozierung der Antennen vorsieht und
einen entsprechenden Einbauplatz für die
Luftanteile des ISIS-Systems. Aber das ist
bei normalen Geschäftsflugzeugen - - Das ist
nicht das Problem. Das Problem ist, entspre-
chende Plätze für die Antennen zu finden,
ohne die Druckhülle zu verletzen. Denn wenn
wir die Druckhülle von gegebenen Luftfahr-
zeugen anfassen, dann wird es kosteninten-
siv.

Rainer Arnold (SPD): Meine Frage wäre:
Hätte man andere Spezifikationen vorgege-
ben, wenn man von vornherein auf ein Flug-
zeug gegangen wäre, weil man dann keine
Probleme mit der Stromversorgung hat - es
scheint nicht ganz einfach zu sein bei der
Drohne - und solche Dinge? Nicht auf Ge-
wicht achten muss, als weiteres Beispiel.
Man kann anders planen.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das ISIS-Mis-
sionssystem richtet sich ausschließlich da-
nach, welche Frequenzen ich abhören
möchte und mit welcher Leistungsfähigkeit
ich die Daten zu einer Bodenstation geben
möchte. Das ist unabhängig von einem be-
mannten oder unbemannten Träger.

Rainer Arnold (SPD): Können Sie in ein
paar Spiegelstrichen - wir wollen hier kein
technisches Seminar machen - sagen, wel-
che Teile nach den Tests verwendbar sind
und dann Sinn gemacht haben und welche
Anteile bei einem neuen Flugzeug auch wie-
der komplett neu entwickelt bzw. auch ge-
testet werden müssen?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Vorausgesetzt,
dass die Ergebnisse die technische Spezifi-
kation erfüllen und das bestätigen, dann
müssen viele Teile - das sind kleine Einbau-
boxen - nicht geändert werden. Es hängt nur
davon ab, ob ich die Leistungsfähigkeit durch
eine entsprechende Verteilung der Antennen
auch reproduzieren kann.

Rainer Arnold (SPD): Danke.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So, dann gebe ich der FDP das Wort. - Sie
hat keine weiteren Fragen mehr. Dann die
LINKE, bitte.

Inge Höger (DIE LINKE): Danke. - Habe
ich Sie eben richtig verstanden - oder auch
zu Beginn schon -, dass Sie mit dem Mittel
der vorläufigen Verkehrszulassung gearbeitet
haben, um insbesondere das Aufklärungs-
system ISIS zu Ende zu testen?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Die Vor-
gehensweise für die Projektierungsphase
war, den Prototypen mit einer vorläufigen
Verkehrszulassung in die Luft zu bekommen.
Genau an diesen Plan haben wir uns gehal-
ten. Das ist jetzt kein böses Hilfsmittel, son-
dern es ist genau für Prototypen vorgesehen,
eine vorläufige Verkehrszulassung. Das heißt
aber auch, dass man ihn später, wenn der
technische Unterschied zur Serie nicht groß
ist oder ganz klein ist, dann auch weiter für
eine umfassende Musterprüfung, darauf
aufbauend für eine Musterzulassung, weiter-
verwenden kann.

Drucksache 17/14650 – 436 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 40
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Inge Höger (DIE LINKE): Aber Sie haben
doch vorhin gesagt, dass Sie erst 2010 ent-
schieden haben, aufgrund der großen Pro-
bleme, die es mit den USA gab, sozusagen
den Projektfortgang zu begleiten und Zugang
zu allen Unterlagen zu bekommen, dass Sie
deshalb doch erst das Mittel der vorläufigen
Verkehrszulassung gewählt haben.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Nein.

Inge Höger (DIE LINKE): Es war vorher
anders geplant. Oder habe ich das - -

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Wir müssen
hier strikt unterscheiden zwischen den Voka-
beln Prototypenprüfung, umfassende Mus-
terprüfung, Vorläufige Verkehrszulassung
und Musterzulassung. Um eine vorläufige
Verkehrszulassung zu erreichen, kann ich
eine Prototypenprüfung durchführen oder
kann auch darüber hinausgehen, eine um-
fassende Musterprüfung zu machen; aber
beides reicht aus, um eine vorläufige Ver-
kehrszulassung zu erstellen. Das war das
geplante Vorgehen für die Projektierungs-
phase und die anschließende Anfangsflug-
befähigung. Ziel war es, für die später zu
realisierende Serie eine Musterzulassung zu
erreichen. Dazu gehören eine umfassende
oder andere Arten der Musterprüfung, und
dies sollte vereinfacht auch schon im Rah-
men der Projektierungsphase durchgeführt
werden.

Ab 2010 merkten wir aber, dass erstens
der technische Unterschied des Full Scale
Demonstrators zur Serie erheblich sein wird,
dass wir zweitens auch in Zeitnot waren, um
einen Flugbetrieb für 20 Jahre und 20 000
Flugstunden für den Full Scale Demonstrater
herzubekommen - - uns sehr in Zeitnot
brachte, weil wir auch den Full Scale De-
monstrator sehr schnell in den operationellen
Betrieb nehmen wollten. Deswegen haben
wir zu diesem Zeitpunkt zur Vermeidung von
weiteren Kosten die umfassende Musterprü-
fung für die spätere Serie weitergeschoben,
und wir haben uns auf eine Prototypenprü-
fung konzentriert, die eine Teilmenge der
umfassenden Musterprüfung ist. Das heißt,
das, was wir dort gemacht haben, war nicht
verloren, sondern konnte als Kernbestand
nachher für die umfassende Musterprüfung
weitergenutzt werden, aber dann mit dem
sicheren Standpunkt, dass wir den techni-
schen Zustand der Serie genau definiert
haben.

Inge Höger (DIE LINKE): Aber wir haben
ja jetzt erfahren, dass der Prototyp ja wohl
doch später nicht mehr die Voraussetzung
für die Serienzulassung sein kann. Was
macht das denn dann für einen Sinn, außer
zu sagen: „Wir wollen jetzt die Testflüge für
ISIS noch durchführen“?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Wir hatten als
Auftrag, die Gesamtfunktionalität zu de-
monstrieren. Wesentlicher Punkt war die
Entwicklung des signalerfassenden Systems.
Eine bessere Testumgebung, als wir sie jetzt
haben, können wir uns nicht vorstellen. Wei-
terhin waren die Kosten für die Anschaffung
des Full Scale Demonstrators inklusive der
Entwicklung ja sowieso schon getan. Wenn
ich jetzt abgebrochen hätte in 2011 oder
2012, hätte ich ja von dem Full Scale De-
monstrator nichts zurückbekommen. Ziel war
der Nachweis der technischen Spezifikation
des Missionssystems, und genau das errei-
chen wir, indem wir jetzt diese Erprobungs-
phase abschließen.

Inge Höger (DIE LINKE): Sie haben
dann, wenn die Erprobungsphase abge-
schlossen ist, ein getestetes Missionssystem
und gucken sich nach einem anderen Trä-
gersystem um?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Wir werden ge-
gen Ende der Erprobungsphase eine Aus-
sage zur technischen Spezifikation geben
können, belastbar. Daran müssen wir dann
messen, inwiefern wir hier eventuelle Risiken
noch zur Integration in einen alternativen
Träger haben. Das hängt natürlich dezidiert
damit zusammen, welche Trägeralternative
wir uns vorstellen können. Und eine Aussage
zur operationellen Leistungsfähigkeit muss
dann später im Fluge mit dem alternativen
Träger erst nachgewiesen werden.

Inge Höger (DIE LINKE): Gab es dazu
entsprechende Vorgaben vonseiten der
Bundesregierung, oder haben Sie das in
Ihrem Verantwortungsbereich als Projektlei-
ter gemacht?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Was jetzt ge-
nau?

Inge Höger (DIE LINKE): Die Entschei-
dung, das so fortzusetzen.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 437 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 41
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Zeuge Rüdiger Knöpfel: Gut, ich habe
den Auftrag, dieses Projekt SLWÜA fortzu-
setzen. Bis jetzt gab es keine Entscheidung,
dieses Projekt insgesamt aufzugeben. Ledig-
lich der Handlungsstrang „Euro-Hawk-Serie“
ist jetzt unterbrochen worden. Aber insge-
samt muss ich ja eine Lösung finden für das
System „Signalerfassende Überwachung und
Aufklärung“, und dazu gehört ein entschei-
dender Punkt, nämlich die Fortentwicklung
ISIS. Um das sicherzustellen, muss ich na-
türlich die jetzigen Testflüge weiter fortfüh-
ren.

Inge Höger (DIE LINKE): Sie haben auch
immer wieder davon gesprochen, dass Sie in
Zusammenarbeit mit der Industrie ja überlegt
haben, wie man dieses Serienerprobungs-
programm fortsetzen kann. Also, das waren
für Sie eher Gesprächspartner als die Bun-
desregierung, einfach weil Sie Ihren Auftrag
erfüllen wollten?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Na ja. Der Auf-
trag, das jetzige Erprobungsprogramm um-
zuändern, war ein direkter Auftrag aufgrund
meiner vorgesetzten Dienststelle, des BMVg,
und das haben wir im Dialog mit der Industrie
gemacht, weil es war ja eine Abänderung
des bisher geplanten Vorgehens, uns nur
noch auf den qualifizierten Abschluss des
Missionssystems zu konzentrieren. Da gab
es einen klaren Auftrag, und den haben wir
ausgeführt. Wir haben dann einen entspre-
chenden restrukturierten Erprobungsplan
ausgearbeitet und haben den zur Belegung
dem BMVG wieder vorgelegt. Also, das habe
ich mir nicht allein zwischen meinen Kopf-
hörern ausgedacht, sondern es gab immer
schon einen Dialog mit dem BMVg.

Inge Höger (DIE LINKE): Es gab 2009
mal einen Hinweis vonseiten des Personal-
rats, dass nicht genügend Personal mit ent-
sprechender Qualifikation zur Prüfung, Ver-
kehrszulassung, Musterzulassung bereit-
stand. War Ihnen das bekannt, und was ha-
ben Sie gemacht, um diesen Mangel zu be-
heben?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Zu diesem
Zeitpunkt war mir dieses Schreiben des Per-
sonalrats nicht bekannt. Da war ich ja auch
noch im BMVg. Das ist auch nicht an mich
herangetragen worden. Wir haben allerdings
immer schon darauf hingewiesen - sowohl
ich als Projektleiter, auch damals in meiner

Funktion als Fachaufsicht -, dass, gemessen
an anderen Projekten und dem Aufwand,
den wir haben, die Personalausstattung im
BWB vielleicht noch einmal zu überdenken
wäre.

Inge Höger (DIE LINKE): Und ist das
Personal angepasst worden? Hat es da Re-
aktionen gegeben oder - - „Überdenken“ ist
ja - -

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Es gab keine
Reaktionen dahin gehend, dass der Dienst-
postenumfang geändert worden wäre. Wir
wurden aber in Teilen unterstützt durch
Schwerpunkteinsatz. Das heißt, wenn in
Bereichen weniger Arbeit stattfand, dann
wurde uns Personal zur Verfügung gestellt.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön. - Jetzt kommt Bündnis 90/Die
Grünen. Frau Kollegin Keul.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Vielen Dank. - Ich denke, es ist in Ordnung,
wenn ich meine abschließende Frage jetzt
noch mal stelle, ohne Ihnen beides noch mal
vorzulegen, ja?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ich hatte Ihnen ja zwei Anhänge vorgelegt.
Auf dem einen steht drauf: Musterprüf-
rahmenprogramm. - Dazu haben Sie ja be-
reits etwas gesagt. Und der zweite Anhang
sind über 100 Seiten mit technischen Details.
Und wir sind uns einig darüber - so habe ich
Sie verstanden -, dass das die Vorausset-
zungen, die technischen Voraussetzungen
sind, die erfüllt sein müssen, damit nach
deutschen, nationalen Maßstäben eine
Musterprüfung erfolgen kann.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das ist zumin-
dest mein Verständnis. Aber die abschlie-
ßende Aussage darüber muss der Leiter ML
treffen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Gut, vielen Dank. Dann würde ich dazu ab-
schließen. - Kommen wir zu der ISIS-Tech-
nik. Sie haben gesagt, Sie können bis zum
30.09. definitiv noch gar nichts darüber sa-
gen, ob ISIS jetzt erfolgreich ist oder nicht.
Sie sind der Projektleiter. Also, wenn Sie

Drucksache 17/14650 – 438 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 42
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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keine eigenen Erkenntnisse haben, heißt das
dann, dass auch sonst keiner im Rahmen der
Bundeswehr oder des BMVg weitergehende
Kenntnisse über die Funktionsfähigkeit von
ISIS hat, als Sie das haben müssten, oder?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ich kann eine
belastbare Aussage erst gegen Ende dieser
Erprobungsphase durchführen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Das ist klar.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Wir haben
schon Indikationen aus Labortests, die zum
Teil schon durchgeführt wurden. Wir wissen
auch, dass wir dort schon einen Mangel
identifiziert haben, der durch weitere Itera-
tionsschritte seitens der Industrie jetzt durch-
geführt wird. Das ist eigentlich klar bei einem
solchen komplexen Entwicklungssystem.
Aber das ist die Aufgabe des Herstellers, dort
entsprechende Lösungen zu finden. Das
heißt, da geht es um Änderungen vielleicht
im Programm, in der Programmierung, dort
das eine oder andere noch ein bisschen
besser herauszuarbeiten, was erst im Dialog
mit den jeweiligen Flugergebnissen auch
stattfindet. Aber die jetzigen Flüge dienten
dem Hersteller, genau diesen iterativen Pro-
zess sehr schnell und effizient zu gestalten.
Und er muss uns dann gegen Ende oder
Anfang des Monats August mit dem letzten
Flug im Rahmen des verringerten Flugpro-
gramms diesen technischen Nachweis ganz
offiziell nachweisen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Wie sind Sie denn eingebunden in diese
Tests, die die Industrie an ISIS macht? Gar
nicht? Oder haben Sie da einen Beobachter-
status? Oder findet das völlig intern bei der
Industrie statt? Haben Sie da irgendeinen
Einblick?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Na ja, so ganz
intern findet das nicht statt. Das bedarf einer
erheblichen Unterstützung der Wehrtechni-
schen Dienststelle. Dort sind die entspre-
chenden Musterzulasse, die entsprechenden
Flugversuchsingenieure, und dort geschieht
das im Dialog auch mit der Güteprüfstelle vor
Ort, und da sind wir im sehr internen Dialog,
was da stattfindet. Aber ich bin jetzt nicht der,
der an den Controls sitzt und das Flugzeug
führt; das mache ich nicht, nein.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Das macht auch sonst keiner innerhalb der
Bundeswehr, sondern das macht die Indus-
trie selber?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das macht
ausschließlich die Industrie, ja.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also, wenn in Vermerken, die uns Parla-
mentariern vorgelegt werden, drinsteht, dass
ISIS ein Spitzenprodukt deutscher Wehr-
technik ist, dann kann sich das also nur auf
Aussagen der Industrie stützen und nicht auf
eigene Erkenntnisse im BMVg. Ist das rich-
tig?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Belastbar ist
das korrekt, ja.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Vielen Dank. - Dann käme ich zum nächsten
Komplex. Sie haben gesagt: Der Auftrag,
was den Full Scale Demonstrator betrifft, ist
weitgehend erfüllt. Sie sagen, er ist ver-
kehrssicher. Die Beschränkung durch Kate-
gorie 2 sei im Prinzip nicht erheblich. Und ich
habe mir auch notiert: Sie haben gesagt, es
gibt also die Möglichkeit, den auch missions-
gerecht einzusetzen. - Jetzt verstehe ich
eigentlich nicht ganz, wenn das alles so eine
geringe Einschränkung ist und man den mis-
sionsgerecht einsetzen kann, wo dann
eigentlich das Problem ist, warum man die
Serie dann nicht bestellt, wenn der so ein-
satzfähig ist.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Weil die Kosten
für eine umfassende Musterprüfung so hoch
sind.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, aber offensichtlich ist er ja auch ohne
Musterprüfung, auch mit dieser Einschrän-
kung, missionsgerecht einsetzbar.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Wir müssen
jetzt genau unterscheiden: Was erlaubt eine
VVZ? Zurzeit, aufgrund des technischen
Kenntnisstandes, haben wir eine Freigabe für
eine Flugstundenzahl von 800 Flugstunden.
Von denen haben wir ungefähr 160, 170
verbraucht. Das heißt, wir könnten jetzt noch
bis 800 Stunden fliegen. Dann müssen wir
aber weitergehende Untersuchungen durch-
führen. Die Untersuchungen sollten damals -

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 439 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 43
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so war der Plan - im Zuge der weiter fortge-
führten umfassenden Musterprüfung für die
Serie sukzessive dort einlaufen, sodass wir
den Flugstundenvorrat - und die Flugbe-
schränkung, die es zurzeit noch gibt -
schrittweise erweitern hätten können. Gut.

Für den Erprobungsflugbetrieb, so wie wir
es jetzt haben, sind wir vollkommen, rundum
abgesichert. Das heißt, wir könnten bis zu
800 Stunden fliegen, in dem gleichen Regu-
larium, mit dem wir jetzt auch fliegen. Das
heißt, wir könnten noch ganz viele Erpro-
bungsstunden fliegen. Das ist auch die
Grundlage für die Anfangsflugbefähigung,
die mal vorgesehen war. Auch das wäre
möglich gewesen, immer mit dem Hinweis
darauf: Parallel dazu läuft die Einführung der
Serie, die weiterführende, umfassende Mus-
terprüfung und damit auch die technischen
Erkenntnisse, den Flugstundenvorrat des Full
Scale Demonstrator weiter zu erweitern.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also, ist es jetzt beabsichtigt, dann, also am
1. Oktober, wenn die Übergabe erfolgt, auch
diese verbleibenden Flugstunden, die ja da
sind, zur operativen Erprobung zu nutzen?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Die Möglichkeit
besteht. Zurzeit ist aber die Erlasslage bzw.
Entscheidungslage so, dass mit Abschluss
des letzten Erprobungsfluges die fliegeri-
schen Tätigkeiten des Full Scale De-
monstrators einzustellen sind; das ist mein
Kenntnisstand.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Warum ist das so?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das entspricht
wahrscheinlich - - Das ist eine Entscheidung,
die im BMVg gefallen ist.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Gut. Aber technisch jedenfalls wäre es mög-
lich, den Euro Hawk abzunehmen, ihn zu
nutzen für die verbleibenden 600 Flugstun-
den und damit im Prinzip die Fähigkeiten und
das Training im Rahmen der EloKa oder
sonstiger zuständiger Truppen zu erhalten?
Das wäre möglich?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das wäre ohne
Weiteres möglich, ja.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sie hatten vorhin gesagt - -

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Entschuldi-
gung, nicht „ohne Weiteres“, sondern: Es
wäre möglich. Und würde ich noch mehr
Stunden als 800 Stunden brauchen, dann
brauche ich entsprechende technische wei-
tergehende Untersuchungen. Da hatten wir
auch schon ein Programm aufgelegt, um auf
3 000 Stunden weiterzukommen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Aber diese 800 könnten wir ja ohne wei-
tere - -

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Die könnte man
jetzt nutzen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Die sind genehmigt, und die können wir
übergeben, und dann können sozusagen die
entsprechenden Kräfte ihre Fähigkeiten wei-
ter erproben?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja, übergeben
könnten wir es jetzt nicht so einfach, sondern
ohne weitere Änderung könnten wir Erpro-
bungsflüge in Manching durchführen. Wenn
wir das jetzt in Schleswig-Holstein machen
wollten, dann müssten wir wieder gewisse
Erprobungsflüge vorher durchführen, die ja
jetzt weggefallen sind, weil die Anfangsflug-
befähigung nicht mehr geplant ist.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ich denke jetzt nicht nur an Flüge. Ich denke
ja auch an die Arbeit mit der ISIS-Software.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja, die könn-
ten - -

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also, das sind ja Arbeiten und Fähigkeiten,
für die man nicht unbedingt ein flugbereites
System bräuchte, also die Auswertung durch
die EloKa, um das mal ganz konkret zu sa-
gen. Da wären ja sozusagen Möglichkeiten,
zu trainieren mit den - -

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das ist korrekt,
ja.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja.

Drucksache 17/14650 – 440 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 44
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Zeuge Rüdiger Knöpfel: Die wären da.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sie hatten vorhin gesagt: Wir werden das
nicht abnehmen können, aufgrund der Män-
gel. - Das muss ich noch mal verstehen.
Aber den Full Scale Demonstrator werden
wir doch am 30. September abnehmen, oder
nicht? Oder werden Sie den zurückweisen?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Wenn die ver-
traglichen Schuldigkeiten des Auftragneh-
mers im Rahmen der ISIS-Entwicklung nicht
geschuldet werden, kann ich den Gesamt-
vertrag so nicht abnehmen. Was soll ich mit
einem Teilluftfahrzeug, wo ich das System
nicht abnehme? Insofern: Er muss die aus-
reichenden technischen Spezifikationen
nachweisen. Erst dann ist das Vertragsziel
erreicht, belastbar erst gegen Ende Septem-
ber.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt geht es in die nächste Runde. Die
CDU/CSU? - Nein. Die SPD? - Herr Kollege
Meßmer.

Ullrich Meßmer (SPD): Ich wollte ein
Stück weit noch mal weg von diesen techni-
schen Fragen. Herr Knöpfel, weil Sie eben
gesagt hatten - - Wenn ich das richtig ver-
standen habe, haben Sie ja darauf hingewie-
sen, dass Sie schon personell - ich will es
mal vorsichtig formulieren - einige Engpässe
hatten. Und Sie haben auch darauf hinge-
wiesen, dass Sie da schwerpunktmäßig Un-
terstützung bekommen haben. Ist diese Un-
terstützung auf Ihre Anforderung gekommen,
und entsprach sie auch den Qualifikationen,
die benötigt wurden?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Die Unterstüt-
zung ist nicht nur auf meine Anforderung,
sondern auch auf die Anforderungen des
vorhergehenden Projektleiters gegeben wor-
den. Und wir hatten zum Teil Glück, dass wir
qualifiziertes Personal bekommen haben, ja.

Ullrich Meßmer (SPD): Können Sie et-
was zum Umfang und zur Zeitdauer des Ein-
satzes sagen?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja. Die Zeit-
dauer beschränkt sich in der Regel immer
auf sechs Monate und kann verlängert wer-
den. Natürlich haben wir in der normalen

Personalfluktuation auch Abgänge. Manche
Leute sind dann nach Amerika gegangen.
Ich müsste das jetzt im Einzelnen nachvoll-
ziehen. Aber es war - - Wir haben einen
Kernbestand von fünf Leuten, die für das
Gesamtsystem zuständig sind. Und wir ha-
ben ab und zu mal sieben Leute gehabt,
manchmal auch acht. Aber das ist jetzt keine
gängige Größe, sondern das schwankte im
Rahmen der gesamten Projektbearbeitung.

Ullrich Meßmer (SPD): Möglicherweise,
weil Auslandseinsätze waren und hier Lü-
cken geschlossen werden mussten?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Keine Aus-
landseinsätze für die Beamten damals. Jetzt
wäre es ein anderer Umstand, weil wir haben
ja jetzt auch die Soldaten bei uns, weil die
Nutzung zu uns gekommen ist. Aber der Fall
ist noch nicht eingetreten. Aber es war auch
Weiterentwicklung der Beamten.

Ullrich Meßmer (SPD): Sorry, das war
ein Missverständnis. Es ging mir eigentlich
um die Frage der Abnahme. Die hat ja zum
Teil auch in Amerika stattgefunden.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja. Das waren
aber Leute, die von der WTD waren. Die
haben nicht meinen Personalstand verrin-
gert.

Ullrich Meßmer (SPD): Dann noch eine
Frage zu dem Zeitraum. In welchem Zeit-
raum ist das Ganze - - Ich meinte jetzt nicht
die Dauer, die sechs Monate, sondern: In
welchem Zeitraum - 2012, 2011 - mussten
Sie stärker auf Unterstützung zugreifen?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das begann
eigentlich seit 2007. Seit wir den Vertrag
geschlossen haben, haben wir schon gefragt,
ob wir ein bisschen mehr Personal bekom-
men könnten, und das wurde dann teilweise
durch diese Schwerpunkteinsätze ein biss-
chen abgemildert, ja.

Ullrich Meßmer (SPD): „Abgemildert“
heißt aber nicht, dass es ausreichend war?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: So ist es.

Ullrich Meßmer (SPD): Danke schön.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 441 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 45
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Rainer Arnold (SPD): Ich wollte noch mal
zu den alternativen Plattformen kommen.
Diese Studie liegt vor. Welche Aussagen
sind darin an Kostenschätzungen? Das gilt
dann für den Kauf der Plattform, das gilt für
die Integration des Missionssystems, das gilt
für die Tests und vielleicht für Dinge, die ich
gar nicht kenne. Was kann man dazu sagen?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Noch mal. Ich
habe den Anfang der Frage nicht verstanden.

Rainer Arnold (SPD): Dieses Gutachten
zu alternativen Plattformen, welche Aussa-
gen gibt es dort oder an anderer Stelle zu
den Kosten der Plattform, der Integration, der
Tests und möglicherweise weiteren Kosten,
die ich nicht kenne?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Also, die
Schätzungen, die ausgegeben wurden, re-
duzierten sich auf eine ganz reduzierte An-
zahl von betrachteten Trägerlösungen. Vor-
nehmlich war auch der A319 genannt, weil
wir den auch schon im Bestand haben und
deswegen sehr schnell vielleicht einige Kos-
ten für den Betrieb nachher nehmen konnten.
Die Aussage gegen Ende des Jahres 2012
war: Es gibt Möglichkeiten, einen alternativen
Träger zu nehmen, sowohl bemannt als auch
unbemannt, die im derzeit geplanten Kosten-
rahmen unterzubringen seien.

Rainer Arnold (SPD): Die Frage ist nach
Summen, nach geschätzten Summen für die
Plattform, für die Integration und für die
Tests. Was kostet es?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Da müsste ich
in die eigenen Studien reinschauen. Sie wis-
sen, dass wir für die geplante Serie einen
Kostenanschlag von 515 Millionen, Be-
schaffungstitel, und noch mal 98 Millionen,
Entwicklungstitel, haben - die beiden zu-
sammen. Und das war die Kostenober-
grenze, die für die Studien gesetzt wurden.
Und die Aussagen waren mit sehr grober
Schätzung, dass es möglich sei, eine alter-
native Trägerlösung in diesem Kostenrah-
men unterzubringen, aber mehr auch nicht,
weil wir brauchten dann wesentlich härtere
Informationen, auch mit den Herstellern zu-
sammen. Denn die Kosten der Integration
und des Betriebs eines Luftfahrzeugs, das ja
die Fähigkeiten eines Euro Hawks ausglei-

chen soll, müssen auch erst evaluiert wer-
den.

Rainer Arnold (SPD): Ja, aber es ist
auch schon wieder ein halbes Jahr vergan-
gen. Wen könnten wir da fragen - wir haben
ja noch weitere Zeugen -, vor allen Dingen,
was die Kosten der Integration und der Tests
anlangt? Jemand muss sich ja damit be-
schäftigen. Man lässt das Papier ja nicht nur
einfach liegen.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Wir haben eine
weitere Studie beauftragt, im Februar, und
werden jetzt eine weitere Studie beauftragen,
um diesen Dingen näher auf den Grund zu
gehen.

Rainer Arnold (SPD): Und welchen Inhalt
hat die Studie aus dem Februar?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Aus dem Fe-
bruar war: erhärten - aber auch nur innerhalb
von zweieinhalb Wochen durchzuführen, weil
der Zeitdruck sehr groß war - diese Vor-
schläge, die dort Ende des Jahres gegeben
worden sind, mit neueren Erkenntnissen zu
füttern, ob sich das weiter so bestätigt hat.
Das war dann auch meiner Kenntnis nach
ein Grund für eine Handlungsoption inner-
halb der Entscheidungsvorlage für die Lei-
tung des BMVg. Allerdings waren auch dort
immer noch grobe Schätzungen vorhanden,
und deswegen ist der Bedarf, dort weiter
nachzuhaken, weiter gegeben. Zurzeit kann
ich keine belastbaren Aussagen geben, ob
eine andere Alternativlösung im geplanten
Kostenrahmen möglich ist.

Rainer Arnold (SPD): Ich erwarte auch
keine belastbaren. Ich erwarte nur Ihren
Kenntnisstand, ob Sie Kenntnis davon ha-
ben, welche Größenordnungen dort angege-
ben sind. Nur das erwarte ich.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Okay. Wir re-
den hier von den Kostenobergrenzen, die
jetzt vorgesehen sind, und das ist die
Grundlage.

Rainer Arnold (SPD): Okay. - Es geht ja
bei dem Vertrag auch um Meilensteine als
Voraussetzung für Tranchen der Bezahlung.
Wer gibt diese Meilensteine frei?

Drucksache 17/14650 – 442 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 46
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Die entspre-
chenden meilensteinbezogenen Rechnungen
kommen durch die Firma, werden dort vor-
gestellt. Sie werden technisch durch uns
bewertet. Mit dieser Bewertung, ob der Er-
füllungsgrad erreicht ist, geben wir das an
unser Vertragsreferat, und die begleichen
dann die Rechnungen.

Rainer Arnold (SPD): Wer ist „uns“?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Also, „uns“ sind
meine Mitarbeiter im Referat L5.1.

Rainer Arnold (SPD): Und wer unter-
schreibt dann letztendlich, dass es erreicht
ist?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Der, das tech-
nisch beurteilt, und das ist - - Letztendlich bin
ich das dann; ich bin der Verantwortliche.

Rainer Arnold (SPD): Sie unterschrei-
ben?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja.

Rainer Arnold (SPD): Das wollte ich
einfach wissen. - Wie viel Mittel sind bis zum
Jahr 2010 abgeflossen?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Da müsste ich
jetzt nachschauen; diese Zahl habe ich nicht.

Rainer Arnold (SPD): Haben Sie ein
Gefühl dafür oder eine Einschätzung?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Na ja, bis zum
Jahr 2010, da haben wir den Träger bezahlt.
Aber da müsste ich nachschauen. Das kann
ich jetzt direkt nicht sagen. Das muss um den
Bereich von - - Ich weiß es nicht, muss ich
jetzt nachschauen.

Rainer Arnold (SPD): Zu den Meilenstei-
nen gehört doch sicher auch die Frage der
Bodenstationen, ja?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja.

Rainer Arnold (SPD): Was ist mit der
Bodenstation, die nicht geliefert wurde, für
die Missionsplanung?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Wir haben
keine Bodenstation für die Missionsplanung,

sondern wir haben im Zuge der Projektierung
auch versucht, eine entsprechende vorge-
schlagene Missionsplanungsstation der US
Air Force mit zu übernehmen. Das ist die
sogenannte Joint Mission Planning Station,
die allerdings noch nicht die Leistungsfähig-
keit hat, die uns in die Lage versetzt, eine
unabhängige Flugmissionsplanung durchzu-
führen. Das ist ein FMS-Anteil, der - -

Rainer Arnold (SPD): Wenn ich die Un-
terlagen richtig verstanden habe, haben wir
dieses Teil nicht, weil die USA die nicht ex-
portieren wollen, nicht wegen der Technik.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Es gab eine
Version ganz zu Anfang, das war eine Ver-
sion 1.3.2. Diese war entgegen ersten Aus-
sagen der US Air Force nicht exportfähig,
weil, hätten wir diese Version bekommen,
hätten wir die gesamte Nuklearplanung der
US Air Force einsehen können. Deswegen
kam das Angebot, weil das so nicht expor-
tierbar ist - und das hat nichts mit unseren
zivilen Auftragnehmern zu tun; das ist reines
Regierungsgeschäft mit der US Air Force - -
gab es dann das Angebot, eine exportierbare
Version für uns zu erstellen, die dann auch
erstellt wurde mit der Version 1.3.3.

Rainer Arnold (SPD): Nehmen wir an,
der Demonstrator würde weiter betrieben.
Wie würde man diese Klippe jetzt umschif-
fen, oder würde man auf Dauer Missionspla-
nung von den USA machen lassen?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Mittlerweile ha-
ben wir Aussagen darüber, dass die techni-
schen Probleme, die dazu führen, dass wir
das Missionsplanungssystem JMPS für ein
unbemanntes System nicht nutzen können,
behoben sind, und wir haben Aussagen da-
rüber zu Anfang dieses Jahres bekommen,
dass es bis 2017 ein verfügbares System für
uns geben könnte, wenn nicht sogar schon
früher.

Bis dahin nehmen wir in Übereinkunft mit
der US Air Force das alte System, nach dem
auch die US Air Force noch plant, das soge-
nannte AFMSS, das Air Force Mission Sup-
port System. Das können wir allerdings nicht
selbst bedienen, sondern da müssen wir uns
der amerikanischen Unterstützung bedienen.

Rainer Arnold (SPD): Also, das heißt, wir
würden so oder so mindestens bis 2017 auf

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 443 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 47
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

amerikanische Missionsplanung setzen müs-
sen?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das ist korrekt,
nach dem jetzigen Kenntnisstand, ja.

Rainer Arnold (SPD): Ist das ein Grund
dafür, dass das Projekt - auch als De-
monstrator weiterführen - auch nicht so inte-
ressant ist für uns?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das kann ich
nicht beurteilen. Ich bin in der Lage, alle
Testflüge auszuführen, weil ich entspre-
chende Missionsplanungen habe, und ent-
sprechende darüber hinausgehende Mis-
sionsplanungen wären auch möglich mit den
Amerikanern zusammen, ja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wem ge-
hört das Teil, das jetzt in Manching steht?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das gehört
noch der Industrie.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Und wird
es dann irgendwann der Bundesrepublik
Deutschland gehören?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ziel ist es,
wenn wir das System technisch abnehmen,
dass das Eigentum an uns übergeht, ja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sie wol-
len das System technisch abnehmen?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Wenn die Vo-
raussetzungen gegeben sind und wir keine
andere Weisung bekommen, ist die Hand-
lungsalternative zurzeit, dass wir den Vertrag
erfüllen, und dazu gehört von unserer Seite
auch die Verpflichtung zur Abnahme des
Systems.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wenn Sie
es abnehmen, haben Sie damit testiert, dass
es funktioniert?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Zumindest in
den Bereichen, in denen wir es anerkannt
haben.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Dann ist
auch kein Schadenersatz mehr möglich?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ein Schadens-
ersatz? Das müssten die Juristen klären, was
dann noch rauszuholen ist.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber Sie
streben an, dass Sie es abnehmen. Und
dann ist es bei wem? Im Rüstungsbereich
der Bundeswehr oder bei der Luftwaffe, oder
wer hat es dann?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Es hat die Bun-
desrepublik Deutschland übernommen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja, und
wer hat es dann? Also, sozusagen wer re-
präsentiert dann die Bundesrepublik
Deutschland als Zurverfügungsteller des
Parkplatzes?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das ist im
Augenblick der Halter. Das wäre dann die
WTD 61.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Okay. -
Ist hinsichtlich des Zu-Ende-Entwickelns des
ISIS-Systems irgendein Druck auf Sie aus-
geübt worden? Also, wir haben ja festgestellt
sozusagen: Das soll jetzt unbedingt zu Ende
kommen.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja, ich meine,
wir haben die Weisung bekommen, bis zum
Ende des Monats September eine entspre-
chende Qualifizierung des ISIS-Systems
durchzuführen und dort andere Anteile zu
streichen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Kann das
ein Grund dafür sein, dass alles bisher immer
so lange gedauert hat, das Feststellen, dass
die alternativen Zulassungswege nicht ge-
hen, das darüber Nachdenken, ob man alter-
native Trägerplattformen bekommen kann?
Generalinspekteur Schneiderhan sagte uns
gestern, dass bereits 2008 das bei ihm ein
Thema gewesen sei.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Die Vorgänge,
die sich mir erschließen, sind, dass man auf
die Serie verzichtet hat, die Anfangsflugbefä-
higung auch nicht mehr anstrebt, aber eine
Aussage zur technischen Leistungsfähigkeit
des ISIS-Systems haben möchte. Und gegen
Ende letzten Jahres war der Vertragsablauf
bis zum Ende September vorgesehen, und,
ich glaube, dahin hat sich dann auch der

Drucksache 17/14650 – 444 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 48
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Auftrag gewandt, bis zum Ende des Septem-
bers jetzt eine qualifizierte Aussage zum
ISIS-System zu geben.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber bis
Ende September war ohnehin der bisher
vorgesehene Vertragsablauf?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ende des Jah-
res war der Gesamtablaufplan und das Ver-
tragsende für September vorgesehen. Im
Oktober hätte dann die Übergabe an die
Luftwaffe stattgefunden zur Anfangsflug-
befähigung in Schleswig.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das
heißt, es ist immer wieder nichts geändert
worden an dem Plan, sozusagen die Erpro-
bungen weiter durchzuführen, wegen ISIS?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Exakt. Das ist
mein Verständnis, ja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Hat es
Ablösungen von Personen im Projektmana-
gement oder in der WTD gegeben?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Nein, nicht
dass mir bekannt ist.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Auch
nicht im Ministerium?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Auch nicht im
Ministerium; nicht dass mir das bekannt ist.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wenn
man die veröffentlichten Dinge, also nicht die
Vermerke, die wir jetzt im Nachhinein be-
kommen, sondern das, was zwischendurch
ja immer schon mal geschrieben wurde,
liest - - Also, haben wir hier zwei Projektzu-
ständige, die berichten über die Erprobungen
in den USA, und die schreiben, da sei vieles
an der Flugerprobung nicht erflogen worden,
sondern simuliert. Ist das üblich?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das kann ich
nicht bestätigen, dass da nichts erprobt
wurde.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Nein,
nicht nichts, also dass vieles simuliert wor-
den sei.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Es gibt einige
Dinge, die kann man simulieren. Ja, das ist
übliches Geschäft. Was man nicht unbedingt
in der Luft erproben muss, kann man simulie-
ren. Wenn dies die Abnahme findet durch die
entsprechenden verantwortlichen Personen,
dann kann das akzeptiert werden. Das ist
übliches Geschäft in der Erprobung.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wann
haben Sie erfahren, dass die US Air Force
das Projekt Global Hawk 20, also diesen
Block 20, nicht mehr betreiben will?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das habe ich
nie erfahren. Ich habe erfahren, dass ich
Anfang - - Oder: Anfang 2012 habe ich erfah-
ren, dass der Block 30 nicht mehr weiter
fortgeführt werden soll, und der Block 20
sollte nach damaligen Erkenntnissen noch
weiter geflogen werden. Beschaffungen
standen ja da nicht mehr aus. Und auch der
Block 40 sollte weiter geflogen werden zum
damaligen Zeitpunkt, ja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Nach un-
serer Vermerklage war die Versorgbarkeit
des Euro Hawks auf der Basis Global Hawk
20 bereits 2011 nicht mehr gewährleistet.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das ist immer
so eine bestimmte Vorstellung, dass es einen
wesentlichen Unterschied zwischen Block
20, 30 und 40 gibt. Das sind nahezu exakt
die gleichen Luftfahrzeuge, nur die Missions-
ausstattung unterscheidet sich. Und da wir
nichts mit der abbildenden Missionsausstat-
tung zu tun haben, ist für uns Block 20, 30,
40 eigentlich fast das Gleiche. Das heißt,
wenn hier Luftfahrzeuge auf Block 40 einge-
stellt werden und Block 30 und Block 20, ist
natürlich die Versorgungslage entsprechend
infrage gestellt, ja.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön. - Jetzt kommt die FDP. -
Nicht. - Die Linke?

Inge Höger (DIE LINKE): Ich habe noch-
mal eine Frage zu den Kosten. Sie haben
vorhin dargelegt, dass die Entscheidung
2010, den Full Scale Demonstrator mit einer
vorläufigen Verkehrszulassung zu Ende zu
testen, gefallen ist, weil, um die ganzen Vo-
raussetzungen für die Zulassung zu bekom-
men - - in den USA zu aufwendig seien.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 445 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 49
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Können Sie das mal beziffern, wie hoch die
Kosten gewesen wären?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Also, es gab
keine Entscheidung, den Rest der Erpro-
bungsphase mit einer vorläufigen Verkehrs-
zulassung durchzuführen. Das war von An-
fang an immer schon so geplant. Auch wäh-
rend der Anfangsflugbefähigung sollte der
Full Scale Demonstrator mit einer vorläufigen
Verkehrszulassung betrieben werden. Die
Entscheidung bezog sich lediglich darauf,
den Weg der umfassenden Musterprüfung
für den Full Scale Demonstrator nicht mehr
weiterzuverfolgen, sondern sich auf die Pro-
totypenprüfung zu beschränken, weil techni-
sche Unterschiede schon damals darauf
hinwiesen, dass, würde ich die umfassende
Musterprüfung für den Full Scale De-
monstrator weiterverfolgen, ich ein Bemühen
beauftragt hätte, was sich gar nicht mehr
gelohnt hätte.

Außerdem - das war der weitere Grund -
war ein Bestreben da, diesen Full Scale De-
monstrator möglichst schnell in die operatio-
nelle Nutzung zu übernehmen. Deswegen
wäre auch ein Beharren für ein technisch von
der Serie unterschiedliches Luftfahrzeug für
einen Flugbetrieb auf 20 Jahre hinaus nicht
mehr angemessen gewesen.

Deswegen haben wir uns im Rahmen der
Projektierung dann auf die Prototypenprü-
fung beschränkt, um möglichst schnell dieses
Luftfahrzeug einer verkehrsrechtlichen Zu-
lassung zuzuführen, und haben die Anteile,
die irgendwie sowieso stattfinden müssen,
dann auf die spätere Serie verlagert.

Inge Höger (DIE LINKE): Aber irgendwie
in Geld können Sie das nicht beziffern, was
das für ein Aufwand gewesen wäre?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Nein, ich kann
nicht sagen, was ich jetzt putativ eingespart
habe, weil ich Leistungen nicht mehr abge-
fragt habe, die für uns sinnlos gewesen wä-
ren. Das ist jetzt auch in die Glaskugel
schauen.

Inge Höger (DIE LINKE): Ich übergebe
mal an meinen Kollegen Koch.

Harald Koch (DIE LINKE): Herr Knöpfel,
habe ich Sie vorhin richtig verstanden? Sie
sind Pilot und waren auch Testpilot?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja.

Harald Koch (DIE LINKE): Okay. - Noch
mal zum System ISIS. Es werden ja Test-
flüge durchgeführt über dem Süden
Deutschlands, großflächig. Und dort werden
ja zum Test Informationen, also Signale,
aufgesaugt, regelrecht wie mit einem Staub-
sauger; der Begriff wurde ja schon öfters
verwendet. Da fallen ja eine Menge von Da-
ten an. Können Sie sagen, was für Daten
dort, Funksignale, aufgefangen werden, also
zum Beispiel auch Mobilfunkdaten von Pri-
vatnutzern? Wie gehen Sie damit um? Ich
sage mal Art. 10 Grundgesetz. Und dann: Ist
bei diesen ganzen Proben der Datenschutz-
beauftragte mit einbezogen?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Es geht bei den
Erprobungen, so wie wir sie zurzeit durchfüh-
ren, um den Nachweis der gesamten Funk-
tionskette. Das heißt, wir stellen Sendesta-
tionen auf, von denen wir wissen, wo sie
stehen, in welchem Frequenzbereich sie
stehen, und versuchen, diese Systeme in der
Luft aufzufassen, abzuspeichern und auch
gleichzeitig an den Boden zu transferieren.
Das sind Sendestationen, die von uns aufge-
stellt werden. All das muss in der entspre-
chenden Spezifikation nachgewiesen wer-
den.

Sicher können dabei auch Daten aufge-
fangen werden, die nicht zum Erprobungsbe-
reich führen. Dazu gibt es entsprechende
Vorkehrungen gemäß der G-10-Kommission,
dass entsprechende Daten dieserseits unter
juristischer Aufsicht dann sofort gelöscht
werden, die nicht zum Erprobungsgegen-
stand gehören.

Harald Koch (DIE LINKE): Und das sind
Juristen jetzt aus Ihrem Bereich, oder sind
das unabhängige?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Nicht aus mei-
nem Bereich, aus dem Bereich KSK [sic!],
Kommando Strategische Aufklärung, die vor
Ort - -

MR Andreas Conradi (BMVg): Entschul-
digung, Frau Vorsitzende, aber Angelegen-
heiten hier der G 10 und der Schutz gegen
G 10 usw., das, meine ich, könnten wir jetzt
nicht in öffentlicher Sitzung hier erörtern.

Drucksache 17/14650 – 446 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 50
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ja, Herr Kollege Koch.

Harald Koch (DIE LINKE): Es geht hier
nicht um die Inhalte.

MR Andreas Conradi (BMVg): Ja, aber
auch das Verfahren - -

Harald Koch (DIE LINKE): Ich habe
eigentlich schon genug gehört jetzt. Was Sie
gesagt haben, das reicht mir.

Jetzt die Frage: Ist - - Ich habe ja nach
den Datenschutzbeauftragten - - Da gibt es
ja Landesbeauftragte, es gibt den Bundes-
beauftragten. Ist einer von denen offiziell mit
integriert in diesen ganzen Prozess hinsicht-
lich der Beaufsichtigung, welche Daten er-
fasst werden und was damit geschieht?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das ist mir
nicht bekannt. Zumal die Daten ja auch,
wenn sie nicht zum Untersuchungsgegen-
stand gehören, sofort gelöscht werden.

Harald Koch (DIE LINKE): Zum Einsatz
dieses ISIS dann, wenn es mal fertig ist, also
wenn es qualifiziert ist und zugelassen:
Könnten Sie sich vorstellen, dass dieses
System dann zum Beispiel bei der Piraten-
bekämpfung eingesetzt wird?

MR Andreas Conradi (BMVg): Frau Vor-
sitzende, das ist reine Spekulation, glaube
ich.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ja, das denke ich auch. Das sind Vermutun-
gen, Herr Kollege Koch.

Haben die Linken jetzt keine Fragen
mehr? - Dann kommen die Grünen. Herr
Kollege Lindner.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Vielen Dank. - Habe ich Sie rich-
tig verstanden, dass die Unterschiede zwi-
schen Global Hawk Block 20 und Global
Hawk Block 30 aus Ihrer Sicht nicht so be-
deutend oder groß sind, wie das gemeinhin
angenommen wird, dass da eine sehr große
Ähnlichkeit besteht?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Es kommt da-
rauf an, auf was Sie sich beziehen. Wenn wir
uns nur auf das Trägerluftfahrzeug beziehen,
dann haben wir dort eine Übereinstimmung

der technischen Anteile von 90 Prozent. Es
gibt kleine technische Fortschritte, klar. Aber
es gibt jetzt keinen Technologiesprung da-
zwischen. Unterschiedlich sind sie im Be-
reich der Aufklärungssensorik; weil das sind
vollkommen verschiedene Anteile.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Hat das dann zur Konsequenz,
dass, was Zulassungsfragen betrifft und Teil-
nahme am Luftverkehr, es dann auch eine
große Ähnlichkeit der Problemlage zwischen
Euro Hawk und dem NATO-AGS-System
geben muss?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Wollten wir ein
Global Hawk in unserem Regelwerk zulas-
sen, wären die Herausforderungen wahr-
scheinlich in der gleichen Größenordnung.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Zu den Studien über alternative
Trägerplattformen. Sie haben zweimal er-
wähnt, dass Zeitdruck bestanden hat. Warum
hat dieser Zeitdruck bestanden, bzw. wer hat
Ihnen diesen Zeitdruck gemacht?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Nun, wenn die
Vorgabe kommt, dass man möglichst bis
Ende des Jahres eine entsprechende Emp-
fehlung haben möchte, dann resultiert daraus
ein erheblicher Arbeitsdruck, weil wir viele
ungeklärte Dinge und Fakten zusammentra-
gen müssen, die wir in einer relativ kurzen
Zeit erbringen müssen.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie haben eben gesagt, dass Sie
im Februar dieses Jahres eine weitere Studie
zu Trägerplattformen gemacht haben, bei der
ein Ergebnis binnen zweieinhalb Wochen
vorliegen sollte. Warum sollte das Ergebnis
so schnell da sein?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Dazu kann ich
keine Stellung nehmen. Das ist eine Ent-
scheidung, die im BMVg gefallen ist.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ist im Rahmen dieser Studien,
wenn wir über Wirtschaftlichkeit oder Kos-
tenschätzungen reden, auch in irgendeiner
Art und Weise versucht worden, zu quanti-
fizieren, wie hoch die Integrationskosten des
ISIS-Moduls dann in eine andere Träger-
plattform sind?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 447 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 51
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das ist natür-
lich Gegenstand der Untersuchung. Aber
dazu bedarf es erst mal intensiver Beratung
mit den jeweiligen Herstellern, weil wir müs-
sen ja dann erst mal technische Informatio-
nen bekommen, um zu klären, wie aufwendig
eine Antennenverlagerung ist und die ent-
sprechende Einrüstung einer entsprechen-
den Datenübermittlungsanlage ist.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das heißt, es würden Kosten
anfallen, aber die Höhe dieser Kosten ist
ungeklärt?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das ist korrekt.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Vielen Dank. - Herr Kollege Nou-
ripour macht dann weiter.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich würde gerne wissen, wie viele
ISIS-Systeme es schon gibt, einfach rein
physisch. Wie viele Systeme existieren be-
reits?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Sie meinen
jetzt unsere deutschen Systeme?

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Richtig, die Aufklärungssysteme.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Wir haben ein
eingerüstetes System, und im Zuge der An-
fangsausstattung oder - Entschuldigung - der
Anfangsflugbefähigung sollte ein Ersatzteil-
vorrat beschafft werden, der nahezu ein
zweites System darstellt, um einfach
schnellstmöglich dann den Einsatz mit die-
sem einen Träger gewährleisten zu können.
Die restlichen Systeme wären erst mit der
Einführung, mit der Serie bestellt worden.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das bedeutet: Es sollte ein
zweites System - - Gibt es das jetzt, oder gibt
es das noch nicht?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Nein, es - - In
der vollen Form gibt es kein vollständiges
System. Aber in der Summe aller Einzelteile
oder Ersatzteile, die bestellt wurde, kommt
man nahezu an einen Erfüllungsgrad für ein
gesamtes System ran. Da wurde einfach
überlegt: „Welche Ersatzteile könnten mit

welcher Wahrscheinlichkeit ausfallen?“, und
weil ich nur ein System habe, beschaffe ich
entsprechend weitere Ersatzteile, um
schnellstmöglich den Einsatz zu unterstüt-
zen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wenn es eine Entscheidung ge-
geben hat über ein alternatives Trägersys-
tem, dann wird es so sein, dass das jetzige
ISIS-System, das jetzt existierende, in das
neue eingebaut wird?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Davon gehen
wir aus.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das heißt, das, was jetzt zu-
sammengebaut wird, bis Ende September
dann voraussichtlich abgenommen werden
soll Ihrerseits, wird dann wieder auseinan-
dergebaut?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja, klar. Es ist
ja ein integriertes Missionssystem. Das muss
man erst mal wieder ausbauen, wobei Sie
jetzt sich nicht vorstellen können, dass das
ganz viele verschiedene Dinge sind, sondern
das sind kleine Kästchen, die hier eingebaut
sind, die halt verschieden verteilt sind; die
können wir in einem anderen Luftfahrzeug
wieder einbauen. Aber wir müssen immer
bedenken, dass wir hier nicht von dem ISIS
reden, sondern wir haben ein ISIS in einer
Spezifikation für den FSD. Das ist ein be-
schränkter Leistungsumfang. Gemessen an
dem, was wir haben wollten, sollte die Rest-
entwicklung auf Basis der Erkenntnisse, die
wir dann aus dem Betrieb haben, weiterent-
wickelt werden, um den gesamten, vollen
Umfang zu haben. Diese Entwicklung steht
natürlich auch nur aus, wenn man sie weiter
betreiben will. Wenn man zufrieden ist mit
dem Funktionsumfang, den wir jetzt haben,
dann könnte ich Ihrer Vorstellung folgen,
dass wir das System so nehmen und dann in
einen anderen Träger einbauen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wenn es aber dann geschieht
bzw. Bestandteile dann aus dem jetzt inte-
grierten System herausgenommen werden,
um dann in das endgültige Trägersystem
hineingebaut zu werden, was ist dann der
Sinn davon, dass man das System, wie es
jetzt ist, abnimmt?

Drucksache 17/14650 – 448 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 52
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Weil wir müs-
sen - - Um zu sehen, ob der Vertrag seitens
des Auftragnehmers erfüllt wurde, müssen
wir analysieren, in welcher Form und in wel-
cher Güte und in welchem Grad die techni-
schen Spezifikationen, die uns vertraglich
geschuldet sind, erfüllt werden. Wenn sie
hinreichend erfüllt werden, haben wir eine
Abnahmepflicht; das heißt, wir müssen das
System übernehmen. Das ist unsere Pflicht
dann.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das heißt, Sie sind vertraglich
verpflichtet, -

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Wenn das alles
funktioniert technisch, ja; genau.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): - das abzunehmen, wenn es am
Ende - -

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das war ja
auch das Ziel, dass wir es in unseren Bereich
übernehmen und dann der Luftwaffe zum
weiteren Betrieb geben.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das ISIS-System, wie Sie es
gerade beschrieben haben, wie Sie es ja
ursprünglich haben wollen am Ende der
Strecke, was wiegt das eigentlich?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Jetzt haben Sie
mich erwischt.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich frage deswegen, weil Sie ja
vorhin gesagt haben, es gebe ja Studien. Sie
haben ja vorhin auch alternative Trägersys-
teme genannt, nämlich Heron TP, ein Ge-
schäftsflugzeug, oder eben Airbus 319. Bei
einem Geschäftsflugzeug - da denkt man ja
zum Beispiel an Grob Airflight - und bei TP,
da sind die Nutzlasten ja alle unter 1 Tonne.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das ist korrekt.
Deswegen müssten wir bei einer Weiterver-
folgung Heron TP, was wirklich nur als Studie
nur nebenbei läuft, wahrscheinlich das
SIGINT-System auflösen in die Bestandteile
ELINT und COMINT.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das erklären Sie bitte. Ich ver-
stehe das nicht. Was ist Elend?

(Heiterkeit)

Zeuge Rüdiger Knöpfel: ELINT ist die - -
Nicht Elend, ELINT.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ah.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: ELINT ist die
elektronische Intelligence, und COMINT ist
die Communication Intelligence. Beide Sys-
teme zusammen ergeben Signal Intelligence.
Und wenn wir dort auf den Heron TP gingen,
dann - im Rahmen der begrenzten Nutzlast -
müssten wir dort Restrukturierungen durch-
führen, und dann müssten wir das zusam-
mengebaute System halt in Einzelteile auf-
teilen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Und die Einzelteile kommen in
zwei Herons oder - -

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja, ja. Das
müssten dann zwei Herons sein.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das heißt, man müsste sozusa-
gen zwei Herons kaufen, haben, damit man
einen Euro Hawk dann ersetzen kann. Das
heißt aber gleichzeitig auch - damit ich das
verstehe -, dass, wenn man das System
nicht splitten will, von den alternativen Trä-
gersystemen, die Sie genannt haben, eigent-
lich nur der Airbus 319 infrage kommt.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Nicht nur der
Airbus 319, aber ein - - Also, ein Luftfahrzeug
dieser entsprechenden Größenordnung kann
das ohne Weiteres tragen; das könnte aber
auch Boeing sein, das könnte auch ein Air-
bus 318 sein. Also, wir brauchen ein System,
was eine entsprechende Nutzlast tragen
kann. Das ist auch bei Flugzeugen kleinerer
Größenordnung durchaus möglich. Es geht
nur darum, zu untersuchen, wo wir
schnellstmöglich Informationen herbekom-
men, und da wir den Airbus 319 selbst im
eigenen Betrieb haben bei der Flugbereit-
schaft, war es uns schnellstmöglich dort - -
möglichst schnell wirtschaftliche Daten zu
bekommen. Deswegen fokussiert sich das
zum Teil im Augenblick auf den A319. Der ist

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 449 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 53
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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aber als Lösung noch nicht gesetzt. Das ist
einfach ein schnelles, effizientes Vorgehen,
um schnellstmöglich Informationen zu be-
kommen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Wir kommen jetzt in die nächste Runde.

(Markus Grübel (CDU/CSU): Brau-
chen wir denn noch eine Runde?)

CDU/CSU?

Markus Grübel (CDU/CSU): Ja, dann
würde ich noch mal eine Frage stellen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Bitte.

Markus Grübel (CDU/CSU): Sie haben
die Studie Ende Februar angesprochen - da
war Ende Februar 2013 gemeint -, -

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Exakt, ja.

Markus Grübel (CDU/CSU): - und Sie
haben gesagt, die Studie ist eingeflossen in
die Entscheidungsvorlage; da meinen Sie die
Entscheidungsvorlage, die dann im Mai zu
der Entscheidung geführt hat. War die Studie
vom Ende Februar 2013 aussagekräftig?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja, sie hat Aus-
sagen getroffen, mit einer entsprechenden
Grobabschätzung und auch mit dem Hinweis
darauf, dass nähere Informationen erst mit
einem intensiven Dialog mit den jeweiligen
Herstellern zu erlangen sind. Insofern ist da
ein Risiko dabei, insbesondere was wirt-
schaftliche Abschätzungen angeht; aber
mehr war zu der Zeit nicht möglich.

Markus Grübel (CDU/CSU): War das ein
wichtiger Baustein für die Entscheidungs-
vorlage?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Kann ich nicht
beurteilen. Ich war bei der Entscheidungsfin-
dung nicht beteiligt.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ja, die
Frage nach Alternativen - das ist ja in der
Regel, wenn ich überlege: „Setze ich
600 Millionen Euro ein?“ und im Grunde
habe ich nachher möglicherweise etwas, was
auch keine Zulassung hat - stellt sich dann
anders, wenn ich Alternativen erkenne.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das ist voll-
kommen richtig; da bin ich mit Ihnen auch
einer Meinung. Aber ich war halt bei der Ent-
scheidungsfindung nicht beteiligt. Ich kann
das auch nur ableiten daraus, dass es unter
diesem Zeitdruck gefordert wurde und dass
diese Möglichkeit einer alternativen Träger-
lösung auch in der Vorlage artikuliert wurde.
Also liegt es auf der Hand. Aber ich kann
Ihnen nicht sagen: Genau so war es.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ohne diese
Studie, die Ende Februar 2013 vorlag, hatten
Sie ältere Studien, die man hätte verwenden
können für die Entscheidungsvorlage?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja, nur die Stu-
die, die Ende des Jahres 2012 aus dem glei-
chen Anlass schon getätigt wurde, wo eine
erste Grobabschätzung durchgeführt wurde.
Weil die aber auch noch relativ - - ja, Grob-
schätzungen beinhaltete, wurde versucht,
dieses Ergebnis für zwei ausgewählte Lö-
sungen noch mal zu vertiefen, und da konnte
eigentlich auch nur bestätigt werden: Ja, es
geht weiter in die Richtung; aber abschlie-
ßend kann man bei weitem noch nichts sa-
gen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Was wir
jetzt öfter gehört haben, dass in Vorlagen
drinstand, dass eine abschließende Bewer-
tung erst später erfolgen kann - da wurde
dann mal Ende März 2013 angesprochen -,
hat möglicherweise eine Ursache in der
Frage: „Welche Alternativen gibt es?“, und
dazu hat man die Studie gebraucht?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja.

Markus Grübel (CDU/CSU): Hätten Sie
es verantwortlich gefunden, wenn man vor-
her eine Entscheidung getroffen hätte, ohne
sich Gedanken zu machen und eine Studie
einzufordern über Alternativen, aus fachlicher
Sicht?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Also, ich bin
Techniker und auf der anderen Seite, wie Sie
schon sagten, Pilot. Ich habe immer gern
eine Alternative zur Hand, und deswegen ist
es eigentlich nur erklärlich, wenn man, bevor
man einen solchen Schritt macht, auch Alter-
nativen untersucht, ja.

Drucksache 17/14650 – 450 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 54
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Markus Grübel (CDU/CSU): Frau Vorsit-
zende, ich habe keine Fragen mehr.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut. - Dann kommt die SPD-Fraktion. Herr
Kollege Bartels.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das ist ja
im Moment eine ganz großartige Situation.
Also, wir sind zwischen der Schätzung - -
Also, für die Serie bräuchten wir, für die
Musterzulassung, 100 bis 600 Millionen zu-
sätzlich - das weiß man nicht genau -, und
für die Alternative bräuchten wir - was immer;
Sie wissen es nicht oder sagen es uns nicht.
Wir sind ein bisschen in der blöden Situation,
dass - - Die Akte ist wohl schon da im - -
also, die Studie, im Verteidigungsausschuss-
sekretariat. Wir sind ja ein Ausschuss in Just-
in-time-Produktion. Also, wir würden - - Viel-
leicht kriegen wir sie heute noch. Dann hät-
ten wir sozusagen die Chance, dazu auch
noch mal Fragen zu stellen. Da steht ja
wahrscheinlich was drin an Zahlen, an die
Sie sich jetzt nicht erinnern können. Aber
wenn man Grobabschätzungen hat, wäre
das ja - Kollege Grübel hat völlig recht - sinn-
voll, alle Zahlen zu kennen, wie es auch
sinnvoll gewesen wäre, zu wissen, ob es 100
oder 600 Millionen sind. Ist das denn mal
weiter untersucht worden - diese sehr unter-
schiedlichen Schätzungen -, was die Zulas-
sung der Serie kosten würde?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Die Aussagen
der beiden Studien zeigen, dass es möglich
erscheint, den jetzigen Finanzrahmen, der für
die Serie vorgesehen ist, nicht zu über-
schreiten, allerdings mit sehr hohen Risiken
behaftet, weil man näher noch nicht rein-
schauen konnte. Dazu bedarf es wirklich
einer weiteren Untersuchung. Mehr ist an
Aussagen nicht daraus zu ziehen, und das ist
natürlich in entsprechenden quantitativen
Angaben umgesetzt worden, die halt im Ver-
gleich zu einer Euro-Hawk-Serie, und zwar
nur Beschaffung und Betrieb nachher, ohne
die entsprechend zusätzlich erforderlichen
Mittel für die Zulassung, vorlagen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ist denn
mal abgeschätzt worden für die Zulassung
der Serie Euro Hawk - 100 oder 600 Millio-
nen? -, was es denn wohl realistischer kos-
ten würde?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Na ja, da hatte
ich vorhin schon gesagt, dass es dort einer
weiteren Untersuchung bedarf. Wenn wir
wirklich genau wissen, welche Vorlagen oder
welche - nicht Vorlagen - Dokumente nicht
vorliegen, die wir dann einzeln erstellen
müssten im - -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja, ja,
das sagten Sie ja.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber: Ist
es gemacht worden?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Nein, nicht in
der Tiefe, weil - -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Also, es
gab nur die Schätzungen?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Es gab nur die
Schätzungen, genau.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): 100 bis
600 Millionen?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ist das
üblich?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Wenn der Lei-
ter ML sagt, dass er die Schätzung der In-
dustrie, 100 Millionen, als wirklich nur untere
Grenze sieht, und er höhere Schätzungen
macht, dann stellt sich wahrscheinlich die
Frage, ob es überhaupt sinnvoll ist, diesen
Weg weiter zu beschreiten. Deswegen wurde
daraufhin dieser Handlungsstrang beendet.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): War das
nach Ihrer Sicht richtig, das nicht zu untersu-
chen?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Wir hätten uns
vielleicht gern gewünscht, dort noch weiter
reinzuschauen; aber nach unseren bishe-
rigen Erkenntnissen war nicht von einer
schönen und schnellen Lösung die Rede.
Das heißt, man hätte vielleicht sich bei der
Unsicherheit zwischen 100 Millionen und
600 Millionen bei einer fixeren Zahl getroffen.
Aber die Größenordnung hätten wir nicht
groß reduzieren können bei Festhalten an

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 451 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 55
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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einer umfassenden Musterprüfung im gege-
benen Regelwerk, wie es zurzeit ist.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): War da
nur diese Summe der ausschlaggebende
Grund für das Nichtauslösen der Serie?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das ist mir
nicht bekannt.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sie wis-
sen nicht, ob es andere Gründe gibt, techni-
sche Gründe?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ich habe zurzeit
keine Kenntnis über technische Gründe, die
uns davon abhielten, dieses System - - Die
Zulassung ist in bestimmten Dingen natürlich
auch ein technischer Grund. Aber technische
Gründe, die über die Zulassung hinaus-
gehen - nein, weil das System an sich so
nach unseren jetzigen Erkenntnissen auch
genau funktioniert. Die flugmechanischen
Dinge sind nachgewiesen worden. Wir brau-
chen nur noch den Nachweis der techni-
schen Leistungsfähigkeit ISIS.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Also,
Euro Hawk ist ein gutes System?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: So wie es zur-
zeit da ist, wenn es denn zugelassen werden
könnte, wäre es ein gutes System, weil es
genau oder in großen Teilen die funktionalen
Forderungen erfüllen könnte, die gestellt
wurden zur Deckung der Fähigkeitslücke.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wer hat
da den Fehler gemacht, dass es jetzt nicht
dazu kommt, ein System der Bundeswehr zu
werden?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ich will das
nicht als „Fehler“ bezeichnen. Es gab eine
Entscheidung vor dem Hintergrund, dass wir
erhebliche Zusatzaufwendungen für eine
Musterzulassung, die uns gesetzlich vorge-
schrieben ist, durchzuführen - - diesen Weg
nicht mehr weiter zu beschreiten. Ob das
jetzt ein Fehler war oder nicht, entzieht sich
meiner Kenntnis.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sind Sie
auch zuständig für NATO AGS?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ich bin nicht
zuständig für NATO AGS, sondern nur für
Teile, die die deutsche Industrie in diesem
Zusammenhang betreffen; aber das Projekt
selbst wird durch das BMVg geführt.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Haben
Sie Empfehlungen dazu abgegeben?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Nein, keine.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Keine
schriftlichen Dinge ans - -

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Nein.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Nein.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das Einzige,
worauf ich hingewiesen habe, war im Zu-
sammenhang, dass man, wenn man AGS
weiter verfolgt und dort Möglichkeiten für
eine Zulassung findet, dies bei der Suche
nach alternativen Zulassungsmöglichkeiten
auch zu berücksichtigen - - Das klang ja
vorhin schon mal an, ob man eventuell von
Italien aus fliegen könnte; all das hatte ich
nur mal, glaube ich, in einem Satz erwähnt.
Vielleicht kann man ja von deren Zulassung
lernen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ist es
richtig, das Projekt Global Hawk für die Bun-
desrepublik Deutschland abzuschreiben? Wir
hatten ja für SIGINT, wir hatten für IMINT,
fünf weitere Systeme - - Wir haben mit unse-
rem 500-Millionen-Beitrag für NATO AGS
uns da ja sozusagen sehr auf Global Hawk
konzentriert. Jetzt schreiben wir es ab. Ist
das richtig?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das muss
meine vorgesetzte Dienststelle entscheiden,
ob es richtig ist.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ihre fach-
liche Bewertung?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ich habe zur-
zeit, außer dass ich keine Zulassung errei-
che, keine technischen Gründe, dieses Sys-
tem abzuschreiben, weil wir bis jetzt - - und
wenn wir - - bzw. wenn wir entsprechende
Aussagen über die Leistungsfähigkeit ISIS
bekommen, ein System haben, was den
Anforderungen entsprechend genau dem

Drucksache 17/14650 – 452 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 56
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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entspricht, was die Truppe braucht. Aber
wenn ich es nicht zulassen kann, dann kann
ich es nicht nutzen, es sei denn, ich ändere
entweder die Zulassungsvoraussetzungen,
was ja auch schon jetzt überlegt wird, ober
ich bringe den Aufwand ein, eine Musterzu-
lassung zu vollenden. Wenn das aber wirt-
schaftlich nicht geboten ist, dann gibt es an-
dere Gründe, die dazu geführt haben, diesen
Handlungsstrang jetzt nicht weiter zu verfol-
gen. Richtig oder falsch, das ist nicht meine
Position, das zu beurteilen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Es ist ein
gutes Flugzeug?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Was heißt „ein
gutes Flugzeug“? Ein Flugzeug muss den
Zweck erfüllen, und nach jetzigen Aussagen,
rein flugmechanisch, erfüllt es den Zweck.
Ich habe noch keine Aussagen zur ISIS-
Leistungsfähigkeit. Wenn auch das gegeben
ist, ist mit großer Wahrscheinlichkeit daraus
abzuleiten, dass die Zweckbestimmung hin-
reichend war, und damit wäre es ein gutes
Flugzeug, ja, für die jeweilige Rolle.

Rainer Arnold (SPD): Wie deckt sich
diese Einschätzung - es ist ein gutes Flug-
zeug - mit den amerikanischen Berichten,
diesem Report vom Mai 2011, der zum Glo-
bal Hawk ja ausführt - ich mach mal nur die
Überschrift -: „Das System ist nicht für den
operationellen Betrieb geeignet“? Haben
diese amerikanische Presseveröffentlichung
und all diese Betrachtungsweisen bei Ihrer
Diskussion hier in Deutschland eine Rolle
gespielt, und wie sind Sie damit umgegan-
gen?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja, wir sind
damit umgegangen, indem wir sie zur Kennt-
nis genommen haben, analysiert haben, und
dort ist sehr offensichtlich, dass diese ge-
samten Bewertungen sich auf das amerika-
nische Missionssystem beziehen, das
Schwierigkeiten hatte, die jeweilige Mission
auszuführen. Aber das Kernflugzeug, was wir
ja als Grundlage für den Euro Hawk benut-
zen, ist davon nicht betroffen. Das heißt,
verkehrssicherheitsrechtlich oder wie heißt
es noch mal - - die Verkehrssicherheit war da
nicht betroffen, und auch die technische
Zuverlässigkeit des Flugzeugsystems war
nicht angesprochen.

Rainer Arnold (SPD): Sie schreiben halt,
dass das Fluggerät nicht verlässlich einge-
setzt werden kann, Flüge abgebrochen wer-
den müssen.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja. Wenn die
Missionsausrüstung nicht funktioniert, dann
muss ich den Flug abbrechen.

Rainer Arnold (SPD): Dann noch mal zu
dem Druck, von dem Sie ja selbst gespro-
chen haben. Um das mal präzis zu haben:
Wer hat Sie gedrängt, voranzukommen auf
der Zeitschiene, und mit welcher Begründung
wurden Sie da geschoben? In welcher Form?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Na ja, der
Druck ist eigentlich selbstinduziert, weil je
länger ich mit dem Projekt brauche, umso
mehr laufende Kosten habe ich. Also muss
es immer darum gehen, dieses Projekt
schnellstmöglich abzuschließen. Ich kann ja
nicht einfach die Hände in den Schoß legen -
mal sehen, was passiert -, sondern der ist
natürlich auch durch die Erwartungshaltung
des BMVg gefördert, möglichst schnell dort
das Projekt abzuschließen. Da gab es aber
jetzt nicht, dass mich jemand vor die Tür
gestellt hat und gesagt hat: Sie müssen jetzt
das machen. - Das ist selbstredend; das
muss gemacht werden.

Rainer Arnold (SPD): Wie macht sich die
Erwartungshaltung fest? Gibt es da Gesprä-
che, wenn es keine schriftlichen Dinge gibt?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Na ja, wenn wir
ankommen und sagen: „Wir haben Verzöge-
rungen im Programm, wir brauchen mehr
Geld“, dann wird schon hinterfragt: Wie kann
es dazu wieder kommen? Und dann müssen
wir gute Gründe haben, bevor wir mit solchen
Anliegen kommen. Insofern ist es immer
unser Bestreben, möglichst kosteneffizient
und schnell ein Projekt abzuschließen. Das
heißt, der Druck, den wir machen, den stellen
wir uns selbst.

Rainer Arnold (SPD): Ist dieser Druck
auch dafür zuständig, dass Sie zum Beispiel
als Mitarbeiter per E-Mail Details angemahnt
haben, kritische Bemerkungen gemacht ha-
ben und am Ende in der Tagung gesagt ha-
ben, Sie bitten darum, das Gesamtprogramm
im Blick zu behalten und nicht alle Aufmerk-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 453 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 57
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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samkeit auf einzelne Meilensteine zu rich-
ten? Ist das so ein Ergebnis des Druckes?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Nein. Das war,
glaube ich, in 2009 auf einem Projektmeeting
in den USA, als während der gesamten Dis-
kussion zu sehr auf den nächsten Meilen-
stein, nämlich den Erstflug, sich fokussiert
wurde und ich auch damals sagte: Wir haben
ein Gesamtprojekt zu beachten, und wir
müssen auch das gesamte Vorgehen da-
rüber hinaus im Auge behalten. - Das war
der Situation geschuldet, der damaligen Dis-
kussion.

Rainer Arnold (SPD): Also nach unseren
Unterlagen bezieht es sich auf kritische Be-
merkungen bei Tests.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das kann sein.
Es kann auch - - Zu diesem Zeitpunkt hatten
wir ja noch nicht viele Tests, wenn das 2009
war, weil die Flugtests fingen erst in 2010 an.
Wir hatten schon den einen oder anderen
Bodentest.

Es ging um den Gesamtprojektkomplex,
und da gab es mir während dieser Sitzung
eigentlich zu viel Fokussierung auf einen
bestimmten Anteil, und deswegen habe ich
darauf hingewiesen, alles zu betrachten.

Rainer Arnold (SPD): Hat sich dieser
Druck mit Blick auf den möglichen Überfüh-
rungsflug und dieses ja auch politische Sig-
nal erhöht?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Na ja, ich hatte
ja vorhin schon festgestellt, welche Heraus-
forderungen wir im Zusammenhang mit der
Überführung hatten: die ja noch nicht ent-
sprechende Zulassung durch die FAA, durch
noch nicht vorhandene VVZ, dann die
Schließung der Südbahn oder abzusehende
Schließung der Südbahn. Das waren viele
Dinge - ich nenne die immer Ereigniskarten -,
die dann zutage treten, wie bei Monopoly, die
man dann schnellstmöglich hinbekommen
muss. Aber das ist ein Druck, der ist im nor-
malen Projektgeschehen ganz typisch. Pas-
siert halt, ja.

Rainer Arnold (SPD): Wenn Mitarbeiter
solche Meldungen machen, wie zum Beispiel
Heiko Weiß: „Die Zulassung ist ein Minen-
feld. Industrie und Auftraggeber sind immer
noch weit auseinander. Es scheint nicht so,

als gäbe es einen klaren Ausweg aus der
Situation“: Ist das dann Anlass, Dinge zu
melden oder was zu ändern, oder lässt man
die Mitarbeiter eher ins Leere laufen?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Nein, die lässt
man nicht ins Leere laufen, sondern man
nutzt dann diese oder andere Besprechun-
gen, um den Kontakt und den Dialog zwi-
schen der Industrie zu intensivieren. Da
muss man halt nachgreifen und zupacken
und das in die Wege leiten, und das hat dazu
geführt, dass wir letztendlich auch die Bestä-
tigung der Verkehrssicherheit für den Full
Scale Demonstrator erreicht haben. Das war
ein schwieriger Weg; das war nicht ein
Selbstläufer.

Rainer Arnold (SPD): Also auch, wenn
Mitarbeiter der Güteprüfung selbst Gefahr für
Leib und Leben für Soldaten nicht zweifels-
frei ausschließen können: Gab es Mitarbei-
ter, wie der Spiegel meldet, die erstens nicht
zertifiziert waren für bestimmte Aufgaben und
trotzdem in die Dinge einbezogen waren?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das kann ich
nicht bestätigen. Ich kann mich nur darauf
beziehen, dass wir letztendlich eine Erklä-
rung der Güteprüfstelle bekamen, auf deren
Grundlage wir eine VVZ ausstellen konnten.

Rainer Arnold (SPD): Ist da mal eine
Unterschrift von jemandem geleistet worden,
der nur ausgeliehen war, der dann nachher
auch wieder zurückging?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Kann ich so
nicht bestätigen. Ich kenne das auch nur aus
den Papieren. Soweit ich weiß, hat das alles
seine Richtigkeit gehabt, weil er zur Dienst-
leistung wieder abgeordnet war.

Rainer Arnold (SPD): Wer könnte uns
das bestätigen von den Zeugen, die wir noch
haben?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja, zumindest
meine Vorgesetzten könnten das vielleicht.

Rainer Arnold (SPD): Dann müssen wir
Ihre Vorgesetzten fragen. Das werden wir
dann natürlich auch tun. - Ich habe keine
weiteren Fragen im Augenblick.

Drucksache 17/14650 – 454 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 58
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut.

Rainer Arnold (SPD): Darf ich noch die
Bitte an die Bundesregierung richten - wenn
ich gerade noch das Mikrofon habe -, alle In-
formationen, Gutachten, Alternativen uns
wirklich zügig zu geben, also alle Gutachten,
die es dort gibt, wenn sie noch nicht da sind.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ja, das wird ja jetzt eingescannt.

Rainer Arnold (SPD): Ich weiß ja nicht,
ob alle da sind - alle.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ja, ja, das Sekretariat ist im Augenblick nicht
hilflos überfordert, aber es ist einfach die
Technik auch nicht in der Lage, das alles so
schnell in den Umlauf zu bringen, wie wir es
gerne hätten. Ist halt so!

Rainer Arnold (SPD): Trotzdem wäre es
gut.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Bevor ich die FDP frage, frage ich erst mal
Sie, Herr Knöpfel: Wollen Sie eine Pause?
Wollen Sie mal auf die Toilette?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das berührt
den Datenschutz, aber es geht so weiter, ja.

(Heiterkeit)

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut, dann machen wir weiter. Die FDP? -
Nein. Die Linke?

Inge Höger (DIE LINKE): Sie haben eben
auf die Frage vom Kollegen Arnold gesagt:
Das System erfüllt alle Voraussetzungen für
den Zweck der Bundeswehr - also das, was
technisch usw. der Auftrag ist, das Füllen der
Fähigkeitslücke -, außer der Musterzulas-
sung. Aber es war doch eigentlich von An-
fang an klar, dass es ohne diese Musterzu-
lassung nicht geht. Deshalb war sie doch
Bestandteil des Vertrages. Ich reite jetzt
schon ein bisschen länger darauf herum,
aber es erstaunt mich immer wieder.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Die Musterzu-
lassung war nicht Bestandteil des Vertrags,
sondern Bestandteil des Entwicklungsvertra-
ges war die Zurverfügungstellung und Unter-

stützung des Auftragnehmers im Rahmen
der umfassenden Musterprüfung. Die Indus-
trie kann ja gar keine Musterzulassung aus-
stellen; das kann nur unsere Amtsseite
durchführen. Aber sie muss - -

Inge Höger (DIE LINKE): Aber die Vo-
raussetzungen schaffen.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja, ja, aber sie
muss dazu beitragen, und dazu gehört, dass
ein Großteil dieser Aktivitäten auch dem Be-
mühen geschuldet war.

Im Rahmen der Anfangsflugbefähigung
und der Erprobung war immer nur geplant,
den Full Scale Demonstrator mit einer Vor-
läufigen Verkehrszulassung fliegen zu las-
sen, und das haben wir erreicht. Wir haben
die Bestätigung der Verkehrssicherheit im
gegebenen Rahmen für die Erprobung und
könnten damit auch, zumindest in Teilen, die
Anfangsflugbefähigung durchführen. Insofern
ist das Projektziel erreicht.

Das Gesamtprojektziel im Rahmen
SLWÜA, dort auch eine Serie zu realisieren:
Das scheitert an der zurzeit nicht erreichba-
ren Musterzulassung, die als Voraussetzung
für einen langjährigen Betrieb erforderlich ist.

Inge Höger (DIE LINKE): Also das Ge-
samtprojektziel ist nicht erreicht, und deshalb
ist ja auch -

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das ist korrekt,
ja. Deswegen suchen wir Alternativen.

Inge Höger (DIE LINKE): - das Projekt
gestoppt worden, und man sucht nach Alter-
nativen.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja.

Inge Höger (DIE LINKE): Gehen Sie
trotzdem immer noch davon aus, dass es
eigentlich gar kein Problem wäre, ohne eine
Verkehrszulassung und trotz der hohen
Dichte des Luftverkehrs so einen auch auf
einer anderen Plattform fliegen zu lassen?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Also, ich habe
eine vorläufige Verkehrszulassung. Das ist
das amtliche Testat über die Verkehrssicher-
heit dieses Systems. Insofern habe ich kein
Problem, in den gegebenen flugbetrieblichen
Rahmenbedingungen - das ist in diesem Fall

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 455 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 59
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DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Kategorie 2 - dieses Luftfahrzeug zu betrei-
ben.

Inge Höger (DIE LINKE): Das ISIS ist ja
in erster Linie ein Überwachungssystem. Wie
groß ist der Überwachungsradius, der damit
auf dem Boden erfasst wird?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ich weiß nicht,
ob ich das sagen darf.

MR Andreas Conradi (BMVg): Also je-
denfalls nicht in öffentlicher Sitzung.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Nein.

(Harald Koch (DIE LINKE): Er ist
groß, denke ich mal!)

Inge Höger (DIE LINKE): Gibt es Unter-
schiede, ohne dass wir jetzt den genauen
Radius nennen, wenn Sie das ISIS-System
jetzt meinetwegen auf einer U-2, die ja in
20 Kilometer Höhe fliegt, aufmontieren wür-
den oder eben auf ein anderes bemanntes
oder unbemanntes Luftfahrzeug in 10 Kilo-
meter Höhe?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Also, der ISIS-
Ausstattung ist es relativ egal, in welchem
Träger es fliegt. Es muss nur die entspre-
chenden flugmechanischen Voraussetzun-
gen haben. Wenn wir zu den flugmechani-
schen Voraussetzungen die Flughöhe rech-
nen: Wenn ein System so hoch fliegen kann,
dann dürfte es da keine Einschränkungen
hinsichtlich der Aufklärungsgüte geben, es
sei denn, die Antennen können nicht so an-
gebracht werden wie beim jetzigen System.
Man muss sehen - Sie wissen ja -: Wenn
man den Radioempfang schlecht hat, muss
man die Antennen richtig ausrichten, und
wenn die sich gegenseitig stören, wäre das
auch problematisch. Insofern könnte ich ein
bemanntes System, was nahezu die gleichen
baulichen Gegebenheiten hat und die Leis-
tungsfähigkeit - - gäbe es keinen Unter-
schied.

Inge Höger (DIE LINKE): Ich übergebe
noch mal an meinen Kollegen.

Harald Koch (DIE LINKE): Auch wenn
Sie vielleicht die Frage nicht beantworten
dürfen, stelle ich sie aber mal: Können Sie
sagen, wie hoch die Obergrenze ist, wie viel

Mobilfunk- oder Kommunikationsverbindun-
gen gleichzeitig überwacht werden können
durch ISIS?

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Nein, das kann er nicht sagen. Das kann er
nicht sagen.

Harald Koch (DIE LINKE): Das kann er
vielleicht, aber darf es nicht sagen.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das wüsste ich
auch gar nicht.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Er darf es nicht in dieser Sitzung sagen.

Harald Koch (DIE LINKE): Ja, okay.
Also, dann müssen wir das irgendwie mal - -

Wir haben eine Kleine Anfrage an die
Bundesregierung gestartet, unter anderem
zu der Problematik, wie denn diese Erfas-
sungssysteme, wozu ja auch ISIS zählt, mit
denen Mobilfunkverbindungen überwacht
werden können, genutzt werden: einge-
schaltet und ausgeschaltet. Dort wird gesagt,
dass die ausgeschaltet werden, ausge-
schaltet sind. Wer überwacht denn die Ein-
schaltung und die Ausschaltung?

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege Koch, ich muss Sie darauf hin-
weisen: Das ist nicht Inhalt unseres Untersu-
chungsgegenstandes.

Harald Koch (DIE LINKE): Also, ich sage
es mal ganz deutlich: Das ISIS ist mit dem
Euro Hawk eine Symbiose. Das kann man
nicht voneinander trennen. Deswegen sind
auch Fragen zu ISIS letztendlich Untersu-
chungsgegenstand.

Ich brauche jetzt keine Beratungssitzung.
Hier wird öfters ein Deckel auf bestimmte
Probleme draufgemacht, die die Öffentlich-
keit interessieren. So deutlich muss ich das
sagen.

(Karin Strenz (CDU/CSU): Das ist
unglaublich! Das steht in der
Geschäftsordnung!)

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Wir können gerne in die geheime Sitzung
gehen, Herr Kollege Koch.

(Markus Grübel (CDU/CSU): Es ist
nicht vom Untersuchungsauftrag

Drucksache 17/14650 – 456 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 60
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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gedeckt! Von daher nützt auch eine
geheime Sitzung nichts!)

- Ja, das ist es auch nicht.
Haben Sie weitere Fragen? - Dann gebe

ich Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wenn ich Sie richtig verstanden
habe, gibt es ja kein technisches Problem,
sondern eines der Zulassung, und das wie-
derum hängt ja mit den Finanzen zusammen.
Das heißt, die Frage - -

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das hängt zu-
sammen mit?

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Mit den Kosten, die dann natür-
lich explodieren würden.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja, ja.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das bedeutet doch - - Verstehe
ich es richtig, dass die Einschätzung, dass
das Erreichen der Zulassung nicht mehr lös-
bar ist, nicht sozusagen in Ihrem Bereich
getroffen wurde? Also die Entscheidung „Das
ist nicht mehr lösbar“ ist ja gar nicht mehr
Ihre Baustelle.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das ist korrekt.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Welche Baustelle ist das?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Nun, wir haben
erklärt, welche Voraussetzungen notwendig
wären - mit diesem großen Unsicherheits-
faktor von 100 bis 600 Millionen -, um eine
Musterzulassung ohne definitive Aussicht auf
Erfolg - das muss man auch dazusagen; da
ist auch immer ein Risiko dabei - zu errei-
chen. Das heißt, der gesamte wirtschaftliche
Ansatz, der bis jetzt für die Serie vorgesehen
war, würde dann fast ums Doppelte erhöht.
Das haben wir berichtet, und dementspre-
chend ist dann im Rahmen des Ministe-
riums - - die natürlich abwägen müssen:
Welchen Einsatz an Kosten genehmigen wir,
um das entsprechende Ausrüstungsziel zu
erreichen? Dort ist das wohl bewertet wor-
den, und die entsprechende Entscheidung ist
gefallen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wann haben Sie erfahren und
woher haben Sie erfahren, dass die Serie
jetzt nun nicht mehr beschafft werden soll?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja, offiziell er-
fahren habe ich es durch die Stellungnahme
Staatssekretär Beemelmans vor der Presse.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Und das ist aber mittlerweile
offiziell auch bei Ihnen eingegangen?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja, das ist auch
offiziell eingegangen. Ich musste ja, nach-
dem ist das offiziell bekommen habe, auch
die Industrie über die veränderten Dinge
informieren. Daraufhin haben wir ja dann
auch im Auftrag des BMVg diesen geänder-
ten Erprobungsplan sichergestellt und haben
auch entsprechende vertragliche Konse-
quenzen schon eingeleitet, wie ich vorhin
sagte, indem ich Anteile der Ausbildung für
die später beginnende Anfangsflugbefähi-
gung gekündigt habe.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Kennen Sie die Steuerungs-
gruppe UAS?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja, die kenne
ich.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sind Sie da Mitglied?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Solange es sie
noch gab. Es ist nicht der runde Tisch, son-
dern ich war Mitglied oder Teilnehmer im
Rahmen meiner Tätigkeit als Referent bei Rü
VI 2.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Und dort ging es auch um Euro
Hawk?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Da ging es um
unbemannte Luftfahrzeuge, ja.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Können Sie ein paar Takte sa-
gen, was der Auftrag dieser Steuerungs-
gruppe war und ab wann sie getagt hat?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Die letzte Frage
kann ich nicht beantworten, sondern ich weiß

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 457 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 61
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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nur, dass wir zu entsprechenden Sitzungen
eingeladen wurden. Die Federführung lag,
soweit ich weiß, bei FüS damals oder FüL;
das weiß ich gar nicht. Und wir wurden ein-
geladen, um bestimmte Fortschritte oder
Sachstände zu berichten im Zusammenhang
mit unbemannten Luftfahrzeugen. Das war ja
nicht nur Euro Hawk, das galt ja auch für die
anderen, für die MALE-Klasse.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Und wer hat diese Gruppe gelei-
tet?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Dann wüsste
ich auch, unter welcher Einladung es statt-
gefunden hat. Das lag in der Regel auf der
Ebene Oberst oder Brigadegeneral, also
Unterabteilungsleiter.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie haben vorhin gesagt, dass
die technischen Teile vom AGS in Ihrer Zu-
ständigkeit waren, wenn ich es richtig ver-
standen habe.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Es gibt be-
stimmte Anteile - ich glaube - in der Flugpla-
nungsstation. Aber ich bin da nicht ganz si-
cher.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Welche?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ich sage ja, ich
bin mir nicht ganz sicher, aber die, für die im
Rahmen des Gesamtvertrages die deutsche
Industrie zuständig ist. Und hätte es oder
sollte es in diesem Zusammenhang Fragen
geben, dann wären wir der Ansprechpartner
für die deutsche Industrie gewesen unter der
Federführung des Projekts im BMVg. Hat bis
jetzt aber noch nicht stattgefunden. Und ich
habe eine - sagen wir mal - 40-Prozent-Stelle
dafür vorgesehen, weil bis jetzt gab es da
noch keine Vorgänge.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie haben gesagt, dass es in der
Studie über alternative Trägersysteme auch
Varianten gibt, die quasi ohne Mehrkosten
auskommen. Habe ich das richtig verstan-
den? Mit erheblichen Risiken, haben Sie
gesagt.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Die Ergebnisse
der Studien haben gezeigt, dass es möglich
wäre mit erheblichen Risiken, diese Aussage
zu treffen, sodass es sinnvoll ist, dort weiter
nachzuhaken und dort weiter Studien durch-
zuführen. Wenn es sich zum Beispiel erge-
ben hätte: „Nein, ein alternatives System
sprengt bei weitem auch die Kosten, die wir
jetzt für eine Serie vorgegeben hätten“, dann
wäre die Weiterführung solcher Studien ja
schon sinnlos gewesen. Dann hätte man das
gesamte Projekt wahrscheinlich abbrechen
müssen. Aber da die Aussage der beiden
Studien war: „Ja, es könnte gegebenenfalls
klappen, im jetzigen vorgesehenen Finanz-
rahmen für die Serie so was zu realisieren“,
lohnt es sich, diese Aussagen weiter zu er-
härten. Aber belastbar ist das bei weitem
noch nicht.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Gilt das genauso auch für be-
mannte Systeme?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja, ja, das be-
zieht sich genau auch auf bemannte Sys-
teme.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aber nur auf bemannte Sys-
teme?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Nein, beide.
Wir sind ja aufgerufen worden, im Rahmen
der Alternativmöglichkeiten, die bei dem ab-
schließenden, funktionalen Forderungs-
dokument schon referiert wurden, dort alles
abzugelten. Es wurde nicht vorsätzlich schon
ausgeschlossen, dass wir nur noch auf be-
mannte Systeme schauen müssen. Vielleicht
gibt es ja mittlerweile schon andere unbe-
mannte Systeme, die auch diese Forderung
erfüllen könnten.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich frage deswegen, weil uns
gestern ein Zeuge erzählt hat, dass be-
mannte Systeme ja voraussichtlich bis zu 80
Prozent teurer seien wegen der Personal-
kosten, die ja zusätzlich dazukämen.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja, genau, das
ist auch Gegenstand. Weil es bedarf ja nicht
nur, zu untersuchen, ob wir ein System in
einen alternativen Träger einrüsten können,
sondern auch den betrieblichen Aufwand.

Drucksache 17/14650 – 458 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 62
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Dazu gehören natürlich auch Personalkos-
ten, die wir damit durchführen müssen, im-
mer gemessen an den Forderungen, die die
AF hat, also zwei unabhängige Einsatz-
gebiete 24 Stunden für sieben Tage lang zu
überwachen. Und dann kommen entspre-
chend bei bemannten Systemen natürlich
mehr Personalkosten dazu, weil ich nicht nur
Leute in der Bodenstation habe, sondern
auch entsprechende Piloten oder Besatzun-
gen vor Ort. Klar, das muss dann alles in
einer Gesamtrechnung aufgeführt werden.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Der Kollege Lindner macht wei-
ter.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich will noch mal auf die Perso-
nalausstattung bei Ihnen zu sprechen kom-
men. Was wäre an der Projektbegleitung - -
Was hätte man da besser leisten können,
wenn Sie die Personalausstattung gehabt
hätten, die Sie für notwendig oder für ver-
nünftig erachtet hätten?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Nun, vorhin
wurde der Druck angesprochen, den wir ha-
ben, um das Projekt durchzuführen mit den
verschiedenen Einflüssen, die sich durch die
Realitäten ergeben hätten. Wenn ich mehr
Leute gehabt hätte, hätte man dies wahr-
scheinlich mit weniger Druck auf die Perso-
nen regeln können.

Was wir geschafft haben, ist, unter erheb-
lichem Einsatz zumindest jetzt so weit zu
kommen im Rahmen der Projektierungs-
phase. Deswegen ist es immer schlecht
möglich - - Was wäre gewesen, wenn ich
zwei Leute mehr gehabt hätte? Gewiss hätte
ich weniger Druck auf die Leute ausüben
müssen in meinem Bereich, um diese Aufga-
ben zu erledigen.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Habe ich Sie vorhin richtig ver-
standen, als es um das Thema „Dokumenta-
tion“ im Rahmen der Frage: „Wie schaffe ich
es denn, ein Musterprüfverfahren durch-
zuführen?“ - - dass Sie gesagt haben: „Wir
haben dann nach Gesprächen mit der Indus-
trie Einblick in diese Unterlagen erhalten,
aber es waren nicht hinreichend viele Unter-
lagen vorhanden“? Und meine Frage ist: Ist
nicht die Erstellung oder die Bereitstellung
solcher Unterlagen ein Teil dessen, was
geschuldet ist an Mitwirkung der Industrie an

einem Musterzulassungsverfahren, also an
der Schaffung der Voraussetzungen dafür?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das ist voll-
kommen richtig. Zu Anfang - sagen wir mal,
so bis Mitte 2011 - handelte es sich im gro-
ßen Teil auch darum, dass wir einen mög-
lichst tiefen Einblick in vorhandene Unter-
lagen brauchten, die zum Teil manchmal
geschützt waren aus ITAR-Gründen. Deswe-
gen durften wir offiziell nicht reinschauen.
Unsere Leute vor Ort haben es aber auch
geschafft, dass trotzdem Wege gefunden
wurden, wo die entsprechenden technischen
Informationen herkamen. Aber mit dem wei-
teren Nachbohren nach tiefer liegenden Do-
kumenten wurde offensichtlich, dass viele
dieser Dokumente, weil sie im amerikani-
schen Zulassungsrahmen gar nicht gefordert
werden, gar nicht vorliegen. Das heißt, Un-
terauftragnehmer von Unterauftragnehmern
haben technische Dokumentationen für die
Ersatzteile oder für die Teile, die sie geliefert
haben, gar nicht erstellt, weil sie nicht beauf-
tragt wurden.

Wir, nach unserem System, brauchen
erstens die Spezifikation „Was macht das
System?“, die Bewertung „Ist es insgesamt
verkehrssicher, trägt es zur Verkehrssicher-
heit bei?“, den Nachweis, dass es das auch
erfüllt, und nachher die Integration in das
Gesamtsystem.

Im US-amerikanischen System ist das in
der Tiefe gar nicht vorgesehen und manch-
mal auch gar nicht erwünscht, weil es natür-
lich Geld kostet. Das ist auch ein wirtschaft-
licher Punkt. Die sagen: Der Hersteller hat in
anderen Systemen, die wir fliegen, schon
hervorragende Arbeit geleistet. Da funktio-
niert das System. Also gehe ich davon aus,
dass dieses technische Gerät genauso gut
funktioniert. - Da ist ein Risiko dabei, aber
das ist ein überschaubares Risiko, das der
US-amerikanische Berater oder Projektleiter
oder die technische Certification Authority
bereit ist zu tragen.

Wir hingegen brauchen genau diesen
Nachweis der Dokumente. Und ein Großteil
der nachträglichen Erstellung dieser Doku-
mente trägt zu diesen 100 bis 600 Millionen
bei, weil wir nicht genau wissen: Wie viel sind
jetzt wirklich noch nicht erstellt? Was kostet
die Beauftragung? - Da wurde einfach ge-
sagt: Nach unserer jetzigen Kenntnis fehlt
das und das, eine Erstellung würde ungefähr
soundso viel kosten, das mal den Anteil

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 459 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 63
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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ergibt dann ungefähr diesen Bereich bis 600
Millionen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So, jetzt frage ich die CDU/CSU. - Nein. Die
SPD?

Rainer Arnold (SPD): Nur eine kurze
Frage. Ist es richtig, dass Sie mit Minister de
Maizière bei dem Besuch in Manching und
den Gesprächen dabei waren?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Nein, ich war
nicht mit dem Herrn Minister zusammen.

Rainer Arnold (SPD): Okay. Dann er-
übrigen sich meine weiteren Fragen dazu. -
Danke.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut, dann frage ich die FDP.

Joachim Spatz (FDP): Eine kurze Frage.
Sie haben gerade die Unterschiede zwischen
US- und deutschen Zulassungen - - Fliegen
US-Zivilflugzeuge in regelmäßigem Betrieb in
Deutschland, die nach diesen anderen Stan-
dards bewertet werden als unsere deutschen
Produkte?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Sie reden jetzt
von zivil zugelassenen, US-amerikanischen
Systemen? - Dort gibt es keinen großen Un-
terschied zu unseren zivil zugelassenen
Systemen. Die Regularien, die Certification
Specifications der EASA, entsprechen im
Wesentlichen den JARs, nein, den Federal
Aviation Regulations, die nahezu eins zu eins
in der Wertigkeit sind. Und eine US-amerika-
nische Zertifizierung ist gleichbedeutend
einer europäischen Zertifizierung. Da ist
überhaupt kein Unterschied. Das heißt, alle
Zivilluftfahrzeuge unterliegen den gleichen
Voraussetzungen.

Joachim Spatz (FDP): Und wie sieht es
mit den militärischen aus? Da gibt es ja dann
offensichtlich den Unterschied. Gibt es unter
den offensichtlich anderen - ich sage mal -
niedrigeren Anforderungen US-Militärflug-
zeuge, die aber auch mit dem - ich sage
mal - niedrigeren Stand über der Bundes-
republik Deutschland fliegen, zum Beispiel
Transportflugzeuge oder Ähnliches im Rah-
men der NATO etc., etc.?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja, Transport-
flugzeuge haben in der Regel eine kernzivile
Zulassung, weil die den großen Transport-
flugzeugen entsprechen, aber -

Joachim Spatz (FDP): War ja nur ein
Beispiel.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: - eine F-16 zum
Beispiel ist genau nach MIL-Handbook-516
nach US-Regularien zugelassen. Die erken-
nen wir an, und deswegen dürfen diese
Flugzeuge im Rahmen der NATO bei uns
fliegen. Ja.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön. - Die Linke? - Nein. Die Grü-
nen? - Ja. Bitte schön, Herr Lindner.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Vielen Dank. - Ich möchte noch
mal bei der letzten Frage nachbohren. Ich
habe jetzt verstanden, was der Unterschied
ist in der Dokumentation. Jetzt wollen wir mal
einen Moment so tun - ich will dazusagen:
ich habe da keine rechtliche Auffassung
dazu -, dass hier nur Bemühen geschuldet
wäre an der Stelle. Ich möchte gerne von
Ihnen wissen, ob nach Ihrer Ansicht denn
unter dieses Bemühen, also unter die Mitwir-
kung am Zulassungsprozess vonseiten der
Industrie, auch das Zurverfügungstellen einer
solchen umfangreichen Dokumentation fällt
oder nicht, und wenn nein, warum denn
nicht.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das fällt natür-
lich darunter. Aber wenn die Industrie sagt:
„Wir haben es nicht, wir müssen es erstellen,
und deswegen kostet uns das soundso viel“,
dann - - Das ist gerade das Bemühen. Die
sind bereit, das zu machen. Nur müssen wir
dafür zahlen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Dann will ich an der Stelle auch noch mal
weiterfragen. Also, wir erwarten von Ihnen ja
keine rechtliche Bewertung und würden Sie
auch nicht fragen: Wie bewerten Sie diese
oder jene Vertragsklausel? Aber ich muss
mich jetzt doch schon noch mal wundern,
dass Sie selber derzeit regelmäßig rechtliche
Bewertungen abgeben, indem Sie sagen:
Das ist nicht geschuldet, und es gilt nur das
Bemühen.

Drucksache 17/14650 – 460 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 64
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Also, wir haben uns vorher zusammen die
detaillierten technischen Vorschriften ange-
guckt, die Vertragsbestandteil wurden. Im
Vertrag steht an anderer Stelle ganz klar,
dass diese Anlagen Grundlage für die zu
erbringende Leistung der Industrie ist. Und
es steht in der Anlage 18 zur Zulassung auch
ausdrücklich drin, dass die Bemühensklausel
ausgeschlossen ist.

Von daher frage ich Sie jetzt schon: Wie
kommen Sie zu der rechtlichen Auffassung,
die Sie jetzt hier mehrfach, ohne dass wir sie
erfragt hätten, kundgetan haben, es sei also
nur das Bemühen und nicht die Zulassungs-
fähigkeit geschuldet?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ganz einfach:
Weil diese Frage natürlich in der kürzeren
Vergangenheit mehrmals gestellt wurde und
dort ziemlich klar herausgearbeitet wurde,
dass es einen Anteil gibt im Rahmen der
Zulassung, der geschuldet ist. Das ist die
Erstellung des Musterprüfprogrammes. Und
es gibt Anteile im Rahmen der Zertifizierung
und Zulassung, die dem Bemühen geschul-
det sind. Und das ist die Bereitstellung die-
ses Systems zur Unterstützung der Muster-
prüfung.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also, es gibt dort unterschiedliche Auffas-
sungen. Wir haben gestern Minister Jung
gehört. Der hörte sich an dem Punkt etwas
anders an. Deswegen möchte ich schon
noch mal darauf aufmerksam machen, dass
das eine Rechtsauffassung ist, die Sie hier
erläutern, die ich aus dem Vertragstext nicht
nachvollziehen kann.

Meine Frage geht noch mal zurück zu den
Statusberichten. Uns hatte auch gestern
Minister Jung gesagt, dass er zu seiner
Dienstzeit, also bis 2009, keinerlei Informa-
tionen hatte, dass es irgendwelche Beden-
ken hinsichtlich der Musterzulassung gebe.
Wir haben auch gesehen, dass in den Sta-
tusberichten, die Sie ja als Fachaufsicht ent-
gegengenommen haben, auch 2007 bis
2009 in dieser Hinsicht kritische Bewertun-
gen waren.

So, jetzt kann ich sicherlich verstehen,
dass die Fachaufsicht nicht jede kritische
Bewertung dem Minister vorlegt, aber meine
Frage wäre noch mal: Welche Ebenen sind
sozusagen dazwischengeschaltet, und wann
geben Sie als Fachaufsicht ein kritisch be-
wertetes Dokument nach oben, und wie weit
nach oben wäre das gegangen, oder wie weit

ist auch konkret hier die kritische Bewertung
vom Euro Hawk? Wo haben Sie die als
Fachaufsicht nach oben gegeben?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Na ja, jeder
Statusbericht wird nach oben gegeben, näm-
lich zum Zentral-Controlling, und liegt dann
der Hauptabteilung Rüstung bzw. der Abtei-
lung AIN vor. Im Rahmen der Abarbeitung
des jeweiligen Projekts oder Projektstatus
gab es Folgendes, dass schon zu Anfang in
jeder Dokumentation die Zulassung als Ri-
siko bewertet wurde, weil man von Vorn-
herein nicht genau ausschließen konnte, ob
es da nicht doch zu Schwierigkeiten kommt.

Doch es wurde immer schon als Risiko -
insbesondere im Zusammenhang mit der
ersten ZE - auch dargestellt, dass wir hier ein
Risiko haben. Und genau das bewahrheitete
sich, aber es waren bis dahin immer lösbare
Probleme. Wir haben immer eine Lösung
gefunden bis hin zur Bestätigung der Ver-
kehrssicherheit des Luftfahrzeug-Full-Scale-
Demonstrators.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also, wir haben 2007 den ersten Statusbe-
richt. Januar 2007 wird der Vertrag unter-
schrieben. Da steht da noch „unkritisch“. Im
Laufe des Jahres 2007 ändert sich die Be-
wertung auf „kritisch“.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Genau.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also hat sich dort etwas geändert. Es war
nicht so, dass von Anfang an völlig klar war,
dass die Zulassung kritisch ist. Es hat eine
Änderung der Bewertung 2007 gegeben laut
der Ihnen vorliegenden - - Da sind wir uns
einig. So.

Jetzt wäre die Frage: Bis wohin ist das
vorgelegt worden? Also, ich habe Sie so
verstanden: Abteilung Rüstung. Von da aus
wird das dann dem Staatssekretär vorgelegt?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Nein.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Oder wann müsste es die Staatssekretärs-
ebene erreichen? Also gar nicht, oder?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das Verfahren
ist, dass man als Vorhabenaufsicht auch
bewertet. Dann gehen die beiden Bewertun-
gen des Projektleiters und Vorhabenaufsicht

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 461 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 65
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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an das Zentral-Controlling, wobei natürlich
auch mein Vorgesetzter, der Referatsleiter,
darüber informiert ist. Der weiß, was ge-
schieht. Und dann gibt es gegebenenfalls
mal einen Anruf des Zentral-Controllings:
Was ist denn da los? - Der eine sagt „rot“,
Sie sagen „nur kritisch“. Dann konnte ich
erklären - hatte ich vorhin schon mal ge-
macht bei diesen einen Vorfällen dort -, und
dann wird das akzeptiert. Wenn damals dort
aber wirklich zu erkennen gewesen wäre:
„Ups, das wird jetzt aber ganz schwierig,
auch für die Serie später“, dann hätten wir
wahrscheinlich eine weiter gehende, ereig-
nisorientierte Berichterstattung durchgeführt.
Aber bis zu dem Zeitpunkt Ende 2011 waren
es für uns immer Probleme, die wir angehen
müssen und dann - im gleichen Zug, wie wir
es bisher gelöst haben - auch lösen hätten
können.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ich würde an der Stelle gerne noch mal wei-
termachen. Wenn ich in die Statusberichte
2008 reingucke, dann steht da doch schon
erheblich was von Risiken: „Es ist inakzep-
tabel, was die Industrie vorlegt“, und Ähn-
liches: „Leiter ML hat mit Nachdruck auf die
Gefahr hingewiesen“ usw. - 2008. Das ist
aber nie auf der Staatssekretärsebene ange-
kommen. Sehe ich das richtig?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das ist voll-
kommen richtig, und das ist auch richtig so,
weil es dort darum ging, der Industrie erst
mal wirklich beizubringen, und zwar der ame-
rikanischen Industrie, welche Anforderungen
ein deutsches Zulassungsverfahren hat. Das
war ein zäher Lernprozess für die Industrie.
Wir konnten aber durch entsprechenden
Ansatz und Motivation der auftragnehmen-
den Industrie erreichen, dass sie nahezu
Verständnis hatte - - was wir brauchen. Sie
änderte auch ihren Personalbestand, indem
sie einen entsprechenden Zulassungsbeauf-
tragten installierte. Es wurde ein - -

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ich würde jetzt gern kurz mal dazwischen-
gehen, wenn Sie erlauben.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Gern.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Wir haben doch vorhin gesehen, dass die
Voraussetzungen des deutschen Zulas-

sungsverfahrens - ein hundertseitiges techni-
sches Detailprogramm - bei Vertragsschluss
vorlagen und Vertragsbestandteil wurden.
Also, die amerikanische Seite war schriftlich
definitiv informiert und hatte es mit dem Ver-
trag akzeptiert, was die deutschen Zulas-
sungsvoraussetzungen sind. Also, wieso
sagen Sie jetzt, dass die das nicht wussten
und man denen das mühsam erklären
musste? Die hatten das doch schriftlich vor-
liegen.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Ja, sie hatten
es schriftlich vorliegen. Aber nach unserer
Ansicht, so wie es sich im Projektanfang
ergab, haben sie es nicht verstanden gehabt,
und weil sie es nicht verstanden haben, ha-
ben sie auch die Notwendigkeit erkannt, sich
Unterstützung aus dem europäischen Raum
zu holen: Dort wurde eine Dame engagiert,
die aus dem Airbus-Geschäft kommt und die
ihnen dann erst mal erklärt hat, was die An-
forderungen einer europäischen Zulassung
sind. Das heißt, aufseiten der Industrie war
es ein schwerwiegender Lernprozess - auch
getrieben natürlich durch die Anforderungen,
die sie bis jetzt nur von der US Air Force
kannte. Insofern war es zu dem Zeitpunkt,
nämlich Ende 2007/2008, schon zu erken-
nen: Das wird ein zäher Prozess. - Aber wir
haben immer schrittweise den Erfolg ge-
schafft und haben ja die Verkehrssicherheit
des FSDs bekommen. Die Verkehrssicher-
heit des Full Scale Demonstrators ist da: Wir
haben eine VVZ. Nur, gegen Ende des Jah-
res 2011 wurde offensichtlich, dass mit dem
weiteren Vorgehen ein erheblicher wirt-
schaftlicher Aufwand notwendig ist.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt frage ich die CDU/CSU, ob sie Fragen
hat. - Nein. Die SPD? - Nein. Die FDP? -
Nein. Die Linken? - Nein. Dann die Grünen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Vielen Dank. - Dann darf ich weitermachen,
zu einem anderen Komplex noch mal: Ge-
spräche und Verhandlungen mit der Indus-
trie. Inwiefern waren Sie jetzt persönlich in
den beiden Funktionen, die Sie hatten, an
Verhandlungen oder Gesprächen mit der
Industrie selbst beteiligt?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: An Verhand-
lungen im Rahmen der Fachaufsicht war
ich - - nicht behandelt. Ich beziehe mich jetzt

Drucksache 17/14650 – 462 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 66
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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auf vertragsgestaltende Verhandlungen, also
die Vertragsverhandlungen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Beides. Vertragsverhandlungen sind das
eine oder eben auch Gespräche dann im
folgenden Verlauf.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Gespräche im
folgenden Verlauf: Ich war nahezu bei jedem
Program Management Meeting als Vertreter
des BMVgs mit dabei und später als Pro-
jektleiter sowieso bei den Vertragsverhand-
lungen. Das geschah in der Regel bei den
Änderungsverträgen durch meine Mitarbeiter,
durch meinen Programmmanager, bzw. jetzt,
im Rahmen des zwölften Änderungsvertra-
ges, war ich damit auch direkt eingebunden.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Das war dann aber erst, nachdem Sie Leiter
des Euro-Hawk-Projektes wurden. Während
Sie in der Fachaufsicht waren, hatten Sie
direkt mit den Gesprächen mit der Industrie
nichts zu tun, waren nicht involviert?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Außer bei den
Program Management Meetings, die ja
halbjährlich stattfanden. Jedes halbe Jahr
findet ein sogenanntes Program Manage-
ment Review Meeting statt, und da war ich
als Vertreter der aufsichtführenden oder
fachaufsichtführenden Stelle im BMVg auch
mit vor Ort.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Wie hat sich in diesen Gesprächen denn die
Industrie zu der Frage der umfangreichen
Musterzulassung verhalten? Wie lange hat
sie denn signalisiert, dass sie diese Voraus-
setzungen schaffen könne, und wann hat sie
davon Abstand genommen?

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das, was sie
verstand unter den Beiträgen zu einer um-
fassenden Musterprüfung - - hat sie gesagt:
Das kriegen wir alles hin. - Nur war die Tiefe
dessen, was unsere Musterzulassungsstelle
von ihnen verlangte, so nicht verinnerlicht.
Das war die große Diskrepanz. Diese Mana-
gement Meetings führten dazu, dass wir im
Wesentlichen versucht haben, diese Diskre-
panzen abzubauen und dort eine Ge-
sprächsgrundlage zu schaffen, unter ande-
rem auch damit, dass wir einen entspre-
chenden Vertreter in die USA schickten, was

auch sehr hilfreich war. Das war ein wirklich
sehr zäher Prozess. Aber wir haben es ge-
schafft, dort schrittweise voranzukommen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Laut dem Bericht des Bundesrechnungs-
hofes wurde ja in den Gesprächen - da geht
es wohl auch um die Gespräche vor Ver-
tragsschluss; 2004 bis 2006 hat man ja
schon über Zulassung gesprochen - - darum,
dass der Leiter ML - das sind ja in dem Fall
nicht Sie gewesen; ich nehme an, das ist
WTD 61, nicht? - mehrfach gegenüber der
Industrie die Notwendigkeit einer Musterzu-
lassung betont hat, was die Auftragnehmerin
nicht infrage stellte. Also, es war doch dann
angestrebt - notwendigerweise -, dass eine
Musterzulassung, so wie sie dann ja auch
nachher in den Vertrag aufgenommen war,
notwendig war.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Also, eine
Musterzulassung für die Serie, für das End-
produkt ja, ist ohne Weiteres immer gefordert
gewesen. Eine Musterzulassung für den Full
Scale Demonstrator ist nicht gefordert gewe-
sen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Aber der Vertrag von 2007, den wir uns ja
auch vorhin angeguckt haben, wo die Vo-
raussetzungen für die Musterzulassung ent-
halten sind, bezieht sich ja nur, ausschließ-
lich, auf den Full Scale Demonstrator; denn
über die Serie gibt es ja noch gar keinen
Vertrag.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Das ist korrekt;
aber es ist nicht die Musterzulassung des
Full Scale Demonstrators geschuldet wor-
den, sondern die Idee war, die umfassende
Musterprüfung als Vorbereitung für die später
zu realisierende Serie zu nehmen. Für den
Full Scale Demonstrator reicht eine Vorläu-
fige Verkehrszulassung, und da die Proto-
typenprüfung eine Teilmenge der umfassen-
den Musterprüfung ist, ist die damit natürlich
unweigerlich mit eingeschlossen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ich sagte ja bereits: Das steht in dem Vertrag
meines Erachtens anders drin. Das ist eine
rechtliche Bewertung, die Sie hier abgeben.
Denn in dem Vertrag steht drin, dass die
Zulassungsfähigkeit eine Vertragsleistung ist,
die die Industrie zu bringen hat, auf die die

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 463 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 67
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Bemühensklausel keine Anwendung findet.
Aber das ist jetzt sozusagen - - Da haben wir
eine unterschiedliche rechtliche Bewertung. -
Gut. Das wäre das Ende meiner Fragen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Sind jetzt die Fragen der Grünen erschöpft? -
Ja. Gut. Dann sind wir mit dieser Verneh-
mung zu Ende.

Herr Knöpfel, ich darf Sie noch mal darauf
hinweisen, dass Ihnen nach Fertigung des
Protokolls dieses für mögliche Korrekturen
vom Sekretariat übersandt wird. Des Weite-
ren bin ich nach § 26 Abs. 3 PUAG gehalten,
Sie zum Ende Ihrer Vernehmung darauf hin-
zuweisen, dass der Untersuchungsaus-
schuss durch Beschluss feststellt, dass die
Vernehmung des Zeugen abgeschlossen ist.
Die Entscheidung darf erst ergehen, wenn
nach Zustellung des Vernehmungsprotokolls
zwei Wochen verstrichen sind oder auf die
Einhaltung dieser Frist verzichtet wird.

Herr Knöpfel, ich danke für Ihr Kommen -
es war ein langer Vormittag - und wünsche
Ihnen einen guten Nachhauseweg. Herz-
lichen Dank.

Zeuge Rüdiger Knöpfel: Danke schön,
Frau Vorsitzende.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich unterbreche an dieser Stelle die Sitzung
für zehn Minuten und werde dann den
nächsten Zeugen aufrufen.

(Unterbrechung von
13.07 bis 13.26 Uhr)

Drucksache 17/14650 – 464 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 68
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich bitte die Presse, den Raum zu verlas-
sen. - Danke.

Herzlich willkommen, Herr Steiger! Ich
begrüße Sie im Namen des Untersuchungs-
ausschusses zu der heutigen Vernehmung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich setze
die unterbrochene Sitzung fort. Wir kommen
nun zur Vernehmung des Zeugen Direktor
einer Wehrtechnischen Dienststelle, Herr
Wolfgang Steiger.

Vernehmung des Zeugen
Wolfgang Steiger

Herr Steiger, ich weise Sie darauf hin,
dass die Sitzung aufgezeichnet wird. Dies
dient ausschließlich dem Zweck, die steno-
grafische Aufzeichnung der Sitzung zu er-
leichtern. Die Aufnahme wird später gelöscht.
Das Protokoll dieser Vernehmung wird Ihnen
nach Fertigstellung zugestellt. Sie haben
anschließend die Möglichkeit, Korrekturen
und Ergänzungen vorzunehmen.

Herr Steiger, Sie sind mit Schreiben vom
28. Juni 2013 geladen worden. Das Beweis-
thema ist Ihnen mit dem Untersuchungsauf-
trag und dem Beweisbeschluss zugegangen.
Der Beweisbeschluss ist Ihnen und den Mit-
gliedern bekannt. Auf eine Verlesung kann
daher verzichtet werden.

Die erforderliche Aussagegenehmigung
liegt den Ausschussmitgliedern als Tisch-
vorlage vor.

Herr Steiger, nach den Vorschriften der
Strafprozessordnung, die im Untersuchungs-
verfahren sinngemäß Anwendung finden,
und den Vorschriften des Gesetzes zur Re-
gelung des Rechts der Untersuchungsaus-
schüsse des Deutschen Bundestages - im
Folgenden verwende ich die Abkürzung
PUAG - muss ich Sie zunächst belehren. Sie
sind als Zeuge verpflichtet, die Wahrheit zu
sagen. Ihre Aussagen müssen daher richtig
und vollständig sein. Sie dürfen nichts weg-
lassen, was zur Sache gehört, und nichts
hinzufügen, was der Wahrheit widerspricht.

Ich habe Sie außerdem auf die möglichen
strafrechtlichen Folgen eines Verstoßes
gegen die Wahrheitspflicht hinzuweisen.
Danach kann derjenige, der vor dem Unter-
suchungsausschuss uneidlich falsch aus-
sagt, gemäß § 153 des Strafgesetzbuches
mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu
fünf Jahren bestraft werden. Nach § 22
PUAG können Sie die Auskunft auf solche

Fragen verweigern, deren Beantwortung Sie
selbst oder Personen, die im Sinne des § 52
Abs. 1 Strafprozessordnung Ihre Angehöri-
gen sind, in Gefahr bringen würde, einer
Untersuchung nach gesetzlich geordneten
Verfahren ausgesetzt zu werden.

Sollten Teile Ihrer Aussage aus Gründen
des Schutzes von Dienst-, Privat- und Ge-
schäftsgeheimnissen nur in einer nach der
Geheimschutzordnung des Deutschen Bun-
destages eingestuften Sitzung möglich sein,
bitte ich Sie um einen Hinweis, damit eine
entsprechende Einstufung erfolgen kann. Ich
möchte in diesem Zusammenhang daran
erinnern, dass im Falle einer Einstufung der
Vernehmung mit einem Geheimhaltungsgrad
VS-Vertraulich oder höher ein Wechsel des
Sitzungssaals erforderlich ist. Daher möchte
ich Sie bitten, etwaige Vernehmungsteile, die
einer entsprechenden Einstufung bedürfen,
gesammelt am Ende der Vernehmung zur
Sprache zu bringen.

Nachdem ich Ihnen den Gegenstand der
Vernehmung erläutert, Sie zur Wahrheit er-
mahnt und belehrt habe, komme ich nun zur
Vernehmung zur Person. Herr Steiger, bitte
nennen Sie uns Ihren Namen, Ihren Fami-
lienstand und Ihren Wohnort.

Zeuge Wolfgang Steiger: Mein Name ist
Wolfgang Steiger. Ich bin verheiratet, und ich
wohne in 85126 Münchsmünster,

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich komme nun zur Vernehmung zur Sache.
Herr Steiger, zunächst gebe ich Ihnen die
Gelegenheit, im Ausschuss das im Zusam-
menhang darzulegen, was Ihnen von dem
Gegenstand der Vernehmung bekannt ist.
Bitte schön, Sie haben das Wort.

Zeuge Wolfgang Steiger: Frau Vorsit-
zende, vielen Dank. - Meine sehr geehrten
Damen und Herren! Von meiner Seite auch
noch einmal ein Grüß Gott. Mein Name ist,
wie schon gesagt, Wolfgang Steiger. Ich bin
bei der WTD 61 in Manching beschäftigt. Ich
bin dort der Leiter des Musterprüfwesens für
Luftfahrtgerät der Bundeswehr und gleichzei-
tig in dieser Funktion auch der ständige Ver-
treter des Dienststellenleiters der WTD 61. In
dieser Funktion bin ich seit dem 3. Mai 2010.
Mein damaliger Dienststellenleiter hat mich
allerdings schon zum 1. August 2009 nach
Ausscheiden meines Amtsvorgängers in den
Ruhestand beauftragt, zusätzlich zu meiner

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 465 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 69
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

damaligen Aufgabe als Leiter des Ge-
schäftsbereiches Flugversuch die Dienstge-
schäfte des Leiters des Musterprüfwesens
wahrzunehmen, sodass ich also in dieser
Funktion quasi seit dem 1. August 2009 unter
anderem auch mit dem Untersuchungs-
gegenstand, mit dem Projekt Euro Hawk,
befasst bin.

Die WTD 61 hat ja im Rahmen des Euro-
Hawk-Projektes den Auftrag, die umfassende
Musterprüfung mit dem Ziel einer Musterzu-
lassung des Luftfahrzeugmusters Euro Hawk
im Rahmen der Risk Reduction Phase des
Full Scale Demonstrators durchzuführen. Als
ich in diese Aufgabe kam, in der zweiten
Jahreshälfte 2009, habe ich auch erste Ge-
spräche geführt mit Angehörigen der Firma
Northrop Grumman. Dort war zu dem dama-
ligen Zeitpunkt eine Musterprüfbeauftragte
benannt worden, die Frau Cheryl Dorsey, die
relativ neu im Programm war und, ich glaube,
von außen eingestellt worden war. Mit der
hatte ich, glaube ich, soweit ich mich erin-
nere, das erste Gespräch mit einem Angehö-
rigen der Firma Northrop Grumman in Man-
ching unter Anwesenheit auch von Herrn
Tükenmez, dem Geschäftsführer der Euro-
Hawk GmbH. Soweit ich mich an dieses Ge-
spräch erinnere - außer dass man sich erst
mal kennengelernt hat -, ging es auch da-
rum - das hatte mir mein mit der Musterprü-
fung, mit der Gesamtsystemmusterprüfung
beauftragter Kollege ans Herz gelegt -, das
Thema der Integration der Missionsausrüs-
tung anzusprechen, weil wir dort gewisse
Dinge von der Firma Northrop Grumman
erwarteten, die für die Firma Northrop
Grumman nicht unbedingt so selbstverständ-
lich waren.

Und dann, Ende des Jahres 2009, war
meine zweite direkte Begegnung mit - - im
Rahmen einer Arbeitsbesprechung in Man-
ching, bei der, soweit ich mich erinnere,
Verfahren angesprochen wurden, wie die
Aufgabe eben und die Nachweise für die
Musterprüfung eben erwirkt werden sollten.
Auch da hatte ich schon - - Nicht „auch“,
sondern: Da hatte ich den Eindruck, dass es
dort bestimmte Probleme gab, über die man
sich dort austauschen und unterhalten wollte,
wie man die denn lösen könnte.

Das nächste größere - - Oder: Die
nächste Veranstaltung überhaupt, bei der ich
selber teilgenommen habe - - Es gab natür-
lich andere Veranstaltungen, Program Ma-
nagement Reviews, auch Arbeitsbespre-
chungen, an denen ich selber nicht teilge-

nommen habe. Die Veranstaltung, an der ich
selber teilgenommen habe, war dann diese
Besprechung im Februar 2010, am 3. Fe-
bruar 2010, in Manching, bei der die Firma,
nachdem sie es vorher wohl angekündigt
hatte, vorgeschlagen hat, die Aufgabe oder
das Ziel des Erreichens einer Musterzulas-
sung im Rahmen des Vertrages Euro Hawk
FSD zurückzustellen, weil aus ihrer Sicht der
Euro Hawk Full Scale Demonstrator nicht
das geeignete Vehikel sei - aufgrund seiner
Konfiguration, auch aufgrund der Änderun-
gen, die zu erwarten seien für die Serie - -
hier als das geeignete Vehikel zu dienen, um
ebendiese Musterzulassung zu erreichen.

Bei dieser Besprechung in Manching -
dazu hatte der Projektleiter eingeladen, zu
der Besprechung in Manching - war der Pro-
jektleiter natürlich anwesend, Vorhabenauf-
sicht aus dem BMVg, der Vertreter vom FüL,
die Firma EuroHawk GmbH natürlich, die
Firma Northrop Grumman. Cassidian? Kann
ich mich nicht erinnern, weiß ich nicht, ob
von Cassidian für die Plattform - - für die
Missionsausrüstung jemand dabei war. -
Aber die waren auf jeden Fall dabei.

Dann hat man sich zurückgezogen in eine
amtsseitige Besprechung und hat beraten
und hat dann letztendlich entschieden, dem
Vorschlag zu folgen, und der Vorschlag be-
stand eben - das muss ich noch dazu-
sagen - - nicht nur die Musterzulassung eben
zurückzustellen, sondern den Umfang der
Musterprüfung auf den Full Scale De-
monstrator so zu beschränken, dass der Full
Scale Demonstrator eben als Prototyp - und
zwar nur als Prototyp - während dieser
Phase betrieben werden kann. Dass der Full
Scale Demonstrator als Prototyp seine Flug-
erprobung machen sollte, das war von jeher
vorgesehen. Es war also nie vorgesehen,
dass der Erstflug des Prototypen oder der
Erstflug des FSD bereits mit einer existieren-
den Musterzulassung erfolgen kann. Dem
wurde dann zugestimmt, um eben hier das
Programm weiterführen zu können, um die
Missionsplattform auch dann möglichst bald
in Deutschland qualifizieren zu können.

Dann haben sich natürlich die Aktivitäten
der WTD 61, vor allen Dingen auch des Ge-
samtsystemmusterprüfers vor Ort in USA,
der im Übrigen etwa seit Mitte 2009 bei der
Industrie in USA eingesetzt war vor Ort, um
eben dort die Kommunikation unmittelbar zu
führen, zu verbessern - - Denn aufgrund der
ITAR-Regularien war also der Informations-
fluss - ich sage mal - nicht so, wie wir das

Drucksache 17/14650 – 466 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 70
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

aus anderen Projekten mit anderen beteilig-
ten Industrien so gewohnt sind, wobei zu-
mindest - das ist jetzt Hörensagen - von mei-
nem Mitarbeiter, dem Gesamtsystemmuster-
prüfer, dann nicht immer so unterschieden
werden konnte, was denn nun wirklich ITAR
ist oder was vielleicht aus anderen Gründen
nicht so gerne weitergegeben werden sollte
oder wollte.

Ja, und dann konzentrierte sich die Tätig-
keit eben in erster Linie auf die Schaffung der
Voraussetzungen, um eben den Full Scale
Demonstrator mit einer sogenannten Vorläu-
figen Verkehrszulassung - so heißt eben
dieses Vehikel, um ein noch nicht musterzu-
gelassenes Luftfahrzeug in den Luftverkehr
zu bringen - zuzulassen für die Erprobungs-
flüge in USA. Es war eben so vereinbart,
dass bereits in USA der FSD mit einer deut-
schen Zulassung fliegen sollte, sodass also
von Anfang an eine deutsche Zulassung
notwendig war.

Es gab dann Verzögerungen aus ver-
schiedenen Gründen, sodass also die erste
Zulassung zum Erstflug in USA - ich glaube -
Mitte 2010 erfolgte und der FSD dann seine
Flugerprobung in USA begann. Bis Mitte
2011 etwa zogen sich diese Aktivitäten in
USA hin. Es gab dort - das ist aber nichts
Ungewöhnliches; das kommt bei jeder Ent-
wicklung vor - auch Zwischenfälle, Probleme,
die dann auch wieder den Flugbetrieb unter-
brochen haben in USA, die eine entspre-
chende Untersuchung industrieseitig erfor-
derten, eine neue Zulassung erforderten, bis
dann Mitte 2011 - im Juli dann - der FSD in
einem Überführungsflug nach Manching
überführt wurde.

Ja, dann begann die Einrüstung der Mis-
sionsausrüstung. Der Musterprüfprozess
wurde - ich sage mal - auf kleiner Flamme
weitergeführt. Dabei stellte sich mehr und
mehr heraus, dass doch offenbar die Grund-
lagen, die man üblicherweise für eine Mus-
terzulassung benötigt - das heißt Qualifika-
tion entsprechend bis auf die Komponenten-
ebene hinunter - und die Anforderungen, die
aus dem im Vertrag vereinbarten Muster-
prüf- - Musterzulassungsbasis auch im Be-
reich der Software - - eben da nicht gegeben
waren, zumindest nicht nachgewiesen wer-
den konnten. Ob sie gegeben sind oder
nicht, sei mal dahingestellt. Zumindest sie
konnten aber nicht belegt werden, sodass es
also niemals zu einer Abstimmung eines
Musterprüfprogrammes gekommen ist. Die
Missionsausrüstung wurde eingerüstet. Das

Ziel war, möglichst schnell mit der Missions-
ausrüstung dann mit dem Erprobungsträger
in Manching in die Luft zu gehen.

Nachdem dann in 2012 ein weiteres
Problem noch mal adressiert werden musste,
nämlich das Nichtvorhandensein eines an-
erkannten Luftfahrtbetriebes - - Denn die
Industrie sollte ja die Erprobung in Manching
eigenverantwortlich durchführen. Dazu benö-
tigt es einen anerkannten, zertifizierten Luft-
fahrtbetrieb nach unserer Vorschriften- und
Gesetzeslandschaft. Die Firma EuroHawk
war bis dahin nicht zertifiziert worden als
Luftfahrtbetrieb. Ich habe dann Anfang
August darauf noch mal hingewiesen, dass
das unbedingt erforderlich sei. Das war nicht
das erste Mal, dass darauf hingewiesen
wurde; darauf hatte ich auch im Jahre vorher
schon einmal hingewiesen - auch schriftlich.

Dann hat man sich - ja, wie soll ich sa-
gen? - zusammengesetzt - wie kann man
denn diesen Prozess beschleunigen, um
eben hier die Voraussetzungen für eine Zu-
lassung zu schaffen? - und hat ein Verfahren
in Abstimmung natürlich - nicht nur in Ab-
stimmung, sondern unter Federführung des
BWB, der T3.3, die für die Zertifizierung von
Luftfahrtbetrieben zuständig ist - etabliert und
so weit eben beschrieben und auch die Do-
kumente entsprechend erstellt - auch unter
unserer Mitwirkung -, dass dann im Dezem-
ber mit einem Erlass BMVg, mit einer Ge-
nehmigung BMVg, AIN V 1, die Zulassung,
die Vorläufige Verkehrszulassung, ausge-
sprochen werden konnte.

Zu diesem Zeitpunkt war die Firma Euro-
Hawk GmbH noch nicht zertifiziert, aber der
Weg bis dahin, zur Zertifizierung, war so weit
beschrieben, dass eine Aussicht bestand, in
nächster Zeit diese Zertifizierung zu errei-
chen, und das wurde als ausreichend er-
achtet, um auch unter der - ich sage mal -
Aufsicht der WTD 61 am Standort Manching
die Flugerprobung beginnen zu können. Und
der erste Sensorflug hat dann Anfang Januar
2013 stattgefunden.

Das sind so weit die Dinge, die ich jetzt in
diesem Rahmen dazu im Abriss in der
Rückschau sagen kann.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön. - Wir haben für die Befragung,
Herr Steiger, ein besonderes Zeitbudget; das
ist die sogenannte Berliner Stunde. Das be-
deutet für die CDU/CSU 23 Minuten, für die
SPD 14 Minuten, FDP 9, Die Linke 7 und

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 467 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 71
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Bündnis 90/Die Grünen ebenfalls 7 Minuten.
- Ich gebe das Wort dem Kollegen Grübel.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ja, Herr
Steiger, meine erste Frage ist vielleicht ein
bisschen platt. Darum schließe ich eine Vor-
bemerkung an.

Wir Unionsabgeordneten bemühen uns ja
um Bürgernähe und durchpflügen in unserer
sitzungsfreien Zeit den Wahlkreis und ma-
chen auf so mancher Bierbank halt und wer-
den natürlich da auch zu dem ganzen Euro-
Hawk-Problem gefragt. Und da schließt sich
sozusagen die Frage des Volkes an: Sie sind
Leiter der Musterzulassungsstelle, und in
unserem Luftverkehrsgesetz haben wir ja
den tollen § 30, nämlich dass es Sonderbe-
stimmungen für die Bundeswehr - auch Poli-
zei - gibt und dass die ihre Zulassungen in
eigener Zuständigkeit regeln kann. Warum
um alles in der Welt riskieren wir 200, 250
Millionen Euro oder vielleicht auch mehr - -
und Sie erteilen nicht einfach die allgemeine
Zulassung für die Serie? Und dann wären
alle Probleme gelöst.

Zeuge Wolfgang Steiger: Also, den Zu-
sammenhang zwischen den 250 Millionen
Euro und der Erteilung der Zulassung habe
ich jetzt nicht, glaube ich, ganz verstanden.
Sie meinen - korrigieren Sie mich; ich versu-
che jetzt, Ihre Frage so zu interpretieren -,
man investiert 250 Millionen Euro, um eben
das, was bisher nicht gemacht wurde, nach-
zuziehen. - Nicht?

Markus Grübel (CDU/CSU): Nein. - Also,
wenn ich aufteile die etwas über 500 Millio-
nen Euro Euro Hawk - die Hälfte grob aufs
Aufklärungssystem deutsch, ISIS, die andere
Hälfte auf den Demonstrator -, dann habe ich
so größenordnungsmäßig 250 Millionen, die
mich der Demonstrator gekostet hat. Und
wenn ich eine Alternative nehme, so sind
zumindest die Kosten des Demonstrators
möglicherweise umsonst gewesen. - Aber die
Frage zielt auf was anderes ab: Warum tun
wir uns schwer mit der Zulassung?

Zeuge Wolfgang Steiger: Wir tun uns
genauso schwer und genauso leicht wie eine
andere Zulassungsbehörde auch. Die Zulas-
sung hat ja nun gewisse Voraussetzungen
zu - - Oder es müssen gewisse Vorausset-
zungen erfüllt sein, um eine Zulassung aus-
sprechen zu können. Das ist ja der Akt am
Ende des Tages. Und die Arbeit davor be-

steht aus der Bereitstellung oder aus der
Schaffung der Grundlagen. Und diese
Grundlagen sind durch die Industrie, durch
den Entwickler zu schaffen im Rahmen der
Qualifikation eines Systems, egal ob mili-
tärisch oder zivil - und das basierend auf
einer vereinbarten Zulassungsbasis. In der
zivilen Welt sind das die entsprechenden
sogenannten CS: Certification Specifications
für Flugzeuge, für Hubschrauber. Und in der
militärischen Welt ist es etwas komplizierter.
Da stützen wir uns, soweit es eben geht, auf
zivile Forderungen ab. Und in der Regel wird
das aber eine Mixtur aus mehreren Forde-
rungen, weil eben die militärischen Elemente
hinzukommen oder bei reinen Kampfflugzeu-
gen - Beispiel Eurofighter - eben zivile Forde-
rungen gar nicht existieren.

Fakt ist jedoch - und das bleibt hier fest-
zuhalten -: Der § 30 des Flugverkehrsgeset-
zes ist kein Freibrief. Das heißt nicht, die
Bundeswehr kann tun und lassen, was sie
will, und sie entscheidet selbst in eigener
Zuständigkeit, ob sie denn eine Musterprü-
fung mit anschließender Musterzulassung
durchführt oder nicht. Der Grundsatz ist: Al-
les, was sich im Luftraum bewegt - im Übri-
gen ist das nicht nur eine deutsche Forde-
rung, sondern mittlerweile haben wir da auch
eine europäische Gesetzeslage -, hat mus-
terzugelassen zu sein. Die militärischen oder
sogenannte State Aircraft - da gehört nicht
nur das Militär dazu - können davon abwei-
chen, aber nur insoweit es ihre besondere
Aufgabenstellung erfordert, erstens, und
zweitens unter Berücksichtigung der öffent-
lichen Sicherheit und Ordnung.

Und auch im europäischen Rahmen gibt
es diese Forderung. Das Ziel der europäi-
schen EU-Regelung - 216/2008 heißt die
übrigens - ist die Schaffung eines einheit-
lichen, möglichst hohen Niveaus an Sicher-
heit im Luftverkehr für die europäische Be-
völkerung. Und die Unterzeichnerstaaten
haben sich verpflichtet, dem gebührend
Rechnung zu tragen. Also, es ist kein rechts-
freier Raum, und man kann nicht, weil man
jetzt Geld ausgegeben hat und sagt: „Das will
ich nicht verlieren“, sich es jetzt, sage ich
mal, passend machen.

In dem Moment, wo also so eine im zivi-
len - - Das möchte ich noch hinzufügen: In
der zivilen Welt stellt sich die Frage nicht. In
dem Moment, wo Sie ein Luftfahrzeug entwi-
ckeln und für den Luftverkehr zulassen wol-
len, haben Sie eine eindeutige Gesetzes-
lage. Da brauchen Sie keinen Vertrag, wo

Drucksache 17/14650 – 468 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 72
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Sie eine Zulassungsbasis vereinbaren, son-
dern da haben Sie die gesetzlichen Vorga-
ben zu erfüllen. Im militärischen Bereich geht
das eben nur über den Vertrag. Und der
Vertrag ist so, wie er ist. Und die Zulas-
sungsbasis ist dort so beschrieben. Und
wenn sie dort so beschrieben ist und so ge-
fordert ist, dann ist das die Grundlage, nach
der gearbeitet wird. Und wenn man das än-
dern will, dann muss man den Vertrag än-
dern. Oder man muss die Rahmenbedingun-
gen auch von der Vorschriftenlage her ver-
ändern. Aber es steht völlig außer Frage,
dass ein Leiter des Musterprüfwesens an der
Dienststelle in Manching von sich aus die
Situation, die Forderungslage dort verändert.

Markus Grübel (CDU/CSU): Was haben
Sie unternommen oder was könnten Sie
unternehmen, um die Zulassung zu errei-
chen? Geben Sie zum Beispiel dem Amt
Hinweise, was getan werden muss, um eine
allgemeine Zulassung für die Serie zu errei-
chen?

Zeuge Wolfgang Steiger: Die Hinweise,
die wir geben oder die wir geben können,
erstrecken sich darauf, dass man die Defizite
beschreibt, soweit sie eben bekannt sind,
das, was industrieseitig fehlt, was zu erbrin-
gen ist, um eben hier die notwendigen
Grundlagen zu schaffen, um eine Muster-
prüfung erfolgreich durchführen und ab-
schließen zu können in einem gegebenen
Vertrag. Das sind die Hinweise, die wir ge-
ben, weil wir oder meine Kolleginnen und
Kollegen ja nun vor Ort mit der Industrie zu-
sammenarbeiten - in diesem Fall Euro Hawk
vielleicht nicht so eng wie in anderen Vor-
haben, aus den genannten Gründen - und
dort die Ersten sind, die die Informationen
bekommen. Und die teilen wir natürlich dem
Projektmanagement mit, damit das Projekt-
management hier die Gelegenheit hat, ent-
sprechend einzugreifen, nachzusteuern im
Rahmen seiner Verantwortlichkeit.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wie geht
denn der Meldeweg von Ihnen zum Ministe-
rium, also wenn Sie Probleme bei der Zulas-
sung erkennen? Wie melden Sie dann?

Zeuge Wolfgang Steiger: Also, der Mel-
deweg geht nicht zum Ministerium, sondern
unsere Behörde, der wir zu melden haben,
ist das BWB bzw. jetzt BAAINBw - und dort
dem zuständigen Projektleiter. Es gibt ja nun

viele Projekte. Die WTD ist für alles, was in
der Bundeswehr fliegt, verantwortlich. Und
jedes Projekt hat seinen Projektleiter, und mit
diesem Projektleiter stehen die jeweiligen
beauftragten Musterprüfer in Kontakt. Und
diesem wird gemeldet. Es gibt Arbeitsgrup-
pen des Projektleiters, die regelmäßig tagen.
Es gibt Projektmanagement-Reviews, die der
Projektleiter durchführt, in denen auch be-
richtet wird, in denen auch im Euro-Hawk-
Projekt berichtet wird und berichtet wurde,
sodass also hier das Ziel die ständige Infor-
mation des Projektleiters über den Stand
eben der Musterprüfaktivitäten ist.

Markus Grübel (CDU/CSU): Also, Sie
berichten nicht direkt dem Ministerium, wenn
ich Sie richtig verstanden habe, sondern
immer über das Amt.

Zeuge Wolfgang Steiger: Das ist kor-
rekt.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wann waren
Sie der Überzeugung, dass die Serie keine
allgemeine Zulassung erreichen kann, ohne
dass erhebliche weitere Kosten in Kauf ge-
nommen werden müssen?

Zeuge Wolfgang Steiger: Also, die Er-
kenntnis, dass es ohne erheblichen Mehr-
aufwand - jetzt mal unabhängig von der
Quantifizierung - nicht möglich sein wird,
verdichtete sich in 2011, nachdem also die
Aktivitäten im Rahmen der Musterprüfung für
die Vorläufige Verkehrszulassung - auch das
nennt man Musterprüfung; also man unter-
scheidet da nicht -, die eben dort angefallen
waren in diesem Prozess, eben sich weiter
verdichteten in die Richtung, dass die
Grundlagen - - dass es nicht nur um fehlende
Dokumente geht, sondern dass die Grund-
lagen einfach nicht vorhanden, zumindest
nicht nachgewiesen werden konnten - und
alles, was uns gegenüber nicht nachgewie-
sen werden kann, ist für uns nicht vorhan-
den - und man davon ausgehen musste,
dass diese Grundlagen eben, diese Grund-
lagenarbeit, die Qualifikation während der
oder für die Serie neu gemacht werden
muss.

Dazu kommt oder dazu wäre gekommen,
dass der Serien-Euro-Hawk sich ja nun von
dem FSD auch noch mal weiter unterschie-
den - - oder unterscheiden würde oder unter-
schieden hätte allein durch zusätzliche Funk-
tionalitäten. Ich nenne hier nur die Anti-Icing-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 469 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 73
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Einrichtung, die der FSD nicht hat. Oder
auch durch in der Zwischenzeit eintretende
Obsoleszenzen war - - oder musste man
davon ausgehen, dass hier ein erheblicher
Mehraufwand erforderlich sein würde, und
auch davon ausgehend, dass eben die Kom-
ponentenqualifikation, die nach unserem
System zumindest also für eine Musterzulas-
sung durchgeführt werden und nachgewie-
sen werden muss, offenbar in dem Maße im
Global-Hawk-Programm - das steht zumin-
dest zu vermuten - zumindest uns gegenüber
nicht nachgewiesen werden kann, hier auch
gegenüber Northrop Grumman Supplier, also
Lieferanten, ins Spiel kommen. Northrop
Grumman hat ja das Luftfahrzeug nicht von A
bis Z selber hergestellt, sondern da sind ja
viele Komponenten enthalten und verbaut,
die von anderen Herstellern kommen, wo
man ein großes Fragezeichen natürlich dann
setzen muss: Was wäre das für ein Aufwand,
bei diesen Herstellern diese Komponenten
für das Umfeld Euro Hawk zu qualifizieren?
Gibt es diese Komponenten überhaupt
noch? Gibt es die Hersteller noch? Verläss-
liche Daten bekommt man erst dann, wenn
man diese Hersteller anspricht und mit ent-
sprechenden Leistungsbeschreibungen zu
einem Angebot auffordert oder zu einer Ab-
gabe einer zumindest Größenordnung von
Kosten. Kamen wir eben zu der Auffassung,
dass hier doch ein wesentlicher, ein erheb-
licher Aufwand eben erforderlich sein würde,
und haben das dann auch entsprechend
mitgeteilt.

Markus Grübel (CDU/CSU): Dem Amt
mitgeteilt.

Zeuge Wolfgang Steiger: Dem Amt,
dem Projektleiter mitgeteilt, ja.

Markus Grübel (CDU/CSU): Haben Sie
die Probleme für technisch lösbar gehalten?

Zeuge Wolfgang Steiger: Sagen wir mal
so: Also, technisch ist - ich will nicht sagen -
fast alles - - aber das meiste ist technisch
lösbar. Was ein Problem oft ist, das ist das
Geld und die Zeit. Technisch wäre es sicher-
lich, denke ich, möglich, ein System Euro
Hawk zu qualifizieren und auch eine Mus-
terzulassung dafür zu erreichen. Es ist aber
eine Frage des Aufwandes. Und das ist Geld,
und das ist Zeit. Und das halte ich für ein
Euro-Hawk-Muster wirklich für erheblich.

Markus Grübel (CDU/CSU): Hätte es
auch rechtliche Möglichkeiten gegeben, die
Bedingungen zu ändern, also dass man nicht
an der Technik feilt, sondern die rechtlichen
Rahmenbedingungen verändert, die dann
eine leichtere Zulassung ermöglicht hätten?

Zeuge Wolfgang Steiger: Da bewege ich
mich jetzt dann in Gefilden, in denen ich
eigentlich nicht zu Hause bin. Ich bin kein
Jurist. Ob das rechtlich möglich wäre, kann
ich und will ich auch gar nicht beurteilen. Es
sind ja im Rahmen der Aktivitäten, die in der
Vergangenheit durchgeführt wurden, auch
solche, ich sage mal, Alternativen untersucht
worden: Was gibt es für alternative Möglich-
keiten, ein Euro-Hawk-System ohne Muster-
zulassung in den Dienst zu nehmen, in den
Flugbetrieb zu nehmen? Da gibt es die Mög-
lichkeit mit der ZDv 19/1. Die ZDv 19/1 ist
die, ich sage mal - - unsere „Bibel“. Die regelt
eben das Prüf- und Zulassungswesen in der
Bundeswehr, mit der Ziffer 316, dass der
Inspekteur Luftwaffe - bzw. jetzt, nach der
Neuausrichtung, sind das die Inspekteure der
Teilstreitkräfte - hier unter bestimmten Be-
dingungen - eine davon ist zur Wahrung der
Einsatzbereitschaft der Bundeswehr - eben
auch ohne vorhandene Musterzulassung
eine Verkehrszulassung direkt erteilen kann.
Und das ist unter anderem untersucht wor-
den. Soviel ich weiß, hat das aber nicht zum
Ziel geführt, bzw. der Inspekteur hat diesen
Weg für sich als nicht gangbar wohl bewer-
tet.

Markus Grübel (CDU/CSU): Jetzt haben
Sie ja gesagt, Sie halten so ziemlich jedes
Problem technisch für lösbar. Die Frage ist -
die sich ja für jeden Politiker auch stellt -: Ist
das finanzierbar? Und in der Abwägung: Ist
uns das das wert? Jetzt sind da ja ganz un-
terschiedliche Beträge in der Diskussion. Der
amerikanische Partner dieses Joint Ventures
hat Angaben gemacht: so 150 bis 200 Millio-
nen Euro. Wir werden den ja noch als Zeu-
gen anhören und dann das spezifizieren
können. Ein paar Dinge sind offengelassen,
die möglicherweise preistreibend sind. Dann
gibt es andere Schätzungen bis 600 oder
weit über 600 Millionen Euro. Haben Sie da
eine Einschätzung? Wo liegt das eher: bei
den Angaben der Wirtschaft oder bei den
Einschätzungen, die das Ministerium in den
Raum gestellt hat?

Drucksache 17/14650 – 470 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 74
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Wolfgang Steiger: Diese 600 Mil-
lionen sind ja durch die WTD 61 genannt
worden - das ist eine extrem grobe Schät-
zung -, die mal so einen bestimmten Satz
angenommen hat für die Komponenten unter
Zugrundelegung einer bestimmten Anzahl
von Komponenten und Geräten, einen be-
stimmten Ansatz für Software, wobei da nicht
enthalten ist - das muss man dazusagen -
ein Kostenanteil, der noch anzusetzen wäre,
um die Gesamtsystemzuverlässigkeit zu
erhöhen. Dahinter könnte sich noch viel ver-
bergen. Das überliest man dann. Aber da
könnte noch sehr, sehr viel drinstecken. Das
ist also eine sehr, sehr grobe Kostenschät-
zung.

Wenn man die erhärten wollte, käme man
nicht umhin, sich an die Industrie zu wenden,
und da käme auch Northrop Grumman nicht
umhin - und jetzt komme ich zu dem Punkt
Northrop-Grumman-Zahlen -, sich an ihre
Lieferanten zu wenden. Wenn die Firma
Northrop Grumman sagt: „Das kostet zwi-
schen“, ich glaube, „160 und 190 Millionen“,
dann ist das schon mal eine große Band-
breite, und da weiß ich nicht, wo die her-
kommt. Das, ohne die Lieferanten eingebun-
den zu haben, ist natürlich schon fragwürdig
aus meiner Sicht. Deswegen ziehe ich diese
Zahlen stark in Zweifel. Das ist schon aus
meiner Einschätzung nicht wirklich seriös.

Markus Grübel (CDU/CSU): Einmal: Die
Zahl 600 Millionen kommt ziemlich nahe aus
dem Bereich, wo Sie arbeiten. Das habe ich
richtig verstanden?

Zeuge Wolfgang Steiger: Das ist richtig,
ja.

Markus Grübel (CDU/CSU): Und das
Zweite: Diese 600 Millionen Euro, sagen Sie,
damit ist man immer noch nicht auf der si-
cheren Seite, sondern es gibt dann auch
noch Restrisiken.

Zeuge Wolfgang Steiger: Das ist, wie
ich schon sagte, eine sehr grobe Schätzung.
Sie müssten, um eben die Belastbarkeit die-
ser Zahlen zu erhöhen, die Industrie ein-
schalten, und zwar alle beteiligten Industrien,
nicht nur die Firma Northrop Grumman. Die
Firma Northrop Grumman hat zwar einen
Großteil des Luftfahrzeuges gefertigt, aber ist
im wesentlichen Anteil auch Integrator. Die
haben also Systeme oder Komponenten
hinzugekauft. Die Hersteller dieser Kompo-

nenten, an denen kommt man nicht vorbei,
wenn man eine Qualifikation von Grund auf
durchführen wollte, und da brauchen Sie
deren Input, deren Angebot.

Markus Grübel (CDU/CSU): Also habe
ich Sie richtig verstanden, dass dann trotz-
dem, obwohl man so viel Geld in die Hand
nimmt, noch Risiken sind, die zum Beispiel
daher rühren können, dass Vorlieferanten
des Herstellers keine verlässlichen Zahlen
möglicherweise bislang geliefert haben.

Zeuge Wolfgang Steiger: Also, um eini-
germaßen verlässliche Zahlen, Zahlen, über
die man ernsthaft - - wobei ja auch die
600 Millionen eine Zahl ist, die man nicht
einfach so nehmen darf. Aber wenn man
ernsthafte Zahlen produzieren wollte, müsste
man die gesamten beteiligten Industrien mit
dazunehmen und müsste die beteiligen an
einer Kostenschätzung. Ansonsten ist das
sehr, sehr vage.

Markus Grübel (CDU/CSU): Aber es
hieß doch, wenn ich es mal platt ausdrücke,
dass Nachbesserungskosten praktisch in der
Höhe des Kaufpreises entstehen könnten.

Zeuge Wolfgang Steiger: Das kann ich
nicht beurteilen, weiß ich nicht.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Ich
würde gerne weiterfragen, zunächst noch mit
Blick auf den Full Scale Demonstrator. Sie
haben geschildert, dass dafür eine Vorläufige
Verkehrszulassung erteilt worden ist, und der
Zeuge vor Ihnen hat erläutert, dass es von
Anfang an nur darauf ankam, diese Vorläu-
fige Verkehrszulassung zu erteilen, um den
Auftrag zu erfüllen, die Funktionalität des
Gesamtsystems herzustellen. Darf ich fra-
gen, was denn aus Ihrer Sicht notwendig
wäre, um den beschafften Full Scale De-
monstrator nach dieser Erprobungsphase
weiter zu nutzen? Würde die Vorläufige Ver-
kehrszulassung weiter gelten, oder wären
weitere Genehmigungen erforderlich?

Zeuge Wolfgang Steiger: Die Vorläufige
Verkehrszulassung ist dafür gedacht, um
Luftfahrzeuge in Entwicklung, Erprobung und
Beschaffung - so sagt es die Vorschrift -
zuzulassen. Ich denke mal, Ihre Frage zielt
auf einen operationellen Betrieb nach Been-
digung der Qualifikation der Missionsaus-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 471 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 75
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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rüstung. Das wäre natürlich durch einen Er-
lass des BMVg, weil er den Rahmen der
Vorschriftenlage verlässt, zu sanktionieren.
Das ist das eine. Ein Stück Papier ist schnell
geschrieben; aber die Voraussetzungen da-
für müssen natürlich dahin gehend geschaf-
fen werden, dass die derzeit existierenden
Limitierungen in der Vorläufigen Verkehrs-
zulassung angefasst werden. Der De-
monstrator ist im Moment unter anderem - -
Es sind etwa rund 70 Limitierungen in der
Zulassung drin. Unter anderem eine Limitie-
rung sind die Flugstunden. Es sind etwa
1 000 Flugstunden, für die der Demonstrator
jetzt zugelassen ist, weil darüber hinaus
Nachweise fehlen, gerade im Bereich Struk-
tur.

Wenn man den Full Scale Demonstrator
weiter nutzen wollte im Rahmen einer VVZ,
dann muss man diese Hürden überwinden.
Man muss also die Nachweise dafür schaf-
fen, dass er eben auch länger als 1 000
Stunden genutzt werden kann. Eine Mission
kann durchaus 20, 25 Stunden dauern. Da
sind 1 000 Stunden nicht allzu viel. Die In-
dustrie hat ja nach einem Meeting in den
USA im Januar, ich glaube, zwei Monate
später, ein sogenanntes White Paper vorge-
legt mit einem Konzept, wie man die Nut-
zungsdauer dieses Demonstrators auf 3 000
Stunden anheben könnte. Das ist schon ein
gewisser Aufwand, der da betrieben werden
muss und der sich unter anderem auch ab-
stützt oder abstützen würde auf sogenannte
In-Service-Daten, also Daten aus dem Flug-
betrieb mit Global Hawk, mit US Global
Hawk. Wir nennen das Fleet-Leader-Prinzip,
also es führt einer die Flotte an, der mit den
meisten Stunden vorweggeht. Das ist ein
durchaus übliches Verfahren gerade im Be-
reich Struktur, um eben hier eine Datenbasis
zu erzeugen, auf der dann auch eine Verlän-
gerung, eine Ausweitung der Envelope, des
Flugbereichs, in diesem Fall im Bereich
Flugdauer, für die Struktur passieren könnte.
Das erfordert natürlich auch eine Zuarbeit
vonseiten der US Air Force, die angeblich
signalisiert hat, dass sie dazu bereit wäre.
Das setzt aber wiederum voraus, dass die
US Air Force auch ihre Global Hawk weiter-
nutzt. Da sind also sicherlich noch einige
Fragen zu beantworten und mit Sicherheit
auch einige Unwägbarkeiten drin. Aber
grundsätzlich wäre das möglich, ja.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön. - Jetzt kommt die SPD-Frak-
tion. Herr Kollege Bartels.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Herr Stei-
ger, Sie sind ja seit 2009 tatsächlich zustän-
dig für die Aufsicht oder für die Leitung der
Musterzulassungen. Wie lange arbeiten Sie
insgesamt in dem Musterzulassungsge-
schäft?

Zeuge Wolfgang Steiger: Ich persön-
lich?

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja.

Zeuge Wolfgang Steiger: Ich war vor-
her - - Also bis zum Zeitpunkt, als ich den
Geschäftsbereich Flugversuch übernommen
habe, war ich Musterprüfer, und das war ich -
da muss ich überlegen - seit 2005. Ja, 2005
habe ich die Musterprüflizenz bekommen,
und die habe ich dann - - Oder war es schon
vorher, vor 2005? Ich glaube, Anfang 2002
habe ich die erste Musterprüflizenz bekom-
men. Dann war eine Unterbrechung, weil ich
zwei Jahre im BMVg war. Dann wurde sie
wieder erneuert, und mit Übernahme des
Geschäftsbereichs Flugversuch habe ich sie
dann erlöschen lassen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Welche
Flugzeugtypen oder Luftfahrzeugtypen ha-
ben Sie als Musterprüfer oder Verantwort-
licher für alle Musterprüfungen erlebt?

Zeuge Wolfgang Steiger: Ich habe er-
lebt - - Weil ich im Bereich Ausrüstung eine
Musterprüflizenz habe, habe ich im Prinzip
alle oder die meisten Luftfahrzeugmuster, die
eingeführten Luftfahrzeugmuster erlebt:
Eurofighter - für Eurofighter war ich im Übri-
gen ein oder zwei Jahre im internationalen
Bereich der sogenannte Leader, also der
leitende Lufttüchtigkeitsrepräsentant im vier-
nationalen Eurofighter-Programm für das
Triebwerk und später dann auch für das Hy-
drauliksystem -, im Tornadoprojekt, in den
Hubschrauberprojekten. Ich bin seit 35 Jah-
ren im Luftfahrtbereich der Bundeswehr tätig,
zu Beginn als Soldat im Heeresfliegerregi-
ment und dann seit 1985 in der Bundeswehr-
verwaltung. Ich bin ausgebildeter Flugver-
suchsingenieur. Also ich kenne ein bisschen
was von Flugzeugen.

Drucksache 17/14650 – 472 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 76
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ist das,
was Sie jetzt erlebt haben mit dem Euro
Hawk, typisch für Musterprüfvorgänge?

Zeuge Wolfgang Steiger: Gott sei Dank
nicht. Das ist, Gott sei Dank, nicht der Fall.
Deswegen habe ich vorhin schon mal ange-
deutet, dass diese Arbeitsweise auch mit der
Industrie untypisch ist, diese Beschränkung
auf Informationsweitergabe und auch die-
ses - wie soll ich sagen? - Starten mit einem
Ziel, wo man erkennen muss: Die Grundlage
ist so nicht gegeben. - Das ist, Gott sei Dank,
die Ausnahme.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Irgendwer
hat mir erzählt, das kann auch damit zu-
sammenhängen, dass dieses Projekt kein
rein kommerzielles, also der Firma Northrop
Grumman, ist, sondern die Directory Property
Rights an dem Global Hawk hat die US Air
Force. Ist da irgendwas dran?

Zeuge Wolfgang Steiger: Das kann ich
nicht beurteilen. Kann ich Ihnen nicht sagen.
Da fehlen mir die Informationen. Das weiß
ich nicht.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das ist
Ihnen nicht als Problem aufgetreten. Ihr An-
sprechpartner war immer Northrop Grum-
man.

Zeuge Wolfgang Steiger: So ist es.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Und die
sind auch so aufgetreten, als ob sie für die-
ses Projekt auftreten können.

Zeuge Wolfgang Steiger: Ja. US Air
Force war überhaupt gar kein Partner für
uns. Das ist ja ein rein industrielles, amtssei-
tiges Programm, und die US Air Force ist da
gar nicht ins Spiel gekommen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Nun sollte
die deutsche Zulassung schon für den Flug-
betrieb in den USA gelten, ist aber nicht ge-
kommen. Wie ist dann in den USA der Euro
Hawk zugelassen worden?

Zeuge Wolfgang Steiger: Dann habe ich
mich vielleicht missverständlich ausgedrückt.
Entschuldigung! Bereits vom ersten Flug in
USA ist der Euro Hawk mit einer deutschen
Zulassung geflogen. Ich habe also bereits für

den ersten Flug des Euro Hawk in USA eine
Zulassung erteilt.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Also
keine amerikanische Zulassung.

Zeuge Wolfgang Steiger: Nein, keine
amerikanische Zulassung. Soweit ich weiß -
Hörensagen -, ist zu einem sehr, sehr frühen
Stadium mal diskutiert worden, ob die US Air
Force eine Zulassung erteilt für die Erpro-
bungsflüge in Edwards Air Force Base. Aber
das ist dann wieder verworfen worden, und
es wurde festgelegt, dass der Euro Hawk von
Anfang an eine deutsche Zulassung hat.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): In der
Zulassungsdiskussion ist uns gesagt worden,
dass man ursprünglich auch gehofft hatte, es
mit der amerikanischen Zulassung für Global
Hawk einfacher zu haben, den Euro Hawk
zuzulassen. Spielte das für Ihre Praxis eine
Rolle?

Zeuge Wolfgang Steiger: Das spielte
keine Rolle. Auch das ist jetzt wieder den
Akten entnommen bzw. Gesprächen mit
Kollegen oder speziell mit einem Kollegen,
der damals damit befasst war. Man hat mal
eine Zeit lang wohl angenommen, dass die
US Air Force eine Musterzulassung anstre-
ben würde für ihren Global Hawk, ein soge-
nanntes Type Certificate, Musterzulassung in
der angelsächsischen Welt. Das hat sich
aber wohl nicht bewahrheitet und ist nicht
eingetreten, und es gab auch keine Hinweise
dafür, dass das irgendwann passieren
würde.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Also 2009
war das schon kein Thema mehr.

Zeuge Wolfgang Steiger: Das war kein
Thema mehr. Das war auch zu Vertrags-
schluss kein Thema mehr; denn das hätte ja
die Möglichkeit gegeben, bei einem vorhan-
denen Type Certificate diese sogenannte
vereinfachte Musterprüfung durchzuführen,
wo man sich auf eine existierende Muster-
zulassung abstützen kann, um den Aufwand
eben dann zu verringern. Ein übliches Ver-
fahren, was wir ja immer dann, wenn es
möglich ist, machen, zum Beispiel bei der
Weißen Flotte der Flugbereitschaft. Das sind
ja zivil zugelassene Luftfahrzeuge, die haben
ja zivile Zulassungen. Man nimmt die zivile

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 473 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 77
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Zulassung, und im Rahmen der vereinfach-
ten Musterprüfung stützt man sich darauf ab,
und die wenigen militärischen Elemente fährt
man dann dazu.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Nun gibt
es weltweit - also in dieser Größenordnung
Global Hawk, Euro Hawk - kein zugelasse-
nes unbemanntes Luftfahrzeug. Man war
also in jedem Fall auf Neuland unterwegs,
richtig?

Zeuge Wolfgang Steiger: Also, mir ist
nicht bekannt, dass es ein musterzugelasse-
nes unbemanntes Luftfahrzeug dieser Grö-
ßenordnung gibt. Ich glaube, ein Luftfahr-
zeug dieser Größenordnung gibt es außer
Global Hawk sowieso nicht mehr. Man muss
hier unterscheiden zwischen Musterzulas-
sung und Verkehrszulassung. Die US Air
Force hat ihre Luftfahrzeuge zugelassen mit
einem sogenannten Restricted Airworthiness
Certificate, ohne eben auf eine Musterzulas-
sung sich abzustützen. Das ist ein völlig an-
deres Verfahren.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das ist
eine andere Philosophie, -

Zeuge Wolfgang Steiger: Das ist eine
andere Philosophie, ist ein anderes Verfah-
ren.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): - auch
begründet damit, dass man im Einsatz ist?

Zeuge Wolfgang Steiger: So ist es, ge-
nau.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Hat es
Zwischenfälle gegeben? Sie sprachen von
Problemen schon in den USA.

Zeuge Wolfgang Steiger: Es gab wäh-
rend der Erprobungsflüge in USA mit dem
Euro Hawk mal ein Problem - ob ich das aus
der Erinnerung noch so auf die Reihe
kriege? -, das auch zur Sicherheit mit einer
Sicherheitslandung auf einem Lakebed, also
auf so einem Salzsee, endete. Da ging es,
glaube ich, um irgendein Softwareproblem im
Rahmen der Ansteuerung von Steuerflächen.
Das führte eben dazu, dass ich die Zulas-
sung ausgesetzt habe und erst die Firma
aufgefordert habe, die Ursache zu untersu-
chen, also die Ursache für das Problem zu

identifizieren und mitzuteilen, und Lösungs-
vorschläge zu erarbeiten. Das führte dann zu
einer Neuausgabe oder zu einer neuen, ge-
änderten Software. Es war seinerzeit auch
meine Forderung, dass diese Software im-
plementiert sein muss, bevor der Überfüh-
rungsflug stattfindet.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Nun sagt
der Bundesrechnungshof in dem Gutachten
2009, spätestens 2011 hätte man aufgrund
der Zulassungsprobleme das Projekt Euro
Hawk neu bewerten müssen. Was ist der
technische Hintergrund dafür? 2011, haben
Sie selbst gesagt. Was war 2009?

Zeuge Wolfgang Steiger: Ja, 2009 war
eigentlich - weiß ich nicht - noch nicht viel.
Ich bin ja erst 2009 ins Geschäft gekommen.
Der erste Flug des Full Scale Demonstrators
war in 2010. Ich weiß nicht, ob - kann ich
nicht beurteilen - 2009 schon die Erkennt-
nislage so war, dass man das Euro-Hawk-
Programm grundlegend hätte neu bewerten
können oder müssen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Weil das
Teil schon zusammengebaut war, als der
Prüfer kam?

Zeuge Wolfgang Steiger: Was meinen
Sie jetzt mit „der Prüfer kam“?

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das Flug-
zeug war schon zusammengebaut, als Ihr
Prüfer aus Manching in die USA kam; so
finden wir es in unseren Unterlagen. Also der
kam, wollte den Fertigungsprozess überwa-
chen und fand ein schon fertiges Flugzeug
vor.

Zeuge Wolfgang Steiger: Jetzt, denke
ich, müssen wir unterscheiden zwischen - -
Also, hier geht es jetzt um die Stückprüfung
bzw. um die Prototypenprüfung. Die Muster-
prüfung ist eins; dafür ist die WTD zuständig.
Und die Stückprüfung - oder für ein serien-
gefertigtes Luftfahrzeug oder für einen Pro-
totypen -, die Prototypenprüfung macht die
Güteprüfstelle, macht ein Stückprüfer der
Güteprüfstelle, in dem Fall die Güteprüfstelle
Manching. Die liegt in der Zuständigkeit des
BWB, damals BWB T3.3.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Also kei-
ner Ihrer Mitarbeiter?

Drucksache 17/14650 – 474 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 78
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Zeuge Wolfgang Steiger: Nein, es war
keiner meiner Mitarbeiter. Aber auch die
Durchführung dieser Prüfung, da gab es ent-
sprechende Absprachen zu, da waren Be-
sprechungen in Koblenz, wie diese Prüfung
durchgeführt wird. Aus der damaligen Zeit
sind mir da keine Probleme mitgeteilt wor-
den, oder ich habe nicht von Problemen er-
fahren irgendwie auf anderen Wegen, dass
da der Prüfer irgendwelche Probleme gehabt
hätte, die er nicht hätte lösen können. Also
das mit diesem Zusammengebauten habe
ich auch erst vor kurzem aus der Presse
gehört.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sie sag-
ten, 2011 vor dem Überführungsflug, danach
dann mit. Wann sind Ihnen die Probleme
bewusst geworden? Sie sagten, dass dieser
große Aufwand entstehen würde, also muss
das irgendwann da sozusagen erkennbar
geworden sein.

Zeuge Wolfgang Steiger: Ja, das war,
wie gesagt, in 2011. Der Musterprüfer vor Ort
hat ja nun seine Erkenntnislage im Laufe der
Zeit immer weiter verdichtet, bis er dann
irgendwann zum Schluss kam, dass das,
was da für ihn erkennbar vorhanden ist, so
dünn ist und die Abweichungen und die Dif-
ferenzen zu einer Serie so groß sind, dass
man also hier erheblichen Aufwand gewärti-
gen muss.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Vor dem
Überführungsflug?

Zeuge Wolfgang Steiger: Das war prak-
tisch zeitgleich zum Überführungsflug.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ist Druck
auf Sie ausgeübt worden, was die Zertifizie-
rung angeht?

Zeuge Wolfgang Steiger: Ja, die Frage
habe ich erwartet.

(Heiterkeit)

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ich habe
extra länger gewartet.

Zeuge Wolfgang Steiger: Das drängt
sich vielleicht irgendwie auf.

(Heiterkeit)

Also, das muss ich ganz deutlich sagen: Es
ist zu keiner Zeit von niemandem Druck auf
mich und nach meinem Wissen auch nicht
auf meine Kolleginnen und Kollegen ausge-
übt worden, weder vom Projektmanage-
ment - außer von der Industrie natürlich -,
aber amtsseitig weder vom Projektmanage-
ment noch vom BMVg noch von irgend-
jemandem.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Was
hielten Sie von dem alternativen Zulas-
sungsweg, der geprüft wurde?

Zeuge Wolfgang Steiger: Der ist grund-
sätzlich, wie ich vorhin schon sagte, natürlich
machbar, und sicherlich - dafür sieht ja auch
die Vorschrift diese Möglichkeit vor - mag
das in bestimmten Fällen auch notwendig
sein. Ob es notwendig ist und ob man den
Preis, der sich damit verbindet, dann bereit
ist zu zahlen, ist eine Abwägung und eine
Bewertung, die irgendwo im operationellen
Bereich auch zu treffen ist.

Aber man muss sich darüber im Klaren
sein: Ein dauerhafter Betrieb eines nicht
musterzugelassenen Systems auf dieser
Basis, mit der ständigen Notwendigkeit einer
Risikobewertung, mit der Ungewissheit, wie
sich das System in der Zukunft verhält, wie
die Randbedingungen sich weiterhin entwi-
ckeln werden - ich sagte vorhin: Abstützung
auf US-Global-Hawk-Daten; es liegt nicht
allein in unserer Macht, die sicherzustellen -,
der Notwendigkeit, auch ungeplant größere
Änderungen durchführen zu müssen, birgt
natürlich schon erhebliche Risiken, sowohl
was die Verfügbarkeit als auch was die Kos-
ten angeht. Man kann das machen. Es ist
unter gewissen Umständen, wie ich vorhin
schon sagte, sicherlich vielleicht auch mal
notwendig; aber das gibt es nicht umsonst.

Ich habe den Eindruck - was man so aus
der Presse hört oder auch aus dem Internet
oder auch von anderen Quellen -, auch die
US Air Force muss den Preis dafür zahlen,
dass sie ein System, das aus einem De-
monstrator, aus einem F-und-T-Programm
entstanden ist, aus operationellen Gründen
schnell in die Nutzung genommen hat. Aber
es ist mit Sicherheit ein Unterschied, ob ich
für einen schnellen Bedarf ein System fünf
bis zehn Jahre betreibe, den Preis zahle und
mich dann wieder davon verabschiede und
das nächte System in Angriff nehme, was
dann vielleicht auch moderner und leis-
tungsfähiger ist, oder ob ich ein System 40

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 475 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 79
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Jahre und 40 000 Flugstunden, so wie das
bei uns ja üblich ist, nutzen will.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön.- Jetzt kommt die FDP-Frak-
tion. Herr Kollege Spatz.

Joachim Spatz (FDP): Herr Steiger, Sie
haben vorhin gesagt, § 30 sei kein Freibrief.
Ich gehe davon aus, dass das mit Sicherheit
zu tun hat. Ist das so?

Zeuge Wolfgang Steiger: Exakt; denn
§ 30 fordert ja, wie ich vorhin schon sagte,
die Berücksichtigung der öffentlichen Sicher-
heit und Ordnung. Also es gilt hier Aspekte
zu betrachten, die nicht nur innerhalb der
Bundeswehr liegen. Natürlich ist die Sicher-
heit der Besatzungen, der Passagiere, der
damit handelnden Personen der Bundeswehr
im Fokus. Aber es geht auch um die Sicher-
heit, um die Ansprüche, wenn Sie so wollen,
der unbeteiligten Dritten, sowohl im Luftraum
als auch am Boden. Und das kann manch-
mal schon auch ein gewisses Spannungsfeld
bedeuten; das ist richtig. Aber so ist nun mal
die Gesetzeslage, und die ist zu berücksich-
tigen.

Joachim Spatz (FDP): Jetzt haben wir
vom vorigen Zeugen gelernt, dass die US-
amerikanische Firma einen - ich zitiere - er-
heblichen Lernprozess durchgemacht hat,
was die Erfordernisse der Zulassung militäri-
scher Luftfahrzeuge in Deutschland bedeutet
im Unterschied zu den - ich interpretiere -
nicht ganz so deutlichen Vorschriften in den
USA. Jetzt kann man sagen, im Sinne der
Abwägung, wie eben besprochen, dass wir
für uns entscheiden: Wir nehmen einen hö-
heren Standard und müssen den dann halt
auch erfüllen oder unsere Lieferanten müs-
sen den erfüllen. - Das ist eine Seite. Die
andere Seite ist: Es würde zum Beispiel
einen Unterschied machen, ob ich einen
Eurofighter bei uns zulasse oder eine F-16.
Gibt es da unterschiedliche Praktiken, und
fliegen heute bereits Fluggeräte mit dem
niedrigeren Standard, zum Beispiel die F-16,
über der Bundesrepublik Deutschland? Das
heißt, akzeptieren wir bei Partnern den dort
üblichen - Klammer: niedrigeren - Standard?

Zeuge Wolfgang Steiger: Also, dass in
den USA grundsätzlich ein niedrigerer Stan-
dard angewendet wird, das kann man so

nicht aufrechterhalten. Die USA kennen auch
die Musterzulassung, das Type Certificate,
und die haben auch Systeme, die mit einer
Musterzulassung versehen sind und einen
entsprechenden Qualifikationsprozess durch-
laufen haben.

Die F-16 ist sicherlich mit Gobal Hawk
nicht vergleichbar. Die F-16 ist auch so nicht
entstanden und auch so nicht qualifiziert
worden. Die Luftfahrzeuge, die die Bundes-
wehr in Betrieb hat - und die Bundeswehr hat
ja früher auch US-Muster geflogen -, sind
natürlich nicht nach zivilen Standards ent-
standen; können sie ja auch nicht. Aber es
gibt und gab schon immer auch Militärstan-
dards, die einen vergleichbaren Qualifika-
tionsprozess gefordert haben und fordern,
und darauf kommt es an. Es geht darum,
sicherzustellen, dass die Verfahren, nach
denen ein Muster qualifiziert ist, die entspre-
chenden Forderungen, die man an eine
Musterzulassung, so wie wir sie bezeichnen,
erfüllen und einen entsprechenden Sicher-
heitslevel auch gewährleisten.

Wenn Sie danach fragen: „Wie können
wir sicherstellen, dass eine F-16 oder ein
anderes ausländisches Luftfahrzeugmuster
die von uns geforderten Sicherheitsstandards
erfüllt?“, dann ist die Frage nicht so einfach
zu beantworten. Es ist in der Tat nicht un-
problematisch; denn der vorhin erwähnte
§ 30 sagt ja nun auch was über Luftfahr-
zeuge anderer Staaten aus. Wenn es dort
entsprechende zwischenstaatliche Vereinba-
rungen gibt - Stichwort: NATO -, findet eine
solche formale Prüfung gar nicht statt, kann
auch nicht stattfinden. Wir können ja nun den
Musterprüfprozess nicht nachvollziehen bzw.
uns auch nicht die Zulassungen mit all den
entsprechenden Nachweisdokumenten der
ausländischen Streitkräfte vorlegen lassen.

Ja, das ist eine Sache, die irgendwo
auch - wie soll ich sagen - der politischen
Zusammenarbeit, der internationalen Zu-
sammenarbeit irgendwo - denke ich; das ist
meine persönliche Meinung - geschuldet ist.

Joachim Spatz (FDP): Also, Sie wissen
schon, auf was ich hinauswill. Wir haben
vorhin gehört, dass - wie gesagt, Stichwort:
„Lernprozess der amerikanischen Firma“ -
gesagt worden ist: Die waren angeblich völlig
überrascht, wie viele Dokumentationen bei
uns beigestellt werden müssten, um eine
Musterzulassung zu erreichen, die offen-
sichtlich - nach Auskunft des vorigen Zeu-
gen - in den USA nicht eingereicht werden

Drucksache 17/14650 – 476 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 80
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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müssen. Jetzt können Sie sagen, es ist kein
Zeichen von Standard, dass man es nicht
einreichen muss; das ist richtig. Offensicht-
lich ist es aber rein jetzt mal verwaltungs-
technisch anders - Klammer: einfacher -, die
Zulassung zu erreichen. Ich sage mal, wenn
wir für uns die Entscheidung treffen, wir las-
sen das nicht zu, lassen aber gleichzeitig
Fluggeräte zu, die mit etwas weniger Auf-
wand - ich will nicht von Qualität reden -,
okay, mit etwas weniger bürokratischem
Aufwand zugelassen sind, dann haben wir ja
nicht wirklich was mit unserem hohen Stan-
dard erreicht. Also gibt es da eine Möglich-
keit, zum Beispiel zu sagen, wir nehmen ein
Land wie Italien, wir nehmen ein Land wie
USA, lassen dort zu und haben eine Nut-
zungsvereinbarung?

Zeuge Wolfgang Steiger: Also, dass wir
das so tun, dass wir Luftfahrzeuge akzeptie-
ren in unserem Luftraum, von denen wir da-
von ausgehen, dass sie nach erheblich ande-
ren und geringeren Standards betrieben
werden, ist mir nicht bekannt. Auch die Aus-
sage oder die Behauptung der Firma
Northrop Grumman, sie war davon über-
rascht, was bei uns gefordert wird: Da kann
ich nur sagen, die Firma Northrop Grumman
hat keine Ahnung, wenn das denn stimmt,
wie ein Musterprüfprozess mit dem Ziel einer
Musterzulassung oder im angelsächsischen
Term ein Type Certificate durchgeführt wer-
den muss. Das ist in den USA nicht anders
als hier bei uns.

Wenn die Firma Northrop Grumman bis-
her keine Luftfahrzeugmuster entwickelt und
qualifiziert hat, die diesem Anspruch genü-
gen mussten, dann mag das schon so sein,
dass sie davon überrascht wurden. Aber jetzt
darauf zu schließen, dass, weil die US Air
Force den Global Hawk nach einem Risk-
Assessment-Prozess verkehrszugelassen
hat, jetzt alle Systeme in den USA so zuge-
lassen und betrieben würden, das ist nicht
gerechtfertigt.

Joachim Spatz: (FDP): Gut, das lassen
wir mal offen. - Ich habe noch eine Schluss-
frage. Sie sagten ja, Gott sei Dank passiert
das nicht laufend, dass wir in so Probleme
kommen, und sagten dann, wenn man aber
mit einem Ziel startet, das nicht realistisch
oder Ähnliches ist. Was meinten Sie denn
genau damit, „wenn man schon so startet“, in
diesem Fall, was haben Sie da gemeint? Das
war eine Aussage von vorhin.

Zeuge Wolfgang Steiger: Ich meine,
wenn man Forderungen erhebt, die ein Sys-
tem nicht erfüllen kann, man das aber nicht
weiß, beide Seiten es offensichtlich nicht
wissen, dann wird man irgendwann Pro-
bleme bekommen, und irgendwann werden
die Probleme offensichtlich.

Joachim Spatz: (FDP): Welche Forde-
rungen sind es denn aus Ihrer heutigen
Sicht?

Zeuge Wolfgang Steiger: Was meinen
Sie mit „welche Forderungen“?

Joachim Spatz: (FDP): Ja, Sie haben
gesagt, wenn man Forderungen erhebt, die
man nicht erfüllen kann. Welche sind denn
das aus Ihrer heutigen Sicht?

Zeuge Wolfgang Steiger: Okay. Ja, die
Forderungen sind ja im Vertrag festgelegt,
die Musterzulassung auf der Basis einer
CS 23 - so war es in der Erstausgabe des
Vertrages -, getailort für unbemannte Sys-
teme, und dann - ich weiß jetzt nicht, ob es
der dritte Änderungsvertrag oder der zweite
Änderungsvertrag war - wurde die inzwi-
schen verabschiedete Erstausgabe der
STANAG 4671 - das ist die mittlerweile inter-
national im Rahmen der NATO vereinbarte
Zulassungsbasis für unbemannte Systeme
dieser Kategorie - dann verwendet, die ent-
sprechende Forderungen erhebt, die ein
Euro Hawk, ein Global-Hawk-basierter Euro
Hawk, entweder nicht erfüllen kann oder die
Firma es nicht nachweisen kann, dass er sie
erfüllt.

Joachim Spatz: (FDP): Besten Dank.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön. - Jetzt kommt die Linke. Bitte
schön, Herr Koch.

Harald Koch (DIE LINKE): Vielen Dank,
Frau Vorsitzende. - Ja, Herr Steiger, ich
muss mich erst mal so herantasten, was Ihre
Position noch betrifft. Sie sind Direktor
Wehrtechnische Dienststelle 61. Sind Sie
verbeamtet, oder?

Zeuge Wolfgang Steiger: Ja, ich bin Be-
amter, ja.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 477 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 81
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Harald Koch (DIE LINKE): Wer ist Ihr
Dienstherr, oberer Dienstherr?

Zeuge Wolfgang Steiger: Mein Dienst-
herr ist die Bundesrepublik Deutschland.

Harald Koch (DIE LINKE): Ja, aber das
macht ja eine Person zum Schluss, da ist ja
eine Person.

Zeuge Wolfgang Steiger: Nein, das ist
mein Dienstvorgesetzter.

Harald Koch (DIE LINKE): Also der
Dienstvorgesetzte dann, wer ist das?

Zeuge Wolfgang Steiger: Mein Dienst-
vorgesetzter ist mein Dienststellenleiter.

Harald Koch (DIE LINKE): Aha. - Ich
sage mal: Sie haben gesagt, seit August
2009 sind Sie mit dem Projekt Euro Hawk
befasst. Heißt das, mit der Zulassung?

Zeuge Wolfgang Steiger: Richtig.

Harald Koch (DIE LINKE): Wann haben
Sie das erste Mal von dem Projekt gehört?

Zeuge Wolfgang Steiger: Weiß ich nicht
mehr; auf jeden Fall viel früher.

Harald Koch (DIE LINKE): Viel früher,
genau. Waren Sie da der Meinung, dass Sie
schon hätten eher mit einbezogen werden
müssen?

Zeuge Wolfgang Steiger: Sie meinen
mich persönlich, oder?

Harald Koch (DIE LINKE): Das Amt jetzt,
Sie in Ihrer Funktion auch.

Zeuge Wolfgang Steiger: War ja einbe-
zogen. Die WTD 61 war zu einem sehr, sehr
frühen Stadium bereits einbezogen in die
Euro-Hawk-Thematik.

Harald Koch (DIE LINKE): Also nicht erst
seit 2009?

Zeuge Wolfgang Steiger: Natürlich nicht.

Harald Koch (DIE LINKE): Okay, weil ich
das so verstanden habe, dass erst - - Sie
waren damit dann beschäftigt, Sie in Person.

Zeuge Wolfgang Steiger: Ich in Person.
Ich spreche ja hier für mich.

Harald Koch (DIE LINKE): Ja, okay. - Sie
hatten vorhin ausgeführt, dass es auch
zahlreiche Gespräche gegeben hat mit der
Industrie, mit der EuroHawk GmbH, mit
Northrop Grumman. Sie hatten ja auch einige
Daten genannt dazu. Nun gab es ja Schwie-
rigkeiten hinsichtlich der Musterzulassung,
und Sie hatten auch vorhin angedeutet mit
etwas lustigem Unterton, dass eher Druck
von der Industrie ausgeübt wurde. Können
Sie mal konkret sagen, wie, in welcher Form
und wie heftig?

Zeuge Wolfgang Steiger: Ja, Druck ist
vielleicht in dem Zusammenhang nicht der
richtige Ausdruck. Aber die Industrie versucht
natürlich - das ist auch normal und ist auch
irgendwo akzeptiert -, ihren Aufwand zu mi-
nimieren und ihren Profit zu maximieren. So
funktioniert Industrie; das ist okay. Unsere
Aufgabe ist eben eine andere, und da gibt es
manchmal Interessenkonflikte. Dass natürlich
dann die Industrie nicht immer gleich nach-
gibt, wenn die Amtsseite was fordert, ist auch
okay. Dann - je nachdem, wie gerade die
Möglichkeiten sind oder wie die vertraglichen
Verhältnisse sind - versucht natürlich die
Industrie, die Amtsseite, den jeweils zustän-
digen Partner auf der Amtsseite, dazu zu
bringen, das zu tun, was sie gerne hätte. Das
war dann im Fall Northrop Grumman viel-
leicht auch der Hinweis, der oftmals wieder-
holte Hinweis, dass bestimmte Leistungen
einfach non-quoted sind, also nicht beauf-
tragt sind und nicht bekostet sind und nicht
erbracht werden können oder einer Ver-
tragsänderung bedürfen. Vertragsänderung
heißt immer weiteres Geld. Das meinte ich
damit, ja. Ich meine, wenn ein Projektleiter
dann einen Änderungsvertrag in Angriff
nehmen muss - darüber hat mein Vorredner
möglicherweise auch berichtet -, dann ist das
eine Sache, die man sich zweimal überlegt
und die gut begründet sein muss. Das weiß
die Industrie natürlich auch, und auf diese Art
und Weise versucht dann auch die Industrie,
mal Druck auszuüben, indem sie damit droht,
wenn jetzt das gefordert würde, dann wäre
das außerhalb des Vertrages und müsste
eine Vertragsänderung zur Folge haben.

Harald Koch (DIE LINKE): Hatten Sie
Einfluss, sind Sie mit einbezogen worden in

Drucksache 17/14650 – 478 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 82
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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die Vertragserarbeitung zwischen Euro Hawk
und der Industrie?

Zeuge Wolfgang Steiger: Das kann ich
Ihnen aus eigener Erfahrung nicht bestäti-
gen.

Harald Koch (DIE LINKE): Nicht?

Zeuge Wolfgang Steiger: Nein, das war
weit vor meiner Zeit; kann ich nicht sagen.

Harald Koch (DIE LINKE): Welche Vo-
raussetzungen muss ein unbemanntes Luft-
fahrzeug erfüllen, um eine Musterzulassung
oder Verkehrszulassung zu erhalten? Da gibt
es ja diese ZDv 19/1. Vielleicht können Sie
mal kurz daraus formulieren, welche Voraus-
setzungen dort klargestellt sind.

Zeuge Wolfgang Steiger: Erst mal ist ein
unbemanntes System ab einer gewissen
Größe zulassungspflichtig, musterzulas-
sungspflichtig, abhängig davon, wie es be-
trieben wird. Da gibt es ein Dokument, das
legt die Bau- und Prüfvorschriften für un-
bemannte Systeme fest; das ist diese
LTF 1550. Die unterscheidet die unbemann-
ten Systeme in drei Kategorien.

Die Kategorie 1 sind die Systeme, die
sich nur in einem gesperrten Luftraum über
einem Bodensperrgebiet bewegen. Das sind
zum Beispiel Zieldarstellungsdrohnen über
einem Truppenübungsplatz, der ja nun ein
Luftsperrgebiet und Bodensperrgebiet hat.
Die Kategorie 2 sind Systeme, die in einem
Bodensperrgebiet, zum Beispiel einem Flug-
platz, starten und dann in einem Flugbe-
schränkungsgebiet sich bewegen und wiede-
rum in einem Bodensperrgebiet auch landen;
das kann auch der gleiche Flugplatz sein.
Die Kategorie 3 wären unbemannte Luftfahr-
zeuge, die eben unbeschränkt so wie auch
ein bemanntes Luftfahrzeug am Luftverkehr
teilnehmen können. Kategorie-3-Luftfahr-
zeuge gibt es meines Wissens weltweit bis-
her nicht. Sie setzen gewisse Funktionali-
täten voraus - Stichwort Sense and Avoid -,
für die es bis heute keine technischen Lö-
sungen und Verfahren gibt. Das ist in der
Untersuchung; da gibt es Studien dazu, die
durchgeführt werden auch im Rahmen der
EU. Aber es gibt bis dato noch keine Lösun-
gen dazu und schon gar keine Systeme, die
einsatzfähig wären.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Dann gebe ich jetzt Bündnis 90/Die Grünen
das Wort. Frau Kollegin Keul.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, vielen Dank. - Herr Steiger, dann mache
ich gleich an der Stelle weiter, und zwar
haben Sie ja relativ deutlich vorhin gesagt,
dass die Voraussetzungen der Mus-
terprüfung sich aus dem Vertrag ergeben. Ich
nehme an, Sie meinen den Vertrag von Ja-
nuar 2007 mit der Industrie.

Zeuge Wolfgang Steiger: Richtig.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also dort sind die Voraussetzungen, die ge-
schaffen werden müssen für Musterzulas-
sung, dezidiert ausgeführt?

Zeuge Wolfgang Steiger: So ist es, ja.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Dann möchte ich dem Zeugen bitte, Frau
Vorsitzende, noch mal die gleiche Anlage
vorlegen - - Frau Vorsitzende, ich würde
gerne dem Zeugen die Anlage des Vertrages
vorlegen - ich bitte die Zeit zu stoppen -, die
ich vorhin dem vorangegangenen Zeugen
auch vorgelegt habe.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ja, machen wir. Aber das ist ein stiller Vor-
halt, nicht?

(Dem Zeugen wird ein Schriftstück
vorgelegt - Der Zeuge liest in
diesem Schriftstück)

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ich habe Ihnen jetzt eine Anlage des Vertra-
ges vorgelegt; das sind etwa 100 Seiten eng-
lischsprachige technische Voraussetzungen.
Sind das die Voraussetzungen, die, wenn sie
erfüllt werden, zu einer Musterzulassung
durch Ihre Behörde geführt hätten?

Zeuge Wolfgang Steiger: Ja, das war
die Zulassungsbasis, so wie sie im Muster-
prüfrahmenprogramm festgeschrieben war.
Das war unter anderem die CS 23. Es gibt
noch mehr, noch andere Dokumente, die im
Musterprüfrahmenprogramm angezogen
sind. Aber das ist das wesentliche Doku-
ment. Das wurde, wie ich vorhin sagte, fort-
geschrieben in einem Änderungsvertrag und
ersetzt durch die STANAG 4671. Die CS 23

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 479 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 83
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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ist eine Spezifikation aus der bemannten
zivilen Luftfahrt, weil es zu dem Zeitpunkt
damals keine UAV-spezifischen Spezifikatio-
nen gab. Die existierten nicht. Deswegen hat
man die CS 23 genommen. Die CS 23 ist für
Transportflugzeuge bis 5 670 Kilogramm,
knapp 6 Tonnen, und man hat die Paragra-
fen herausgestrichen, die eben nicht an-
wendbar waren, weil es sich um unbemann-
tes Luftfahrzeug handelt. Also Cockpitanzei-
gen usw. brauche ich natürlich im unbe-
mannten System nicht betrachten. Da habe
ich allerdings Anzeigen und entsprechende
Kontrolleinrichtungen in der Bodenstation.

Das war auch der Grund im Übrigen da-
für, dass man die STANAG 4671 zur Anwen-
dung gebracht hat, weil diese nämlich die
Bodenstation berücksichtigt und den Daten-
link; denn ein unbemanntes System besteht
ja nicht nur aus dem Luftfahrzeug, sondern
ganz essenziell dazu gehören die Boden-
station und die Datenlinkstrecke, die ja nun
gewissen Kriterien und Zuverlässigkeiten
genügen muss. Aber beim Vertrag 2007 war
das das zentrale Dokument; das ist richtig.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Und bei der Erstellung dieses Dokuments - -
Dem ist ja zu entnehmen, dass da Ihre
Dienststelle beteiligt war im Gespräch mit der
Industrie, WTD 61. War das dann Ihr Vor-
gänger in Person, oder wer hat da teilge-
nommen?

Zeuge Wolfgang Steiger: Das stimmt.
Dieses Dokument ist von der WTD 61 er-
arbeitet worden. Das war, soweit ich weiß,
nicht mein Vorgänger, mein Amtsvorgänger
in der Funktion, in der ich bin, sondern das
war ein Kollege, der damals als Musterprüfer
für unbemannte Systeme tätig war. Aber als
der Vertrag in Kraft trat, mit dieser Anlage,
war mein Amtsvorgänger natürlich in der
Funktion, in der ich bin, und damit letztend-
lich auch dafür zuständig, ja.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Aber wie konnte denn dann die Industrie,
also vor allen Dingen Northrop Grumman,
überrascht sein 2010, wenn doch Sie das
alles schriftlich detailliert aufgeführt und zum
Vertragsbestandteil gemacht haben? Das
konnten die doch nachlesen; das haben die
ja selber unterschrieben im Prinzip.

Zeuge Wolfgang Steiger: Da haben Sie
recht. Das ist, denke ich, auch eine gute

Frage. Aber die sollten Sie dem Vertreter der
Northrop Grumman stellen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Das beabsichtige ich auch.

Zeuge Wolfgang Steiger: Ja.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Aber ich habe jetzt heute die Gelegenheit,
mir sozusagen von Ihnen bestätigen zu las-
sen, dass diese Voraussetzungen für die
Musterzulassung im Vertrag dezidiert so
ausdrücklich niedergelegt waren.

Zeuge Wolfgang Steiger: Richtig. Das
ist richtig.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Vielen Dank. - Dann habe ich noch ein paar
weitere Fragen. Einmal vielleicht noch mal
kurz zum Verständnis: Das Verhältnis zwi-
schen Ihnen und dem Projektleiter, dem vo-
rangegangenen Zeugen, wie ist das, jetzt
vielleicht noch mal so beamtenrechtlich? Ist
einer vorgesetzt, oder ist einer sozusagen - -
Begegnen Sie sich auf Augenhöhe, oder ist
der eine sozusagen dem anderen überstellt
oder untergeordnet? Wie muss ich mir das
vorstellen?

Zeuge Wolfgang Steiger: Ja. Der Pro-
jektleiter ist Angehöriger der vorgesetzten
Behörde; da haben Sie recht. Deswegen ist
die Frage irgendwo auch berechtigt, denke
ich. Allerdings ist der Leiter des Musterprüf-
wesens in seiner Tätigkeit, in seiner Funktion
unabhängig. Ich habe zwar eine Arbeits-
anweisung, in der mir der Vizepräsident
Technik im BWB, den es nicht mehr gibt - die
Arbeitsanweisung ist auch schon etwas äl-
ter -, als Fachvorgesetzter vorgesetzt ist. Die
ZDv 19/1 kennt aber keinen Fachvorgesetz-
ten. Allerdings sagen die Durchführungs-
bestimmungen zur ZDv 19/1, dass das BMVg
AIN V 1 in bestimmten Fällen Weisungen an
den Leiter ML erteilen kann zur Erteilung von
Ausnahmegenehmigungen von der Vor-
schrift. Aber der Projektleiter ist dem Leiter
ML in Musterprüfaufgaben nicht vorgesetzt,
um das ganz deutlich zu sagen. Wir begeg-
nen uns auf Augenhöhe, auch weil wir uns
schon lange gut kennen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Vielen Dank. - Die Statusberichte, die halb-

Drucksache 17/14650 – 480 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 84
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jährlichen, die der Projektleiter erstellt, sind
Sie daran beteiligt, wirken Sie dort mit, oder
liegen Ihnen die vor?

Zeuge Wolfgang Steiger: Nein, die lie-
gen mir nicht vor.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Damit haben Sie gar nichts zu tun?

Zeuge Wolfgang Steiger: Nein.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Weil es da ja auch immer um Zulassungsfra-
gen ging. Aber das hat er dann sozusagen
von Ihnen erfahren und dann in seine Be-
richte geschrieben, ja?

Zeuge Wolfgang Steiger: So muss man
das verstehen, ja.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Okay. - Nun hatten wir schon mal erwähnt
bzw. Sie hatten das auch erwähnt, dass es
da eine Ausnahmezulassung geben könnte
mit der Nummer 316, wo dann der Inspekteur
der Luftwaffe die direkte Zulassung erteilt.
Wissen Sie, warum man diesen Weg letztlich
nicht gegangen ist? Ist das eine Frage der
Verantwortungsübernahme für verbliebene
Risiken, oder was spielt da eine Rolle?

Zeuge Wolfgang Steiger: Also, das wä-
ren jetzt alles Mutmaßungen, wenn ich Ihnen
jetzt da eine Antwort geben würde. Diese
Frage sollten Sie an den Inspekteur stellen.
Auch in dem Ad-hoc-Bericht ist zu dieser
Frage oder als Begründung für diese Ent-
scheidung angegeben, dass er nicht das
entsprechende kompetente Personal verfüg-
bar hat, um diese ständige Risikobewertung
durchzuführen. Mehr kann ich Ihnen dazu
auch nicht sagen. Ob Kostenaspekte da
auch eine Rolle spielen, ich weiß es nicht.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Dann will ich vielleicht noch mal so fragen,
dass Sie es besser beantworten können.
Also, wenn Ihre Behörde die Zulassung er-
teilt, und es geht irgendwas schief hinterher -
es gibt einen Unfall, irgendwelche Mängel
tauchen auf -, dann ist Ihre Behörde die ver-
antwortliche gegebenenfalls. Das habe ich
richtig verstanden? Und wenn jemand an-
ders, also wenn der Inspekteur diese Aus-
nahmezulassung erteilen würde, dann würde

sich sozusagen die Verantwortung verschie-
ben. Verstehe ich das richtig, dass Sie dann
sozusagen nicht mehr die erteilende Behörde
wären, sondern einfach jemand anders dann
an der Stelle steht?

Zeuge Wolfgang Steiger: So ist es.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
So ist es.

Zeuge Wolfgang Steiger: Das ist richtig.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Gut, vielen Dank. - Dann hätte ich noch eine
Frage zum zugelassenen Luftfahrtbetrieb.
Also, Sie haben gesagt, die vorläufige Zulas-
sung beruhte darauf, dass man davon aus-
ging, dass die EuroHawk GmbH, die ja kein
zugelassener Luftfahrtbetrieb ist, eine solche
Zulassung in Kürze erhalten können würde.
Ist damit noch ernsthaft zu rechnen? Ist da
ein Verfahren? Soll die EuroHawk GmbH
noch zugelassen werden? Und wenn ich die
Frage vielleicht vollenden darf: Spielt es in
dem Zusammenhang eine Rolle, dass die
Unterauftragnehmerin EADS selber kein
zugelassener Luftfahrtbetrieb mehr ist?

Zeuge Wolfgang Steiger: Also, dass die
Firma Cassidian kein zugelassener Luftfahrt-
betrieb ist, ist mir neu. Ich denke schon, dass
sie ein zugelassener Luftfahrtbetrieb ist. Aber
die Firma EuroHawk GmbH ist seit letzter
Woche zugelassener Luftfahrtbetrieb. Die
Zulassung ist zwar zeitlich limitiert bis zum
30.09. Aber die Zulassung ist letzte Woche
ausgesprochen worden.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön. - Dann frage ich die
CDU/CSU. Bitte schön, Kollege Grübel.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ja, bis der
Kollege Silberhorn sich da wieder eingerich-
tet hat, eine Frage: Im Bericht des Bundes-
rechnungshofes vom 3. Juni - ich weiß nicht,
ob Sie den mal zur Kenntnis genommen
haben; ich lese Ihnen den Satz vor, um den
es geht -

Zeuge Wolfgang Steiger: Ja, bitte.

Markus Grübel (CDU/CSU): - empfiehlt
der Bundesrechnungshof - ich zitiere wört-
lich -:

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 481 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 85
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Nein, Herr Kollege Grübel, der Bundesrech-
nungshofbericht ist eingestuft, und Sie dürfen
nicht zitieren.

(MR Andreas Conradi (BMVg): Der
ist NfD!)

- Der ist NfD.

MR Andreas Conradi (BMVg): Ich kann
darüber nicht verfügen, denn der Autor ist
der Bundesrechnungshof.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ah ja.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Er ist wirklich NfD eingestuft.

Markus Grübel (CDU/CSU): Aber ich
glaube, der Teil ist völlig - -

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Dann sagen Sie es halt sinngemäß.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ja, also
sinngemäß: Also, angenommen, der Bundes-
rechnungshof hätte in seinen Empfehlungen
so eine Art Empfehlung, dass das Muster-
zulassungsverfahren so zu überarbeiten sei,
dass es bei internationalen Rüstungsprojek-
ten mit vertretbarem Aufwand anwendbar ist,
also angenommen, das würde da drinstehen,
würde Ihnen das konkret als der, der prak-
tisch der Mensch ist in der Bundesrepublik
Deutschland, der am nächsten an dem
Thema der Zulassungsverfahren dran ist,
sagen, was hier zu verbessern ist und was
der Bundesrechnungshof gemeint haben
könnte, wenn er es denn so formuliert hätte -
wobei ich meine Einschränkung jetzt auf VS
etc. bezogen haben will und nicht, dass ich
hier herumspekuliere?

Zeuge Wolfgang Steiger: Also, wenn der
Rechnungshof das empfohlen hätte, dann
würde ich mich erstens fragen, was er damit
meint, und zweitens würde ich die Notwen-
digkeit nicht sehen; denn dass unser Zulas-
sungsverfahren auch im internationalen
Umfeld seit Jahrzehnten funktioniert, sieht
man an den vielen internationalen Vorhaben,
die wir bereits durchgeführt haben.

Markus Grübel (CDU/CSU): Dann werde
ich dem Bundesrechnungshof die Frage
stellen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege Silberhorn.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Vielen
Dank. - Ich würde zunächst gerne noch mal
die Frage stellen wollen, seit wann nicht Sie
persönlich, sondern die Wehrtechnische
Dienststelle 61 mit dem Musterzulassungs-
verfahren für die Euro-Hawk-Serie befasst
ist. Haben Sie da Erkenntnisse, weil Sie sa-
gen, sehr frühzeitig wären Sie eingebunden
gewesen?

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Kollege Silberhorn, geht es ein bisschen
lauter?

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Also,
Sie hatten vorhin gesagt, Sie wären persön-
lich, die Wehrtechnische Dienststelle wäre
sehr frühzeitig einbezogen gewesen in das
Musterzulassungsverfahren. Können Sie das
zeitlich konkretisieren?

Zeuge Wolfgang Steiger: Also, nicht in
das Musterzulassungsverfahren, weil die
Musterzulassung wurde ja erst ein Thema
mit Vertragsschluss in 2007. Es gab aber
schon im Vorfeld, lange vorher, viele Jahre
vorher - - Das ist jetzt Hörensagen, ja, oder
Akten. Also, mein Wissen basiert jetzt auf
Akten bzw. auf Gesprächen mit Kollegen,
weil ich selber nicht beteiligt war. Begin-
nend - weiß ich nicht - 1999, 2000, wo die
ersten Überlegungen angestellt wurden, so
ein System zum Einsatz zu bringen.

Als herausragendes Event - ich selber
war damals nicht in Manching, weil ich in der
Zeit im BMVg war - war ja diese Demonstra-
tion 2003 in Nordholz, als ein Global Hawk
dort für, glaube ich, drei Wochen stationiert
war und von Nordholz aus mehrere Flüge
durchgeführt hat, um eben zu demonstrieren,
wozu dieses System eben in der Lage ist,
und da hat die WTD 61 eine Sicherheits-
bewertung durchgeführt, damit eben die vor-
hin von einem Ihrer Kolleginnen und Kolle-
gen angesprochene Freigabe zum Einfliegen
in den deutschen Luftraum erteilt werden
konnte. Das war also ein unmittelbarer Bei-
trag der WTD 61. Das ist im Übrigen auch im
Ad-hoc-Bericht dargestellt.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Das
heißt, nicht mit dem Verfahren, aber mit Fra-

Drucksache 17/14650 – 482 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 86
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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gen der Zulassung waren Sie von Beginn
an - seit 1999, sagen Sie - mit betraut?

Zeuge Wolfgang Steiger: Ja; von 1999
kann ich nicht bestätigen. Aber aufgrund von
Informationen aus den Unterlagen und auch
von Kollegen sind bereits sehr früh mit der
Firma Northrop Grumman diesbezügliche
Gespräche geführt worden, und so, wie mir
der Kollege sagte, den ich vorhin schon an-
gesprochen habe, der damals als Muster-
prüfer für unbemannte Systeme tätig war, ist
auch der Industrie schon ein Musterprüf-
rahmenprogramm vorgelegt worden mit dem
Ziel der umfassenden Musterprüfung, basie-
rend auf der damals Vorgängerversion von
der CS 23, nämlich der JAR 23, also im Prin-
zip das gleiche Dokument. Nur, vor Existie-
ren der europäischen Behörde EASA hieß
das Ganze JAR - Joint Aviation Requirement
- 23. Da wurde das der Industrie schon vor-
gelegt, in 2003, und - -

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Ja,
vielen Dank. - Es hat dann noch Jahre ge-
dauert, bis 2011 erkennbar wurde, dass eine
Musterzulassung für die Serie größere
Schwierigkeiten aufwirft. Sie haben die ge-
schätzten Mehrkosten auf 100 bis 600 Millio-
nen taxiert. Es ist vorhin dazu zwar schon
gefragt worden; ich würde aber gerne noch
einmal nachfassen, weil es doch eine sehr
große Spanne ist, innerhalb der wir uns da
bewegen. Sie hatten vorhin ausgeführt, dass
es eine grobe Schätzung wäre. Aber ich
gehe wohl recht in der Annahme, dass diese
Schätzung auf tatsächlichen Anhaltspunkten
beruht. Könnten Sie das noch etwas konkre-
tisieren, was Grundlage dieser Schätzung ist,
weshalb Sie auf diesen hohen Betrag kom-
men?

Zeuge Wolfgang Steiger: Also, diese
Bandbreite, 100 bis 600 Millionen, ist von der
WTD nie genannt worden. Die WTD hat eine
Kostenschätzung gegenüber dem Projekt-
management abgegeben in der Höhe von
500 und paar neunzig, also knapp 600 Mil-
lionen, und die Zahl ist entstanden dadurch,
dass man - ich habe das vorhin schon mal
kurz erwähnt gehabt - für die Gerätekompo-
nenten - - Man hat eine Anzahl von etwa
hundert Gerätekomponenten, die in etwa
dem System Euro Hawk entspricht, ange-
nommen und mit einem Pauschalwert belegt
für eine Nachqualifikation, um eben hier die
Grundlagen zu schaffen.

Nicht beinhaltet sind eventuelle Re-
designs. Sie können ja nicht davon aus-
gehen, dass eine Komponente, die Sie
nachqualifizieren, auch die Qualifikation be-
steht. Die Frage ist und wird dann immer
spannend: Was passiert, wenn es die Quali-
fikation nicht besteht und ich muss re-
designen? Dann wissen Sie nicht am Ende
des Tages, was das für einen Aufwand und
für Kosten bedeutet. Aber mal unter der An-
nahme, dass ein Redesign nicht erforderlich
ist: Allein den Aufwand für die Qualifikation
einer Komponente haben wir damals ange-
nommen mit 3,5 Millionen.

Dann wurde - ich habe die Zahlen jetzt
nicht mehr im Einzelnen im Kopf; das Doku-
ment müsste Ihnen im Rahmen des Schrift-
verkehrs, des übergebenen Schriftverkehrs,
auch zugegangen sein - ein Ansatz gemacht
für verschiedene Komponenten, die ich jetzt
hier im Einzelnen nicht nennen möchte, weil
dies technische Details darstellt, die jetzt
Rückschlüsse auf die Konfigurationen und
auf die möglichen Zustände des Global Hawk
zulassen würden. Aber wenn man durch die
verschiedenen Systeme durchgeht, sind
verschiedene Kostenansätze gemacht, wobei
der wesentliche Anteil eben hier mit 350, mit
angenommenen 350 Millionen bei den Kom-
ponenten liegt. Und was nicht eben - auch
das habe ich schon mal angesprochen -
bekostet wurde, weil es meines Erachtens
nicht bekostbar ist, sind Aufwände für Erhö-
hungen der Zuverlässigkeit, der Gesamtsys-
temzuverlässigkeit, weil man da über das
gesamte System gehen muss und ausge-
hend von einer Fehlerbaumanalyse dann
feststellen muss: Wo habe ich Schwächen im
Design, und was muss ich wo verändern, um
meine Gesamtsystemzuverlässigkeit auf den
gewünschten Level heben zu können? So ist
diese Zahl entstanden.

Ich denke, dass wir nicht ganz verkehrt
liegen, hat sich auch dadurch bestätigt, dass
die IABG sich unsere Zahlen angeschaut hat
und unsere Annahmen angeschaut hat und
festgestellt hat, dass er zumindest plausibel
ist, der Ansatz, den wir gewählt haben. Ob
dann die einzelne Zahl nachher, denke ich
mal, sich so bewahrheiten würde, das wäre
dann sicherlich einer Detailbetrachtung
überlassen.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Es hat
ja nach der Erkenntnis, dass es größere
Schwierigkeiten und substanzielle Mehrkos-
ten geben würde, auch eine Prüfung von

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 483 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 87
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Alternativen gegeben. Haben Sie die auch
mit Kosten hinterlegt? Also: Können Sie uns
sagen, für welche Alternativen Sie ungefähr
welche Mehrkosten geschätzt haben? Oder
haben Sie auch alternative Lösungswege
vorgelegt bekommen, die innerhalb der ge-
gebenen Kostenstruktur realisierbar wären?

Ich frage auch vor dem Hintergrund, dass
zwischen der Erkenntnis von Mehrkosten im
Jahr 2011 und der Quantifizierung der Mehr-
kosten auf bis zu 600 Millionen im Februar
2013 ein gewisser Zeitraum verstrichen ist. In
diesem Zeitraum hat man auch Alternativen
geprüft. Können Sie das auch unter Kosten-
gesichtspunkten uns konkretisieren?

Zeuge Wolfgang Steiger: Die Möglich-
keit der alternativen Zulassungen, die schon
thematisiert wurde durch den Inspekteur
Luftwaffe, ist nicht, soviel ich weiß, mit einer
Kostenbetrachtung verbunden gewesen oder
verbunden worden. Die WTD 61, der Leiter
Musterprüfwesen, wurde mal aufgefordert
durch den Projektleiter, mal die Möglichkeit
eines dauerhaften Betriebes von Serienluft-
fahrzeugen unter VVZ, unter Vorläufiger
Verkehrszulassung, zu bewerten, was die
Konsequenzen wären für so eine alternative
Zulassung. Da haben wir auf den Kosten-
aspekt hingewiesen, aber, soweit ich mich
erinnere, nicht quantitativ, sondern qualitativ:
dass hier höhere Kosten in der Nutzung zu
erwarten seien, auch aus den vorhin schon
genannten Gründen, dass man, eben weil
man keinen festgeschriebenen Bauzustand
erreicht und weil man abhängig ist von Da-
ten, die an anderer Stelle erzeugt werden
müssen, nämlich zum Beispiel bei der US Air
Force, hier einfach Unwägbarkeiten hat und
Obsoleszenzen, die ungeplant auftreten - ich
meine, Obsoleszenzen treten meistens un-
geplant auf, aber unter solch einem Zulas-
sungskonstrukt eben dadurch, dass sie an
anderer Stelle entstehen, nämlich im Global-
Hawk-Programm - und unmittelbar dann
durchschlagen würden auf eine Euro-Hawk-
Nutzung, dass also hier mit Mehrkosten oder
mit höheren Kosten zu rechnen ist und auch
mit erhöhtem personellen Aufwand, weil aus
meiner Sicht zumindest nicht sichergestellt
ist, dass ein dauerhafter Betrieb unter VVZ
allein durch die Truppe, durch die Luftwaffe,
möglich ist, sondern dass man möglicher-
weise hier immer Industrieunterstützung - in
welchem Umfang auch immer - benötigt.
Auch das erzeugt natürlich über die Zeit nicht
vernachlässigbare Kosten.

Aber soweit ich mich erinnere, habe ich,
haben wir dazu keine quantitative Aussage
gemacht.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Keine weiteren Fragen mehr. - Dann kommt
die SPD-Fraktion. Herr Kollege Arnold.

Rainer Arnold (SPD): Ich würde noch
mal gern auf den 3. Februar 2010 kommen:
NG macht den Vorschlag, auf eine Muster-
zulassung zu verzichten, eine vorläufige zu
machen, und dann ziehen Sie sich in den
Raum zurück. Welche Sichtweisen von der
Amtsseite gab es da? Waren Sie sich auf der
Stelle einig: Das ist ein guter Weg? Oder gab
es da durchaus unterschiedliche Bewertun-
gen?

Zeuge Wolfgang Steiger: Es war mit Si-
cherheit nicht so, dass man sich in zwei Mi-
nuten oder in fünf Minuten einig war, dass
das ein guter Weg ist, sondern man hat, so-
weit ich mich erinnere, die Vor- und Nachteile
schon diskutiert: Was hat das für Konse-
quenzen?

Und es ging ja auch erst mal nicht darum,
die Musterzulassung komplett fallenzulassen,
sondern hintenanzustellen und dem Proto-
typen den Vorzug zu geben.

Was hat das für Konsequenzen? - Für die
Musterprüfung, also für die WTD 61, für die
Musterprüfung, Musterzulassung, sage ich
mal, waren die Konsequenzen an der Stelle
nicht so ausgeprägt - in dem Moment -, weil
die Aufgabe darin eh bestand, den Full Scale
Demonstrator so zu prüfen, dass er als Pro-
totyp betrieben werden kann - das war von
Anfang an so vorgesehen - und die Muster-
prüfung begleitend als - wie soll ich sagen? -
Fundament für die Schaffung der Grundlagen
der Vorläufigen Verkehrszulassung fortge-
führt wird.

Die Aspekte für die Serie wurden sicher-
lich betrachtet dabei. Aber zu dem Zeitpunkt
wurde vom Projektmanagement - und auch
von der Vorhabenaufsicht, soweit ich mich
erinnere - eben dem Aspekt der möglichst
schnellen Verfügbarkeit eines Trägers für die
Missionsausrüstung der Vorrang gegeben.

Rainer Arnold (SPD): Mit welcher Hal-
tung sind Sie in das Gespräch gegangen,
persönlich?

Drucksache 17/14650 – 484 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 88
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Zeuge Wolfgang Steiger: Ja, ich war
nicht begeistert darüber. Nur, andererseits:
Man konnte sich natürlich auch irgendwo der
Realität nicht verweigern. Und letztendlich
war es eine Projektentscheidung, eine Ent-
scheidung des Projektmanagements, das
eine gegen das andere abzuwägen und
ebendiesem Weg den Vorzug zu geben.

Wir haben also schon darauf hingewie-
sen, dass, wenn wir die Musterprüfung jetzt
aussetzen quasi, das ein Risiko darstellt für
das weitere Projekt.

Rainer Arnold (SPD): War das für das
Gesamtprojekt ein Fortschritt, diesen neuen
Weg zu gehen, oder war das eher ein weite-
res Problem dann mit Blick auf das Ganze?

Zeuge Wolfgang Steiger: Wenn Sie sa-
gen: „der Blick auf das Ganze“: Was ist „das
Ganze“? Das ist eine Frage der Sichtweise,
die ja auch letztendlich zu der Entscheidung
geführt hat. Wenn man den Schwerpunkt auf
die Qualifikation der Missionsausrüstung legt
oder gelegt hat, dann war das sicherlich zu
dem Zeitpunkt der einzige Weg, die Mis-
sionsausrüstung möglichst schnell in die Luft
zu bekommen, um sie qualifizieren zu kön-
nen. Das ist aus meiner Sicht ganz unzwei-
felhaft der Fall gewesen.

Rainer Arnold (SPD): Sie sprachen da-
von, dass dort auch die Aspekte der Muster-
zulassung der Serie diskutiert wurden: Wel-
che Aspekte sind das? Welche Konsequen-
zen hat man damals mit diskutiert?

Zeuge Wolfgang Steiger: Die Aspekte:
Alles das, was man vorher nicht machen
kann, muss man halt später machen. Das
war ja klar. Und dass das natürlich zusätz-
liche Risiken und auch zusätzlichen Aufwand
dann für eine spätere Serie mit sich bringen
kann, das war, glaube ich, zu dem Zeitpunkt
schon erkannt.

Rainer Arnold (SPD): Also auch, dass es
teurer wird, das war auch erkannt?

Zeuge Wolfgang Steiger: Davon muss
man ausgehen. Ja, klar.

Rainer Arnold (SPD): Welche Anweisun-
gen haben Sie dann in Ihrem Haus erteilt
bezüglich der Musterzulassung nach dieser
Entscheidung?

Zeuge Wolfgang Steiger: Eine spezielle
Anweisung war nicht notwendig, weil der
Musterprüfer dabei war bei dieser Veran-
staltung und, wie ich schon sagte, die Aktivi-
täten in unserem Haus eh gerichtet waren
sowohl auf die Musterprüfung für eine spä-
tere Musterzulassung und gleichzeitig die
Schaffung der Grundlagen für die Zulassung
des Prototypen in Form einer VVZ. Ab die-
sem Zeitpunkt konzentrierten sich die Aktivi-
täten dann auf die Musterprüfung für die Zu-
lassung des Prototypen.

Rainer Arnold (SPD): Ich verstehe jetzt
nicht. Sie sagten ja: „Auf die Musterzulas-
sung hat man verzichtet.“ Und gerade sagten
Sie, sie konzentrierten sich - - Vielleicht war
es auch ein Hörfehler oder ein Sprachfehler
von Ihnen.

Zeuge Wolfgang Steiger: Sie konzen-
trierten sich auf die Musterprüfung für die
Zulassung des Prototypen.

Rainer Arnold (SPD): Als Vorläufige Ver-
kehrszulassung?

Zeuge Wolfgang Steiger: Richtig, als
Vorläufige Verkehrszulassung.

Rainer Arnold (SPD): Nicht mehr als
Musterzulassung für die spätere Serie?

Zeuge Wolfgang Steiger: Ganz genau.

Rainer Arnold (SPD): Hat es dann über-
haupt noch Aktivitäten für die Musterzulas-
sung im Vorfeld mit Blick auf die Serie gege-
ben?

Zeuge Wolfgang Steiger: Hat es. Und
zwar wurde weiterhin versucht, das Muster-
prüfprogramm abzustimmen. Vielleicht muss
ich da ein bisschen ausholen: Im Vertrag ist
ja das Musterprüfrahmenprogramm verein-
bart, das das vorhin angesprochene Doku-
ment CS 23, getailort, unter anderem als
Zulassungsbasis ja auch anführt. Dieses
muss der Industrie grundsätzlich mit dem
Vertrag - wie soll ich sagen? - als Aufgabe
mitgegeben werden. Das beschreibt den
Rahmen, in dem eine Musterzulassung statt-
zufinden hat, und legt die Grundlagen für
diese Musterzulassung fest.

Die Industrie hat dann die Aufgabe nach
Vertragsschluss - - Da mag man sich jetzt

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 485 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 89
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

streiten, ob das letztendlich die richtige Ab-
folge ist oder ob man das nicht vielleicht
auch besser oder anders machen sollte.
Aber es ist halt so. Dann hat die Industrie in
der Folge ein Musterprüfprogramm zu ent-
werfen und mit der Amtsseite abzustimmen.
Und in diesem Musterprüfprogramm stehen
dann sehr detailliert zum Beispiel diese ein-
zelnen Forderungen aus diesem CS-23-Do-
kument oder aus einer STANAG oder aus
was auch immer aufgelistet, und es steht
jeweils dabei, wie die Industrie gedenkt,
diese Forderungen zu erfüllen und nachzu-
weisen. Wir reden da von den sogenannten
Means of Compliance oder den Nachweis-
methoden, mit denen die Industrie das tun
muss. Das kann zum Beispiel eine Rechnung
sein, das kann eine Simulation sein, das
kann eine Analogiebetrachtung aus anderen
Vorhaben sein oder auch ein Flugversuch,
wobei die Kosten, die sich damit verbinden,
natürlich extrem variieren können.

Rainer Arnold (SPD): Waren die Ant-
worten der Industrie dann so, dass es einen
Punkt gab, wo Sie sagten: Ja, so kann man
es machen? Oder hat man den gar nicht
erreicht?

Zeuge Wolfgang Steiger: Nein, man hat
es nie erreicht, ein Musterprüfprogramm so
abzustimmen, dass es für beide Seiten ak-
zeptabel war.

Rainer Arnold (SPD): Wann haben Sie
das festgestellt, dass das nicht erreicht wird?

Zeuge Wolfgang Steiger: Das war bis zu
dem Zeitpunkt in 2011, etwa mit der Überfüh-
rung des Luftfahrzeuges nach Deutschland.
Dort, will ich mal sagen, schliefen dann auch
die Aktivitäten zur Abstimmung des Muster-
prüfprogrammes mehr oder weniger ein,
nachdem man festgestellt hat: Man kommt
auf keinen Nenner, und es geht in eine an-
dere Richtung. Dann wurden auch die Akti-
vitäten der Industrie dort nicht mehr fortge-
führt.

Rainer Arnold (SPD): Und in welche an-
dere Richtung sollte es da gehen?

Zeuge Wolfgang Steiger: Dass eben die
Musterprüfung für eine Musterzulassung in
dieser Phase eben nicht mehr durchführbar
ist, sondern in die Serie verschoben wird.

Rainer Arnold (SPD): Am 15.06.2011
kam die WTD zum Schluss, dass die Nach-
weisführung für eine mögliche spätere Serie
praktisch der Zulassung einer Neuentwick-
lung gleichkommen würde. Was hat Sie zu
dieser Einschätzung veranlasst, und wem
haben Sie die gemeldet?

Zeuge Wolfgang Steiger: Also, diese
Einschätzung kommt - - Das Papier hat der
Gesamtsystemmusterprüfer geschrieben, der
ja in USA war und der bis dahin wohl so viele
Erkenntnisse hatte, dass eben die Grund-
lagen - so, wie auch vorhin schon von mir
dargestellt - nicht vorhanden waren, um eben
eine Musterzulassung zu unterstützen, und
für eine spätere Serie eben nachzuholen
wären oder neu zu machen seien. Und das
hat ebendiese Formulierung „praktisch einer
Neuentwicklung“ - - Das heißt nicht, dass das
System neu entwickelt werden muss, aber
die Nachweisführung muss gemacht werden
wie bei einer Neuentwicklung.

Rainer Arnold (SPD): Das heißt, was
man bis dato gemacht hatte, hat keinen Sinn
mehr, sondern man beginnt, was die Zulas-
sung anlangt, als ob man einen neuen Flie-
ger bestellt und kauft?

Zeuge Wolfgang Steiger: Im Prinzip ja.
Und gemeldet - also mitgeteilt - ist das dem
Projektmanagement.

Rainer Arnold (SPD): Dem Projekt-
management?

Zeuge Wolfgang Steiger: Ja.

Rainer Arnold (SPD): Also dem Projekt-
leiter in dem Fall?

Zeuge Wolfgang Steiger: Richtig.

Rainer Arnold (SPD): Wie ist er damit
umgegangen? Gab es da ein Feedback?

Zeuge Wolfgang Steiger: Ich kann mich
nicht erinnern.

Rainer Arnold (SPD): Dann noch mal zu
den von Ihnen berechneten, grob geschätz-
ten 600 Millionen: Auf welche Veranlassung
hin haben Sie diese Zahl berechnet, und
wem haben Sie sie wann weitergegeben?

Drucksache 17/14650 – 486 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 90
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Wolfgang Steiger: Also, es gab
eine Besprechung im BMVg, beim Abtei-
lungsleiter AIN -

Rainer Arnold (SPD): Wer ist das?

Zeuge Wolfgang Steiger: - der Herr Sel-
hausen -, -

Rainer Arnold (SPD): Ah, okay.

Zeuge Wolfgang Steiger: - am 25. Ja-
nuar 2012 zum Thema Euro Hawk, Muster-
zulassung, Kosten, Mehrkosten usw., nach-
dem in 2011 bereits dazu berichtet worden
war. Und in dieser Besprechung hat er eben
aufgefordert, den Projektleiter und auch
mich - ich habe an der Besprechung teilge-
nommen -, hier eine Kostenschätzung abge-
stimmt vorzunehmen und ihm vorzulegen.
Ich habe daraufhin oder wir haben daraufhin
in Manching uns zusammengesetzt und we-
nige Tage später - ich weiß nicht, wie viele
Tage später; zwei, drei, vier Tage später -
dem Projektleiter unseren Bericht gegeben,
und der Projektleiter hat daraufhin seinen
Bericht an den Abteilungsleiter gemacht.

Rainer Arnold (SPD): Okay. - Sie sagten
vorhin, bei dieser vorläufigen Verkehrszulas-
sung gibt es bei den 800 Flugstunden jetzt
schon eine Menge Einschränkungen. Kön-
nen Sie uns mal ein paar wichtige nennen,
die mit Blick auf eine Einsatzfähigkeit des
Systems relevant sein könnten? Also: Wet-
ter, Feuchtigkeit - nachdem in den USA nicht
diese Dichtigkeitsprüfungen gemacht werden
konnten -, möglicherweise andere. Was
wären aus Ihrer Sicht die entscheidenden
Einschränkungen?

Zeuge Wolfgang Steiger: Also, es sind
bis auf die genannte Limitierung in der An-
zahl der Flugstunden - - Es gibt Einschrän-
kungen, wie sie von Ihnen genannt wurden,
im Bereich Wetter, weil das System keine
Anti-Icing-Einrichtung hat. Das hat - das hat
man gesehen - zu entsprechenden Flugaus-
fällen auch geführt im Winterhalbjahr. Es gibt
bestimmte Auflagen im Bereich der Über-
prüfung von Systemen - auch hier möchte ich
jetzt nicht auf die einzelnen Systeme ein-
gehen -, und es gibt auch Auflagen im Be-
reich des Handlings des Luftfahrzeuges, im
Bereich der Wartung, Instandsetzung, im
Bereich der Vorschriften. Das sind natürlich

Industrievorschriften, die für eine Nutzung
oder für eine Verwendung in einem Verband,
in der Truppe, entsprechend angepasst wer-
den müssen. Es ist also eine große Band-
breite.

Rainer Arnold (SPD): Wäre dieses Gerät
mit den Einschränkungen tauglich, einen
Einsatz zu begleiten?

Zeuge Wolfgang Steiger: Das kann ich
nicht beurteilen. Da müsste der Operateur
dazu etwas sagen.

Rainer Arnold (SPD): Darüber wurden
Sie auch nicht befragt. - Dann noch mal zur
Bestätigung des Prototyps, zur Prüfung. Der
Spiegel hat ja geschrieben, dass die Bestäti-
gung der Prüfung von einem Mitarbeiter der
Güteprüfstelle vorgenommen wurde und gar
nicht von Ihnen. Gleichzeitig schreibt er aber
auch, dass die GPS in Manching gar keinen
zugelassenen Prüfer für so ein Thema hat.
Können Sie uns das erklären, wie das zu-
stande kam und wie das dann am Ende ge-
heilt wurde? Oder stimmt es gar nicht? Es
muss ja nicht alles wahr sein, was im Spiegel
steht.

Zeuge Wolfgang Steiger: Ja, es scheint
wohl so zu sein, dass nicht alles wahr ist.

Also, die Güteprüfstelle Manching hat
einen zugelassenen Prüfer seit dem letzten
Jahr und der - - Das war nicht der Prüfer,
sondern das war der Leiter der Güteprüf-
stelle, der die Anlage im Kennblatt unter-
schrieben hat, und so ist es auch nach Vor-
schrift vorgesehen, dass der Leiter der Güte-
prüfstelle basierend auf den Prüfergebnissen
seiner Prüfer diese Anlage unterschreibt, und
das hat er gemacht.

Rainer Arnold (SPD): Hat der Leiter die
Lizenz von Euro Hawk?

Zeuge Wolfgang Steiger: Ein Leiter der
Güteprüfstelle braucht keine Lizenz.

Rainer Arnold (SPD): Warum hat es
niemand - -

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege, Ihre Zeit ist zu Ende.

Rainer Arnold (SPD): Entschuldigung.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 487 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 91
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Die FDP hat keine weiteren Fragen. Dann
kommen die Linken jetzt.

Harald Koch (DIE LINKE): Ja, vielen
Dank. - Wie haben Sie fachlich eingeschätzt,
dass Northrop Grumman zugestanden
wurde, nicht alle für die Zulassung erforder-
lichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen?
Welche Konsequenzen ergeben sich daraus
nach Ihrer fachlichen Einschätzung?

Zeuge Wolfgang Steiger: Ich bin mir
jetzt nicht sicher, ob ich Ihre Frage richtig
verstanden habe. Die Nichtzurverfügung-
stellung von Unterlagen durch die Firma
Northrop Grumman meinen Sie?

Harald Koch (DIE LINKE): Ja.

Zeuge Wolfgang Steiger: Ja, die hat
eben dazu geführt, dass die Musterprüfung
nicht durchgeführt werden kann, zumindest
nicht so, dass sie zu einem erfolgreichen
Ergebnis führt.

Harald Koch (DIE LINKE): Was ist Ihnen
dazu bekannt, dass die Personaldecke für
die Musterprüfung, also der für die Muster-
prüfung zuständigen Bereiche, so dünn war,
sodass nicht gewährleistet werden konnte,
dass wirklich nur ausreichend qualifizierte
bzw. erfahrene Mitarbeiter für die Muster-
prüfung eingesetzt wurden?

Zeuge Wolfgang Steiger: Sie meinen
jetzt im Zeitraum der - - In welchem Zeitraum
meinen Sie jetzt?

Harald Koch (DIE LINKE): Seitdem die
Prüfung läuft.

Zeuge Wolfgang Steiger: Die Personal-
situation hat sich ja verändert; das ist ja nicht
immer der gleiche Zeitraum gewesen.
Außerdem kann ich mich nicht erinnern, dass
hier Personalprobleme für die -

Harald Koch (DIE LINKE): 2009, sagen
wir es konkret.

Zeuge Wolfgang Steiger: - Probleme in
der Musterprüfung angeführt wurden. Es ist
richtig, es hat Personalprobleme an der
Dienststelle gegeben, aber nicht in der
Weise, dass sie als Ursache für Probleme im

Euro-Hawk-Projekt angeführt werden konn-
ten oder mussten.

Harald Koch (DIE LINKE): Also, Sie se-
hen da jetzt kein Problem oder sahen keins?

Zeuge Wolfgang Steiger: Ich sehe da
jetzt keinen direkten Zusammenhang.

Harald Koch (DIE LINKE): Okay. - Noch
mal jetzt generell zur Zulassung. Die hängt,
soweit ich das jetzt verstanden habe, in ers-
ter Linie auch davon ab, wo dieses Flug-
objekt zum Einsatz kommt - nicht, wo es
herkommt, durch wen es betrieben wird,
sondern in erster Linie, wo es zum Einsatz
kommt. Also, ich bringe es jetzt mal so auf
den Punkt: Ein Einsatz in Afghanistan - ich
sage mal, aus ganz normalen Gründen, zur
Aufklärung - wäre möglich, jetzt schon?

Zeuge Wolfgang Steiger: Für Euro
Hawk meinen Sie?

Harald Koch (DIE LINKE): Für Euro
Hawk! Ja, nur als Flugobjekt, ohne System,
ohne alles, sondern nur als Flugobjekt.

Zeuge Wolfgang Steiger: Nein, wäre
nicht möglich, -

Harald Koch (DIE LINKE): Nicht mög-
lich?

Zeuge Wolfgang Steiger: - weil die Vor-
läufige Verkehrszulassung nicht das Einsatz-
gebiet Afghanistan beinhaltet.

Harald Koch (DIE LINKE): Okay. - Keine
Fragen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Keine weiteren Fragen mehr? - Dann kommt
die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der
Kollege Nouripour.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich würde gerne noch mal zu-
rückkommen zum alternativen Zulassungs-
weg. Sie haben ja gesagt, dass der Inspek-
teur der Luftwaffe nicht unterzeichnet hätte
und Sie wüssten nicht genau, warum: das
wäre Ihnen nicht bekannt. Gab es irgendeine
Korrespondenz in dieser Sache?

Drucksache 17/14650 – 488 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 92
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Wolfgang Steiger: Es gab eine
Arbeitsgruppe, es wurde eine Arbeitsgruppe
ins Leben gerufen -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Mit welchem Namen?

Zeuge Wolfgang Steiger: - ich glaube,
Arbeitsgruppe „Zulassung“ oder „Alternative
Zulassung“, wenn ich mich recht entsinne -,
an der auch unser Musterprüfer ein Angehö-
riger war. Soviel ich weiß, hat die Arbeits-
gruppe aber nur ein- oder zweimal getagt
und ist dann nicht fortgeführt worden.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Da waren Sie nicht Teilnehmer?

Zeuge Wolfgang Steiger: Bitte?

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie waren nicht dabei?

Zeuge Wolfgang Steiger: Ich persönlich
nicht, aber die Dienststelle wurde angefragt,
ob sie da unterstützen kann, und wir hatten
auch zugesagt, da kann ich mich dran er-
innern, dass wir für eine alternative Zulas-
sung durch den Inspekteur eine Sicherheits-
oder eine Risikobewertung erstellen würden,
auf die er sich - - die er zumindest in seine
Überlegung mit einbeziehen könnte. Das
hatten wir zugesagt, ja.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Und das haben Sie dann sozu-
sagen abgegeben, und danach ist Ihnen
bekannt geworden, dass das nicht unter-
zeichnet wird?

Zeuge Wolfgang Steiger: Nein, diese
Bewertung ist nicht erstellt worden, weil die-
ser Weg ja nicht fortgeführt wurde.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Weil es vorher schon - -

Zeuge Wolfgang Steiger: Weil es vorher
schon verworfen wurde, richtig.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Und es gab keine Begründung,
außer dass es verworfen wurde?

Zeuge Wolfgang Steiger: Mir so nicht
bekannt, nein.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich will auch noch mal auf die
Zahl 600, vielleicht 650 Millionen eingehen.
Wohin haben Sie diese Zahl eigentlich be-
richtet?

Zeuge Wolfgang Steiger: Die habe ich
berichtet an den Projektleiter.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Schriftlich wahrscheinlich?

Zeuge Wolfgang Steiger: Ja, selbstver-
ständlich.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Die nationale Zulassung: Wenn
wir das sozusagen hinbekommen hätten,
wenn es jetzt eine nationale Zulassung ge-
ben würde, was würde das dann für den
europäischen Luftraum beispielsweise be-
deuten?

Zeuge Wolfgang Steiger: Das kann ich
nicht beurteilen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das heißt, es ist nicht automa-
tisch so, dass man dann davon ausgehen
kann, dass der Flieger dann tatsächlich
europaweit fliegen könnte und dass es zu-
mindest einfacher wäre, an die Zulassung für
den internationalen Luftraum zu bekommen?

Zeuge Wolfgang Steiger: Es wäre si-
cherlich einfacher. Oder anders herum aus-
gedrückt: Ohne eine Musterzulassung wird
es ungleich schwerer. Es ist ja - - Für die
anderen Nationen gilt ja das Gleiche wie für
Deutschland auch: Jede Nation besitzt die
Hoheitsrechte für seinen eigenen Luftraum,
und ein Luftfahrzeug, was in ein anderes
Land einfliegen möchte - vor allen Dingen ein
militärisches -, benötigt eine Einfluggenehmi-
gung. Und diese bekommen Sie, oder Sie
bekommen sie nicht. Wenn Sie mit einem
System einfliegen wollen, das nicht muster-
zugelassen ist, haben Sie natürlich, denke
ich, ungleich schwierigere Voraussetzungen,
als wenn Sie mit einem musterzugelassenen
System in dieses Land, in den Luftraum die-
ses Landes einfliegen wollen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Gleichzeitig ist es ja so, dass die
Zulassung eigentlich in der Praxis, wenn man

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 489 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 93
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

darüber nachdenkt, wofür eigentlich das
System ursprünglich vom Einsatz her ge-
dacht ist - - Es ist ja eigentlich in Deutschland
nur dafür da, damit es hochgeht und dann
wieder runterkommt. Weil: Es geht nicht da-
rum, dass das ISIS-System in Deutschland
eingesetzt wird, sondern es geht ja um Flüge
bis zu 24 Stunden. Das heißt, tatsächlich
geht es ja in Einsatzgebiete in erster Linie
rein. Macht das in der - - Gibt es Bestrebun-
gen, dass man grundsätzlich diese Zulas-
sungsfragen nicht mehr auf nationaler
Ebene, sondern vielleicht europäisch löst?

Zeuge Wolfgang Steiger: Es gibt Be-
strebungen schon seit einigen Jahren, die
Zulassungsforderungen und die Rand- und
Rahmenbedingungen für den, ich sage mal,
militärischen Luftfahrtbereich zu harmonisie-
ren in Europa. Dort hat die Federführung die
EDA, die European Defence Agency, in
Brüssel. Dort gibt es seit einigen Jahren ein
Forum, das heißt MAWA.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Haben Sie damit etwas zu tun?

Zeuge Wolfgang Steiger: Ja.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Okay. Und inwieweit? Nehmen
Sie da an Sitzungen teil, oder liefern Sie für
das BMVg?

Zeuge Wolfgang Steiger: Ja, wir sind
dort im Auftrag des BMVg. Das BMVg ist
selber auch beteiligt. Wir arbeiten dort mit.
Da gibt es verschiedene Taskforces, Arbeits-
gruppen, in denen wir mitarbeiten. Es gibt
regelmäßige Meetings der Taskforces auch
auf entsprechendem Executive Level, wo das
BMVg dann auch mit dabei ist.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Gibt es irgendwelche Zeitpläne,
um Ergebnisse zu erstellen?

Zeuge Wolfgang Steiger: Die gibt es. Es
sind auch schon einige Dokumente verab-
schiedet und in Kraft und unterzeichnet. Der
ganze Prozess ist angelehnt an den zivilen
Prozess der EASA - deswegen heißen die
Dokumente auch, angelehnt an die EASA-
Dokumente, EMAR Part 21, Part 145, Euro-
pean Military Airworthiness Requirements -
und nimmt praktisch die EASA, die zivilen

EASA-Verfahren, zum Vorbild. Da geht es
nicht nur um Musterzulassungen, da geht es
auch darum: Wie müssen Instandsetzungs-
betriebe organisiert sein? Wie werden Be-
triebe zertifiziert? Wie wird Personal zerti-
fiziert, ausgebildet und zertifiziert? Wie stellt
man die Aufrechterhaltung der Verkehrs-
sicherheit eines Musters und auch von Luft-
fahrzeugen sicher? Also, die gesamte Band-
breite wird dort abgebildet.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wie sieht dieser Zeitplan aus?

Zeuge Wolfgang Steiger: Der Zeitplan
ist nicht so, dass man sich zum Ziel gesetzt
hat, bis zu einem - was weiß ich - bestimm-
ten Termin in der Zukunft hat man ein ganz
bestimmtes Ziel erreicht, sondern er ist ab-
gestuft. Es gibt verschiedene Levels. Die
genauen Zeitpläne, soweit das jetzt die Aus-
gabe von Dokumenten angeht, kann ich
Ihnen im Moment nicht sagen. Aber es gibt
bereits einige Dokumente, die verabschiedet
sind.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Dieses Sense and Avoid System,
gibt es das irgendwo bereits funktionierend?

Zeuge Wolfgang Steiger: Nein, das gibt
es meines Wissens nicht.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Auch der Block 40 von Global
Hawk hat das nicht?

Zeuge Wolfgang Steiger: Meines Wis-
sens nicht.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wissen Sie, ob es sozusagen
fortgeschrittene Forschungsergebnisse da-
rüber gibt?

Zeuge Wolfgang Steiger: Es gibt ein
europäisches F&T-Programm, sage ich mal
dazu, das ist diese MidCAS-Studie, die un-
tersuchen soll, ob man und wie man diese
Funktionalität realisieren kann, ob es dafür
Lösungsansätze gibt. Inwieweit diese
MidCAS-Studie aber jetzt gediehen ist, was
der momentane Stand ist, dazu kann ich
Ihnen keine konkreten Angaben machen.

Drucksache 17/14650 – 490 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 94
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Danke sehr.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön. - Jetzt frage ich die CDU/CSU-
Fraktion? - Keine weiteren Fragen. SPD? -
Ulli Meßmer.

Ullrich Meßmer (SPD): Weil das eben
schon einmal eine Rolle gespielt hat, die
Frage der personellen Situation: Es ist be-
kannt, dass ja auch zum Teil Mitarbeiter aus
Ihrem Haus berichtet haben, dass es zeit-
weise eine sehr schwierige Situation war. Sie
haben jetzt gesagt, das hätte keine Auswir-
kungen auf das Zulassungsverfahren gehabt.
Hatten Sie denn immer und zu jeder Zeit die
notwendige Qualifikation vor Ort bzw. in den
Vereinigten Staaten?

Zeuge Wolfgang Steiger: Wir hatten
einen Musterprüfer vor Ort in den Vereinigten
Staaten. Wenn wir zwei oder drei dort gehabt
hätten, wäre es sicherlich besser gewesen.
Da haben Sie recht.

Ich habe die Frage vorhin so verstanden:
Wäre bei einer anderen Personalsituation der
Musterprüfprozess anders verlaufen? Wäre
dann möglicherweise eine erfolgreiche Mus-
terprüfung dabei herausgekommen? - Das ist
sicherlich so nicht der Fall. Hätten wir mehr
Personal zur Verfügung gehabt und die Mög-
lichkeit gehabt, nicht nur einen, sondern
vielleicht zwei Musterprüfer nach USA zu
schicken, die sich die Arbeit dort hätten teilen
können, anders organisieren können - -

Ullrich Meßmer (SPD): Was hätte das für
eine Bedeutung gehabt? Wäre das schneller
gewesen, oder hätte das zum Beispiel be-
deutet, dass man bestimmte Mängel oder
Nichtmängel früher feststellt und beseitigen
kann?

Zeuge Wolfgang Steiger: Möglicher-
weise hätte es - das ist aber auch Spekula-
tion - dazu geführt, dass man die Ergebnisse
zu einem früheren Zeitpunkt gehabt hätte.
Aber das ist, wie gesagt, Spekulation. Das
kann ich nicht untermauern.

Ullrich Meßmer (SPD): Na gut, es muss
ja etwas ausmachen, wenn ein oder zwei
mehr dabei sind oder nicht. Das muss sich ja
irgendwo auswirken.

Zeuge Wolfgang Steiger: Ja, möglicher-
weise. Sicher.

Ullrich Meßmer (SPD): Sie wären auch
jederzeit in der Lage gewesen, mit den ent-
sprechenden Qualifikationen möglicherweise
dann auch weiteres Personal dorthin zu schi-
cken? Es liegen Berichte vor, dass Sie auch
teilweise ein Stück weit Entlastung bekom-
men haben durch Abordnungen aus anderen
Dienststellen. Zumindest habe ich das bei
Ihren Vorgängern so vernommen.

Zeuge Wolfgang Steiger: Abordnungen
aus anderen Dienststellen? Wie meinen Sie
das?

Ullrich Meßmer (SPD): Also Hilfe zur
Unterstützung, um einen personellen Eng-
pass zu beseitigen.

Zeuge Wolfgang Steiger: Ja, eine Zeit
lang hatten wir Unterstützung erfahren aus
dem Systemunterstützungszentrum der Luft-
waffe in Manching, aus dem SuZ, ich glaube,
Eurofighter, die unseren Musterprüfer für
Software unterstützt haben bei der Bewer-
tung von Euro-Hawk-Softwarepaketen im
Hinblick auf - - Bitte?

Ullrich Meßmer (SPD): Die Qualifikation
passte auch dazu, in der Unterstützung?

Zeuge Wolfgang Steiger: Für die Prü-
fung für den Prototypen. Da ging es um
Softwareprüfung für die VVZ des Prototyps.

Ullrich Meßmer (SPD): Insgesamt würde
ich mal so nachfragen: Es ist ja eine sehr
anspruchsvolle Tätigkeit, die bei Ihnen
durchgeführt wird. Sie haben keine Schwie-
rigkeiten, genügend und geeignetes Perso-
nal zu finden?

Zeuge Wolfgang Steiger: Das habe ich
nicht gesagt.

Ullrich Meßmer (SPD): Ich frage ja. Es
war eine Frage.

Zeuge Wolfgang Steiger: Ach so. Ent-
schuldigung. Doch das - - Die Schwierigkei-
ten haben wir sehr wohl. Natürlich haben wir
diese Schwierigkeiten.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 491 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 95
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Ullrich Meßmer (SPD): Führt das auch
zu Schwierigkeiten im Ablauf bei Zulassun-
gen?

Zeuge Wolfgang Steiger: Ja nun, ich
meine, wenn Sie von dem Personal, das Sie
haben sollten, nur einen Teil haben, weil Sie
nicht genügend bekommen, und dieses Per-
sonal soll Musterprüfung betreiben, dann
muss es zwangsläufig auch zu Verzögerun-
gen und zu Schwierigkeiten in den Abläufen
führen.

Ullrich Meßmer (SPD): Wie viel fehlen
denn da?

Zeuge Wolfgang Steiger: Ist das jetzt
noch Thema?

(MR Andreas Conradi (BMVg):
Frau Vorsitzende!)

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Bitte.

MR Andreas Conradi (BMVg): Ich
meine, das Musterprüfwesen der Bundes-
wehr im Ganzen ist, glaube ich, jetzt nicht
Untersuchungsgegenstand. - Also, soweit es
da Probleme im Zusammenhang mit Euro
Hawk gegeben hat, finde ich, kann man in
jedem Fall darüber reden; aber - -

Ullrich Meßmer (SPD): Ich würde einfach
nur kurz unterstellen, dass möglicherweise
bestimmte Inhalte nicht bearbeitet werden
konnten, weil vielleicht das Personal nicht
vorhanden war. Deshalb frage ich dazu nach.

MR Andreas Conradi (BMVg): Ja, aber
dann sollten wir vielleicht das erst heraus-
arbeiten.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege Meßmer, dann fragen Sie halt
nach Euro Hawk.

Ullrich Meßmer (SPD): Ist es denkbar,
dass fehlendes Personal oder fehlende Qua-
lifikation dazu geführt haben, dass bestimmte
Abläufe bei dem Zulassungsverfahren des
Euro Hawks oder bestimmte Kommunikation
zu den Firmen, die da mit beteiligt waren,
nicht zeitnah durchgeführt werden konnten?

Zeuge Wolfgang Steiger: Also, dass die
Kommunikation mit der Firma jetzt besser

gelaufen wäre und dass wir von der Firma
beim Einsatz von mehr Personal mehr Infor-
mationen bekommen hätten, kann ich so
nicht bestätigen. Wenn wir mehr Personal
vor Ort in den USA gehabt hätten, hätten
vielleicht - nicht vielleicht, sondern sicher-
lich - auch Dinge parallel bearbeitet werden
können, wobei ich jetzt nicht weiß, inwieweit
die Firma bereit gewesen wäre, darauf ein-
zugehen und auch ihrerseits Ressourcen
entsprechend verfügbar zu machen. Sie
müssen natürlich auch die Ressourcen auf
der Industrieseite dann jeweils verfügbar
haben.

Ullrich Meßmer (SPD): Aber aus Ihrer
Sicht schließen Sie mögliche zeitliche Verzö-
gerungen oder auch inhaltliche Zuarbeit auf-
grund von Personalmangel aus?

Zeuge Wolfgang Steiger: Ausschließen
kann man das nicht.

Ullrich Meßmer (SPD): Danke schön.

Rainer Arnold (SPD): Sie sagten vorhin,
der Leiter der Güteprüfstelle hat die Zertifizie-
rung - die vorläufige - bestätigt. Warum hat
nicht die WTD 61 dies gemacht, sondern die
Güteprüfstelle?

Zeuge Wolfgang Steiger: Weil das so
vorgesehen ist.

Rainer Arnold (SPD): Wo ist die Wei-
chenstellung? Wann sind Sie und wann ist
die - -

Zeuge Wolfgang Steiger: Die Weichen-
stellung ist folgendermaßen: Die WTD 61 ist
für die Prüfung eines Baumusters zuständig,
und die Güteprüfstellen prüfen das Stück,
das jeweilige Luftfahrzeug, das nach diesem
Muster gefertigt wird, sodass also in der Re-
gel zuerst eine Musterzulassung vorliegt, wo
das Muster als verkehrssicher geprüft ist,
und die Güteprüfstelle bestätigt, dass das
jeweils gefertigte Stück, das einzelne Luft-
fahrzeug, so gefertigt ist, dass es dem Mus-
ter entspricht. Und wenn es dem Muster ge-
nau entspricht, dann ist es damit praktisch
auch verkehrssicher.

Rainer Arnold (SPD): Und wenn es kein
geprüftes Muster gibt, wie in dem Fall?

Drucksache 17/14650 – 492 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 96
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Wolfgang Steiger: In dem Fall
nennt man das Ganze auch nicht Stückprü-
fung, sondern Prototypenprüfung. Die wird
aber analog einer Stückprüfung durchgeführt.

Rainer Arnold (SPD): Sie sagten vorhin,
die GPS Manching hätte über zugelassene
Euro-Hawk-Prüfer verfügt. Den Unterlagen
entnehmen wir aber, dass im selben Proto-
koll, in dem über diese Prüfung formuliert
wurde, gesagt wird, dass es keinen lizen-
zierten Prüfer gab. Könnte es sein, dass
dieser lizenzierte Prüfer für Euro Hawk erst
ein Jahr später gekommen ist oder zugelas-
sen wurde?

Zeuge Wolfgang Steiger: Meines Wis-
sens wurde der im letzten Jahr in Manching
lizenziert, und für seine Prüfung in den USA
hat er sich mit abgestützt auf die Kollegen
der US Air Force.

Rainer Arnold (SPD): Also das heißt:
2009, als hier geprüft und unterzeichnet
wurde, hat er noch gar keine Lizenz gehabt?

Zeuge Wolfgang Steiger: Demzufolge
nicht. Nein. Aber er hat sich abgestützt auf
die - - Mein Wissen. Also - -

Rainer Arnold (SPD): Wie kann man sich
auf jemanden abstützen - -

Zeuge Wolfgang Steiger: Wie gesagt,
da müsste jetzt der Kollege von der Q 23
etwas sagen.

Rainer Arnold (SPD): Das verstehe ich
gut. Ich will - wir diskutieren auch öffentlich -
natürlich trotzdem fragen: Wie kann man sich
auf jemanden abstützen, der in Amerika war,
der die Zulassung dafür nicht hat und der im
Grunde genommen - sage ich einmal - im
Kernsatz sagt, dass die Prüfer auf keinen
Fall die bereits auszugsweise oben zitierten
Voraussetzungen der ZFA 19 erfüllen, und in
Wirklichkeit ein Fiasko an Prüfung be-
schreibt? Und dann unterschreibt nachher
jemand, stützt sich auf so ein Fiasko und
setzt seine Unterschrift darunter. Hätte die
WTD auch so verfahren können? Wäre das
Ihre Arbeitsweise?

Zeuge Wolfgang Steiger: Ich glaube
nicht, dass die Arbeitsweise der Güteprüf-
stelle in den USA ein Fiasko war.

Rainer Arnold (SPD): Nicht die Arbeit,
der Bericht, was die festgestellt haben.

Zeuge Wolfgang Steiger: Ich kenne kei-
nen Bericht, der ein Fiasko beschreibt.

Rainer Arnold (SPD): Gut. Es wird halt
auf vielen Seiten festgestellt, dass die Vo-
raussetzungen nicht erfüllt sind, dass sie den
Zugang nicht haben und dass nicht einmal
die Prüfer selbst die zugelassenen Voraus-
setzungen haben, das festzustellen. Und auf
dieser Basis unterschreibt dann später je-
mand eine Zulassung für eine vorläufige - -

Zeuge Wolfgang Steiger: Zu dem Zeit-
punkt, als die VVZ unterschrieben wurde,
unter anderem auf der Basis der Erklärung
des Stückprüfers, lagen mir keine Informatio-
nen in dieser Weise vor.

Rainer Arnold (SPD): Sind Ihre Leute
generell in der Herangehensweise ein Stück
kritischer, und werden die auch von der In-
dustrie so betrachtet, dass sie es schon sehr
genau nehmen?

Zeuge Wolfgang Steiger: Kritischer als
was?

Rainer Arnold (SPD): Als andere Prüfer
möglicherweise, von anderen Stellen?

Zeuge Wolfgang Steiger: Da weiß ich
nicht, wen Sie jetzt meinen mit „andere
Stellen“.

Rainer Arnold (SPD): Ich höre selbst
auch gelegentlich von der Industrie, dass Sie
es sehr genau nehmen in der WTD und dass
das denen manchmal nicht so angenehm ist.
Haben Sie darüber irgendwie Diskussionen
mit der Industrie gehabt?

Zeuge Wolfgang Steiger: Ja, sicher. Es
mag schon so sein, dass die Industrie das so
empfindet, dass die Musterprüfer es sehr
genau nehmen. Das ist aber, finde ich, kein
Manko.

Rainer Arnold (SPD): Das sehen wir
auch so. Aber vielleicht ist es dann gar nicht
so ganz ungeschickt - aus deren Sicht -,
wenn Sie plötzlich aus dem Rennen sind mit
der Prüfung und dort gar nicht mehr zustän-
dig sind. Das könnte man ja dann interpretie-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 493 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 97
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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ren. Aber es ist eine Interpretationssache. Da
erwarte ich nicht unbedingt eine Antwort.

Ich hätte aber noch einen Themenbe-
reich, und zwar: Wie ist es mit der Zertifizie-
rung des Missionssystems? Können Sie mir
mal den Unterschied zwischen Qualifizierung
von solchen Teilen und Zertifizierung erklä-
ren?

Zeuge Wolfgang Steiger: Eine Zertifizie-
rung endet mit einem Testat wie eine Ur-
kunde. Zum Beispiel ist eine Musterzulas-
sung eine Zertifizierung. Eine Missionsaus-
rüstung wird qualifiziert dahin gehend, dass
sie die spezifizierte Leistung erbringt. Diese
spezifizierte Leistung wird bestätigt durch
denjenigen, der die Leistung bestellt hat, also
durch den Auftraggeber. In der Regel ist das
der Güteprüfdienst.

Rainer Arnold (SPD): Was soll am Ende
dieser Tests jetzt stehen: eine Qualifizierung
des Systems, also des Missionssystems,
oder eine Zertifizierung des Gesamtsystems?
Was wird da bis Ende September ange-
strebt?

Zeuge Wolfgang Steiger: Das ist auch
eine Frage, die vielleicht eher an den Pro-
jektleiter zu richten ist. Aus Sicht der Muster-
prüfung ist die Missionsausrüstung luftrecht-
lich oder zulassungsrechtlich nicht relevant,
sage ich mal. Die muss nicht funktionieren.
Sie darf aber das Luftfahrzeugsystem nicht
negativ beeinträchtigen. Das ist Gegenstand
der Musterprüfung, was auch im Rahmen der
Musterprüfung bestätigt werden muss, im
Hinblick auf den Einbau, auf Schwerpunkt-
lage, auf Energieverbrauch, auf elektromag-
netische Interferenz zum Beispiel. Ob die
Missionsausrüstung die von ihr geforderte
Auflösung bringt, die Signale in der Entfer-
nung aufklären kann, mit den Feldstärken
usw., wie sie spezifiziert ist, das ist nicht Ge-
genstand der Musterprüfung, wird auch nicht
durch die WTD 61 bestätigt. Die kennen wir
auch gar nicht. Die sind eingestuft, diese
Forderungen, und auch die Ergebnisse ken-
nen wir nicht.

Rainer Arnold (SPD): Sie sind also bei
den Tests usw. dann gar nicht involviert?

Zeuge Wolfgang Steiger: Das Luftfahr-
zeug startet und landet zwar in Manching, die
Tests finden während des Fluges statt, aber

die Ergebnisse und die Aufzeichnungen die-
ser Daten werden durch die WTD 61 nicht
betrachtet und auch nicht ausgewertet.

Rainer Arnold (SPD): Noch ein bisschen
konkreter. Sie sagten jetzt „nicht betrachtet
und nicht ausgewertet“. Meine Frage war:
Sie sind gar nicht beteiligt bei den Tests?

Zeuge Wolfgang Steiger: Wir sind inso-
weit beteiligt, als dass das Luftfahrzeug, wie
gesagt, in Manching startet und landet und
als dass der Flugverlauf über die Luftver-
kehrskontrollstellen entsprechend geplant
wird; aber was das Luftfahrzeug wo macht,
mit welchen Stellen es kommuniziert usw.,
das ist nicht unser Thema.

Rainer Arnold (SPD): Okay. - Ich habe
nichts mehr. Danke.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Kollege Bartels.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Herr Stei-
ger, wir hatten uns ja in Manching schon mal
getroffen, letztes Jahr bei meinem Besuch
dort, und auch über den Euro Hawk gespro-
chen, und Sie haben - - Jedenfalls die
Dienststelle hat da vorgetragen, wofür das
Projekt gut ist, dass es Personalprobleme
gibt, nicht genug Personal in der virtuellen
Dienststelle, und auch Vorteile und Nachteile
aufgezeigt. Sie hat also nicht gesagt: Das
wird alles nichts. - Aber sie haben sozusagen
ein paar Nachteile genannt: aufwendige
Flugvorbereitung und derzeit kein Sense and
Avoid System, größere Abhängigkeit von der
technischen Umsetzung einzelner Problem-
lösungen, großer Koordinierungsaufwand;
Euro Hawk kann keine Entscheidungen tref-
fen, die nicht vorprogrammiert sind; kein
ferngesteuertes Luftfahrzeug, sondern ein
vorprogrammiertes Luftfahrzeug: also eine
Menge Dinge, die eigentlich auch ins Prinzip
dieses Systems gehen. Ist es eigentlich ein
gutes Flugzeug?

Zeuge Wolfgang Steiger: Das ist
schwierig zu beantworten. Ich kann nicht
sagen, dass es schlecht ist, einfach deswe-
gen, weil uns die dafür notwendigen Informa-
tionen nicht in hinreichender Form vorliegen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber es
hat Nachteile?

Drucksache 17/14650 – 494 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 98
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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(MR Andreas Conradi (BMVg): Das
ist aber schon sehr wertend jetzt!
Es ist, glaube ich, keine Tatsache!)

Zeuge Wolfgang Steiger: Ja, es gibt
kein System nur mit Vorteilen. Alles hat auch
Nachteile.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Okay.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt kommt die FDP. - Keine Fragen mehr.
Die LINKE? - Keine Fragen mehr. Bünd-
nis 90/Die Grünen.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Vielen Dank. - Ich wollte noch
mal auf das Thema Kostenschätzung, diese
590 Millionen Euro, zurückkommen. Sie ha-
ben vorhin ausgeführt, dass Sie mit etwa
3,5 Millionen Euro an Kosten je Komponente
für die Zulassung gerechnet haben. Sind
diese 3,5 Millionen irgendwie ein üblicher
Wert, also kann ich mir das, wenn ich eine
Analogie bilden würde, so ähnlich vorstellen
wie: „Ich baue so viel Kilometer Autobahn
und veranschlage einfach pauschal für den
Kilometer irgendeine Summe“, oder wie
kommt man auf diese Zahl?

Zeuge Wolfgang Steiger: Ja, vielleicht
nicht ganz so, aber im Prinzip schon. Wir
haben in Ermangelung von besseren Daten
uns auch an anderen Vorhaben orientiert, die
bereits durchgeführt wurden, und dort Zahlen
betrachtet - Geräte und Komponenten, Qua-
lifikationen, wie sind die wo kostenmäßig zu
Buche geschlagen? - und haben mal so ver-
sucht, einen Mittelwert zu ermitteln, mit allen
Unschärfen, die natürlich damit verbunden
sind.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aber wenn Sie von einem Mittel-
wert sprechen, dann heißt das natürlich im
Umkehrschluss, dass die 600 Millionen - ich
sage jetzt einfach mal 600, vereinfacht dar-
gestellt -, dass diese Summe keine Abschät-
zung nach oben ist, keine Worst-Case-Be-
trachtung, sondern tatsächlich eine Schät-
zung, die möglichst genau sein soll, aber
eben risikobehaftet ist?

Zeuge Wolfgang Steiger: Mit Sicherheit
ist das so.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie haben ferner ausgeführt,
dass Sie nach der Besprechung mit Herrn
Ministerialdirektor Selhausen dann binnen
zwei bis drei Tagen - - hätten Sie an den
Projektleiter diese Zahl kommuniziert. Das
scheint einem ja erst mal recht zeitnah zu
sein. Gab es da irgendeinen Zeitdruck, oder
sind Sie aufgefordert worden, das schnell zu
tun?

Zeuge Wolfgang Steiger: Ja, die Forde-
rung war schon, das sehr, sehr schnell vor-
zulegen.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Warum?

Zeuge Wolfgang Steiger: Weiß ich nicht.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ist Ihnen bekannt, ob es jemals
Überlegungen gegeben hat, mit der Herstel-
lerfirma Northrop Grumman Gespräche zu
führen, dass die eine Zahl auf den Tisch legt,
wie teuer es werden würde, wenn man jetzt
die Dokumentation vervollständigt?

Zeuge Wolfgang Steiger: Ich meine - -
Also, soweit ich mich erinnere, hat der Pro-
jektleiter bei Northrop Grumman angefragt
und hat dort auch, glaube ich, Zahlen ge-
nannt bekommen, die aber deutlich niedriger
waren. Aber das ist aus der Erinnerung he-
raus.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie haben vorhin bei Ihrem Ein-
gangsstatement davon gesprochen, dass
das Zulassungswesen bei Luftfahrtgeräten in
Europa ein einheitliches hohes Niveau hätte,
wenn ich mich richtig entsinne. Heißt das, wir
würden bei einer luftfahrtrechtlichen Zulas-
sung von NATO AGS, was die Zulassung
betrifft, dann vor ähnlichen Herausforderun-
gen stehen?

Zeuge Wolfgang Steiger: Das, was ich
gesagt habe, bezog sich auf die zivile Welt,
und zwar auf die EU-Verordnung 216/2008,
die eben das zivile Luftfahrtwesen in Europa
regelt. Und dort ist als ein Ziel genannt - aus
der Erinnerung heraus, sinngemäß - die
Schaffung und Sicherstellung eines einheit-
lichen hohen Niveaus der Sicherheit der
Luftfahrt in Europa. Das gilt für die zivile

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 495 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 99
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Luftfahrt. Und die militärischen Anwendun-
gen sind ausdrücklich aus dieser Verordnung
ausgenommen. Allerdings wird in der Ver-
ordnung darauf hingewiesen, dass die Mit-
gliedstaaten sich dazu verpflichtet haben, in
Ausübung ihrer militärischen Aufgaben die-
sen Zielen gebührend Rechnung zu tragen.
Inwieweit jetzt das für das von Ihnen ange-
sprochene NATO-Vorhaben von Relevanz
wäre, kann ich nicht beurteilen, weiß ich
nicht.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Frau Kollegin Keul.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Steiger, noch mal eine Verständnis-
frage. Ich dachte vorhin schon fast, ich hätte
es verstanden, was der Unterschied zwi-
schen einer Musterprüfung, wie Sie sie ma-
chen, und einer Stückprüfung ist: Sie legen
das Muster fest, und der Stückprüfer prüft
also nur noch, ob es identisch ist, und wenn
es identisch ist, dann ist es zugelassen. Aber
dann sagten Sie wieder: Ja, aber bei einer
Prototypenprüfung läuft es genauso. - Das
verstehe ich wiederum nicht. Denn wenn ich
einen Prototyp habe, dann kann ich als
Stückprüfer ja nicht prüfen, ob das mit dem
Muster identisch ist, weil es ja kein Muster
gibt.

Zeuge Wolfgang Steiger: Ja, das ist
richtig. Es läuft auch nicht genauso. Ich habe
gesagt, es läuft analog. „Analog“ heißt, dass
in dem Fall natürlich kein Muster existiert und
auch kein Muster beschrieben ist; aber der
Bauzustand dieses Prototyps muss eindeutig
beschrieben sein. Das heißt, er prüft gegen
einen für dieses eine Luftfahrzeug beschrie-
benen Bauzustand.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ach so. Den haben Sie dann beschrieben
quasi?

Zeuge Wolfgang Steiger: Der ist in den
entsprechend referenzierten Dokumenten -
das sind in der Regel ja auch Industriedoku-
mente - festgelegt.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Um noch mal auf den Vergleich mit dem He-
ron zu kommen - auch eine Drohne, die wir
im Einsatz haben, für die es auch kein Sense
and Avoid gibt -: Die hat also auch nur eine

solche Prototypen- - Hat die also für ihre
vorläufige Zulassung nur die Stückprüfung
absolviert, oder haben Sie die zugelassen?

Zeuge Wolfgang Steiger: Die Heron-
Luftfahrzeuge - ist das noch Teil der - - Ist
das okay?

MR Andreas Conradi (BMVg): Ja, es
fängt an, grenzwertig zu werden. Also, wenn
das sozusagen - -

Zeuge Wolfgang Steiger: Ja, okay. -
Also, die Heron-1-Luftfahrzeuge in Afgha-
nistan sind zugelassen mit individueller VVZ,
Vorläufiger Verkehrszulassung.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also so wie jetzt auch - - Das wäre ähnlich
wie das, was der Full Scale Demonstrator
jetzt hat, eine vorläufige Zulassung.

Zeuge Wolfgang Steiger: Richtig.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Weil Sie uns ja vorhin auch erklärt haben,
dass man den Full Scale Demonstrator halt
nicht operativ hier irgendwie benutzen kann,
weil er ja nur vorläufig ist, -

Zeuge Wolfgang Steiger: Nein, das
habe ich - -

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
- frage ich mich natürlich: Warum kann man
den Heron mit der vorläufigen Zulassung in
Afghanistan einsetzen und den Full Scale
Demonstrator, auch wenn er noch 800 Stun-
den hat, hier nicht einsetzen? Das verstehe
ich nicht.

Zeuge Wolfgang Steiger: Weil das in der
Zulassung so festgelegt ist. In der Zulassung
gibt es ja einen Teil „Beschränkungen und
Auflagen“, und da ist der Heron 1 eindeutig
auf das Einsatzgebiet Afghanistan limitiert.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also könnte man auch beim Full Scale De-
monstrator, also bei dem Euro Hawk, im
Prinzip sagen: Wir geben ihm jetzt eine Zu-
lassung für das, wofür wir ihn einsetzen wol-
len. Dann frage ich mich: Warum tun wir es
dann nicht?

Drucksache 17/14650 – 496 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 100
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Wolfgang Steiger: Es hat bisher
keiner danach gefragt.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ach!

(Heiterkeit des Abg. Omid Nouri-
pour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt kommt die CDU/CSU. Herr Kollege
Silberhorn.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Vielen
Dank. - Darf ich hier gleich nachfragen: Von
wem genau stammen die Limitierungen für
die Vorläufige Verkehrszulassung?

Zeuge Wolfgang Steiger: Die setzen
sich aus verschiedenen Quellen zusammen.
Ein Großteil kommt von der Industrie selber,
aber ein Teil kommt auch noch von uns, von
der WTD 61.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Das
heißt, wenn hier die Frage auftaucht, ob
Limitierungen abgebaut werden können, um
die Stundenzahl von 800 oder 1 000 zu er-
höhen, um den Full Scale Demonstrator län-
ger einzusetzen, dann wären Sie dafür zu-
ständig, diese Limitierungen abzubauen?

Zeuge Wolfgang Steiger: Die Zulassun-
gen zu ändern? Ja, natürlich.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Sie
würden dazu lediglich auf einen politischen
oder fachlichen Hinweis warten?

(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN)

Sie wären zuständig, das selbst zu tun?

Zeuge Wolfgang Steiger: Nein, natürlich
nicht.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Also,
Sie können in eigener Zuständigkeit die
Flugdauer des Full Scale Demonstrators von
1 000 auf 3 000 Stunden erhöhen?

Zeuge Wolfgang Steiger: Natürlich nicht.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Können
Sie mir erklären, wie es funktionieren
müsste?

Zeuge Wolfgang Steiger: Ja. Das hatte
ich vorhin schon mal angesprochen. Die
Industrie hat ja auch ein Konzept vorgelegt,
wie man das machen könnte, und da würde
man sich auf verschiedene Daten abstützen.
Einmal würden da In-Service-Daten auch des
US Global Hawk herangezogen werden, aber
auch im Haus Northrop Grumman weiter
durchzuführende Qualifikationsmaßnahmen,
um die Stundenzahl, die Nutzungsdauer
entsprechend zu erhöhen. Also, mit einem
Federstrich ist das nicht getan.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Vielen
Dank. - Wir haben vorhin erfahren, dass der
Kollege Bartels bei Ihnen in Manching gewe-
sen ist. Können Sie erinnern, wann das ge-
wesen ist?

Zeuge Wolfgang Steiger: Ich glaube, im
letzten Jahr, oder? Ich weiß es nicht. Ich
glaube, im letzten Jahr, aber genau weiß ich
es nicht mehr.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Ich
kann nur Sie fragen, weil Sie der Zeuge sind.

Zeuge Wolfgang Steiger: Ja, so ge-
nau - - Ich meine, im letzten Jahr war es ir-
gendwann, ja.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Können
Sie erinnern, welche Kollegen ihn da beglei-
tet haben? Ich vermute, es war eine Veran-
staltung des Verteidigungsausschusses im
Frühjahr letzten Jahres, was wir wohl in den
eigenen Unterlagen - -

Zeuge Wolfgang Steiger: Nein.
(Rainer Arnold (SPD): Da befinden
wir uns im Bereich der Vermutun-
gen! - Heiterkeit bei der SPD)

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Dann
darf ich den Zeugen direkt fragen: War der
Kollege Bartels alleine bei Ihnen? Ist er von
Bundestagskollegen begleitet worden?

Zeuge Wolfgang Steiger: Also, nach
meiner Erinnerung war er allein.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Haben
Sie ihn denn über die größeren Schwierig-
keiten bei der Musterzulassung des Euro
Hawk informiert, die Ihnen seit 2011 erkenn-
bar waren?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 497 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 101
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Wolfgang Steiger: Meines Wis-
sens nicht, nein.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Hat er
denn danach gefragt?

Zeuge Wolfgang Steiger: Meines Wis-
sens nicht.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Hat er
seine Informationen gesucht, die er finden
wollte?

Zeuge Wolfgang Steiger: Nein, das
Thema wurde nicht angesprochen, aus mei-
ner Erinnerung heraus.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Hat der
Kollege Bartels denn bei seinem Besuch bei
Ihnen in Erfahrung bringen können, dass Sie
weiter an der Realisierung des Euro Hawk
und an der Musterzulassung arbeiten?

Zeuge Wolfgang Steiger: Vielleicht fra-
gen Sie doch den Kollegen Bartels, wenn er
wieder da ist.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Ich
kann ihn nicht fragen, weil er kein Zeuge ist.
Ich könnte ihn natürlich als Zeugen benen-
nen. Aber ich kann natürlich Sie dazu befra-
gen, was Sie aus eigener Kenntnis des Ge-
spräches wissen.

Zeuge Wolfgang Steiger: Daran kann
ich mich nicht erinnern, wirklich nicht.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Aha. -
Vielen Dank.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Keine weiteren Fragen mehr? - Dann kommt
jetzt die SPD-Fraktion. Herr Kollege Arnold.

Rainer Arnold (SPD): Ich finde es ja
schon ein bisschen albern. Es ist jetzt die
letzte Runde. Aber weil es so ist: Haben an-
dere Kollegen,

(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN)

möglicherweise von anderen Fraktionen, Sie
in den letzten beiden Jahren besucht?

Zeuge Wolfgang Steiger: In den letzten
beiden Jahren?

Rainer Arnold (SPD): Ja, oder in - -

Zeuge Wolfgang Steiger: Ja, es war im
Juni oder Juli 2011. Da war ein - wie heißt
er? - Arbeitskreis „Verteidigung“ der CDU/
CSU-Fraktion mal in Manching.

Rainer Arnold (SPD): Haben die dann
nach Zulassungsproblemen beim Euro Hawk
und nach Kostenentwicklungen gefragt?

Zeuge Wolfgang Steiger: Nein, soweit
ich mich erinnern kann, nicht.

Rainer Arnold (SPD): Ich glaube, wir tun
gut daran, wenn wir beide diesen Bereich
einmal so weit beenden. - Nur noch zwei
letzte Fragen. Eines habe ich jetzt nicht rich-
tig verstanden. Sie sagten, die Einschrän-
kungen bei der VVZ kämen auch von Ihnen.
Gleichzeitig sagen Sie aber, für die Zulas-
sung wäre die Güteprüfstelle zuständig.

Zeuge Wolfgang Steiger: Nein, die
Güteprüfstelle macht keine Zulassung.

Rainer Arnold (SPD): Ja, aber die unter-
schreibt?

Zeuge Wolfgang Steiger: Nein, die un-
terschreibt auch keine Zulassung. Die Güte-
prüfstelle oder der Leiter der Güteprüfstelle
unterschreibt die Anlage 1 zum Kennblatt der
Zulassung und bestätigt die Verkehrssicher-
heit des Luftfahrzeugs.

Rainer Arnold (SPD): Welchen Anteil
haben Sie daran, dass er das bestätigen
kann?

Zeuge Wolfgang Steiger: Wir legen -
oder die Zulassung legt - im Kennblatt die
Forderungen fest, nach denen er prüft.

Rainer Arnold (SPD): Er prüft dann nur
Papierlagen, oder?

Zeuge Wolfgang Steiger: Nein, er prüft
auf Basis dieser auf Papier festgelegten For-
derungen am Luftfahrzeug.

Rainer Arnold (SPD): Und Sie haben ihm
Vorschläge gemacht, wo Einschränkungen
da sind?

Drucksache 17/14650 – 498 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 102
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Wolfgang Steiger: Nein. Die Ein-
schränkungen ergeben sich möglicherweise
im Anschluss. Aber er prüft erst mal anhand
der Vorgaben, die in der Zulassung, im
Kennblatt der Zulassung, gegeben sind. Das
ist bei einem Prototyp in der Regel Firmen-
dokumentation.

Rainer Arnold (SPD): Okay, verstan-
den. - Wie ist es denn mit Sense and Avoid?
Es geht ja um schnelles Ausweichen. Hat
das Flugzeug die flugtechnische Agilität, um
so überhaupt reagieren zu können, wenn
diese Technik integriert ist?

Zeuge Wolfgang Steiger: Also, wenn Sie
jetzt die Forderung nach einer Agilität erhe-
ben, dann würde das schon implizieren, dass
Sense and Avoid ein schnelles Ausweichen
erfordert. Ich denke, so weit ist man noch
nicht - nach meinem Kenntnisstand -, son-
dern es geht darum, das Thema umfassend
zu betrachten: Welche Möglichkeiten gibt es
überhaupt? Welche Möglichkeiten gibt es,
mit Sensoren das zu machen? Was ist das
Kriterium? Ist es das Auge des Piloten, oder
soll es etwas anderes sein? Benötigt man ein
autonomes System, oder braucht man ein
kooperatives Verfahren? Also, da ist man
noch ziemlich am Anfang nach meiner Ein-
schätzung.

Rainer Arnold (SPD): Meine Frage ist
trotzdem ein bisschen anders, weil unser
letzter Zeuge vom Ausweichen im letzten
Augenblick explizit gesprochen hat.

Zeuge Wolfgang Steiger: Ja.

Rainer Arnold (SPD): Nehmen wir an,
Sense and Avoid verlangt dieses Auswei-
chen im letzten Augenblick - ich bin halt nur
Modellflieger; da weiß ich aber, dass sie un-
terschiedlich reagieren -: Hätte dieses Flug-
gerät flugtechnisch die Möglichkeit, so agil zu
reagieren, wenn Sense and Avoid dann tat-
sächlich dies erfordert?

Zeuge Wolfgang Steiger: Also, das ist
jetzt auch Spekulation.

Rainer Arnold (SPD): Aber Sie wissen
doch, wie es fliegt.

Zeuge Wolfgang Steiger: Ja, ja. Also,
ein Luftfahrzeug in dieser Kategorie, vor allen

Dingen in dieser Höhe, ist in seiner Agilität -
ich glaube, da verrate ich kein Geheimnis -
sehr eingeschränkt; das ist klar. Die Frage
ist: Benötigt Sense and Avoid, wenn es denn
mal operativ sein sollte, eine Agilität? - Die
Agilität, die heute notwendig ist, ist ja auch
dem Umstand geschuldet, dass das Auge
des Piloten als Sensor nicht besonders toll ist
und mit seinem eingeschränkten Gesichts-
feld oft erst im letzten Moment Dinge erkennt
und dann dazu zwingt, sehr schnell reagieren
zu müssen. Ein kooperatives System oder
ein System, das mit einem Sensor ausge-
rüstet ist, das entsprechend sensibler und
weitreichender ist, benötigt möglicherweise
keine agile Reaktion.

Rainer Arnold (SPD): Also, es ist aber
auf jeden Fall auch nicht klar, ob das Flug-
zeug überhaupt in der Lage wäre. Sie sagen,
Sie wissen es nicht; das verstehe ich. Aber
man kann auch nicht sagen: Sense and
Avoid wird das Problem auf jeden Fall hei-
len. - Es gibt schon noch andere Fragen. Nur
so viel.

Zeuge Wolfgang Steiger: Sense and
Avoid ist ja nur ein Aspekt für die unein-
geschränkte Teilnahme und ist kein Thema
für die Musterzulassung.

Rainer Arnold (SPD): Es ist nicht der
Königsweg, was wir haben.

Zeuge Wolfgang Steiger: Ja.

Rainer Arnold (SPD): Letzte Frage: Wa-
ren Sie beim Besuch des Ministers in Man-
ching mit dabei?

Zeuge Wolfgang Steiger: Beim Besuch
des - - Welchen Besuch in Manching? Sie
meinen den bei - -

Rainer Arnold (SPD): Von Minister de
Maizière, der - -

Zeuge Wolfgang Steiger: Bei der Indus-
trie?

Rainer Arnold (SPD): Genau. Ja.

Zeuge Wolfgang Steiger: Nein, da war
ich nicht dabei.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 499 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 103
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Rainer Arnold (SPD): Waren Sie in der
Vorbereitung irgendwie gefragt, was - -

Zeuge Wolfgang Steiger: Nein, da war
ich nicht beteiligt.

Rainer Arnold (SPD): Okay. - Keine
weiteren Fragen. Vielen Dank.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut. Dann kommt die FDP. - Keine Fragen.
Linke? - Auch keine. Grüne? - Frau Kollegin
Keul.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also, damit ich das richtig verstehe: Wer
erteilt jetzt die Vorläufige Verkehrszulas-
sung? Die Güteprüfstelle oder WTD 61?

Zeuge Wolfgang Steiger: Die WTD 61,
der Leiter ML.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Okay. - Mal rein fiktiv, lassen wir mal außen
vor, dass Afghanistan - - wir einen Abzugs-
plan - - Aber nehmen wir mal an, nur um ein
Beispiel zu haben, ähnlich wie beim Heron,
man würde jetzt bei Ihnen beantragen, dem
Euro Hawk eine vorläufige Zulassung be-
schränkt auf das Einsatzgebiet Afghanistan
zu erteilen. Dann würden Sie diesen Antrag
prüfen und gegebenenfalls anders entschei-
den, als er jetzt entschieden worden ist?

Zeuge Wolfgang Steiger: Also, wenn Sie
sagen Antrag, dann ist das sicherlich kein
Antrag, sondern dann wäre es ein Erlass des
BMVg, eine Weisung.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Aber man kann Sie ja nicht anweisen - -
Also, es muss ja schon nach Recht und Ge-
setz geprüft werden, nach technischen Vor-
gaben.

Zeuge Wolfgang Steiger: Ja, ja.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Aber wenn jetzt die Bundesregierung sagt:
„Wir wollen diesen Euro Hawk speziell im
Einsatzgebiet Afghanistan nutzen“, wäre es
dann möglich, ihm eine vorläufige Zulassung
zu diesem Einsatzzweck zu geben, die dann
im Prinzip auch weitere Flugstunden als die
verbleibenden 800 bekäme?

Zeuge Wolfgang Steiger: Also, nachdem
der Euro Hawk ja nun von USA nach
Deutschland geflogen ist, ist er sicherlich
auch in der Lage, von USA sonst wohin zu
fliegen. Die Frage ist oder wäre in diesem
hypothetischen Fall: Wie wären die recht-
lichen, auch die Besitzverhältnisse? Im Mo-
ment führt der Euro Hawk Flugversuche un-
ter Verantwortung der Industrie durch.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Nein, nein. Also, noch mal: Wir haben den
30. September. Am 1. Oktober übergibt die
Industrie der Bundesregierung den Full Scale
Demonstrator.

Zeuge Wolfgang Steiger: Ja.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Jetzt ist ja die Frage: Was macht man damit?
So. Das, wofür man ihn mal wollte mit ziviler
Zulassung, klappt nicht.

Zeuge Wolfgang Steiger: Okay.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Jetzt vergleiche ich einfach mal fiktiv: Wie
beim Heron, könnte es jetzt eine andere
Verwendung geben, wo man dann sagt:
„Okay, dafür ist er nutzbar“?

Zeuge Wolfgang Steiger: Also, Sie mei-
nen einen operationellen Betrieb unter Vor-
läufiger Verkehrszulassung?

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja.

Zeuge Wolfgang Steiger: Ich hielte das
nicht für ausgeschlossen, ein operationeller
Betrieb unter Vorläufiger Verkehrszulassung,
wenn die Voraussetzungen dafür geklärt
sind, wenn das Einsatzkonzept geklärt ist.
Weil man muss mit der Vorläufigen Verkehrs-
zulassung ja nun genau festlegen den Ein-
satzzweck und die Rand- und Rahmenbe-
dingungen. Dass er für operationelle Zwecke
eingesetzt werden könnte, hielte ich nicht für
ausgeschlossen. Wie die dann ausschauen
würden, ist eine andere Frage.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Gut. Dann habe ich das jetzt so weit, glaube
ich, verstanden. Ich würde jetzt gerne noch
mal zurückkommen zu diesem Gespräch im
Februar 2010 - hatten wir schon; ist schon

Drucksache 17/14650 – 500 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 104
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

etwas länger her -, das Sie geschildert hat-
ten - Sie waren da ja auch nicht sehr erfreut
über dieses Gespräch -, wo man dann Ab-
stand genommen hat von der Musterprüfung
für den Full Scale Demonstrator. Sie hatten
auch gesagt, dass die Voraussetzungen für
die Musterprüfung ja im Vertrag festgelegt
sind und wenn man die ändern will, müsste
man den Vertrag ändern.

Jetzt frage ich mich: Hat man dann nicht
eigentlich im Februar 2010 den Vertrag ge-
ändert, indem man abgerückt ist von dem,
was da drinsteht, nämlich Musterzulassung?
Also, hat man im Prinzip in dem Gespräch,
was man da mit der Industrie geführt hat,
darüber geredet, dass man auf vertraglich
geschuldete Leistungen verzichtet, indem
man von der Musterzulassung abweicht?

Zeuge Wolfgang Steiger: Kann ich
Ihnen nicht bestätigen. Ich weiß nicht, was in
der Folge der Projektleiter oder wer auch
immer mit der Industrie dazu besprochen
oder verhandelt hat.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Aber Sie waren doch bei dem Gespräch
dabei.

Zeuge Wolfgang Steiger: Bei dem Ge-
spräch ist das aber nicht thematisiert worden,
soweit ich mich erinnere.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Aber bei dem Gespräch ist thematisiert wor-
den, dass man die Musterzulassung zurück-
stellen will.

Zeuge Wolfgang Steiger: Richtig.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Und Sie hatten uns auch erklärt, dass die
Musterzulassung sich ja aus dem Vertrag
ergibt.

Zeuge Wolfgang Steiger: Richtig.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also hat man da ja, wenn ich eins und eins
zusammenzähle, darüber gesprochen, vom
Vertrag abzuweichen.

Zeuge Wolfgang Steiger: Weiß ich nicht.

MR Andreas Conradi (BMVg): Ja, aber,
Frau Vorsitzende, da wird jetzt eine recht-

liche Wertung verlangt. Also, das ist ja keine
Tatsache.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Nein, das ist jetzt einfach - - Also, der Zeuge
hat zwei Aussagen gemacht, und die fasse
ich zusammen. Im Vertrag sind die Muster-
zulassungsvoraussetzungen festgelegt wor-
den, und man hat im Februar 2010 beschlos-
sen, davon abzuweichen.

MR Andreas Conradi (BMVg): Ja, das ist
richtig.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Und der Zeuge hat auch gesagt: Wenn man
die Musterzulassung ändern will, muss man
den Vertrag ändern. - Und deswegen frage
ich ihn, ob darüber gesprochen worden ist,
als man das beschlossen hat oder darüber
gesprochen hat, ob dabei auch darüber ge-
sprochen ist, dass man den Vertrag ändert.

Zeuge Wolfgang Steiger: Das sagte ich
doch. Darüber ist nicht gesprochen worden
am 3. Februar.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Bei diesem Gespräch am 3. Februar, war da
auch die Industrie dabei? Das habe ich rich-
tig verstanden?

Zeuge Wolfgang Steiger: Ja, natürlich.
Klar.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Haben Sie teilgenommen an
Sitzungen der Steuerungsgruppe UAS?

Zeuge Wolfgang Steiger: Nein.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aber Sie wissen, was das ist?

Zeuge Wolfgang Steiger: Ich habe da-
von gehört, ja. Aber ich habe an keiner Sit-
zung teilgenommen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Können Sie sagen, was Sie da-
rüber gehört haben, was diese Arbeitsgruppe
macht?

Zeuge Wolfgang Steiger: Ich habe nur
gehört, dass es so eine Steuergruppe gibt,

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 501 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 105
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

aber was sie im Einzelnen macht, weiß ich
nicht.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Okay. - Ich wollte noch ein letztes
Mal fragen nach AGS und was genau Ihr Job
war, Ihr Beitrag bei AGS. Ich habe es nicht
ganz verstanden.

Zeuge Wolfgang Steiger: Mein Beitrag
bei AGS?

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Genau.

Zeuge Wolfgang Steiger: Ich habe kei-
nen Beitrag zu AGS.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Also, Sie haben mit AGS eigent-
lich nichts zu tun?

Zeuge Wolfgang Steiger: Nein.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Gar nichts. Alles klar. Danke.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So, jetzt haben wir keine weiteren Fragen
mehr. - Dann weise ich Sie noch darauf hin,
dass Ihnen nach Fertigung des Protokolls
dieses für mögliche Korrekturen auch zuge-
sandt wird. Zuletzt erinnere ich Sie daran,
dass nach § 26 Abs. 2 PUAG der Untersu-
chungsausschuss durch Beschluss feststellt,
dass die Vernehmung des Zeugen abge-
schlossen ist. Die Entscheidung darf erst
ergehen, wenn nach Zustellung des Ver-
nehmungsprotokolls zwei Wochen verstri-
chen sind oder auf die Einhaltung dieser Frist
verzichtet worden ist.

Herr Steiger, ich bedanke mich für Ihr
Kommen und wünsche Ihnen einen guten
Heimweg.

Zeuge Wolfgang Steiger: Danke schön,
vielen Dank.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich unterbreche jetzt die Sitzung, aber wirk-
lich nur bis Viertel nach vier, und dann ma-
chen wir weiter.

(Unterbrechung von
16.06 bis 16.15 Uhr)

Drucksache 17/14650 – 502 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 106
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die unter-
brochene Sitzung ist wieder eröffnet.

Herr Böhm, ich begrüße Sie sehr herzlich
im Namen des Untersuchungsausschusses.

Wir kommen nun zur Vernehmung des
Zeugen Oswald Böhm.

Vernehmung des Zeugen
Oswald Böhm

Herr Böhm, ich weise Sie darauf hin - -

(Unruhe)

- Es ist störend. - Ich weise Sie darauf hin,
dass die Sitzung aufgezeichnet wird. Dies
dient ausschließlich dem Zweck, die steno-
grafische Aufzeichnung der Sitzung zu er-
leichtern. Die Aufnahme wird später gelöscht.
Das Protokoll dieser Vernehmung wird Ihnen
nach Fertigstellung zugestellt. Sie haben
anschließend die Möglichkeit, Korrekturen
und Ergänzungen vorzunehmen.

Herr Böhm, Sie sind mit Schreiben vom
28. Juni 2013 geladen worden. Das Beweis-
thema ist Ihnen mit dem Untersuchungsauf-
trag und dem Beweisbeschluss zugegangen.
Der Beweisbeschluss ist Ihnen und den Mit-
gliedern bekannt. Auf eine Verlesung kann
daher verzichtet werden. Die erforderliche
Aussagegenehmigung liegt vor.

Herr Böhm, nach den Vorschriften der
Strafprozessordnung, die im Untersuchungs-
verfahren sinngemäß Anwendung finden,
und den Vorschriften des Gesetzes zur Re-
gelung des Rechts der Untersuchungsaus-
schüsse des Deutschen Bundestages - im
Folgenden verwende ich die Abkürzung
PUAG - muss ich Sie zunächst belehren. Sie
sind als Zeuge verpflichtet, die Wahrheit zu
sagen. Ihre Aussagen müssen daher richtig
und vollständig sein. Sie dürfen nichts weg-
lassen, was zur Sache gehört, und nichts
hinzufügen, was der Wahrheit widerspricht.

Ich habe Sie außerdem auf die möglichen
strafrechtlichen Folgen eines Verstoßes ge-
gen die Wahrheitspflicht hinzuweisen. Da-
nach kann derjenige, der vor dem Untersu-
chungsausschuss uneidlich falsch aussagt,
gemäß § 153 des Strafgesetzbuches mit
Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf
Jahren bestraft werden.

Nach § 22 PUAG können Sie die Aus-
kunft auf solche Fragen verweigern, deren
Beantwortung Sie selbst oder Personen, die
im Sinne des § 52 Abs. 1 Strafprozessord-

nung Ihre Angehörigen sind, in die Gefahr
bringen würde, einer Untersuchung nach
gesetzlich geordnetem Verfahren ausgesetzt
zu werden.

Sollten Teile Ihrer Aussage aus Gründen
des Schutzes von Dienst-, Privat- oder Ge-
schäftsgeheimnissen nur in einer nach der
Geheimschutzordnung des Bundestages
eingestuften Sitzung möglich sein, bitte ich
Sie um einen Hinweis, damit eine entspre-
chende Einstufung erfolgen kann.

Ich möchte in diesem Zusammenhang da-
ran erinnern, dass im Falle einer Einstufung
der Vernehmung mit einem Geheimhaltungs-
grad VS-Vertraulich oder höher ein Wechsel
des Sitzungssaals erforderlich wird. Daher
möchte ich Sie bitten, etwaige Verneh-
mungsteile, die einer entsprechenden Ein-
stufung bedürfen, gesammelt am Ende der
Vernehmung zur Sprache zu bringen.

Nachdem ich Ihnen den Gegenstand der
Vernehmung erläutert, Sie zur Wahrheit er-
mahnt und belehrt habe, komme ich nun zur
Vernehmung zur Person. Herr Böhm, bitte
nennen Sie uns Ihren Namen, Ihren Fami-
lienstand und Ihren Wohnort.

Zeuge Oswald Böhm: Mein Name ist
Oswald Böhm, ich bin verheiratet, und meine
Wohnanschrift ist 56276 Großmaischeid.
Brauchen Sie noch die Straße?

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Nein.

Zeuge Oswald Böhm: Gut, danke.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich komme nun zur Vernehmung zur Sache.
Herr Böhm, zunächst gebe ich Ihnen die
Gelegenheit, dem Ausschuss das im Zu-
sammenhang darzulegen, was Ihnen von
dem Gegenstand der Vernehmung bekannt
ist. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Zeuge Oswald Böhm: Vielen Dank, Frau
Vorsitzende. - Ich möchte mich kurz vorstel-
len. Mein Name ist Oswald Böhm. Ich war
von 1972 bis vor wenigen Monaten Mit-
arbeiter im Bundesamt für Wehrtechnik und
Beschaffung. Ich habe als Maschinenbau-
ingenieur im Bereich der wehrtechnischen
Entwicklung/Beschaffung national und inter-
national gearbeitet. Im fraglichen Zeitraum,
2008 bis 2012, war ich als Vorsitzender des
Gesamtpersonalrates BAAINBw gewählt,

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 503 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 107
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

und als dieser war meine Verpflichtung, ge-
mäß BPersVG die Beschlüsse des Gesamt-
personalrates nach außen zu vertreten. Zu-
sätzlich war ich auch in dieser Wahlperiode
Mitglied im Hauptpersonalrat beim BMVg.

Ich habe naturgemäß dadurch, dass ich
ausgeschieden bin mit Erreichen der Alters-
grenze, natürlich keinerlei Unterlagen mehr.
Mir war allerdings bekannt geworden, dass
ein Schreiben, das der Gesamtpersonalrat
an den Präsidenten gegeben hat, wohl die
Ursache sein soll, weil in diesem Schreiben
die Worte „Euro Hawk“ und halt eben „Auf-
klärungsdrohne“ drin sind. Deshalb - da ich ja
nicht auf dienstliche Unterlagen zurückgrei-
fen kann - habe ich den Vorsitzenden, der
jetzt Gesamtpersonalrat BAAINBw - - gebe-
ten, in - ich nenne es mal so - meine alten
Unterlagen kurz Einsicht zu nehmen, damit
ich wenigstens in der Lage bin, das chrono-
logisch darzulegen, weil es war doch dann
letztendlich ein längerer Zeitraum, der diese
Frage dann beinhaltet, und das hat etwas
gedauert. Ich musste es erst mal selbst
chronologisch machen. Ich habe allerdings
nur eine knappe Stunde dafür verwandt und
habe mir dann einige Notizen gemacht, damit
ich selbst für mich noch mal rekapitulieren
konnte, wie das damals gelaufen ist. Das
geht ja auf 2009 zurück - eine lange Zeit. Ich
kann das - mit allen Vorbehalten - dann jetzt
nachvollziehen; das so weit.

Wenn es zutreffend sein sollte, Frau Vor-
sitzende - - Ich habe mir dieses Schreiben
geben lassen, das seinerzeit der Gesamtper-
sonalrat an den Präsidenten gegeben hat.
Wenn es so sein sollte - weil sonst wüsste
ich nicht, wofür ich hier eine Aussagegeneh-
migung brauche und was ich überhaupt hier
dann sollte;

(Heiterkeit)

aber das würden Sie mir dann erläutern -,
würde ich Sie bitten, ganz einfach die Fragen
zu stellen, damit ich sie beantworten kann,
weil mir ist sonst nicht bewusst, was hier
ansteht.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut, das machen wir dann auch nach einem
bestimmten Zeitbudget. Das ist die Berliner
Stunde, und die ergibt sich folgendermaßen:
dass die CDU/CSU 23 Minuten hat, die SPD
14 Minuten, die FDP 9, die Linke 7 und
Bündnis 90/Die Grünen auch 7 Minuten. - Ich
gebe das Wort dem Kollegen Grübel.

Markus Grübel (CDU/CSU): Herr Böhm,
am Anfang dachte ich, Sie haben vielleicht
norwegische Vorfahren, weil da vor Ihrem
Namen „TROAR“ stand; aber das heißt
offensichtlich Technischer Regierungsober-
amtsrat.

(Heiterkeit)

Zeuge Oswald Böhm: Ja, das kommt
schon selten vor, nehme ich an, dass Sie die
hier haben; aber okay.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ja. - Also,
Sie sind darum von einer anderen Fraktion
vorgeschlagen worden als Zeuge - und das
sind ja Minderheitenrechte -, weil Sie in
Spiegel Online zitiert werden am 25. Mai,
nämlich mit einem Brief an den Präsidenten
Ihrer Behörde, Herrn Stein, und da hätten Sie
den Präsidenten gewarnt, dass man die Zu-
lassung des Euro Hawk nicht durchpeit-
schen - also, das Wort „durchpeitschen“
taucht da auf - solle. Die erste Frage - der
Brief liegt mir jetzt nicht vor -: Trifft diese
Aussage in den Medien zu?

Zeuge Oswald Böhm: Die Aussage,
dass etwas durchgepeitscht werden sollte,
trifft nicht zu. Wie gesagt, ich habe das in
Spiegel Online gelesen und muss ganz ehr-
lich sagen: Da stand drin, das hätte ein Be-
triebsrat in Manching gesagt. Ich habe das
gelesen und habe gedacht: Na, ein bisschen
recht haben die ja doch mit dem, was sie
schreiben. - Aber ich habe dann den Brief
selbst gelesen. Ich kann kein Schreiben an
den Präsidenten geben; das ist nicht die
Rolle einer Personalvertretung. A) brauche
ich einen Beschluss, und wenn ich an den
Präsidenten herangehe mit einem Anliegen,
muss ich das auf der Basis des Bundesper-
sonalvertretungsgesetzes machen. Das
heißt, ich muss gewisse Gegebenheiten
erfüllen, die im Gesetz drinstehen, hier der
§ 69, der die allgemeinen Aufgaben regelt.
Das heißt, wenn Mitglieder dem Personalrat
Anliegen vortragen, dann muss er sie be-
werten - das hatten wir getan - und dann
umsetzen. Wir haben natürlich auch die Auf-
gabe, darüber zu wachen, dass Beschäftigte
unseres Hauses nicht in etwas hineinrut-
schen können - lassen Sie mich es mal so
sagen -, was ihren Verantwortungsbereich
angeht.

Es ist selbstverständlich, dass Luftfahrt-
prüfer, egal wo sie sind, bei der Musterprü-

Drucksache 17/14650 – 504 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 108
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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fung bis hin über die Güteprüfung, in wel-
chem Bereich die auch immer - - oder indem
sie Firmen zulassen, keine Verantwortung
übernehmen. Unser Leitsatz war: Wer Ver-
antwortung übernimmt, muss auch die Mög-
lichkeit haben, dieser Verantwortung gerecht
zu werden. Da gab es Kritikpunkte zur dama-
ligen Zeit, und das war der Anlass, dem Prä-
sidenten einen Brief zu schreiben.

Hier war ganz konkret - ich gehe davon
aus, dass Ihnen der Brief ja vorliegt - der
Punkt: Die geplante Vorgehensweise - Er-
stellung eines Prüfberichtes mit Risiko-
bewertung und gegebenenfalls Empfehlun-
gen zur Verkehrszulassung für den Leiter
ML - ist jedoch aus rechtlicher Sicht im Inte-
resse der eingesetzten Mitarbeiter zu klären.
Das war der Punkt: dass hier aus Gründen -
es gab Kapazitätsengpässe offensichtlich -
Mitarbeiter, die einem anderen Bereich zu-
geordnet waren - - Und hier muss man se-
hen: Wir haben ja grob die Bereiche Muster-
zulassung und Nachweisführung, und da hat
der Rechnungshof sich vor Jahren schon
stark dafür gemacht, dass man das nicht
vermischen kann. Hier wurde jetzt auf Leute
zurückgegriffen, die eigentlich erst dann
kommen, wenn das Gerät eine Musterzulas-
sung hat, und deren Aufgabe ist dann, zu
prüfen, ob das, was dann ausgeliefert wird,
was dann fliegt, auch wirklich mit dem über-
einstimmt, was der Musterzulassung ent-
spricht; das war der Punkt.

Wir haben da Bedenken gehabt, haben
auch auf den Bundesrechnungshof verwie-
sen, und wir gingen davon aus - und haben
das auch gesagt -, dass das, wenn über-
haupt, nur auf Basis einer Freiwilligkeit sein
kann und dass das Haus dann in Kauf
nimmt - das ist ein ganz wichtiger Punkt -,
dass diese Mitarbeiter nur eine bedingte
Eignung für die Aufgabenwahrnehmung ha-
ben. Das heißt ganz klar: Da mussten wir
den Präsidenten drauf hinweisen, dass er
dann mit in der Verantwortung ist, was das
Ergebnis angeht. Das hat er auch gemacht. -
Soll ich es noch weiter ausführen?

Markus Grübel (CDU/CSU): Ja, also, das
würde ich dann - -

Zeuge Oswald Böhm: Fragen Sie!

Markus Grübel (CDU/CSU): Also, wie
hat der Präsident reagiert? Hat er das Per-
sonalproblem gelöst, oder blieb das Perso-
nalproblem bestehen?

Zeuge Oswald Böhm: Ja, das musste
ich erst noch mal genau rekapitulieren und
habe das natürlich anhand der Unterlagen
gemacht. Ich habe mir hier einige Notizen
gemacht. Ich kann das auch nur so wieder-
geben, wie ich es hier dann vorgefunden
habe.

Am 13.10. ist der Präsident zu uns ins
Monatsgespräch gekommen. Das war dort
Thematik, unter allen anderen Punkten auch,
und am 13.10., dann war es Schwerpunkt:
Anerkennung anderer Prüfdienste; das ist
nämlich das, was oben drübersteht. Wenn
etwas zeitkritisch ist, neigen alle Vorhabens-
manager - - Zeiten einzusparen, und da wird
gerne dort gespart, wo man selbst nicht ver-
antwortlich ist, nämlich: Irgendeiner muss bei
einem Flugzeug unterschreiben, dass es in
Ordnung ist, und der übernimmt Verantwor-
tung, im Wesentlichen strafrechtlicher Art.
Die Mitarbeiter in diesem Bereich waren sehr
sensibilisiert aus der Vergangenheit heraus,
weil es dort auch Verfahren gegeben hat -
Hubschrauberabsturz -, wo die Richter sehr
stark Wert darauf gelegt haben: Sie sind
verantwortlich und nicht Ihr Chef, der gesagt
hat, Sie müssen sich beeilen. - Die haben
also explizit mitbekommen: Das hat straf-
rechtliche Konsequenzen.

Dann gab es halt eben auch noch an der
Fachhochschule in Mannheim - nicht an der
Fachhochschule, an der Bundesakademie in
Mannheim - einen Luftrechtsexperten, der
auch zu ZDv 19/1 vorgetragen hat, und der
hat sich auch deutlich dazu geäußert, dass
er in dem ganzen Vorgehen eine gewisse
rechtliche Problematik sieht. Die waren et-
was verunsichert, und da war unser Punkt:
„Herr Präsident, das müssen Sie klären!“
Und er hat das aufgenommen, muss ich sa-
gen, was ja sehr positiv ist. Ihm war schon
bewusst, dass damit ein Teil der Verantwor-
tung bei ihm liegt. - Ich gehe das nur mal so
chronologisch durch; das dauert nicht - -

Markus Grübel (CDU/CSU): Herr Böhm,
darf ich geschwind - -

Zeuge Oswald Böhm: Ja, immer.

Markus Grübel (CDU/CSU): Die Frage
war ja: Hat der Präsident in Ihrem Sinne rea-
giert? Also, gab - -

Zeuge Oswald Böhm: Ja.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 505 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 109
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Markus Grübel (CDU/CSU): Wann?
Können Sie das noch rekonstruieren?

Zeuge Oswald Böhm: Er hat in unserem
Sinne reagiert, indem er uns zugesagt hat -
und hat das auch getan - - Er hat wegen der
besonders übergreifenden Problematik, weil
so viele Stellen so beteiligt waren, eine Ar-
beitsgruppe eingerichtet unter Leitung seines
Vertreters, damit das auch entsprechend
durchgezogen werden kann, und diese Ar-
beitsgruppe hatte den Auftrag, unsere Fra-
gestellungen zu klären.

Markus Grübel (CDU/CSU): Und Ar-
beitsgruppe ist ja - - Also, wir Politiker sagen:
Arbeitsgruppe einsetzen - -

Zeuge Oswald Böhm: Wenn mir nichts
mehr einfällt, mache ich einen Arbeitskreis.

Markus Grübel (CDU/CSU): Genau.

Zeuge Oswald Böhm: Es waren in die-
ser Arbeitsgruppe - -

Markus Grübel (CDU/CSU): Ist dann
auch das Personal gekommen?

Zeuge Oswald Böhm: Also, ganz so ein-
fach sind wir als Personalvertreter dann auch
wieder nicht. - Es waren in diesen Arbeits-
gruppen - - In dieser Arbeitsgruppe waren
alle Verantwortlichen drin, sowohl die ML, die
Abteilungsleiter T und Luft, also Allgemeine
Technik. Der komplette Kreis war drin, und
diese Arbeitsgruppe hat regelmäßig nach
Bonn berichtet. Und irgendwo sind - -

Markus Grübel (CDU/CSU): Aber jetzt
bin ich schon über die Arbeitsgruppe drüber.
Also das Problem - - Sie haben ein Problem
gehabt, -

Zeuge Oswald Böhm: Wir haben ein
Problem.

Markus Grübel (CDU/CSU): - und zwar
ein Personalproblem.

Zeuge Oswald Böhm: Ein Personal-
problem hat uns darauf hingewiesen, dass es
hier ein Problem für letztlich alle Beschäftig-
ten gibt.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ja. Und ist
das Problem gelöst worden? Also dann
wurde der Arbeitskreis eingerichtet. Was war
Ergebnis des Arbeitskreises? Dass das
Problem gelöst wurde, oder blieb das unge-
löst trotz Arbeitskreis?

Zeuge Oswald Böhm: Ich fasse das zu-
sammen: Es ist dadurch gelöst worden, dass
wir ein knappes Jahr später zu dem Schluss
kamen, da sich BMVg und BWB mit ihren
Rechtsauffassungen nicht einigen konnten,
dass das Problem - - Wir haben dann gese-
hen, dass wir unsere nächste Stufe - sprich:
den Hauptpersonalrat beim BMVg - angeru-
fen haben - das können wir tun; das kann
jede Seite tun, dass wir sagen, das muss in
Bonn geklärt werden -, und hatten dann das
Problem in Bonn.

Der Glücksfall war, dass ich auch gleich-
zeitig Mitglied dort war, und ich habe natür-
lich den Auftraggeber, nenne ich ihn mal,
Gesamtpersonalrat immer regelmäßig über
dieses Thema informiert. Und in Bonn hat
das auch noch seine Zeit gedauert, aber
okay.

Markus Grübel (CDU/CSU): Und jetzt,
wenn man vom Ergebnis her geht: Ist die
Zulassung oder die Vorläufige Verkehrszu-
lassung des Demonstrators dann aus Ihrer
Sicht rechtlich sauber gelaufen oder nicht?
Weil Sie haben ja gesagt, durch die perso-
nellen Engpässe hätten Sie rechtliche Pro-
bleme gesehen.

Zeuge Oswald Böhm: Ja, rechtliche
Probleme haben wir gesehen, und wenn Sie
die Frage so stellen, dann ist als Endergeb-
nis eine Feststellung des Staatssekretärs zu
sehen, der seitens der Leitung eine Klarstel-
lung gegeben hat - einen kurzen Satz -, dass
diese Prüfer, wenn sie das so tun, wie es
beschrieben ist, dann nicht belastet würden.

Ich weiß nicht. Dieses Schreiben des
Staatssekretärs ist damals auch zum Teil
publiziert worden in Kreisen Bundeswehr-
Verband - in mehreren Bereichen. Es ist
eigentlich ein kurzer Satz, und wir haben uns
außerstande gesehen, das rechtlich bewer-
ten zu können. Da sitzen nun nicht mal
Rechtsexperten, und deshalb war ja auch
unser Ansinnen, dass dieses Rechtsproblem
von einem wirklich Sachverständigen geklärt
wird, und da haben wir keinen Erfolg gehabt.
Das wollte der Staatssekretär nicht.

Drucksache 17/14650 – 506 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 110
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Markus Grübel (CDU/CSU): Aha. - Und
jetzt noch mal: Sie waren ja im BWB, sagten
Sie, späteres BAAINBw, -

Zeuge Oswald Böhm: Ja, das habe ich
noch kurz mitgemacht, ja.

Markus Grübel (CDU/CSU): - also nicht
bei der eigentlichen ML, WTD/ML, -

Zeuge Oswald Böhm: Nein.

Markus Grübel (CDU/CSU): - also nicht
bei der eigentlichen Zulassungsstelle, -

Zeuge Oswald Böhm: Nein.

Markus Grübel (CDU/CSU): - sondern
beim Amt. Die Aussagen, die Sie jetzt hier
machen, beziehen sich aufs Amt - BWB
oder - -

Zeuge Oswald Böhm: Die beziehen sich
aufs Amt.

Markus Grübel (CDU/CSU): Und nicht
auf die eigentliche Zulassungsstelle?

Zeuge Oswald Böhm: Nein.

Markus Grübel (CDU/CSU): Okay.

Zeuge Oswald Böhm: Nein. Aber in dem
Bereich gehört alles zusammen, weil die
ineinander verzahnt sind. Das ist der Henne-
Ei-Effekt. Sie müssen eine Musterzulassung
haben, und dann kann der zweite Schritt
ansetzen. Und überall müssen Sie belast-
bare Unterlagen haben, und das war aus
unserer Sicht nicht gegeben.

Und ob das, was der Staatssekretär uns
da gegeben hat, letztlich hilft? Es wird sicher
etwas helfen, aber es muss ja einen Staats-
anwalt überzeugen können, ob er entspre-
chende Ermittlungen anstellt, und es muss
auch einen Richter überzeugen können. Ich
kann da nur meine subjektive Meinung sa-
gen: So wie der Satz formuliert ist, ist er bes-
ser als nichts. Aber ob der wirklich hilft dann
vor Ort, weiß ich auch nicht.

Markus Grübel (CDU/CSU): Welcher
Staatssekretär war das?

Zeuge Oswald Böhm: Herr Beemel-
mans.

Markus Grübel (CDU/CSU): Beemel-
mans. - Und Sie meinen Richter, wenn also
die Drohne vom Himmel fällt?

Zeuge Oswald Böhm: Wenn die Drohne
vom Himmel fällt. Die Drohne ist ja nun mal
nach Manching geflogen, und wenn sie, an-
statt in Manching glücklich zu landen, auf die
Betriebskantine der Firma Audi gefallen
wäre, hätte es sicher ein Problem gegeben.
So.

Markus Grübel (CDU/CSU): Und jetzt
ging es Ihnen drum, praktisch Schuld von
den Mitarbeitern nicht der Zulassungsstelle, -

Zeuge Oswald Böhm: Schuld von den
Mitarbeitern.

Markus Grübel (CDU/CSU): - sondern
vom Amt zu nehmen.

Zeuge Oswald Böhm: Vom Amt. Es be-
trifft - - Wir hätten auch damit die Schuld von
den Mitarbeitern der Zulassungsstelle ge-
nommen, weil das ist der gleiche Problem-
kreis. Sie können das nicht nur für einen der
drei Beteiligten lösen, sondern Sie müssen
es, wenn Sie es lösen, für alle.

Alle brauchen fundierte Unterlagen - fun-
dierte Unterlagen! -, und das können Sie
nicht in zwei Wochen machen oder in drei
Wochen oder in drei Monaten. Diese Zulas-
sungen im zivilen Bereich dauern Jahre. Das
muss man ganz einfach wissen, dass es so
lange dauert. Und das kann man nicht da-
durch auffangen, indem man Mitarbeiter in
eine Verantwortung hineinbringt. Das war
unser Ansinnen. Mehr haben wir auch nicht
zu tun.

Ich habe nie irgendeine Verantwortung für
ein Vorhaben gehabt. Das hat eine Perso-
nalvertretung nicht. Immer nur für Menschen!
Dafür sind wir gewählt.

Markus Grübel (CDU/CSU): Jetzt haben
Sie gesagt, Ihr Schreiben an den Präsiden-
ten war von 2009. Beemelmans war Staats-
sekretär seit 2011. Also hat sich das Verfah-
ren doch recht lang hingezogen.

Zeuge Oswald Böhm: Ja, das hat mich
auch gewundert. Das hätte ich so anfangs
auch nicht gedacht. Ich war selbst über-
rascht, als ich sah, wie lang das dann alles
gedauert hat.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 507 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 111
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Ich kann diesen einen Satz - der ist kein
Geheimnis, der ist bekannt; der hat nichts
direkt mit Euro Hawk zu tun - gerne, wenn
Interesse besteht, vorlesen, der uns als Ant-
wort gegeben wurde:

Gerne bin ich bereit, Ihnen die
Überzeugung der Bundesregierung
zu bestätigen, dass ich das Perso-
nal der Bundeswehr und die für die
Entscheidung der Anerkennung
externer Prüfdienste zuständige
Stelle durch die Anwendung und
Beachtung der ZDv 19/1 des Prüf-
und Zulassungswesens … nicht der
Gefahr einer Haftung und/oder
strafrechtlichen Verantwortung aus-
setze. (?)

Ich weiß nicht, was der Richter zur Über-
zeugung der Bundesregierung sagen wird.

(Heiterkeit)

Markus Grübel (CDU/CSU): Gut.

Robert Hochbaum (CDU/CSU): Das war
jetzt aber allgemein gemeint, also nicht zu
einem bestimmten Projekt?

Zeuge Oswald Böhm: Nein, nein, das ist
allgemein.

Robert Hochbaum (CDU/CSU): Allge-
mein.

Zeuge Oswald Böhm: Allgemein.

Robert Hochbaum (CDU/CSU): Und
dann hätte ich gern noch mal - - Sie hatten
anfangs erwähnt, und das wollte ich noch
mal konkretisiert haben: Habe ich Sie da
richtig verstanden, dass diese Medien-
berichte, die da waren, dass Sie Schreiben
verfasst hätten, die so dargestellt wurden, als
ob Sie verhindern wollten, dass das Projekt
durchgepeitscht wird - - dass Sie das selbst
nicht so sehen, dass das damals so ge-
schrieben worden ist?

Zeuge Oswald Böhm: Das stimmt ab-
solut so nicht.

Robert Hochbaum (CDU/CSU): Gut,
danke.

Zeuge Oswald Böhm: Ganz im Gegen-
teil: Wir haben sogar geschrieben:

Wir haben Verständnis dafür, dass
aufgrund von Prioritätsentscheidun-
gen vorhandenes Personal mit
Schwerpunktaufgaben betraut wird,
insbesondere dann, wenn es sich
um die Deckung von dringendem
Einsatzbedarf handelt.

Da haben wir sehr wohl Verständnis, aber
dann muss auch sichergestellt sein, dass
diejenigen, die das tun, daraus keine persön-
lichen Nachteile erlangen, -

Robert Hochbaum (CDU/CSU): Ja,
okay.

Zeuge Oswald Böhm: - so wie ich auch
hier die Wahrheit sagen muss, damit ich
nicht auch Nachteile erlange. Und solange
ich das tue, passiert mir ja auch nichts. So.

Markus Grübel (CDU/CSU): Herzlichen
Dank, Herr Böhm. Wir haben keine weiteren
Fragen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Dann kommt die SPD-Fraktion. Der Kollege
Meßmer.

Ullrich Meßmer (SPD): Herr Böhm, auch
noch mal schönen Dank. - Ich würde gerne
noch mal erst mal nachfragen, damit das hier
nicht zur Verwirrrung führt: Sie waren bis
wann, wie lange noch genau Personalrats-
vorsitzender? Bis?

Zeuge Oswald Böhm: Ich habe gesagt:
im hier angesprochenen Rahmen. Ich bin
Personalratsvorsitzender bis Mai 2012 ge-
wesen.

Ullrich Meßmer (SPD): Bis Mai 2012. -
Und Sie sind gewählt worden in das Amt.
Und wer sind Ihre Wählerinnen und Wähler
gewesen? Das waren doch auch die Mit-
arbeiter der zuständigen Prüfstelle.

Zeuge Oswald Böhm: Das waren auch
die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den
Außenstellen bei den Firmen. Das war nicht
die Musterzulassung.

Ullrich Meßmer (SPD): Nicht die Muster-
zulassung.

Zeuge Oswald Böhm: Aber es waren die
Stellen - - Wir haben als BWB - ich nenne

Drucksache 17/14650 – 508 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 112
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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es - - War ja auch damals BWB in der frag-
lichen Zeit.

Ullrich Meßmer (SPD): Ja.

Zeuge Oswald Böhm: Darum war es
BWB. Bei allen großen Luftfahrzeugherstel-
lern sind Außenstellen, die die Qualität vor
Ort überwachen, und für den gesamten Be-
reich - Leute in Koblenz wie auch die Außen-
stellen -: Das war unser Wählerkreis, also
Gesamt-BWB mit seinen Außenstellen.

Ullrich Meßmer (SPD): Und für diesen
Teil, die Sie gewählt haben, haben Sie auch
dann diesen eben zitierten Brief geschrieben,
dass es dort keine - -

Zeuge Oswald Böhm: Dafür ist dieser
Brief geschrieben worden, für diesen Kreis.
Jawohl.

Ullrich Meßmer (SPD): Und nur mal die
Frage, weil ja im Ergebnis steht, wenn auch
zwei Jahre später, dass bestimmte Projekte
mit Priorität betrieben wurden: Hat es auf-
grund dieses Briefes dann irgendwelche
personellen Veränderungen gegeben? Sind
zum Beispiel Arbeitsgruppen aus anderen
Ämtern, aus anderen Zulassungsstellen ver-
stärkt worden, oder ist das nicht geschehen?

Zeuge Oswald Böhm: Das kann ich nicht
bestätigen.

Ullrich Meßmer (SPD): Das können - -

Zeuge Oswald Böhm: Das kann ich hier
nicht bestätigen, tut mir leid.

Ullrich Meßmer (SPD): Gut. - Dann
würde ich mal auf einen Teil, den ich so
lese - - Vielleicht ist das ja auch falsch, aber
Sie haben auch darüber gesprochen, dass,
wenn es Abordnungen gibt oder wenn, sa-
gen wir mal, in gebietsnahen Bereichen ge-
prüft wird - so würde ich das jetzt verste-
hen -, das auf der Basis der Freiwilligkeit
erfolgen muss.

Zeuge Oswald Böhm: Auf der Basis der
Freiwilligkeit, jawohl.

Ullrich Meßmer (SPD): Ist das dann er-
folgt, oder gab es Fälle, wo Sie den Eindruck

hatten, dass sich das dort anders verhalten
hat?

Zeuge Oswald Böhm: Das ist uns zuge-
sichert worden, dass es so ist. Und wenn ich
das richtig in Erinnerung habe - jetzt mit
einem Vorbehalt -: Nach meinem Kenntnis-
stand ist auch noch ein Vertreter dann der
ML mit nach USA hin. Also, es ist schon et-
was gewesen. Aber bitte, das ist jetzt so
lange her. Wenn es mir richtig erinnerlich ist,
ist daraufhin die Gruppe um einen Mitarbeiter
der ML, damit wenigstens einer dabei ist, der
weiß, wie Musterzulassung richtig geht - -

Ullrich Meßmer (SPD): Also, das war
vorher nicht der Fall?

Zeuge Oswald Böhm: Bitte, das ist
jetzt - -

Ullrich Meßmer (SPD): Ja, ich wollte nur
wissen, weil - -

Zeuge Oswald Böhm: Also das ist - -
Soweit es mir erinnerlich ist, ist dann diese
Gruppe um einen aufgestockt worden. Wenn
sie zwei schicken und einen, dann ist das ja
schon eine kräftige Verstärkung.

Ullrich Meßmer (SPD): Ja, gut. Dann
wäre ja einer da gewesen aus dem Bereich
ML schon, -

Zeuge Oswald Böhm: Ja, ja.

Ullrich Meßmer (SPD): - und er ist dann
verstärkt worden. Weil Sie leiten den Satz
ein:

Der Dienstherr nimmt dabei in Kauf,
dass die beauftragten Mitarbeiter
über keine oder kaum Erfahrung bei
der Musterzulassung von Fluggerät
verfügen.

Und Sie kommen dann anschließend auf
die Freiwilligkeit. Deshalb habe ich da nach-
gefragt. Das steht so drin in dem Brief.

Zeuge Oswald Böhm: Ja, ja, es ist rich-
tig.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Uli, wir müssten die MAT-Nummer wissen.

Ullrich Meßmer (SPD): Er hat doch - -
Aus demselben Brief hat er es uns - -

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 509 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 113
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Nein, es geht um die MAT-Nummer.

Ullrich Meßmer (SPD): Ach so. - Material
17-51, 288, 17-40, Ordner 1, Seiten 64 bis
71*.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut, ja, nur fürs Protokoll. Danke.

Ullrich Meßmer (SPD): Ja, alles klar. Wir
zitieren aus demselben Schreiben.

Zeuge Oswald Böhm: Ja, ja.

Ullrich Meßmer (SPD): Also, es muss ja
die Sorge in diesem Zusammenhang gege-
ben haben.

Zeuge Oswald Böhm: Ja.

Ullrich Meßmer (SPD): Stellt sich die
nächste Frage in dem Zusammenhang, weil
Sie dort ja sehr stark auf Qualifikation und
die Fähigkeiten abstellen.

Zeuge Oswald Böhm: Ja.

Ullrich Meßmer (SPD): War es denn
so - - Ich frage mal so: Waren denn genü-
gend Menschen, war genügend Personal in
Ihrer Dienststelle beschäftigt, die über die
Voraussetzungen verfügen, an diesen Prüf-
vorgängen teilzunehmen, oder gab es da
auch schon einen Mangel?

Zeuge Oswald Böhm: Es gab einen
Mangel und gibt ihn heute noch im Bereich
dieser Prüfer. Der ist nach wie vor vorhan-
den, weil die Aufgabe sehr anspruchsvoll ist
und die Rahmenbedingungen halt eben: Wir
haben wenig Ingenieure. Das ist heute etwas
besser geworden, und es ist auch Druck
gemacht worden - auch sowohl vom Hause
BWB als auch von Bonn -, dass vorrangig die
Neueingestellten dorthin kommen.

Nur muss man dann ganz einfach eines
sehen: Wenn Sie an eine Luftfahrtstelle, ob
jetzt Hubschrauber oder wo es ist, drei neu
Auszubildende - - So eine Ausbildung zu
einem Prüfer dauert zwei bis vier Jahre.
Wenn Sie drei, vier neue Leute denen ge-
ben, dann hat der vorhandene Prüfer, der

* Die Fundstelle dieses Zitats lautet: MAT 17-51
zu BB-17-40, Ordner 1, Blatt 64.

dort prüft - ich sage das mal ganz überzogen,
jetzt überspitzt -, drei Lehrlinge mehr. Das
hilft ihm nicht zwingend. Man muss es ma-
chen, damit man das Problem längerfristig
löst.

Das Problem geht zurück auf den ganz
erheblichen Stellenabbau Mitte der 90er-
Jahre, der dazu geführt hat, dass in diesem
Bereich Experten weggebrochen sind.

Und es war auch - - Es hängt ja immer
davon ab - - Sie müssen Planungen betrei-
ben. Und es wird ja auch - - Zum Teil erfolgte
eine Unterstützung. Das ist auch passiert. Es
erfolgte auch eine Unterstützung durch mili-
tärische Prüfer, die Sie auch nicht sofort ein-
setzen können, aber die sind schneller ein-
setzbar, weil die Erfahrung haben. Das sind
alles Dinge, die die Dienstseite dann betrie-
ben hat: mehr militärische Prüfer zum Bei-
spiel nach Manching, nach Donauwörth und
in alle Bereiche. Das ist schon geschehen.

Ich will nicht sagen, dass wir gar nichts
erreicht haben, und deshalb sage ich ja: Un-
ter dem Strich glaube ich schon, dass wir
etwas erreicht haben, und wir haben vor al-
len Dingen sensibilisiert, dass dieser Bereich
nicht so einfach Unterlagen von Firmen
übernehmen kann.

Ullrich Meßmer (SPD): Dann frage ich
noch mal etwas präziser nach.

Zeuge Oswald Böhm: Ja.

Ullrich Meßmer (SPD): Also per se, aus
meinem Vorleben, bin ich der Auffassung,
dass Personalräte und Interessenvertretun-
gen gute Aufgaben wahrnehmen. Aber die
Frage des Fachkräftemangels und des Per-
sonals: War das in dem Bereich „unbe-
mannte Flugkörper“ besonders stark? Gab
es das überhaupt? War das überhaupt auf-
gebaut aus Ihrer Sicht?

Zeuge Oswald Böhm: Mir ist nicht be-
kannt, dass die beim ML danach unterschie-
den haben. Da muss ich ganz einfach pas-
sen. Das ist - - Unbemannte Flugkörper hat
es ja auch vorher kaum gegeben.

Ullrich Meßmer (SPD): Ja, eben.

Zeuge Oswald Böhm: Das muss man
ganz einfach sagen. Aber unbemannte un-
terscheiden sich ja bekannterweise von den

Drucksache 17/14650 – 510 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 114
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

bemannten nur dadurch, dass der Pilot halt
eben woanders sitzt jetzt hier.

(Heiterkeit)

Es ist natürlich ganz kritisch - - Ja, wenn Sie
nicht drinsitzen, können Sie nichts machen.
Wir wissen, wo das Problem liegt, aber - -

Ullrich Meßmer (SPD): Aber genau da
drin ist ja möglicherweise auch die Frage
einer vorläufigen Luftzulassung und Ähn-
liches zu sehen. Und um es für mich oder für
uns leichter nachvollziehbar zu machen,
wäre es natürlich gut, einen Anhaltspunkt zu
haben, zu wissen, ob es denn eine qualifi-
zierte Gruppe, Qualifizierung, gegeben hat
auf unbemannte Flugkörper. Und jetzt sage
ich mal: Es könnte ja auch sein, dass gerade
in diesem Bereich besonders stark dann
Personal fehlte, weil sich vielleicht niemand
an das Thema herantrauen wollte.

Zeuge Oswald Böhm: Muss ich jetzt
passen, muss ich jetzt ganz ehrlich sagen.
Wir hatten bei allen Luftfahrtprüfern perso-
nelle Probleme, personelle Engpässe. Und
nochmals: Ein Prüfer, der Bemannte prüft,
kann mit einer Zusatzausbildung auch die
Unbemannten machen. Er muss sich ein-
arbeiten. Es ist besser, jemanden zu neh-
men, den Sie aus dem Bereich der Be-
mannten nehmen, und dann müssen Sie halt
eben sehen, dass Sie ihm das Wissen ver-
passen. Wenn Sie irgendwann den heim-
geschickt haben, der es vielleicht hatte - - Da
bin ich aber in Teilbereichen etwas überfragt.
Da werden diejenigen, die für diese Dienst-
stelle dann die Verantwortung tragen, Ihnen
mit genaueren Zahlen aufwarten können. Es
war nicht unser originärer Zuständigkeits-
bereich, deshalb haben wir nur mitgekoppelt,
ob das so ist.

Ullrich Meßmer (SPD): Ich nehme einen
dritten Bereich. Sie haben ja darüber gespro-
chen - auch in Ihrem Kreis, im Personalrats-
gremium oder auch mit den Kollegen -, dass
es ja wohl Zulassungsvoraussetzungen oder
Probleme gibt im Zusammenhang mit dem
Euro Hawk oder mit unbemannten Flugkör-
pern; ich würde es mal so bezeichnen. Hat
denn dabei auch die Möglichkeit der Reali-
sierung des Projektes eine Rolle gespielt
oder nur der Zeitdruck, der für Sie entstan-
den ist?

Zeuge Oswald Böhm: Ich bitte um Ver-
ständnis. Wenn ich zur Leitung gehe - ich
habe eine Aufgabe Personalvertretung - und
sage: „Sie haben da ein Problem mit dem
Projekt, da kann ich Ihnen helfen; so funktio-
niert es nicht“, da würde mich auch jeder
Staatssekretär rauswerfen. Wenn wir damit
kommen, dann sagt der: Meine Leute sagen,
es ist in Ordnung. Kümmern Sie sich um Ihre
Sachen, ich kümmere mich um meine. - Das
ist ganz einfach so.

Die Verantwortung, die wir haben, die
muss ich reduzieren auf die Verantwortung
für die Mitarbeiter, damit die nicht in beson-
dere Situationen hineinkommen, auch wenn
ich das als Ingenieur gerne würde; aber das
hilft mir nichts.

Ullrich Meßmer (SPD): Gut, aber es
macht schon mal deutlich, dass Sie als Inge-
nieur eine Meinung dazu gehabt hätten.

Dann würde ich gerne noch wissen: Bis
zu dem Zeitpunkt, wo Sie Ihre Funktion be-
endet haben: War da Ihr Eindruck, dass mit
dem Personalumfang, wie er zu diesem Zeit-
punkt bestand, die Ausführung und fachliche
Begleitung des Euro-Hawk-Projektes hätte
sachgerecht erfüllt werden können, oder gab
es dort immer noch Lücken? Ich rede nur bis
zu dem Zeitpunkt, wo Sie Ihre Tätigkeit dort
beendet haben als Personalrat.

Zeuge Oswald Böhm: Für eine derartige
Bewertung fehlen mir die Grundlagen, muss
ich Ihnen ganz ehrlich sagen. Das kann ich
vor diesem Ausschuss - - Da müsste ich eine
Basis haben. Und das muss man dann wirk-
lich evaluieren. Das geht nicht anders. Also,
dann würde ich mich jeder Basis entheben.
Sorry, das - -

Ullrich Meßmer (SPD): Na ja, bis 2012
war es ja schon relativ weit. Sie haben ja
auch schon Teile zitiert vom Bundesrech-
nungshof, die sich zwar mit Zulassung be-
fasst haben, aber es gab ja in diesem Zeit-
punkt offensichtlich auch schon kritische
Äußerungen. Und wenn Sie jetzt das Gefühl
gehabt hätten, dass da zu wenige Menschen
da sind, die zu wenig können oder wissen,
war ja bislang nur das Einzige dieser Hinweis
des Briefes. Und Sie haben geschrieben, es
hat zwei Jahre gedauert, bis es eine Re-
aktion gab.

Mache ich in dem Zusammenhang eine
andere Frage: Wie haben Sie denn das
Schreiben vom Staatssekretär Beemelmans

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 511 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 115
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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bewertet mit dieser vermeintlichen Haftungs-
freistellung in Ihrem Gremium?

Zeuge Oswald Böhm: Das Gremium war
etwas gemischt. Der überwiegende Teil sah,
dass das nach wie vor ein strafrechtliches
Problem ist. Wir haben deshalb ja auch fest-
gelegt, dass wir das weiter betreiben, indem
wir vor dem Verwaltungsgericht den Minister
zwingen. Das ist aber, wie Sie das aus dem
Bundestag kennen, dadurch zum Erliegen
gekommen, weil 2012 die Wahl zu Ende war
und alle Beschlüsse, auch vor das Verwal-
tungsgericht zu ziehen und das Gutachten
rechtlich durchzusetzen - -

Die Chancen waren sehr gut; ich glaube
schon. Auf See und vor Gericht weiß man
nicht. Aber die Chancen waren sehr gut. Nur,
es war Ablauf der Wahlperiode, und ich muss
hier auch etwas ganz deutlich sagen: In die-
ser Zeit war die große Neustrukturierung der
Bundeswehr auf dem Tisch der Personalver-
tretungen. Und sosehr wie mir auch persön-
lich die Luftsicherheit am Herzen liegt - das
muss man ganz klar sehen -, in solch großen
Gremien auch in Bonn liegen die Schwer-
punkte schon mal bei den Themen, die die
Leute etwas stärker dann interessieren.

Es war so beschlossen, dass wir das tun,
aber es ist halt eben in der Umsetzung dann
nicht mehr erfolgt. Da kann ich auch keinen
für packen. Es ist nicht erfolgt. Ein neues
Gremium muss das dann neu beschließen.
Damit ist mit dem Schreiben Staatssekretär
der Vorgang für das Plenum 2012 beendet
gewesen.

Ullrich Meßmer (SPD): Was wollten Sie
vor dem Verwaltungsgericht erreichen?

Zeuge Oswald Böhm: Vor dem Verwal-
tungsgericht erreichen, dass ein Rechtsgut-
achten erstellt wird. Es gab dort auch eine
Leistungsbeschreibung, die erstellt wurde,
wie das auszusehen hat. Eine Leistungs-
beschreibung für ein Rechtsgutachten, das
kennt das Haus. Und das Haus hat halt eben
entschieden, dass die unterschiedlichen
Rechtsauffassungen dadurch erledigt sind.
Das ist auch richtig so. Wenn es unter-
schiedliche Rechtsauffassungen im Bereich
des Ministeriums gibt, ist die letztentschei-
dende Stelle die R. So ist das nun mal. Man
kann nicht unterschiedliche Rechtsauffas-
sungen haben.

Und das wäre ja auch der Grund gewe-
sen, warum wir der Ansicht waren, wir kön-

nen sehr wohl den Verwaltungsrichter davon
überzeugen, dass es ein Rechtsgutachten
gibt. Wir hatten da ja auch an einen renom-
mierten Luftfahrtrechtler gedacht. Ich selbst
kenne ihn nicht. Der muss bundesweit be-
kannt sein. Ein Professor Giemulla sollte das
tun. Und wie gesagt, zwischen der Beauftra-
gung und dem lag der Verwaltungsrichter.
Und es ist - der Wahl geschuldet - nicht mehr
dazu gekommen.

Ullrich Meßmer (SPD): Können Sie kurz
sagen, worin die unterschiedliche Rechts-
auffassung bestand?

Zeuge Oswald Böhm: Die unterschied-
liche Rechtsauffassung bestand darin, dass
man - - Ich versuche, es wirklich ganz grob
für mich hinzukriegen. Die unterschiedliche
Rechtsauffassung bestand zum einen darin,
dass der Dienstherr nicht seinem Mitarbeiter
Aufgaben übertragen kann, ohne ihm die
Möglichkeit zu geben, das auch selbst zu
prüfen. Das ist der Oberbegriff: „Anerken-
nung von Prüfergebnissen anderer Prüf-
dienste“. Wenn Sie etwas aus dem Ausland
übernehmen, wenn Sie jetzt die Euro Hawks
vom Hersteller kriegen, dann müssen Sie in
irgendeiner Form Herstellerunterlagen oder
Herstellertestate übernehmen. Verantwor-
tung hat im luftfahrtrechtlichen Sinn der Prü-
fer, der unterschreibt. Das war das, was
deutlich rauskommt.

Und das wollten wir geklärt wissen, zumal
es auch noch grundsätzliche Dinge gab.
Aber da habe ich mich nicht so sehr vertieft,
weil es dann wirklich ein Rechtsstreit war, ob
das Luftverkehrsrecht überhaupt in der Form
mit der bestehenden ZDv in Einklang zu
bringen ist. Da gibt es Punkte, die kann eine
Personalvertretung nicht nachvollziehen, und
deshalb - - Der Gesetzgeber hat ja gewisse
Kriterien eingezogen, was eine Personalver-
tretung kann. Nicht jede Personalvertretung
kann ein Rechtsgutachten haben. Dann ha-
ben wir zwar die Rechtsgutachten gut in der
Republik verteilt, aber das geht nicht. Sie
müssen erst die internen Rechtsbewertungen
nutzen, und wenn dann noch Klärungsbedarf
ist - und der bestand für uns -, dann müssen
Sie sehen, dass Sie es weiter machen. Und
ich bin auch überzeugt, dass das irgendwann
weiterläuft. Nur, es ist mit dem, was der
Staatssekretär gesagt hat, beendet, und
Ende der Wahlperiode.

Drucksache 17/14650 – 512 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 116
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt hat die FDP das Wort. - Sie hat keine
weiteren Fragen. Dann die Linke. - Herr
Kollege Koch.

Harald Koch (DIE LINKE): Können wir
die Zeit mit nutzen?

(Heiterkeit)

- Wir haben alle Zeit. - Herr Böhm, schön,
dass Sie heute hier sind. Ich frage mal:
Wann haben Sie in welcher Form die Ladung
zur heutigen Zeugenvernehmung erhalten?

Zeuge Oswald Böhm: Ich bin - - Ich
kann nicht sagen „ich“, weil meine Frau war
zu Hause, als uns ein Anruf erreicht hat aus
dem Bereich PRL BWB, die mich informiert
hatten, dass ich mit einer Ladung zu rechnen
hätte. Und einen Tag später kam noch der
nächste Anruf. Da war ich auch nicht zu
Hause. Pensionäre sind ja immer im Stress.

(Heiterkeit)

Da kam dann die Einladung mit dem Hin-
weis, ob ich dann könnte. Es war sehr gut,
dass ich das einen Tag vorher schon hatte.
Und ich habe das - - Fragen Sie mich nicht,
das ist ein paar Wochen her.

Harald Koch (DIE LINKE): Ein paar Wo-
chen her.

Zeuge Oswald Böhm: Ein paar Wochen
ist es schon her. Und die einzige Quelle, die
ich hatte - ich habe es ja ausgeführt -, ist,
dass ich zu dem Kollegen, der jetzt in - -
Lasst mich mal an die alten - - Ich wusste ja
noch, wo es war. Aber das war ein Ent-
gegenkommen halt eben.

Harald Koch (DIE LINKE): Also, Sie sind
dann zum Personalrat hin und haben dann
gefragt: Inwieweit könnt ihr mir helfen, Un-
terlagen zur Verfügung zu stellen? Beim
Bundesministerium für Verteidigung waren
Sie nicht oder haben auch nicht angerufen
und dort mal nachgefragt?

Zeuge Oswald Böhm: Ich habe weder
beim BWB nachgefragt noch beim BMVg,
weil so gescheit wird man im Laufe der Zeit
schon. Also, Abstimmungen gibt es nicht.
Ganz so unbedarft sind wir dann doch nicht.

Harald Koch (DIE LINKE): Okay. - Wir
haben ja nun den Brief gelesen. Und was
manchmal aus den Medien daraus gemacht
wird, das wissen wir als Politiker auch. Dass
man manchmal auch wiedergegeben wird,
wenn man meint: Das habe ich nicht gesagt
oder so nicht geschrieben.

Aber einige Passagen hat ja schon mein
Kollege vorgelesen, um die es uns ja letzt-
endlich geht. Von welchen Mitarbeitern aus
welchen Bereichen - oder hat der Personalrat
selbst von sich aus die Aktivität ergriffen? -
sind die Hinweise gekommen auf diese
Probleme hinsichtlich der Personalausstat-
tung?

Ich sage es auch noch mal ganz deutlich:
Als Personalrat fühlt man sich ja auch ver-
antwortlich für die Mitarbeiterinnen und Mit-
arbeiter in der Hinsicht, dass sie auch in der
Lage sind, ihre Aufgaben wahrzunehmen, bis
hin zur Rechtsverantwortung für Vorgänge,
die sie ausgelöst haben. Aber gab es direkt
Mitarbeiter, die an den Personalrat heran-
getreten sind und dieses Problem offenkun-
dig gemacht haben?

Zeuge Oswald Böhm: Ja.

Harald Koch (DIE LINKE): Waren das
mehrere, oder war das nur einer?

Zeuge Oswald Böhm: Das waren meh-
rere.

Harald Koch (DIE LINKE): Mehrere.

Zeuge Oswald Böhm: Sie dürfen mich
nur nicht fragen, wer. Das darf ich Ihnen
nicht sagen. Das ist die Verschwiegenheits-
pflicht der Personalvertretung.

Harald Koch (DIE LINKE): Okay. Das
akzeptieren wir.

Zeuge Oswald Böhm: Sonst bräuchten
wir keinen Personalrat. Dann können die
auch alle selbst beim Präsidenten vorbei-
gehen.

Harald Koch (DIE LINKE): Aber Sie kön-
nen sagen, aus welchem Bereich das jetzt
gekommen ist?

Zeuge Oswald Böhm: Es war auch keine
Einzelmeinung. Es war auch etwas, was sich
aufgestaut hatte und durch diese Sache

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 513 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 117
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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dann auch noch mal verstärkt wurde. Es ist
umfangreich und ausführlich beraten worden.
Sonst hätte es der Präsident auch nicht an-
genommen. Dem war das schon bekannt.
Und es ist halt eben bedauerlicherweise in
diesem Ausschuss, den das BWB gebildet
hatte, dann nicht das Endergebnis geschaf-
fen worden, weil auch der verantwortliche
Vizepräsident des BWB, der damals Vize-
präsident war, krankheitsbedingt in den Ru-
hestand ging.

Harald Koch (DIE LINKE): So, dann ha-
ben Sie diesen Brief geschrieben. Und so-
weit ich das jetzt vernommen habe von
Ihnen: Kaum eine Woche später war der
Präsident - - War er im Personalrat, oder in
welcher Veranstaltung war das?

Zeuge Oswald Böhm: Er war im Mo-
natsgespräch beim kompletten Plenum,
13.09. Und es geht hier durch wie ein Faden.
Er ist regelmäßig gekommen, er hat uns re-
gelmäßig informiert, der Kreis wurde immer
größer, weil man sah, dass die Probleme
immer größer werden. Inwieweit das Ganze
dazu beigetragen hat, dass die Sache jetzt
etwas sensibler in allen Bereichen betrieben
wurde, vermag ich nicht zu sagen. Aber es
ist nicht auszuschließen. So ist es halt eben,
und das ist eigentlich unsere Aufgabe. So
steht es auch in dem § 1 drin, den wir auch
leben wollten - gemeinsam mit dem Dienst-
stellenleiter - im Interesse der Dienststelle
und aller Beschäftigten.

Harald Koch (DIE LINKE): Nun hatten
Sie ja schon ausgeführt, wie dann weiter die
Reaktion ging. Waren Sie denn mit den Re-
aktionen vonseiten des Präsidenten und
seiner Stellvertreter, Verantwortlichen zufrie-
den?

Zeuge Oswald Böhm: Ich war mit dem,
was ich gesehen habe - auch was nach Bonn
an Berichten gegangen ist -, zufrieden; aber
letztendlich hat das BWB sich mit seinen
Ansichten in Bonn nicht durchsetzen können.

Harald Koch (DIE LINKE): Für uns ist ja
ausschlaggebend, inwieweit dann wirklich
auch Mitarbeiter bei der Abarbeitung des
Musterprüfverfahrens eingesetzt waren, die
die notwendigen Voraussetzungen fachlich
erfüllten. Sie haben ja auch schon in Ihrem
Eingangsstatement gesagt, dass jemand, der

etwas genehmigt, was nicht in Ordnung ist,
und auch bestimmte Voraussetzungen nicht
erfüllt als Mitarbeiter, um das zu machen, ein
Risiko eingeht. Deswegen haben Sie sich ja
auch in diesem Fall so eingesetzt, um letzt-
endlich das Risiko für die Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter zu minimieren. Sind Sie denn
heute der Auffassung, dass dann wirklich
auch Mitarbeiter eingestellt wurden oder
verstärkt wurden durch Mitarbeiter, die dazu
in der Lage waren?

Zeuge Oswald Böhm: Es sind Mitarbei-
ter eingestellt worden, die auf der Zeitachse
ausgebildet wurden und werden. Das muss
man ganz einfach sehen: Sie kriegen keinen
Prüfer, den Sie von draußen einstellen kön-
nen, weil diese Qualifikation gibt es nicht,
und wenn es sie gibt, gibt es sie nicht für das
Geld, das wir zur Verfügung stellen. Dann
bleiben die bei der Firma EADS, die gehen
zu Eurocopter oder sonst wohin, weil auf
deren Qualitätsschiene sind die da. Nur, die
haben andere Kriterien - was man auch ak-
zeptieren muss -: Die Firma muss ausliefern.
Das kann auch manchmal an die Existenz
einer Firma gehen; insofern muss man auch
da Verständnis haben.

Harald Koch (DIE LINKE): War das das
erste Musterprüfverfahren, wo diese Pro-
bleme auftraten, und hat es auch etwas da-
mit zu tun, dass letztendlich so reagiert
wurde vonseiten der Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter und auch vom Personalrat, dass
es hier um das Projekt Euro Hawk ging?

Zeuge Oswald Böhm: Es ist am Euro
Hawk aufgetreten, und deshalb kam es dort
hoch; aber es war ein grundsätzliches Pro-
blem. Aber am Euro Hawk - - das ist ja auch
was; da versteht auch jeder, was gemeint ist.

(MR Andreas Conradi (BMVg)
meldet sich zu Wort)

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Conradi.

MR Andreas Conradi (BMVg): Entschul-
digung, Frau Vorsitzende, bevor wir weiter-
machen, wollte ich gerne in Bezug auf die
erste Frage von Herrn Koch noch mal klar-
stellen, dass Herr Böhm gestern im BMVg
gewesen ist, wo wir ihm seine Aussage-
genehmigung überreicht haben. Ich meine,

Drucksache 17/14650 – 514 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 118
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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er hätte gesagt, dass er nicht im BMVg war -
nur damit das nicht falsch stehen bleibt.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ach so, gut. - Jetzt hat Bündnis 90/Die Grü-
nen das Wort. Herr Kollege Nouripour.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Herr Böhm, Sie haben vorhin
beschrieben - wenn ich es richtig verstanden
habe -, dass es zu wenig Prüfer gab und
dass es auch weiterhin eigentlich grundsätz-
lich zu wenig Prüfer gibt, also auch beim
Euro Hawk. Richtig?

Zeuge Oswald Böhm: Nach meinem
Kenntnisstand: ja. Ich weiß jetzt nicht, inwie-
weit eine Schwerpunktbildung erfolgt ist beim
Euro Hawk. Ich kann die Projektabläufe, die
jetzt die letzten Monate gelaufen sind, nicht
mehr nachvollziehen. Ich war auch nach
2012 nicht mehr in der Funktion BWB.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aber in dem, was Sie noch mit-
bekommen haben: Sie haben ja beschrieben,
dass es noch voll in der Zeit war, als die
Neuausrichtung begann. Ist dadurch die Si-
tuation besser oder schlechter geworden?

Zeuge Oswald Böhm: Nicht verändert -
meine subjektive Bewertung.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Danke. Keine weiteren Fragen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Brauchen wir eine zweite Runde? -
CDU/CSU? - SPD? - FDP? - Linke? - Herr
Koch.

Harald Koch (DIE LINKE): Herr Böhm,
können Sie bestätigen - - Oder ich frage mal
anders jetzt: Haben Sie davon Kenntnis,
dass auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von
vorgesetzter Stelle Druck ausgeübt wurde,
um dieses Mustergenehmigungsverfahren
durchzuführen, zu beschleunigen?

Zeuge Oswald Böhm: Den Gefallen hat
mir keiner getan, das habe ich nicht mitge-
kriegt. Wenn die das getan hätten, dann
hätten wir reagiert. Ob der ausgeübt wurde
oder nicht, kann ich Ihnen deshalb nicht sa-
gen. Sie wissen, dass jeder Vorgesetzte
auch der Beurteiler ist für die Regelbeurtei-

lung. Da ist immer bisschen automatischer
Druck dabei. Aber mir ist nicht bekannt - -
Das wäre sicher von uns aufgegriffen wor-
den.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Kollegin Höger.

Inge Höger (DIE LINKE): Noch mal eine
Frage: Gab es nur speziell das Problem Euro
Hawk, oder gab es auch andere Prüfverfah-
ren, wo Sie dann aufgrund der Personal-
situation entweder Musterprüfungen nicht
durchführen konnten oder sie von nicht hin-
reichend erfahrenen Mitarbeitern ausgeführt
werden sollten oder auch wurden?

Zeuge Oswald Böhm: Es hat in allen Be-
reichen Nachwuchsprobleme gegeben, so-
wohl im Hubschrauberbereich als auch im
Starrflüglerbereich. Es hat überall Probleme
gegeben, und es oblag dann halt eben der
Leitung, entsprechende Schwerpunktsetzun-
gen durchzuführen, und das war ja auch der
Punkt, warum wir das Schreiben gemacht
hatten: Die hatten ja eine Schwerpunktset-
zung durchgeführt und haben die aus einem
Bereich der Qualitätssicherung abgezogen.
Das heißt, dann hat man in dem Bereich
gewisse Verzögerungen in Kauf genommen.
Aber das ist etwas, was wir akzeptieren
müssen. Das ist so: Wer Chef ist, hat das
Sagen und kann die Schwerpunkte bilden.

Inge Höger (DIE LINKE): Und wie lange
dauert die Ausbildung? Sie sagten ja: Neues
Personal ist durchaus eingestellt worden,
und es dauert eine Weile bis die für diese
speziellen - -

Zeuge Oswald Böhm: Zwei, drei, vier
Jahre dauert das, je nach Schwierigkeits-
grad. Die müssen Prüfungen machen, die
müssen an gewissen Lehrgängen teilneh-
men, die dann auch in gewissen zeitlichen
Abständen stattfinden. Zwei bis vier Jahre ist
der Zeitraum, bis er ausgebildet ist. Was
auch eine Schwerpunktbildung - - war ja:
indem militärische Prüfer, soweit verfügbar,
in die Verstärkung aufgenommen wurden.

Inge Höger (DIE LINKE): Sie haben die-
ses Brandschreiben oder diesen Hinweis
2009 geschrieben. Wenn Sie jetzt sagen:
„Zwei bis vier Jahre dauert die Ausbildung“,
würde das ja heißen: Die neu eingestellten

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 515 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 119
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Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind jetzt
gerade qualifiziert, um solche Prüfverfahren
durchzuführen.

Zeuge Oswald Böhm: So kann man das
sehen - je nach Einstellung, je nachdem,
wann sie eingestellt wurden.

MR Andreas Conradi (BMVg): Frau Vor-
sitzende, ich meine, der Qualifikationsstand
von neu eingestellten Mitarbeitern in der
Musterprüfung ist nicht Gegenstand des
Untersuchungsauftrages.

Inge Höger (DIE LINKE): Nein; aber es
ging ja darum, dass zu wenig Personal da
war, um die erforderlichen Prüfungen durch-
zuführen, und dass zum Teil nicht quali-
fiziertes Personal dafür eingesetzt werden
sollte, weshalb ja der Personalrat einge-
schritten ist, wenn ich das richtig mitbekom-
men habe.

Haben Sie sich auch mit den Vorausset-
zungen auseinandergesetzt, die notwendig
waren, um eine Musterzulassung oder eine
Verkehrszulassung für den Euro Hawk zu
erhalten?

Zeuge Oswald Böhm: Nein. Das ist nicht
unser Punkt gewesen.

Inge Höger (DIE LINKE): Also, das Zu-
lassungsverfahren selber war nicht Gegen-
stand, mit dem Sie sich auseinandergesetzt
haben?

Zeuge Oswald Böhm: Nein. Das ist
keine Aufgabe des Personalrats.

Inge Höger (DIE LINKE): Dann danke ich
Ihnen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Dann haben wir keine weiteren Wortmeldun-
gen mehr.

Herr Böhm, ich darf Sie noch mal darauf
hinweisen, dass Ihnen nach Fertigstellung
des Protokolls dieses für mögliche Korrektu-
ren vom Sekretariat übersandt wird. Zuletzt
erinnere ich Sie daran, dass nach § 26
Abs. 2 PUAG der Untersuchungsausschuss
durch Beschluss feststellt, dass die Verneh-
mung des Zeugen abgeschlossen ist. Die
Entscheidung darf erst ergehen, wenn nach
Zustellung des Vernehmungsprotokolls zwei

Wochen verstrichen sind oder auf die Ein-
haltung dieser Frist verzichtet worden ist.

Herr Böhm, ich bedanke mich sehr herz-
lich bei Ihnen für Ihr Kommen und wünsche
Ihnen alles Gute und einen guten Heimweg.

Zeuge Oswald Böhm: Vielen Dank, Frau
Vorsitzende.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich würde jetzt empfehlen, dass wir bis viertel
sechs unterbrechen - nur bis Viertel nach
fünf - und dann weitermachen. Okay, Einver-
ständnis? - Das ist der Fall.

(Unterbrechung von
17.08 bis 17.15 Uhr)

Drucksache 17/14650 – 516 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 120
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich bitte die Presse, jetzt den Raum zu ver-
lassen.

Sehr geehrter Herr Stein, bitte nehmen
Sie Platz. Ich begrüße Sie sehr herzlich im
Namen des Untersuchungsausschusses.

Ich setze die unterbrochene Sitzung fort.
Wir kommen zur Vernehmung des Zeugen
Harald Stein.

Vernehmung des Zeugen
Harald Stein

Herr Stein, ich weise Sie darauf hin, dass
die Sitzung aufgezeichnet wird. Dies dient
ausschließlich dem Zweck, die stenogra-
fische Aufzeichnung der Sitzung zu erleich-
tern. Die Aufnahme wird später gelöscht. Das
Protokoll dieser Vernehmung wird Ihnen
nach Fertigstellung zugestellt. Sie haben
anschließend die Möglichkeit, Korrekturen
und Ergänzungen vorzunehmen.

Herr Stein, Sie sind mit Schreiben vom
28. Juni geladen worden. Das Beweisthema
ist Ihnen mit dem Untersuchungsauftrag und
dem Beweisbeschluss zugegangen. Der
Beweisbeschluss ist Ihnen und den Mitglie-
dern bekannt. Auf eine Verlesung kann da-
her verzichtet werden.

Die erforderliche Aussagegenehmigung
liegt den Ausschussmitgliedern als Tisch-
vorlage vor.

Herr Stein, nach den Vorschriften der
Strafprozessordnung, die im Untersuchungs-
verfahren sinngemäß Anwendung finden,
und den Vorschriften des Gesetzes zur Re-
gelung des Rechts der Untersuchungsaus-
schüsse des Deutschen Bundestages - im
Folgenden verwende ich die Abkürzung
PUAG - muss ich Sie zunächst belehren. Sie
sind als Zeuge verpflichtet, die Wahrheit zu
sagen. Ihre Aussagen müssen richtig und
vollständig sein. Sie dürfen nichts weglassen,
was zur Sache gehört, und nichts hinzu-
fügen, was der Wahrheit widerspricht.

Ich habe Sie außerdem auf die möglichen
strafrechtlichen Folgen eines Verstoßes ge-
gen die Wahrheitspflicht hinzuweisen. Da-
nach kann derjenige, der vor dem Untersu-
chungsausschuss uneidlich falsch aussagt,
gemäß § 153 des Strafgesetzbuches mit
Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf
Jahren bestraft werden. Nach § 22 PUAG
können Sie die Auskunft auf solche Fragen
verweigern, deren Beantwortung Sie selbst
oder Personen, die im Sinne des § 52 Abs. 1

Strafprozessordnung Ihre Angehörigen sind,
in die Gefahr bringen würde, einer Untersu-
chung nach gesetzlich geordneten Verfahren
ausgesetzt zu werden.

Sollten Teile Ihrer Aussage aus Gründen
des Schutzes von Dienst-, Privat- und Ge-
schäftsgeheimnissen nur in einer nach der
Geheimschutzordnung des Bundestages
eingestuften Sitzung möglich sein, bitte ich
Sie um einen Hinweis, damit eine entspre-
chende Einstufung erfolgen kann. Ich möchte
in diesem Zusammenhang daran erinnern,
dass im Falle einer Einstufung der Verneh-
mung mit einem Geheimhaltungsgrad VS-
Vertraulich oder höher ein Wechsel des
Sitzungssaals erforderlich wird. Daher
möchte ich Sie bitten, etwaige Verneh-
mungsteile, die einer entsprechenden Ein-
stufung bedürfen, gesammelt am Ende der
Vernehmung zur Sprache zu bringen.

Nachdem ich Ihnen den Gegenstand der
Vernehmung erläutert, Sie zur Wahrheit er-
mahnt und belehrt habe, komme ich nun zur
Vernehmung zur Person. Herr Stein, bitte
nennen Sie uns Ihren Namen, Ihren Fami-
lienstand und Ihren Wohnort.

Zeuge Harald Stein: Mein Name ist
Harald Stein. Ich bin verheiratet und wohne
in Remagen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich komme nun zur Vernehmung zur Sache.
Herr Stein, zunächst gebe ich Ihnen die Ge-
legenheit, dem Ausschuss das im Zusam-
menhang darzulegen, was Ihnen von dem
Gegenstand der Vernehmung bekannt ist.

Zeuge Harald Stein: Herzlichen Dank,
Frau Vorsitzende. - Sehr geehrte Damen und
Herren Abgeordnete! Vor meiner Verneh-
mung als Zeuge zur Sache danke ich für die
Möglichkeit, einige Ausführungen zum Ent-
wicklungsvorhaben Euro Hawk voranstellen
zu können.

Für die signalerfassende, luftgestützte,
weiträumige Überwachung und Aufklärung
wurden bis 2010 vier Luftfahrzeuge Breguet
Atlantic SIGINT genutzt. Am 18. August 2002
wurde mit der SFF LWÜA - luftgestützte,
weiträumige Überwachung und Aufklärung -
eine einsatzwichtige und einsatzdringliche
Fähigkeitslücke identifiziert. Die Schließung
dieser Fähigkeitslücke wurde im Jahr 2004
durch das Phasendokument „Abschließende
funktionale Forderungen“ für das System
Signalerfassende, luftgestützte, weiträumige

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 517 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 121
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Überwachung und Aufklärung, abgekürzt
SLWÜA, gebilligt von Staatssekretär Dr.
Eickenboom am 27. August 2004, eingeleitet.

Im Rahmen der gewichteten Lösungs-
wege in der AF wurde dem unbemannten
Luftfahrzeug Euro Hawk der Vorzug gege-
ben. Mit Erlass vom 16. September 2004
erhielt das BWB in Umsetzung der gebilligten
AF den Auftrag, die Angebotsaufforderungen
für die Projektierungsphase HALE UAV Euro
Hawk herauszugeben, um eine erste Ein-
satzbefähigung des SIGINT-Nachfolgesys-
tems bis Ende 2008 zu erreichen. Der Erlass
enthielt die Vorgabe, die Shareholder der in
Gründung befindlichen EuroHawk GmbH,
Firma EADS und Northrop Grumman, zum
Angebot aufzufordern. Basierend auf den
Erkenntnissen der Analysephase sei kein
anderes Unternehmen im Zusammenwirken
mit dem US-Plattformhersteller Northrop
Grumman in der Lage, die Forderungen ge-
mäß der AF an ein HALE-UAV-System für
die signalerfassende, luftgestützte Überwa-
chung und Aufklärung ohne erhebliche tech-
nische, finanzielle und zeitliche Risiken zu
erfüllen.

Mit Erlass BMVg vom 17. Dezember 2004
wurde die Projektverantwortung an das BWB
übergeben. Alle Projekte waren gemäß dem
Verfahren des CPM 2001 zu bearbeiten.
Entsprechend wurde auch das Projekt Euro
Hawk mit einer Projektierungsphase einge-
leitet. Aufgrund der Angebotsaufforderung
des BWB im September 2004 reichte EADS
als Vorläufer der EuroHawk GmbH ein ers-
tes, unzureichendes und später die Euro-
Hawk GmbH am 21. Dezember 2005 ein
zweites Angebot ein.

Nach Vertragsverhandlungen und parla-
mentarischer Kenntnisnahme unterzeichne-
ten am 31. Januar 2007 das BWB und die
EuroHawk GmbH den Vertrag über die Ent-
wicklung eines Systems zur luftgestützten,
weitreichenden Überwachung und Aufklä-
rung. Die Auftragsvergabe erfolgte freihändig
auf der Grundlage der damals geltenden
VOL/A, da für die Leistung nur ein Unter-
nehmen in Betracht kam. Alle vergaberecht-
lichen Aktivitäten, einschließlich der Auswahl
des Auftragnehmers, erfolgten in Umsetzung
der Erlasse des BMVg.

Mit dem Projekt sollten mit Blick auf die
Trägerplattform eine Schlüsseltechnologie
des 21. Jahrhunderts, die qualitativ so bisher
nicht bei der deutschen Industrie verfügbar
war, entwickelt, nachgewiesen und bei Er-
füllung dieser Voraussetzungen in die Bun-

deswehr eingeführt, die Vorgabe des CPM
2001, das Risiko durch Demonstratoren zu
reduzieren, umgesetzt und rüstungswirt-
schaftliche Randbedingungen, zum Beispiel
im Bereich von Exportbeschränkungen ein-
zelner Systemkomponenten, berücksichtigt
werden.

Mit dem Entwicklungsvertrag Euro Hawk
ist die Entwicklung eines sogenannten Full
Scale Demonstrators als Entwicklungsziel
beauftragt worden, der die Qualität eines
Prototyps hat. Die Entwicklungsleistungen
hierfür sollten Nachweis sowohl für den mög-
lichen späteren Kauf von vier weiteren US-
Global-Hawk-Plattformen als auch die Ein-
rüstung der Missionssysteme sein.

Sehr geehrte Frau Vorsitzende, sehr ge-
ehrte Damen und Herren Abgeordnete, wie
ich eben ausführte, handelt es sich bei dem
Euro-Hawk-Vertrag um einen Entwicklungs-
vertrag im Rahmen einer Projektierungs-
phase nach dem CPM 2001, einen Vertrag,
mit dem sich die Auftragnehmer der Bun-
deswehr zu einer Dienstleistung verpflichten,
nicht aber dazu, ein konkret beschriebenes
Werk auch tatsächlich zu erbringen, wie bei
einem Werkvertrag. Einem solchen Entwick-
lungsvertrag ist immanent, dass beide Par-
teien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses
nicht mit hinreichender Sicherheit von einem
Erreichen des spezifizierten Entwicklungs-
ziels ausgehen können. Dies hat seinen
Grund darin, dass der Aufwand und das Ri-
siko für das Erreichen des Entwicklungsziels
in zeitlicher und technischer Hinsicht nicht
kalkulierbar sind.

In den Musterverträgen der Bundeswehr,
abgestimmt mit dem BDI, wird dieser
Rechtslage dadurch Rechnung getragen,
dass Entwicklungsverträge eine Klausel ent-
halten, nach der der Auftragnehmer seinen
Verpflichtungen zur Durchführung von Ent-
wicklungsarbeiten nachkommt, wenn er sich
nach besten Kräften bemüht, unter Ausnut-
zung des neuesten Standards von Wissen-
schaft und Technik und unter Verwertung der
eigenen Kenntnisse und Erfahrungen das
bestmögliche Ergebnis zu erzielen.

Im Euro-Hawk-Entwicklungsvertrag ist,
wie üblich für Entwicklungsverträge, für ver-
schiedene Bereiche lediglich das Bemühen
geschuldet. Inwieweit die Nachweise für den
Erfolg der hoheitlichen Musterzulassungen
dieser Bemühensklausel unterliegen oder
nicht, wird gerade durch ein renommiertes
Anwaltsbüro rechtlich geprüft. Daher möchte
ich zu diesen juristisch schwierigen Bewer-

Drucksache 17/14650 – 518 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 122
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tungsfragen als Zeuge keine Einschätzungen
abgeben.

(Zuruf des Abg. Omid Nouripour
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Allerdings sollte das folgende Umfeld
nicht außer Acht gelassen werden: Der
Musterzulassungsprozess für das System
SLWÜA nach ZDv 19/1 wies beim Euro
Hawk die Besonderheit auf, dass die dem
US-amerikanischen Zulassungsprozess zu-
grundeliegenden Vorschriften und Verfah-
rensweisen durch weitere Nachweise und
Dokumente entsprechend der ZDv 19/1 zu
ergänzen waren. Sich hieraus ergebende
ergänzend durchzuführende Maßnahmen
können Risiken in finanzieller und zeitlicher
Hinsicht nach sich ziehen.

Erwähnen möchte ich auch einen weite-
ren Aspekt, der bei der Betrachtung aller
Aufgaben im Amt oft unberücksichtigt bleibt:
Aufgrund der Neustrukturen in den vergan-
genen zehn Jahren - zum Beispiel die Ziel-
struktur 2006, die Zielstruktur 2010 - wurde
der Dienstpostenumfang des ehemaligen
BWB und seiner Dienststellen seit 2003 bis
zur Auflösung des BWB Ende September
2012 um circa ein Drittel reduziert. Die mit
Abstand wichtigste Ressource Personal
wurde folglich aufgrund dieser Neustrukturen
ebenfalls um circa ein Drittel reduziert. 2003,
im Dezember, hatten wir 11 300 Mitarbeiter,
und Ende September 2012 waren es 8 859
Beschäftigte. Dabei bestand die Erwartungs-
haltung, die gleiche Leistung bei unver-
ändertem Aufgabenspektrum wie bisher zu
erfüllen. Zusätzliche Dienstposten konnten
nur bei gleichzeitiger amtsinterner Kompen-
sation unter Beachtung der Zielobergrenzen
eingerichtet werden. Von Juni 2007 bis Sep-
tember 2009 waren solche Organisations-
maßnahmen zudem im BMVg zu beantra-
gen, da dem BWB in dieser Zeit die Organi-
sationskompetenz entzogen war.

Hinzu kamen folgende Faktoren: Der all-
gemeine Ingenieurmangel der letzten Jahre,
die wenig lukrativen Einstellungsvorausset-
zungen für Ingenieure im öffentlichen Dienst,
Standortprobleme im süddeutschen Raum
sowie der Einstellungsstopp für die Lauf-
bahnausbildung im mittleren technischen
Dienst führten zu entsprechenden Vakanzen
in den technischen Laufbahnen. In den Jah-
ren 2007 bis 2013 konnte der Bedarf des
BWB und des IT-Amtes an Laufbahnnach-
wuchs in den relevanten Laufbahnen/Fach-
gebieten Luft- und Raumfahrtwesen und

Informationstechnik und Elektronik mangels
ausreichend qualifizierter Bewerber nicht
gedeckt werden. Zum einen konnten die für
Neueinstellungen zugebilligten Quoten nicht
erfüllt werden. Zum anderen forderten auch
andere Organisationsbereiche wie zum Bei-
spiel das IT-Amt Laufbahnbeamte an.

Im Jahr 2008 wurde die Quote beispiels-
weise nur zu 25 Prozent erreicht; das heißt
42 von 200 möglichen Einstellungen im hö-
heren technischen Dienst und 63 von 250 im
gehobenen Verwaltungsdienst. Hieraus re-
sultieren immer wieder personelle und orga-
nisatorische Engpässe. Ausgleichsmaßnah-
men waren nahezu täglich erforderlich.
Durch solche Ausgleichsmaßnahmen konnte
in dem für das Projekt Euro Hawk verant-
wortlichen Referat die Dienstpostenanzahl
erhöht und Personalressource zur Verfügung
gestellt werden.

Bei der WTD 61 konnte in dem für unbe-
mannte Fluggeräte zuständigen Geschäfts-
feld die Dienstpostenanzahl für Fachtechnik
und Musterprüfaufgaben von 2003 bis zur
Neustruktur Ende 2012 um fünf Dienstposten
von sechs auf elf erhöht werden. Nach der
Trennung von Fachtechnik und Musterprü-
fungen im Januar 2013 sind neun Dienst-
posten für Musterprüfaufgaben unbemannter
Fluggeräte eingerichtet. Sieben Dienstposten
sind mit Musterprüfern besetzt. Ein Beschäf-
tigter befindet sich in Ausbildung.

Von Anfang 2010 bis Anfang 2012 wurde
dem BMVg zunächst monatlich, später
quartalsweise zum Besetzungsstand der
Dienstposten für Musterprüfaufgaben bei der
WTD 61 sowie den für Luftfahrzeuge zustän-
digen Güteprüfstellen berichtet.

Sehr geehrte Frau Vorsitzende, sehr ge-
ehrte Damen und Herren Abgeordnete, das
Projekt Euro Hawk startete mit einer guten
Ausgangsposition. Mit zunehmendem Pro-
jektfortschritt traten, wie es bei komplexen
Projekten nicht eben unüblich ist, technische
Störgrößen auf, die beherrschbar waren.
Nicht zuletzt steht in Manching das Entwick-
lungsergebnis ISIS, das bisher die erwarte-
ten Testergebnisse erreicht hat.

Bei der Trägerplattform liegt kein Problem
technischer Art vor. Die Probleme liegen hier
in den Zulassungsfragen. Nur mit einem im-
mens hohen Aufwand und einem nicht ab-
schätzbaren finanziellen Risiko wären diese
lösbar.

Zahl- und umfangreiche Entwicklungsvor-
haben wurden und werden im BWB und im
BAAINBw mit positivem Erfolg durchgeführt.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 519 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 123
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Erkenntnis aus einem Entwicklungsvorhaben
kann auch sein, dass die zu entwickelnde
Technik funktioniert, jedoch nur zu einem
nicht vertretbaren wirtschaftlichen Aufwand
realisiert werden kann und daher gegebe-
nenfalls Alternativen zu suchen sind. Speziell
im Luftfahrzeugbereich erreicht man solche
Erkenntnisse nur, wenn ein mit allen risiko-
behafteten Fähigkeiten ausgestatteter De-
monstrator gebaut wird. Diese Ergebnisse
sind nicht mit Simulationen oder Modellen zu
erreichen.

Sehr geehrte Frau Vorsitzende, sehr ge-
ehrte Damen und Herren, ich danke für Ihre
Aufmerksamkeit und stehe nun für Ihre Fra-
gen in meiner Funktion als Zeuge zur Verfü-
gung.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön, Herr Stein. - Sie wissen, wir
haben ein beschlossenes Zeitbudget, das
der CDU/CSU 23 Minuten, der SPD 14, der
FDP 9 und der Linken und dem Bünd-
nis 90/Die Grünen 7 Minuten zuteilt. - Ich
gebe das Wort dem Kollegen Grübel von der
CDU/CSU-Fraktion.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ja, Herr
Stein, Sie haben gesagt, das Projekt Euro
Hawk würde nach dem Beschaffungsverfah-
ren CPM 2001 abgewickelt. Mittlerweile ha-
ben wir ein Beschaffungsverfahren, das no-
velliert ist. Stellt das aus Ihrer Sicht eine Ver-
besserung dar?

Zeuge Harald Stein: Herr Abgeordneter
Grübel, ich bin überzeugt, dass das novel-
lierte CPM eine Verbesserung darstellt.

Zum einen ist die Möglichkeit gegeben, in
der Analysephase 2 eine wesentlich saube-
rere und bessere Vorbereitung für eine Pro-
jektierungsphase zu schaffen.

Der zweite Punkt ist: Wir sind nach dem
CPM (novelliert) auch gefordert, nicht nur
Aussagen zur Projektierung zu machen und
der möglichen Beschaffung, sondern auch zu
den Life Cycle Costs.

Der dritte Punkt ist, dass wir auch gefor-
dert sind, unterschiedliche Lösungsvarianten
und Alternativen vorzuschlagen, sodass
dann die Möglichkeit besteht, eine Variante
auszuwählen, die entsprechend risikoärmer
ist und vielleicht dadurch auch zeitgerechter
zu realisieren ist.

Es gibt auch noch weitere Punkte, die
jetzt im Hinblick auf die Projektverfolgung
wichtig sind. Es ist vorgegeben, dass wir für

die größeren Projekte im Hause BAAINBw
Project Reviews machen, die dann durch ein
Team aus entsprechend zusammengestell-
ten Mitarbeitern diese Vorhaben dann prüfen
und vor der Leitung vorgestellt werden, um
Probleme frühzeitig zu erkennen und dann
auch angehen zu können.

Markus Grübel (CDU/CSU): Das CPM-
Beschaffungsverfahren aus dem Jahre 2001
ist ja aus der Amtszeit von Minister Schar-
ping. Aus der Zeit kommen ja auch so Pro-
jekte wie A400M oder Drehflügler - nennen
wir den Tiger -, die uns intensiv beschäftigen,
auch Euro Hawk.

(Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Tiger ist nicht von
Scharping!)

- Bitte?

(Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Tiger kommt nicht von
Scharping! Der ist 50 Jahre älter!)

- Das ist ein anderer Tiger. - Die Probleme,
die wir mit den Vorhaben haben, wären die
nach dem 2011 novellierten CPM im Zuge
der Bundeswehrreform kleiner geworden?
Also, hätten wir diese neuen CPMs schon
2001 gehabt, wäre dann der Beschaffungs-
und Entwicklungsverlauf besser gewesen?

Zeuge Harald Stein: Ich kann diese Vor-
haben sehr schlecht vergleichen mit dem
nationalen Vorhaben Euro Hawk. Denn es
sind internationale Vorhaben, und die Aus-
gangsbasis sowohl bei A400M über den
Commercial Approach als auch eben die
gemeinsame ursprüngliche Entwicklung des
Tigers - - hatten eine ganz andere Aus-
gangsbasis als heute. Wie die internationalen
Vorhaben sich jetzt bewähren werden, das
werden wir mit dem neuen CPM dann erfah-
ren.

Markus Grübel (CDU/CSU): Sie haben ja
unterschieden zwischen der Plattform und
dem Aufklärungssystem ISIS und angemerkt:
ISIS hat eine gute Entwicklung. - Habe ich
das richtig verstanden?

Zeuge Harald Stein: Das ist die derzei-
tige Bewertung des Systems. Wir haben vier
Erprobungsflüge hier in Deutschland schon
durchgeführt, und schon der erste Flug, den
wir gemacht haben mit dem System, hat
schon entsprechend positive Ergebnisse

Drucksache 17/14650 – 520 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 124
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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erbracht, dass die Signalkette von der Erfas-
sung bis hin zu den Auswertemöglichkeiten
nachgewiesen worden ist.

Markus Grübel (CDU/CSU): War also die
Erprobung sinnvoll, und im Ergebnis zeichnet
es sich jetzt auch ab, dass sie erfolgreich ist
bezogen auf das deutsche Aufklärungssys-
tem?

Zeuge Harald Stein: Das Ergebnis wird
man erst am Ende beurteilen können. Es
stehen noch zwei Flüge an. Aber im Moment
stehen die Zeichen gut, dass auch dort das
entsprechende Entwicklungsergebnis nach-
gewiesen werden kann.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wenn man
die Entwicklung, die Erprobung vorzeitig
gestoppt hätte - von mir aus vor einem hal-
ben Jahr -, dann hätten wir einige Millionen
möglicherwiese einsparen können. Aber
sehe ich es richtig, dass dann das deutsche
Aufklärungssystem ISIS nicht hätte zu Ende
erprobt werden können und dort dann ein
Schaden in Richtung Gesamtkosten
250 Millionen Euro entstanden wäre?

Zeuge Harald Stein:Wenn wir ein halbes
Jahr früher das Erprobungsszenar verlassen
hätten, dann hätten wir nur die Ergebnisse
der Laborversuche gehabt. Und jeder weiß,
dass gerade die Atmosphäre bei Signal-
erfassungen da doch eine ganz große Aus-
wirkung hat, und dieses hätte man höchstens
über Simulationen und Berechnungen versu-
chen können in den Griff zu bekommen. Und
von daher ist es ganz wichtig nach meiner
Bewertung, dass wir diese Flugversuche jetzt
noch durchführen können und durchgeführt
haben, um ein wesentlich besseres Beurtei-
lungspotenzial für die Leistungsfähigkeit des
ISIS dann zu bekommen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Für das Ge-
samtsystem Euro Hawk haben Sie gesagt,
das Problem sei das Zulassungsverfahren.
Können Sie das noch mal ausführen?

Zeuge Harald Stein: Das Zulassungs-
verfahren, was für unsere Systeme vorgege-
ben ist, ist in unserer ZDv 19/1 dezidiert dar-
gelegt. Wir gingen ursprünglich, als das
System 2007 beauftragt wurde, davon aus,
dass wir wie schon in der Vergangenheit bei
amerikanischen Systemen - und ich verweise

da auf die Phantom - auf Zulassungsergeb-
nisse der amerikanischen Seite vertrauen
konnten. Denn dort war es der Fall, dass wir
mit einem entsprechenden Type Certificate
dann unsere Zulassung wesentlich einfacher
hinbekommen haben.

2007 war nach wie vor in den USA die
Absicht, dass der Global Hawk dort auch
eingeführt wird, und damit ging man davon
aus, dass wir ein ähnliches Zulassungsver-
fahren wie mit der Phantom dann auch für
den Euro Hawk hätten durchführen können.

Markus Grübel (CDU/CSU): Sie haben
auf ein hohes Kostenrisiko hingewiesen,
wenn man die Musterzulassung für die Serie
machen würde. Aus Ihrem Haus sind ja wohl
Kosten in Höhe von bis zu 600 Millionen
Euro dargestellt worden, ohne dass wir,
wenn wir das Geld ausgeben, die Garantie
haben, dass die Zulassung auch wirklich
erreicht ist. Habe ich das richtig verstanden?

Zeuge Harald Stein: Das ist die Bewer-
tung unseres Hauses. Wir haben unsere
Bewertung auch noch mal durch eine Studie
der IABG überprüfen lassen, und die IABG
kommt zumindest in die gleiche Größenord-
nung, wie unser Haus diese Kosten ge-
schätzt hat.

Es ist auch vielleicht nachvollziehbar,
wenn man sich die Gesamtaufgabe betrach-
tet. Wir müssen die Verkehrssicherheit und
die Lufttüchtigkeit des Luftfahrzeuges bestä-
tigen, und dazu ist die Kenntnis nicht nur des
Gesamtsystems, sondern auch der Subsys-
teme bis hin zu den Komponenten notwen-
dig, und die Nachweise sind in unterschied-
lichen Formen durch Testate, durch Labor-
untersuchungen und auch Flugnachweise zu
erbringen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Aus den
Medien zumindest weiß ich, dass die ameri-
kanische Firma, die die Trägerplattform stellt
und im Joint Venture mit dieser EuroHawk
GmbH verbunden ist, von Kosten zwischen
150, 160 und 200 Millionen Euro ausgeht.
Das ist ja deutlich weniger als das, was Sie
annehmen. Können Sie den Widerspruch
aufklären?

Zeuge Harald Stein: Es wurde eine ent-
sprechende Untersuchung, nachdem diese
Zahlen auch in unser Haus geliefert worden
sind, durch die zuständige Abteilung Luft
gemacht, und es wurde das Ergebnis erzielt,

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 521 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 125
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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dass wohl einige Dinge, die die amerika-
nische Seite angenommen hat, nicht mit un-
seren Vorgaben der ZDv 19/1 in Überein-
stimmung sind und sie daher einen geringe-
ren, einen niedrigeren Maßstab angelegt hat
und zu entsprechend geringeren Kosten
kommt.

Markus Grübel (CDU/CSU): Aber im Er-
gebnis: Ihre Zahl ist besser und kommt der
Realität näher oder erreicht die gar?

Zeuge Harald Stein: Das ist die Aus-
sage, ja.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wenn Sie
Kosten bis 600 oder rund 600 Millionen
Euro - nach oben eventuell sogar noch
offen - vergleichen mit dem Kaufpreis, er-
scheint es Ihnen dann sinnvoll, diese
600 Millionen Euro - - und mit dem geschil-
derten Risiko, dass es hinterher trotzdem
nicht zur Zulassung zum allgemeinen Luft-
verkehr reicht - - Wie sehen Sie das Verhält-
nis? Ist das eine vernünftige Relation, oder
müsste man sagen, wenn sich das in dem
Maß verdoppelt, verteuert, entwickelt, dass
man dann vorsichtig sein muss bzw. das
Kauf- und Beschaffungsprojekt Euro Hawk
abbrechen muss?

Zeuge Harald Stein: Die Bewertung, die
Sie jetzt von mir erwarten, die kann ich nur
persönlich für mich als Harald Stein machen.
Und diese Bewertung müsste oder muss der
Bedarfsträger machen. Und das ist ja auch
der Gedanke des neuen CPM, dass der Be-
darfsträger entscheiden kann, welche Lö-
sungsalternative für ihn denn infrage kommt:
ob es eine teure Alternative mit einer umfas-
senden Fähigkeit oder auch eine etwas ge-
ringere Alternative zu günstigen Konditionen
ist.

Markus Grübel (CDU/CSU): Aber so
meine Einleitung, dass das ein verhältnismä-
ßig schwieriges Verhältnis von ursprünglich
gedachtem Kaufpreis und diesen 600 Millio-
nen Euro, die ja - - Ich weiß nicht, ist die Zahl
eigentlich, der Kaufpreis - - kann man die
nennen? Oder ist das - -

(Zuruf)

- Also okay, ich sage einmal einfach so „Ver-
doppelung“, ohne eine Zahl zu nennen. Ist
das normal? Kommt so was öfter vor? Oder

ist das dann doch ein Grund, so ein Vor-
haben zu stoppen?

Zeuge Harald Stein: Das ist nicht nor-
mal.

Markus Grübel (CDU/CSU): Dann noch
eine Frage, bevor mein Kollege Robert
Hochbaum weitermacht, zu den Alternativen.
Es wurde ja auch Ende Februar 2013, haben
wir gehört, eine Studie erarbeitet und Ende
Februar 2013 dann vorgelegt, ob es Alter-
nativen gibt. Und wenn ich Ihren Mitarbeiter,
Herrn Knöpfel, richtig verstanden habe, war
praktisch Rahmenbedingung für die Studie,
dass die Alternativen - mal unabhängig, ob
bemannt oder unbemannt - in die Größen-
ordnung des Kaufpreises von Euro Hawk
kommen sollen, um Alternativen zu sein. Hat
er das so richtig dargestellt? Also ist die
Frage zwischen einem System, dessen
Kosten sich dramatisch entwickeln, und einer
Alternative, die möglicherweise deutlich da-
runterliegt - - Ist das die Alternative, die aus
Ihrem Haus aufgezeigt wurde?

Zeuge Harald Stein: Es gab Studien, die
auch durch externe Unternehmen gemacht
worden sind, und die haben einen groben
Anhalt gegeben. Und es kann dieser Aus-
sage aus diesen Studien so weit entnommen
werden. Natürlich liegt es jetzt daran, dass
diese, ja, Modelle, die dort zugrunde gelegt
wurden, entsprechend verfeinert werden und
wir dort dann eine, ja, fundiertere Aussage
bekommen. Aber die Größenordnung kann
ich bestätigen.

Robert Hochbaum (CDU/CSU): Ich will
noch mal auf Ihre anfänglichen Aussagen
zurückkommen. Sie haben ja immer sehr
allgemein gesprochen. Mich würde mal inte-
ressieren, welche Zuständigkeiten Sie ganz
persönlich als erst Vize und dann Präsident
bei der Vertragsgestaltung zum Beispiel vom
Projekt hatten. Sie haben es ja unterschrie-
ben, die beiden letzten Verträge. Waren Sie
da in die Entwicklung dieser Verträge einge-
bunden? Meine Frage geht auch dahin: Wie
ist denn jetzt Ihre Erfahrung in dem ganzen
doch sehr langen Zeitraum? Wie waren denn
da Ihre Gedanken zu den Erfolgsaussichten,
zu den Erfolgswahrscheinlichkeiten des Pro-
jekts am Anfang, später und natürlich jetzt
dann dem Ende zu, Ihre ganz persönlichen?

Drucksache 17/14650 – 522 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 126
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Zeuge Harald Stein: Herr Abgeordneter
Hochbaum, Sie haben schon angesprochen:
Ich habe damals, 2007, am 31. Januar um
22.15 Uhr, den Entwicklungsvertrag unter-
schrieben. Mir ist das Datum in Erinnerung
geblieben, weil am gleichen Tage die parla-
mentarischen Behandlungen hier in den bei-
den Ausschüssen abgelaufen waren und wir
die Bindefrist nur bis zum 31. Januar hatten.
Und daher hat man in Koblenz darauf ge-
wartet, dass die Gremien des Bundestages
entschieden.

Die Vertragsvorbereitung - und das gilt für
alle Verträge, die über 25 Millionen im Hause
geschlossen werden - obliegt der zuständi-
gen Vertragsabteilung des Projektes. Das
heißt, die Abteilung Luft hat dort die Ver-
tragsverhandlungen, die wirtschaftliche Be-
wertung, die Leistungsbeschreibung logi-
scherweise für die Ausschreibung erarbeitet
und den Vertrag verhandelt und im Hause
durch die verschiedensten Stellen, die dort
beteiligt sind, im Rahmen der Mitzeich-
nung - - durchgeführt.

Der Vizepräsident als derjenige, der den
Vertrag dann letztendlich auch unterzeich-
net - so ist die Vorgabe -, bekommt einen
Vertragsentwurf vorgelegt, wo er die ge-
samten Mitzeichnungen des Hauses raus
entnehmen kann und gegebenenfalls auch
Mitzeichnungsbemerkungen sich anschauen
kann. Ich habe zu meiner Zeit als Vizepräsi-
dent mir auch immer noch einen Vortrag
geben lassen von der Abteilung, wie der
Vertrag zustande gekommen ist, wie die Be-
wertung aus Sicht der Abteilung zum Vertrag
ist, bevor wir den Vertrag dann erst einmal so
weit akzeptiert haben, dass er dann den Weg
ins Ministerium gehen konnte als Entwurf.

Als Präsident - und jetzt schaue ich die
letzten vier Jahre an - habe ich über Ver-
tragsprobleme dann Kenntnis erhalten, wenn
irgendwo ein Problem aufgetaucht ist und es
im Rahmen der Abteilungsleiterrunde oder im
Rahmen von Gesprächen im BMVg hochge-
kommen ist. Natürlich: Die Industrie hat auch
ihre Wünsche, und bei Industriegesprächen
wird so etwas dann sicherlich auch immer
angesprochen. Aber die Verantwortung für
die Vertragszeichnung obliegt dem Vizeprä-
sidenten. So ist unsere Aufgabenverteilung.

Robert Hochbaum (CDU/CSU): Kurze
Nachfrage noch: Sie hatten das Thema „Mit-
zeichnungsbemerkungen“ gerade angespro-
chen. Gab es denn da kritische Mitzeich-
nungsbemerkungen zum Vertrag oder ir-

gendwas, was Ihnen jetzt noch im Gedächt-
nis ist?

Zeuge Harald Stein: Wir hatten bei dem
Vertrag 2007 eine Mitzeichnungsbemerkung
eines Mitarbeiters aus dem Bereich des Jus-
tiziariats. Und dieser hatte darauf hingewie-
sen, dass die Nutzungsrechte am System
nicht dem üblichen Standardvertrag entspre-
chen würden. Nach Abklärung der Situation
und unter Berücksichtigung, dass eben der
Euro Hawk als Entwicklung aus amerika-
nischer Seite gekauft werden sollte und wir
keine Entwicklungsmittel aufgewandt haben,
um diese Entwicklung durchzuführen, hat
sich dieser Mitarbeiter in der Mitzeichnungs-
erklärung dann zur Mitzeichnung des Vertra-
ges entschlossen, sodass kein Problem er-
kennbar war.

Robert Hochbaum (CDU/CSU): Noch
mal eine Frage zum, ich sage mal, Blackbox-
Problem bei dem System. Ich meine, es ist
langläufig bekannt und auch schon sehr
lange - bestimmt schon zehn Jahre und län-
ger -, dass wir oftmals bei einem amerika-
nischen System dieses Blackbox-Problem
haben. War damals sicher auch Thema. Hat
man da eventuell die Kooperationsbereit-
schaft in diesem Falle der Amerikaner über-
schätzt schon von Anfang an? Hätte man da
etwas vorsichtiger sein müssen? Und wurde
man dann überrascht im Laufe des Prozes-
ses, dass die Kooperationsbereitschaft doch
nicht in dieser Form da war, wie man es be-
nötigt hätte?

Zeuge Harald Stein: Im Nachhinein ist
man immer eher in der Lage, etwas einzu-
schätzen, als zu dem Zeitpunkt, wo eine Ent-
scheidung getroffen werden muss. Ein ech-
tes Blackbox-Problem - so, wie wir das in
vielen elektronischen Bereichen kennen -
haben wir ja dadurch ausgeschlossen, dass
wir das ISIS hier in Deutschland haben ent-
wickeln lassen. Dass wir damals noch nicht
wussten, dass wir keinen Einblick in die
Software, in die Flugsteuersoftware erhalten
würden oder so was, das kann man sagen:
Ja gut, hätte man vielleicht wissen können.
Aber ansonsten: Dieses originäre Thema,
was wir so unter Kapselung von irgendwel-
chen Prozessoren und Einheiten als Black-
box-Problem kennen, das war in dem Zeit-
punkt für uns nicht relevant.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 523 – Drucksache 17/14650

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Robert Hochbaum (CDU/CSU): Da darf
ich auch gleich mal nachfragen. Dieser „kein
Einblick in die Flugsteuerungssoftware“ etc.
etc.: Wann wurde das klar, ganz deutlich
klar, dass man da wirklich starke Probleme
hat? Und was hat man dann gemacht, um
diese Probleme in den Griff zu bekommen?

Zeuge Harald Stein: Die Gesamtproble-
matik im Bereich der Musterzulassung trat
erst kurz vor und nach dem Überführungsflug
aus den USA nach Deutschland auf; denn
wir mussten ja eine Vorläufige Verkehrs-
zulassung für den Prototypen hier für unsere
Erprobungsflüge in Manching entsprechend
erstellen. Und dazu waren viele, viele Unter-
lagen angefordert worden und auch Einsicht
in solche Softwarespezifikationen. Und dann
wurde klar, dass die Musterzulassung eben
doch erheblich aufwendiger würde, als ur-
sprünglich angenommen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt gebe ich der SPD-Fraktion das Wort.
Herr Kollege Bartels.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Herr
Stein, Sie sind Präsident der größten Bun-
desbehörde, die wir haben. Sie haben Tau-
sende von Mitarbeitern. Sie haben selbst
eine umfassende Erfahrung als büroleitender
Beamter der Rüstungsabteilung, als Vizeprä-
sident des BWB. Als Präsident des BWB sind
Sie einer der erfahrensten Rüstungs-
beamten, die wir hier einladen können. Sie
haben den Vertrag unterschrieben. Wir ha-
ben gehört in den bisherigen Zeugenbefra-
gungen: Es ist ein Superflugzeug. Sie haben
eben schon bestätigt: Es wird ein Supermis-
sionssystem. Es ist spät, ganz am Ende,
entschieden worden: Das Zulassungspro-
blem ist eines, das dazu führen wird, dass
wir dieses Flugzeug gar nicht kaufen wollen.
Die Serie werden wir nicht auslösen. Den
Demonstrator können wir nicht gebrauchen.
Sagen Sie uns: Wo liegt der Fehler?

Zeuge Harald Stein: Wir haben auch in
der Vergangenheit schon Entwicklungen
durchgeführt, die letztendlich nicht zur Be-
schaffung geführt haben. Und ich möchte
daran erinnern, dass wir ein Sonar-System
LFTAS, also ein Long-Ray-Erfassungssys-
tem, entwickelt haben und es nie beschafft
haben, weil die Kosten zu hoch waren. Wir
fahren jetzt dieses LFTAS auf unserer „Pla-
net“ und erzielen damit hohe und gute Er-

gebnisse. Ich erinnere an ein System na-
mens BÜR, Bodenüberwachungsradar, ein
fertig entwickeltes System für das Heer: zwei
abgenommene Prototypen. Es wurde nicht
beschafft.

Es sind also immer zwei Faktoren, die
mitspielen und zu einer solchen Entschei-
dung führen. Und es ist immer die Frage:
Wie viel Geld bin ich bereit für diese Fähig-
keit zu investieren? Wir würden sicherlich
eine Zulassung nach ZDv 19/1 für den Euro
Hawk erreichen können. Nur ist die Frage:
Zu welchen Kosten? Und sind wir bereit,
diese Kosten dafür einzusetzen?

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Und wo
liegt der Fehler? Wir sind ja nicht gestartet
damit, dass das System nicht zugelassen
werden soll und dass wir es nicht haben
wollen.

Zeuge Harald Stein: Der Fehler ist si-
cherlich nicht an einem Punkt festzumachen.
Die amerikanische Entwicklung des Global
Hawk hat sich ja auch durch unterschiedliche
Anforderungen an den Global Hawk aus den
Einsätzen verändert. Die amerikanische
Seite hat ihre ursprüngliche Block-10-Va-
riante dann in Block 20, 30 und 40 weiter-
entwickelt. Wir haben ein Euro-Hawk-Sys-
tem, was auf der Basis Block 20 basiert, und
konnten damit nicht Schritt halten mit den
Entwicklungen, die die Amerikaner dann
weiter verfolgt haben.

Wir haben auch ein System, was schon
unterschiedlichen Konfigurationsständen da-
mit ausgesetzt ist; denn im Hinblick auf die
Versorgbarkeit und die Zulassung ist es
wichtig, dass man einen festgeschriebenen
Konstruktionsstand für eine Serie dann fest-
legt.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wann
wurde das erkennbar?

Zeuge Harald Stein: Es wurde erkennbar
beginnend ab Anfang 2010, und ich mache
dieses fest an einer Besprechung, die in
Manching stattgefunden hat mit der Firma.
Dort ist dann entschieden worden, dass man
eben aufgrund der unterschiedlichen Konfi-
gurationsstände die Musterzulassung für die
Serie von dem Full Scale Demonstrator ab-
koppelt und die Musterzulassung dann erst
bei der Serie durchführt, um dann den ak-
tuellen Konfigurationsstand der Green Air-

Drucksache 17/14650 – 524 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 128
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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crafts von Northrop Grumman zugrunde le-
gen zu können.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): War da
schon erkennbar, dass es dann auch teurer
wird?

Zeuge Harald Stein: Es war erkennbar,
dass es zumindest länger dauern würde, und
jede Vertragsverlängerung kostet mehr. Man
kann ja auch an der Vertragsentwicklung
feststellen, in den Änderungsverträgen, dass
dann schon in dem dritten, im sechsten und
neunten Änderungsvertrag entsprechende
höhere Aufwendungen und Zeitverschiebun-
gen für Musterzulassungsaspekte enthalten
sind.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Was hat
das für Sie bedeutet? Es ist Ihnen gemeldet
worden; Sie wussten das zu dem Zeitpunkt.
Haben Sie etwas veranlasst?

Zeuge Harald Stein: Solche Dinge wer-
den im Rahmen der Abteilungsleiterrunde
angesprochen, wenn überhaupt festgestellt
wurde: „Wir haben wieder eine Verzögerung
bei Euro Hawk“, und dann wird natürlich der
Sache nachgegangen: Woran liegt es dann?
Es gab dann verschiedenste Argumentatio-
nen. Ein Thema habe ich schon in meinem
Eingangsstatement angesprochen: dass es
oft auf fehlender personeller Bearbeitungs-
kapazität beruhen solle. In dem Bereich wa-
ren wir ja auch in der Lage, soweit es unsere
Mittel erlaubten, dann auch nachzusteuern.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Dass es
teurer wird, ist eigentlich normal bei Rüs-
tungsprojekten. Insofern war das jetzt kein
Alarmzeichen für Sie.

Zeuge Harald Stein: Die Größenordnung
ist dann ausschlaggebend. Wenn bei einem
Vertrag von 370, 400 Millionen eine Verlän-
gerung von zwei Monaten und eine Er-
höhung von 5 Millionen stattfinden in dem
Änderungsvertrag, dann ist das noch kein
Alarmzeichen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber Sie
hatten noch keine Größenordnung, wie viel
teurer es dann werden würde, sondern das
ist nicht berechnet worden damals.

Zeuge Harald Stein: Nein, nein.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sie
wussten nur: Das wird Auswirkungen haben;
aber jetzt machen wir erst mal so weiter. -
Wem haben Sie das dann weitergemeldet?

Zeuge Harald Stein: Im ganz normalen
Berichtswege sind Probleme, wenn sie eine
bestimmte Größenordnung erreicht haben,
an das BMVg weitergemeldet worden. Zu-
dem gibt es unser Berichtswesen Controlling,
VOCON, Vorhabencontrolling, was befüllt
wird durch den Projektleiter, dann verschie-
dene Stufen der Bewertung durchläuft und
was auch in der Fachaufsicht im BMVg zur
Verfügung steht.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ist dem
Generalinspekteur, ist dem Minister gemeldet
worden, dass es später wird? Das ist ja zu-
nächst mal das erste Problem: Die Technik
kommt nicht, um Breguet Atlantic abzulösen,
sondern es wird eine Lücke geben.

Zeuge Harald Stein: Herr Abgeordneter,
ich bin Chef der Oberbehörde, und das sind
Dinge, die im Ministerium entsprechend zu
bewerten sind. Dazu kann ich keine Aussage
machen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das wäre
aber üblich. Also, wenn eine Lücke entsteht,
dann wird das gemeldet. Wäre das üblich?

Zeuge Harald Stein: Auch dazu möchte
ich keine Wertung abgeben.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): In ande-
ren Fällen ist Ihnen das bekannt?

Zeuge Harald Stein: Es gibt sicherlich
die eine oder andere Vorlage, die dann, auf
welchem Wege auch, das Haus erreicht, aus
dem man erkennen kann, dass die Leitung
informiert worden ist.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Jetzt ein
bisschen anderes Thema; aber darauf kom-
men wir sicher noch mal zurück. Sie haben ja
einen Vertrag gemacht mit einer Firma. Mir
scheint das persönlich im Nachhinein inso-
fern schwierig zu sein, als hier ja zwei ganz
unterschiedliche Dinge unter Vertrag ge-
nommen wurden, nämlich einmal das Flug-
zeug aus Amerika und andererseits die Auf-
klärungstechnik aus Deutschland. Wenn man
die Aufklärungstechnik von EADS bis zum

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 525 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 129
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Ende entwickeln wollte, musste man den
ganzen Vertrag weiterlaufen lassen, auch
wenn man zwei Jahre vorher schon weiß:
Das wird mit dem Flugzeug nichts mehr. Der
Vertrag war aber - das ist ja eigentlich ganz
günstig - kündbar; „jederzeit kündbar“ steht in
dem Arbeitsgruppenbericht, den Abteilungs-
leiter Selhausen zu verantworten hatte. Ist es
jemals ein Thema gewesen, den Vertrag zu
kündigen und vielleicht einen neuen Vertrag
zu machen, der dann den veränderten Leis-
tungsstand berücksichtigt?

Zeuge Harald Stein: Ein ganz klares
Nein. Das ist bisher nie Thema gewesen. Zu
Ihrer Einleitung: Wir haben - ich will sagen:
seit 2000, vielleicht auch schon vorher - im-
mer wieder Verträge mit einem Hauptauf-
tragnehmer gemacht, um die unterschied-
lichen Managementleistungen, Ausgleichs-
notwendigkeiten zwischen verschiedenen
Auftragnehmern nicht ausgleichen zu müs-
sen, sondern einen gesamtschuldnerischen
Hauptauftragnehmer zu haben. Dieses ist
auch die Grundidee für diesen Vertrag gewe-
sen, und wir haben viele andere Verträge.
Wenn ich nur an den Puma denke: Dort hätte
ich lieber einen Auftragnehmer gehabt, und
dann ist nur eine Managementgesellschaft
entstanden, die als Einzige ein Angebot da-
mals abgegeben hat.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Um den
Fragen der Kollegin Keul zuvorzukommen:
Der Vertrag sah ja vor, dass alles, was zur
Zertifizierung, zur Qualifizierung und Zertifi-
zierung, nötig ist, von der Firma gebracht
werden muss. Wie kann es dann sein, dass
dann noch mal 100 bis 600 Millionen Euro
zusätzlich notwendig wären, damit es dann
gebracht wird? Wenn da drinsteht, dass es
gebracht werden muss, muss es gebracht
werden, selbst wenn es die Firma EuroHawk
in die Pleite treibt, weil sie dann selber diese
Kosten übernehmen müsste. Warum müssen
sie das nicht bringen?

Zeuge Harald Stein: Herr Abgeordneter
Dr. Bartels, diese Bewertung werde ich hier
nicht vornehmen. Wie ich schon in meinem
Eingangsstatement ausführte, ist eine An-
waltskanzlei beauftragt, dort ein entspre-
chendes Gutachten zu erstellen. Wir haben
hier einen komplizierten Vertrag vorliegen,
der unterschiedliche Ebenen abdeckt. Von
daher ist die Bewertung, welche Leistungen
als Werkvertrag zu sehen sind und welche

Leistungen der Bemühensklausel unterlie-
gen, sehr diffizil.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber Sie
hätten ja zum Beispiel im Vertragsablauf mit
Kündigung drohen können, wenn Sie sagen:
Wir hätten aber gern, dass ihr das jetzt
bringt, sonst gibt es auch die Serie nicht.
Also müsst ihr euch jetzt darum kümmern.
Wenn ihr sagt, für 100 Millionen kriegt ihr das
hin, dann kriegt das mal für eure 100 Millio-
nen hin.

Zeuge Harald Stein: Die Möglichkeit,
eine Kündigung auszusprechen, wäre da
gewesen. Aber - und jetzt bin ich schon wie-
der im Bereich der Bewertung - ich gehe
davon aus, dass dieses sicherlich nicht ohne
Rechtsstreit abgegangen wäre, zudem wir
natürlich auch als unsere Aufgabe ansehen,
diese Fähigkeitslücke zu schließen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Was nun
erkennbar ja nicht passiert.

Zeuge Harald Stein: Wir haben, so hoffe
ich, ein Ergebnis zum ISIS-System bis Ende
September. Dann können Alternativen über-
legt werden, wie man diese Fähigkeitslücke
schließt.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Vielleicht
noch mal zu dem großartigen ISIS-System,
weil das ja auch die Kollegen von der Regie-
rungsseite sehr interessiert. Ich vermute mal:
So was muss erst mal erfunden werden.
Dann muss es irgendwie zusammengebas-
telt werden, und dann ist es da, also außer-
halb eines Flugzeuges und sogar außerhalb
von Manching. Dann muss man es integrie-
ren in ein bestimmtes Flugzeug. Also das,
was da ist, ist unabhängig davon da, ob es in
dieses Flugzeug integriert wird. Also das ist
ja dann entwickelt und da. Und was speziell
mit dem Euro-Hawk-Projekt nachgewiesen
werden kann, ist, dass es hineinpasst in die-
ses Flugzeug. Ist das richtig?

Zeuge Harald Stein: Das ist richtig.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Danke.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt hat die FDP das Wort.

Drucksache 17/14650 – 526 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 130
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Joachim Spatz (FDP): Herr Stein, Sie
sagten, dass das Projekt mit guten Aus-
gangsvoraussetzungen gestartet ist. Sie
erlauben bestimmt, dass ich das anders
sehe. In den frühen Studien war als Conditio
sine qua non - nicht etwa als irgend so ein
Aperçu, sondern als Conditio sine qua non -
die Teilnahme am allgemeinen Luftverkehr
gefordert. Sie sagten jetzt, dass man, was
den Full Scale Demonstrator angeht, in 2010
davon Abstand genommen hat, dieses Ziel
zu verfolgen. Was sagen Sie aber zur Aus-
sage, dass beginnend schon im Jahr 2002
und dann endgültig mit der AF SLWÜA von
der Muss-Bestimmung, sowohl was den De-
monstrator wie auch die Serie anbetrifft, man
von diesem Ziel, was als Conditio sine qua
non formuliert worden ist, bereits Abstand
genommen hat? Das ist alles andere als eine
gute Voraussetzung, würde ich meinen.

Zeuge Harald Stein: Die Voraussetzun-
gen, die ich jetzt in meinem Eingangsstate-
ment beschrieben habe, waren die Voraus-
setzungen, unter denen wir dieses Vorhaben
gestartet haben. Das heißt, wir hatten Stu-
dien. Wir hatten entsprechende Gespräche
mit den Firmen. Wir hatten eine Vereinba-
rung mit der amerikanischen Seite, eine De-
monstration in Nordholz durchzuführen, und
auch schon ein Grund-ISIS-System, klein,
was in diesem Demonstrationsflug genutzt
werden konnte.

Wenn ich mir eine solch lange Vorlaufzeit
und Vertragsabschluss 2007 und die ganzen
Studien, die dann noch in dieser Zeit von
2003 bis 2007 absolviert worden sind, vor-
stelle, dann wäre ich bei dem einen oder
anderen Projekt sehr, sehr froh, wenn wir
diese Vorlaufzeit - - Und das gibt uns jetzt
wieder das neue CPM, dass wir eine ent-
sprechend gute Vorbereitung, bevor wir in
eine Projektierung gehen, dann auch durch-
führen können.

Joachim Spatz (FDP): Ich sprach aber
davon, dass die AF SLWÜA bereits 2004 von
einer Conditio sine qua non Abstand ge-
nommen hat, die sie in wenige Jahre vorher
formulierten Gutachten gewissermaßen als
unabdingbar formuliert hat. Ich halte das für
keine gute Ausgangsvoraussetzung. Seither
wurde das Thema Genehmigung - - Also
Musterzulassung der Serie - ich zitiere mal
ein paar Zeugen - „lief im Hintergrund mit“
oder „wurde auf kleiner Flamme verfolgt“.

Wie gesagt, Sie können das ja anders
bewerten; aber ich halte das auf jeden Fall
für einen riskanten Weg, und das Risiko ist ja
letztendlich eingetreten.

Zeuge Harald Stein: Das Risiko „Teil-
nahme am Luftverkehr in der Kategorie 2“ ist
nur aufgrund unserer derzeitigen Musterzu-
lassungssituation eingetreten. Wir hätten die
Möglichkeit, dieses Luftfahrzeug auch für den
allgemeinen Luftverkehr in der Kategorie 2
zuzulassen, wenn wir bereit wären, die ent-
sprechenden Mittel aufzuwenden.

Joachim Spatz (FDP): Natürlich, wenn
Sie entsprechend nach oben abweichen;
aber ich denke mal, es war am Anfang des
Projekts nicht im Sinne des Erfinders, eine
Kostensteigerung - ich sag mal - in der Grö-
ßenordnung, wie Ihr Haus das selber be-
schrieben hat, mit einzuplanen.

Ich will noch mal konkret werden, weil
natürlich auch bekannt ist, dass Entwick-
lungsvorhaben Risiken beinhalten, unabhän-
gig davon, ob es sinnvoll ist, die Risiken zu
splitten. Aber in einem weiteren Gutachten
steht noch drin - das wurde dann ja wohl
auch im Vertrag übernommen -: ein Collision
Avoidance System oder ein Sense and Avoid
System als „noch zu entwickeln“ eingestuft.
Das heißt, die Technologie gibt es nicht?

Zeuge Harald Stein: Das ist die Aus-
sage. Die Technologie gibt es jetzt selbst
2013 noch nicht für Sense and Avoid, und es
wird auch noch einige Jahre dauern, bis ein
solches System dann auch zulassungsfähig
vorliegen wird.

Joachim Spatz (FDP): Wenn das also
eine Voraussetzung ist, um am allgemeinen
Luftverkehr teilzunehmen, hätte man da nicht
zum Zeitpunkt der Vertragserstellung - da
gab es ja wahrscheinlich, was den zeitlichen
Ablauf angeht, bis so was genehmigungs-
fähig eingebaut werden kann - - zu dem
Schluss kommen können: „Wiedervorlage in
zehn Jahren“?

Zeuge Harald Stein: Man hätte einen
solchen Schluss ziehen können. Da aber die
Ausphasung der Breguet Atlantic auf 2010
schon absehbar war und diese Fähigkeits-
lücke zu schließen war und eine Entwicklung
einer entsprechenden Zeit bedarf, ist man
dieses Risiko eingegangen, auch unter der

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 527 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 131
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Bewertung, dass wir auch die Möglichkeit
haben, Luftfahrzeuge, UAVs, mit entspre-
chenden Beschränkungen in anderen Kate-
gorien zuzulassen - so wie zurzeit eben auch
der Prototyp fliegen kann, mit entsprechen-
den Auflagen, die das Luftfahrt-Bundesamt
gemacht hat.

Joachim Spatz (FDP): Plädieren Sie also
dafür, dass wir die Auflagen - ich sage mal -
aufweichen?

Zeuge Harald Stein: Darf ich fragen,
welche Auflagen?

Joachim Spatz (FDP): Im Moment kön-
nen wir ja erstens den Prototypen beschränkt
einsetzen, also gibt es Beschränkungen. Wir
können ihn zum Beispiel - haben wir vorhin
gehört - in Afghanistan nicht einsetzen. Also,
sind Sie für diesen Fall für Änderungen?

Und was die Serie anbetrifft, die war ja
nicht beschaffen aufgrund der nicht techni-
schen, sondern Zulassungsproblematik:
Hätten Sie für uns einen Vorschlag, wie man
Bestimmungen oder vielleicht innerhalb der
existierenden Bestimmungen - ich sage mal -
Auslegungsmöglichkeiten nutzen könnte, um
eben dann doch zu einer Serienbeschaffung
zu kommen?

Zeuge Harald Stein: Diese Idee, die Sie
jetzt hier vorgestellt haben, wird sicherlich in
der Umsetzung - oder würde - einen länge-
ren Zeitraum in Anspruch nehmen. Wir ha-
ben eine Situation, dass wir in Europa nicht
alleine die Zuständigkeit für die Lufträume
haben. Von daher hat sich auch die EU die-
ser Thematik angenommen und entspre-
chende Recommendations herausgegeben,
unter welchen Bedingungen man entspre-
chende Zulassungen durchführen kann.
Diese Recommendations werden oder soll-
ten in jeweils nationales Recht umgesetzt
werden. Dort ist der Auftrag, dass wir diese
EU-Regularien dann in unser nationales
Recht umsetzen, seitens der Leitung gege-
ben worden, und dieses wird dann noch
einen gewissen Zeitraum in Anspruch neh-
men.

Joachim Spatz (FDP): Würde das dann
also die Zulassungsvoraussetzungen - ich
sage mal - erleichtern?

Zeuge Harald Stein: Sie gestatten - da
ich nicht so sehr in dieser Tiefe in der Mate-
rie drinstecke -, dass ich Ihnen dazu keine
Antwort gebe.

Joachim Spatz (FDP): Ja, dann sind das
erst mal meine Fragen. - Danke schön.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Dann gebe ich jetzt der Linken das Wort.
Frau Kollegin Höger.

Inge Höger (DIE LINKE): Herr Stein,
wann waren Sie erstmals mit dem Entwick-
lungsprojekt Euro Hawk/ISIS befasst? Oder
vielleicht war es ja zu Anfang nur ISIS.

Zeuge Harald Stein: Wenn Sie „Ent-
wicklungsprojekt“ nicht auf den Entwick-
lungsvertrag von 2007 beziehen, dann kenne
ich dieses Vorhaben schon seit 2000. In
meiner Funktion damals als geschäftsfüh-
render Beamter in der Hauptabteilung Rüs-
tung waren natürlich die ersten Gespräche
mit der amerikanischen Seite, die Studien-
ergebnisse usw. vorgestellt worden. Von
daher kannte ich dieses Vorhaben schon
etwa aus dieser Zeit.

Inge Höger (DIE LINKE): Waren Sie an
der Erstellung der Studien beteiligt?

Zeuge Harald Stein: Nein. Das ist eine
Fachaufgabe, die aus dem entsprechenden
fachaufsichtsführenden Referat des BMVg
und des entsprechenden Bereiches im BWB
dann durchgeführt wird.

Inge Höger (DIE LINKE): Wurden diese
Studien im BMVg erstellt, oder wurden die
von außen erstellt, beauftragt?

Zeuge Harald Stein: Diese Studien wur-
den überwiegend durch einen externen Auf-
tragnehmer erstellt. Dieses Studienthema
oder die Inhalte, ob die nun im Ministerium
entstanden sind oder im Amtsbereich, das
weiß ich nicht mehr.

Inge Höger (DIE LINKE): Sie haben vor-
hin schon berichtet, dass aufgrund der Fest-
stellung dieser Fähigkeitslücke und der Be-
darfsanalyse dann die Grundlage für die
Auftragsvergabe erfolgt ist und dass es keine
Anforderung von Angeboten von mehreren

Drucksache 17/14650 – 528 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 132
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Firmen, unterschiedlichen Firmen zur Ver-
gleichbarkeit gegeben hat. Warum?

Zeuge Harald Stein: In der AF war schon
das Spektrum beschrieben worden, welches
für ein solches luftgestütztes Aufklärungs-
system zur Verfügung stand. Es wurde in der
AF ein UAV mit einem Business Jet als
Träger verglichen. Die Berechnungen, die in
dieser Zeit vorgenommen worden sind, wa-
ren eindeutig im Hinblick auf eine 20-jährige
Nutzung eines solchen Systems günstiger für
ein UAV. Außerdem wurde auch noch be-
rücksichtigt, dass eben eine Gefährdung von
Personal ausgeschlossen würde, wenn man
ein UAV nutzen würde.

Inge Höger (DIE LINKE): Ich meinte jetzt
beide Firmen, sowohl EADS als auch für den
Euro Hawk. In beiden Fällen sind keine ver-
gleichenden Angebote eingeholt worden.

Zeuge Harald Stein: Das ist richtig. Es
war - und da möchte ich noch mal auf mein
Eingangsstatement zurückkommen - vorge-
geben, dass wir mit diesen beiden Firmen
einen Vertrag machen sollten. Die Voraus-
setzungen hierfür waren auch in beiden Be-
reichen gegeben. Wir hatten die Demonstra-
tion in Nordholz mit dem Global Hawk in
2003, und es waren auch Entwicklungen im
Hinblick auf ein Erfassungssystem bei der
Firma EADS vorhanden.

Inge Höger (DIE LINKE): Wer hat denn
entschieden, dass Sie nur mit diesen beiden
Firmen die Vereinbarungen abschließen
sollen oder verhandeln sollen?

Zeuge Harald Stein: Das war ein Erlass
des BMVg.

Inge Höger (DIE LINKE): Auf welcher
Grundlage wurde dieser Erlass - -

Zeuge Harald Stein: Kann ich Ihnen
keine Antwort zu geben.

Inge Höger (DIE LINKE): Kannten Sie die
Systemstudien, die zur Vorbereitung dien-
ten?

Zeuge Harald Stein: Nein. Das ist eine
Fachaufgabe. Es ist so und so sehr schwie-
rig, diese fachlichen Bewertungen dann

nachzuvollziehen. Dafür gibt es eben die
Fachbereiche, die das machen müssen.

Inge Höger (DIE LINKE): Aber in diesen
Studien sind ja Systemanforderungen formu-
liert worden, für die Sie dann bei den Ver-
tragsverhandlungen Ergebnisse liefern soll-
ten, oder?

Zeuge Harald Stein: Wenn Sie mit „Sie“
mich persönlich meinen, -

Inge Höger (DIE LINKE): Ihr Amt.

Zeuge Harald Stein: - dann sicherlich
nicht; denn das ist Aufgabe der entsprechen-
den technischen Teams bei uns, die die
Spezifikationen erarbeiten und dann auch die
Anforderungen für die Leistungsbeschrei-
bungen mit den wirtschaftlichen Konditionen
festlegen.

Inge Höger (DIE LINKE): Aber Sie sagen
ja: Dies war das beste Angebot. - Da muss-
ten Sie ja Grundlagen für die Beurteilung
haben.

Zeuge Harald Stein: Das beste Ange-
bot - es gab nur ein Angebot, und dieses
Angebot wurde nach den üblichen Verfahren
und Regeln bewertet im Hinblick auf die An-
nahmen bezüglich Material, Stundensätze
und, und, und. Und es ist wie bei jedem Ver-
trag: Wir verhandeln einen Vertrag, und dann
kommen auch schon mal abweichende Er-
gebnisse, als wir sie uns vielleicht gewünscht
hätten.

Inge Höger (DIE LINKE): Wussten Sie,
dass eine der Systemstudien von 2003, die
die Voraussetzungen waren, von EADS er-
stellt worden ist?

Zeuge Harald Stein: Nein.

Inge Höger (DIE LINKE): Also, Sie
wussten nicht, dass bestimmte Studien so-
zusagen von dem Unternehmen, mit dem Sie
später über den Auftrag verhandeln sollten,
erstellt wurden?

Zeuge Harald Stein: Ich persönlich?
Wenn Sie mich jetzt fragen: Das ist so lange
her.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 529 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 133
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Inge Höger (DIE LINKE): Gab es sonstig
gute Erfahrungen mit EADS und auch
Northtrop Grumman, sodass Sie darauf zu-
rückgreifen konnten bei Ihren Verhandlun-
gen?

Zeuge Harald Stein: Mit Northtrop
Grumman gab es keine Erfahrungen. Mit
EADS hatten wir diverse Erfahrungen, und
da kann ich vielleicht sogar in meiner eige-
nen Vergangenheit zurückgehen. Ich habe
schon entsprechende Verträge, als ich noch
Projektbearbeiter war, mit der Firma EADS
im Elektronikbereich gemacht.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt gebe ich Bündnis 90/Die Grünen das
Wort. Das Wort hat der Kollege Nouripour.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Herr Präsident, Sie haben in dem
Zeitrahmen, der gerade angesprochen
wurde, eine Funktion namens „geschäftsfüh-
render Beamter der Hauptabteilung Rüstung“
innegehabt. Dort haben Sie zwei Studien
vorliegen gehabt, auf deren Grundlage ja
dann entschieden worden ist, woher das
Angebot eingeholt wird. In dem Zusammen-
hang haben Sie in Ihrem Eingangsstatement
gesagt, dass nur ein Angebot eingeholt
wurde, weil es keinen anderen Anbieter gab,
der die Anforderungen „ohne Risiken“ - das
haben Sie gesagt - hat erfüllen können.
Wenn das jetzt ohne Risiken ist, was wir
heute haben, will ich nicht wissen, was die
Risiken waren. Aber meine Frage ist: Wenn
Sie da zwei Studien haben, die die Grund-
lage sind für das, was dann erarbeitet wor-
den ist, wie kommt es, dass Sie nicht wissen,
woher diese Studien gekommen sind?

Zeuge Harald Stein: Herr Abgeordneter
Nouripour, die Studien, die erstellt wurden in
diesem Bereich, sind nicht in der Leitung
entstanden und auch in der Leitung nicht
immer vorgetragen worden. Ich bin jetzt sehr
vorsichtig; ich kann mich nicht daran er-
innern, ob diese Studien in dieser Zeit der
Leitung vorgestellt worden sind.

Dafür, für solche Studienbewertungen, ist
das Haus zuständig. Das ist zum einen die
Rü VI in der Situation und zum anderen die
Abteilung L im BWB.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie haben ja vorhin auf Nach-

frage, wenn ich mich recht entsinne, gesagt,
dass es richtig war, dass jetzt die Reißleine,
wie es so schön heißt, nicht zu früh gezogen
wurde und dass die Erprobung jetzt weiter-
geht, weil dadurch ja das ISIS-System ge-
rettet worden ist. Wir haben heute Morgen
gehört, dass das noch gar nicht klar ist, dass
es sich erst nach den Erprobungen frühes-
tens Ende September entscheiden wird. Wie
passt das zusammen?

Zeuge Harald Stein: Das ist richtig, wir
haben noch zwei Flüge vor uns. Wir haben
bisher alle die Ziele, die wir jetzt vor einem
Flug definiert haben - irgendwelche Nach-
weise von Funktionsketten oder Erfassung
von irgendwelchen aufzuklärenden Gegen-
ständen -, erreicht. Das lässt mich davon
ausgehen, dass insgesamt, wenn die Flüge
denn aufgrund Witterung und sonstiger Ge-
gebenheiten durchführbar sind, wir ein posi-
tives Ergebnis erzielen können.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Dass erreicht worden sei, wie Sie
gerade beschrieben haben: Woher haben
Sie diese Information?

Zeuge Harald Stein: Von unserer Wehr-
technischen Dienststelle.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wir haben heute von denen ge-
hört, dass genau diese Informationen von der
Industrie kommen.

Zeuge Harald Stein: Das kann ich nicht
bestätigen, auch nicht widerlegen; denn ich
habe nur die Informationsmöglichkeit über
meine zuständigen eigenen Bereiche.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Es ist ja immer wieder die Frage
der Veränderung von „muss am allgemeinen
Luftverkehr teilnehmen können“ auf „soll“.
Was ist der Unterschied eigentlich in der
Praxis und vor allem bei der Frage, ob man
eine Musterzulassung braucht oder nicht?

Zeuge Harald Stein: Wenn wir uns erst
mal über die Definition „am Luftverkehr teil-
nehmen“ klar werden, dann kann man das
sicherlich auch detaillierter beantworten.
Wenn wir sagen, es muss am Luftverkehr
teilnehmen wie ein ziviles Verkehrsflugzeug,
dann hätte dies zur Folge, dass wir für ein

Drucksache 17/14650 – 530 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 134
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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UAV ein Sense and Avoid System brauchten
und wir eine Zulassung für die Kategorie 3
haben.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das heißt, wenn es das Muss
wäre, hätten Sie auch keine vorläufige Zu-
lassung bekommen können, um die vielge-
lobten Erprobungen machen zu können.
Richtig?

Zeuge Harald Stein: Wir müssen unter-
scheiden, ob es ein Seriensystem ist oder
eben ein Erprobungssystem. Es ist üblich im
Luftfahrtbereich - und das nicht nur im militä-
rischen Luftfahrtbereich, sondern auch im
zivilen Luftfahrtbereich -, dass mit vorläufigen
Verkehrszulassungen gearbeitet wird. Auch
eine Firma Eurocopter wird ihre Prototypen
mit dem LBA erst vorläufig zulassen müssen,
um entsprechend in die Luft zu gehen, um
entsprechende Erfahrungen mit dem Proto-
typen sammeln zu können; denn eine vorläu-
fige Verkehrszulassung ist immer mit Ein-
schränkungen verbunden. Das heißt, man
wird also dann größere Inspektionen machen
müssen, Flugbereiche und Belastungen ein-
schränken müssen oder auch die vorläufige
Verkehrszulassung nur auf eine bestimmte
Stundenanzahl beschränken müssen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie haben vorhin gesagt, dass
der Vorteil vom neuen CPM dem alten ge-
genüber unter anderem sei, dass jetzt nun
alternative Wege gesucht werden würden.
Habe ich das richtig verstanden?

Zeuge Harald Stein: Das ist einer der
Vorteile.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aber war das beim alten CPM
nicht auch schon so?

Zeuge Harald Stein: Es war keine Vor-
gabe, dass wir alternative Wege zwingend
beschreiben mussten.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wir haben ja Ihre Biografie vor-
liegen; Herr Kollege Bartels hat ja auch sehr
genau beschrieben, dass Sie ja einer der
verdientesten, erfahrensten Menschen sind
im gesamten Beschaffungswesen. Was ha-
ben Sie denn als geschäftsführender Be-

amter der Hauptabteilung ab 2000 und dann
als Vizepräsident und Präsident vom BWB
gemacht, damit die Mängel im alten CPM
abgestellt werden?

Zeuge Harald Stein: Wir haben entspre-
chende Berichte und Verbesserungsvor-
schläge ans BMVg gemacht. Dort gab es
noch den Org-Stab, der für solche Vorschrif-
ten zuständig war, und die eine oder andere
Verbesserung ist dann auch in den CPM
eingeflossen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Haben Sie mit dem Minister über
Euro Hawk gesprochen vor dem 13. Mai
2013?

Zeuge Harald Stein: Nein, ich habe mit
dem Minister nie über Euro Hawk gespro-
chen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Haben Sie Empfehlungen abge-
geben zum Beispiel über die Fortsetzung der
Erprobung?

Zeuge Harald Stein: Das Haus hat
Empfehlungen abgegeben, ja.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wie sahen diese Empfehlungen
aus?

Zeuge Harald Stein: Wir wollten ISIS er-
proben.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Gab es schriftliche Vorlagen
Ihrerseits, die an die Leitung des BMVg ge-
gangen sind, zum Euro Hawk?

Zeuge Harald Stein: Natürlich. Es gibt
immer schriftliche Vorlagen, die zum einen
auf Erlassen beruhen und auch aus entspre-
chenden Situationen entstehen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich gebe der CDU/CSU das Wort. Wer macht
das? - Herr Kollege Grübel.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ja, Herr
Stein, Kollege Nouripour hat ja Muss-, Soll-,
Kann-Kriterium erwähnt. Die Risiken der
allgemeinen Zulassung waren ja von Anfang
an bekannt. Ich nehme an, die Herabstufung

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 531 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 135
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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von Muss auf Soll für die Serie und von Muss
auf Kann für den Demonstrator wurde vom
Auftragnehmer verlangt und in den Vertrag
letztendlich reinverhandelt.

Zeuge Harald Stein: Es ist eine Bewer-
tung, die eben zu den Zeiten vorgenommen
worden ist, dass eine Verfügbarkeit in dem
laufenden Projektierungsvertrag eben nicht
gegeben ist, und von daher war das sicher-
lich eine Forderung des Auftragnehmers, der
wir dann gefolgt sind.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wäre Muss
durchsetzbar gewesen gegebenenfalls, wenn
der Auftraggeber dafür gewisse Kostenrisi-
ken übernommen hätte? Und wenn man
Muss als zwingend reinverhandelt hätte,
wäre dann der Vertrag gescheitert?

Zeuge Harald Stein: „Wäre der Vertrag
gescheitert“ ist wieder eine Bewertung, die
ich nicht vornehmen kann. Ich weiß nur, dass
mir berichtet worden ist, dass es sehr harte
Vertragsverhandlungen gegeben hat auch im
Hinblick auf andere Vertragskonditionen und
seitens des Auftragnehmers damit gedroht
wurde, dass der Vertrag sonst nicht zustande
käme.

Markus Grübel (CDU/CSU): Jetzt ein
paar Fragen zum Schaden und einer even-
tuellen Schadenshöhe: Ich lese Ihnen mal
ein paar Zitate, die in den Medien verbreitet
wurden, vor, und dann wollte ich Sie fragen,
ob Sie einen Schaden sehen bei dem Ent-
wicklungsprojekt, und wenn ja, in welcher
Höhe.

Frank-Walter Steinmeier am 11. Juni auf
www.spdfraktion: „mehr als eine halbe Mil-
liarde Euro Steuergeld in den Sand gesetzt“.
Rainer Arnold am 5. Juni im Deutschen Bun-
destag: „über 500 Millionen Euro verpulvert“.
Ebenfalls Rainer Arnold in der Westdeut-
schen Zeitung vom 15. Mai 2013: „680 Mil-
lionen Euro plus X“ sei der Schaden. Jürgen
Trittin am 5. Juni auch im Bundestag: Wir
halten es doch nicht für richtig, 600 Millionen
Euro zu verschwenden. Tom Koenigs am
11. Juni im Deutschlandfunk: Es hat sich „ein
Schaden von 600 oder noch mehr Millionen“
Euro angehäuft, und keiner hat es gemerkt.
Ein Omid Nouripour - den kennen wir - am
15. Mai bei ntv: „Wir sind fassungslos - eine
halbe Milliarde ist aus dem Fenster geworfen
…“.

(Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich korrigiere mich, das
ist das Doppelte! - Dr. Tobias Lind-
ner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ich will auch zitiert werden! -
Heiterkeit)

Ich könnte die Reihe fortsetzen. Aber be-
vor die Opposition sich hier in weitere Über-
bietungswettbewerbe ergeht und irgendwann
mal den gesamten Bundeshaushalt aus-
schöpft, Herr Stein: Was ist denn Ihre Ein-
schätzung, ist ein Schaden entstanden, und
wenn ja, welche Größenordnung oder Haus-
nummer könnte der haben nach heutigem
Stand?

Zeuge Harald Stein: Ob ein Schaden
entstanden ist, das muss jeder selbst be-
werten.

(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN - Rainer Arnold (SPD):
Dafür haben wir Sie aber nicht
eingeladen!)

Ich sehe auch einen Erkenntnisgewinn als
einen zusätzlichen Erfolg. Wenn wir uns jetzt
das Gesamtsystem Euro Hawk anschauen,
dann haben wir hoffentlich mit positivem
Abschluss der Erprobung oder der Abnahme
ein ISIS-System, was einen Wert darstellt,
vielleicht nicht 100 Prozent in Form der vor-
handenen Hardware, aber zumindest in der
Software und in der Erkenntnis, dass ein
solches System funktioniert. Dieses mit einer
Zahl zu belegen, ist müßig. Die Investitionen
für ISIS und die Erprobungen belaufen sich
zurzeit auf rund 300 Millionen.

Wir haben als weiteren Punkt die Er-
kenntnis, dass man Aufklärung mit einem
solchen System auch aus großen Höhen
machen kann mit einem UAV mit Einschrän-
kungen, und wir haben zudem Erfahrungen
gesammelt, wie man mit einem entsprechen-
den UAV im deutschen Luftraum unter Kate-
gorie 2 fliegen kann. Ich beziehe mich da auf
die Absprachen, die wir mit dem Luftfahrt-
bundesamt gemacht haben, um die entspre-
chenden Erprobungsflüge von Manching aus
durchführen zu können.

Markus Grübel (CDU/CSU): Darf ich Ihre
Antwort mal nicht so diplomatisch wie Sie ein
bisschen platt zusammenfassen? Sie spra-
chen von Erkenntnisgewinn, Sie verwiesen
auf das System ISIS, das deutsche Aufklä-
rungssystem. Also Sie kommen in die Rich-
tung, dass möglicherweise gar kein echter

Drucksache 17/14650 – 532 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 136
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Schaden ist, dass zwar Kosten entstanden
sind, aber kein Schaden, insbesondere kein
Schaden, der größer ist als das Geld, das wir
insgesamt ausgegeben haben. Oder habe
ich da jetzt was überinterpretiert?

(Dr. Hans-Peter Bartels (SPD):
Dann müssen Sie doch gar kein
schlechtes Gewissen haben!)

Zeuge Harald Stein: Herr Abgeordneter
Grübel, man könnte das freundlicherweise so
interpretieren. Inwieweit man jetzt Erkenntnis
mit Euro bewerten kann, das möchte ich hier
nicht tun.

Markus Grübel (CDU/CSU): Eben. Das
langt mir auch, vielleicht den Kollegen auch.
Was ich anmerken kann, ist, dass die Kolle-
gen, umso tiefer sie sich in die Unterlagen
gestürzt haben, umso vorsichtiger damit
wurden, irgendwelche dreistelligen Summen
nach außen zu nennen. Aber das ist jetzt
eine Bewertung, die jetzt nicht zur Anhörung
der Zeugen gehört.

Jetzt noch eine Frage, die Kündigung des
Vertrages: Im Vertrag ist ja ausdrücklich
vorgesehen, dass man ihn kündigen kann;
aber es sind eigentlich auch Folgen be-
schrieben im Vertrag. Es ist ja nicht so, dass
man den willkürlich kündigt und es dann völ-
lig folgenlos bleibt. Können Sie mal die Fol-
gen einer vorzeitigen Kündigung neben dem,
dass wir keinen Erkenntnisgewinn haben,
neben dem, dass das deutsche Aufklärungs-
system ISIS, das wir auch für eine andere
Trägerplattform nutzen wollen und das die
Bundeswehr dringend braucht - - Das lassen
wir alles mal davor. Sondern rein finanziell,
was hätte eine Kündigung des Vertrags für
finanzielle Folgen, und was hätte man ein-
sparen können?

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Das ist eine schwierige Frage, Kollege Grü-
bel, weil es in den Firmenvertrag eingreift,
und damit sind wir wieder bei dem Thema,
das wir heute Morgen oder gestern auch
debattiert haben.

Markus Grübel (CDU/CSU): Okay, nein,
auf nichtöffentlich möchte ich nicht bestehen
um diese Zeit. - Aber vielleicht so viel: Kön-
nen Sie sicher sagen, die Folgen der Kündi-
gung wären gewesen, dass wir nicht un-
erhebliche Mittel auch hätten einsetzen müs-
sen? Stimmen Sie mir da zu?

Zeuge Harald Stein: Da stimme ich
Ihnen voll und ganz zu. Wenn wir einen Ver-
trag - gleich welcher Vertrag hier jetzt zur
Rede steht - kündigen mit einem normalen
Kündigungsrecht, dann sind Restabgel-
tungsansprüche für den Auftragnehmer zu
zahlen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Dass ich
keine weiteren unerlaubten Fragen stelle,
macht der Kollege Hochbaum weiter.

Robert Hochbaum (CDU/CSU): Sie ha-
ben ja mehrfach gesagt, wir haben viel ge-
lernt, wir haben ja auch einen neuen CPM
bekommen. Kann so etwas oder ist so etwas
mit größter Sicherheit mit dem neuen CPM
ausgeschlossen, ein ähnlicher Vorfall, ein
ähnliches Verfahren, ein Untersuchungsaus-
schuss nach einigen Jahren zum Verfahren?
Also, greift der neue CPM so ein, dass das
nach menschlichem Ermessen weitest-
gehend ausgeschlossen ist?

Zeuge Harald Stein: Ich wünsche mir,
dass dieses mein einziger Untersuchungs-
ausschuss ist und der neue CPM mir dabei
hilft.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der
CDU/CSU)

Eine Garantie ist der neue CPM nicht. Es ist
der erste Wurf. Sie wissen, unser neues Amt
ist zum 01.10.2012 entstanden aus der Zu-
sammenlegung von BWB und IT-Amt und ab
01.01. durch Mitarbeiter aus den Teilstreit-
kräften für die Materialverantwortung, für die
Einsatzreife. Als weiterer neuer Verfahrens-
punkt ist der CPM als unsere Verfahrensvor-
schrift uns vorgegeben worden. Allein aus
der Konstellation dieser unterschiedlichen
Dinge, die jetzt zusammengekommen sind,
wird es eine Zeit dauern, bis wir wirklich be-
werten können, wie sich der CPM bewährt
und wie der CPM dann noch anzupassen ist
an die Erfahrungen, die wir mit diesem neuen
Vorgehen machen. Da schließe ich nicht nur
den Rüstungsbereich ein, sondern auch die
Planung wird mit ihren neuen Planungsvor-
gaben ihre Erfahrungen machen, und dieses
muss dann zusammengeführt werden, dass
es mit den entsprechenden Synergien, die
man in diese neuen Verfahren gelegt hat,
dann auch realisiert wird.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 533 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 137
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Keine weiteren Fragen mehr? - Dann kommt
die SPD-Fraktion, der Kollege Arnold.

Rainer Arnold (SPD): Also, ich will die
Debatte vom Kollegen Grübel nicht allzu sehr
vertiefen; aber zwei Nachfragen habe ich
schon noch. Sie sagten: Erkenntnisgewinn,
wie man in Kategorie 2 über Deutschland
fliegen kann. - Gäbe es nicht billigere Droh-
nen, die möglicherweise schon verfügbar
sind, um zu diesem Erkenntnisgewinn zu
kommen?

(Zuruf von der CDU/CSU: Nein!)

Zeuge Harald Stein: Herr Abgeordneter
Arnold, ich weiß nicht, an welche Drohnen
Sie denken.

Rainer Arnold (SPD): Ach, wir haben
welche gemietet; die können, wenn es nur
darum geht, zu erproben, ob man hier Kate-
gorie 2 in Deutschland fliegen kann - - Die
Frage ist eine konkrete: Warum nicht Heron?

Zeuge Harald Stein: Natürlich hätte es, -

Rainer Arnold (SPD): Ah ja.

Zeuge Harald Stein: - wenn es nur um
diese Erkenntnis gegangen wäre, günstigere
Lösungen gegeben. Inwieweit dieses jetzt
auch über den Transferflug Erfahrungen
gebracht hätte, weil die anderen Drohnen
nicht in diese Höhenregionen vorstoßen, das
ist die andere Frage.

Rainer Arnold (SPD): Ja, aber die Frage
ist natürlich: Nachdem wir eh nie da oben
fliegen werden wahrscheinlich, ist der Er-
kenntnisgewinn für uns nicht so wirklich groß,
wenn man jetzt auf normaler Flughöhe im
Grunde genommen ein Modell suchen muss;
aber gut.

Welchen Sinn haben Kündigungsrechte in
Entwicklungsverträgen, Herr Präsident?

Zeuge Harald Stein: Es gibt die Möglich-
keit, wenn sich irgendwelche unvorherseh-
baren Konstellationen ereignen, aus jeg-
lichem Vertragsverhältnis auszusteigen. Das
macht, je früher eine solche Situation eintritt,
die keiner haben will, umso mehr Sinn, als
wenn sie später eintreten. Dann ist mög-
licherweise schon viel Geld verausgabt, und
wenn dann die Restabgeltung dazukommt,

dann bleibt oft nichts mehr über, als wenn
man dieses Vorhaben auch ganz normal zu
Ende gebracht hätte.

Rainer Arnold (SPD): Ist das Ereignis,
dass man keine Musterzulassung für den
Demonstrator erhält und für die Serie das
zurückstellt und mit ganz kleiner Flamme nur
fährt, oder die Tatsache, dass das Boden-
system zur Flugmissionsplanung von den
USA nicht geliefert wird, sind es Dinge, die
möglicherweise schon sehr unvorhergesehen
waren, denn im Vertrag ging man doch von
einer anderen Basis aus?

Zeuge Harald Stein: Die Erkenntnis,
dass dieses so ist, ist relativ spät dann zu
einem solchen Ausmaß gekommen, wenn
Sie jetzt an die Musterzulassung denken. Es
war für den Zeitpunkt Februar 2010, den Sie
ja ansprechen, sicherlich begründbar und
verständlich für die handelnden Personen, ob
es nun der Projektleiter war oder auch die
Vorhabenaufsicht im Ministerium, und nach-
vollziehbar, dass man sich für die Musterzu-
lassung auf die Serie beschränkt, weil eben
die Konstruktionsstände wohl, so war die
Erkenntnis zu dem Zeitpunkt, differieren wür-
den. Von daher kann ich diese Entscheidung
als Ingenieur nachvollziehen.

Rainer Arnold (SPD): Meine Frage war
aber nicht, ob Sie diese Entscheidung nach-
vollziehen können, Herr Präsident, meine
Frage war: Ist die Tatsache, dass es keine
Musterzulassung für den Demonstrator gibt,
sondern nur eine vorläufige, sehr einge-
schränkte Verkehrszulassung für den De-
monstrator, oder/und die Tatsache, dass wir
das Missionssystem nicht von hier aus pla-
nen können, sondern die Vereinigten Staaten
die Missionsplanung, und zwar noch bis ins
Jahr 2017/2018, machen müssten, wären
das Ereignisse, die eine Kündigung - weil Sie
sagen: unvorhergesehene Dinge -, wenn
man das wollte - man kann es ja anders be-
werten; akzeptiere ich ja - - wäre das ein An-
lass, der so etwas legitimieren könnte? Das
war die Frage.

Zeuge Harald Stein: Die Frage ist eine
Bewertung, die Sie von mir verlangen.

Rainer Arnold (SPD): Bitte?

Drucksache 17/14650 – 534 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 138
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Zeuge Harald Stein: Das ist eine Be-
wertung, die Sie von mir verlangen.

Rainer Arnold (SPD): Sie haben doch
eben auch eine abgegeben, dass Sie sagen,
man kann das vertreten; da haben Sie auch
eine Bewertung abgegeben. Geben Sie halt
noch mal eine ab.

Zeuge Harald Stein: Ich möchte aber
jetzt keine Bewertung zu der Frage abgeben.

Rainer Arnold (SPD): Damit bin ich auch
zufrieden; vielen Dank.

Sie sagten vorhin, das Projekt wäre mit
einer guten Ausgangslage gestartet, also
keine Geburtsfehler. Oder sehen Sie wel-
che?

Zeuge Harald Stein: Nein. Ich stehe
dazu, dass wir eine gute Voraussetzung
hatten, und ich habe auch schon ausgeführt,
wir hatten Studien, wir hatten Demonstratio-
nen, wir hatten schon erste Entwicklungs-
systeme, die die EADS vorstellen konnte,
und das ist für mich eine gute Ausgangs-
basis, auf der man starten kann.

Rainer Arnold (SPD): Sie sagten vorhin,
Sie haben nie mit dem Minister über dieses
Projekt gesprochen. Hatten Sie einen An-
trittsbesuch bei ihm oder von ihm?

Zeuge Harald Stein: Der Herr Minister
hat das Amt im August 2011 besucht - das
war sein Antrittsbesuch im Rahmen der
Sommerreise -, und da ich diese Frage er-
wartet habe, habe ich mir natürlich auch das
Programm noch mal angesehen, was wir
damals vorgesehen hatten für den Minister.
Es gab keine Vorträge zu aktuellen Vorha-
ben. Somit ist da zumindest das Thema nicht
angesprochen worden.

Ein weiterer Besuch hat stattgefunden zur
Eröffnung des neuen Amtes am 2. Oktober
2013 [sic!]. Auch dort ist kein Vorhaben an-
gesprochen worden.

Rainer Arnold (SPD): Und der Minister
hat jenseits der Tagesordnung auch nicht
gesagt: „Herr Präsident, was treibt Sie sonst
noch um, was ist aktuell?“, oder so ähnlich?

Zeuge Harald Stein: Wir hatten bei bei-
den Gesprächen ein Vieraugengespräch. Ich
muss einschränken, am 02.10. letzten Jahres

hatten wir keines, aber im August 2011, und
dort ging es um die Frage: Wie ist die Neu-
ausrichtung, was sind Ihre Vorstellungen?
Ich kann mich genau daran erinnern, dass
ich ihm da vorgetragen habe, dass aus mei-
ner Sicht es sinnvoll wäre, dass BWB und
das IT-Amt wieder zusammenzuführen und
Nutzungsanteile in das Amt zu übernehmen.

Rainer Arnold (SPD): Wie war es mit
Staatssekretär Beemelmans in den Gesprä-
chen?

Zeuge Harald Stein: Auch mit Staats-
sekretär Beemelmans kann ich ausschlie-
ßen, dass wir das Thema Euro Hawk hatten.
Bei seinen letzten Besuchen ging es immer
nur um die Neuausrichtung: Wie kommt der
militärische Sachverstand ins Amt? Es gab
da diverse Schwierigkeiten mit einigen Teil-
streitkräften. Das waren die Themen, die dort
auf der Agenda standen.

Rainer Arnold (SPD): Aber ich habe es
schon richtig verstanden in meinen 15 Jah-
ren im Verteidigungsausschuss: Ihr Amt ist
nicht primär für Neuausrichtungen zuständig,
sondern für Beschaffungen von Rüstungs-
vorhaben?

Zeuge Harald Stein: Das ist richtig.

Rainer Arnold (SPD): Das ist richtig.
Danke schön.

Dann noch mal ganz kurz zu ISIS. Sie
sagten, die Vorgaben, die gestellt wurden,
würden jetzt getestet. Werden alle im ur-
sprünglichen Konzept vorgesehenen techni-
schen Erfassungen, alle Frequenzen, alle
Arten von magnetischen Signalen - Radar,
Funk, Telefon, also das ganze Paket - ge-
testet, wird dieses gesamte Paket so getes-
tet, wie ISIS ursprünglich geplant war, oder
werden jetzt nur eingeschränkte Funktionali-
täten getestet? Wenn eingeschränkte, auf
welche verzichtet man derzeit?

Zeuge Harald Stein: Ich muss darauf
hinweisen, dass, wenn wir jetzt in Frequen-
zen gehen oder so etwas, das gerade im
EloKa-Bereich unter VS-Schutz fällt.

Rainer Arnold (SPD): Es würde mir rei-
chen, wenn Sie sagen, es werden alle ge-
testet, oder es werden nicht alle getestet,
und wie viel Prozent fallen vielleicht weg.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 535 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 139
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Sonst müssten wir das dann Geheim nach-
klären.

Zeuge Harald Stein: Auch einem Präsi-
denten sind diese Informationen nicht be-
kannt, welche jetzt genau und wie viel. Ich
kann Ihnen nur eines sagen: Eine Fähigkeit
wird jetzt im Fluge nicht getestet, und das ist
die Funktion einer besonderen Antenne. Die
wird nicht getestet werden, sondern da ha-
ben wir uns bereit erklärt, dass wir als Nach-
weis die Laborergebnisse akzeptieren.

Rainer Arnold (SPD): Dann noch mal: Es
wurden ja alternative Plattformen untersucht.
Können Sie was zu den zumindest grob er-
rechneten Kosten dieser Plattformen sagen,
sowohl für das Fluggerät, für die zusätzlich
notwendige Integration des Missionssystems
und auch für weitere Dinge, die ich jetzt
möglicherweise nicht auf meinem Schirm
habe?

Zeuge Harald Stein: Nein, kann ich
Ihnen nichts zu sagen.

Rainer Arnold (SPD): Aber Sie sagten
doch vorhin, dass es in etwa in der Größen-
ordnung ist, wie die Serienbeschaffung ge-
kostet hätte.

Zeuge Harald Stein: Sie haben ja auch
noch die weiteren Kosten jetzt im Rahmen
der Nutzung angesprochen, -

Rainer Arnold (SPD): Ja, okay.

Zeuge Harald Stein: - und das kann ich
Ihnen nicht sagen.

Rainer Arnold (SPD): Aber Sie haben
das vorhin gesagt, das wäre etwa in dieser
Größenordnung.

Zeuge Harald Stein: Ja, das ist - -

Rainer Arnold (SPD): Wie ist das dann
kompatibel mit der ursprünglichen Aussage -
auch in den Vorlagen, die wir erhalten ha-
ben -, dass das Konzept Global Hawk deut-
lich billiger wäre als eine bemannte Plattform,
wenn man jetzt sagt, obwohl zusätzliche
Kosten der Integration ja noch mal entste-
hen, wird es nicht teurer als Global Hawk?
Es kann nur eines von beidem stimmen.

Zeuge Harald Stein: Die Aussage, die
ich gemacht habe bezüglich der AF, dort
waren sowohl die Beschaffungskosten als
auch die Nutzungskosten über einen Zeit-
raum von 20 Jahren beschrieben und ge-
geneinander gestellt, und dort war der Global
Hawk eine kostengünstigere Alternative.

Rainer Arnold (SPD): Wie waren Sie - -
Entschuldigung. Waren Sie fertig? Ich wollte
Sie nicht unterbrechen, Herr Stein.

Zeuge Harald Stein: Ich war fertig.

Rainer Arnold (SPD): Okay. - Wie wur-
den Sie in die Entscheidung eingebunden,
möglicherweise auch Empfehlungen ge-
macht, auf die Serienbeschaffung zu ver-
zichten?

Zeuge Harald Stein: Ich persönlich
wurde in die Entscheidung nicht eingebun-
den, sondern es ist eine Vorlage gemacht
worden, die auch in der Ad-hoc-Arbeits-
gruppe beschrieben worden ist, wo eben die
Kosten zu detaillieren waren, die bei einer
Musterzulassung wohl der ursprünglichen
Form hätten entstehen können, und es gab
eine unterschiedliche erste Abschätzung von
100 Millionen, die dann letztendlich über den
Leiter ML in die Größenordnung zwischen
500 und 600 Millionen korrigiert worden sind
und dieses auch durch die IABG bestätigt
worden ist.

Rainer Arnold (SPD): Wer hat die Ent-
scheidung vorbereitet fachlich?

Zeuge Harald Stein: Wir haben die Zah-
len geliefert, was eine Musterzulassung
kosten würde, wenn man so weitermacht.

Rainer Arnold (SPD): Sie sagten vorhin:
„Die Risiken wurden als beherrschbar einge-
schätzt.“ Was heißt das wirklich? Welche
Risiken hat man identifiziert, und wie hat
man, wenn sie beherrschbar sind, dann die
Lösungswege gesehen?

Zeuge Harald Stein: Die Risiken, die ich
als beherrschbar dargestellt habe, sind die
technischen Risiken. Ein solches Projekt hat
viele Einflüsse, denen es unterliegt und de-
nen man dann mit entsprechenden Maß-
nahmen begegnen muss. Und das sind zum
Beispiel: Nichtzurverfügungstellung von ir-

Drucksache 17/14650 – 536 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 140
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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gendwelchen Beistellteilen, Schulungsaktivi-
täten, die aus verschiedensten Gründen nicht
laufen können, technische Risiken, dass
Obsoleszenzen auftreten, die mit entspre-
chenden Maßnahmen dann eliminiert werden
müssen.

Das sind Risiken, die aus meiner Sicht
beherrschbar sind.

Rainer Arnold (SPD): Okay. Können Sie
uns noch kurz schildern, wie es dann zur
Unterzeichnung kam, nachdem der Prüfer in
den Vereinigten Staaten war und doch ein
sehr deutliches Dokument geschrieben hat,
dass er nicht qualifiziert ist und zugelassen
ist? Das hat ja dann ein anderer unterzeich-
net. Wer war der andere, und wie kam es zu
dieser Lösung? Und war er qualifiziert? Und
wie geht man mit so einer Frage um, dass
jemand schreibt, er darf das eigentlich gar
nicht - er unterschreibt es auch nicht -, und
dann unterschreibt einfach ein anderer?

Zeuge Harald Stein: Der Fall, den Sie
jetzt schildern, der ist mir in der Form nicht
bekannt.

Rainer Arnold (SPD): Es war der Prüfer
im Jahr 2009 bei NG: Hat deutlich zurück-
gemeldet, dass er nicht die notwendigen
Qualifizierungen hat. Er hat keine Lizenz
nach ZDv 19/1, und er hat dann auch nicht
unterschrieben. Und deshalb hat ein anderer
von einem anderen Amt unterschrieben, und
der Spiegel - das zitiere ich aus dem Spie-
gel - hat ja dann vermerkt, wer dann später
auch für eine Leistungsprämie vorgeschla-
gen worden ist.

Zeuge Harald Stein: Also der Zusam-
menhang, der dort im Spiegel dargestellt ist,
der ist nicht richtig dargestellt.

Rainer Arnold (SPD): Wie ist er dann?
Deswegen frage ich ja.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege Arnold.

Rainer Arnold (SPD): Meine erste Frage
war, ob er kurz schildern kann, wie das da-
mals lief.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Nein.

Rainer Arnold (SPD): Aber ich akzep-
tiere das. Wir können ja dann noch mal,
wenn wir wollen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ja, wir können noch mal. - Jetzt hat die FDP
das Wort. Herr Kollege Spatz.

Joachim Spatz (FDP): Ja, ich habe auch
nur eine Frage. Kollege Arnold hat vorhin Sie
angesprochen auf, ich sage mal, die Zulas-
sungsproblematik im Hinblick auf die Kündi-
gung des geschlossenen Vertrages, und Sie
haben wieder rekurriert, wie auch vorher
schon, auf Erfahrungen aus dem Überfüh-
rungsflug. Meine Frage zielt auf ein paar
Jahre früher, wo - ich wiederhole noch mal -
bei der AF SLWÜA 2004 bereits Abstand
genommen worden ist vom Ziel der Teil-
nahme am allgemeinen Luftverkehr, nicht
erst aufgrund von Erfahrungen, nicht erst
zum Zeitpunkt, wo ein Vertrag zu kündigen
gewesen wäre; den gab es zu diesem Zeit-
punkt nicht.

Und Sie sagten vorhin: Wenn wir darauf
bestanden hätten, das nicht abzuspecken,
hätte die Industrie den Rückzug aus dem
Projekt angetreten. Stimmt das? Habe ich
das so richtig verstanden?

Zeuge Harald Stein: Nein, das habe ich
nicht gesagt.

Joachim Spatz (FDP): Sondern?

Zeuge Harald Stein: Ich habe gesagt, ich
wäre davon ausgegangen, dass die Industrie
so hätte handeln können - reine Spekula-
tion -; denn ich wusste, dass die Industrie
sich sehr hartleibig angestellt hat bei den
Vertragsverhandlungen. Das war meine Aus-
sage.

Und die SFF, die Sie zitieren: Sie bezieht
sich auf die Teilnahme am Luftverkehr in der
Kategorie 3.

Joachim Spatz (FDP): Was die beiden
Gutachten, die am Anfang des Projektes
standen, so auch eingefordert haben.

(Rainer Arnold (SPD): Das ist erst
im Jahr 2020 möglich! Das wissen
wir doch!)

- Ja, Moment. Die Frage ist doch nur - und
da hätte ich schon gern Ihre Einschätzung
gewusst -, ob nicht ein Zeitpunkt, wo man
weiß, dass eine wesentliche Forderung -

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 537 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 141
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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eine, die mal wesentlich gewesen ist - viel-
leicht technisch, vielleicht unter entsprechend
kalkulierbarem Aufwand nicht erfüllbar ist - -
ob das nicht die Sollbruchstelle ist, bei der
man sagt: Wir brechen entweder ab oder
warten, bis die technischen Voraussetzungen
gegeben sind. Eben schon zu diesem Zeit-
punkt!

Zeuge Harald Stein: Herr Abgeordneter,
die Forderung nach einem Ersatzsystem für
die Breguet Atlantic war nach wie vor da und
wurde auch mit dieser SFF noch mal ent-
sprechend bestätigt. Von daher war für uns
die Forderung, eine, ja, in die Zukunft ge-
richtete Forderung. Und zum damaligen Zeit-
punkt war man noch nicht in der Lage, abzu-
schätzen, wie lange eine solche Entwicklung
eines Sense and Avoid Systems dauern
würde.

Auch wenn ich die AF des Schützenpan-
zers Puma als Vergleich zu dem jetzt reali-
sierten Puma mir anschaue, stehen dort
auch viele Forderungen drin, die letztendlich
das System nicht realisieren kann.

Joachim Spatz (FDP): Sind das Forde-
rungen, die die Zulassung, also die Nutzbar-
keit des Systems, wesentlich berühren, wie
das in unserem Fall der Fall ist?

Zeuge Harald Stein: En détail kann ich
es Ihnen jetzt nicht sagen. Ich weiß nur, dass
es so ist, dass die AF eine wesentlich grö-
ßere Bandbreite damals hatte und aus ver-
schiedenen sowohl technischen als auch
kommerziellen Gründen man sich von der
einen oder anderen Forderung dann trennen
musste.

Joachim Spatz (FDP): Aber Sie können
mir schon zustimmen, dass wir von einer
Forderung Abstand genommen haben, die
zum heutigen Zeitpunkt dazu führt, dass wir
nur mit erheblichem Aufwand das Ding über-
haupt nutzen können?

Zeuge Harald Stein: Da stimme ich
Ihnen zu.

Joachim Spatz (FDP): Besten Dank. -
Das war es von unserer Seite.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut. - Dann kommt die Fraktion Die Linke.
Frau Kollegin Höger.

Inge Höger (DIE LINKE): Danke, Frau
Vorsitzende. - Herr Stein, der ehemalige
Minister Jung hat uns gestern hier in der
Befragung gesagt, dass er in seiner Amts-
zeit, in die ja der Vertragsabschluss fällt, sehr
darauf gedrungen habe, dass in den Vertrag
eine Gewährleistungsverpflichtung der In-
dustrie reinverhandelt wird. Sie haben nun
vorhin in Ihren Einlassungen gesagt, es gelte
die Bemühensklausel. Das widerspricht ja
einer Gewährleistungspflicht. Wie erklären
Sie das?

Zeuge Harald Stein: Wir haben ver-
schiedene Anteile in dem Vertrag. Zum Bei-
spiel die Lieferung des Screen Aircraft, also
des UAV, ist eine Werkleistung, und die un-
terliegt der Gewährleistung.

Inge Höger (DIE LINKE): Aber die Mus-
terzulassung nach dem Luftverkehr, die un-
terliegt dann nicht der Gewährleistung, son-
dern die musste erbracht werden?

Zeuge Harald Stein: Im Bereich der
Musterzulassung gibt es einen Teil, der ein-
deutig als Werkleistung zu sehen ist, und das
ist die Lieferung des Musterprüfrahmen-
planes.

Inge Höger (DIE LINKE): Sie haben vor-
hin immer verwiesen auf die ZDv 19/1, die
Voraussetzung gewesen sei und auch Ver-
tragsbestandteil. Was ist denn darin genau
geregelt? Dass ich mir das noch mal vor-
stellen kann!

Zeuge Harald Stein: Da muss ich pas-
sen. Ich bin nicht der Spezialist der 19/1.

Inge Höger (DIE LINKE): Wann ist Ihnen
bekannt geworden, dass Northrop Grumman
die Zulassungsberichte nicht liefern kann
oder wird, und was für Konsequenzen haben
Sie daraus gezogen?

Zeuge Harald Stein: Die Probleme mit
den entsprechenden Musterzulassungs-
unterlagen wurden Ende des Jahres 2011
entsprechend kommuniziert. Sie traten auch
in unseren Controllingberichten auf. Und eine
Verschärfung in irgendwelcher Form der
Kommunikation wurde schon durch das Vor-
haben vorgenommen, dass man entspre-
chende Program Reviews gemacht hat,
halbjährlich, zweiwöchentlich Telefonkonfe-

Drucksache 17/14650 – 538 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 142
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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renzen, oder auch sich mit den Partnern auf
der, ja, Regierungsseite ausgetauscht hat,
um diese Probleme aus der Welt zu schaf-
fen.

Inge Höger (DIE LINKE): Und vor 2011
haben Sie nie davon erfahren, dass es
eventuell Probleme mit der Luftverkehrs-
zulassung gibt? Oder mit der Musterzulas-
sung? Wie auch immer.

Zeuge Harald Stein: Wir haben diverse
Besprechungen gehabt. Aber seitens der
Fachtechnik wurden die Probleme als lösbar
dargestellt.

Inge Höger (DIE LINKE): Also, Herr
Schneiderhan hat hier gestern gesagt, dass
von 2004 Probleme bekannt waren. Er hat
zwar auch gesagt, dass das als lösbar er-
schienen ist. Aber man hätte die Bedenken,
die Hinweise ja ein bisschen ernster nehmen
können, dass es da ernsthafte Probleme gibt.

Dann noch mal zu der Gewährleistung:
Wenn das Bestandteil des Vertrages war,
dass die Musterzulassung erbracht werden
muss von Northrop Grumman, dann müssten
ja in dem Moment, wo die Voraussetzungen
nicht gegeben sind, weil die entsprechenden
Verträge usw. nicht zugänglich sind, Konse-
quenzen gezogen werden: Vertragsänderun-
gen, Kündigungen. Es ist zwar eben schon
nach der Sollbruchstelle gefragt worden,
aber ich verstehe es immer noch nicht.

Zeuge Harald Stein: Frau Abgeordnete
Höger, ich möchte noch mal auf mein Ein-
gangsstatement zurückkommen. Dieses
Thema wird durch eine Anwaltskanzlei unter-
sucht: inwieweit die Musterzulassung und die
Bereitstellung der Unterlagen eine geschul-
dete Leistung ist oder ob sie der Bemü-
hensklausel unterliegt. Und meine Aussage
ist die, dass ich sagen kann, dass die Liefe-
rung des Musterprüfrahmenplanes eine
Werkleistung ist. Und wir haben auch auf-
grund von Schlechtlieferungen in verschie-
denen Stadien entsprechende Einbehalte
gemacht.

Inge Höger (DIE LINKE): Sie haben ja
dann das Modell der vorläufigen Zulassung
gewählt, um ISIS zu Ende testen zu können.
Also war das Entscheidende für Sie in dem
Moment, ISIS zu Ende zu testen?

Zeuge Harald Stein: Das war die Ent-
scheidung, dass wir die Ergebnisse dieses
neuen Systems, wo wir auch die entspre-
chenden Rechte daran haben, für uns nutzen
wollten.

Inge Höger (DIE LINKE): Und wenn Sie
Ende September das System abnehmen,
was ja ein Problem ist mit der Gewährleis-
tung wahrscheinlich: Was machen Sie dann
damit? Können Sie es verkaufen oder nut-
zen?

Zeuge Harald Stein: Die Entscheidung
ist noch nicht getroffen. Das hängt von den
Alternativuntersuchungen ab, die jetzt noch
laufen derzeit.

Inge Höger (DIE LINKE): Aber EADS hat
dann ein System, das es auch anderweitig
verkaufen kann, weil es ausgetestet ist?

Zeuge Harald Stein: Die Rechte liegen
auch bei uns, und von daher ist EADS si-
cherlich nicht in der Lage, ein solches Sys-
tem an andere Kunden zu veräußern.

Inge Höger (DIE LINKE): Wir hatten vor-
hin hier ein Gespräch mit dem Personalrat,
der darauf hingewiesen hat, dass die Perso-
naldecke für die Musterprüfungen bei Ihnen
im Amt sehr dünn war, dass es nicht genü-
gend erfahrene, ausgebildete Mitarbeiterin-
nen und Ingenieure gab. Wie sind Sie mit
dieser Problematik umgegangen?

Zeuge Harald Stein: Es stimmt: Wir hat-
ten in den vergangenen Jahren immer wieder
Probleme, technischen Nachwuchs vom
Markt zu akquirieren, und dieses speziell im
Luft- und Raumfahrtbereich, im Bereich des
Schiffbaus und auch in dem Elektronik-
bereich. Wir haben verschiedene Maßnah-
men unternommen, um einen höheren Anreiz
für den öffentlichen technischen Dienst zu
schaffen, zum Beispiel die Erhöhung der
Anwärterbezüge durch einen Zuschlag oder
auch durch Einführung eines Studienganges
im zivilen Bereich.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So, jetzt gebe ich Bündnis 90/Die Grünen
das Wort. Das Wort hat der Kollege Lindner.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Vielen Dank. - Herr Präsident

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 539 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 143
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Stein, ich möchte mit dem CPM anfangen.
Der CPM, der zur damaligen Zeit galt, führt ja
unter 5.2.1. aus, dass ein Unternehmen, das
interessiert ist, eine Leistung zu erbringen,
vor Erteilung des Lieferauftrages die Her-
stellbarkeit - und dann heißt es wörtlich -
„einschließlich der Zulassungsfähigkeit“ er-
bringen muss. Wie erklären Sie sich dann
diesen Beschaffungsauftrag, wenn nach dem
damals gültigen CPM das Unternehmen die
Zulassungsfähigkeit sicherstellen muss vor
Erteilung des Lieferauftrags?

Zeuge Harald Stein: Die Frage „CPM als
Vorgabe“ ist sicherlich zu stellen. Aber in-
wieweit die Vorgaben des CPM in den ein-
zelnen Projekten dann eins zu eins umge-
setzt werden können, das ist die Situation,
der jeder Vertragsverhandler ausgesetzt ist.

Wir haben in dem Vertrag ja entspre-
chende Anlagen, die eben auf den Muster-
prüfrahmenplan hinweisen. Wir haben auf die
ZDv 19/1 entsprechend hingewiesen im Ver-
trag, und damit waren zumindest die Anfor-
derungen für die Industrie klar, denen sie
unterlag.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aber um das klarzustellen: Es ist
nicht sichergestellt worden, durch die Indus-
trie auch irgendwie sichergestellt worden,
dass das Produkt zulassungsfähig ist, son-
dern es waren nur die Anforderungen klar,
dass eine Zulassungsfähigkeit eine Anforde-
rung ist, über die die Rechtsmeinung dann
streitig ist, ob die zu erbringen ist?

Zeuge Harald Stein: Ja.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Gehe ich weiterhin richtig in der
Annahme, dass ich für den Betrieb eines
Luftfahrzeuges sowohl in Kategorie 2 als
auch in Kategorie 3 eine irgendwie geartete
Zulassung, sei es eine Musterzulassung oder
eine Vorläufige Verkehrszulassung, benöti-
ge?

Zeuge Harald Stein: Wir brauchen eine
Musterzulassung in Kategorie 2 und 3.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das heißt, der erste Schritt, wenn
ich die Serie hätte betreiben wollen, ist eine
Zulassung - eine Musterzulassung -, völlig
unabhängig davon, ob ich Kategorie 2 oder 3

benötige oder in Form von Kategorie 2 oder
3 am allgemeinen Luftverkehr teilnehmen
will?

Zeuge Harald Stein: Es ist richtig, dass
wir eine Musterzulassung benötigen. Andere
Alternativen, die die ZDv 19/1 für eine Ver-
kehrszulassung uns gegeben hat, wurden
geprüft und als nicht durchführbar bewertet.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das heißt ja dann auch, dass die
Frage „Kategorie 2 oder Kategorie 3?“ erst
mal keine Frage der Zulassung ist, sondern
eine Frage davon ist, ob ich ein Sense and
Avoid System in dem Luftfahrzeug drin
habe?

Zeuge Harald Stein: Das sehe ich so, ja.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie haben vorhin, wenn ich Sie
richtig verstanden habe, gesagt, dass erst-
mals Probleme mit der Zulassung rund um
den Zeitpunkt des Überführungsfluges be-
kannt wurden. Ist das richtig?

Zeuge Harald Stein: Das ist richtig, so
wurde es von unserer Fachtechnik bestätigt.
Wir hatten im Hinblick auf die Erweiterung
der Vorläufigen Verkehrszulassung - ent-
sprechende Forderungen für die Erpro-
bungsflüge in Deutschland - Dokumente und
Unterlagen angefordert, die dann auch ge-
liefert wurden, und es wurde festgestellt,
dass die Qualität der gelieferten Dokumente
zum einen nicht unseren Anforderungen
entsprach, und es wurde offensichtlich, dass
es für verschiedene Bereiche überhaupt
keine Dokumente gab, die wir forderten.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aber es ist auch richtig, dass in
Projektberichten die Frage der Zulassung
auch schon vor dem Überführungsflug als
kritisch bzw. als sehr kritisch gekennzeichnet
wurde?

Zeuge Harald Stein: Das ist richtig, ja.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Waren Ihnen diese Projekt-
berichte bekannt?

Zeuge Harald Stein: Die Projektberichte
sind mir in der Form nicht bekannt, sondern

Drucksache 17/14650 – 540 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 144
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

es gibt ein Vorhabencontrolling. Ich gehe
davon aus, dass Sie darauf abzielen. In einer
vierteljährlichen Bewertung der wichtigsten
Vorhaben wird der Leitung entsprechend
berichtet, welche Veränderungen es gege-
ben hat. Aufgrund solcher Berichte ist dann
auch entweder die Vorlage eines aktuellen
Sachstandes zum Vorhaben oder auch ein
Vortrag entschieden worden. Solche Vor-
träge hat es gegeben in dieser Zeit bei der
Leitung, und dort wurde das Problem ent-
sprechend dargestellt, aber nach wie vor als
lösbar.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wann wurde das ISIS-Modul
denn in den Träger eingebaut, zu welchem
Zeitpunkt?

Zeuge Harald Stein: Das ist nach dem
Überführungsflug geschehen. Es gab, soweit
ich weiß, einen Integrationstest noch in den
USA, aber das wirkliche ISIS-System ist
dann erst nach dem Überführungsflug in
Manching eingebaut worden.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wäre es zu diesem Zeitpunkt
denn auch technisch möglich gewesen, das
ISIS-Modul in ein anderes Luftfahrzeug ein-
zubauen, um dann die Integration in Bezug
auf dieses Luftfahrzeug zu testen?

Zeuge Harald Stein: Ich muss jetzt als
Ingenieur versuchen zu antworten. Wenn
man sich überlegt, dass die Empfangsanten-
nen und die ganzen Bewertungen der
Struktur im Hinblick auf Abstrahlverhalten
und Erfassungsverhalten auf dieses Flug-
gerät optimiert und die Software darauf ein-
gestellt worden ist, so sehe ich es als un-
möglich an, innerhalb kürzester Zeit das
System jetzt auf einen neuen Träger zu im-
plementieren.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön. - Jetzt fangen wir wieder von
vorne an. CDU? - Nein. SPD? - Bitte schön,
Herr Kollege Arnold.

Rainer Arnold (SPD): Einfach, weil Kol-
lege Spatz glaubt, dort immer wieder den
Geburtsfehler zu finden mit der Zulassung
Kategorie 2 oder 3: Würde Kategorie 2 erfüllt
mit einer Musterzulassung für die Serie,
könnte dann das ursprüngliche Konzept der

Aufklärung mit operativen Vorgaben auch in
der Kategorie 2 erfüllt werden?

Zeuge Harald Stein: Ich bin jetzt kein
Operateur, aber die Kategorie 2 bedeutet ja
nur, in welcher Form man am Luftverkehr
teilnehmen kann. Die Erfassung der entspre-
chend gewünschten Emitter findet ja dann in
einer entsprechenden Höhe statt. Solange
man diese Höhe erreichen kann unter den
Einschränkungen der Kategorie 2 oder mit
den Möglichkeiten der Kategorie 3 im Be-
reich Teilnahme am normalen Luftverkehr,
hat das mit den Erfassungsergebnissen aus
meiner Sicht nichts zu tun.

Rainer Arnold (SPD): Also, wenn man in
einer gesperrten Box in diese Höhe kommt,
kann man den Auftrag erledigen?

(Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Da
wäre ein Ja nicht schlecht!)

Und habe ich das vorhin auch richtig ver-
standen, dass diese Abstufung von „Muss“
Kategorie 3, „Soll“ Kategorie 2 in erster Linie
was damit zu tun hat, dass man ja doch
deutlicher gesehen hat: Kategorie 3 ist ein
Wunschziel, und man weiß noch nicht mal so
genau - damals hat man noch weniger ge-
wusst -, wann die Europäer in die Puschen
kommen? Und deshalb hätte ich auch Ver-
ständnis, wenn die Wirtschaft sagt: Das kann
ich gar nicht unterschreiben, weil ich ja gar
nicht weiß, ob ich das Ziel in den nächsten
20 Jahren erreiche. Ist das eine falsche Be-
wertung, oder?

Zeuge Harald Stein: Dem kann ich mich
anschließen.

Rainer Arnold (SPD): Okay. Vielen
Dank. - Dann, was mich auch noch interes-
sieren würde: Wir haben heute auch schon
mit anderen Zeugen darüber gesprochen,
dass es einen gewissen Druck gab, ISIS
schnellstmöglich testen zu können, und dass
man auch deshalb den alternativen Weg
gesucht hat, statt der Musterzulassung auf
die VVZ zu kommen. Welche Gründe hat es
gegeben, dass das bei ISIS so geeilt hat?
Wenn ich das richtig sehe, wird das Teil jetzt
eine ordentliche Zahl von Jahren irgendwo
lagern.

Zeuge Harald Stein: Das ist eine Konse-
quenz, die jetzt aus der derzeitigen Situation
erwächst. Unser Ziel und unser Auftrag war,

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 541 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 145
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

2008 - so war ursprünglich die Vorgabe in
der AF - ein funktionsfähiges System entwi-
ckelt zu haben, um dann in die Serie zu ge-
hen. Durch unterschiedliche Gründe ist das
gesamte Vorhaben dann in Verzug geraten,
und von daher war natürlich die Bestrebung
da, möglichst schnell und zügig zu entspre-
chenden Ergebnissen auch im Bereich ISIS
zu kommen.

Rainer Arnold (SPD): Das verstehe ich
aber jetzt nicht ganz, weil zum gleichen
Zeitpunkt hat man ja festgestellt, dass die
Musterzulassung für die Serie - wenn über-
haupt - in weiter Ferne liegt. Deshalb noch
mal: Ich verstehe nicht, warum man dann bei
ISIS Eile hat, wenn man sieht, dass das an-
dere möglicherweise gar nichts wird oder
weit weg ist.

Zeuge Harald Stein: Wir haben die
Musterzulassung in die Serie verlegt, um
auch einen klaren Konstruktionsstand - so
war die Hoffnung - für die Serie zu haben
und nicht ein System, was auf einem ver-
alteten Konstruktionsstand basierte, mit der
Musterzulassung zu belegen. Von daher war
das Entwicklungsziel ein anderes: dass wir
den Nachweis liefern, dass ein entsprechen-
des Aufklärungssystem mit einem UAV in
dieser Höhe funktioniert.

Rainer Arnold (SPD): Wir reden ja nicht
nur über Geld und über Kosten, sondern wir
reden auch über Fähigkeitslücken. Wären wir
schneller zu einer anderen Lösung gekom-
men, wenn man spätestens, als man gese-
hen hat, die Serie wird nichts mehr oder ist
nicht zu finanzieren, wenn man spätestens
dort gesagt hätte: Dann gehen wir sofort in
die Entwicklung der Alternativen?

Zeuge Harald Stein: Das ist eine Be-
wertung, und da möchte ich keine Aussage
zu machen.

Rainer Arnold (SPD): Ich habe keine
Fragen, aber Kollege Bartels noch.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sie, wie
auch manche Ihrer Mitarbeiter, die wir schon
gehört haben, beziehen sich ja immer - das
kann ich gut verstehen - darauf, dass Sie
einen Auftrag haben. Der Auftrag ist: Ent-
wickle den Full Scale Demonstrator, das
Flugzeug und diese Aufklärungsmissionsaus-

rüstung. Dieser Auftrag ist ja nie verändert
worden, insofern mussten Sie das tun. Ist
das richtig?

Zeuge Harald Stein: Das ist richtig. Der
Auftrag ist nie verändert worden. Nichts-
destotrotz erwarte ich von jedem meiner Mit-
arbeiter, dass er dann, wenn irgendwo große
Probleme auftauchen, die uns entsprechend
zugänglich macht und wir die Möglichkeit
haben, entsprechend zu unterstützen oder zu
reagieren.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Zu wel-
chem Zeitpunkt war Ihnen klar, dass es nicht
zur Beschaffung der Serie kommen kann?

Zeuge Harald Stein: Das wurde erst im
Laufe des Jahres 2012 offensichtlich, nach-
dem die Erkenntnis war, dass es mit der
Musterzulassung solche Probleme gibt, und
dann die ersten Kostenschätzungen auftra-
ten.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Also, Sie
waren nicht eingebunden in diesen Ent-
scheidungsweg, aber Sie waren natürlich in
den Meldeweg eingebunden, insofern: Da ist
es Ihnen klar geworden.

Wenn nun ein alternativer Träger für das,
was bei ISIS rauskommt, gefunden werden
muss, dann wird das ja nicht so etwas sein
wie Global Hawk, sondern ein Flugzeug, was
halb so hoch fliegt, bemannt ist, auch weni-
ger als halb so lange vermutlich fliegen kann
und Leute mitnehmen muss, die man be-
zahlen muss. Das wird alles ganz anders
sein. Ist es richtig, dass eine Alternativlösung
weniger gut sein wird als das, was man an-
gestrebt hat mit Euro Hawk?

Zeuge Harald Stein: Die Alternativlösung
wird anders sein -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Weniger
können!

Zeuge Harald Stein: - und wird Konse-
quenzen im Einsatz haben, allein schon
durch die Höhe. Man wird sicherlich mit an-
deren Antennenkonfigurationen das eine
oder andere an Höhe ausgleichen können.
Es hängt dann vom Träger ab, welche Steh-
zeit ein Träger hat, um die Einsatzdauer
damit entsprechend zu beeinflussen, und es

Drucksache 17/14650 – 542 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 146
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

hat auf jeden Fall eine Konsequenz auf die
Leistungsfähigkeit.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Es wird
nicht besser, es wird weniger gut sein? Von
dem angestrebten Ergebnis, das man mit
Euro Hawk erzielen wollte, werden Sie einen
bestimmten Prozentsatz nur erreichen?

Zeuge Harald Stein: Wenn wir von den
technischen Fähigkeiten ausgehen, ja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sie haben
uns und werden uns ja auch nicht verraten
wollen, wie viel es kostet, die einzelnen An-
zahlen. Aber vielleicht können Sie uns sa-
gen, wie lange es dauert?

Zeuge Harald Stein:Was?

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Die Alter-
nativlösung, die ja kommen soll, funktions-
fähig zu haben, also an die Luftwaffe zu
übergeben.

Zeuge Harald Stein: Das kann ich Ihnen
auch nicht sagen. Denn zum einen ist die
Lösung ja noch nicht ausgewählt, und zum
anderen müssen dann noch entsprechende
Integrationsuntersuchungen und Anpassun-
gen an die Zelle durch Anbringung von An-
tennen und so was gemacht werden.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ist das
eine Frage von Monaten?

Zeuge Harald Stein: Ich bin nicht der
Spezialist, der Ihnen jetzt sagen könnte: Das
dauert soundso viele Monate oder soundso
viele Wochen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ich hätte
jetzt gehofft, dass Sie sagen: „Es ist eine
Frage von Jahren“, und dann vielleicht eine
Größenordnung von Jahren aufgrund der
Erfahrung, die Sie haben mit den unter-
schiedlichsten Projekten, unter anderem
diesem.

Zeuge Harald Stein: Das ist reine Spe-
kulation.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sie sind
beauftragt mit diesen Spekulationen, nicht
von uns, sondern von Ihrer vorgesetzten
Dienststelle.

Zeuge Harald Stein: Aber diese Speku-
lation oder diese Aussagen mache ich erst
aufgrund fundierter Studienergebnisse, und
die liegen zurzeit nicht vor, sowohl zum Trä-
ger nicht als auch erst recht nicht zur Inte-
gration und zu den Kosten oder Zeiten.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Also,
wenn wir sagen: „Herr Stein schließt nicht
aus, dass es sehr schnell gehen wird“, ist
das richtig?

Zeuge Harald Stein: Das ist richtig.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Es kann
sehr schnell gehen?

(Heiterkeit)

Zeuge Harald Stein: Geschickt gemacht.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wir wol-
len ja Ihre dienstliche Erfahrung und Befas-
sung mit dem Thema hier möglichst nutzen
können für das Aufklärungsziel, das wir ha-
ben. Es ist ja auch ein Aufklärungsaus-
schuss, und deshalb wäre das gut. Also, wir
stellen fest: Es gibt eine Menge Dinge, die
sich nicht aufklären lassen, etwa wie lange
es dauert, jetzt eine Alternative zu haben,
was die können wird, wie teuer es geworden
wäre, wenn man das andere weiterentwickelt
hätte. Waren Sie fest der Meinung, dass es
richtig ist, nicht weiter - - also nicht weiter das
Geld - - also noch mal zu gucken: „Wie teuer
wird es?“, und dann doch die Zertifizierung
für die Serie zu machen?

Zeuge Harald Stein: Das ist jetzt wieder
eine Meinung, die Sie von mir - -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Nein,
nicht eine Meinung. Sie müssen ja eine
dienstliche Position dazu gehabt haben. Sie
sind ja nicht Präsident für „Meinen und Da-
fürhalten“, sondern für „Entscheiden und
Weiterleiten“.

Zeuge Harald Stein: Diese Entscheidung
muss derjenige treffen, der diese Fähigkeit
fordert, ob er bereit ist, ein zusätzliches Ri-
siko, das mit Geld zu hinterlegen ist, einzu-
gehen, um diese Fähigkeit mit den Möglich-
keiten, die das System bietet, weiter zu for-
dern.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 543 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 147
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das
heißt, Sie machen sich das nicht zu eigen?

Zeuge Harald Stein: Es ist nicht meine
Aufgabe, dort eine Entscheidung zu treffen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Okay. -
Vielen Dank.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Die FDP.

Joachim Spatz (FDP): Ich habe dann
doch noch eine Frage, um das endgültig zu
klären. Braucht man für den dauerhaften
Betrieb einer potenziellen Serie, wenn auch
nur in Kategorie 2, die Musterzulassung, ja
oder nein?

Zeuge Harald Stein: Man braucht die
Musterzulassung in der Kategorie 2. Die
Alternativen, die es noch gegeben hätte, die
Serie unter einer VVZ wie jetzt den Proto-
typen zu nutzen, wurde ausgeschlossen, und
die zweite Alternative, dass der Inspekteur
der Luftwaffe aufgrund möglicher amerika-
nischer Zulassungspapiere und Hinzufügung
einer Sicherheitserklärung durch den Lei-
ter ML auch eine Verkehrszulassung hätte
aussprechen können, schied auch aus; denn
bei dieser Alternative wäre immer noch eine
Musterzulassung im Hintergrund gefordert
gewesen.

Joachim Spatz (FDP): Das heißt, wenn
man die von Ihnen zuletzt genannten beiden
Dinge aus übergeordneten Gründen aus-
schließt, heißt Verzicht auf Musterzulassung
Verzicht des dauerhaften Betriebes einer
Serie auch in Kategorie 2; von 3 will ich gar
nicht reden. Ist das korrekt?

Zeuge Harald Stein: Das ist korrekt.

Joachim Spatz (FDP): Besten Dank.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So, jetzt kommt die LINKE.

Inge Höger (DIE LINKE): Noch einmal
zum Zeitpunkt der Probleme mit Northrop
Grumman und auch, dass es keine Muster-
zulassung geben würde. Hätte man nicht
2009, als es sich herausstellte, das Projekt
schon ganz neu bewerten müssen, um zu

sehen, wie man dann zu dem von Ihnen ge-
wünschten Ergebnis kommen kann?

Zeuge Harald Stein: Ich weiß jetzt nicht,
auf welche Informationen Sie im Jahre 2009
abzielen.

Inge Höger (DIE LINKE): Der Bundes-
rechnungshof sagt, 2009 hätte das Projekt
neu bewertet werden müssen.

Zeuge Harald Stein: Es ist das Recht
des Bundesrechnungshofes, eine solche
Aussage zu machen; aber man muss sich
nicht unbedingt dieser Bewertung anschlie-
ßen. Für uns ist diese Tragweite erst ab dem
Jahre 2011 klar geworden, dass die Muster-
zulassung mit höheren Kosten sich dann
auswirken wird. Im Jahre 2009 - so belegen
alle Berichte - war dieses Problem als be-
herrschbar eingestuft.

Inge Höger (DIE LINKE): Aber 2009 ha-
ben Sie ja entschieden - ich weiß jetzt nicht,
ob Sie oder im Ministerium; das ist auch
noch die Frage: wer hat entschieden? -, das
Projekt erst mal nur mit einer vorläufigen
Zulassung weiterzuverfolgen.

Zeuge Harald Stein: Dieses war im Fe-
bruar 2010 bei einer Projektbesprechung
anlässlich einer Zusammenkunft Ministerium,
Rüstungsabteilung, FüL, Projektleitung und
Firma, und auf Vorschlag der Industrie wurde
dort die Empfehlung angenommen, dass
man auf die Musterzulassung des Prototypen
verzichtet, weil ein Konstruktionsstand ab-
sehbar für die Serie ein anderer sein wird.
Deswegen hat man entschieden, die Serie
erst mit der Musterzulassung zuzulassen.

Inge Höger (DIE LINKE): Sie sagen, in
einem Gespräch Ministerium, Sie, Industrie,
aber Vorschlag der Industrie. - Northrop
Grumman oder EADS oder beide?

Zeuge Harald Stein: Ich war selbst nicht
dabei. Unser Auftragnehmer ist die Euro-
Hawk GmbH. Wer den Vortrag gehalten hat,
kann ich Ihnen nicht sagen.

Inge Höger (DIE LINKE): Ist in dem Zu-
sammenhang oder auch anschließend Druck
auf Sie ausgeübt worden, das Projekt auf
jeden Fall fortzusetzen?

Drucksache 17/14650 – 544 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 148
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Harald Stein: Es ist zu keinem
Zeitpunkt Druck auf mich ausgeübt worden.

Inge Höger (DIE LINKE): Und in dem Zu-
sammenhang mit dem fehlenden Personal
haben Sie selber umgeschichtet, um dafür zu
sorgen, dass die Prüfungen ausreichend
sichergestellt werden konnten?

Zeuge Harald Stein: Ich habe beantragt,
dass entsprechende attraktivitätssteigernde
Maßnahmen vorgenommen werden, unter
Hinweis auf unseren Ingenieurmangel, den
wir im Hause haben, und ich bin sehr enga-
giert, gerade was den technischen Nach-
wuchs angeht, auch als zuständiger Abtei-
lungsleiter im Oberprüfungsamt für den tech-
nischen Nachwuchs. Von daher ist es meine
Überzeugung, dass unser Amt nur dann
funktionieren kann, wenn wir mit entspre-
chend gut ausgebildeten Ingenieuren ausge-
stattet sind.

Inge Höger (DIE LINKE): Da ist sicher
etwas dran. - Eine letzte Frage. Sehen Sie
nicht einen Interessenkonflikt darin, dass der
Auftrag vergeben wurde aufgrund einer
Systemstudie, die vom Auftragnehmer er-
stellt worden ist, also von EADS? Ist das
nicht in Ihren Augen ein Interessenkonflikt?

Zeuge Harald Stein: In gewissen Mono-
polsituationen gibt es kaum Alternativen.

Inge Höger (DIE LINKE): Danke.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Die Linke hat keine Fragen mehr. Dann
Bündnis 90/Die Grünen. Bitte schön, Kollegin
Keul.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr geehrter Herr Stein, ich möchte Ihnen
vorab erst mal uneingeschränkt recht geben,
dass die Vorgänge um den Euro Hawk si-
cherlich für uns alle ein unbezahlbarer Er-
kenntnisgewinn sind. Aber auch wenn der
Kollege Bartels versucht hat, meine Fragen
schon vorwegzunehmen, bleiben doch noch
ein paar offen, die ich jetzt einfach stellen
muss. Denn es ist doch so, dass der Bun-
destag bzw. der Haushaltsausschuss die
431 Millionen Euro ja nicht für den Erkennt-
nisgewinn der hier heute Anwesenden frei-
gegeben hat, sondern für eine konkrete Ge-
genleistung, sodass wir uns ja doch irgend-

wie darüber unterhalten müssen, was denn
die Gegenleistung war, die für 431 Millionen
Euro erbracht werden sollte.

Sie haben jetzt mehrfach gesagt, dass
Sie keine Rechtsauffassungen äußern wollen
oder dass Sie auch - ich nehme das positiv
zur Kenntnis - nicht mehr an Ihrer bisherigen
Rechtsauffassung festhalten wollen, dass
keine Haftung und Gewährleistung der In-
dustrie besteht. Ich frage mich aber, warum
im Prinzip diese Prüfung der Ansprüche des
Bundes jetzt erst in Auftrag gegeben wird.
Warum wurde nicht schon früher - ich denke
zum Beispiel an den Februar 2010, als die
Industrie ja darum bat, die Musterzulassung
fallen zu lassen - - dann in Ihrem Hause auch
geprüft worden ist, ob dies Ansprüche des
Bundes gegen die Industrie auslösen
könnte?

Zeuge Harald Stein: Im Februar 2010
war ein möglicher Anspruch an die Industrie
aus Sicht des Vorhabens nicht artikuliert
worden, sondern die Projektleute und der
Projektmanager hat mit seiner Entscheidung
und Billigung des Ministeriums - oder in An-
wesenheit des Ministeriums; „Billigung“ kann
ich nicht sagen - festgestellt, dass dieser
neue Weg sinnvoll erscheint, aufgrund der
Konstruktionsstandsänderung vorhersehbar
für die Serie eine Musterzulassung nicht
vorzunehmen. Und aufgrund dieser Erkennt-
nis war es dann die logische Konsequenz,
dass man sagt: Die Musterprüfung wird erst
in der Serie erfolgen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also, wenn ich das jetzt mal übertrage auf
vielleicht etwas einfachere Sachverhalte:
Wenn ich ein goldenes Auto bestelle und mir
dann mein Vertragspartner sagt: „Ich kann
nur eins aus Blech liefern“, dann frage ich
mich doch, ob ich dafür den gleichen Preis
zahlen muss. Ist darüber im Februar 2010
nicht gesprochen worden, und wer, wenn
nicht Sie und Ihre Behörde als die eigent-
lichen Vertragspartner der EuroHawk GmbH,
hätte denn diese Ansprüche prüfen können
oder sollen?

Zeuge Harald Stein: Die letztendliche
Abrechnung eines solchen Anspruches er-
folgt bei komplexen Projekten immer erst am
Ende. So wird es bei allen komplexen Vor-
haben sein, dass wir Ansprüche, wenn ein
Vorhaben zu Ende ist, gegeneinander auf-
rechnen mit Gegenleistungen, die dann viel-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 545 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 149
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

leicht über den ursprünglichen Vertragsinhalt
hinaus entstanden sind.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Aber die Zahlungen für dieses Projekt fließen
ja auch nicht erst am Ende, sondern die flie-
ßen ja schon relativ früh. Und in der Regel ist
es so: Wenn ich einen Werkvertrag habe und
ich mache Abschlagszahlungen, dann guckt
man sich natürlich auch an: Wie läuft es
denn? Und wenn mir dann mittendrin jemand
sagt: „Ich kann das, über das wir hier reden,
gar nicht liefern“, dann muss ich mir doch
spätestens an der Stelle Gedanken über
Gewährleistung machen, zumal wir sowohl
von Herrn Jung, dem ehemaligen Minister,
gestern gehört haben, wie er ausdrücklich
darauf gedrängt hat, dass es hier eben nicht
eine Bemühensklausel gibt, sondern Ge-
währleistung, und uns auch heute der Zeuge
Steiger noch einmal ganz klar bestätigt hat,
dass die Zulassungsfähigkeit einschließlich
aller akribischen technischen Voraussetzun-
gen dafür Vertragsbestandteil waren. Warum
ist dann also im Februar 2010 nicht spätes-
tens von Ihrer Seite Gewährleistung zum
Thema gemacht worden?

Zeuge Harald Stein: Es wäre jetzt reine
Spekulation, wenn ich Ihnen sagen würde,
dass die Auffassung des Hauses über die
Erbringung der Musterzulassungsleistun-
gen - - im Bereich der Dienstleistung ange-
siedelt waren und deswegen keine Gewähr-
leistung da ist.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also, Herr Stein, Sie haben vorhin zu Recht
gesagt, Sie möchten das hier nicht beurtei-
len, weil das prüft ja jetzt eine Anwaltskanz-
lei. Das ist ja auch völlig in Ordnung. Nur,
wenn ich das nicht selber beurteilen kann,
dann muss ich es doch dann prüfen lassen,
wenn es relevant wird, und es war doch
schon im Februar 2010 relevant.

Zeuge Harald Stein: Dieses war aus un-
serer Sicht im Januar 2010 noch nicht rele-
vant.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Stein, Sie haben vorhin gesagt, es sei
so, dass aufgrund des Vertrages - das war
jetzt Ihre Aussage hier heute - eine der
Werkleistungen von der Industrie die sei, ein
Musterprüfrahmenprogramm zu erstellen.

Wir haben das heute auch schon dem Zeu-
gen Steiger vorgelegt. Dieses Musterprüf-
rahmenprogramm ist Anlage des Vertrages.
Es musste nicht erst erstellt werden. Es lag
schon bei, zusammen mit den technischen
Anforderungen. Also, wie kann etwas erst
erstellt werden, wenn es doch schon dem
Vertrag beiliegt?

Zeuge Harald Stein: Frau Abgeordnete
Keul, Sie haben recht. Ich muss mich korri-
gieren. Der Musterprüfrahmenplan ist die
Anforderung für einen Musterprüfplan; das
hatte ich, glaube ich, auch irgendwann vor-
her schon mal richtig gesagt. Und dieses ist
die Leistung, die durch die Firma geschuldet
war als Werkleistung. Und dieses ist in Ab-
stimmung mit den Forderungen, die der Lei-
ter ML mit der Firma für die Musterprüfung
festgelegt hat, zu erstellen. Und dieser Mus-
terprüfplan ist mit einem Arbeitspaket im
Vertrag mit rund 9,3 Millionen beziffert gewe-
sen. Und dort sind Nachlieferungen mangel-
hafter Pläne, auch entsprechende Einbehalte
gemacht worden. Und es stehen, soweit ich
weiß, zurzeit auch noch 250 000 Euro an
Einbehalt aus.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt muss ich noch mal fragen: die
CDU/CSU? - Nein. Die SPD? - Nein. Die
FDP? - Nein. Die Linke? - Nein. Dann wieder
die Grünen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Dann mache ich doch gerade weiter. - Ge-
hen wir mal ein bisschen weg vom Vertrag,
wobei mich schon mal interessieren würde -
vielleicht noch mal zu dieser ausstehenden
rechtlichen Prüfung -: Anwaltskanzlei hin
oder her, aber gibt es eigentlich im BWB
oder im BAAINBw eine eigene Rechtsabtei-
lung, die diese Fragen auch prüft, oder grei-
fen Sie dann auf die Rechtsabteilung des
BMVg zurück?

Zeuge Harald Stein: Wir haben keine
eigene Rechtsabteilung. Wir haben jeweils
Vertragskomponenten in den Abteilungen,
die die Verträge verhandeln, und Wirt-
schaftskomponenten, und wir haben noch
mal zentral ein Justiziariat. Und ich habe
parallel dazu dem Justiziariat den Auftrag
gegeben, unsere Rechtsansprüche zu prü-
fen.

Drucksache 17/14650 – 546 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 150
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr schön. - Dann würde ich jetzt mal zu
einem anderen Komplex fragen wollen, und
zwar über die weitere Verwendung von ISIS.
Denn Sie haben uns ja jetzt noch mal gesagt,
dass man damit rechnet, dass wir also am
30.09. ein in irgendeiner Weise geeignetes
ISIS übergeben bekommen. Wie ist die Ab-
nahme geplant? Wird bei der Abnahme noch
mal die Tauglichkeit dann gesondert geprüft?
Und wann beabsichtigt man dann, mit der
operativen Erprobung zu beginnen?

Zeuge Harald Stein: Es wird einen Ab-
nahmeflug geben. Das ist der letzte geplante
Flug, in dem die Leistungsbeschreibung des
Vertrages und die Ergebnisse, die das Sys-
tem dann erzielt, gegeneinander gefahren
werden, um dann entsprechend beurteilen zu
können, wie hoch die Leistungsfähigkeit die-
ses Systems ist. Eine operative Bewertung
für den Auswerter, wie es ursprünglich dann
geplant war, bei der Luftwaffe in Stade oder
dann in Verbindung mit den Auswertezen-
tralen wird es in der Form nicht geben kön-
nen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Warum wird es das nicht geben können? Die
stehen doch im Prinzip parat, um mit der
Technik zu arbeiten und zu trainieren. Also,
die sollten ja eigentlich am 2. Juni schon
damit beginnen, und teilweise ist dort schon
Material vorhanden. Warum lässt man die
jetzt nicht ihre Fähigkeiten weiter trainieren?

Zeuge Harald Stein: Jetzt muss ich vor-
sichtig sein, wie ich versuche, das zu erklä-
ren. Es ist rein physikalisch möglich, irgend-
welche Daten zu ermitteln mit einem Sensor.
Und diese Daten werden dann in entspre-
chende Informationen umformatiert. Und
diese umformatierten Informationen geben
dann dem Nutzer die Möglichkeit, seine Er-
kenntnisse daraus zu erzielen. Also ist es
ausreichend, die Kette zwischen Sensor und
Empfänger und die Qualität der Daten zu
bewerten, um eine Aussage machen zu kön-
nen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehen Sie sich denn überhaupt in der Lage,
bei einer Abnahme am 30. September die
Tauglichkeit von ISIS sozusagen bewerten
zu können, solange dieses ja in eine Platt-
form integriert ist, die langfristig nicht genutzt
werden wird? Also, die Plattform wird sich ja

ändern; das wird ja massive Änderungen zur
Folge haben. Wird es überhaupt möglich
sein, bei der Abnahme zu sehen, ob ISIS
tauglich ist oder nicht, unabhängig von der
Plattform?

Zeuge Harald Stein: Die grundsätzliche
Nutzbarkeit des Aufklärungssystems wird
bewertbar sein. Wir haben heute unter-
schiedliche Szenare, die aufgenommen wer-
den, und unterschiedliche Formate, die ent-
sprechend bewertet werden müssen. Und
diese grundsätzliche Möglichkeit, heute
überwiegend durch Software realisiert, wird
nachweisbar sein.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Aber man hat nicht vor, in absehbarer Zeit
der Truppe sozusagen das Mittel zur Verfü-
gung zu stellen, das jetzt da ist, um damit zu
arbeiten? Also wird es sozusagen in der Ga-
rage stehen und von keinem weiteren Nutzen
sein?

Zeuge Harald Stein: Die weitere Ver-
wendung, die jetzt das Fluggerät und ISIS
noch haben werden, dazu ist noch keine
Entscheidung getroffen worden.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Stein, kennen Sie die jetzt ganz frisch
vorliegende Studie, die wir auch noch nicht
kennen, zu den alternativen Plattformen, die
Studie von 2012, die jetzt dem Verteidi-
gungsausschuss zugeleitet worden ist? Ken-
nen Sie die?

Zeuge Harald Stein: Ich muss sagen: Ich
kenne sie nicht.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sie kennen sie nicht. Gut, dann haben wir ja
da was gemeinsam. - Sie hatten vorhin er-
wähnt, die VVZ, die vorläufige Zulassung für
die Serie, sei ausgeschlossen worden. Das
habe ich noch nicht ganz verstanden. Warum
hat man das ausgeschlossen, und wann hat
man es ausgeschlossen?

Zeuge Harald Stein: Eine VVZ ist - -
Vielleicht erst, wann: Diese Untersuchungen
sind im letzten Jahr gelaufen. Und eine Vor-
läufige Verkehrszulassung wird immer nur für
einen Erprobungsbetrieb ausgesprochen.
Und ein Erprobungsbetrieb läuft ja unter der
Federführung und Verantwortung des Rüs-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 547 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 151
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

tungsbereiches. Deswegen hat auch die
Euro-Hawk-Drohne zurzeit eine Zulassung
für den Rüstungsbereich. Und für einen ope-
rationellen Betrieb unter VVZ wäre ja die
Verantwortung der Luftwaffe notwendig.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also halte ich jetzt noch mal abschließend
fest - und dann gebe ich weiter -, dass also
nicht nur das Flugzeug, sondern auch ISIS
derzeit noch keinen absehbaren Nutzen für
die Bundeswehr haben wird.

Zeuge Harald Stein: Es ist noch keine
Entscheidung getroffen worden - zumindest
mir nicht bekannt -, wie mit dem Luftfahrzeug
Euro Hawk oder ISIS weiter verfahren wer-
den soll.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
So viel vielleicht noch mal zur Schadens-
berechnung. - So, ich wäre so weit.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Herr Präsident Stein, wann ha-
ben Sie davon erfahren, dass der Bundes-
rechnungshof das Euro-Hawk-Projekt prüft?

Zeuge Harald Stein: Ein Datum kann ich
Ihnen nicht nennen, Herr Abgeordneter Dr.
Lindner.

Amtierender Vorsitzender Rainer
Arnold: Jetzt habe ich das Vergnügen, die
Ausschussvorsitzende zu vertreten.

Ich gehe mal davon aus, dass die Frak-
tionen, die sich vorhin schon nicht mehr
äußern wollten, auch jetzt keine Fragen mehr
haben. Deshalb frage ich nur noch Bünd-
nis 90: Haben Sie noch weitere Fragen? -
Das mache ich mit einem verschärften Blick,
im Sinne aller - sage ich mal -,

(Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Nicht in unserem,
Herr Vorsitzender!)

aber ohne irgendwas dazu zu sagen.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Herr Stein, wann ist Ihnen be-
kannt geworden, dass es Probleme gibt mit
der Einsichtnahme in Akten diesen Prüfvor-
gang betreffend?

Zeuge Harald Stein: Wenn Sie Akten als
Dokumente aus US-Produktion meinen, dann
ist es schon recht frühzeitig bekannt gewe-

sen, dass wir eben unter diesen ITAR-Re-
gularien doch unsere Probleme haben, und
„frühzeitig“ ist etwa der Zeitraum 2009.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wie muss ich mir das praktisch
vorstellen, wenn die Einsichtnahme in solche
Dokumente verweigert wird? Gibt es dann da
irgendwie in Ihrem Haus eine Weisung, dass
das nicht herausgegeben wird, nicht über-
geben wird, oder wie funktioniert das prak-
tisch vom Ablauf her?

Zeuge Harald Stein: Mit dem Ablauf
habe ich nichts zu tun. Das ist ja dem Ver-
tragshalter überlassen, der weiß, da er nun
unter einem solchen TAA steht, wie er mit
diesen Vorschriften umzugehen hat.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Der Vertragshalter ist in dem Fall
dann die EuroHawk GmbH, oder?

Zeuge Harald Stein: Die EuroHawk
GmbH ist Vertragshalter.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das heißt, die hat entscheiden
können: „Übergeben wir Dokumente dem
Bundesrechnungshof, oder tun wir es
nicht?“?

Zeuge Harald Stein: Sie hat nicht ent-
scheiden können, sondern wir haben ent-
sprechend entschieden, dass wir ein Ver-
tragsverhältnis einhalten müssen, das wir
eingegangen sind.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wenn Sie entschieden haben,
ein Vertragsverhältnis einhalten zu müssen:
Haben Sie in Ihrem Haus irgendwelche
rechtlichen Prüfungen vorgenommen, andere
Schritte unternommen, um eine Herausgabe
dieser Daten zu ermöglichen und den Bun-
desrechnungshof bei seiner Arbeit zu unter-
stützen?

Zeuge Harald Stein: Wir haben zum Bei-
spiel geprüft und beim Bundesrechnungshof
angefragt, ob er bereit ist, wie andere Orga-
nisationen in dieses TAA aufgenommen zu
werden, und dann wäre es kein Problem
gewesen.

Drucksache 17/14650 – 548 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 152
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wann haben Sie davon erfahren,
dass es - - Also, ich spreche die Einigung
zwischen Bundesrechnungshof und BMVg
vom 27.02.2013 an. Wann haben Sie davon
erfahren, dass es eine solche Übereinkunft
gibt?

Zeuge Harald Stein: Wenn Sie mich per-
sönlich als Präsidenten ansprechen, dann
habe ich davon Kenntnis, also wissentlich
Kenntnis genommen - ich kann nicht aus-
schließen, dass irgendwo mal ein Hinweis in
einem Papier gestanden hat - - Erst im Mai
habe ich davon Kenntnis genommen.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Haben Sie irgendeine Erklärung
dafür, warum nach der Einigung vom Februar
2013 die Akten, also die Dokumente nicht
unverzüglich an den BRH herausgegeben
wurden?

Zeuge Harald Stein: Nein.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Können Sie mir erklären, warum
der Lösungsweg, den man jetzt gewählt hat,
mit einer Einstufung dieser Dokumente, nicht
ein Jahr zuvor möglich war, sondern erst jetzt
möglich ist? Oder hat man nie darüber nach-
gedacht, über diesen Lösungsweg in dem
Rahmen?

Zeuge Harald Stein: Ich muss zugeben:
Hat man nicht.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Okay. - Der Kollege Nouripour
macht weiter.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Herr Präsident, es war ja die
Frage von Mehrkosten hier im Raum. Wür-
den Sie ausschließen, dass das ISIS-System
potenziell doch Ende September als nicht
ganz so superoptimal eingestuft werden
kann? Wir sind ja mitten in der Erprobung.

Zeuge Harald Stein: Da ich keine Kennt-
nisse habe, kann ich nichts ausschließen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ist Ihnen bekannt, dass auf
schriftliche Nachfrage unserer Kollegin Mül-
ler-Gemmeke die Bundesregierung uns mit-

geteilt hat, sie wisse nicht oder könne zumin-
dest zum jetzigen Zeitpunkt nicht quantifizie-
ren, wie hoch die Mehrkosten sein könnten?

Zeuge Harald Stein: Das ist mir nicht be-
kannt.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ist es zutreffend, dass es ein
Risiko gibt, dass die Integration vom ISIS-
System in eine neue Plattform deutlich mehr
kosten könnte?

Zeuge Harald Stein: Es ist immer die
Abhängigkeit der Plattform gegeben. Und
man wird entscheiden müssen - auch hier -,
welche Fähigkeit zu welchen Kosten zu reali-
sieren ist.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ist es ausgeschlossen, dass die
neue Alternative, die man möglicherweise
beschaffen wird, noch mal Geld kostet, -

Zeuge Harald Stein: Auszuschließen ist
nichts.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): - und dass es, wenn es ein be-
manntes System ist, teurer wird, weil es ja
mehr Personal braucht?

Zeuge Harald Stein: Ich weiß nicht, ob
es die Personalkosten sind, die den Faktor
treiben. Ich würde eher die Gefährdung des
Personals sehen, die damit einhergeht.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ist es möglich, dass ein be-
manntes System, damit es länger in der Luft
bleiben kann - unabhängig von der Frage der
Windeln, wie wir gestern gehört haben -,
zusätzlich eine Luftbetankung bräuchte, da-
mit es länger tatsächlich aufklären kann?

Zeuge Harald Stein: Wenn die Forde-
rung nach einer solch langen Stehzeit auf-
rechterhalten wird und man auch lange An-
marschwege in Kauf nehmen muss, aus
welchen Gründen auch immer, dann ist die
Luftbetankung die einzige Möglichkeit, die
dann die Fähigkeit realisieren kann.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ist es möglich, dass, wenn das
ISIS-System doch nicht brauchbar ist, die

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 549 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 153
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Erprobungskosten, die jetzt gerade laufen,
inklusive der Instandhaltungskosten, die zur-
zeit laufen, dann am Ende doch nicht wieder
brauchbar sind?

Zeuge Harald Stein: Es ist wie bei unse-
ren Erfahrungen, die wir gemacht haben mit
der Nutzung des Trägers, auch hier nicht
bewertbar, wie viel der eingesetzten Kosten
dann an Erkenntnisgewinn vorhanden ist, die
wir für weitere Überlegungen nutzen können.
Das ist wie mit jeder Studie, die wir machen.
Dort wird Geld investiert, und wir haben
einen Erkenntnisgewinn, und man kann nicht
sagen: Das ist nicht weiter verwendbar oder
nutzbar.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ist es möglich, dass die infra-
strukturellen Investitionen, die es gegeben
hat in Jagel und Manching und vielleicht
auch anderswo, am Ende sich doch nicht
rentiert haben, weil das ganze System oder
ein anderes System so in der Form nicht
kommt oder weil man neue Investitionen
braucht für eine neue Plattform?

Zeuge Harald Stein: Die Aussage, die
ich seitens der Infrastruktur und der Inspek-
teure gehört habe, ist die, dass die Investitio-
nen für andere Systeme nutzbar sind.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Und es ist auch durchaus denk-
bar, dass es am Ende des Tages nicht mög-
lich sein wird - es gibt ja immer wieder öffent-
liche Verlautbarungen -, das, was bisher an
die EuroHawk GmbH geflossen ist - - dass
man davon irgendwas wiederbekommt, un-
abhängig davon, was das Ergebnis sein
würde?

Zeuge Harald Stein: Das ist den juristi-
schen Untersuchungen vorbehalten.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Gut. Dann gibt es eine Conclusio.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So, jetzt habt ihr keine weiteren Fragen
mehr?

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Doch.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Doch? Ja, gut.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Herr Präsident, wenn ich das
zusammensummiere, dann komme ich auf
eine sehr, sehr große Zahl, und vor dem
Hintergrund, dass auch die Bundesregierung
selber nicht bewerten kann, wie hoch am
Ende die Mehrkosten sein können, ist es
verständlich, glaube ich, dass wir auf Zahlen
kommen, die deutlich höher sind als die 150
Millionen, von denen die Industrie bisher
gesprochen hat.

Ich würde gerne noch mal fragen nach
einem anderen Zitat von Ihnen. Sie haben
gesagt: Ab einer bestimmten Größenordnung
klingen dann die Alarmglocken. - Das ist jetzt
nicht ganz wörtlich, glaube ich, zitiert. Wel-
che Größenordnung ist damit gemeint?

Zeuge Harald Stein: Auch diese Aus-
sage kann man nicht verallgemeinern, dass
man jetzt sagt: „Wenn der Faktor zwei da ist,
dann klingen die Alarmglocken“, sondern das
ist jeweils von der entsprechenden Situation
abhängig.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Gibt es irgendwelche Kriterien
dafür?

Zeuge Harald Stein: Nein.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das ist rein subjektiv?

Zeuge Harald Stein: Das ist rein subjek-
tiv.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Und das ist sozusagen Ihre sub-
jektive Entscheidung?

Zeuge Harald Stein: Nicht meine alleine,
sondern ich habe Fachleute, die entspre-
chende Bewertungen vornehmen und auch
entsprechende Vorschläge machen, wie man
diese Problemstellungen entsprechend ent-
schärfen kann.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wir haben heute von Zeugen
gehört, dass es ein Problem gab beim Mus-
terprüfrahmenprogramm, wenn ich es richtig
ausgesprochen habe, dass es zwischenzeit-

Drucksache 17/14650 – 550 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 154
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

lich sich darstellte, dass die Amerikaner zwar
begriffen haben, dass das Teil des Pro-
gramms, des Vertrags ist, aber nicht ver-
standen haben, was es bedeutet, was da
drinsteht. Würden Sie diese Einschätzung
teilen? Und deshalb hätte man ja Personal
rübergeschickt, und es hätte Konsultationen
gegeben, um das den Amerikanern zu er-
klären.

Zeuge Harald Stein: Ich bin nicht der
Fachmann in den Musterprüfdingen. Da
muss ich mich auf meine Leute in der ML
verlassen. Wenn die Einschätzung so ist,
dann - -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wenn ein Vertragspartner am
Ende einen Vertrag nicht erfüllen kann, weil
er ihn nicht versteht, wer haftet dann?

Zeuge Harald Stein: Auch hier passe ich.
Ich bin kein Jurist.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Waren Sie beteiligt an den Ver-
tragsänderungen? Sie haben ja dargelegt,
dass Sie - -

Zeuge Harald Stein: Nein.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Gar nicht?

Zeuge Harald Stein: Nein.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Auch nicht an der Erarbeitung?

Zeuge Harald Stein: Nein.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie haben ihn nicht unterschrie-
ben, aber auch nicht an der Erarbeitung?

Zeuge Harald Stein: Nein. Die Verträge,
die jetzt ins Parlament gehen, die werden
entsprechend durch den Vizepräsidenten
gezeichnet. Alle kleineren Vertragsänderun-
gen werden durch entsprechende Ebenen,
teilweise Vertragsreferate oder Abteilungs-
leiter, dann gezeichnet.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie haben eingangs gesagt, dass
es ein Angebot gab, das eingeholt wurde.

Was ich noch nicht verstanden habe: Es ist
ein Angebot von EADS eingeholt worden
oder von NG, oder hat man mit beiden ge-
redet, und dann hat man denen nahegelegt,
dass sie eine EuroHawk GmbH gründen?
Wie ist diese EuroHawk GmbH überhaupt
entstanden?

Zeuge Harald Stein: Zur Entstehung der
EuroHawk GmbH kann ich Ihnen keine Aus-
kunft geben. Im Eingangsstatement hatte ich
schon dargestellt, dass wir im BWB einen
Erlass bekommen haben, in dem wir aufge-
fordert waren, ein entsprechendes Angebot
einzuholen. Und das erste Angebot, was
eingegangen ist, hatte noch den Namen
EADS, weil sich die EuroHawk GmbH noch
in Gründung befand. Und dieses erste Ange-
bot, was eingegangen ist, war nicht in der
Form als Verhandlungsbasis geeignet, und
es wurde dann ein weiteres Angebot ange-
fordert, und dieses weitere Angebot wurde
dann von der EuroHawk GmbH eingereicht.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Was ich noch nicht verstanden
habe: Bezog sich dieses - - Was in dem An-
gebot stand, bezog sich jetzt auf das Träger-
system, -

Zeuge Harald Stein: Nein.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): - auf das Aufklärungssystem oder
auf beides?

Zeuge Harald Stein: Auf beides.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Also EADS hat ursprünglich ein
Angebot eingegeben, in dem drinstand, dass
das - - War in dem Angebot das sogenannte
Future European MALE die Trägerform?
Oder was war die Trägerform, die EADS
wollte?

Zeuge Harald Stein: Die Trägerform war
auf Basis von Global Hawk.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Bereits da schon auf Basis von
Global Hawk?

Zeuge Harald Stein: Das war die Vor-
gabe auch aus der AF und der Weisung he-
raus.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 551 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 155
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie haben auch vorhin gesagt,
dass eine besondere Antenne bei den Er-
probungsflügen nicht zum Einsatz kommt.
Warum? Was ist das für eine Antenne?

Zeuge Harald Stein: Ich glaube, da
möchte ich auf die Geheimhaltung hinwei-
sen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich verstehe. Ich weiß es ja nicht.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ja. Das können wir in der öffentlichen Sit-
zung nicht machen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Gut. Das ist mir nicht klar. - Die
G-10-Fragen hatten wir vorhin schon mal,
und da ist ja sofort eingeschritten worden,
dass es öffentlich nicht ginge.

Ich will beim letzten Punkt noch mal auf
die gute Ausgangslage eingehen. Sie haben
ja davon gesprochen, dass es eine gute
Ausgangslage gab. Könnten Sie das viel-
leicht noch mal in drei Sätzen für mich erklä-
ren, was eine gute Ausgangslage bei einem
solchen Projekt ist?

Zeuge Harald Stein: Nicht nur bei einem
solchen Projekt, sondern eine gute Aus-
gangslage für ein Projekt ist dann gegeben,
wenn ich entsprechend fundierte Studien,
Untersuchungen, Experimente gemacht
habe, um das Risiko, was in einem Vorhaben
steckt, abschätzen zu können. Und ich habe
immer schon dafür plädiert, dass wir in der
Analysephase - und da komme ich wieder
auf den CPM (nov.) zurück - mehr Zeit und
mehr Geld brauchen, um Risikoabbau zu
betreiben, um dann in der Projektierung
diese Zeit und das Investment wieder ein-
holen zu können. Und hier im Projekt Euro
Hawk gab es ja nun schon seit dem Jahre
2000 entsprechende Analysen bis hin zu
ersten Entwicklungen und Demonstrationen,
und von daher bin ich überzeugt, dass das
Vorhaben eine recht gute Startposition hatte,
als es 2007 dann in die Projektierung ging.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Herr Präsident, herzlichen Dank.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt sind keine weiteren Fragen mehr? -
Nein.

Dann, Herr Präsident Stein, darf ich Sie
noch mal darauf hinweisen, dass Ihnen nach
Fertigung des Protokolls dieses für mögliche
Korrekturen vom Sekretariat zugesandt wird.
Zuletzt erinnere ich Sie daran, dass nach
§ 26 Abs. 2 PUAG der Untersuchungsaus-
schuss durch Beschluss feststellt, dass die
Vernehmung des Zeugen abgeschlossen ist.
Die Entscheidung darf erst ergehen, wenn
nach Zustellung des Vernehmungsprotokolls
zwei Wochen verstrichen sind oder auf die
Einhaltung dieser Frist verzichtet worden ist.

Herr Stein, ich danke Ihnen für Ihr Kom-
men, wünsche Ihnen eine gute Erholung und
einen eventuell auch heute noch - weiß ich
nicht - guten Heimweg.

Den Kolleginnen und Kollegen sage ich
noch: Nach Abschluss der Vernehmung
schließe ich jetzt die Sitzung. Die nächste
Sitzung des Untersuchungsausschusses
beginnt morgen, 24. Juli 2013, um 9 Uhr, in
diesem Saal.

Einen schönen Abend!
(Schluss: 20.09 Uhr)

Drucksache 17/14650 – 552 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 156
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 553 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 157
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Drucksache 17/14650 – 554 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 158
[4. Sitzung am 23.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 555 – Drucksache 17/14650

Deutscher Bundestag
17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als
2. Untersuchungsausschuss
gem. Art. 45 a Abs. 2 GG

Protokoll Nr. 5
(Sitzungsteil Zeugen-

vernehmungen, Öffentlich)
25. Juli 2013

Stenografisches Protokoll
- Endgültig Fassung* -

der 5. Sitzung
des Verteidigungsausschusses

als 2. Untersuchungsausschuss gem. Art. 45 a Abs. 2 GG
- zugleich 150. Sitzung des Verteidigungsausschusses -

am Mittwoch, dem 24.07.2013, 9 Uhr
Paul-Löbe-Haus, Berlin

Vorsitz: Dr. h. c. Susanne Kastner, MdB (SPD)

Tagesordnung

Vernehmung von Zeugen, im Einzelnen:

- Ministerialrätin Angelika Bauch, Bundesrechnungshof
gemäß Beweisbeschluss 17-114

- Ministerialdirektor Detlef Selhausen, Bundesministerium der Verteidigung
gemäß Beweisbeschluss 17-108

- Direktor WTD a. D., Walter Storz, Wehrtechnische Dienststelle 61
von März 2007 bis September 2010
gemäß Beweisbeschluss 17-126

Seite

1-115

* Hinweis:
Die Zeugen Angelika Bauch, Detlef Selhausen und Walter Storz haben Einsicht in das Stenografische
Protokoll genommen. Die Korrekturwünsche der Zeugen Bauch und Selhausen sind dem Protokoll als
Anlagen 1 und 2 beigefügt. Der Zeuge Storz hat keine Korrekturwünsche übermittelt.

Drucksache 17/14650 – 556 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

II

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 557 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

III

Drucksache 17/14650 – 558 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

IV

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 559 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

V

Drucksache 17/14650 – 560 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

VI

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 561 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

VII

Drucksache 17/14650 – 562 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

VIII

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 563 – Drucksache 17/14650

erteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss
. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

IX

(Beginn: 9.02 Uhr)

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Sehr geehrte Frau Bauch, ich begrüße Sie
sehr herzlich hier im Namen des Ausschus-
ses. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich
begrüße ebenfalls Sie sehr herzlich zur fünf-
ten Sitzung des Untersuchungsausschusses,
die zugleich die 150. Sitzung des Verteidi-
gungsausschusses ist. Ich begrüße den Lei-
tenden Beamten des Wehrbeauftragten recht
herzlich.

Ich komme zu dem einzigen Punkt der
Tagesordnung:

Vernehmung von Zeugen, im Ein-
zelnen:

- Ministerialrätin Angelika Bauch,
Bundesrechnungshof
gemäß Beweisbeschluss 17-114

- Ministerialdirektor Detlef Sel-
hausen, Bundesministerium der
Verteidigung
gemäß Beweisbeschluss 17-108

- Direktor WTD a. D., Walter
Storz, Wehrtechnische Dienst-
stelle 61 von März 2007 bis Sep-
tember 2010
gemäß Beweisbeschluss 17-126

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie Sie
der Tagesordnung entnehmen können, ste-
hen heute insgesamt drei Zeugenverneh-
mungen in öffentlicher Sitzung an.

Zunächst gebe ich wieder einige allge-
meine Hinweise. Die zahlreichen Vertreter
der Medien weise ich darauf hin, dass keine
Film-, Ton-, Bild- und Fernsehaufnahmen
gemacht werden dürfen. Gleiches gilt für die
auf der Tribüne befindlichen Besucher. Ich
darf Sie daher bitten, sämtliche Film-, Ton-
und Bildaufnahmegeräte aus dem Sitzungs-
saal zu entfernen.

Die Vertreter der Medien und die Besu-
cher weise ich darauf hin, dass die Benut-
zung von Handys nicht gestattet ist. Die
Handys müssen während der gesamten
Sitzung ausgeschaltet bleiben. Auch andere
Formen der drahtlosen Kommunikation sind
unzulässig.

Wir vernehmen die Zeugen in folgender
Reihenfolge: erstens Ministerialrätin Angelika
Bauch vom Bundesrechnungshof, zweitens
Ministerialdirektor Detlef Selhausen, BMVg,
und den Direktor einer WTD a. D., Walter
Storz.

Ich werde die Sitzung nach der Verneh-
mung jedes Mal für zehn Minuten unterbre-
chen, um Ihnen Gelegenheit für Fotos und
Presseerklärungen zu geben. Danach wird

die Sitzung mit der Vernehmung des nächs-
ten Zeugen fortgesetzt.

Für den Fall, dass Teile der Vernehmun-
gen als Geheim eingestuft werden, weise ich
bereits an dieser Stelle ausdrücklich auf die
Geheimschutzordnung des Deutschen Bun-
destages hin. Ich möchte zudem darauf hin-
weisen, dass nach § 7 der Geheimschutz-
ordnung des Deutschen Bundestages eine
entsprechende Beschlussfassung herbeige-
führt werden muss, wenn über Verschluss-
sachen der Geheimhaltungsgrade VS-Ver-
traulich und höher beraten wird.

Ich möchte in diesem Zusammenhang da-
ran erinnern, dass im Falle einer Einstufung
der Vernehmung mit einem Geheimhal-
tungsgrad VS-Vertraulich oder höher ein
Wechsel des Sitzungssaals erforderlich wird.
Daher bitte ich Sie, etwaige Vernehmungs-
teile, die einer entsprechenden Einstufung
bedürfen, gesammelt am Ende der Verneh-
mung zur Sprache zu bringen. Ein unter Um-
ständen erforderlicher eingestufter Verneh-
mungsteil wird in Sitzungssaal 2.300 des
Paul-Löbe-Hauses durchgeführt.

Ferner weise ich darauf hin, dass Vor-
halte aus eingestuften Akten nur in einer
ebenso eingestuften Sitzung zulässig sind.
Im Falle eines Vorhalts möchte ich daran
erinnern, dass die beigezogene Unterlage
dem Zeugen durch den Fragesteller vorzu-
legen ist. Ich bitte aber auch für das Protokoll
um eine klare Benennung der Fundstelle
mitsamt der MAT-Nummer.

Im Falle der Einstufung der Sitzung wird
die Wortprotokollierung grundsätzlich weiter-
geführt. Bestehen dagegen Einwände? - Das
ist nicht der Fall. Dann ist eine durchgehende
Wortprotokollierung beschlossen.

Dann kommen wir jetzt zur Zeugenver-
nehmung. Wir beginnen mit der Vernehmung
der Zeugin Ministerialrätin Angelika Bauch.

Vernehmung der Zeugin
Angelika Bauch

Sehr geehrte Frau Bauch, ich weise Sie
darauf hin, dass die Sitzung aufgezeichnet
wird. Dies dient ausschließlich dem Zweck,
die stenografischen Aufzeichnungen der
Sitzung zu erleichtern. Die Aufnahme wird
später gelöscht. Das Protokoll dieser Ver-
nehmung wird Ihnen nach Fertigstellung
zugestellt. Sie haben anschließend die Mög-
lichkeit, Korrekturen und Ergänzungen vor-
zunehmen.

Frau Bauch, Sie sind mit Schreiben vom
28. Juni 2013 geladen worden. Das Beweis-
thema ist Ihnen mit dem Untersuchungsauf-
trag und dem Beweisbeschluss zugegangen.
Der Beweisbeschluss ist Ihnen und den Mit-

Drucksache 17/14650 – 564 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 2
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

gliedern bekannt. Auf eine Verlesung kann
daher verzichtet werden. Die erforderliche
Aussagegenehmigung liegt den Ausschuss-
mitgliedern als Tischvorlage vor.

Frau Bauch, nach den Vorschriften der
Strafprozessordnung, die im Untersuchungs-
verfahren sinngemäß Anwendung finden,
und den Vorschriften des Gesetzes zur Re-
gelung des Rechts der Untersuchungsaus-
schüsse des Deutschen Bundestages - im
Folgenden verwende ich die Abkürzung
PUAG - muss ich Sie zunächst belehren. Sie
sind als Zeugin verpflichtet, die Wahrheit zu
sagen. Ihre Aussagen müssen richtig und
vollständig sein. Sie dürfen nichts weglassen,
was zur Sache gehört, und nichts hinzu-
fügen, was der Wahrheit widerspricht.

Ich habe Sie außerdem auf die möglichen
strafrechtlichen Folgen eines Verstoßes
gegen die Wahrheitspflicht hinzuweisen.
Danach kann derjenige, der vor dem Unter-
suchungsausschuss uneidlich falsch aus-
sagt, gemäß § 153 des Strafgesetzbuches
mit Freiheitsstrafen von drei Monaten bis zu
fünf Jahren bestraft werden.

Nach § 22 PUAG können Sie die Aus-
kunft auf solche Fragen verweigern, deren
Beantwortung Sie selbst oder Personen, die
im Sinne des § 52 Abs. 1 Strafprozessord-
nung Ihre Angehörigen sind, in die Gefahr
bringen würde, einer Untersuchung nach
gesetzlich geordnetem Verfahren ausgesetzt
zu werden.

Sollten Teile Ihrer Aussage aus Gründen
des Schutzes von Dienst-, Privat- oder Ge-
schäftsgeheimnissen nur in einer nach der
Geheimschutzordnung des Bundestages
eingestuften Sitzung möglich sein, bitte ich
Sie um einen Hinweis, damit eine entspre-
chende Einstufung erfolgen kann.

Nachdem ich Ihnen den Gegenstand der
Vernehmung erläutert, Sie zur Wahrheit er-
mahnt und belehrt habe, komme ich nun zur
Vernehmung zur Person. Frau Bauch, bitte
nennen Sie uns Ihren Namen, Ihren Fami-
lienstand und Ihren Wohnort.

Zeugin Angelika Bauch: Ja. - Sehr ge-
ehrte Vorsitzende! Sehr geehrte Abgeord-
nete! mein Name ist Angelika Bauch. Ich bin
am 05.02.65 geboren. Mein Wohnort ist
Paderborn - - ist Bonn, und ich bin ledig.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Dann kommen wir zur Vernehmung zur Sa-
che. Frau Bauch, wir haben uns im Vorfeld
unterhalten, weil der Bundesrechnungshof-

bericht ist ja eingestuft, und Sie wären ein-
verstanden, wenn der Bericht runtergestuft
wird. Ich schaue jetzt in die Runde. Herrscht
damit Einverständnis?

(Markus Grübel (CDU/CSU): Darf
ich daraus zitieren?)

- Jetzt dürfen Sie daraus zitieren, Herr Kolle-
ge Grübel.

(Markus Grübel (CDU/CSU):
Super!)

- Nicht direkt über die Anlagen, nur den Bun-
desrechnungshofbericht, ja? Herrscht damit
Einverständnis? - Das ist der Fall.

Frau Bauch, zunächst gebe ich Ihnen die
Gelegenheit, dem Ausschuss das im Zu-
sammenhang darzulegen, was Ihnen vom
Gegenstand der Vernehmung bekannt ist.
Bitte schön. Sie haben das Wort.

Zeugin Angelika Bauch: Sehr geehrte
Vorsitzende, ich würde keine Vorbemerkun-
gen machen, sondern direkt auf die Fragen
antworten wollen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Dann sage ich Ihnen, dass wir ein bestimm-
tes Zeitbudget haben - jetzt muss ich mal
gucken -: Die CDU/CSU hat 23 Minuten, die
SPD 14 Minuten, die FDP 9 Minuten, die
Linke 7, Bündnis 90/Die Grünen ebenfalls
7 Minuten, und ich gebe das Wort dem Kolle-
gen Grübel.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ja, Frau
Bauch, gestern - darum habe ich etwas
nachgefragt - wollte ich den Leiter der Mus-
terzulassungsstelle was fragen zu einer
Empfehlung von Ihnen und durfte dann nicht
aus Ihrem Bericht zitieren und musste dann
etwas rumeiern, und dann tue ich mich heute
entschieden leichter.

Frau Bauch, ein zentraler Satz in Ihrem
Bericht nach § 88 Abs. 2 Bundeshaushalts-
ordnung ist auf Seite 2 in der Mitte. Ich zi-
tiere:

Die Leitung des Bundesverteidi-
gungsministeriums hat … gehan-
delt, sobald ihr die Probleme be-
richtet wurden.

Können Sie diese Bewertung noch mal
erklären - also in der Kurzfassung oder dem
Übersendungsschreiben?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 565 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 3
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeugin Angelika Bauch: Ja. „Hat ge-
handelt, soweit ihr die Probleme bekannt
waren“, heißt: Nach unseren vorliegenden
Informationen - -

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ist schlecht zu verstehen.

Zeugin Angelika Bauch: Ja.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Vielleicht können Sie das Mikrofon ein biss-
chen runtertun, und wir können es ein biss-
chen lauter drehen, bitte.

Zeugin Angelika Bauch: Ja. Ist das jetzt
besser? - Also, nach den uns vorliegenden
Unterlagen ist die Leitung, sprich der Abtei-
lungsleiter Rüstung, das erste Mal in einer
Besprechung im November 2011 - da ging es
um eine Besprechung über unbemannte
Luftfahrzeuge, Zulassungsprobleme prinzi-
pieller Art bei unbemannten Luftfahrzeugen;
ich meine, das war die Besprechung am
24. November - darüber informiert worden,
dass es bei dem Euro Hawk Zulassungs-
probleme gibt.

Der Projektleiter war bei dieser Bespre-
chung dabei, und deswegen hat er - - Nach
weiteren Unterlagen, die uns vorliegen, hat
der Leiter der Rüstungsabteilung dann ent-
sprechend nachgefragt, wie man im Rahmen
des Vertrages die Musterzulassung denn
erreichen könne, und wollte auch eine Ursa-
chenaufklärung haben, warum diese Zulas-
sungsprobleme so lange jetzt letztendlich auf
Arbeitsebene versucht wurden, gelöst zu
bekommen, und hat dann auch Schritte ein-
geleitet. Im Jahr 2012 gab es dann die Un-
tersuchung für alternative Trägerplattformen
und auch letztendlich alternative Zulas-
sungswege, aufwandsärmere Zulassungs-
wege. Und deswegen: „Hat gehandelt, so-
bald ihr von den Problemen bekannt war“,
das bezieht sich auf diese weiteren Aktivi-
täten dann im Jahr 2012.

Markus Grübel (CDU/CSU): Dann: Wo
sehen Sie denn die entscheidenden Schwä-
chen beim Verlauf des Projekts Euro Hawk?

Zeugin Angelika Bauch: Da gibt es
vielfältige Schwächen bei dem Projektverlauf.
Letztendlich, kann man sagen, machen wir
es an drei Phasen fest. Vor Beginn - bereits
im Jahr 2007, vor 2007 - waren letztendlich

Musterzulassungsprobleme bekannt; die
Risiken wurden allerdings unterschätzt. Man
hatte schon erkannt - - Auch gerade in der
ersten Zwischenentscheidung wurden die
Projektrisiken noch mal neu bewertet, und
auch gerade da war der Musterzulassungs-
prozess - - wurde dort als etwas höheres
Risiko noch bewertet wie noch in der „Ab-
schließenden funktionalen Forderung“ aus
dem Jahr 2004.

Das heißt, man erkannte auch, dass es
Unterschiede im Zulassungsprozess mit den
USA-Formalitäten gibt. Aber man war eigent-
lich zuversichtlich, dass man durch weitere
Vorschriften oder weitere Nachweise, Doku-
mente gegebenenfalls die Musterzulassung
in Deutschland erreichen könne. Und aus
unserer heutigen Bewertung muss man sa-
gen: Man war da etwas blauäugig. Man hätte
letztendlich diese Musterzulassungsvoraus-
setzung besser abklären müssen im Vorfeld.
Also, das war letztendlich vor Vertrags-
schluss.

Auch die Einschränkungen durch ITAR
wurden letztendlich unterschätzt. Man hat
gemeint, durch einen MoU, durch ein Memo-
randum of Understanding - - Das ist ein Ab-
kommen, was das Bundesverteidigungs-
ministerium mit dem Bundesverteidigungs-
ministerium der US - - der Amerikaner ge-
macht hat. Die haben gedacht: Na ja, mit
dem Abkommen, da vereinbaren wir, dass
wir uns die Daten gegenseitig austauschen
und dass wir auch Einblicke in die Zulas-
sungsunterlagen bekommen. - Aber letztend-
lich sind das Abkommen - - und letztendlich
ist man nach wie vor auch an die ITAR-Re-
gularien der US-Regierung gebunden gewe-
sen. Und deswegen haben die letztendlich
nicht so gewirkt, wie sie wirken sollten und
wie man sich erhofft hat, dass man damit die
Probleme in den Griff kriegen könnte.

Eine weitere Phase im Projektverlauf,
würde ich sagen, ist nach unserer Bewertung
das Jahr 2009 gewesen. Im Jahr 2009
zeichnete sich ab, dass man nicht auf der
Zulassung des Global Hawk aufbauen
könne, so wie es angedacht war.

Der Global Hawk hat im Jahr 2009 nur
eine eingeschränkte Zulassung erhalten, und
es ist auch in dem dritten Änderungsvertrag
aus dem Jahr 2009 festgehalten worden - -
In der Anlage H, meine ich, steht drin, dass
letztendlich das Ziel, diese militärische Ver-
kehrszulassung des Global Hawks für die
deutsche Verkehrszulassung verwenden zu
können - - dass die sich nicht als tragfähig

Drucksache 17/14650 – 566 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 4
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

erwiesen hätte und dass für die Musterzulas-
sung natürlich nach ZDv 19/1 zusätzlicher
Aufwand erforderlich wäre, der nicht mehr im
Vertrag abgedeckt sei. Diese Erkenntnisse
hatte man schon 2009. Und auch der Leiter
der Musterzulassung hat im Jahr 2009 eine
Abschätzung abgegeben, dass ein sehr ho-
her Aufwand für das Nachziehen von Doku-
menten und Nachweisen erforderlich wäre,
um diese Musterzulassung zu erreichen.

Das heißt, da merkte man schon: Das
Vertragsziel ist infrage gestellt. Und auch
durch das Agieren letztendlich im Jahr 2010,
wo man festgelegt hat: Wir weichen vom
Vertragsziel ab, wir machen nur eine Proto-
typenprüfung des Prototypen, um eine vor-
läufige Verkehrszulassung zu erreichen - -
Das ist aus unserer Sicht eine wichtige Ab-
weichung vom Vertragsziel gewesen. Also,
da hätte man 2009 auf jeden Fall die Leitung
informieren müssen und das Projekt neu
bewerten müssen.

Und letztendlich - im Jahr 2011 kann man
es festmachen -: Der Musterzulassungspro-
zess war sehr schleppend, und letztendlich
zeichnete sich ab - erste Einschätzung des
Auftragnehmers -, dass etwa 100 Millionen
erforderlich wären, um die Musterzulassung
zu erreichen. Das wurde aber auch als sehr
untere Grenze erkannt.

Und letztendlich dann Anfang 2012 gab
es die Schätzung von 250 bis 600 Millionen
für die Musterzulassung, wo man dann ge-
sagt hat: Also, die Zulassung ist nicht mehr
mit einem vertretbaren Aufwand erreichbar.

Markus Grübel (CDU/CSU): Frau Bauch,
hätte nach Ihrer Einschätzung die Erpro-
bungsphase früher abgebrochen werden
sollen?

Zeugin Angelika Bauch: Das ist schwie-
rig. Man hätte sich überlegen müssen: Wie
hoch sind die Realisierungschancen, wenn
wir weitermachen? - Letztendlich hat man
diese Sensorik testen wollen, eine Neuent-
wicklung.

Man muss natürlich sagen: Die Sensorik
ist ausgerichtet auf diesen Prototypen, der in
einer hohen Flughöhe mit einer langen Steh-
zeit unterwegs ist und auch mit einer be-
stimmten Fluggeschwindigkeit. Deswegen ist
klar: Diese Sensorik lässt sich nicht so ein-
fach auf eine andere Plattform bringen.

Man hätte auf jeden Fall das Projekt noch
mal neu bewerten müssen, sich über die
Risiken Gedanken machen müssen, hätte

den Aufwand für die Zulassung stärker eruie-
ren müssen, um dann eine Entscheidung zu
treffen: Macht das Sinn, unter diesen Vo-
raussetzungen das Projekt weiterzuführen,
oder müssen wir hier einen Abbruch vor-
sehen?

Also, die Entscheidung hätte man viel
eher erwägen müssen. Was dann letztend-
lich auch unter politischen Aspekten gemacht
worden wäre, ist die zweite Sache. Nur: Man
hätte - - Diese Realisierungsrisiken, die sich
abzeichneten, hätte man einfach zum Anlass
nehmen müssen, das gesamte Projekt noch
mal infrage zu stellen und neu zu bewerten.

Markus Grübel (CDU/CSU): Sie haben in
Ihren Ausführungen gesagt, man hätte die
Leitung informieren müssen, 2009. Welche
Leitung? Die Leitung des Bundesverteidi-
gungsministeriums? Und wer ist „Man hätte
die Leitung informieren müssen“?

Zeugin Angelika Bauch: Da gibt es
letztendlich mehrere Ebenen. Zunächst ein-
mal ist das natürlich der Präsident des Bun-
desamtes als unmittelbarer Vorgesetzter -
der hätte darüber informiert werden müs-
sen -, dann natürlich die Vorhabenaufsicht im
Bundesverteidigungsministerium. Letztend-
lich war sie durch die Projektstatusberichte
des Projektleiters ständig informiert über die
Risiken und die Probleme, die im Projekt
aufgetreten sind.

Aber aus unseren Feststellungen ist - -
Also, aus unseren Bewertungen können Sie
entnehmen, dass die Vorhabenaufsicht nicht
funktioniert hat. Das Projektcontrolling hat
nicht funktioniert. Das wäre die nächste
Stelle gewesen, die natürlich hätte auch ein-
greifen können.

Informieren der Leitung: Natürlich ist da
der Abteilungsleiter Rüstung, der natürlich
der Vorgesetzte auch der Fachaufsicht ist -
die ist ja in seiner Abteilung -, und natürlich
bis hin zu den Staatssekretären, denen man
mit einer Leitungsvorlage diese Probleme
hätte präsentieren müssen, damit die auch
entscheiden: Hier, so, Entscheidungsvorlage
und Information des Parlamentes.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wenn Sie
sagen, man hätte zum Beispiel die Staats-
sekretäre informieren müssen: Nach Ihren
Erkenntnissen sind sie nicht informiert wor-
den?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 567 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 5
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeugin Angelika Bauch: Nach unseren
Erkenntnissen, nach unseren Unterlagen, die
wir haben, ist die erste Information der
Staatssekretäre im Februar, Anfang Februar
2012 erfolgt. Es gab im Jahr 2011 eine In-
formationsvorlage an den Staatssekretär
Beemelmans, wo über den Überführungsflug
von USA nach Deutschland berichtet wurde,
der wohl sehr erfolgreich und ohne Probleme
gelaufen ist. Da wurden auch keine Pro-
bleme dargestellt.

Und nach den uns vorliegenden Unter-
lagen, erst, ich meine, 8. Februar 2012, war
diese Staatssekretärsvorlage, wo dann das
erste Mal auch über die Risiken und über die
Musterzulassung berichtet wurde und dass
die Musterzulassung einen Aufwand von bis
zu 500, 600 Millionen verursachen würde,
ohne dass der Erfolg der Zulassung ge-
währleistet oder sichergestellt werden
könnte.

Markus Grübel (CDU/CSU): Sie haben
jetzt gesagt, vor Vertragsabschluss sei man
etwas blauäugig gewesen. Können Sie das
noch mal ausführen?

Zeugin Angelika Bauch: „Blauäugig“
heißt: Sie haben einfach darauf vertraut,
dass der Auftragnehmer wüsste, was im
Rahmen der Zulassung zu machen ist. Das
Bundesamt und auch das Bundesverteidi-
gungsministerium haben sich keinen eigenen
Eindruck von den Zulassungsvoraussetzun-
gen gemacht. Die haben sich nicht selber
einen Eindruck davon gemacht, welche Zu-
lassungsvoraussetzungen - - oder: Wie sind
die Zulassungsmodalitäten in den USA?
Kann man die einfach übertragen auf unse-
ren deutschen Musterzulassungsprozess?

Und deswegen „blauäugig“, einfach da-
rauf zu vertrauen: Na ja, der Firma haben wir
die ZDv 19/1 erläutert und haben denen
auch erklärt, wie unser Zulassungsprozess
ist, und wenn die meinen: „Ja, das ist ver-
gleichbar“, dann wird das wohl so sein. - Also
deswegen etwas blauäugig. Man hätte sich
selber vertieft einen Eindruck machen müs-
sen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Im Jahr
2004 hat Staatssekretär Eickenboom ja das
sogenannte Muss-Kriterium, also: „Euro
Hawk muss am allgemeinen Luftverkehr
teilnehmen können“, herabgestuft zu einem
Soll-Kriterium, also: „Euro Hawk soll nur am
allgemeinen Luftverkehr teilnehmen können“.

Für den Demonstrator wurde es herabgestuft
auf Kann, also: „Es genügt, wenn Euro Hawk
am allgemeinen Luftverkehr teilnehmen
kann“.

(Zuruf des Abg. Rainer Arnold
(SPD))

- Demonstrator „kann“ und die Serie „soll“.
Gibt es da irgendeine andere Meinung in
dem Raum? - Nein, okay.

Dann die Frage: Da wurde ja sozusagen
das Risiko schon damals dem Auftraggeber
zugeordnet. Halten Sie das für sachgerecht?

Zeugin Angelika Bauch: Ich kann jetzt
nicht nachvollziehen, warum Sie meinen,
dass dem Auftragnehmer das Risiko - -

Markus Grübel (CDU/CSU): Auftrag-
geber, also dem Bund. Weil: Wenn der Auf-
tragnehmer sozusagen nur Soll bzw. beim
Demonstrator nur Kann als Vereinbarung
hat, dann ist es jetzt sozusagen das Problem
des Auftraggebers, die allgemeine Zulassung
zu erwirken.

Zeugin Angelika Bauch: Ich denke, das
mit dem Kann und dem Soll hängt damit
zusammen, in welcher Kategorie das Luft-
fahrzeug betrieben werden sollte, Katego-
rie 2 oder Kategorie 3. Kategorie 3 ist die
Teilnahme am allgemeinen Luftverkehr. Da-
für hätte es dieses Sense and Avoid System
gebraucht. Das gab es nicht, das gibt es bis
heute nicht. Das muss noch entwickelt wer-
den.

Aber man wollte mit dem Prototypen die
Voraussetzung schaffen, dass der dann,
wenn es dieses Sense and Avoid gibt, wenn
es in den Prototypen eingebaut wird, ohne
großen zusätzlichen Aufwand letztendlich
auch in der Kategorie 3 betrieben werden
kann.

Und so hat man sich gesagt: Na ja, gut,
Kategorie 2, zumindest solange Sense and
Avoid nicht möglich ist, nicht vorhanden ist,
reicht uns aus. - Und deswegen, denke ich
mir, hat man das von dem Kann und mit dem
Soll - - Das sind die Hintergründe dafür.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wie sehen
Sie die allgemeinen Risikoverteilungen im
Vertrag, weil ja an sich das Zulassungsrisiko
die Bundesrepublik Deutschland sozusagen
alleine trägt? Halten Sie das für sachge-
recht?

Drucksache 17/14650 – 568 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 6
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeugin Angelika Bauch: Letztendlich
muss man natürlich sagen: Es ist ein Ent-
wicklungsvertrag, und bei Entwicklungsver-
trägen ist natürlich letztendlich dann das
finanzielle und das Realisierungsrisiko immer
beim Auftraggeber. Zudem sind in dem Ver-
trag einige Dinge mit einer Bemühensklau-
sel - so, wie es in Entwicklungsverträgen
auch üblich ist - versehen, die natürlich dann
auch das Risiko beim Auftraggeber letztend-
lich verhaften.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wenn ich
Sie richtig verstehe: Wir haben hier einen
Entwicklungsvertrag, und da ist ein Scheitern
sozusagen immer mit Grundlage des Ver-
trags?

Zeugin Angelika Bauch: Also, wir haben
hier so eine gewisse Mischform bei dem
Entwicklungsvertrag. Man kann nicht sagen:
Es ist ein reiner Entwicklungsvertrag. Es gibt
auch Werklieferleistungen, wie zum Beispiel
den Global Hawk, also die Hülle, das Träger-
flugzeug. Das ist keine Entwicklung in dem
Sinne gewesen, sondern das sollte natürlich
geliefert werden. Deswegen ist es eine Mi-
schung.

Die Sensorik sollte entwickelt werden.
Und dann das Zusammenfügen der Sensorik
in den Träger, das ist letztendlich auch noch
mal eine Entwicklungsleistung gewesen, weil
man da den Erfolg von vornherein noch nicht
absehen konnte. Deswegen ist im Vertrag
das eigentliche Zusammenführen der Senso-
rik in den Träger auch als Optionsleistung
vorgesehen, dass man erst mal gesagt hat:
Wir müssen erst mal Gewissheit haben:
Kann die Sensorik entsprechend entwickelt
werden, und können wir das dann in den
Träger einfügen? - Da hat man dann gesagt:
Das machen wir in zwei Schritten. Und wenn
sich die Sensorik entsprechend entwickeln
lässt, dann ziehen wir erst die optionalen
Leistungen für die Integration und die Tests,
das heißt das Zusammenführen der Sensorik
in den Träger.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wir haben ja
eine Entscheidung des Ministeriums, einmal
den Entwicklungsvertrag bis zum 30. Sep-
tember oder die Entwicklung zu Ende zu
führen, aber die Serie nicht zu kaufen.

In Ihrem Bericht führen Sie aus, dass für
die Musterzulassung zwischen 250 und
600 Millionen Euro zusätzliche Ausgaben
verursacht werden können, ohne dass die

Musterzulassung gewährleistet sei, und wei-
tere Risiken bestehen. Damit wäre sozusa-
gen das Risiko höher als der Kaufpreis, der
ursprünglich vorgesehen war. Halten Sie die
Entscheidung, in so einer Situation dann den
Kauf nicht zu machen, für angemessen?

Zeugin Angelika Bauch: Sie meinen den
Kauf der Serie?

Markus Grübel (CDU/CSU): Ja.

Zeugin Angelika Bauch: Man weiß ja
jetzt noch nicht, wie die Sensorik im Träger
funktioniert. Meines Wissens sind diese Ent-
wicklungs- - Also, da macht man jetzt mo-
mentan ja noch die Tests, um festzustellen,
ob die Sensorik tatsächlich in dem Flieger
auch funktioniert. Und jetzt noch die Serie
dann zu beschaffen, finde ich sachgerecht.

Markus Grübel (CDU/CSU): Sind Ihnen
andere Beispiele erinnerlich, wo Entwick-
lungsverträge nicht in einer Beschaffung
enden? Ist das was, was sozusagen gele-
gentlich vorkommt?

Zeugin Angelika Bauch: Ich denke mal,
dass es so weit gegangen ist, dass man
letztendlich das Vorhaben abbricht, ist schon
ein Novum. Aber dass man auch in anderen
Bereichen bei Entwicklungsverträgen nicht
umfänglich die militärischen Forderungen
umgesetzt bekommen hat, denke ich, ist kein
Novum.

Markus Grübel (CDU/CSU): Jetzt noch
Fragen zu den Beschaffungsverfahren. Das
Projekt Euro Hawk wurde ja unter Verfah-
rensvorschriften, die aus der Zeit von Minis-
ter Scharping stammen, im Wesentlichen
bearbeitet. Heute gelten andere, die CPM
(nov.), wie es genannt wird. Halten Sie die
neuen CPM für geeigneter, solche Beschaf-
fungsverfahren durchzuführen, damit auch
Risiken früher bekannt werden und gegen-
gesteuert wird?

Zeugin Angelika Bauch: Der CPM (nov.)
muss noch umgesetzt werden. Es gibt das
erste Pilotprojekt SARah, was man mit dem
CPM (nov.) umsetzen wollte. Wir haben da
mal nachgehakt: Da ist man noch in den
Anfängen. Ziel ist wohl, den CPM (nov.) bis
zum Jahr 2015 auf die vorhandenen Projekte
umzuklappen.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 569 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 7
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Ob der CPM (nov.) die Probleme heilen
kann, muss man sehen. Was hier auf jeden
Fall versagt hatte oder nicht funktioniert
hatte, ist das Projektcontrolling gewesen und
die Vorhabenaufsicht, die letztendlich auch
die Projektstatusberichte, die Risiken daraus
nicht entsprechend zum Anlass genommen
hat, darauf zu reagieren.

Es gab mehrere Stufen im Projektcontrol-
ling, die versagt haben. Es gab kein fach-
liches Controlling, keine Bewertung außer-
halb des Projektleiters, also von Leuten, die
unmittelbar im Projekt angebunden und ein-
gebunden waren. Das heißt, der Projektleiter
war auch zum großen Teil auf sich selbst
gestellt und auf die Einschätzung des Auf-
tragnehmers eingestellt.

Mit dem CPM (nov.) möchte man so eine
Funktion wie so einen Projektrat - das ist ein
Gremium -, so einen Lenkungsausschuss auf
Bundesamtsebene einrichten, unter Leitung
des Präsidenten. Der soll wohl auch alle zwei
Monate tagen. Also, da sieht man zumindest,
die Verantwortungskultur wird - - möchte
man da eine andere machen. Denn das war
hier auch das Problem. Die Verantwortungs-
kultur war nicht da.

Auch Vorgesetzte haben eine Holschuld.
Die müssen sich auch informieren: „Was ist
aus den Projekten geworden?“, zumal das
Euro-Hawk-Projekt ja auch Kategorie 1 war
und damit auch ein leitungsrelevantes Pro-
jekt war. Und mit dem CPM (nov.) hat man
zumindest im Bereich des Projektcontrollings
neben dem Projektrat auf Bundesamtsebene,
der sich auch über die Probleme und Risiken
befassen soll und, wie gesagt, in regelmäßi-
gem Turnus auch tagen soll - - Und wenn
dann Sollabweichungen vom Projekt festge-
stellt werden sollen, die auch an einen Len-
kungsausschuss im Bundesministerium he-
rangetragen werden unter Leitung des Ab-
teilungsleisters Rüstung - - Also, da sind
zumindest Stufen im Projektcontrolling vor-
gesehen. Ob die dann tatsächlich ein wirk-
sameres Projektcontrolling ausmachen wer-
den, muss man natürlich dann von der kon-
kreten Ausgestaltung abhängig machen.

Markus Grübel (CDU/CSU): In Ihrem Be-
richt schreiben Sie - das ist ja auch im Über-
sendungsschreiben dann enthalten -, dass
der Überführungsflug 2011 stattfand, und ein
Abbruch des Projekts im Jahre 2012 oder
später hätte dazu geführt, dass die Sensorik
nicht mehr abschließend hätte getestet wer-
den können. Also, einen Abbruch zu dem

Zeitpunkt hätten Sie für nicht mehr ange-
messen gehalten?

Zeugin Angelika Bauch: Man hätte das
Projekt neu bewerten müssen. Also, klar ist
natürlich: Wenn ich das dann im Jahr 2012
abbreche, dann ist klar, da ist die ISIS-Ent-
wicklung, die Sensorik nicht entwickelt bis
zum Ende. Dann hätte ich auch keine Er-
kenntnisse aus der Sensorik gehabt.

Es kommt letztendlich darauf an, was
man weiter mit der Sensorik anfangen kann.
Kann man sie tatsächlich in einen anderen
Träger einführen, oder muss man da mit zu
großen Leistungseinbußen rechnen? Des-
wegen ist die Entscheidung - - Man hätte
einfach das noch mal neu bewerten müssen,
die Risiken neu analysieren müssen, um
dann eine Entscheidung zu treffen: Ist das
jetzt richtig, es abzubrechen, oder macht es
Sinn, zumindest die Sensorik weiterzuent-
wickeln?

Man hätte auch erwägen können - - Die
USA haben ja jetzt ein Nachfolgeprojekt von
dem Global Hawk, diesen Block 40. Käme
der infrage, um dort die Sensorik einzu-
bauen? - Es ist ja ein sehr verwandtes Sys-
tem letztendlich, eine Weiterentwicklung.
Also, all diese Fragen hätten fachlich be-
wertet werden müssen, um dann zu ent-
scheiden: Was machen wir mit diesem Pro-
jekt? Abbruch, oder gehen wir diese Risiken
ein?

Jedenfalls im Jahr 2012 war die Sensorik
noch nicht so weiterentwickelt. Und dann
hätte man einfach die Entscheidung treffen
müssen: Verzichten wir auch auf die Ent-
wicklung der Sensorik? Haben wir die Er-
kenntnis: „Sie kann eigentlich auch nur so
zur Zufriedenheit im Euro Hawk eingebaut
werden; in einem anderen Träger macht sie
keinen Sinn“? Dann hätte man auch vielleicht
eine andere Entscheidung treffen können.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön. - Jetzt gebe ich der SPD-Frak-
tion das Wort. Das Wort hat der Kollege
Arnold.

Rainer Arnold (SPD): Herzlichen Dank. -
Können Sie uns zunächst mal bitte ein biss-
chen schildern, auf welcher Informations-
basis Sie Ihre Untersuchungen gemacht
haben?

Zeugin Angelika Bauch: Informations-
basis, das ist für uns einmal die AF, also die

Drucksache 17/14650 – 570 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 8
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

„Abschließende funktionale Forderung“, ge-
wesen. Dann haben wir die Zwischenent-
scheidung herangezogen. Wir haben natür-
lich die Projektstatusberichte des Projekt-
leisters herangezogen, auch die Projekt-
statusberichte des Auftragnehmers, die uns
letztendlich dann auch zur Verfügung gestellt
wurden. Wir haben den Schriftverkehr mit der
Musterzulassungsstelle ausgewertet und
auch den Schriftverkehr, der letztendlich
dann auch mit dem BMVg geführt wurde.
Also, das sind so die wesentlichen Erhe-
bungsunterlagen gewesen, die wir ausge-
wertet haben.

Rainer Arnold (SPD): Das heißt aber,
Sie waren - - Haben Sie auch selbst Gesprä-
che geführt mit Akteuren?

Zeugin Angelika Bauch: Also, Gesprä-
che geführt - das sieht so aus, dass die Prü-
fer natürlich einen Ansprechpartner benannt
bekommen. Sie haben natürlich dann mit der
Vorhabenaufsicht gesprochen, mit dem Pro-
jektmanager letztendlich. Der Projektleiter,
mit dem haben wir nicht gesprochen, aber
mit dem Projektmanager, der letztendlich
kontinuierlich auch die Hauptarbeiten in dem
Projekt geleistet hat. Wir haben auch mit
dem Musterprüfbeauftragten gesprochen,
dem Herrn Meier (?), und es gab auch Ge-
spräche mit dem Güteprüfdienst.

Rainer Arnold (SPD): Im Prinzip waren
Sie aber auf die Informationen des Hauses
angewiesen, haben selbst nicht zusätzliche
Akten angefordert usw., sondern Sie haben
mit dem gearbeitet, was man dann auch
bekommt.

Zeugin Angelika Bauch: Also, das ist
dann immer so: Die Prüfer fragen dann um-
fänglich nach den Sachverhalten vor Ort
nach: Was gibt es für Schriftverkehr, Projekt-
statusberichte? Und letztendlich sind wir
darauf angewiesen, was uns die Mitarbeiter
an Unterlagen zur Verfügung stellen.

Wir reißen die Themen an, wir sagen:
Zum Musterzulassungsprozess, was gibt es
da für Unterlagen, Schriftverkehr, den Sie da
geführt haben? Projektstatusbericht? - Und
teilweise erkennen wir dann aus den Schrei-
ben, dass es weitere Quellen gibt, interes-
sante weitere Dokumente, die wir dann noch
mal weiterhin gezielt anfordern.

Das Problem ist ein bisschen im BMVg:
Es gibt kein einheitliches Dokumentenmana-

gement. Teilweise sind die Unterlagen bei
den Mitarbeitern irgendwo in den Laufwerken
abgelegt. Es ist dann auch manchmal für die
Mitarbeiter schwierig gewesen, wenn sie auf
Fragen geantwortet haben und wir dann ge-
sagt haben: „Wir brauchen aber die Quellen
dazu. Können Sie uns das auch irgendwo
schriftlich belegen?“ - - dass dann auch rum-
gesucht wurde: Wo haben wir das denn?

Also, das ist auch ein Mangel letztendlich,
an dem die Bundeswehr arbeiten muss, dass
mehr Transparenz in die Projekte reinkommt
und dass auch ein vernünftiges, einheitliches
Dokumentenmanagement aufgebaut wird.

Rainer Arnold (SPD): Hatten Sie auch
Protokolle und Berichte, inwieweit im Rüs-
tungsrat über das Projekt gesprochen
wurde?

Zeugin Angelika Bauch: Nein, solche
Unterlagen hatten wir nicht.

Rainer Arnold (SPD): Das heißt, die
Frage der Kommunikationsstränge ist kaum
nachzuvollziehen, weil Sie ja nicht wissen,
wo Sie ansetzen müssen, oder?

Zeugin Angelika Bauch: Ja. Also, wie
gesagt, uns liegen in erster Linie die Kom-
munikation mit der Vorhabenaufsicht, die
Projektstatusberichte - - Aber was so intern
im Bereich der Bundesregierung oder auch in
Ministerien von einer Abteilung zur ande-
ren - - Also diesen Schriftverkehr kennen wir
nicht umfänglich.

Rainer Arnold (SPD): Weil die Frage ist
ja: Wie ist die Spitze immer informiert gewe-
sen? - Das konnten Sie nicht nachvollzie-
hen?

Zeugin Angelika Bauch: Die Information
der Spitze: Da haben wir nur die Vorlagen an
die Staatssekretäre. Wir haben darüber hi-
naus keine weiteren Informationen. Also,
letztendlich waren es vier, fünf Staatssekre-
tärsvorlagen.

Rainer Arnold (SPD): Nun haben Sie ja
dann geschrieben, die Leitung hätte gehan-
delt, als die Informationen vorlagen. Worin
besteht dieses Handeln konkret? Hat sich
was verändert, oder wurde einfach weiter-
gemacht im Grunde genommen bis nahezu

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 571 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 9
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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zum Ende des Projektes? Welche Handlun-
gen sind relevant?

Zeugin Angelika Bauch: Konkrete
Handlungen? - Das war einmal diese Studie,
die beauftragt wurde, um alternative Träger-
plattformen zu ermitteln. Und letztendlich hat
sich auch eine Arbeitsgruppe Zulassung
gebildet im BMVg, die einen aufwandsärme-
ren, alternativen Zulassungsweg eruieren
sollte und letztendlich mit einer Lösung
kommen wollte, wie man eine Zulassung des
Prototypen erreichen könnte.

Rainer Arnold (SPD): Sie schreiben ja
selbst in Ihrer Bewertung, ab 2009, spätes-
tens 2011 hätte man neu bewerten müssen.
Wäre ein vernünftiger Handlungsstrang nicht
gewesen, neu zu bewerten und, bevor so ein
Ergebnis vorliegt, auch keine weiteren Mittel
und keine weiteren Verträge mehr auszu-
geben, also praktisch ein Moratorium zu-
nächst mal, bis so eine Bewertung ist? Wir
haben sie ja mit den Alternativen bis heute
nicht auf dem Tisch.

Zeugin Angelika Bauch: Sicherlich rich-
tig. Also, die beiden CLS-Verträge für die
logistische Unterstützung des Anfangsflug-
betriebes hätte man hinterfragen können.
Also, das sind Verträge gewesen - - Wenn
der Prototyp dann letztendlich an die Truppe
übergeben worden wäre, also abgenommen
wäre, dann hätten die einen Anfangsflug-
betrieb für den Prototypen benötigt, und da-
für wurden schon Verträge - - Da war man
sehr optimistisch. Offensichtlich hatte man
wirklich die Risiken unterschätzt und war
noch sehr optimistisch, dass man da eine
Lösung finden würde. Aber aus heutiger
Sicht muss man sagen: Diese beiden CLS-
Verträge hätte man noch mal hinterfragen
müssen.

Rainer Arnold (SPD): Gibt es einen
sachlichen, begründbaren Grund, warum
nach dem dritten Änderungsvertrag die Ver-
träge nicht in das Parlament gelangt sind?
Hätte man auch welche zusammenfassen
können, sodass die 25 Mio. dann eine parla-
mentarische Behandlung erzwungen hätten?

Zeugin Angelika Bauch: Einen sach-
lichen Grund sehe ich nicht.

Rainer Arnold (SPD): Also, man hätte
das zusammenfassen können, zumindest
dort, wo innerhalb von drei Monaten drei
Verträge gemacht wurden.

Nun schreiben Sie ja, die Leitung sollte
sich regelmäßig bei wichtigen Projekten mit
Risiken informieren lassen. Sie schreiben
nicht, die Leitung sollte bei wesentlichen
Projekten informiert werden, sondern sie
sollte sich informieren lassen. Ist das Projekt
in einer Kategorie, wo die Leitung sich infor-
mieren lassen muss von der Bedeutung her?

Zeugin Angelika Bauch: Ja, das ist sie,
weil sie Kategorie 1 ist. Kategorie 1 sagt
„leitungsrelevant“. Das heißt, man hat da
natürlich auch dann, weil es ein politisch
bedeutsames Projekt ist, letztendlich eine
Holschuld, dass man sich in regelmäßigen
Abständen über dieses Projekt berichten
lässt.

Rainer Arnold (SPD): Also, die Leitung
könnte im Rüstungsrat regelmäßig nachfra-
gen: Wie steht es?

Zeugin Angelika Bauch: Zum Beispiel.

Rainer Arnold (SPD): Die Leitung könnte
auch jenseits der schriftlichen Vorlagen,
wenn sie das zuständige Beschaffungsamt
besucht, auch beim Leiter nachfragen usw.?

Zeugin Angelika Bauch: Absolut.

Rainer Arnold (SPD): Oder gar, wenn
man beim Projekt selbst ist?

Zeugin Angelika Bauch: Absolut. Ja.

Rainer Arnold (SPD): Und dies ist Ihrem
Kenntnisstand nach erfolgt oder nicht erfolgt?

Zeugin Angelika Bauch: Nach meinem
Kenntnisstand nicht.

Rainer Arnold (SPD): Nun haben Sie
noch mal über die Risiken gesprochen, und
Sie sagten „blauäugig“. Waren 2007 aber die
Risiken schon irgendwo bekannt? Vielleicht
war man ja optimistisch, aber die Risiken
lagen im Prinzip auf dem Tisch. Oder wurden
Risiken völlig ignoriert?

Zeugin Angelika Bauch: Risiken waren
bekannt, aber ich würde sagen, die Trag-

Drucksache 17/14650 – 572 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 10
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

weite der Risiken war nicht so erkannt wor-
den. Man hat das Musterzulassungsrisiko
unterschätzt bzw. war optimistisch mit zu-
sätzlichen Dokumenten und Nachweisen.
Wenn es auch Abweichungen von der ameri-
kanischen Zulassungsphilosophie gibt, war
man letztendlich doch optimistisch, das hin-
zubekommen. Und man war auch letztend-
lich optimistisch, auch diese Informations-
beschränkung nach dem ITAR gegebenen-
falls dann vor Ort einsehen zu können. Auch
das - - Die Risiken waren bekannt, aber man
war einfach doch noch sehr optimistisch,
dass man diese Risiken in den Griff bekom-
men könnte.

Rainer Arnold (SPD): Es handelt sich ja
um einen Entwicklungsvertrag. Wäre so ein
Vertrag kündbar auf der Strecke?

Zeugin Angelika Bauch: Es ist ein - - In
dem Entwicklungsvertrag ist ein Kündi-
gungsparagraf drin. Letztendlich hätte man
das abwägen müssen: Was sind das für fi-
nanzielle Auswirkungen, wenn man so einen
Vertrag plötzlich kappt? Der Auftragnehmer
hat natürlich auch einen Anspruch, dass der
Vertrag erfüllt wird. Also, das hätte man auch
rechtlich prüfen müssen. Aber letztendlich
gibt es einen Kündigungsparagrafen im Ver-
trag.

Rainer Arnold (SPD): Aber dieser Ver-
trag hat ja letztlich schon einen Sinn. War
dieser Vertrag insgesamt so gestaltet, wie es
den üblichen Verträgen des Ministeriums bei
Entwicklungsverträgen entspricht, oder war
der völlig außerhalb dieser Reihe?

Zeugin Angelika Bauch: Er orientierte
sich schon an den Musterverträgen im Bun-
desamt.

Rainer Arnold (SPD): Okay. - Dann
sagten Sie ja auch - oder der Kollege Grübel
hatte nachgefragt -, dass Staatssekretär
Eickenboom ja dann gezeichnet hat, als es
um die Rückstufung von 3 auf 2 ging. Zu-
nächst mal: Kann man mit 2 den ursprünglich
vorgesehenen Auftrag erfüllen, wenn das
Flugzeug also in geschützten Boxen hoch-
steigt?

(Markus Grübel (CDU/CSU): Wir
reden ja nicht über Kategorie 3 und
2, sondern zuerst mal über die Teil-

nahme am allgemeinen Luftverkehr
und die Musterzulassung!)

- Ja, ja, 3 ist Teilnahme im Allgemeinen. Ich
rede jetzt gerade von 3 und 2, Herr Kollege
Grübel, und von nichts anderem.

(Joachim Spatz (FDP): Das hat er
nicht gemacht! - Gegenruf der Abg.
Inge Höger (DIE LINKE): Es darf
doch hier jeder seine Fragen
stellen! - Markus Grübel
(CDU/CSU): Ja, aber wenn Sie
mich zitieren, darf ich sagen, dass
ich etwas anderes gefragt habe!)

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Er hat zitiert.

(Markus Grübel (CDU/CSU): Nein,
nein! Aber wenn er mich zitiert,
dann sollte er auch präzise
zitieren!)

Rainer Arnold (SPD): Ich möchte jetzt
nicht, dass meine Zeit durch so ein Geplän-
kel vergeudet wird. So viel haben wir ja nicht
wirklich, Herr Kollege.

(Holger Krestel (FDP): Dann müs-
sen Sie hier auch präzise sein!)

Kann man in der Kategorie 2 den Auftrag,
wenn das Flugzeug über dem allgemeinen,
zivilen Bereich fliegt, den die Militärs da im
Auge hatten, erfüllen, wenn man in einer
geschlossenen Box startet und landet? Oder
ist dieses Umswitchen von Muss auf Soll
relevant, sodass das Gerät nachher gar nicht
mehr einsatztauglich ist?

Zeugin Angelika Bauch: Man kann den
Auftrag auch mit der Kategorie 2 erreichen.

Rainer Arnold (SPD): Dann sagte ich
schon, Staatssekretär Eickenboom hat dies
gezeichnet. Wie ist das Verständnis des
Rechnungshofes? Wenn ein beamteter
Staatssekretär etwas zeichnet, sind die In-
formationen damit an der politischen Leitung
angekommen?

Zeugin Angelika Bauch: Das kann ich
nicht bewerten. Dazu kann ich keine Aus-
sage machen.

Rainer Arnold (SPD): Okay. Vielen
Dank. - Ich komme dann noch mal zu der
Sensorik. Wissen Sie, ob alle Teile der Sen-
sorik getestet werden in den wenigen Flügen,

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 573 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 11
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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die in den Monaten jetzt gerade stattfinden,
oder sind es nur bestimmte Teile, die über-
haupt getestet werden können, und andere
sind ausgenommen, sodass man dann na-
türlich hier auch keine Ergebnisse hat?

Zeugin Angelika Bauch: Darüber haben
wir keine Prüfungserkenntnisse.

Rainer Arnold (SPD): Haben Sie Er-
kenntnisse darüber - als die Alternativen
untersucht wurden, in welchen finanziellen
Dimensionen man sich bewegen würde,
wenn man ein anderes Flugzeug, also einen
normalen Passagier-Airbus, kauft -, wie die
Integrationskosten der Sensorik liegen, wie
die Entwicklungskosten der Sensorik, die
sich ja auch ändern muss, liegen würden und
wie die Betriebskosten auf einer längeren
Zeitschiene im Vergleich zu Unbemannten
sind?

Zeugin Angelika Bauch: Es gab eine
Wirtschaftlichkeitsbetrachtung vor Vertrags-
schluss. Da wurde ein bemanntes Ge-
schäftsflugzeug verglichen mit einem unbe-
mannten Luftfahrzeug, und da hat man ein-
deutige Vorteile bei dem unbemannten Luft-
fahrzeug gesehen. Deswegen kam es auch
letztendlich zu der Entscheidung, als Träger
ein unbemanntes Luftfahrzeug vorzusehen.

Da hat man auch eine Lebenswegkosten-
betrachtung über 30 Jahre gemacht, und da
hatte sich herausgestellt, wenn ich das richtig
in Erinnerung habe: für das unbemannte
Luftfahrzeug irgendwie 1,4 Milliarden und für
das bemannte Geschäftsflugzeug - in Anfüh-
rungszeichen - „vergleichbar“ so 2,4 Milliar-
den. Also, man hat schon bei den Lebens-
wegkosten absolute Vorteile bei dem unbe-
mannten Luftfahrzeug gesehen, aber auch
die längere Stehzeit bis zu drei Stunden ist
natürlich nicht mit einem bemannten Flug-
zeugträger erreichbar, auch der Personal-
aufwand. Und letztendlich hat man auch den
Schutz der Soldaten oder des fliegerischen
Personal. Wenn Sie ein unbemanntes Flug-
zeug haben, ist der Schutz natürlich da. Mit
einem bemannten geht man da natürlich
auch Risiken ein.

Rainer Arnold (SPD): Wurden Ihnen
diese Untersuchungen über die alternativen
Plattformen, die angestellt wurden, mit den
Ergebnissen auch gegeben? Haben Sie die?

Zeugin Angelika Bauch: Wir kennen die
Aussagen in der „Abschließenden funktiona-
len Forderung“. Da wird eingegangen auf
diese Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen. Wir
haben die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung
selber nicht überprüft.

Rainer Arnold (SPD): Ich rede jetzt von
denen, die zu Ihren genannten Handlungen
der Regierung gehören ab dem Jahr 2012,
die ja bis zum heutigen Tag nicht abge-
schlossen sind, aber im Januar dieses Jah-
res gab es offensichtlich ein erstes Ergebnis.
Dann gab es noch ein kurzes Gutachten, das
innerhalb von 14 Tagen erstellt wurde. Lie-
gen die Ihnen vor?

Zeugin Angelika Bauch: Die Gutachten
liegen - - Also die abschließenden Ergebnis-
sen liegen uns nicht vor. Nein.

Rainer Arnold (SPD): Weil mir geht es - -

Zeugin Angelika Bauch: Unsere Erhe-
bungsergebnisse - - Erhebungszeitraum war
so Februar dieses Jahres abgeschlossen.

Rainer Arnold (SPD): Da waren die aber
schon verfügbar? Weil wenn wir über Alter-
nativen reden, wären ja die Kosten schon
relevant.

Zeugin Angelika Bauch: Ja.

Rainer Arnold (SPD): Würden Sie das
auch so sehen?

Zeugin Angelika Bauch: Also, wir ken-
nen die Aussagen, die zu diesen Studien
gemacht wurden im Rahmen der Bewertung
des Bundesamtes. Ich bin jetzt ehrlich gesagt
etwas überfragt, ob wir selber die Studie, die
da im Jahr 2012 gemacht wurde, in der Tat
hatten. Da bin ich jetzt ehrlich gesagt etwas
überfragt. Ich weiß auf jeden Fall, dass wir
die Bewertungen dazu kennen.

Rainer Arnold (SPD): Könnte das zur
Aufgabe des Rechnungshofes gehören, sol-
che Studien dann auch zu bewerten?

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege.

Rainer Arnold (SPD): Ja?

Drucksache 17/14650 – 574 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 12
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Das ist die letzte Frage.

Rainer Arnold (SPD): Ich bin auch fertig.

Zeugin Angelika Bauch: Ja, das ist
durchaus so, dass wir diese Studien, die
Ergebnisse auf Plausibilität prüfen. Durch-
aus, das ist mit eine unserer Aufgaben.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt kommt die FDP-Fraktion. Herr Kollege
Spatz.

Joachim Spatz (FDP): Ja, Frau Bauch,
Sie haben ja als Rechnungshof im Jahr 2005
gefordert, die Breguet Atlantic außer Dienst
zu stellen. Warum haben Sie ein Nachfolge-
system empfohlen?

Zeugin Angelika Bauch: Wenn ich mich
recht erinnere, ging es darum, dass das sehr
unwirtschaftlich geworden ist, dieses Aufklä-
rungssystem.

Joachim Spatz (FDP): Ja, warum haben
Sie ein Nachfolgesystem empfohlen? Das
erklärt die Außerdienststellungsforderung,
aber nicht ein Nachfolgesystem.

Zeugin Angelika Bauch: Also, die Fä-
higkeitslücke ist sehr prioritär im Bundes-
ministerium bewertet worden, und wir konn-
ten dieses prioritäre Schließen dieser Fähig-
keitslücke nachvollziehen.

Joachim Spatz (FDP): Wenn Sie die Fä-
higkeitslücke geschlossen haben wollten, ist
Ihnen klar, dass, um das zu gewährleisten,
einige Fluggeräte, also mindestens eine klare
Serie, dafür dauerhaft in den Einsatz ge-
bracht werden müssen? Ist Ihnen das klar?

Zeugin Angelika Bauch: Ich weiß jetzt
nicht, was Sie damit meinen.

Joachim Spatz (FDP): Also, dann unter-
stelle ich das jetzt mal aus anderen Zeugen-
aussagen. Und ich möchte noch mal hinter-
fragen, weil der Kollege Arnold uns wieder
auf einen Nebenschauplatz führen wollte,
was den dauerhaften Betrieb angeht. Es
hängt nämlich nicht an dieser Einstufungs-
geschichte, sondern an dem dauerhaften
Betrieb von Fluggeräten, und da wurde uns
gestern gesagt, dass wir dafür eine Muster-

zulassung brauchen, egal ob die in Kategorie
2 oder 3 fliegen. Wenn wir das unterstellen:
Wie bewerten Sie dann in diesem Zusam-
menhang Ihre Aussage von vorhin, dass man
beim Thema Musterzulassung schon von
Beginn an dieses Thema - ich sage mal -
sträflich, blauäugig oder sonst wie behandelt
hat? Das Thema Musterzulassung, und nicht,
in welcher Kategorie die fliegen.

Zeugin Angelika Bauch: Eine vorläufige
Verkehrszulassung erteilt man für den Erpro-
bungsflug und für Testflüge. Aber für einen
dauerhaften Einsatz brauche ich eine Mus-
terprüfung, eine Musterzulassung.

Bei einer vorläufigen Verkehrszulassung
ist der Betrieb nur unter Auflagen und in be-
stimmten Betriebsgrenzen möglich, und es
sind auch höhere Anforderungen letztendlich
an die Versorgung dieses Trägers gebracht.
Also, wenn man einen Träger dauerhaft ein-
setzen will, dann muss ich eine Musterzulas-
sung, also eine Musterprüfung und eine
Musterzulassung, haben.

Joachim Spatz (FDP): Und in diesem
Zusammenhang war auch Ihre Empfehlung
für ein Nachfolgesystem zu verstehen?

Zeugin Angelika Bauch: Absolut, ja. Der
Prototyp musste diese Musterzulassung, also
Musterprüfung und Musterzulassung, haben,
damit - - Wenn ich die Serie habe, die natür-
lich dauerhaft im Einsatz entsprechend vor-
liegt, da brauche ich natürlich die Muster-
prüfung, und die ist auch vertraglich geschul-
det. Da ist auch in der Anlage H eindeutig
drin: Der Prototyp ist mit einem deutschen
Musterzulassungsschein auszuliefern. - Das
macht auch absoluten Sinn.

Joachim Spatz (FDP): Trotzdem haben
Sie gesagt, dass das Thema Musterzulas-
sung völlig unterschätzt worden ist und man
blauäugig - ich zitiere Sie - auf die Industrie
vertraut hat. Wie ist das in diesem Zusam-
menhang bei doch nicht anderer Sicherstel-
lung der Fähigkeitslückendeckung dann zu
beurteilen?

Zeugin Angelika Bauch: Man war,
denke ich, nicht im Zweifel, diese Muster-
prüfung und Musterzulassung nach ZDv 19/1
zu bekommen. Das hat man nicht infrage
gestellt zu Beginn des Vertrages. Da war
man zuversichtlich und hat halt eben ge-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 575 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 13
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

dacht: Na ja, gegebenenfalls müssen wir
weitere Nachweise einfordern. - Aber man
war vor Vertragsschluss, denke ich, schon
zuversichtlich, dass man tatsächlich diese
umfassende Musterprüfung auch erreichen
kann.

Joachim Spatz (FDP): Gut. - Können Sie
sich erklären, warum das BMVg noch 2009
das Projekt als unkritisch eingestuft hat?

Zeugin Angelika Bauch: Schwierig. Weil
da sind die ersten Probleme aufgetreten. Wir
haben ja auch diesen Abbruch vom GAST
gehabt. Das ist dieses Auswertesystem, ein
wichtiger Baustein in dem Projekt, den man
2008 abgebrochen hatte. Da hat man dann
auch nach alternativen Schnittstellen ge-
sucht.

Es zeichneten sich auch bei dem Mis-
sionsplanungssystem zunehmend Probleme
ab, dass man die beauftragte Exportversion
wohl nicht bekommen würde, und natürlich
kam 2009 zunehmend, dass die Muster-
zulassungsaktivitäten so einen Umfang er-
fordern, um die Anforderung nach der ZDv
19/1 zu erfüllen, dass man da schon die
ersten Bedenken hatte, ob man die im Rah-
men des Vertrages abwickeln kann.

Joachim Spatz (FDP): Sie haben ja vor-
hin eine - ich sage mal - unzulängliche Mel-
delage geschildert, gerade auch im Umfeld
2009. Hätte im Rahmen des dritten Ände-
rungsvertrages in 2009 nicht eine realistische
Chance trotzdem bestanden, also trotz der
mäßigen Meldelage eine Neubewertung
durchzunehmen?

Zeugin Angelika Bauch: Das ist eine
unsere Empfehlungen. Wir sehen ja drei,
also im Jahr 2009 mit dem dritten Ände-
rungsvertrag, wo auch eindeutig festgehalten
ist, dass man nicht auf der amerikanischen
Zulassung aufbauen könne, wie man vorher
angenommen hatte. Das sehen wir genauso.
Da hätte man das Projekt auf jeden Fall neu
bewerten müssen.

Joachim Spatz (FDP): Wer hätte da ini-
tiativ werden müssen bei dieser Neubewer-
tung?

Zeugin Angelika Bauch: Es sind ver-
schiedene Ebenen. Der Projektleiter hat die
Probleme in seinem Projektstatusbericht

dargelegt. Bei einer funktionierenden Pro-
jektüberwachung, Projektcontrolling hätte an
erster Stelle das Bundesamt, sprich der Prä-
sident, über sein Zentralcontrolling aufmerk-
sam werden müssen, und letztendlich über
die Vorhabenaufsicht im Bundesministerium
hätte man das natürlich dann an eine Staats-
sekretärsvorlage über den Abteilungsleiter
Rüstung transportieren müssen.

Letztendlich haben wir ja festgestellt,
dass das Controlling nicht funktioniert hat
und dass es auch in der Tat überhaupt kein
fachliches Controlling gab bei diesem Pro-
jekt. Das heißt, dass auch diese finanziellen
und zeitlichen Risiken, die ab und zu auch
schon mal vom Zentralcontrolling bewertet
wurden - - Also, zeitliche und kostenmäßige
Risiken wurden auch vom Zentralcontrolling
im Bundesamt durchaus mit bewertet. Aber
es gab keine unabhängige oder überhaupt
keine richtige fachliche Bewertung, kein
fachliches Controlling zu diesem Vorhaben
mit diesen Risiken. Das hat einfach nicht
funktioniert.

Joachim Spatz (FDP): Könnte man sa-
gen, dass der Projektleiter damit alleingelas-
sen war?

Zeugin Angelika Bauch: So hat sich das
für uns herausgestellt, dass der Projektlei-
ter - - Er hat die Probleme dargelegt, aber ich
denke auch, er hat die Tragweite der Pro-
bleme nicht richtig erkannt. Er hat sich an
den Einschätzungen der Firma sicherlich
auch viel orientiert, und ich denke mal, der
Projektleiter hat die Tragweite der Risiken
nicht erkannt. Er war auch noch optimistisch,
Lösungen zu finden, hatte dann aber auch,
wenn man sich den Projektverlauf ansieht,
immer die weiteren Schritte erst mal im Blick:
So, jetzt muss ich als Nächstes gucken, dass
der Überführungsflug von USA nach
Deutschland funktioniert. - Er hat nicht die-
sen vorausschauenden Blick gehabt, welche
Realisierungsrisiken letztendlich mit dem
Musterzulassungsprozess verbunden sind.
Das hat er in der Tragweite - so stellt es sich
uns aus den Unterlagen dar - nicht erkannt.

Joachim Spatz (FDP): Ist es normaler-
weise Aufgabe von einem Projektleiter auf
dieser Stufe, oder machen das normaler-
weise andere, diesen globalen Blick zu ha-
ben?

Drucksache 17/14650 – 576 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 14
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeugin Angelika Bauch: Der Projektlei-
ter hat natürlich schon auch den Blick in dem
Projekt. Er hätte diese Probleme einfach
transportieren müssen, weiterleiten müssen
bzw. hätte die Vorhabenaufsicht diese Pro-
bleme auch weiter aufnehmen müssen. Der
Projetleiter hat sie ja letztendlich in seinen
Projektstatusberichten auch dargelegt. Diese
Projektstatusberichte waren der Vorhaben-
aufsicht im Bundesministerium auch bekannt.
Sie haben den Zugriff auf diese Projekt-
statusberichte. Sie haben ja auch die Pro-
jektstatusberichte letztendlich mit bewertet.
Und auch da hat sich uns die Frage gestellt,
ob die Vorhabenaufsicht auch im Bundes-
ministerium nicht so organisiert war, dass
dort die Risiken entsprechend erkannt wur-
den.

Joachim Spatz (FDP): Wie kommen Sie
in diesem Zusammenhang zu Ihrer Bewer-
tung, dass Projektprüfung und -begleitung
personell nicht hinreichend ausgestattet ge-
wesen seien?

Zeugin Angelika Bauch: Personalpro-
bleme waren von Anfang an ein Thema in
den Projektstatusberichten. Es gab wohl mal
eine Bemessung. Es sollten wohl acht Mit-
arbeiter für dieses Projekt vorgesehen wer-
den, und der Projektleiter hat in seinen Sta-
tusberichten regelmäßig darauf hingewiesen,
dass die Personalausstattung unzureichend
ist und dass damit eine sachgerechte Be-
gleitung dieses Projektes nicht möglich ist.
Das hat er mehrfach in seinen Projektstatus-
berichten geäußert.

Joachim Spatz (FDP): Besten Dank.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich gebe jetzt das Wort der Linken, Herrn
Kollegen Koch.

Harald Koch (DIE LINKE): Vielen Dank,
Frau Vorsitzende. - Frau Bauch, es hat hier
Probleme gegeben bei der Zurverfügung-
stellung von Unterlagen. Wie viele Fälle gab
es in der Vergangenheit, in denen Ihnen,
also dem Bundesrechnungshof, von anderen
Ministerien oder Bereichen, die Sie prüfen,
Unterlagen vorenthalten wurden mit der Be-
gründung, vertragliche Vereinbarungen zwi-
schen deutschen Behörden und Wirtschafts-
unternehmen stünden dieser Offenlegung
entgegen?

Zeugin Angelika Bauch: Ein Vorenthal-
ten von Unterlagen mit dieser Begründung,
mit dem Bezug auf diesen ITAR-Sperrver-
merk, ist jetzt bei diesem Projekt ein Novum
gewesen.

Harald Koch (DIE LINKE): Wie bewerten
Sie diese Vereinbarung vor dem Hintergrund
staatsrechtlicher und auch haushaltsrecht-
licher Prinzipien?

Zeugin Angelika Bauch: Letztendlich
sahen die ITAR-Regularien halt eben vor,
dass die US-Regierung letztendlich den
Umfang und die Detailtiefe der Informationen
bestimmt, die für ein bestimmtes Projekt an
andere Nationen geliefert werden können,
und da müsste man sich anstrengen, dass
man diese ITAR-Regularien jetzt für dieses
Projekt entsprechend aufgeweicht oder ver-
ändert bekommen hätte, dass man den Zu-
griff besser hätte bekommen können.

Das ITAR-Problem ist auch einfach unter-
schätzt worden. Man hat dann diese Ab-
kommen gemacht, dieses MoU und auch
diese Technical Assistance Agreements, und
hat gemeint, dass man damit diese Regula-
rien vielleicht in den Griff bekommen könnte
und dadurch doch einen Einblick in die Un-
terlagen bekommen könnte, was sich letzt-
endlich aber als Trugschluss herausgestellt
hat.

Harald Koch (DIE LINKE): Sehen Sie
ähnliche Probleme für andere bzw. zukünf-
tige Projekte im Umgang jetzt zwischen Bun-
desrechnungshof, Parlament letztendlich und
dem Bundesverteidigungsministerium, oder
ist das jetzt geklärt?

Zeugin Angelika Bauch: Also, wir haben
mit dem Bundesverteidigungsministerium
noch mal unsere Auskunftsrechte nach dem
§ 95 BHO konkretisiert. Letztendlich haben
wir uns mit dem BMVg über die Formen ver-
ständigt, wie uns diese Unterlagen zur Ver-
fügung gestellt werden. Die haben wir etwas
konkretisiert. In unseren Auskunftsrechten
haben wir keine Abstriche machen können -
wollten wir auch nicht. Wir haben einen ver-
fassungsgemäßen Auftrag. Da können wir
auch keine Abstriche machen, was unsere
Auskunftsrechte und die Auskunftspflichten
der geprüften Stelle betrifft.

Letztendlich haben wir uns mit dem BMVg
in einer Einigung darauf verständigt, wenn
sensible Daten vorhanden sind, wie die uns

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 577 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 15
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

zu übermitteln sind. Aber das ist für uns so-
wieso selbstverständlich gewesen, dass wir
mit sensiblen Unterlagen - gegebenenfalls
als VS-Geheim oder so eingestuft - - Wir
haben es noch mal konkretisiert, auch um
dem BMVg letztendlich noch mal eine Hand-
reichung zu machen, wie sie vielleicht künf-
tig, wenn sie Probleme haben, uns sensible
Daten zu übermitteln, sicherstellen können,
dass die auch bei uns entsprechend behan-
delt werden. Aber das ist für uns selbstver-
ständlich. Also, dazu hätte es dieser konkre-
ten, weiteren Einigungsmodalitäten nicht
gebraucht.

Harald Koch (DIE LINKE): Haben Sie
und Ihre Kolleginnen und Kollegen den Ein-
druck, dass es insbesondere an dem Projekt
lag, dass hier ein solches Verhalten sich
offenbarte?

Zeugin Angelika Bauch: Wir haben nicht
den Eindruck, dass uns gezielt Informationen
vorenthalten werden sollten, indem man
diese Grundsatzfrage oder Grundsatzdebatte
zur Trag- - Reichweite der Prüfungsrechte im
letzten Jahr aufgezogen hat. Also, wir haben
nicht den Eindruck, dass das gemacht
wurde, um uns Informationen vorzuenthalten.
Letztendlich, muss man natürlich sagen, hat
das unsere Prüfung beeinträchtigt und natür-
lich auch zeitlich verzögert. Ich denke mal,
wir hätten unseren Bericht vielleicht schon im
Herbst letzten Jahres an das BMVg schicken
können.

Harald Koch (DIE LINKE): Man muss ja
für die Öffentlichkeit sagen, dass sich das
fast ein Jahr hingezogen hat, hin und her:
Frühjahr 2012 bis jetzt, 2013. - Prüft das
Bundesrechnungsamt, der Bundesrech-
nungshof - Entschuldigung - permanent, also
nicht nur jetzt mit einem abschließenden
Bericht, sondern ist der Bundesrechnungshof
permanent an Projekten dran, lässt sich da
regelmäßig informieren?

Zeugin Angelika Bauch: Es gibt so viele
Projekte, und wir haben zu wenig Leute, um
permanent - - Aber die großen Rüstungsvor-
haben haben wir natürlich im Blick, und die
prüfen wir auch begleitend.

Harald Koch (DIE LINKE): Ich frage ja
das, weil ich komme aus der kommunalen

Ebene. Ich sage mal: Auf Landesebene und
der kommunalen Ebene ist das üblich.

Zeugin Angelika Bauch: Also, die gro-
ßen Rüstungsvorhaben, die prüfen wir be-
gleitend: Eurofighter und so, solche Sachen.
Da sind wir dran und informieren uns auch
regelmäßig. Oder über Tiger oder so. Ja, da
sind wir dran. Aber wir müssen dann auch
gucken. Wenn Probleme auftreten, ist für uns
auch immer dann zu entscheiden: Wann ist
der richtige Zeitpunkt, mit einer Prüfung zu
beginnen? Beim Euro Hawk waren es die
Kostensteigerungen und auch die zeitlichen
Verzögerungen, die wir zum Anlass genom-
men haben, das Projekt uns näher anzu-
sehen.

Harald Koch (DIE LINKE): Für die Öf-
fentlichkeit ist hier natürlich jetzt von großem
Interesse, wie viel Geld ausgegeben wurde
und wie viel davon vergeudet. Wie viel wurde
bereits in das Entwicklungsprojekt Euro
Hawk/ISIS investiert? Wie viel davon ist ver-
loren? Wie groß ist der Anteil der Investitio-
nen jeweils für diese Projekte? Lagen dem
Bundesrechnungshof Informationen darüber
vor, welche Kosten dadurch entstehen, dass
ISIS in ein anderes Trägersystem installiert
wird? Das ist jetzt eine Reihe von Fragen.
Aber haben Sie da konkrete Zahlen?

Zeugin Angelika Bauch: Also, das Ver-
tragsvolumen, wenn man mal den ursprüng-
lichen Entwicklungsvertrag sieht, der sich auf
431 Millionen belief - - Wenn man Teil eins
und Teil zwei zusammennimmt, war der Ur-
sprungsvertrag 431 Millionen. Es gab dann
elf Änderungsverträge, wodurch das Volu-
men von dem Entwicklungsvertrag auf
558 Millionen angestiegen ist. Wenn Sie da
Abweichungen zu dem Bericht des BMVg
sehen - die sagen: von 431 auf 552 Millio-
nen -, dann liegt das daran: 6 Millionen sind
für zusätzliche Verlängerungen bis zum
31.07. dazu gekommen. Also, insgesamt hat
sich der Ursprungsvertrag von 431 Millionen
auf mittlerweile 558 Millionen erhöht, und es
sind zusätzliche Verträge abgeschlossen in
einem Volumen von etwa 110 Millionen.
Dazu gehören diese beiden CLS-Verträge,
FMS-Verträge und diverse Unterstützungs-
leistungen, sodass wir insgesamt ein Ver-
tragsvolumen haben von 668 Millionen. Und
wenn man das mal aufteilt auf den Träger
und auf die Entwicklung ISIS mit den ent-
sprechenden Zulassungsleistungen und

Drucksache 17/14650 – 578 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 16
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

wenn man sagt, dass diese beiden Unter-
stützungsleistungen, diese CLS-1- und -2-
Verträge, in erster Linie dem Träger zuzu-
ordnen sind, dann kann man sagen, sind
Ausgaben oder auch vertraglich gebunden
für den Träger letztendlich 305 Millionen und
für die ISIS-Entwicklung und Tests und so
von etwa 363 Millionen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön. - Ich gebe das Wort dem Kol-
legen Nouripour von Bündnis 90/Die Grünen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Um jetzt mal bei dem Punkt zu
bleiben, verehrte Frau Bauch: Diese Zahl, die
Sie genannt haben, diese Zahlen, die Sie
genannt haben, schließen aber noch nicht
ein die potenziellen Mehrkosten, die es ge-
ben kann bei einer Neuintegration von ISIS
beispielsweise, einer Beschaffung von Platt-
formen, potenziell verlorengegangene In-
vestitionen in Infrastrukturen in Jagel und
Manching usw.

Zeugin Angelika Bauch: Die Zahlen be-
schränken sich ausschließlich auf das Vor-
haben mit dem Prototypen. Weiter gehende
Kosten für die ISIS-Entwicklung sind da noch
nicht drin.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Auch nicht beispielsweise bei der
Differenz, die Sie vorhin ja benannt haben
zwischen bemannten und unbemannten?

Zeugin Angelika Bauch: Nein.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Okay. - Sie haben vorhin ja noch
mal die Leitungsrelevanz angesprochen. Ich
will das noch mal verstehen. Also, ein lei-
tungsrelevantes Projekt ist eines, das poli-
tisch von so großer Bedeutung ist, dass von
der Leitung des Hauses eine Holschuld be-
steht, um sich darüber zu informieren. Rich-
tig?

Zeugin Angelika Bauch: Ja, so ist das.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Also geht es nicht um eine Kann-
bestimmung, sondern um eine Mussbestim-
mung, dass man sich da informieren muss.

Zeugin Angelika Bauch: Also, das ist
Kategorie 1. Also, da müsste man jetzt noch
mal konkret in die Beschreibung dieser Kate-
gorie 1, in den CPM reinschauen. Also, ich
habe sie so verstanden, dass es leitungs-
relevant ist und dass sich eigentlich die Lei-
tung da auch regelmäßig einen Einblick ma-
chen muss, wie das Projekt läuft.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie haben, um zum ISIS zurück-
zukommen, beim ISIS davon gesprochen,
dass es noch Risiken gibt bei der Integration,
ob es überhaupt noch irgendwo eingebaut
werden kann. Aber Sie haben auch von
Leistungseinbußen gesprochen. Was be-
deutet das?

Zeugin Angelika Bauch: Also, ob das
ISIS vertragsgemäß entwickelt wird, da ha-
ben wir keine Einblicke. Wir wissen nicht, ob
das die Erwartungen erfüllt, die vertraglich an
das ISIS-System gestellt wurden. Wir haben
keine Prüfungserkenntnisse über den Erfül-
lungsgrad der ISIS-Entwicklung. Richtig ist:
Wenn man das ISIS, diese Sensoren jetzt in
eine andere Plattform einbringen will - - Da
ist ja im Gespräch eine bemannte, zum Bei-
spiel der Airbus A316, A319. Klar ist natür-
lich: Der fliegt in einer anderen Höhe. Klar ist
natürlich: Der hat eine andere Geschwindig-
keit. Und natürlich ist die Sensorik jetzt sehr
spezifisch auf diesen Euro Hawk ausgelegt
gewesen, auf die entsprechende Flughöhe,
auf die entsprechende Geschwindigkeit. Das
kann man sich ja vorstellen, so ein Sensorik-
system, was auf diese Kriterien ausgelegt
ist - - dass das problematisch ist, einfach in
eine andere, zum Beispiel bemannte, Platt-
form zu bringen, die auch in anderen Rah-
menbedingungen unterwegs ist. Aber wir
haben keine weiter gehenden Erkenntnisse,
auch die Studie nicht. Ich kenne jetzt nur aus
der Presse, was darüber gesagt wurde. Da
haben wir keine eigenen Prüfungserkennt-
nisse, in welchem hohen Maß oder in wel-
chem Maß letztendlich mit Einschränkungen
zu rechnen ist, wenn das ISIS-Projekt auf
einen anderen Träger käme. Da haben wir
keine Prüfungserkenntnisse zu.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wir haben die Höhe gerade, die
Flughöhe, noch mal angesprochen. Können
Sie da noch mal die Relevanz betreffend
Leistungseinbußen beschreiben?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 579 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 17
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeugin Angelika Bauch: Also, der Euro
Hawk wäre ja in einer Höhe von etwa
20 Kilometer geflogen. Und bemannte Flug-
zeuge - oder auch der Predator oder so -, die
im Gespräch waren, die fliegen auf etwa 12
bis 15 Kilometer Höhe.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Der Predator war im Gespräch?

Zeugin Angelika Bauch: Eine unbe-
mannte Plattform. Ich denke mal, da hat man
auch vielleicht oder an den Heron gedacht.
Ich denke, an den Heron hat man gedacht.
Stimmt, Predator nicht, an den Heron. Das
war’s, stimmt.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie haben von den Statusberich-
ten gesprochen. Bei den Statusberichten ist
es ja so, dass es eine Facheinsicht, Fachein-
schätzung gibt. Und dann gibt es ja noch
eine Spalte, da geht es darum, dass das
BMVg noch einmal beurteilt. Ist das normal,
dass bis 2011 relativ häufig die Einschätzung
des BMVg eine Kategorie positiver ausfällt
als die der Fachaufsicht?

Zeugin Angelika Bauch: Also, wir haben
festgestellt, dass es mal eine Abweichung
gab. Der Projektleiter hatte Ende 2010 das
Projekt schon mal sehr kritisch bewertet.
Dabei hat die Vorhabenaufsicht diese sehr
kritische Bewertung nicht geteilt. Im Jahr
2011, wenn ich mich richtig erinnere, gab es
dann auch mal wieder eine Bewertung vom
Projektleiter, wo er sagte: Na ja, jetzt ist das
Projekt vielleicht doch nicht mehr sehr kri-
tisch, sondern kritisch. - Das schwankte auch
etwas in der Bewertung bei dem Projektleiter.
Letztendlich haben wir festgestellt, dass ab
dem zweiten Halbjahr 2011 keine Einschät-
zung mehr der Vorhabenaufsicht in den Pro-
jektstatusberichten zu sehen war.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Und wie ist Ihnen das erklärt
worden?

Zeugin Angelika Bauch: Da haben wir
keine Begründung für. Da können wir nichts
zu sagen, warum da keine Bewertung mehr
der Vorhabenaufsicht - - Vielleicht hängt es
auch an Personen, die gewechselt haben.
Also, das ist Spekulation, da kann ich nichts
zu sagen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aber das ist durchaus möglich,
dass Personen wechseln und deshalb kom-
plett eine Einschätzung bei Statusberichten
dann ausbleibt? Ist das normal?

Zeugin Angelika Bauch: Das ist nicht
normal. Ich habe keine Erklärung dafür, wa-
rum ab dem Jahr, ab Mitte 2011, letztendlich
keine Bewertung mehr von der Vorha- - Da
habe ich keine Erklärung für. Das kann ich
Ihnen nicht erzählen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ist es gängige Praxis, dass bei-
spielsweise beim ISIS-System die Erpro-
bungsauswertung ausschließlich von der
Industrie erfolgt? Sehen Sie da einen Con-
trolling-Mechanismus?

Zeugin Angelika Bauch: Ich weiß nicht,
ob das so war, ob die ISIS - -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Nein, es ist, nicht war, sondern in
der Zeit ist.

Zeugin Angelika Bauch: Ich habe da
keine Erkenntnisse, dass die ISIS-Entwick-
lung nur vom Auftragnehmer bewertet wurde.
Da habe ich keine Erkenntnisse zu.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aber wäre das so ein Controlling
in Ihrem Sinne?

Zeugin Angelika Bauch: Das Controlling
muss auch im Ministerium passieren. Es
braucht ein fachliches Controlling auch im
Ministerium im Rahmen der Projektüberwa-
chung. Man kann sich nicht auf die Bewer-
tung des Auftragnehmers stützen. Das muss
natürlich unabhängig sein. Also, von daher
braucht es ein fachliches Controlling natürlich
auch im Bundesministerium.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie haben vorhin gesprochen,
dass es im Ministerium keine einheitliche
Dokumenteverwaltung gibt. Hat sich das - -
Gibt es Bestrebungen? Ändert sich das ge-
rade? Oder ist das weiterhin so?

Zeugin Angelika Bauch: Ich habe keine
Erkenntnisse, dass sie das angehen. Wir
haben es nur festgestellt, dass die Aktenfüh-

Drucksache 17/14650 – 580 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 18
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

rung sehr disloziert ist, dass es unterschied-
liche Informationsstände gibt. Und, wie ge-
sagt, wenn wir Erhebungsunterlagen ange-
fordert haben oder auch vor Ort waren, dann
mussten die auf abgelegten Dateien in den
Rechnern nachgezogen werden. Also, so
einen klassischen Fachaktenplan, da haben
wir kein - - Also, ich weiß nicht, ob es den da
noch gibt. Es ist nicht so, dass man sich - -
wie man sich das vielleicht vorstellt: Der
Prüfer kommt zur geprüften Stelle, und dann
machen die einen großen Raum auf und
stellen einem da hundert Aktenordner hin
und sagen: So, jetzt gucken Sie mal! - So ist
es nicht, sondern man muss sich die Infor-
mationen schon mühselig zusammenholen.
Und deswegen meine Kritik, dass es da an
einem Dokumentenmanagementsystem fehlt,
wo man mit einem Blick sehr schnell sehen
kann: Welche Informationen liegen vor zu
dem Projekt?

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie haben ja davon gesprochen
bzw. in Ihren Bericht reingeschrieben, dass
spätestens 2011 das Projekt hätte neu be-
wertet werden müssen. Was ist der Anlass
für dieses „spätestens 2011“?

Zeugin Angelika Bauch: Spätestens
2011: Das GAST-Problem war noch da. Es
zeichnete sich ab, dass das Missionspla-
nungssystem - - kein nationales Missionspla-
nungssystem da sein wird. Es zeichnete sich
ab, dass die Musterzulassung nicht erreich-
bar wird, dass man nur eine Prototypen-
zulassung erzielen wird. Und letztendlich:
Wenn man die vertraglich geschuldete Mus-
terzulassung, Musterprüfung erwirken will,
dass das mit einem immensen Kostenauf-
wand von bis zu 600 Millionen - - Also, ins
Jahr 2011 zeichnete sich so 100 Millionen - -
Da hätte man natürlich auch sagen - - Das
zeichnet sich dann ja auch ab, dass mit
100 Millionen Zusatzaufwand - - dass man
das noch mal hätte hinterfragen müssen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Herzlichen Dank.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So, ich gebe jetzt der CDU/CSU-Fraktion das
Wort. Herr Kollege Grübel.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ich wollte
erst noch einmal eine Nachfrage - - Ich hatte

ja angesprochen die Herabstufung 2004
durch Staatssekretär Eickenboom und hatte
dann den Kollegen Arnold so verstanden,
dass es da nicht um die politische Leitungs-
ebene gegangen wäre. Aber wir verständi-
gen uns doch so, dass politische Leitungs-
ebene auch die beamteten Staatssekretäre
sind, in Ihrer Sprache, Frau - -

(Zuruf des Abg. Rainer Arnold
(SPD))

- Damals war Struck informiert, weil Struck
auch 2004 Minister war. - Aber können Sie
das so ins Mikrofon sagen, dass wir es im
Protokoll - - Frau Bauch? Also Sie meinen - -
„Leitungsebene“ auch die beamteten Staats-
sekretäre.

Zeugin Angelika Bauch: Ja, natürlich.
Leitungsebene sind auch die beamteten
Staatssekretäre.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ja. - Dann
noch mal das Thema, man sei blauäugig in
die Verträge und Vertragsverhandlungen
gegangen. Wurden die Probleme in den vor-
vertraglichen Verhandlungen nicht erkannt
nach den Unterlagen, die Sie eingesehen
haben? Oder hat man die Probleme erkannt,
aber die Risiken gering geschätzt?

Zeugin Angelika Bauch: Man hat die
Probleme erkannt, aber die Tragweite der
Risiken zu gering eingeschätzt. Man hat die
Tragweite der Risiken nicht so bewertet. Man
war optimistisch, das Entwicklungsziel errei-
chen zu können.

Markus Grübel (CDU/CSU): Also, wenn
Zeugen aus dem ersten Tag - Herr Schnei-
derhan, Generalinspekteur; Minister Schar-
ping; Minister Jung - sagen, die Risiken wur-
den nicht an sie herangetragen oder hätten
keine Rolle gespielt, dann hat es damit zu
tun, dass da etwas blauäugig ins Verfahren
gegangen wurde?

Zeugin Angelika Bauch: Letztendlich hat
man nicht mit der vielleicht gebotenen - - Ja,
es ist schwierig. Die Risiken waren bekannt,
man hat aber gemeint, man kriegt sie in den
Griff.

Markus Grübel (CDU/CSU): Dann: Ha-
ben Sie Erkenntnisse, warum die politische
Leitung, also jetzt die Ebene der beamteten
Staatssekretäre des Verteidigungsministe-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 581 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 19
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

riums, 2011 nicht informiert wurde, darum
auch von oben sozusagen keine Neubewer-
tung eingeleitet wurde?

Zeugin Angelika Bauch: Darüber haben
wir keine Erkenntnisse.

Markus Grübel (CDU/CSU): 2012, haben
Sie noch mal angesprochen, haben die
Staatssekretäre, also die Leitungsebene,
nach Ihrer fachlichen Meinung die richtigen
Maßnahmen nach Kenntniserlangung der
Probleme im Jahr 2012 ergriffen.

Zeugin Angelika Bauch: Richtig ist es
sicherlich, dass man untersucht, wie man
das Vertragsziel erreichen kann, das heißt,
mit welchem Aufwand man letztendlich die
Musterprüfung und Musterzulassung errei-
chen kann bzw. welche Möglichkeiten es
gibt, einen gegebenenfalls zulassungsärme-
ren Weg zu entwickeln, mit welchen Konse-
quenzen. Dass man das recherchiert und
untersucht, ist sicherlich richtig. Und dass
man auch die ISIS-Plattform - - also für ISIS
eine andere Trägerplattform gegebenenfalls
untersucht, weil man meint: „Wir können das
eigentliche Ziel der Serie nicht erreichen“,
kann man auch nachvollziehen.

Letztendlich muss man natürlich sagen:
Man hätte auch das Parlament informieren
müssen, also über diese Probleme. Denke
ich mal. Das Parlament hätte eigentlich auch
darüber informiert werden müssen, welche
Probleme da auftreten und wie man letztend-
lich dann auch dieses Projekt oder diese
Probleme angeht, bzw. auch diese Neu-
bewertung des Projektes hätte man natürlich
auch mit dem Parlament besprechen müs-
sen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Man hat ja
im Jahr 2012 alternative Zulassungswege
untersucht bis hin zu einer Entscheidung
nach - wie heißt denn das? - ZDv 19/1,
Randnummer 300 irgendwas, 19, 16 - ir-
gendwo in die Richtung -, dass der Inspek-
teur Luftwaffe sozusagen eine Zulassung,
weil das militärisch besonders wichtig ist - -
Wir haben gehört, so eine Zulassung gab es
im Kosovo-Einsatz für Nachtsichtbrillen der
Jetpiloten. War eine Entscheidung möglich,
bevor man die alternativen Zulassungen
geprüft hat? Nach meiner Kenntnis lag das
im Dezember 2012 dann vor, das Ergebnis,
dass man zu keinen alternativen Zulas-
sungswegen kommt oder keinen gangbaren.

Zeugin Angelika Bauch: Ich weiß jetzt
nicht, was Sie für eine Frage daraus kon-
struieren wollen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ja, ich will
fragen: Das Ministerium hat ja untersucht:
Gibt es alternative Zulassungswege?

Zeugin Angelika Bauch: Ja.

Markus Grübel (CDU/CSU): Sozusagen
die Entscheidung hat sich angeschlossen
oder der Entscheidungsweg, nachdem das
Ministerium die Erkenntnis hat, dass alterna-
tive Zulassungswege nicht infrage kommen.
Hätte man vorher auch schon entscheiden
können?

Zeugin Angelika Bauch: Prinzipiell kann
man das Projekt - - hätte man natürlich das
Projekt schon 2009 bewerten müssen, als
die Probleme auftraten, und dann entschei-
den müssen: Macht das noch Sinn, an die-
sem Projekt weiter festzuhalten oder nicht? -
Im Jahr 2012, Ende des Jahres 2012 hat
man dann die Erkenntnis gehabt: Ja, der
Musterzulassungsprozess ist nicht einfach so
einfach zu erreichen, auch eine Zulassung
durch den Inspekteur der Luftwaffe. Da hätte
er letztendlich die Verantwortung überneh-
men müssen für Risiken. Der Leiter der
Musterzulassung hätte eine Risikobewertung
gemacht, und die Verantwortung hätte der
Inspekteur der Luftwaffe tragen müssen.
Also, dass man das dann nicht als einen
gangbaren Weg für ein System, was ständig
im Einsatz sein soll, kann man auch nach-
vollziehen - - Und es zeichnete sich Ende
2012 halt eben ab, dass man wohl die Serie
nicht beschaffen wird.

Markus Grübel (CDU/CSU): Es wurde ja
dann für die Entscheidungsvorlage, die dann
letztendlich im Mai 2013 dazu geführt hat,
dass man die Serie nicht kaufen will oder
beschaffen will, eine Studie angefordert,
andere Trägersysteme zu untersuchen. Wir
hatten ja schon genannt: bemannt, A319
oder Heron TP oder - ich weiß nicht - Triton
und solche Systeme. Die Studie liegt mir jetzt
nicht vor.

Ist es schlüssig, dass, bevor die Ent-
scheidung abschließend gefallen ist, man
untersucht hat: Welche alternativen Träger-
systeme gibt es? Die Studie lag wohl Ende
Februar 2013 vor.

Drucksache 17/14650 – 582 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 20
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeugin Angelika Bauch: Ich denke, man
wollte mit einer Entscheidungsvorlage auch
schon eine Lösung präsentieren. Man wollte,
denke ich, nicht einfach nur Probleme dar-
legen, sondern auch schon einen Weg auf-
zeigen, wie man diese Probleme gelöst be-
kommt.

Markus Grübel (CDU/CSU): Dann: Sie
sprechen ja Empfehlungen aus in Ihrem Be-
richt. Eine habe ich gestern schon mit dem
Leiter Musterzulassungsstelle verhandeln
wollen, der das aber nicht richtig zuordnen
konnte. Da können Sie bestimmt mehr sa-
gen. Nämlich:

Der Bundesrechnungshof empfiehlt
dem Verteidigungsministerium, sein
Musterzulassungsverfahren so zu
überarbeiten, dass es bei interna-
tionalen Rüstungsprojekten mit ver-
tretbarem Aufwand anwendbar ist.

Könnten Sie uns das kurz erklären?

Zeugin Angelika Bauch: Es gibt natür-
lich Prüfprozesse und Prüfzeugnisse von
diesen ausländischen Musterzulassungs-
stellen. Und man hätte - - Oder man muss im
Rahmen von diesen internationalen Projek-
ten letztendlich schauen: Welche Zulassung
hat dieser Träger schon? Welche Prüfzeug-
nisse können wir da anerkennen? Und Risi-
ken, die letztendlich schon bewertet wur-
den - - Ich meine, der Global Hawk fliegt in
den USA. Da sind auch Risiken bewertet
worden. Da ging es uns eigentlich darum,
dass man dann - der Musterzulassungspro-
zess ist in anderen Ländern halt eben ein
anderer als bei uns - aber doch stärker auch
auf diesen Musterzulassungsprozessen von
ausländischen Prüfbehörden aufbauen kann,
dass man auch Zertifikate dort anerkennen
kann und nicht das Rad neu erfinden muss
und komplett neue Unterlagen - -

Also, das war ja natürlich ein bisschen
das Problem hier beim Euro Hawk, dass
teilweise Unterlagen auch in der Detailtiefe
nicht erstellt wurden, weil sie für den ameri-
kanischen Musterzulassungsprozess, auch
mit der Philosophie, nicht erforderlich waren,
und man hier dann gemeint hat: Na ja, für
unseren Standard oder für unsere Muster-
zulassungsvoraussetzungen brauchen wir
aber diese Detailtiefe. - Letztendlich hat das
dann ja auch diese Auswirkungen von den
600 Millionen gehabt, dass es teilweise ein
Re-Engineering hätte geben müssen, um

diese Detailtiefe, die wir im Rahmen unserer
Musterzulassung benötigen, auch zu errei-
chen. Das haben wir damit gemeint, dass
man dann im Rahmen des Musterzulas-
sungsprozesses oder Musterzulassungs-
wesens sich stärker auch mit den anderen
ausländischen Musterprüfbehörden ins Be-
nehmen setzen müsste, was man in welcher
Weise auch anerkennen muss, ohne jeden
Nachweis im Detail vielleicht noch mal selber
nachvollziehen zu müssen.

Markus Grübel (CDU/CSU): In einer
weiteren Empfehlung sagen Sie, dass der
Informationsaustausch künftig vertraglich
besser abgesichert werden soll. Da meinen
Sie den internationalen Austausch oder all-
gemein den Austausch mit zum Beispiel den
Auftragnehmern? Können Sie das - -

Zeugin Angelika Bauch: Da meinen wir
in erster Linie auch vertragliche Regelungen,
nicht nur so ein Abkommen, ein Agreement
oder eine Erklärung, sondern dass man stär-
ker auch im Vertrag regeln sollte, welche
Unterlagen gezielt für den Musterzulas-
sungsprozess vorzulegen sind, und auch
gezielt, welche Unterlagen zur Einsicht ge-
geben werden. Das hätte man stärker auch
in vertragliche Regelungen einfließen lassen
müssen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Und dann
über das fachliche Controlling, das hatten Sie
angesprochen - verstehe ich das richtig? -:
Dazu müsste im Verteidigungsministerium
eine zusätzliche Stelle geschaffen werden,
so ein Mensch wie der Herr Knöpfel, den wir
gestern als ersten Zeugen hatten. Also prak-
tisch ein zweiter Herr Knöpfel müsste im
Verteidigungsministerium arbeiten, der das
Ganze fachlich selbstständig beurteilt, so-
dass das Ministerium nicht allein auf die
fachliche Zuarbeit vom Bundesamt für - -
also BAAINBw angewiesen ist.

Zeugin Angelika Bauch: Letztendlich
schwebt uns da eine unabhängige Stelle -
kann ein Lenkungsausschuss sein -, ein
Lenkungsgremium vor, dass, wenn Plan-
oder Projektabweichungen, also Planabwei-
chungen von dem vertraglichen Ziel auftre-
ten, wenn Risiken auftreten, man dann im
Rahmen eines fachlichen Controllings auch
den Bedarfsträger mit einbindet und dann
gemeinsam diese Projektrisiken bewertet
und nicht nur der Arbeitsebene die Bewer-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 583 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 21
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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tung der Risiken überlässt - die ist dann na-
türlich in erster Linie auch angewiesen auf
die Bewertung des Auftragnehmers -, son-
dern dass man dann auch eine Risiko-
bewertung - - wo man vielleicht auch die
Tragweite und den Systemzusammenhang
ganz anders erkennen kann als jemand, der
auf Arbeitsebene bemüht ist, irgendwo das
Ziel irgendwie zu erreichen mit irgendwel-
chen Lösungen, aber letztendlich dann auch
vielleicht den Gesamtvertrag oder das Ge-
samtvertragsziel aus dem Blick verliert.

Markus Grübel (CDU/CSU): Dann habe
ich vorläufig keine Fragen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Dann kommt jetzt die SPD-Fraktion. Herr
Kollege Arnold.

Rainer Arnold (SPD): Ich wollte noch mal
zu dieser Musterzulassung kommen. Anfang
Februar 2010 hat man ja darauf verzichtet,
die Musterzulassung für den Demonstrator
zu machen. Sie sagten vorhin: Eigentlich ist
diese Zulassung eine Voraussetzung für die
Serienzulassung oder zumindest ein wichti-
ger Baustein. - Habe ich das richtig verstan-
den? Können Sie das noch mal ausführen?

Zeugin Angelika Bauch: Vertraglich ge-
schuldet ist eine umfassende Musterprüfung
und Musterzulassung nach der ZDv 19/1.
Man wollte letztendlich die Voraussetzung für
die Teilnahme am allgemeinen Verkehr
schaffen. Und vertraglich geregelt ist auch,
dass der Prototyp mit einem deutschen
Musterzulassungsschein ausgeliefert werden
sollte. Das waren alles auch Vorbereitungen
letztendlich für die Serie. Das heißt, man
wollte dann, wenn die Musterprüfung - - und
auch dieser deutsche Musterzulassungs-
schein letztendlich ausgestellt ist, darauf
aufbauend dann die Serie beschaffen.

Rainer Arnold (SPD): Wir haben gestern
gehört, dass dann die Musterzulassung für
die Serie, dann wahrscheinlich auch konse-
quenterweise, nur noch auf Sparflamme,
wenn überhaupt, betrieben wurde. Haben Sie
da auch Erkenntnisse?

Zeugin Angelika Bauch: Erkenntnisse
haben wir, dass dann eine Prototypprüfung
vorgenommen wird. Eine Prototypenprüfung
wird gemacht, um das Luftfahrzeug in die

Erprobung und in die Testphase zu bringen.
Also, das Ziel ist da, eine Vorläufige Ver-
kehrszulassung zu erreichen. Aber eine
Prototypenprüfung hat natürlich nicht die
Nachweistiefe, die man letztendlich braucht,
um eine umfassende Musterprüfung und
Musterzulassung zu erreichen. Deswegen:
Es gab auch mal eine Anmerkung von dem
Leiter der Musterzulassung, dass man natür-
lich auf der Prototypenprüfung nicht unbe-
dingt aufbauen kann für die umfassende
Musterzulassung, weil die Nachweistiefe
einfach eine andere ist. Und auch die Ziel-
richtung ist eine andere. Man will den Proto-
typen erproben, und der ist unter Einschrän-
kungen, Betriebsauflagen und so dann im
Flug, um halt den zu erproben und zu testen.
Aber es ist natürlich nicht vergleichbar für
Anforderungen, die man an das - - an den
unbemannten - - an das Trägerflugzeug
braucht, wenn es in den permanenten Ein-
satz geht.

Rainer Arnold (SPD): Ist das eine ge-
wisse Weichenstellung, wo man dann sagt:
„Serienbeschaffung ist im Grunde genom-
men dann auch kaum mehr möglich“? Eine
Schiene: Man verzichtet, als Weiche. Oder
zweite Schiene: Man will sie haben, ist sich
dann aber ja darüber im Klaren: Man muss,
weil man die Musterzulassung des Demon-
strators nicht hat, im Grunde genommen bei
der Serie bei null beginnen und sehr viel
Geld in die Hand nehmen.

Zeugin Angelika Bauch: Also, aus den
Unterlagen hat sich uns das so herausge-
stellt: Man wollte sich jetzt erst mal konzen-
trieren auf die Prototypprüfung, auf die Vor-
läufige Verkehrszulassung, auf die Tests und
auf das Integrieren der Sensorik und wollte
das gemeinsame System testen und erpro-
ben, und die weiteren Anforderungen, die
erforderlich sind für die Musterprüfung und
Musterzulassung, die wollte man in die Serie
verlagern.

Das heißt, man ist jetzt erst mal vom Ver-
tragsziel abgewichen, hat gesagt: Wir kon-
zentrieren jetzt uns auf die Prototypenprü-
fung, und das Problem mit der Musterzulas-
sung und Musterprüfung werden wir dann
machen, wenn wir die Serie haben.

Rainer Arnold (SPD): Dann komme ich
noch mal zu den alternativen Planungen. Sie
sagten vorher - die Zahl habe ich nicht mehr
ganz genau im Kopf -, bei den ursprüng-

Drucksache 17/14650 – 584 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 22
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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lichen Überlegungen wäre sichtbar gewor-
den, dass unbemannte Plattformen deutlich
günstiger sind, die bemannten wohl 2,3 oder
so - das war die Größenordnung, die Sie
genannt haben - - kosten würden. Ist das
richtig?

Zeugin Angelika Bauch: Da habe ich
mich auf die Betrachtung der Lebensweg-
kosten - - Man hat festgestellt: Es ist schon
so, dass die unbemannten Plattformen we-
sentlich geringere Lebenswegkosten über
einen Zeitraum von 30 Jahren aufwiesen wie
die bemannten Plattformen. Das war mit
auch ein wichtiger Entscheidungsgrund, dass
man gesagt hat: Wir gehen auf die unbe-
mannten Träger.

Rainer Arnold (SPD): Ist diese Kosten-
abwägung aus Ihrer Sicht schlüssig, wie Sie
sie da gelesen haben?

Zeugin Angelika Bauch: Also, wir haben
die Betrachtung der Lebenswegkosten nicht
selber geprüft. Ob das plausibel ist? Ich
denke, das ist nachvollziehbar. Aber ich
muss sagen: Wir haben jetzt die Lebensweg-
kostenberechnung nicht selber noch mal
nachvollzogen.

Rainer Arnold (SPD): Uns wurde gestern
erklärt, eine bemannte Plattform würde sich
in der Größenordnung bewegen, die auch
jetzt Euro Hawk gekostet hätte. Können Sie
sich erklären, dass das plötzlich so viel
günstiger würde?

Zeugin Angelika Bauch: Da habe ich
keine - - Das kann ich so ohne - - Da kann
ich nichts zu sagen, nein.

Rainer Arnold (SPD): Nehmen wir mal
an, politisch gäbe es die 2,3 Milliarden nicht,
weil die Kasse halt ist, wie sie ist. Hätten wir
dann trotzdem noch was vom Missionssys-
tem? Hätte man, wenn man diese Plattform
nicht beschafft, dann Gewinn, oder wäre das
Geld dann tatsächlich in Gänze ausgegeben
und operativ hätte die Truppe gar nichts?

Zeugin Angelika Bauch: Also, wenn
ISIS nicht funktionsfähig ist - das müssen ja
jetzt die Tests zeigen, in welchem Umfang
auch letztendlich das Entwicklungsziel er-
reicht ist - - Wenn das Entwicklungsziel mit
ISIS erreicht wird, dann hat man sicherlich

das Problem, dieses ISIS auf eine andere
Plattform zu bringen, und hat natürlich auch
das Problem: Es ist ausgerichtet auf den
Euro Hawk, und dass das einfache Umswit-
chen des Sensoriksystems auf eine andere
Trägerplattform nicht ohne Probleme gehen
wird, kann man nachvollziehen. Ich habe ja
gesagt: Fluggeschwindigkeit ist eine andere,
Flughöhe ist eine andere. Das einfache Um-
switchen, das muss die Studie zeigen, mit
welchen Leistungseinbußen. Ich gehe davon
aus, dass es Leistungseinbußen haben wird,
wenn man das auf ein bemanntes Luftfahr-
zeug bringen wird. Aber da muss man sich
letztendlich die Ergebnisse der Untersuchun-
gen - und die liegen mir nicht vor - konkret
anschauen.

Rainer Arnold (SPD): Und wenn man
komplett verzichtet, hat man dann trotzdem
was von ISIS, wenn man also keine andere
Plattform beschafft?

Zeugin Angelika Bauch: Ohne eine
Plattform können Sie das ISIS-Aufklärungs-
system - - Was wollen Sie damit? Nein.

(Heiterkeit)

Rainer Arnold (SPD): Also, es ist alles
weg. - Ich wollte das ja nur hören. Sie ver-
stehen mich, ja? Ich wollte es ja nur mal hö-
ren.

Dann würde ich gerne noch mal über
diese Kategorien reden. Damit wir das richtig
verstehen: War diese Kategorisierung - Ka-
tegorie 1 für die wichtigen Projekte - auch
schon im alten CPM, oder ist es erst im
neuen?

Zeugin Angelika Bauch: Also, in der ab-
schließenden funktionalen Forderung aus
dem Jahr 2004 steht drin, dass das ein Pro-
jekt der Kategorie 1 ist.

Rainer Arnold (SPD): Das hat also da-
mals gegolten. - Gehört zu dieser Katego-
rie 1 auch, dass Zielvereinbarungen zwi-
schen der Leitung des Hauses und dem Amt
und anderen Akteuren möglicherweise zwin-
gend sind?

Zeugin Angelika Bauch: Es gibt ver-
schiedene Möglichkeiten, wie man die Fach-
aufsicht gestalten kann. „Zielvereinbarung“
ist da eine Möglichkeit. Aber es ist jetzt nicht

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 585 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 23
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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konkret vorgegeben, wie die Fachaufsicht
auszuüben ist.

Rainer Arnold (SPD): Okay. Ich hätte
keine weiteren Fragen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt kommt der Kollege Bartels. Ich sage
das nur wegen des Protokolls.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Also,
wenn das ISIS-System auf den Euro Hawk
oder auf den Global Hawk ausgerichtet ist - -
Wir machen ja immer so ein bisschen baby-
lonische Sprachverwirrung: Das Flugzeug
heißt Global Hawk, ISIS ist das Missions-
system; gemeinsam heißt es Euro Hawk.
Das ist kein anderes Flugzeug. - Wenn also
ein anderes Flugzeug gebraucht wird - das
scheint ja auch sehr plausibel zu sein -,
würde man etwas anderes da reinbauen,
also nicht eine andere Aufgabe damit erfüllen
wollen; aber sozusagen die Technik würde
man halt der Umgebung anpassen können.
Das heißt, es ist ein Risiko, wenn man weiß:
„Die Serie ist fraglich“, das Missionssystem
dann einfach mal zu Ende zu entwickeln.
Das ist risikobehaftet, also nicht risiko-
behaftet, weil es vielleicht nicht funktioniert,
sondern weil es vielleicht nichts nützt.

Zeugin Angelika Bauch: Letztendlich
habe ich ja die ISIS-Entwicklung, und ich
habe sie noch nicht getestet. Ohne den Trä-
ger kann ich die Sensorik nicht testen. Des-
wegen gibt es einen Zusammenhang: Wenn
ich die Sensorik entwickeln lasse und sie
auch erproben will, brauche ich natürlich das
Trägersystem.

Klar ist natürlich: Wie verwende ich letzt-
endlich dieses ISIS-System? Wenn es denn
erfolgreich und auch im Euro Hawk funk-
tionsfähig ist, ist damit noch nicht gesagt,
dass es dann auch ohne Leistungseinbußen
in einem anderen Träger funktioniert. Von
daher ist es schwierig, zu sagen, welchen
Nutzen diese Sensorik letztendlich hat.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Die Tests,
die jetzt gemacht werden, müssten dann
noch mal gemacht werden?

Zeugin Angelika Bauch: Wenn ich einen
anderen Träger nehme, werde ich sicherlich
noch mal die Tests machen müssen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): In Ihrem
Bericht stehen ja zwei Zeitpunkte, wann eine
Neubewertung hätte vorgenommen werden
können oder müssen. Also, was würden Sie
sagen: können oder müssen 2009, 2011?

Zeugin Angelika Bauch: Aus unserer
Sicht hätte da eine Neubewertung 2009 und
2011 erfolgen müssen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Gab es
auch andere Zeitpunkte, wo das noch der
Fall hätte sein können? Tatsächlich ist die
Neubewertung dann ja erst 2013 erfolgt.

Zeugin Angelika Bauch: Also, für uns
waren maßgebende Meilensteine, wo - - Man
muss natürlich auch immer die Tragweite der
Risiken erkennen. Also, die hätte man
eigentlich 2009 erkennen müssen und spä-
testens 2011, als dann die Zahlen mit den
100 Millionen auf den Tisch kamen, wo das
auch eine erste grobe Schätzung war. Zu-
sätzlich hatten wir ja noch das Problem: Das
Missionsplanungssystem stand nicht zur
Verfügung. Das heißt, ich hatte keine natio-
nale, eigene Möglichkeit, die Mission zu pla-
nen. Außerdem war diese Auswertestelle,
dieses GAST, dieses Auswertesystem, nicht
vorhanden. Da hätte ich die Daten, die dann
von dem Euro Hawk gekommen wären, nicht
ohne Weiteres in die entsprechenden Kom-
munikationssysteme einspeisen können.

Das sind wichtige Meilensteine letztend-
lich, die man im Zusammenhang sehen
muss. Da war klar - das zeichnete sich 2009
und auch 2011 ab -: Das sind wichtige Mei-
lensteine gewesen. Man muss auch sagen:
Das Musterprüfprogramm sollte eigentlich
Mitte 2007 vorgelegt werden, und Mitte 2007
lag es nicht vor. Es liegt bis heute nicht vor.
Das ist auch eine wesentliche Grundlage
gewesen. Auch das hätte man stärker im
Fokus haben müssen. Das war als ein wich-
tiger Meilenstein auch erkannt worden, und
das Nichterreichen dieses Meilensteines
hätte man natürlich auch zum Anlass neh-
men müssen: Jetzt müssen wir noch mal den
Ursachen nachgehen, diese Risiken bewer-
ten. Wie ist denn da die Realisierungschance
jetzt, wenn die Risiken letztendlich überwie-
gen?

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): 2009 war
der Dreh- und Angelpunkt die Nichtzulassung
in den USA, richtig?

Drucksache 17/14650 – 586 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 24
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Zeugin Angelika Bauch: Genau. Das
kam auch noch hinzu.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wann war
das?

Zeugin Angelika Bauch: Ich meine,
Mitte des Jahres 2009 kam die Information,
dass der amerikanische Global Hawk nur
eine eingeschränkte Zulassung erreichen
würde. Also, wie gesagt, das ist auch eine
Erkenntnis gewesen, die man im Jahr 2009
hatte.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das war
ja noch nicht Gegenstand des dritten Ände-
rungsvertrages vom Juni 2009, richtig?

Zeugin Angelika Bauch: Doch. In dem
dritten Änderungsvertrag im Juni 2009 wur-
den auch zusätzliche Musterzulassungsakti-
vitäten mit beauftragt, die erforderlich wur-
den, weil man gesehen hat: Der Umfang, den
wir bislang angesetzt haben, reicht nicht
aus. - Ich meine, da waren auch zusätzliche
Musterzulassungsaktivitäten enthalten.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber das
Problem stand so in dem Vertrag nicht drin,
oder haben Sie es da gefunden?

Zeugin Angelika Bauch: Also, wir haben
es in den Anlagen gefunden. In einer Anlage
zum dritten Änderungsvertrag stand halt
eben drin, dass man die Erkenntnis hatte, auf
den amerikanischen Musterzulassungspro-
zess nicht aufbauen zu können, und dass der
Euro Hawk eine umfassendere Zulassung
braucht, die von der amerikanischen Zulas-
sung nicht abgedeckt wird, und dass das
einen zusätzlichen Aufwand erfordern würde.
Das ist alles in den Anlagen von dem dritten
Änderungsvertrag schon mit drin gewesen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Also, da
ist sozusagen die Geburt des erkennbaren
Problems, wenn man so will?

Zeugin Angelika Bauch: Also, das war
ein wichtiges Jahr, wo wirklich dann auch die
Risiken so eine Tragweite anzunehmen be-
kamen, dass Sie die Realisierung schon
infrage stellen konnten.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sie haben
sozusagen den Vertrag auch geprüft. Das

war nun ein Vertrag mit einer Firma, die es
gar nicht gibt, also die aus zwei Firmen be-
steht, die unterschiedliche Dinge liefern sol-
len. Ist das eigentlich praktisch? Oder an-
dersrum: Wenn dieser Vertrag jederzeit
kündbar war, wäre es nicht auch möglich
gewesen, den Euro-Hawk-Vertrag zu kündi-
gen und - wenn man das dann will - die
Grundentwicklung ISIS weiterzumachen mit
EADS?

Zeugin Angelika Bauch: Das hätte man
prüfen können, ja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das wä-
ren meine Fragen. - Oder vielleicht doch
noch eine Frage, weil ich es immer gefragt
habe: Ist Global Hawk eigentlich ein gutes
Flugzeug?

Zeugin Angelika Bauch: Also, den Block
40 nutzt ja die US-Luftwaffe. Ob es ein gutes
ist, kann ich jetzt schlecht bewerten, ob es
unseren militärischen Anforderungen genü-
gen würde. Der Global Hawk ist natürlich
letztendlich für die Bildauffassung ausgelegt.
Das hat eine andere Aufgabe. Der Euro
Hawk ist ja für die Sensoraufklärung. Das ist
schon auch eine andere Zielsetzung. Ob der
Global Hawk das beste - - also, da kann ich
keine Bewertung zu abgeben.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Danke
schön.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So, jetzt gebe ich der FDP-Fraktion, dem
Kollegen Spatz, das Wort.

Joachim Spatz (FDP): Frau Bauch, Sie
sprachen im Zusammenhang mit diesen
sogenannten Kategorie-1-Projekten davon,
dass man Fachaufsicht gewährleisten
müsse. Ist das richtig?

Zeugin Angelika Bauch: Die Fachauf-
sicht muss bei allen Projekten da sein. Das
ist ein wichtiger Baustein im Rahmen einer
Projektüberwachung. Die Fachaufsicht muss
immer da sein. Nur, Projekte der Kategorie 1
sind im besonderen Fokus, weil sie leitungs-
relevant sind.

Joachim Spatz (FDP): Wann muss denn
das der Fall sein: erst bei Vertragsabschluss
oder schon in der Projektierungsphase?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 587 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 25
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeugin Angelika Bauch: Ich denke, mit
Beginn des Vertrages hätte man - - Mit Ab-
schluss des Vertrages ist das ein leitungs-
relevantes Projekt gewesen.

Joachim Spatz (FDP): Und in dem Zu-
sammenhang haben Sie ja vorhin gesagt -
ich zitiere -: Fachaufsicht hat nicht stattge-
funden. Wie verträgt sich das dann mit der
Aussage, dass hier spätestens - sage ich
mal - mit Vertragsabschluss eine solche
hätte eingerichtet werden müssen?

Zeugin Angelika Bauch: Fachaufsicht ist
immer da; die muss nicht eingerichtet wer-
den. Da gibt es ja ein Referat im Bundes-
ministerium, was die Vorhabenaufsicht hat.
Das Problem ist nur - das konnten wir erken-
nen an den Projektstatusberichten -: Bis
2011 waren auch Bewertungen des fach-
lichen Controllings da; die haben aber letzt-
endlich nicht bei Risiken, die gemeldet wur-
den, oder auch bei sehr kritischen Einschät-
zungen des Projektleiters halt eben nicht
reagiert. Also, das - -

Joachim Spatz (FDP): Also, das heißt,
wir müssten eigentlich Ihre Aussage von
vorhin korrigieren von „hat es nicht gegeben“
zu „hat nicht funktioniert“.

Zeugin Angelika Bauch: Also, die Fach-
aufsicht hat es immer gegeben letztendlich.
Aber sie hat nicht gewirkt; das war keine
wirksame. Fachaufsicht ist immer da. Man
kann auch sehen, dass es Bewertungen in
den Projektstatusberichten gibt. Aber sie hat
einfach nicht funktioniert. Also, die Projekt-
überwachung, das Projektcontrolling hat
nicht funktioniert.

Joachim Spatz (FDP): Gut. Danke noch
mal für die Richtigstellung an der Stelle.

Sie sagten vorhin, dass im Vertrag die
Verpflichtung des Vertragspartners, also der
Industrie in dem Fall, die Zuarbeit für die
Musterzulassung, ich sage mal, besser ab-
gebildet werden müsste. Wie hat man sich
das vorzustellen? Bei diesem Vertrag ist das
ja in Form von einem Anhang niedergelegt.
Wie würden Sie sich vorstellen, dass es noch
besser abgebildet werden sollte?

Zeugin Angelika Bauch: Also, die Un-
terschiede zu dem Musterzulassungsprozess
in den USA hätten stärker analysiert werden

müssen, um dann auch konkreter darauf
reagieren zu können und auch vertraglich
reagieren zu können. Die Unterschiede zu
dem amerikanischen Zulassungsverfahren
hätten Anlass sein müssen, da spezifischer
zu werden und auch konkreter zu sagen, was
im Bereich der Musterzulassung gegebe-
nenfalls von der amerikanischen Zulassung
übernommen werden kann und was nicht.
Letztendlich hätte man natürlich auch über-
legen können, ein Abbruchkriterium im Ver-
trag vorzusehen, wenn diese Musterzulas-
sung doch so ein wesentlicher Baustein
letztendlich auch für die Vertragserfüllung ist,
dass man dann vielleicht auch ein Abbruch-
kriterium macht beim Nichterreichen von
diesen Meilensteinen.

Joachim Spatz (FDP): So, wie es ge-
macht worden ist, war es nach Ihrer Meinung
also unzureichend?

Zeugin Angelika Bauch: Die Musterzu-
lassung ist letztendlich vertraglich geschuldet
gewesen. Man findet sie auch in verschiede-
nen Anlagen und auch in der Leistungsbe-
schreibung. Das ist auch etwas - - Man muss
sich ja auch durch dieses Vertragswerk letzt-
endlich etwas durchwühlen. Da hätte ich mir
in dem Vertrag gewünscht, dass es da etwas
klarer zusammengefasst worden wäre an
einer Stelle - nicht, dass Sie sich da durch
mehrere Anlagen durchwühlen müssen, um
dann letztendlich zu erkennen, was vertrag-
lich geschuldet ist.

Joachim Spatz (FDP): Offensichtlich hat
es ja so im Moment nicht funktioniert, sonst
hätten wir ja kein Problem, oder?

Zeugin Angelika Bauch: Gut, der Auf-
wand für die Musterzulassung ist halt eben
unterschätzt worden. Die Annahme, auf dem
amerikanischen Zulassungsprozess auf-
bauen zu können, hat sich nicht bewahr-
heitet. Man hat dann festgestellt, dass die
Nachweise, die für die amerikanische Zulas-
sung erforderlich sind, in der Nachweistiefe
nicht für unsere Musterzulassung ausrei-
chen, dass weitere Dokumente und Informa-
tionen erstellt werden müssen. Das hat man
erst im Laufe des Projektes letztendlich fest-
gestellt.

Joachim Spatz (FDP): Besten Dank.
Weiter keine Fragen.

Drucksache 17/14650 – 588 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 26
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Dann gebe ich das Wort der Linken, dem
Kollegen Koch.

Harald Koch (DIE LINKE): Vielen Dank. -
Frau Bauch, bei der Prüfung des Bundes-
rechnungshofes gibt es ja verschiedene
Instrumentarien dann, die man in den Bericht
einarbeitet hinsichtlich der Ableitung von
Konsequenzen, unter anderem Hinweise,
Empfehlungen. Es gibt aber auch das In-
strument der Auflage. Wieso haben Sie von
diesem Instrument keinen Gebrauch ge-
macht?

Zeugin Angelika Bauch: Können Sie
konkretisieren, was Sie damit meinen, Auf-
lage?

Harald Koch (DIE LINKE): Ja, dass Sie
letztendlich dem Ministerium vorgeben, wie
sie in Zukunft bestimmte Dinge zu hand-
haben haben. Sie haben zum Beispiel die
Empfehlung gegeben, Veränderungen her-
beizuführen bei dem Musterzulassungsver-
fahren. Warum nicht als Auflage?

Zeugin Angelika Bauch: Wir geben
letztendlich Empfehlungen ab und keine
Auflagen. Das ist nicht in unserem Bereich,
also, wir sind nicht zuständig für die; es ist
nicht in unserem Aufgabenbereich, Auflagen
zu erteilen. Wir geben Empfehlungen ab, und
letztendlich muss die Politik sich auch diesen
Empfehlungen mit anschließen. Wir haben ja
auch einen Beschluss des Haushaltsaus-
schusses dazu bekommen, der letztendlich
unsere Empfehlungen auch aufnimmt und
denen den entsprechenden Nachdruck ver-
leiht.

Harald Koch (DIE LINKE): Also, Sie ha-
ben bisher noch keinem Ministerium Aufla-
gen erteilt im Ergebnis von Prüfungen?

Zeugin Angelika Bauch: Wir erteilen
Empfehlungen; aber Auflagen, so weit gehen
wir nicht. Wir geben Empfehlungen ab, die
letztendlich vielleicht einen Charakter einer
Auflage haben. Aber letztendlich ist es nicht
an uns, Auflagen zu erteilen. Das muss dann
letztendlich über das Parlament passieren.

Harald Koch (DIE LINKE): Ich stelle
Ihnen jetzt eine Frage, die ist vielleicht banal;
aber ich mache es auch mal für die Öffent-

lichkeit. Das Bundesministerium für Verteidi-
gung zählt zum öffentlichen Bereich, hat sich
an öffentliches Recht zu halten?

Zeugin Angelika Bauch: Ja, das ist so,
natürlich.

Harald Koch (DIE LINKE): Nun gibt es ja
eine Vergabeordnung, die letztendlich vor-
schreibt, dass bestimmte Leistungen, Pro-
dukte, die man erwerben möchte, nach die-
ser Vergaberichtlinie auszuschreiben sind.
Da gibt es Wertgrenzen, ab wann das zu
erfolgen hat, wie viele Angebote eingereicht
oder eingeholt werden müssen und wie dann
damit zu verfahren ist. Nun haben wir ja das
Problem - wir zumindest aus der Sicht der
Linken sehen das so -, dass im Bundesver-
teidigungsministerium im Umgang mit Groß-
projekten anders verfahren wird, dass also
hier regelrecht ein Bandenspiel zu verzeich-
nen ist: Es werden Gutachten eingeholt, und
dieselben Firmen, die dann bestimmte Fä-
higkeitslücken feststellen, erhalten dann
auch den Auftrag zur Schließung dieser Lü-
cke. Jetzt meine Frage: Hätte hier eine Aus-
schreibung erfolgen müssen in Form der
Einholung von mehreren Angeboten?

Zeugin Angelika Bauch: Die Vergabe ist
so gelaufen, dass sie freihändig vergeben
wurde. Man hat im Vorfeld den Global Hawk
als Träger identifiziert, der eigentlich nur als
Lösung infrage kam letztendlich. Auch die
ISIS-Entwicklung, da hat sich herausgestellt:
Aufgrund Exportbeschränkungen gab es
keine andere Möglichkeit, dieses Projekt auf
dem Markt - - Es war kein marktverfügbares
Projekt da. Deswegen war eine nationale
Eigenentwicklung erforderlich letztendlich,
die auch diese militärischen Forderungen
abbildet. Letztendlich handelt es sich ja hier
auch um einen Entwicklungsvertrag.

Harald Koch (DIE LINKE): Haben Sie
Hinweise bzw. auch Unterlagen gesehen, die
letztendlich nachvollziehen lassen, dass das
Ministerium geprüft hat, ob es noch andere
Möglichkeiten gibt, auch international, und
dass daraus auch entnommen werden kann,
dass es keine weiteren Anbieter gibt, die
diese Voraussetzung erfüllen können?

Zeugin Angelika Bauch: Ja, es gab eine
Systemkonzeptstudie, in der Alternativen
untersucht wurden. Dabei hat sich halt eben

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 589 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 27
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

diese unbemannte Plattform als wirtschaft-
lich-technisch mit dem besten Ergebnis er-
wiesen.

Harald Koch (DIE LINKE): Wer hat diese
Systemkonzeptstudie in Auftrag gegeben?

Zeugin Angelika Bauch: Da bin ich jetzt,
ehrlich gesagt, überfragt.

Harald Koch (DIE LINKE): Dann komme
ich auf meine Eingangsbemerkung zu dieser
Fragerunde zurück: bestimmt dieselbe Firma,
die letztendlich auch den Auftrag erhalten
hat. - Gut.

Zu einem weiteren Problem - jetzt bin ich
ein bisschen aus dem Konzept; aber ich
finde schon wieder zurück -: Ich denke mal,
die Kompetenzen des Bundesrechnungshofs
gehen auch so weit, dass Sie bestimmte
Sachverhalte auch inhaltlich prüfen und de-
ren Sinnhaftigkeit auch im Zusammenhang
mit politischen Entscheidungen beurteilen
und letztendlich auch eine Stellungnahme
dazu abgeben. Wäre es möglich, dass der
Bundesrechnungshof zur Frage der Notwen-
digkeit der Fähigkeitslücke auf dem Gebiet
der luftgestützten Fernaufklärung und -über-
wachung auch eine Position abgibt, sprich,
ist sie notwendig oder nicht?

Zeugin Angelika Bauch: Bei der Fähig-
keitslücke handelt es sich um eine an-
erkannte Fähigkeitslücke; die würde der
Bundesrechnungshof nicht infrage stellen.

Harald Koch (DIE LINKE): Also, Sie stel-
len die Fähigkeitslücke nicht infrage, Sie
teilen die Auffassung?

Zeugin Angelika Bauch: Ja.

Harald Koch (DIE LINKE): Hat es in Be-
zug auf die Entscheidung eine Kostenkalku-
lation gegeben, und wie bewerten Sie hin-
sichtlich dieser Kostenkalkulation das Heran-
gehen des Ministeriums an dieses Projekt?

Zeugin Angelika Bauch: Also, wie ge-
sagt, im Vorfeld sind ein bemanntes Ge-
schäftsflugzeug, also ein bemanntes Flug-
zeug, und eine unbemannte Plattform unter-
sucht worden. Dort sind Lebenswegkosten-
betrachtungen angestellt worden. In dem
Zusammenhang hat man halt eben festge-
stellt, dass die Lebenswegkosten eines un-

bemannten Trägers wesentlich günstiger
sind als die Lebenswegkosten eines be-
mannten Flugzeuges. Man hat auch, wie
gesagt, Personalkosten und auch die Steh-
zeit - - 30 Stunden mit einer unbemannten
Plattform sind natürlich was anderes; mit
einem Geschäftsflieger können Sie nicht
30 Stunden ständig im Einsatz sein. Also, es
gab Betrachtungen, indem man eine be-
mannte und eine unbemannte Plattform ge-
prüft hat.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt gebe ich das Wort Bündnis 90/Die Grü-
nen, der Frau Kollegin Keul.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Vielen Dank. - Frau Bauch, Sie hatten eben
gesagt, es hätte bis Mitte 2011 Bewertungen
des BMVg zu den Statusberichten des Pro-
jektleiters gegeben. Heißt das, dass es ab
2011 keine solchen Bewertungen mehr ge-
geben hat, und wenn nicht, warum?

Zeugin Angelika Bauch: Also, nach den
uns vorliegenden Projektstatusberichten
fehlen ab Mitte 2011 Eintragungen der Vor-
habenaufsicht.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Gibt es dafür eine Erklärung?

Zeugin Angelika Bauch: Ich habe keine
Erklärung dafür; ich kann nur feststellen,
dass es so ist.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Vielen Dank. - Noch eine weitere Frage zur
Klarstellung: Diese Frage „Musterzulassung
Kategorie 2 oder Musterzulassung Kate-
gorie 3“, die man da 2004 diskutiert hat,
spielte für den weiteren Erfolgsverlauf des
Projektes keine Rolle, sondern das Entschei-
dende war die Frage der Musterzulassung
überhaupt. Habe ich das richtig verstanden?

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Sie müssen für das Protokoll etwas sagen,
Nicken nützt nichts.

Zeugin Angelika Bauch: Ja, ich mache
gerade das Mikrofon wieder an. - Kategorie 2
oder 3: Ziel war, den Prototypen so mit einer
Musterprüfung und Musterzulassung zu ver-
sehen, dass er für den Betrieb im allgemei-
nen Luftverkehr zugelassen wird, das heißt

Drucksache 17/14650 – 590 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 28
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

für die Kategorie 3. Klar ist aber wohl, dass
man dafür dieses Sense and Avoid System
benötigt. Das gibt es noch nicht; das hätte
noch entwickelt werden müssen. Aber da war
wohl die Vorstellung, dass man dieses Sense
and Avoid System im Rahmen der Serie
dann noch gegebenenfalls nachrüsten
könnte. Man wollte aber die Voraussetzun-
gen jetzt schon mal schaffen auch mit dem
Prototypen, dass, wenn dann dieses Nach-
rüsten mit dem Sense and Avoid System
käme, es keinen großen Aufwand mehr ge-
geben hätte, dieses dann in diese Katego-
rie 3 einzubringen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Eine Musterzulassung der Kategorie 2 hätte
auch gereicht. Problematisch war, dass es
gar keine Musterzulassung geben konnte.

Zeugin Angelika Bauch: Also, vertrag-
lich geschuldet ist die umfassende Muster-
prüfung und Musterzulassung, die benötigt
wird, um im militärisch und zivil kontrollierten
Luftraum sich zu bewegen. Die Unterschiede
zwischen 2 und 3, glaube ich, sind jetzt auch
schon genannt worden. Kategorie 2 hat eben
die Flugbeschränkung. Weil es dieses Sense
and Avoid System bislang nicht gibt, wäre
wohl ein Einsatz nur in Kategorie 2 möglich.
Aber damit hätte man natürlich auch agieren
können.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Damit hätte man auch den Vertrag erfüllt?

Zeugin Angelika Bauch: Ja.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Nun haben Sie ja mehrfach schon gesagt,
dass diese Zulassungsfähigkeit vertraglich
geschuldet wurde von der Industrie. Hätte
man sich dann nicht im Februar 2012, als
man auf diese Musterzulassung für den
Prototyp verzichtet hat, die Frage stellen
müssen, wer dafür aufzukommen hat? Also,
Sie haben mehrfach gesagt: Es waren Zu-
satzkosten zu erwarten. Hätte man sich dann
nicht auch die Frage der Gewährleistung
stellen müssen? Hätte nicht die Industrie
diese Zusatzkosten tragen müssen? Denn
die haben ja die vertragliche Verpflichtung
unterschrieben 2007.

Zeugin Angelika Bauch: Das Problem
mit der Musterzulassung in dem Vertrag ist:

Der Vertrag hat Bereiche, da gilt die Bemü-
hensklausel, und er hat Bereiche, da gilt die
Bemühensklausel nicht. Es gibt so einen
Teil 1, der beinhaltet auch Aktivitäten im Be-
reich Zulassung: Logistik, Test, Zulassung.
Das ist im Teil 1, wo die Bemühensklausel
ausgeschlossen ist. Also in dem Teil ist die
Zulassung geschuldet. Es gibt einen optio-
nalen Teil „Integration und Test“, da gilt die
Bemühensklausel. Das ist jetzt immer
schwierig abzugrenzen: Welche Leistungen
gehören in den Teil 1 bei der Musterzulas-
sung und welche in den Teil 2? Wie gesagt,
bei Integration und Test im Teil 2 mit der
Bemühensklausel sind halt eben auch Zulas-
sungsaktivitäten enthalten. Die unterliegen
halt eben dann dieser Bemühensklausel.

Schwierig ist auch: In dem Vertrag ist so
ein Passus drin, der Auftragnehmer sollte
dann auf der Grundlage des Musterprüfrah-
menprogramms, das auch vertraglich vorge-
geben ist, ein Musterprüfprogramm erstellen,
und im Rahmen dieses Musterprüfpro-
gramms sollten dann die Nachweise - - Sie
müssen sich das so vorstellen: Das Muster-
prüfrahmenprogramm gibt so die Bau- und
Prüfvorschriften, die anzuwenden sind, grob
vor, und auch, welche Unterlagen für die
Musterprüfung vorzulegen sind, und im
Rahmen des Musterprüfprogramms, das der
Auftragnehmer vorzulegen hatte, sollten
dann die Nachweise konkretisiert sein, um
diese Prüf- und Bauvorschriften zu erfüllen.

Das heißt, im Rahmen des Musterprüf-
programms hätte man detailliert die Nach-
weise aufgeführt. Da ist im Vertrag so ein
Passus drin, falls der Leiter der Musterzulas-
sungsstelle feststellen sollte, dass weitere
Nachweise erforderlich sind, die nicht im
Vertrag abgedeckt sind, dass das dann der
Auftragnehmer entsprechend vergütet be-
kommt. Also, da ist so ein bisschen die Tür
aufgemacht worden, und das ist jetzt einfach
die Interpretation: Was ist noch im Rahmen
der Musterzulassung geschuldet und was
nicht, was unterliegt dem Bemühen und was
nicht? Aber da hat der Bundesminister ja
auch gesagt, da hat er eine Rechtsanwalts-
kanzlei beauftragt letztendlich, die Regress-
möglichkeiten prüfen soll. Ich denke, das
sollte dann auch gemacht werden.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Was sagen Sie denn dazu, dass das außer
Haus gegeben wird? Müsste das nicht die
Rechtsabteilung des BMVg selber prüfen?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 591 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 29
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeugin Angelika Bauch: Ja, da war die
Argumentation, dass man vielleicht im eige-
nen Haus nicht so - - Also, das kann ich nur
so sagen, wie es dann letztendlich begründet
wurde, dass man extra eine unabhängige
Stelle haben wollte, die das bewertet, weil
man so eine Abhängigkeit - - Also, das
eigene Haus prüft seinen eigenen Vertrag so
ungefähr, ja? Man hat sich erhofft von einer
Beauftragung einer Anwaltskanzlei eine un-
abhängige Stelle, die noch mal von außen
einen Blick auf den Vertrag wirft.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Aber warum sollte denn das BMVg an der
Stelle nicht unabhängig sein, denn es prüft ja
zu seinen eigenen Gunsten eigene Ansprü-
che, und das würde ja auch eine Anwalts-
kanzlei, die entsprechend beauftragt wird,
auch immer zugunsten ihres Auftraggebers
prüfen?

Zeugin Angelika Bauch: Kann man so
sehen, natürlich.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Hätte man hinsichtlich der Frage dieser An-
sprüche nicht schon spätestens 2012 im
Februar in diese Prüfung einsteigen müssen;
denn da ging es ja genau um die Frage der
zusätzlichen Kosten und wer die tragen
muss? Ist es nicht ein Versagen an der
Stelle, dass von keiner Seite in diesem Zeit-
punkt die rechtliche Auswirkung des Vertra-
ges geprüft worden ist?

Zeugin Angelika Bauch: Klar, bei zu-
sätzlichen Musterzulassungsaktivitäten, die
nicht im Vertrag abgedeckt wurden, hätte
man schauen müssen: Ist das wirklich so?
Ich habe keine Erkenntnisse, ob es jetzt
wirklich Musterzulassungsaktivitäten sind, die
zusätzlich hinzugekommen sind.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Man hat ja aber auf die Musterzulassung
verzichtet. Das heißt, man ist abgewichen
von dem Vertrag. Das sehen Sie auch so, ja?

Zeugin Angelika Bauch: Ja.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt kommt die CDU/CSU-Fraktion. Herr
Kollege Grübel, bitte.

Markus Grübel (CDU/CSU): Frau Bauch,
ich beziehe mich auf die Anlage 2 zum Be-
richt. Da ist eine Aufstellung der Vertrags-
volumina. In der ersten Hälfte des Jahres
2009 mit dem dritten Änderungsvertrag war
der Löwenanteil des Geldes ausgegeben
und vertraglich gebunden. Wenn man in der
Phase neu bewertet hätte und zurückgetre-
ten wäre, was wären die finanziellen Folgen
gewesen, die im Vertrag festgelegt sind, bzw.
weitere Folgen, insbesondere zum Beispiel
entgangener Gewinn oder Ähnliches? Haben
Sie das geprüft?

Zeugin Angelika Bauch: Das tut mir leid;
da kann ich keine Aussage zu machen. Das
haben wir nicht geprüft.

Markus Grübel (CDU/CSU): Jetzt für
mich als Abgeordneter: Bei Betrachtung gibt
es nur eigentlich Sinn, das Erprobungsver-
fahren zu Ende zu führen, wenn der Löwen-
anteil ausgegeben ist, weil ja dann die weite-
ren Kosten im Verhältnis zum Gesamtwert
des deutschen Aufklärungssystems ISIS
vergleichsweise geringer sind. Jetzt muss
man eigentlich abwägen, ob man, wenn man
ausgestiegen wäre - linke Tasche, rechte
Tasche -, zwar einige Kosten, die im Erpro-
bungsverfahren dann noch angefallen sind,
gespart hätte, aber im Grunde in der gleichen
Größenordnung an die Industrie hätte Zah-
lungen leisten müssen. Das ist ja auch eine
Abwägung, die man hätte treffen müssen
oder ich getroffen hätte, wenn ich in der Ver-
antwortung wäre: Ich weiß, es kommen noch
Kosten auf mich zu, aber ich weiß, wenn ich
jetzt aussteige, habe ich gar nichts, aber der
Löwenanteil des Geldes ist 2009 in der ers-
ten Hälfte ausgegeben gewesen.

Zeugin Angelika Bauch: Ja. Ja, das ist
so.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ist so?

Zeugin Angelika Bauch: Ja.

Markus Grübel (CDU/CSU): Danke.
Dann habe ich keine Frage. - Der Kollege
Hochbaum.

Robert Hochbaum (CDU/CSU): Ja, Frau
Bauch, bei vielen Antworten kam immer wie-
der das fehlende Projektcontrolling, das fal-
sche Projektcontrolling - ich vermute eben,

Drucksache 17/14650 – 592 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 30
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

das ganze System, das alte System CPM -
zutage; da muss einiges in der Vergangen-
heit nicht funktioniert haben. Meine Frage ist:
Seit wann gibt es eigentlich diesen alten
CPM, der da so fehlerhaft scheinbar war?

Zeugin Angelika Bauch: Ich glaube
nicht, dass es an dem CPM an sich lag, son-
dern letztendlich, wie Projektcontrolling im
BMVg wahrgenommen wird.

Robert Hochbaum (CDU/CSU): Sieht
das CPM da nicht Überwachungsmechanis-
men vor, oder?

Zeugin Angelika Bauch: Also, es sieht
Berichtspflichten vor. Es sieht vor, dass man
halt eben entsprechend - das ist ja auch ge-
macht worden mit den Projektstatusberich-
ten - über die Projekte berichtet, dass der
Projektleiter auch eine Risikoanalyse ma-
chen muss, ein Risikomanagement einge-
richtet wird. Alles das sieht ja der CPM auch
vor. Es fragt sich immer nur, wie es dann
auch ausgefüllt wird.

Robert Hochbaum (CDU/CSU): Hat der
neue CPM Vorteile gegenüber dem alten
Ihrer Meinung nach?

Zeugin Angelika Bauch: Ob sich der
neue CPM (nov.) bewähren wird, muss sich
zeigen. Es sind zumindest neu in diesem
CPM (nov.): dass es zwei Lenkungsgremien
gibt, einmal einen Projektrat auf Ebene des
Bundesamtes, und es gibt einen zweiten
Lenkungsausschuss auf ministerialer Ebene.
Das sind zwei Instanzen im Rahmen der
Projektüberwachung, die letztendlich auch
dafür sorgen sollen, dass der Projektleiter mit
seiner Bewertung nicht alleine steht, dass
Projektabweichungen auch letztendlich über
die Vorgesetzten kommuniziert werden und
auch dass letztendlich Lösungen gefunden
werden, die nicht nur auf Ebene der Arbeits-
ebene gefunden werden.

Robert Hochbaum (CDU/CSU): Gab es
diese Institution schon im alten CPM?

Zeugin Angelika Bauch: Also, im alten
CPM gibt es keinen Projektrat, und es gibt im
alten CPM auch keinen ministeriellen Len-
kungsausschuss. Das sind neue Elemente
jetzt im CPM (nov.).

Robert Hochbaum (CDU/CSU): Sehen
Sie, da muss ich noch mal auf meine Ein-
gangsfrage zurückkommen. In einigen Ihrer
Antworten haben Sie genau das als negativ
herausgestellt, dass es diese Gremien nicht
gibt: Die sollte es geben, dann wäre eine
bessere Überwachung, dann wäre eine Pa-
rallelüberwachung möglich. - Aber Sie haben
mir gerade auf meine Frage geantwortet: Ja,
der alte CPM hat mit diesen Problemen
nichts zu tun. - Also, das widerspricht sich
ein bisschen bei mir: -

Zeugin Angelika Bauch: Nein.

Robert Hochbaum (CDU/CSU): - Einer-
seits, es wäre besser gewesen, man hätte
diese Institutionen schon gehabt - -

Zeugin Angelika Bauch: Ja. Also, im
alten CPM ist natürlich auch ein Berichtswe-
sen vorgegeben. Da sind ja diese Projekt-
statusberichte, die letztendlich auch von der
Vorhabenaufsicht, von verschiedenen Stellen
bewertet werden. Das ist ja alles im alten
CPM auch drin.

Es gibt nur nicht so eine separate Ein-
richtung wie ein Lenkungsgremium. Das ist
neu. Aber letztendlich diese Berichtspflichten
mit den Projektstatusberichten, dass auch
andere Stellen das bewerten, alles das ist
auch schon - also auch Vorgaben, wie eine
Projektüberwachung aussehen soll - in dem
jetzigen CPM enthalten gewesen.

Nur, diese separaten Gremien, die ge-
zielt, wenn es Projektabweichungen gibt, sich
zusammensetzen, also so ein Projektrat, der
dann alle zwei Monate sich zusammensetzt
unter Leitung auch des Präsidenten jetzt im
CPM (nov.), also irgendwo - - Die Projekt-
statusberichte sollen durch verschiedene
Controllinginstanzen geprüft werden. Es ist
auch vorgesehen das Zentralcontrolling, und
wenn es Abweichungen gibt, sind auch Vor-
träge an den Präsidenten des Bundesamtes
vorgesehen.

Also, das gibt es schon, auch diese Be-
richtspflichten, aber nicht diese eigentlichen
Institutionen, ein gezieltes Lenkungsgre-
mium.

Robert Hochbaum (CDU/CSU): Ich habe
das schon verstanden. Wenn es diese Insti-
tutionen bereits im alten CPM gegeben hätte,
hätte es dann, sagen wir mal, diese Pro-
bleme, die wir jetzt haben mit Euro Hawk,

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 593 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 31
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

eventuell nicht gegeben, bzw. hätten sie
minimiert werden können?

Zeugin Angelika Bauch: Also, ich denke
mal, dass sich alle zwei Monate auch die
Leitung des Bundesamtes kümmert und
letztendlich auch Planabweichungen - - auch
informiert wird über das Projekt, auch der
Projektleiter über die Projektrisiken berichten
muss und dass dann auch in so einem Pro-
jektrat letztendlich auch die Abweichungen
diskutiert werden. Dass da also letztendlich
die Arbeitsebene mit ihrer Einschätzung nicht
allein gelassen ist, denke ich, ist schon ein
richtiger Ansatz.

Robert Hochbaum (CDU/CSU): Gut.
Also für mich doch der Beweis, dass dann
der alte CPM doch nicht so optimal war und
es gut ist, dass er jetzt überarbeitet worden
ist.

Zeugin Angelika Bauch: Hm.

Robert Hochbaum (CDU/CSU): Danke.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Keine weiteren Fragen mehr? - Dann kommt
die SPD-Fraktion. - Keine Fragen. Die FDP-
Fraktion? - Kollege Spatz.

Joachim Spatz (FDP): Ich bin eigentlich
nur an einer zeitlichen Klarstellung interes-
siert, weil Kollegin Keul immer vom Jahr
2012 sprach, was das Thema Reduzierung
der Ansprüche und Ähnliches rund um das
Thema Musterzulassung betrifft. Ist es nicht
richtig, dass am 3. Februar 2010 - nicht
2012; 2010! - die Fachebene darauf ver-
zichtet hat, die Musterzulassung für den De-
monstrator und für die Serie - - überhaupt
nichts an Musterzulassung vorzusehen?

Zeugin Angelika Bauch: Es ist auf jeden
Fall Anfang 2010. Nach unseren Erkenntnis-
sen - das haben wir aus den Dokumenten -
hat die Projektleitung im Jahr 2010 entschie-
den, Anfang 2010 entschieden. Ich kann jetzt
nicht dieses Datum 3. Februar festmachen.
Aber aus unseren Erkenntnissen ist es An-
fang - -

Also, 2009 gab es schon den Auftrag-
nehmer, der empfohlen hatte, auf diese
Nachweise im Rahmen der umfassenden
Musterzulassung zu verzichten, weil das ein
sehr hoher Aufwand ist. Also, da gab es

schon vom Auftragnehmer Hinweise. Auch
gab es schon eine Einschätzung vom Leiter
der Musterzulassungsstelle, dass wohl der
Euro Hawk in seiner gesamten Nutzungszeit
wohl nur mit einer Vorläufigen Verkehrszu-
lassung betrieben werden könne, weil der
Aufwand für die Musterzulassung sehr hoch
ist. Aus unseren Informationen, die wir ha-
ben, hat sich wohl dann Anfang 2010 - ob
das jetzt der 3. Februar ist, das Datum kann
ich jetzt nicht bestätigen - - Aber Anfang
2010 hat dann wohl der Projektleiter ent-
schieden, die Zulassung auf eine Proto-
typenprüfung zu begrenzen.

(Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Danke, Herr Kollege
Spatz! Das ist richtig!)

Joachim Spatz (FDP): Okay. - Und um
das noch mal klarzustellen: Es ging auch nur
um den Prototypen und nicht um die Serie.

Zeugin Angelika Bauch: Es ging nur um
den Prototypen, ja.

Joachim Spatz (FDP): Besten Dank. Ich
habe keine weiteren Fragen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Dann kommt die Linke.

Harald Koch (DIE LINKE): Frau Bauch,
ich habe hier noch mal nachgeschaut auf
Ihrer Internetseite. Da steht wirklich:

Der Bundesrechnungshof hat politi-
sche Entscheidungen zu respektie-
ren

Sie beraten. Das ist natürlich auf kommu-
naler Ebene ein bisschen anders; da gibt es
wirklich diese Instrumentarien, die ich ge-
nannt habe, bis hin zur Auflage. - Erstaunlich
für mich; kann ich hier nicht so richtig nach-
vollziehen.

Aber ich frage jetzt noch mal in eine
Richtung: Wenn Sie beraten, müssten nicht
diese Vorgänge, die da abgelaufen sind, die
Sie ja auch bemerkt haben, strafrechtliche,
zumindest aber auch disziplinarische Konse-
quenzen haben? Hier haben Leute nicht
richtig gearbeitet. Die Frage ist: Grob fahr-
lässig, fahrlässig? Können Sie solche Hin-
weise geben, und würden Sie die in diese
Richtung auch geben?

Drucksache 17/14650 – 594 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 32
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeugin Angelika Bauch: Letztendlich
kann man nicht eine einzelne Person dafür
schuldig machen, was da jetzt schlecht ge-
laufen ist in dem Projekt. Es sind mehrere
Verantwortlichkeiten, die nicht funktioniert
haben. Unser Blick ist eigentlich immer auf
Systemmängel. Wir haben nicht den Blick
des Einzelnen und gehen nicht danach: Wo
können wir jetzt dem Einzelnen irgendwo
eine Schuld anlasten oder ankreiden? Das ist
nicht der Fokus, mit dem wir prüfen. Wir gu-
cken nach Systemmängeln und gucken nach
Verbesserungen, die man im System bewir-
ken kann, und haben da nicht den Einzelnen
im Blick, der dann irgendwo als Verursa-
cher - - ja, jemand, der dann strafrechtliche
Konsequenzen ziehen muss. Das ist nicht
der Blickwinkel, den wir haben.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Frau Kollegin Höger.

Inge Höger (DIE LINKE): Frau Bauch,
Sie haben eben noch mal bestätigt, dass
vertraglich die Firma Global Hawk verpflichtet
war, die Voraussetzung für die Musterzulas-
sung zu erbringen. Heißt das, sie musste
sozusagen nur die Unterlagen für die Zulas-
sungsfähigkeit erbringen, oder musste sie
tatsächlich mit dazu beitragen, dass die
Musterzulassung ermöglicht wird?

Zeugin Angelika Bauch: Also, vertrag-
lich geschuldet ist eine umfassende Muster-
prüfung und Musterzulassung durch den
Leiter der Musterzulassungsstelle, und ver-
traglich geschuldet ist, dass der Prototyp mit
einem deutschen Musterzulassungsschein
ausgeliefert wird.

Inge Höger (DIE LINKE): Wir hatten hier
gestern als Zeugen den Projektleiter und
auch den Präsidenten des Bundesamtes für
Beschaffung, und beide haben gesagt, dass
für alle diese Dinge das Bemühen, die Be-
mühensklausel gelten würde. Wie kommen
die zu dieser Einschätzung?

Zeugin Angelika Bauch: Also, der Ver-
trag enthält Teile, wo die Bemühensklausel
ausgeschlossen ist, und er enthält Teile, wo
die Bemühensklausel enthalten ist. Es gibt im
Vertrag einen Teil 1; da gilt die Bemü-
hensklausel nicht. Das ist dann die Lieferung
des Global Hawk mit den Bodenanlagen oder
auch Logistik-, Test- und Zulassungsaktivi-

täten, die dort geschuldet sind. Auch das
Emissions- - Die Sensorik unterliegt auch
nicht dem Bemühen. Und es gibt einen Teil 2
in dem Vertrag, wo es um Test- und Integra-
tionsleistungen geht, und die unterliegen
dem Bemühen. Dieser Teil enthält auch
Musterzulassungsaktivitäten. Es ist die Frage
jetzt, was an den Musterzulassungsaktivi-
täten letztendlich dem Teil 1 und was dem
Teil 2 zuzuordnen ist. Letztendlich vertraglich
geschuldet, kann man sagen, ist die umfas-
sende Musterzulassung und Musterprüfung.
Es fragt sich nur, zu welchem Aufwand letzt-
endlich auch. Die Firma hat ja nicht gesagt:
„Wir machen es nicht“, sie haben nur gesagt:
„Da müssen wir ein Re-Engineering durch-
führen“, und das hat dann halt eben einen
Umfang an finanziellen Mitteln, die letztend-
lich das zum Scheitern gebracht haben, ja.

Inge Höger (DIE LINKE): Aber wenn die
Firma verpflichtet ist, diesen Vertrag zu er-
füllen oder diesen Teil, dann gehen doch die
Kosten zulasten der Rüstungsindustrie,
oder? Sehe ich das falsch?

Zeugin Angelika Bauch: Nein, wenn das
Entwicklungsziel nicht erreicht werden kann,
letztendlich das Risiko aus dem Entwick-
lungsvertrag letztendlich - - Das wird ja auch
jetzt durch eine Rechtsanwaltskanzlei ge-
prüft, welchen Regress man letztendlich die
Firma - - welche Regressmöglichkeiten es
gegenüber der Firma gibt. Ob man da noch
irgendwelche Leistungen abverlangen kann
oder Regresse, das prüft ja jetzt wohl eine
Rechtsanwaltskanzlei.

Inge Höger (DIE LINKE): Wenn nun der
Projektleiter und auch das Beschaffungsamt
schon 2009 sich nicht sicher waren, ob sozu-
sagen die Musterzulassung Vertragsleistung
ist, hätte man nicht zu dem Zeitpunkt schon
diese juristische Prüfung veranlassen sollen,
müssen?

Zeugin Angelika Bauch: Also, ich
glaube nicht, dass es Zweifel im Bundesamt
gab, ob die Musterzulassung geschuldet ist.

Inge Höger (DIE LINKE): Das ist uns
gestern so berichtet worden.

Zeugin Angelika Bauch: Ach so.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 595 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 33
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Inge Höger (DIE LINKE): Deshalb frage
ich da noch mal so ausdrücklich nach und
hätte dann gesagt: Man hätte dann, wie Sie
ja sagen, 2009 eine neue Bewertung des
gesamten Projektes wegen der Folgekosten,
aber auch noch mal eine Bewertung im
Grunde der Leistungen, wer muss was er-
bringen und wer muss die zusätzlichen Kos-
ten tragen bei einer - - zusätzlich anfallende
Kosten, die ja dann klar waren.

Zeugin Angelika Bauch: Hm.

Inge Höger (DIE LINKE): Das war es von
meiner Seite.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Kollege van Aken, bitte.

Jan van Aken (DIE LINKE): Ja, vielen
Dank. - Ich habe nur eine kurze Frage, und
zwar: Es gibt ja diesen Prüfbericht zur
Wehrtechnischen Dienststelle 61 und da
speziell zur Zulassung von Drohnen aus dem
Jahre 2006. Der ist vom Prüfungsamt des
Bundes München; die gehören ja auch zum
Bundesrechnungshof. Waren Sie damals
irgendwie oder danach damit befasst? Ken-
nen Sie diesen Bericht?

Zeugin Angelika Bauch: Ich weiß jetzt
nicht, welchen Bericht Sie meinen.

Jan van Aken (DIE LINKE): Das ist eine
Mitteilung an das BMVg über die Prüfung der
Maßnahmen der WTD 61 zur Zulassung von
Drohnen -

Zeugin Angelika Bauch: Aus dem Jahr
2006?

Jan van Aken (DIE LINKE): - aus dem
Jahr 2006 - vom Prüfungsamt des Bundes
München. Das gehört ja in den Geschäfts-
bereich des Bundesrechnungshofes.

Zeugin Angelika Bauch: Ja. Ist richtig.
Gehört in unseren Geschäftsbereich. Also ich
kenne diese Prüfungsmitteilung nicht.

Jan van Aken (DIE LINKE): Ach, das
heißt, das haben Sie auch in der jetzigen
Prüfung des Euro-Hawk-Projekts gar nicht
mit berücksichtigt? Weil das ist ja damals - -
Damals schon, im Jahre 2006, hat der Bun-
desrechnungshof quasi festgestellt, dass es

offene Rechtsfragen geben wird beim Euro
Hawk und dass es dringend empfohlen wird,
mit dem Luftfahrt-Bundesamt, mit anderen
Rechtsfragen zu klären, dass es eigentlich
ein Desaster ist, wie diese WTD 61, die
Musterzulassung funktioniert, dass die Inge-
nieure sich selber prüfen. All solche Fragen
sind da angesprochen worden. Das haben
Sie jetzt aber in Ihren jetzigen Prüfbericht gar
nicht mehr mit einbezogen?

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr van Aken, würden Sie mal die MAT-
Nummer nennen?

Jan van Aken (DIE LINKE): Ja, MAT 51,
Ordner 1, ab Seite 3.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut. - So, jetzt, bitte schön, Frau Bauch.

Zeugin Angelika Bauch: Tut mir leid.
Also diesen Bericht kenne ich jetzt im Detail
nicht.

Jan van Aken (DIE LINKE): Dann hat
sich das erledigt. - Danke.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt kommt Bündnis 90/Die Grünen. Frau
Kollegin Keul.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, vielen Dank. - Ich würde noch mal an der
Stelle mit dem Vertrag weitermachen wollen.
Sie hatten vorhin in Ihrem Eingangsstate-
ment gesagt, man sei blauäugig gewesen.
Das bezog sich ja auf die staatliche Seite.
Nach dem, was wir jetzt so gehört haben,
frage ich mich, ob das eigentlich - - wie Sie
dazu kommen, dass die staatliche Seite
blauäugig war. Denn in Ihrem Bericht heißt
es ja unter anderem auch auf Seite 11:

Der Leiter ML

- also im Vorfeld des Vertrages -
betonte mehrfach die Notwendigkeit
einer Musterzulassung, was die
Auftragnehmer nicht in Frage stell-
ten.

Dann haben wir im Folgenden gehört -
auch gestern von dem Zeugen -, dass die
gesamten technischen Details in englischer
Sprache für die deutsche Zulassung dem
Vertrag beigefügt worden sind. Und dann

Drucksache 17/14650 – 596 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 34
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

heißt es auch noch in Ihrem Bericht - ich
zitiere - auf Seite 13:

Gemäß Anlage 18 ... ist die Euro-
Hawk GmbH verpflichtet, bei der
Entwicklung des Musters zur Fest-
stellung der Verkehrssicherheit,
Luftfahrttauglichkeit und Luftfahrt-
verträglichkeit den Leistungsgegen-
stand einer Musterprüfung durch
den Leiter ML unterziehen zu las-
sen und ihm die Verkehrssicherheit,
Luftfahrttauglichkeit und Luftfahrt-
verträglichkeit nachzuweisen.

Weiter auf Seite 22:

Das Bundesamt stellte daraufhin
klar, dass dem Auftragnehmer im
Vorfeld des Vertrages die deut-
schen Musterzulassungsvorschrif-
ten und ein Euro Hawk spezifisches
Musterprüfrahmenprogramm zur
Verfügung gestellt worden seien.
Das Musterprüfrahmenprogramm
sei zusammen mit der Anlage
„Musterprüfung/-zulassung, Stück-
prüfung, Nachprüfung“ und der ZDv
19/1 in dem Vertrag als Arbeits-
grundlage vereinbart worden. Die
durch den Auftragnehmer zu er-
bringenden Leistungen für die
Musterzulassung seien in der Leis-
tungsbeschreibung des Vertrages
und im Anhang „Musterzulassung
und Nachweis der Verkehrssicher-
heit“ zur Leistungsbeschreibung
festgelegt worden.

Also muss man doch sagen, dass von-
seiten des Ministeriums hier das Problem
durchaus gesehen worden ist und dann - so
ja auch der ehemalige Minister Jung uns
noch mal gesagt hat - Wert darauf gelegt
worden ist, dass dafür auch die Bemühens-
klausel ausgeschlossen wird, also eine Ge-
währleistung reinkommt in den Vertrag. Und
die Industrie hat es unterschrieben.

Ist es dann nicht eigentlich so, dass die
Industrie blauäugig war und die staatliche
Seite in der Tat gut aufgepasst hat?

Zeugin Angelika Bauch: Letztendlich hat
man dem Auftragnehmer das deutsche
Musterzulassungswesen erklärt. Aber ob er
es richtig verstanden hat, ist ja noch eine
andere Sache.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, aber er hat es doch unterschrieben.

Zeugin Angelika Bauch: Ja, ja, der Auf-
tragnehmer will ja auch einen Auftrag be-
kommen. Unsere Kritik ist letztendlich: Man
hätte selber einen umfassenderen Einblick
haben müssen über die Unterschiede in dem
amerikanischen Zulassungsverfahren und in
unserem Verfahren, um dann auch erkennen
zu können: Redet man aneinander vorbei,
oder ist der Eindruck, dass der Auftragneh-
mer verstanden hat, was letztendlich im
Rahmen unserer Musterprüfung zu leisten
ist? Hat er es wirklich verstanden? Ist das
wirklich so eindeutig gewesen?

Und die Erkenntnis im Projektverlauf hat
ja letztendlich auch gezeigt, dass man auch
während des Projektverlaufes zunehmend
erkannt hat, dass die amerikanischen Zulas-
sungsvoraussetzungen dort andere sind,
dass teilweise nicht in dieser Nachweistiefe
Vorlagen vorzulegen sind wie bei uns.

Ich denke mal, das ist letztendlich blau-
äugig, ein bisschen die Kritik: Man hat eine
andere Nation, die für eine Zulassung ver-
antwortlich ist und auch andere Zulassungs-
vorschriften hat. Und reicht es da aus, dem
Auftragnehmer unsere Vorschriften zu erklä-
ren, oder hätte man sich nicht selber einen
Eindruck machen müssen und gezielt die
Unterschiede herausarbeiten müssen?

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Aber hat man nicht genau das getan? Also in
der Anlage H zum Vertrag ist ja nicht nur das
Musterprüfrahmenprogramm beigefügt, son-
dern es gibt ja auch noch einen Teil H: Das
sind 100 Seiten spezifische deutsche Zulas-
sungsvorschriften in englischer Sprache.
Also man hat sie ihm ja nicht nur erklärt, man
hat sie ihm ja auch aufgeschrieben, und er
hat sie unterschrieben. Wenn er sie dann
nicht verstanden hat, ist das dann nicht sein
Problem?

Zeugin Angelika Bauch: Ich denke mal,
auch im Projektverlauf war letztendlich,
glaube ich, auch die Projektleitung und auch
der Leiter der Musterzulassung, wenn man
so den Schriftverkehr sieht, auch letztendlich
davon überrascht, welche Unterlagen letzt-
endlich nicht vorhanden waren und die dann
letztendlich auch im Rahmen der Muster-
zulassung und Musterprüfung hätten neu
erstellt werden müssen, weil sie einfach auch
nicht vorhanden waren.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, aber dass sie vorgelegt werden müssen,

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 597 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 35
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

ist mit dem Vertrag vereinbart worden. Und
wenn der Auftragnehmer das nicht kann,
dann hat er ein Problem, aber doch nicht die
Auftraggeberseite. Und hätte man dann
nicht - - Hat man dann im Prinzip im Januar -
jetzt will ich es richtig sagen - 2010 nicht
einen Fehler gemacht, dass man dann da-
rauf verzichtet hat, auf diese vertraglich ge-
schuldeten Leistungen?

Zeugin Angelika Bauch: Das ist auf je-
den Fall ein Abweichen vom Vertragsziel
gewesen. Mit der Entscheidung, eine Proto-
typenprüfung zu machen, ist man vom Ver-
tragsziel abgewichen. Das ist auf jeden Fall
richtig.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Hat man dann auch - wenn wir mal unter-
stellen: für diesen Zulassungsteil gilt die Ge-
währleistung - im Januar 2010 damit auf die
Ansprüche, die der Bund gehabt hätte, ver-
zichtet?

Zeugin Angelika Bauch: Das Agieren
des Bundesamtes ist da schwierig zu sehen,
ja. Und deswegen finde ich das auch richtig,
dass das jetzt eine Rechtsanwaltskanzlei
sich näher betrachtet. Das Agieren des Bun-
desamtes mit der Entscheidung, sich zu re-
duzieren auf eine Prototypenprüfung, ist si-
cherlich schwierig.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege Lindner.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Vielen Dank, Frau Vorsitzende. -
Frau Bauch, ich möchte Sie zu drei Komple-
xen was fragen. Ich beginne mal mit dem
CPM. Für das Protokoll: Ordner 1 zu Be-
weisbeschluss Nummer 12, Seite 98. Ich
spreche jetzt über den CPM, der Anwendung
fand, als der Vertrag geschlossen wurde.
Und in diesem CPM heißt es sinngemäß,
dass wesentliche Entscheidungen, Zwi-
schenentscheidungen innerhalb von Phasen
dann der Leitung des BMVg zur Leitung vor-
zulegen sind, wenn die einen präjudizieren-
den Einfluss auf spätere Entscheidungen
haben und insbesondere beispielsweise
wenn bei solchen Zwischenentscheidungen
sich rausstellt, dass funktionale Forderungen
nicht erfüllt werden.

Würde das bedeuten, dass in dem Mo-
ment, wo man vom Vertrag abgewichen ist -

wo klar war, man will die Musterzulassung
nicht mehr oder bekommt sie nicht hin -, man
die Leitung des BMVg hätte informieren
müssen mit einer Entscheidungsvorlage, wie
es weitergeht?

Zeugin Angelika Bauch: Richtig ist: Man
hätte eine Zwischenentscheidung erstellen
müssen, ja. Es gab kostenmäßige Abwei-
chungen. Es gab zeitliche Verzögerungen.
Da gibt es Vorgaben, wann so eine Zwi-
schenentscheidung zu erstellen ist. Und es
gab natürlich auch Abweichungen vom Ver-
tragsziel. Man hätte zum einen eine neue
Zwischenentscheidung auf den Weg bringen
müssen, und grundsätzlich hätte man natür-
lich über diese Probleme auch dem - - so
berichten müssen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich frage die CDU. - Nein. Die SPD noch
weitere Fragen? - Nein. Die FDP? - Nein. Die
Linke? - Nein. Dann die Grünen.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Vielen Dank. Dann mache ich
direkt weiter. - Das bedeutet ja im Umkehr-
schluss auch, der CPM, der damals Anwen-
dung fand, hätte, wenn man sich an ihn ge-
halten hätte, wenn man ihn berücksichtigt
hätte, eigentlich dazu führen müssen, dass
das Risikocontrolling oder das Projektcon-
trolling dann die Leitung erreicht und das
Problem bekannt wird?

Zeugin Angelika Bauch: Auch im alten
CPM ist eine Risikoanalyse, eine Risiko-
bewertung, sind Berichtspflichten vorgese-
hen. Und es sind auch Berichtspflichten vor-
gesehen, wenn das Problem eine große
Planabweichung hat. Und es ist natürlich
auch tatsächlich eine Vorgabe für Zwischen-
entscheidung enthalten gewesen. Ja.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Zum zweiten Komplex meiner
Fragen: Sie haben vorhin ausgeführt, dass
2009 respektive 2011 eine Neubewertung
des Projektes erforderlich gewesen sei. Dies
heißt dann, man hätte, wenn ich Sie richtig
verstanden - - Oder habe ich Sie richtig ver-
standen, dass eine Neubewertung hätte er-
folgen sollen, bevor man die CLS-Verträge
dem Haushaltsausschuss zur Billigung vor-
gelegt hat?

Drucksache 17/14650 – 598 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 36
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeugin Angelika Bauch: Das sehe ich
so, ja.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Welchen Umfang hatten diese
beiden Verträge in etwa?

Zeugin Angelika Bauch: Ich glaube, um
die 85 Millionen. Der CLS-1-Vertrag belief
sich auf 49,6 Millionen, also mit den Ände-
rungsverträgen, die zwischenzeitlich noch
dazugekommen sind, und CLS-2-Vertrag,
der im Dezember 2011 geschlossen wurde,
hat ein Volumen von 32,9 Millionen. Also
rund so um die 85 Millionen.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): In anderen Worten: Eine Neu-
bewertung des Projektes wäre vor allem
erforderlich gewesen, bevor weitere Verträge
geschlossen worden wären?

Zeugin Angelika Bauch: Also diese
CLS-Verträge - noch mal so zum Hinter-
grund -, die sollten schon mal vorbereiten,
wenn der Prototyp übergeben wird und der
Anfangsflugbetrieb in der Truppe stattfindet,
dass man darauf vorbereitet ist. Ich bewerte
diese CLS-Verträge so, dass man einfach die
Risiken unterschätzt hat und einfach optimis-
tisch war: Wir werden das mit dem Proto-
typen schon irgendwo hinkriegen. Der wird
auch eine Zulassung kriegen. Da werden wir
schon einen Weg finden. Wir müssen den
Blick nach vorne haben. Das zeichnet sich
ab, dass wir den Prototypen jetzt an die
Truppe übergeben müssen. Und das braucht
natürlich auch einen zeitlichen Vorlauf, um
einen Anfangsflugbetrieb auf den Weg zu
bringen.

Deswegen: Für mich zeigt es sich ein-
fach, dass die Tragweite der Risiken nicht
richtig eingeschätzt wurde und man einfach
„Blick nach vorne“: Das wird schon. Die
Probleme werden wir alle in den Griff be-
kommen. Und wir müssen jetzt gucken: Die
Anfangsflugbefähigung, da müssen wir jetzt
schon logistische Vorleistungen erbringen,
dass, wenn dann der Euro Hawk an die
Truppe übergeben ist, wir auch sofort in die
Anfangsflugbefähigung reinkommen können.

Und dafür sind die geschlossen. Für mich
ist es letztendlich ein Zeichen gewesen: Man
hat die Tragweite der Risiken nicht richtig
erkannt und hat wirklich gedacht: Der Pro-
totyp, der wird jetzt abgenommen, und jetzt
müssen wir uns starkmachen, die Fähig-

keitslücke möglichst dann vielleicht auch
schon mal mit dem Euro Hawk schließen zu
können - mit einem; der sollte dann ja auch
schon entsprechend eingesetzt werden -,
„und deswegen schon mal die Anfangsflug-
befähigung für den Euro Hawk auf den Weg
zu bringen.“

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Hat aus Sicht des Rechnungs-
hofs die Zulassungsproblematik beim Euro
Hawk nicht auch ein Risiko für die Proble-
matik beim NATO-AGS-Projekt? Und wäre
vor diesem Hintergrund nicht auch eine Neu-
bewertung des Euro-Hawk-Projektes ver-
nünftig gewesen, bevor der Haushaltsaus-
schuss Mittel für NATO AGS freigegeben
hat?

Zeugin Angelika Bauch: NATO AGS:
Klar, das Musterzulassungsproblem hätte
man natürlich da auch noch mal argumen- - -
Das stand da klar, dass es ein Musterzulas-
sungsproblem geben wird. Jetzt ist es ja so,
dass der Global Hawk beim AGS, dass der in
Sigonella stationiert werden soll, und die
Zulassung ist dort über Italien. Also, ob da
jetzt - - Wie die Italiener das mit der Zulas-
sung hinbekommen oder wie sie da agieren,
das zeigt sich jetzt ja. Das müssen sie jetzt
angehen. Aber natürlich hätte man das da
auch schon mit in Erwägung ziehen müssen.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Zum letzten Komplex meiner
Fragen: Wann wurde dem Bundesrech-
nungshof Einsicht in Unterlagen, die Sie vor-
her nicht einsehen durften, denn gewährt?
Es soll ja am 27.02.2013 eine Verständigung
zwischen BRH und BMVg gegeben haben.
Wie lange hat es dann gedauert, bis Sie
diese Dokumente, die Sie vorher nicht ein-
sehen durften, haben einsehen dürfen?

Zeugin Angelika Bauch: Also im De-
zember 2012 haben wir schon mal eine Ein-
sicht in die Statusberichte des Auftragneh-
mers erhalten. Wir durften keine Kopien ma-
chen, aber die Einsicht in diese Status-
berichte war im Dezember 2012 möglich.
Und wir haben dann daraufhin mit dem Eini-
gungsagreement weitere Unterlagen ange-
fordert, die auch einen ITAR-Sperrvermerk
hatten. Das waren in der Tat Vertragsunter-
lagen, die zum Beispiel Aussagen zu den
Musterzulassungsaktivitäten - so Arbeits-
pakete zu den Musterzulassungsaktivi-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 599 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 37
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

täten - - Die hatten auch einen ITAR-Sperr-
vermerk.

Und nachdem wir dieses Agreement jetzt
hatten, haben wir natürlich diese Unterlagen
dann auch noch angefordert, weil wir natür-
lich auch über diese Musterzulassungspro-
bleme uns einen umfassenden Einblick brin-
gen wollten.

Und dann hat sich herausgestellt, dass im
nachgeordneten Bereich - - Also das BMVg
musste dann - - hat dann den nachgeordne-
ten Bereich angewiesen, er solle uns doch
die Unterlagen auch geben. Also das BMVg
war willig. Nur dann war im nachgeordneten
Bereich - - kamen Zweifel auf: Das Versto-
ßen gegen ITAR-Regularien wäre straf-
bewehrt. Und die wollten sich noch mal
rechtlich absichern, ob sie das wirklich dürf-
ten. Und dann hat sich das noch mal ein
bisschen verzögert. Und letztendlich mit der
Ministerentscheidung vom - - Also am 23.
Mai haben wir die Unterlagen dann in der
VS-Registratur - also VS-Geheim eingestuft -
entsprechend erhalten.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Letzte Frage meinerseits: Die
Einstufungen dieser Unterlagen als Geheim,
damit Sie sie haben einsehen dürfen: Sie
haben ja vorhin bereits ausgeführt, dass es
bei anderen Prüfvorgängen durchaus ja auch
vorkommt. Diese Einstufung als Geheim
wäre auch schon früher möglich gewesen?

Zeugin Angelika Bauch: Wäre auch frü-
her möglich gewesen.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Danke.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege Nouripour.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Frau Bauch, ich habe Sie richtig
verstanden: Ohne funktionierendes, zugelas-
senes Trägersystem macht das ISIS-System
keinen Sinn, richtig? Es ist nicht verwendbar
ohne, dass es fliegen kann?

Zeugin Angelika Bauch: Also, das ISIS,
diese Sensorik, die soll in einen - - muss in
einen Träger integriert werden. Das ISIS ist
jetzt so entwickelt, dass es zu dem Träger
Euro Hawk passt.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Und deshalb haben Sie ja aus-
geführt: Wenn es ein neues Trägersystem
gibt, muss neu erprobt werden.

Zeugin Angelika Bauch: Also, man kann
nicht einfach die Tests und die Ergebnisse,
die man jetzt auf dem Euro Hawk gefunden
hat - - kann man sicherlich nicht einfach auf
einen anderen Träger übertragen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich muss jetzt eigentlich wieder abfragen:
CDU/CSU-Fraktion? - Nein. SPD? - Nein.
FDP? - Nein. Linke? - Nein. Dann Herr Kol-
lege Nouripour.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Was ist der Sinn der Erprobun-
gen, die derzeit laufen?

Zeugin Angelika Bauch: Der Sinn der
Erprobung ist, dass die vertraglich geschul-
deten Leistungen dieser Sensorik auch tat-
sächlich mit dem Träger gemeinsam funktio-
nieren.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wenn das aber denn erprobt ist
und Ende September das Ergebnis entsteht,
die Integration ist gelungen - bei einem Trä-
gersystem, was ja gar nicht mehr fliegen
wird -: Gibt es dann die Pflicht, dass das
dann auch abgenommen wird? Weil der De-
monstrator gehört ja nicht der Bundesrepu-
blik, bis diese Erprobungen fertig sind.

Zeugin Angelika Bauch: Wir müssten
den dann abnehmen, ja.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Gibt es eine vertragliche Ver-
pflichtung, jetzt weiter zu erproben?

Zeugin Angelika Bauch: Also, die Tests
für - - Die Sensorik muss den Nachweis brin-
gen, dass sie in dem Träger funktioniert.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): In diesem einen Träger?

Zeugin Angelika Bauch: Ja, genau.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das heißt, wenn das nicht er-

Drucksache 17/14650 – 600 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 38
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

probt wird, wird das ISIS-System tatsächlich
dann nicht mehr zugelassen, oder was?

Zeugin Angelika Bauch: Dann weiß man
nicht, ob das entwickelte ISIS-System tat-
sächlich funktioniert.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aber das kann man dann ja ru-
hen lassen und dann beim nächsten Träger-
system ausprobieren, oder nicht?

Zeugin Angelika Bauch: Es ist die - - Ja,
es ist - - Vertraglich - -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Meine Frage ist: Gibt es eine
vertragliche Verpflichtung, dass man jetzt in
dieser Integration erprobt?

Zeugin Angelika Bauch: Es ist Teil des
Vertrags, ja.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das heißt, es muss erprobt wer-
den, und am Ende muss gesagt werden, es
geht oder es geht nicht?

Zeugin Angelika Bauch: Ja, das ist ver-
traglich geschuldet.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Man kann jetzt also nicht die
Erprobung abbrechen, -

Zeugin Angelika Bauch: Nein.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): - damit man dann den De-
monstrator am Ende nicht übernimmt?

Zeugin Angelika Bauch: Nein.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das heißt, am Ende ist es so:
Wenn die Integration funktioniert - und wenn
ich es richtig verstanden habe, ist das ja der
Bereich, wo auch die Bemühensklausel dann
greifen kann -, dann ist das tatsächlich - -
dann werden wir auf dieser Kiste, die nicht
fliegen darf, dann sitzen bleiben?

Zeugin Angelika Bauch: Ja.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Was ist denn aus Ihrer Sicht für

eine Möglichkeit gegeben, dass man tat-
sächlich mit diesem Demonstrator noch ir-
gendetwas anfängt?

Zeugin Angelika Bauch: Vielleicht findet
man einen Weg für die Zulassung und kann
den Euro Hawk - - Also, das sollte man mit in
die Betrachtung - - Wenn man jetzt über al-
ternative Trägerplattformen nachdenkt, sollte
man auch noch mal den Euro Hawk, diesen
Prototypen, mit im Blick haben und vielleicht
diese Zulassungsaktivitäten, die tatsächlich
erforderlich sind, noch mal hinterfragen. Und
auch die Risiken, die sich aus einem nicht
hundertprozentigen Musterzulassungspro-
zess nach ZDv 19/1 ergeben, die sollte man
noch mal wirklich überprüfen. Wenn der
keine - auch keine Vorläufige - Verkehrszu-
lassung erhalten kann, weil die Risiken ein-
fach zu groß sind und der Aufwand, die Risi-
ken zu minimieren, so ist - aber das müsste,
sollte meiner Meinung nach noch weiter un-
tersucht werden -, dann hätte man letztend-
lich einen Erprobungsträger für diese Senso-
rik, wenn die noch weiterentwickelt werden
würde. Aber ich sehe eigentlich keinen Nut-
zen in dem Trägersystem.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie sehen auch nicht, dass man
es verkaufen könnte?

Zeugin Angelika Bauch: Also, man kann
versuchen, es zu verkaufen, irgendwie zu
verwerten, aber ich denke, das wird schwie-
rig.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Glauben Sie, dass man, wenn
man das verkaufen könnte, annähernd so
viele Mittel zurückbekäme?

Zeugin Angelika Bauch: Es ist - - Ich
denke, die Ausgaben, die man für die Aktivi-
täten, die beiden, die Sensorik in den Träger
reinzubringen, auch die Aktivitäten - - Der
Global Hawk ist auch etwas modifiziert wor-
den, weil er für die Sensorik ausgelegt
wurde. Er hat eine Antenne bekommen usw.
Er ist schon spezifisch auch für die Sensor-
aufklärung entsprechend weiter modifiziert
worden. Den zu verkaufen, hieße ja, dass
jemand anderes Interesse hätte, den auch
für eine Signalaufklärung letztendlich zu ver-
wenden. Man kann sicherlich die Ersatzteile
nutzen. Man müsste schauen, ob man da - -

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 601 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 39
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Also, das müsste auch überprüft werden,
welchen Nutzen man aus einer Verwertung
letztendlich noch ziehen kann.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt kommen wir ein bisschen in den Be-
reich der Spekulationen, Herr Kollege Nouri-
pour.

Zeugin Angelika Bauch: Ja.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Nein, das ist der Job vom Rech-
nungshof, Vorschläge zu machen, wie
Steuermittel zusammengehalten werden, und
wenn Sie die Berichte von denen lesen, dann
sehen Sie, dass immer wieder solche Vor-
schläge gerade vom Hof kommen. Das ist
der Job vom Hof, und hier geht es um Euro
Hawk. Deshalb darf ich diese Frage stellen.

Ich habe noch eine weitere zum Thema
Empfehlungen. Sie haben ja Empfehlungen
abgegeben in Ihrem Bericht. Wie war die
Reaktion des Verteidigungsministeriums bis
heute darauf?

Zeugin Angelika Bauch: Die Empfeh-
lungen sind sehr positiv aufgenommen wor-
den. Man hat eine Taskforce eingerichtet, die
auch diese Probleme analysieren wird und
dann auch unsere Vorschläge mit aufgreifen
möchte. Es gibt auch schon ein Gespräch,
was anvisiert ist, wo man uns erste Ergeb-
nisse aus der Taskforce berichten will. Also,
die sind sehr positiv aufgenommen worden.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Bei der Frage der Alternativen
haben Sie vorhin ja den Block 40 vom Global
Hawk plus Sense and Avoid System ge-
nannt. Das ist bisher in den Studien nicht
wirklich drin. Wundert Sie das?

Zeugin Angelika Bauch: Also, wie die
Frau Vorsitzende schon gesagt hat: Das ist
jetzt - - wird jetzt spekulativ. Es sollten auch
unbemannte Plattformen untersucht werden.
Ich kann jetzt keine weitergehende Aussage
dazu machen, ob das sinnvoll ist oder nicht.
Warum nicht auch den Global Hawk be-
trachten, den Block 40? Klar wäre das eine
Alternative. Aber dann müsste man weiter
schauen, ob man da auch wieder dieselben
Zulassungsrisiken hat, weil das ja auch wie-
der ein amerikanischer Flieger ist. Wie sind
denn da die Zulassungsvoraussetzungen?

Das kann man nicht einfach so aus der hoh-
len Hand erzählen und sagen. Bei jeder Be-
trachtung einer unbemannten Trägerplatt-
form als Alternative muss man natürlich auch
den Musterzulassungsprozess mit im Blick
haben.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich weiß nicht, was daran spe-
kulativ ist. Dann formuliere ich die Frage
anders: Sie gehen davon aus, dass bei der
Suche nach Alternativen sozusagen ergeb-
nisoffen und in der Breite der Angebote oder
der Möglichkeiten, die es gibt, geprüft wer-
den muss?

Zeugin Angelika Bauch: Ja.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Danke.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Keine weiteren Fragen mehr?

Frau Bauch, dann darf ich Sie noch da-
rauf hinweisen, dass Ihnen nach Fertigung
des Protokolls dieses für mögliche Korrektu-
ren vom Sekretariat zugesandt wird.

Des Weiteren bin ich nach § 26 Abs. 3
PUAG gehalten, Sie zum Ende Ihrer Ver-
nehmung darauf hinzuweisen, dass der
Untersuchungsausschuss durch Beschluss
feststellt, dass die Vernehmung des Zeugen
abgeschlossen ist. Die Entscheidung darf
erst ergehen, wenn nach Zustellung des
Vernehmungsprotokolls zwei Wochen ver-
strichen sind oder auf die Einhaltung dieser
Frist verzichtet worden ist.

Frau Bauch, ich bedanke mich für Ihr
Kommen und wünsche Ihnen einen guten
Nachhauseweg.

Ich unterbreche jetzt die Sitzung, wie an-
gekündigt, bis um 12 Uhr. Dann haben Sie
wieder Gelegenheit für Fotos und Presse-
erklärungen.

(Unterbrechung von
11.38 bis 12.00 Uhr)

Drucksache 17/14650 – 602 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 40
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich setze die unterbrochene Sitzung fort. Wir
kommen zur Vernehmung des Zeugen
Ministerialdirektor Detlef Selhausen.

Vernehmung des Zeugen
Detlef Selhausen

Sehr geehrter Herr Selhausen, ich be-
grüße Sie im Namen des Untersuchungs-
ausschusses recht herzlich. Herr Selhausen,
ich weise Sie darauf hin, dass die Sitzung
aufgezeichnet wird. Dies dient ausschließlich
dem Zweck, die stenografische Aufzeichnung
der Sitzung zu erleichtern. Die Aufnahme
wird später gelöscht. Das Protokoll dieser
Vernehmung wird Ihnen nach Fertigstellung
zugestellt. Sie haben anschließend die Mög-
lichkeit, Korrekturen und Ergänzungen vor-
zunehmen.

Herr Selhausen, Sie sind mit Schreiben
vom 28. Juni 2013 geladen worden. Das
Beweisthema ist Ihnen mit dem Untersu-
chungsauftrag und dem Beweisbeschluss
zugegangen. Der Beweisbeschluss ist Ihnen
und den Mitgliedern bekannt. Auf eine Verle-
sung kann daher verzichtet werden. Die er-
forderliche Aussagegenehmigung liegt den
Ausschussmitgliedern als Tischvorlage vor.

Herr Selhausen, nach den Vorschriften
der Strafprozessordnung, die im Untersu-
chungsverfahren sinngemäß Anwendung
finden, und den Vorschriften des Gesetzes
zur Regelung des Rechts der Untersu-
chungsausschüsse des Deutschen Bundes-
tages - im Folgenden verwende ich die Ab-
kürzung PUAG - muss ich Sie zunächst be-
lehren. Sie sind als Zeuge verpflichtet, die
Wahrheit zu sagen. Ihre Aussagen müssen
daher richtig und vollständig sein. Sie dürfen
nichts weglassen, was zur Sache gehört, und
nichts hinzufügen, was der Wahrheit wider-
spricht.

Ich habe Sie außerdem auf die möglichen
strafrechtlichen Folgen eines Verstoßes
gegen die Wahrheitspflicht hinzuweisen.
Danach kann derjenige, der vor dem Unter-
suchungsausschuss uneidlich falsch aus-
sagt, gemäß § 153 des Strafgesetzbuches
mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu
fünf Jahren bestraft werden.

Nach § 22 PUAG können Sie die Aus-
kunft auf solche Fragen verweigern, deren
Beantwortung Sie selbst oder Personen, die
im Sinne des § 52 Abs. 1 Strafprozessord-
nung Ihre Angehörigen sind, in die Gefahr

bringen würde, einer Untersuchung nach
gesetzlich geordneten Verfahren ausgesetzt
zu werden.

Sollten Teile Ihrer Aussage aus Gründen
des Schutzes von Dienst-, Privat- oder Ge-
schäftsgeheimnissen nur in einer nach der
Geheimschutzordnung des Bundestages
eingestuften Sitzung möglich sein, bitte ich
Sie um einen Hinweis, damit eine entspre-
chende Einstufung erfolgen kann.

Ich möchte in diesem Zusammenhang da-
ran erinnern, dass im Falle einer Einstufung
der Vernehmung mit einem Geheimhal-
tungsgrad VS-Vertraulich oder höher ein
Wechsel des Sitzungssaals erforderlich wird.
Daher möchte ich Sie bitten, etwaige Ver-
nehmungsteile, die einer entsprechenden
Einstufung bedürfen, gesammelt am Ende
der Vernehmung zur Sprache zu bringen.

Nachdem ich Ihnen den Gegenstand der
Vernehmung erläutert, Sie zur Wahrheit er-
mahnt und belehrt habe, komme ich nun zur
Vernehmung zur Person. Herr Selhausen,
bitte nennen Sie uns Ihren Namen, Ihren
Familienstand und Ihren Wohnort.

Zeuge Detlef Selhausen: Mein Name ist
Detlef Selhausen. Ich bin verheiratet, und ich
wohne in Bonn.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich komme nun zur Vernehmung zur Sache.
Herr Selhausen, zunächst gebe ich Ihnen die
Gelegenheit, dem Ausschuss das im Zusam-
menhang darzulegen, was Ihnen von dem
Gegenstand der Vernehmung bekannt ist.
Bitte schön, Sie haben das Wort.

Zeuge Detlef Selhausen: Vielen Dank,
Frau Vorsitzende. Ich möchte gerne davon
Gebrauch machen.

Angesichts des komplexen Untersu-
chungsauftrages möchte ich in meiner An-
fangsaussage den Sachverhalt aus meiner
Sicht zusammenhängend erläutern.

Zunächst mache ich Angaben zu meiner
Person bzw. meinen Funktionen, die im Zu-
sammenhang mit Euro Hawk stehen. Ich bin
am 1. Juni 2009 Abteilungsleiter Rüstung im
Bundesministerium der Verteidigung gewor-
den. Die Hauptabteilung Rüstung hatte zu
dieser Zeit einen Hauptabteilungsleiter, einen
Abteilungsleiter und einen geschäftsführen-
den Beamten Rüstung. Diese zusammen,
das heißt zu jener Zeit Kollege Ellinger als
Hauptabteilungsleiter und Nationaler Rüs-
tungsdirektor, Kollege Wardecki als ge-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 603 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 41
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

schäftsführender Beamter und ich, bildeten
gemeinsam die Leitung der Hauptabteilung
Rüstung. Dabei trug der Hauptabteilungslei-
ter die Gesamtverantwortung für den Rüs-
tungsbereich ohne den IT-Anteil, der seiner-
zeit in der Verantwortung des Abteilungslei-
ters Modernisierung, Herrn Hummel, lag. Der
Abteilungsleiter Rüstung - also ich - war zu-
ständig für die Steuerung aller projektbezo-
genen Aktivitäten der Bedarfsdeckung ein-
schließlich Haushalt, also auch für das Ent-
wicklungsvorhaben Euro Hawk.

Nach dem altersbedingten Ausscheiden
von Herrn Ellinger habe ich vom 1. Februar
2011 bis 31. März 2012 dessen Funktion
vertretungsweise übernommen. Des Weite-
ren waren mir nach dem Ausscheiden von
Herrn Hummel für die Zeit vom 11. Januar
2012 bis 31. März 2012 dessen Aufgaben
zugeordnet worden.

Bis zum 31. März 2012 existierten im
BMVg die Hauptabteilung Rüstung und die
Abteilung Modernisierung. Zum 1. April 2012
wurden die wesentlichen Aufgaben beider
Abteilungen in die Abteilung Ausrüstung,
Informationstechnik und Nutzung übergelei-
tet. Seit diesem Tag bin ich Abteilungsleiter
Ausrüstung, Informationstechnik und Nut-
zung. Vorher, also vor Juni 2009, war ich
Angehöriger der Haushaltsabteilung des
BMVg. Vom 1. April 2003 bis zum 31. Mai
2009 war ich in der Haushaltsabteilung des
Ministeriums als Referatsleiter und Unterab-
teilungsleiter unter anderem auch zuständig
für das Vorhaben Euro Hawk.

Das, was ich Ihnen heute berichte, beruht
auf meinen eigenen Erkenntnissen aus die-
ser Zeit, auf den Untersuchungen für den
Bericht der Ad-hoc-Arbeitsgruppe und - we-
gen des umfangreichen Untersuchungs-
gegenstandes - auf dem Aktenstudium in
Vorbereitung für die heutige Vernehmung.
Entsprechend dem Untersuchungsauftrag
möchte ich die Entscheidungsabläufe im
Entwicklungsprojekt Euro Hawk vor dem
Hintergrund des Rüstungsprozesses ein-
schließlich Controlling darstellen. Außerdem
werde ich erläutern, welche Maßnahmen für
die Anpassung der Projektsteuerung ich
insgesamt ergriffen habe.

Bevor ich die Einzelaspekte darstelle,
möchte ich zu Beginn meiner Aussage zum
besseren Verständnis einige Punkte heraus-
stellen.

In den Jahren vor dem Vertragsschluss
Anfang 2007 hatte die Bundeswehr die Idee,
eine elektronische Aufklärungssensorik in ein

unbemanntes Luftfahrzeug zu integrieren; es
handelte sich also um eine unbewaffnete
Drohne. Als besonders geeignet wurde die
US-amerikanische Plattform Global Hawk als
Träger der zu entwickelnden Aufklärungs-
sensorik bewertet. Ein solches Luftfahrzeug
war nur in den USA bei der Firma Northrop
Grumman erwerbbar. Hierbei sollte das
Basisflugzeug Global Hawk unter gleich-
zeitiger Entwicklung und späterer Einrüstung
der Aufklärungssensorik zum Euro-Hawk-
Prototypen umgewandelt werden. Die US-
Exportrestriktionen waren bekannt. Zur Risi-
kominimierung der Zulassung des Luftfahr-
zeuges wurde der Weg über einen De-
monstrator, den Euro-Hawk-Prototypen, ge-
wählt. Zur Risikominimierung des Projekts ist
die Integration der parallel zu entwickelnden
Aufklärungssensorik ISIS - Integriertes Signal
Intelligence System - als Option vereinbart
worden. Das Aufklärungssystem ISIS wird
auch als Missionssystem ISIS bezeichnet.
Bei positivem Ausgang der Entwicklung sollte
in die Serienbeschaffung von vier weiteren
Euro Hawk für aktuell im Haushalt veran-
schlagte 515 Mio. Euro eingetreten werden.

Die Ausschüsse des Deutschen Bundes-
tages haben in 2007 den Entwicklungsver-
trag und in 2009 die Auslösung der Option
mit einem Volumen von insgesamt rund
514 Mio. Euro im Preisstand 12/2008 gebil-
ligt. Zwischenzeitlich hat sich herausgestellt,
dass für eine Musterzulassung der Serien-
luftfahrzeuge Euro Hawk ein Betrag von
weiteren 500 bis 600 Mio. Euro notwendig
wäre. Ich muss dabei feststellen, dass mit
einer solchen Investition nicht gesichert ist,
dass die Musterzulassung auch tatsächlich
erreicht wird.

Die Ziele des Entwicklungsprojektes Euro
Hawk waren: Erwerb und Vorbereitung der
US-Plattform Global Hawk zu einem Euro
Hawk, Entwicklung des Aufklärungssystems
ISIS, Integration des Missionssystems ISIS in
den Euro Hawk zur Herstellung eines Full
Scale Demonstrators und die Qualifizierung
aller Systemkomponenten, Träger und Mis-
sionssystem ISIS, zur Vorbereitung der Se-
rienherstellung Euro Hawk. Von diesen vier
Zielen sind die ersten drei erreicht worden.
Das vierte Ziel wird durch die Qualifizierung
des Missionssystems nur teilweise erreicht.
Die Qualifizierung des Trägers als Vorberei-
tung zur Serienherstellung Euro Hawk ist
nicht erreicht worden.

Treten dadurch Verluste ein? Die veran-
schlagten Haushaltsmittel in Höhe von rund

Drucksache 17/14650 – 604 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 42
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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515 Mio. Euro für die Beschaffung der Serie
Euro Hawk sind kein Verlust, weil kein Se-
rienvertrag unterzeichnet wurde. Die rund
301 Mio. Euro, die für das Missionssystem
ISIS einschließlich dessen Erprobung gezahlt
worden sind, sind in ein Sensorsystem in-
vestiert worden, an dem die Bundeswehr
einen unabweisbaren Bedarf hat. Entspre-
chend den Planungen zu Beginn des Vorha-
bens in 2002 ff. wird der Bundeswehr das
hochwertige Aufklärungssystem ISIS mit
einer qualifiziert abgeschlossenen Erprobung
zur Integration in eine andere Plattform zur
Verfügung stehen. Wie viele Kosten diese
Integration verursachen könnte, lässt sich
derzeit nicht vorhersagen. Das hängt von der
gegebenenfalls auszuwählenden Plattform
ab.

Für den Full Scale Demonstrator sind
Haushaltsmittel in Höhe von 261 Mio. Euro
gezahlt worden. Das Luftfahrzeug ist tech-
nisch flugfähig und wird auf der Basis einer
Vorläufigen Verkehrszulassung für Erpro-
bungsflüge des Missionssystems ISIS ge-
nutzt. Bisher hat der Full Scale Demonstrator
fünf erfolgreiche Erprobungsflüge absolviert.
In welcher Höhe diese Investition von
261 Mio. Euro im Ergebnis ein Verlust sein
wird, hängt davon ab, was die Bundeswehr
nach der Erprobungsphase mit dem Full
Scale Demonstrator machen wird. Es ist
nicht auszuschließen, dass am Ende ein
Großteil dieser rund 261 Mio. Euro als Ver-
lust betrachtet werden muss.

Fest steht aber auch, dass die Bundes-
wehr durch das Entwicklungsvorhaben Euro
Hawk einen nicht zu unterschätzenden Er-
kenntnisgewinn durch den Einblick in die
betrieblichen Verfahren und die Nutzung
eines großen unbemannten Luftfahrzeuges
gewonnen hat. Gleichzeitig sind die Erkennt-
nisse hinsichtlich der Zulassbarkeit von un-
bemannten Luftfahrzeugen und deren Inte-
grationsmöglichkeiten in den deutschen Luft-
raum weiter aufgewachsen. Diese Erkennt-
nisse werden zukünftigen Projekten gewinn-
bringend zugutekommen.

Lassen Sie mich an dieser Stelle auf den
Berichtsweg des BMVg eingehen.

Ich berichte entsprechend des Dienst-
weges an Staatssekretär Beemelmans. An
den Bundesminister der Verteidigung richte
ich Vorlagen regelmäßig nur dann, wenn dies
angewiesen ist.

Zu meinen Kontakten zum Thema Zulas-
sung Euro Hawk mit Bundesminister Dr. de
Maizière teile ich mit:

Zu diesem Thema habe ich nur an einer
Besprechung mit dem Bundesminister teilge-
nommen. Am 1. März 2012 fand unter Vor-
sitz des Ministers mit der Leitung des BMVg
und den Abteilungsleitern eine Rüstungs-
klausur statt. Hierzu war im Ergebnis der
damalige Führungsstab der Streitkräfte an-
gewiesen, ein kurzes Einführungsstatement
für den Bundesminister, einen kurzen
Sachstand zum Projekt Überprüfung der
Ausrüstungs- und Beschaffungsvorhaben
und zu den Themenblöcken UAV - also un-
bemannte Luftfahrzeuge -, schwimmende
Systeme und Drehflügler sowie kurzen
Sachstand zu den jeweiligen kritischen
Punkten vorzulegen. Dies erfolgte mit der-
jenigen Vorlage des Führungsstabes der
Streitkräfte, die am vergangenen Wochen-
ende, 20./21. Juli 2013, Gegenstand der
Medienberichterstattung war.

In der Klausur war ich als seinerzeitiger
Abteilungsleiter Rüstung beauftragt, einen
kurzen Sachstand zu den Gesprächen mit
der Industrie vorzutragen. Gemeint waren die
Verhandlungen zur Reduzierung der Stück-
zahlen des Beschaffungsprogramms Schüt-
zenpanzer Puma und der Programme NH90
und Tiger. Diesen Überblick habe ich gege-
ben.

Unter anderem zu Euro Hawk hat General
Müllner einen Vortrag gehalten, in dem er
auch das Zulassungsthema erwähnte. Dazu
habe ich nach meiner Erinnerung sinngemäß
bemerkt, dass Luftwaffe und Rüstung hierzu
im Gespräch seien und das Thema gemein-
sam klären würden.

Wie gesagt, ich habe an keiner weiteren
Besprechung mit Bundesminister Dr. de Mai-
zière teilgenommen, in der das Thema Euro
Hawk behandelt wurde.

In diesem Zusammenhang will ich auch
auf einen Vermerk von mir eingehen, der
Gegenstand von Medienberichten am Wo-
chenende des 13. und 14. Juli 2013 war. Ich
hatte auf einer abteilungsinternen Vorlage an
mich am 16. Januar 2013 unter anderem wie
folgt vermerkt:

Der Minister erwartet bekannter-
maßen zum 31. März 2013 - Ein-
gang bei ihm - eine Entscheidungs-
vorlage mit klarer Aussage zur Zu-
lassungsfähigkeit.

Aus diesem Vermerk ist die Schlussfolge-
rung gezogen worden, Bundesminister Dr. de
Maizière habe zur Zulassung des Euro Hawk
eine Vorlage angewiesen. Diese Schlussfol-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 605 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 43
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

gerung ist unzutreffend. Staatssekretär Bee-
melmans hatte auf einer Vorlage meiner
Abteilung vom 1. Oktober 2012 eine Klärung
zur Zulassungsfähigkeit bis Ende 2012 sowie
einen anschließenden Bericht und Vorschlag
zum weiteren Verfahren angewiesen. Es ging
mir mit meinem Vermerk vom 16. Januar
2013 darum, dem von Staatssekretär Bee-
melmans eingeforderten Klärungsbedarf
Nachdruck zu verleihen. Ich ging davon aus,
dass Staatssekretär Beemelmans entspre-
chend dem Dienstweg entscheiden werde,
ob der Bundesminister mit der Vorlage zu
befassen sei. Dementsprechend wurde dem
Staatssekretär am 17. Januar 2013 zu die-
sem Thema eine abgestimmte Vorlage zur
Entscheidung für den 31. März 2013 ange-
kündigt.

Zur Schwierigkeit der Weitergabe von
Dokumenten mit Beschränkungen nach den
US-amerikanischen International Traffic in
Arms Regulations, ITAR, an den Bundes-
rechnungshof, BRH, möchte ich darstellen:
Mit den ITAR-Bestimmungen wollen die USA
ihre Interessen zum Schutz technischen
Know-hows vor einer unregulierten Verwen-
dung sicherstellen. Bei Industrieverträgen
sind die US-Firmen nach ITAR aufgefordert,
in sogenannten Technical Assistance
Agreements, TAA, die Modalitäten der Über-
gabe und Nutzung von Unterlagen zu regeln.
Diese TAA legen die US-Firmen der US-
Kontrollbehörde, dem US Department of
State, vor. Die USA sind in der Anwendung
solcher Richtlinien bekanntermaßen streng.
Vorliegend ist mit den TAA nicht vereinbart
worden, dass dem Bundesrechnungshof
keine eingestuften Unterlagen ausgehändigt
werden, sondern dass Berechtigte für die
Nutzung von nach ITAR eingestuften Unter-
lagen nur die Vertragsparteien der TAA sind.
Dazu zählt der BRH nicht. Im Übrigen ist
dem BRH ein Beitritt zu TAA angeboten
worden, was er aus für mich nachvollzieh-
baren Gründen abgelehnt hat.

Um insbesondere dem verfassungsrecht-
lichen Auftrag des BRH Geltung zu ver-
schaffen - und im Interesse der Beteiligten -,
ist es gelungen, die Unterlagen dem BRH
und dem Deutschen Bundestag mit der Ein-
stufung „Geheim“ zugänglich zu machen. Die
USA haben auf Bitten der deutschen Seite
dazu ihre Zustimmung gegeben. Es ist unser
Ziel, mit der US-Seite für die Zukunft eine
Regelung zu vereinbaren, die das Prüfungs-
recht des BRH und die Verfassungsrechte

des Deutschen Bundestages von Beginn an
sicherstellt.

Im Folgenden werde ich zum Projektver-
lauf, zu den Zielen des Entwicklungsvorha-
bens, zur Zulassungsproblematik und zu
Prozess- und Organisationsaspekten aussa-
gen. Wie ich erwähnte, bin ich zum 1. Juni
2009 in die Hauptabteilung Rüstung als Ab-
teilungsleiter Rüstung gewechselt. Vieles,
was ich bis zu diesem Zeitpunkt über das
Projekt aus Rüstungssicht in der Historie
darstelle, habe ich mir im Rahmen der Er-
stellung des Berichts der Ad-hoc-Arbeits-
gruppe erarbeitet. Das Projekt Euro Hawk
wird im Bundesamt für Ausrüstung, Informa-
tionstechnik und Nutzung der Bundeswehr,
dem BAAINBw, geleitet. Für Fragen der
Musterprüfung und Zulassung ist die dem
BAAINBw nachgeordnete Wehrtechnische
Dienststelle 61, Leiter Musterprüfwesen,
WTD 61/ML, zuständig. Die Fachaufsicht übt
im BMVg das Referat AIN V 5 aus. Das Re-
ferat gehört zu meiner Abteilung.

Auf Industrieseite ist Vertragshalter die
Firma EuroHawk GmbH. Dies ist ein Joint
Venture zu je 50 Prozent der Firmen EADS
Deutschland GmbH, München, und der
Northrop Grumman GmbH, Freiburg. Die
Arbeitsanteile im Projekt liegen im Ergebnis,
bezogen auf die Trägerplattform, im Bereich
der Firma Northrop Grumman, während die
Firma EADS Deutschland für das Missions-
system ISIS und dessen Integration in die
Plattform verantwortlich ist.

Meine folgenden Aussagen stehen im Zu-
sammenhang mit Untersuchungsauftrag
Nr. 1. Ein wesentliches Thema im Rahmen
des Entwicklungsprojektes war die Errei-
chung einer Musterzulassung des Systems,
im Übrigen zum ersten Mal für ein unbe-
manntes Luftfahrzeug dieser Größenordnung
in Deutschland. Die Musterzulassung ist ein
hoheitlicher Akt, mit dem einem Luftfahr-
zeugmuster die Verkehrssicherheit beschei-
nigt wird. Diese Musterzulassung wird in
Deutschland durch die WTD 61/ML auf Basis
einer zuvor durchgeführten Musterprüfung
erteilt. Im Rahmen einer Musterprüfung hat
die nachweisführende Industrie alle für prüf-
pflichtige Luftfahrzeuge erforderlichen Nach-
weise zu erbringen. Darüber hinaus hat sie
den uneingeschränkten Zugang zu den
Musterunterlagen, zum Beispiel Konstruk-
tionsunterlagen, Zeichnungen, Bearbei-
tungs-, Fertigungs- und Prüfverfahren, zu
ermöglichen. Dieses in der Zentralen Dienst-
vorschrift, ZDv, 19/1 festgelegte Verfahren

Drucksache 17/14650 – 606 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 44
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

wird in Deutschland schon seit Jahrzehnten
für militärische Luftfahrzeuge angewandt.
Aus den Akten ist ersichtlich, dass schon vor
Vertragsschluss Besprechungen zur Zulas-
sung der Euro Hawk mit der Firma Northrop
Grumman stattfanden. Ein Plan der
WTD 61/ML zur Erreichung dieser Muster-
zulassung lag der Firma im Sommer 2004
vor. Dieser enthielt die deutschen Zulas-
sungsforderungen sowie die Angabe der
anzuwendenden Vorschriften.

Nach den Planungen vor Vertragsschluss
sollte die beabsichtigte Musterzulassung der
Euro-Hawk-Serie durch eine vereinfachte
Musterprüfung erlangt werden. Eine verein-
fachte Musterprüfung kann vorgenommen
werden, wenn für das betreffende Muster die
Verkehrssicherheit bereits amtlich beschei-
nigt ist, so unter anderem bei im Ausland
militärisch musterzugelassenen Luftfahrzeu-
gen. Es handelt sich dabei quasi um ein
Deckblattverfahren. Voraussetzung ist, dass
die der fremden Prüfung zugrundegelegten
Bau- und Prüfvorschriften von der
WTD 61/ML anerkannt werden. Als Basis für
eine solche vereinfachte Musterzulassung
des Euro Hawk sollte die von der US Air
Force zu diesem Zeitpunkt noch erwartete
Zulassung der US-Global-Hawk-Plattform
nach amerikanischem Recht dienen.

Das haushaltsbekundende Phasendoku-
ment für das Entwicklungsprojekt Euro Hawk
war die sogenannte „Abschließende funktio-
nale Forderung“ vom 27. August 2004. Hin-
sichtlich der Zulassung wird dort ausgeführt:

Das finanzielle Risiko wird für die
Variante mit den forderungs-
gerechten moderaten Veränderun-
gen am Basisluftfahrzeug gemäß
Industrievorschlag als beherrschbar
bewertet und kann im Rahmen
einer Projektierungsphase sukzes-
sive abgebaut werden; auf die be-
stehenden US-amerikanischen Zu-
lassungen kann bei der Erarbeitung
der erforderlichen nationalen Zulas-
sung zeit- und kostensparend auf-
gebaut werden.

Zur Musterzulassung des Euro Hawk
stellte die Industrie in mehreren Besprechun-
gen auf Arbeitsebene bis in das Jahr 2006
dar, dass wegen der Vergleichbarkeit des
militärischen US-Design-Standards mit dem
entsprechenden zivilen europäischen Stan-
dard die für den US Global Hawk erstellten
Einzelnachweise auch für den Euro Hawk
herangezogen werden könnten.

Nachdem im Sommer 2006 jedoch er-
kennbar wurde, dass die US Air Force eine
Musterzulassung ihres Global Hawk nach
amerikanischem Recht nicht mehr anstrebte,
wurde der Ansatz einer vereinfachten Mus-
terprüfung aufgegeben und der Weg einer
umfassenden Musterprüfung am Full Scale
Demonstrator gewählt. Die Industrie hatte
daraufhin einen Schwenk vollzogen und nun
dargelegt, dass man die Informationen und
Unterlagen aus dem nunmehr vorgesehenen
US-Verkehrszulassungsprozess für Global
Hawk für eine deutsche Musterzulassung
heranziehen könnte. Da die Zulassungsfor-
derungen für Global Hawk mit denen für Euro
Hawk vergleichbar seien, würden in weiten
Teilen keine zusätzlichen Nachweise und
Tests erforderlich. Der Projektleiter ist die-
sem Ansatz gefolgt. In der ersten Zwischen-
entscheidung vom 12. Dezember 2006 zur
„Abschließenden funktionalen Forderung“ ist
das Zulassungsrisiko höher eingestuft als in
der „Abschließenden funktionalen Forderung“
vom 27. August 2004. In der ersten Zwi-
schenentscheidung wird unter anderem aus-
geführt:

Die Vorschriften für den Musterzu-
lassungsprozess des EURO HAWK
müssen daher sukzessive aus den
Vorschriften der bemannten Luft-
fahrt abgeleitet werden, um gleich-
wertige Sicherheitsstandards zu
gewährleisten. Sich hieraus even-
tuell ergebende, ergänzend durch-
zuführende Maßnahmen im Rah-
men des Musterzulassungsprozes-
ses für den EURO HAWK umfassen
daher aufgrund ihrer gegenwärtig
noch unzureichenden Überschau-
barkeit auch Risiken in finanzieller
und zeitlicher Hinsicht.

Die folgenden Aussagen stehen im Zu-
sammenhang mit dem Untersuchungsauftrag
Nr. 2. Die Unterzeichnung des Euro-Hawk-
Entwicklungsvertrages erfolgte nach parla-
mentarischer Zustimmung am 31. Januar
2007 durch den Vizepräsidenten des seiner-
zeitigen Bundesamtes für Wehrtechnik und
Beschaffung, dem BWB, und den Ge-
schäftsführer der Firma EuroHawk GmbH,
Immenstaad. Der Vertrag wurde nach deut-
schem Recht beschlossen.

Ziele des gewählten Weges waren: der
Kauf einer unbemannten US-Global-Hawk-
Plattform auf Basis Block 20 sowie der einer
Bodenstation und die Überführung des Luft-
fahrzeugs nach Deutschland zur weiteren

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 607 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 45
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Verwendung als Prototyp Euro Hawk, die
Entwicklung eines Systems zur signalerfas-
senden, luftgestützten, weiträumigen Aufklä-
rung in nationaler Verantwortung, die Inte-
gration des SIGINT-Missionssystems in den
Euro Hawk mit dem Ziel der Herstellung
eines Full Scale Demonstrators und die Qua-
lifizierung aller Systemkomponenten, Träger
und Missionssystem ISIS, zur Vorbereitung
der Serienherstellung Euro Hawk. Mit dem
Entwicklungsvertrag Euro Hawk ist ein soge-
nannter Full Scale Demonstrator als Ent-
wicklungsziel beauftragt worden. Dieser hat
die Qualität eines Prototypen. Diese Ent-
wicklungsleistungen waren Vorbereitungen
für eine anschließende Serienbeschaffung
von vier weiteren Euro Hawk einschließlich
einer weiteren Bodenstation sowie der Hoch-
rüstung des Full Scale Demonstrators auf
Serienstandard.

Mit Entwicklungsverträgen verpflichten
sich die Auftragnehmer der Bundeswehr
üblicherweise zu einer Dienstleistung und
damit nicht dazu, ein konkret beschriebenes
Werk auch tatsächlich zu erbringen, Werk-
vertrag. Vielmehr ist es einem Entwicklungs-
vertrag immanent, dass beide Parteien zum
Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht mit
hinreichender Sicherheit von dem Erreichen
des spezifizierten Entwicklungsziels aus-
gehen können. In mit dem Bundesverband
der Deutschen Industrie abgestimmten
Musterverträgen der Bundeswehr wird die-
sem Umstand dadurch Rechnung getragen,
dass Entwicklungsverträge eine Klausel ent-
halten, nach der der Auftragnehmer seinen
Verpflichtungen zur Durchführung der Ent-
wicklungsarbeiten nachkommt, wenn er sich
nach besten Kräften bemüht, unter Ausnut-
zung des neuesten Standes von Wissen-
schaft und Technik und unter Verwertung der
eigenen Kenntnisse und Erfahrungen das
bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Dies ist
die sogenannte Bemühensklausel. Welche
Vertragsbestandteile nun konkret dem Be-
mühen zuzuordnen sind und für welche Ver-
tragsbestandteile ein konkret beschriebener
Erfolg geschuldet wird und auch gegebe-
nenfalls Ansprüche für den Bund ableitbar
sind, ist aktuell Gegenstand einer anwalt-
lichen Prüfung.

Die folgenden Aussagen stehen im Zu-
sammenhang mit den Untersuchungsaufträ-
gen Nr. 5 und 6. Nach Vertragsschluss am
31. Januar 2007 hat die Firma EuroHawk
GmbH, beginnend ab dem Jahr 2008, erste
Qualifikationsdokumente für die Musterzu-

lassung vorgelegt. Aufgrund des nicht aus-
reichenden Umfangs und der Qualität der
vorgelegten Dokumente wuchs der Koordi-
nierungsaufwand zwischen WTD 61/ML und
der Firma Northrop Grumman. Die
WTD 61/ML hat deshalb Maßnahmen ein-
geleitet, um die Zusammenarbeit mit der
Firma zu verbessern. Die darauffolgende
Entsendung des Gesamtsystemmusterprü-
fers für mehr als zwei Jahre zur Firma hat die
Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Zulas-
sung intensiviert. Das Grundproblem der
zögerlichen Bereitstellung von Dokumenten
und deren nicht ausreichende Qualität
konnte damit jedoch nicht behoben werden.

Die USA haben bereits zu einem sehr
frühen Stadium ihres Global-Hawk-Pro-
gramms ihr Luftfahrzeug in den Einsatz ge-
bracht. Erfahrungen aus diesen Einsätzen
flossen umgehend in die Weiterentwicklung
des Systems Global Hawk ein. Im Ergebnis
gab es deshalb de facto keinen festgelegten
und dokumentierten Bauzustand des US-
Systems Global Hawk, der für eine darauf
aufsetzende deutsche Musterzulassung
unbedingt erforderlich ist.

Letztlich hat die Firma Northrop Grumman
am 3. Februar 2010 dargestellt und begrün-
det, dass die vorhandenen Nachweise nicht
ausreichen, um die Musterzulassung am Full
Scale Demonstrator für die Serie Euro Hawk
zu erreichen. Zur Vermeidung von unnötigem
Mehraufwand und Verzögerungen im Projekt
hat der Projektleiter zusammen mit dem
fachaufsichtführenden Referenten daraufhin
entschieden, sich anstelle der Musterprüfung
auf eine weniger aufwendige Prototypenprü-
fung für den Full Scale Demonstrator zu be-
schränken. Eine Prototypenprüfung liegt vor,
wenn einzelne Flugzeuge bereits gefertigt
wurden, bevor eine Musterprüfung abge-
schlossen ist. Sie erfolgt auf der Basis vor-
läufiger Bau- und Prüfunterlagen. Mit ihr wird
die Verkehrssicherheit des Prototypen fest-
gestellt. Nach erfolgter Prototypenprüfung
erteilt die WTD 61/ML eine Vorläufige Ver-
kehrszulassung.

Die wesentlichen Aktivitäten im Projekt in
den Jahren 2010 und 2011 waren die
Durchführung der Flugerprobung der Euro-
Hawk-Plattform in den USA, die Überführung
nach Deutschland im Sommer 2011 und die
daran anschließende Integration des Mis-
sionssystems ISIS in die Trägerplattform.

In einer Besprechung am 24. November
2011 hatte mir der Projektleiter Euro Hawk
auf meine Frage zum Sachstand im Projekt

Drucksache 17/14650 – 608 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 46
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

vorgetragen, dass aus seiner aktuellen Sicht
die Musterzulassung für die Euro-Hawk-Serie
nur mit zeitlichem und finanziellem Mehrauf-
wand zu erreichen sei. Noch in dieser Be-
sprechung habe ich das fachaufsichtfüh-
rende Referat angewiesen, dazu eine Infor-
mationsvorlage an mich zu erstellen.

Es gab im Herbst 2011 Überlegungen, in
Verhandlungen über die Beschaffung von
konfigurationsunabhängigen sogenannten
Langläuferbauteilen für die Serie Euro Hawk
einzutreten. Wegen der Unklarheiten über
den Mehraufwand der Musterzulassung für
die Euro-Hawk-Serie habe ich am 26. No-
vember 2011 eine Vorlage an die Staats-
sekretäre im BMVg angehalten, in der auf die
Dringlichkeit des Beginns dieser Verhand-
lungen hingewiesen wurde. Verhandlungen
dazu sind in der Folge auch nicht aufge-
nommen worden.

Basierend auf einem Bericht des BWB,
ging mir die angewiesene Informationsvor-
lage zu den möglichen Mehrkosten der
Musterzulassung am 5. Dezember 2011 mit
der Kernaussage zu, dass die Gesamtheit
aller zusätzlichen erforderlichen Maßnahmen
zur Erreichung einer Musterzulassung sich
zu einem hohen zweistelligen Millionen-Euro-
Betrag summieren könnte. Sollte eine um-
fassende Musterzulassung nicht erreichbar
sein, käme die Möglichkeit des Betriebs der
Serienflugzeuge auf Basis einer Ausnahme-
genehmigung mit einer Vorläufigen Ver-
kehrszulassung der WTD 61/ML bzw. einer
Verkehrszulassung des Waffensystemkom-
mandos der Luftwaffe in Betracht.

Durch die nachfolgenden, ergänzend an-
geforderten Berichte des BWB und die ab-
weichenden Kostenschätzungen der Firma
Northrop Grumman, des Projektleiters und
des Leiters der Musterzulassung ergab sich
erst Ende Januar 2012 ein hinreichend sub-
stantiierter Sachverhalt. Unter Einbeziehung
eines Beitrages des Leiters der Musterzulas-
sung berichtet der Projektleiter schließlich
am 30. Januar 2012 zu den erkannten Risi-
ken für die Musterzulassung und einem dafür
abgeschätzten Mehrbedarf in Höhe von bis
zu 500 Millionen Euro. Dies wurde am
8. Februar 2012 in eine Informationsvorlage
an Staatssekretär Beemelmans umgesetzt.
Des Weiteren wurde in der Vorlage darge-
legt, nunmehr einen alternativen Zulas-
sungsweg zu verfolgen. Auch der mögliche
weitere Mehrbedarf für den Entwicklungsver-
trag Euro Hawk und eine aktuelle Kosten-
schätzung für die Euro-Hawk-Serie waren

Teile dieser Vorlage, um das Gesamtbild
Euro Hawk aufzuzeigen. Die Vorlage haben
die Staatssekretäre Beemelmans und Wolf
am 13. bzw. 15. Februar 2012 zur Kenntnis
genommen.

Am 8. März 2012 wurden in einer Arbeits-
gruppe unter Leitung des Projektleiters im
BWB alternative Zulassungsmöglichkeiten
untersucht. Am 22. Mai 2012 übernahm der
Inspekteur der Luftwaffe die Leitung dieser
Arbeitsgruppe. Da bis Herbst 2012 noch
keine substantiierte Aussage der Arbeits-
gruppe zu einem alternativen Zulassungsweg
vorlagen, habe ich am 1. Oktober 2012
Staatssekretär Beemelmans mit einer Vor-
lage des fachaufsichtführenden Referats
dahin gehend unterrichtet, dass eine sub-
stantiierte Aussage über die Möglichkeiten
eines alternativen Zulassungsweges für die
Serienflugzeuge frühestens Ende 2012 vor-
liegen wird. Staatssekretär Beemelmans hat
diese Vorlage am 5. Oktober 2012 zur
Kenntnis genommen und eine Klärung zur
Zulassungsfähigkeit bis Ende 2012 sowie
einen anschließenden Bericht und Vorschlag
zum weiteren Verfahren angewiesen.

Ich bin immer noch bei den Untersu-
chungsaufträgen 5 und 6. Am 22. November
2012 hat BMVg FüSK III 1 als Ergebnis die-
ser Arbeitsgruppe festgestellt, dass für den
dauerhaften Betrieb des Euro Hawk zu
einem Musterzulassungsprozess gemäß ZDv
19/1 keine Alternative gesehen werde. Vor
diesem Hintergrund und auf Basis weiterer
Berichte des BAAINBw wurde in Abstimmung
mit den Abteilungen Planung, Führungs-
streitkräfte, Strategie und Einsatz sowie unter
Beteiligung des Inspekteurs Luftwaffe am
20. Dezember 2012 eine Informationsvorlage
an Staatssekretär Beemelmans erstellt. Darin
war die Information enthalten, dass eine
Serienbeschaffung nicht weiterverfolgt wer-
den sollte; der Betrieb des Systems ISIS sei
auch auf Basis einer alternativen Träger-
plattform unter Einhaltung des geplanten
Kostenrahmens für die Beschaffung mit be-
herrschbaren Risiken realisierbar.

In einer weiteren Vorlage vom 17. Januar
2013 zu diesem Thema wurde eine abge-
stimmte Vorlage zur Entscheidung zum
31. März 2013 angekündigt. Die Vorlage vom
17. Januar 2013 haben Staatssekretär Bee-
melmans am 22. Januar 2013 und Staats-
sekretär Wolf am 24. Januar 2013 zur
Kenntnis genommen. Mit einem Staats-
sekretärsvermerk auf dieser Vorlage wird zu
dem Entscheidungsvorschlag zum weiteren

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 609 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 47
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Vorgehen ein Votum zur Information der
Öffentlichkeit und zur Beteiligung des Parla-
ments angewiesen.

Nach einer Besprechung bei mir mit den
Abteilungsleitern Planung, Strategie und
Einsatz, Führung Streitkräfte und dem stell-
vertretenden Inspekteur der Luftwaffe am 1.
März 2013 wurde die gemeinsam getragene
weitere Vorgehensweise zu Euro Hawk ab-
gestimmt. Sie war die Basis für die Vorlage
an Staatssekretär Beemelmans über Staats-
sekretär Wolf vom 27. März 2013. Diese
bildete zusammen mit der Vorlage vom 29.
April 2013 die Grundlage der Entscheidung
vom 10. Mai 2013, nämlich:

Eine Serienbeschaffung auf Basis
des EURO HAWK wird nicht weiter
verfolgt. … Die Weiternutzung des
für EURO HAWK national entwi-
ckelten … Systems ISIS für das
künftige System zur Signalerfas-
senden Luftgestützten Weiträumi-
gen Überwachung und Aufklärung
… wird angestrebt. … Dem Gene-
ralinspekteur der Bundeswehr wer-
den bis Ende [2013] Lösungsvor-
schläge zur Weiternutzung von ISIS
auf einer alternativen Trägerplatt-
form für eine Auswahlentscheidung
… vorgelegt. Dabei wird eine Reali-
sierung innerhalb des bisher für die
EURO HAWK Serie geplanten
Kostenrahmens mit beherrsch-
barem Risiko und zeitnahem Zulauf
angestrebt.

An dieser Stelle möchte ich auf die Me-
dienberichterstattung vom 21. Juli 2013 ein-
gehen, es gebe einen vertraulichen Bericht,
wonach das Bundesministerium der Verteidi-
gung beabsichtige, den Euro Hawk nach
Beendigung der Erprobung an die NASA
oder die US-Luftwaffe zu verkaufen. Meine
Mitarbeiter haben dazu Folgendes heraus-
gefunden: Diese Passage findet sich in
einem sogenannten ungebilligten Rohentwurf
einer Unterarbeitsgruppe der Ad-hoc-Ar-
beitsgruppe zum Euro Hawk.

Ich darf in Erinnerung rufen, dass ich am
17. Mai 2013 beauftragt worden bin, eine Ad-
hoc-Arbeitsgruppe Euro Hawk zu leiten und
zur Vorbereitung der 142. Sitzung des Ver-
teidigungsausschusses des Deutschen Bun-
destages am 5. Juni 2013 einen chronolo-
gischen Bericht über den Verlauf des Ent-
wicklungsvorhabens Euro Hawk zu erstellen.
Die Ad-hoc-Arbeitsgruppe ist dann anschlie-
ßend, nach Pfingsten, ab 21. Mai 2013, ein-
gerichtet worden. Um die drei Themenfelder

„Verantwortung“, „Zulassung und Flug-
betrieb“ sowie „Auswirkungen und Konse-
quenzen“ in dem knappen zur Verfügung
stehenden Zeitrahmen bewältigen zu kön-
nen, habe ich drei Unterarbeitsgruppen ge-
bildet.

Die in der Presse offenbar zitierte Version
ist ein ungebilligter Rohentwurf der Unter-
arbeitsgruppe „Auswirkungen und Konse-
quenzen“ vom 24. Mai 2013, also drei Tage
nachdem die Ad-hoc-Arbeitsgruppe begann,
sich einzurichten. Der Zulauf des Personals
hat bis zum Donnerstag, also bis zum 23.,
gedauert. Das waren absolute Rohentwürfe,
die Ideen waren. Die hier in Rede stehende
Passage ist verworfen worden, da sie nicht
substantiiert war. Sie ist deshalb nicht in den
Bericht der Ad-hoc-Arbeitsgruppe vom
5. Juni 2013 eingeflossen. Darüber hinaus
kenne ich keinen gebilligten Bericht dieses
Inhalts.

Ist die Schätzung in Höhe von 500 bis
600 Millionen Euro für die Musterprüfung der
Serie Euro Hawk valide, Untersuchungsauf-
trag Nr. 11? Ein wesentlicher Ausgangspunkt
für die Entscheidung, nicht in die Beschaf-
fung der Serie einzutreten, war die Mitteilung
BMVg FüSK III 1 vom 22. November 2012,
dass auf Basis des abschließenden Ergeb-
nisses der AG Euro Hawk unter Leitung der
Luftwaffe keine Alternative zu einem Muster-
zulassungsprozess gemäß ZDv 19/1 gese-
hen wird. Alternative Zulassungswege im
Rahmen der bestehenden Rechtslage waren
mit Aussicht auf Realisierung trotz fast ein
Jahr dauernder Prüfung der beteiligten Stel-
len, der WTD 61/ML, des BAAINBw sowie
der Luftwaffe bzw. BMVg FüSK III 1, im Er-
gebnis nicht aufgezeigt worden. Ein sinn-
voller operationeller Betrieb der Serie ist
nach der geltenden Vorschriftenlage der
Bundeswehr grundsätzlich nur auf Basis
einer erfolgreichen Musterzulassung zuläs-
sig. Für die daher notwendige Musterprüfung
der Serie wäre ein Finanzbedarf von 500 bis
600 Millionen Euro notwendig. Dieser Betrag
beruhte zunächst auf Schätzungen des Lei-
ters der WTD 61/ML und des Projektleiters
im BWB bzw. BAAINBw.

Am 22. Mai 2013 beauftragte das zustän-
dige Referat meiner Abteilung die Firma
IABG zur Frage der in Rede stehenden
Mehrkosten für eine Musterzulassung mit
einer Kurzstudie. Die Firma IABG kommt zu
dem Schluss, dass die durch die WTD 61/ML
qualifizierten Aufwände in Herleitung und
Größenordnung plausibel sind. Zusätzlich

Drucksache 17/14650 – 610 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 48
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

wurden in der IABG-Studie weitere signifi-
kante Risiken identifiziert. Die IABG sieht
insbesondere ein hohes zusätzliches Risiko-
potenzial im Bereich der Qualifizierung der
Softwareentwicklung des Euro Hawk. Vor
diesem Hintergrund ist der am 29. Mai 2013
unterbreitete Vorschlag der EuroHawk
GmbH, eine Musterzulassung für 160 bis 193
Millionen Euro erreichen zu wollen, wenig
stichhaltig und letztlich nicht als seriös einzu-
stufen. Allein für den Punkt Softwarequalifi-
kation wird sowohl nach Schätzungen der
Experten des BAAINBw und der WTD 61/ML
wie auch der Schätzungen der IABG ein
höherer Betrag als der seitens der EuroHawk
GmbH genannte Maximalpreis von 193 Mil-
lionen Euro benötigt.

Prozess- und Organisationsaspekte,
Untersuchungsthema Nr. 13. Fachaufsicht:
Der Bundesrechnungshof bemängelt insbe-
sondere, dass eine unabhängige fachliche
Bewertung der Realisierungsaussichten
durch Stellen, die nicht operativ in das Pro-
jekt eingebunden seien, nicht erkennbar sei.
Der Hof stellt die Frage, ob die Fachaufsicht
im Bundesministerium so organisiert sei,
dass das Bundesministerium auf Projektrisi-
ken frühzeitig reagieren könne. Dazu ant-
worte ich wie folgt: Gemäß Abschnitt 2.2 der
Geschäftsordnung des BMVg, GO-BMVg,
üben die zuständigen Referate ihre Fachauf-
sicht eigenverantwortlich aus. Die für den
jeweiligen Bereich fachlich federführende
Organisationseinheit entscheidet im Rahmen
pflichtgemäßer Ermessensausübung, welche
Instrumente es für eine effektive und effi-
ziente Ausübung der Fachaufsicht in Form
abstrakt-genereller Vorgaben sowie gegebe-
nenfalls im konkreten Einzelfall einsetzt. Fol-
gende Instrumente kommen hierfür unter
anderem in Betracht: Strategie- und Pro-
grammplanung, strategische Ziele und Maß-
nahmen einer Behörde für einen mittel- bis
langfristigen Planungszeitraum, Zielvereinba-
rungen, insbesondere für die Realisierung
konkreter Projekte, Festlegung von Zielen
und Messgrößen, die in regelmäßigen Ab-
ständen hinsichtlich der Zielerreichung über-
prüft werden, Weisungen und Erlasse, Be-
richtswesen sowie Informationsaustausch,
Durchführung von Dienstbesprechungen.

An das fachaufsichtführende Referat im
Ministerium wurde vom BWB bzw. seit Okto-
ber 2012 vom BAAINBw regelmäßig berich-
tet. Bei Bedarf hat die Fachaufsicht per Er-
lass Berichte angefordert. Der zuständige
Referent im Ministerium hat regelmäßig an

den wesentlichen Projektbesprechungen
teilgenommen und darüber hinaus konti-
nuierlich mit dem Projektleiter im BWB bzw.
BAAINBw kommuniziert. Zudem standen ihm
die vom BWB bzw. BAAINBw quartalsweise
vorgelegten VOCON-Berichte - VOCON
steht für Vorhabenüberwachung und Control-
ling - zur Verfügung.

Des Weiteren ist die Abteilung AIN ihrer
Fachaufsicht mit der Durchführung der jähr-
lichen Jahresprogrammverhandlungen „Ent-
wicklungen“ nachgekommen. In diesen Pro-
grammverhandlungen vertritt bzw. verteidigt
der Projektleiter sein Programm gegenüber
der Fachaufsicht, den Bewirtschaftern, Ver-
tretern der Haushaltsabteilung und Vertretern
der Planung. Im Zuge der Neuorganisation
des Ministeriums im Jahr 2012 ist die Rah-
men-GO des BMVg am 10. Dezember 2012
unter anderem wie folgt erlassen worden:

Fachaufsicht bedeutet dabei keine
Vollkontrolle oder die Übernahme
der operativen Verantwortung.
Diese liegt bei der operativ han-
delnden Dienststelle. Je ausge-
prägter eine Aufgabe einer dem
BMVg nachgeordneten Dienststelle
zugewiesen ist, desto mehr liegt
dort die operative Verantwortung.
(?)

Dies steht im Einklang mit den vom BMI
verfassten Grundsätzen zur Ausübung der
Fachaufsicht der Bundesministerien über den
Geschäftsbereich vom 2. Mai 2008. Dort
führt der BMI aus:

Ministerien schließen mit Behörden
des Geschäftsbereichs Zielverein-
barungen und betonen so die kom-
munikative Zusammenarbeit beider
Ebenen. Die jeweils zuständige Or-
ganisationseinheit (z. B. Referat)
bringt konkrete Ziele und Mess-
größen in den Zielvereinbarungs-
prozess ein. In regelmäßigen Ab-
ständen überprüfen Ministerien den
Stand der Zielerreichung.

Mit dem neuen Rüstungsprozess, dem
CPM (nov.) vom 1. Januar 2013, werden
Zielvereinbarungen zwischen BMVg, AIN und
BAAINBw eingeführt. Es wird also ein zu-
sätzliches Instrument der Fachaufsicht ge-
nutzt. Darauf gehe im Folgenden noch ein.

Customer Product Management, CPM,
Untersuchungsauftrag Nr. 13. Der CPM 2001
und dessen Überarbeitung aus dem Jahr
2004 haben mit der Forderung nach De-
monstratoren ein gutes Instrument geschaf-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 611 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 49
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

fen, Risiken einer Entwicklung zu begrenzen.
Fraglich ist jedoch, ob Projektmanagement
und insbesondere Risikomanagement hinrei-
chend handhabbar und wirksam ausgestaltet
waren. Der CPM 2001 hatte folgende Rege-
lung: „Durchführen einer laufenden Risiko-
analyse unter Berücksichtigung wahrschein-
licher Störgrößen“.

Die Überarbeitung des CPM von 2004
etablierte ein projektbezogenes Risikomana-
gement durch folgende Ergänzung der vor-
genannten Bestimmung: „Durchführen einer
laufenden Risikoanalyse unter Berücksichti-
gung wahrscheinlicher Störgrößen“ und nun
die Ergänzung: „unterstützt durch ein pro-
jektbezogenes Risikomanagement“.

Im CPM (nov.), der am 18. November
2012 mit Wirkung zum 1. Januar 2013 in
Kraft gesetzt wurde, müssen die Risiken und
deren Auswirkungen auf die Realisierung
und Nutzung der Analysephase Teil 2 mit
den Lösungsvorschlägen aufgezeigt werden.
Dies galt vergleichbar auch für die „Abschlie-
ßende funktionale Forderung“ des CPM
2001. Dem CPM von 2001 und seiner Über-
arbeitung von 2004 lag als ein wesentlicher
Grundgedanke ein Deregulierungsbestreben
zugrunde. Vor diesem Hintergrund wurde auf
bindende Durchführungsbestimmungen ver-
zichtet. Der Projektleiter sollte für das Pro-
jektmanagement einschließlich des Risiko-
managements einen weitgehenden Hand-
lungsspielraum nutzen können. Dies hat in
Einzelfällen dazu geführt, dass Projektleiter
ein eher erfahrungsbasiertes statt struktu-
riertes Risikomanagement betrieben haben.

Dass hier Hilfestellungen für die Projekt-
leiter erforderlich sind, hat der Präsident des
seinerzeitigen Bundesamtes für Informa-
tionsmanagement und Informationstechnik
der Bundeswehr erkannt und in 2007 eine
Regelung für das Risikomanagement erlas-
sen, die unter anderem auch dessen stän-
dige Überprüfung vorsieht. Im BWB gibt es
seit 2011 ebenfalls eine Verfahrensregelung,
die dem Projektleiter als Hilfestellung für das
Risikomanagement verschiedene Werkzeuge
zum systematischen Vorgehen anbietet.
Darauf kann das in der Realisierungsphase
des CPM (nov.) einzurichtende Risikomana-
gement aufsetzen. Das neue Risikomana-
gement soll die Anforderungen der entspre-
chenden ISO 31000 erfüllen. Die Struktur
des Risikomanagements sowieso seine Um-
setzung werden zukünftig eng mit dem Con-
trolling abgestimmt und nachhaltig über-

wacht. Ich gehe auf diesen Punkt später
noch einmal ein.

Mit dem Projektstart analysiert der Pro-
jektleiter sein Projekt und dessen Rahmen-
bedingungen auf potenzielle Risiken hin-
sichtlich der Leistung, zum Beispiel techni-
sche Realisierungsrisiken oder Beistellun-
gen, des Zeitrahmens, zum Beispiel fehlende
Pufferzeiten, der Kosten, zum Beispiel Preis-
steigerungen, und sonstiger Faktoren, zum
Beispiel Rechtsprobleme, Obsoleszenzen,
Zulassungsfragen. Die erkannten Risiken
werden anhand ihrer Eintrittswahrscheinlich-
keit und ihrer Folgen und Auswirkungen auf
das Projekt bewertet.

Ein grundlegend neues Element des CPM
(nov.) ist die Einführung von sogenannten
Zielvereinbarungen. Zu den wesentlichen
Projekten schließen der Abteilungsleiter AIN
und der Präsident BAAINBw eine Zielverein-
barung. Der Präsident wiederum schließt
eine tiefer ausgefächerte Zielvereinbarung
mit dem jeweiligen Abteilungsleiter im
BAAINBw und dieser eine noch detailliertere
Zielvereinbarung mit dem Gruppenleiter bzw.
dem Projektleiter. Es wird also eine Kaskade
von Zielvereinbarungen geschlossen. Diese
Zielvereinbarungen sind jeweils anzupassen,
sobald sich eine Störgröße wesentlich ver-
ändert. Somit sind die Vorgesetzten des
Projektleiters persönlich eng in das Projekt
eingebunden und haben ihre Verantwortung
entsprechend der getroffenen Zielverein-
barung wahrzunehmen.

Controlling - Untersuchungsauftrag
Nr. 13. Auf der Grundlage von VOCON wird
im BAAINBw ein stark formalisiertes Projekt-
controlling betrieben, das heißt, es wird ins-
besondere auf Messpunkte aus dem Ar-
beits-, Zeit- und Finanzplan sowie aus dem
Phasendokument und auf vertragliche Mei-
lensteine abgestimmt. Dieses Projekt-
controlling ist auf Ebene der Abteilungsleiter
des BAAINBw als Abteilungscontrolling und
auf Ebene der Leitung des BAAINBw, also
des Präsidenten und der Vizepräsidenten,
als Zentralcontrolling angesiedelt. Zu wesent-
lichen Projekten - das sind diejenigen Vorha-
ben, die im besonderen Fokus der Leitung
des BAAINBw und der Abteilung AIN ste-
hen - werden vierteljährlich zum Quartals-
ende vom Projektleiter auf Grundlage aktua-
lisierter Daten und Informationen Controlling-
berichte angefertigt.

Ein wesentlicher Schwachpunkt des bis-
herigen Controllingprozesses im BAAINBw
liegt insbesondere in dem teilweise erheb-

Drucksache 17/14650 – 612 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 50
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

lichen Zeitbedarf vom Eintreten eines Ereig-
nisses bis zu dessen Vorstellung bei der
Leitung BAAINBw. Dieser Zeitraum kann im
ungünstigsten Fall rund vier Monate betra-
gen. Darüber hinaus werden Bestandteile der
Leistungserfüllung oftmals nicht über die
Messpunkte des Controllings erfasst, wenn
sie sich nicht ohne Weiteres aus den formali-
sierten Grundlagen herleiten lassen. Im vor-
liegenden Fall ist das Erreichen der Muster-
prüfung für die Serie anhand des Full Scale
Demonstrators kein Kriterium bzw. Meilen-
stein für das zum Projektbeginn aufgesetzte
Controlling gewesen. Die Musterprüfung
wurde lediglich als ein Punkt des Themas
„sonstige Störgrößen“ aus Sicht des Projekt-
leiters behandelt.

In der von mir in 2011 angewiesenen
Überarbeitung des Controllings im Organisa-
tionsbereich AIN sollen diese Schwachstellen
im Wesentlichen mit folgenden Maßnahmen
beseitigt werden: Das DV-System VOCON
wird schrittweise durch ein SASPF-basiertes
Controllingtool ersetzt. Die Prozesswege
werden optimiert, um die zeitlichen Abläufe
zu straffen. Dies geschieht durch monatliche
Berichterstattung. Eine gesonderte Bewer-
tung des zuständigen Abteilungsleiters im
BAAINBw entfällt. Er hat Zugriff auf die Da-
ten und kann dadurch jederzeit bewerten und
eingreifen. Zu Beginn eines Projektes wer-
den zusätzlich zu den beschriebenen forma-
lisierten Messpunkten weitere projektspezi-
fische Messpunkte zwischen Controlling und
den jeweiligen Projektleitern einvernehmlich
vereinbart. Diese sollen die wesentlichen
Bestandteile der Leistungserfüllung kontroll-
fähig erfassen. Es werden zukünftig regel-
mäßig Program Reviews in enger Verzah-
nung zwischen Controller und Projektleiter
durchgeführt. Diese dienen dazu, alle Mess-
punkte zu überprüfen und gegebenenfalls
nachzujustieren.

Das Risikomanagement wird zu Beginn
eines Projekts gemeinsam zwischen Pro-
jektleiter und dem Controlling entwickelt und
strukturiert. Dies soll regelmäßig überprüft
und angepasst werden. Soweit ein Risiko-
management bei Projekten bisher in ausrei-
chender Qualität nicht eingeführt wurde, soll
dies zeitnah nachgeholt werden. Eine konse-
quente Maßnahmennachhaltung wird eta-
bliert. Es werden sogenannte Quality Gates
vereinbart. Diese dienen der Qualitätsprü-
fung im Prozessverlauf sowie der Systemati-
sierung der Messung von Reifegraden ein-
zelner Prozessabschnitte. Gegebenenfalls

erforderlicher Handlungsbedarf wird ana-
lysiert. Entsprechende Handlungsoptionen
mit deren Effekten werden aufgezeigt und
bewertet. Durch Nutzung von Quality Gates
wird die Urteilsfähigkeit aller Entscheidungs-
träger deutlich verbessert und gegebenen-
falls notwendiger Nachsteuerungsbedarf
frühzeitig erkannt.

Eine weitere Forderung des neuen Con-
trollings ist, dass Auftraggeber und Auftrag-
nehmer ihren Controllingaufbau abgleichen
und da, wo es sinnvoll ist, abstimmen. Dafür
bieten die nach dem neuen Beschaffungs-
verfahren CPM (nov.) eingerichteten inte-
grierten Projektteams eine gute Plattform.
Eine enge Kooperation auch im Bereich
Controlling wird beispielsweise erfolgreich im
Vorhaben „Schützenpanzer Puma“ prakti-
ziert. Im neuen Beschaffungsprozess ist des
Weiteren vorgesehen, dass die Abteilung
„Haushalt und Controlling“ sowie die Abtei-
lung „Planung“ unmittelbaren Zugriff auf die
Controllingdaten haben werden. Dadurch ist
einerseits ein Informationstransfer gesichert,
aber auch eine zusätzliche Prüfung, Redun-
danz.

Sehr geehrte Frau Vorsitzende, sehr ge-
ehrte Abgeordnete, das beendet meinen
Überblick über den Projektverlauf Euro Hawk
aus meiner Sicht.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Vielen Dank, Herr Selhausen. Sie wissen ja
vielleicht, dass wir ein festes Zeitbudget ha-
ben für die Befragungen. Da stehen der
CDU/CSU 23 Minuten, der SPD 14 Minuten,
der FDP 9, der Fraktion Die Linke 7 und
Bündnis 90/Die Grünen ebenfalls 7 Minuten
zu. - Ich gebe das Wort dem Kollegen Grü-
bel.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ja, Herr
Selhausen, Sie haben ja sehr ausführliche
Erklärungen abgegeben, was es schwierig
macht, weil Sie eigentlich schon viel erklärt
haben. Lassen Sie mich mal in die Frühzeit
reingehen. Es gab 2003 Studien, nämlich
den Abschlussbericht „Aufklärungssystem
zur großflächigen, weiträumigen, operativen
Aufklärung“ und „Luftgestützte weiträumige
Überwachung und Aufklärung“ vom Novem-
ber 2003, und in beiden Studien werden die
Zulassungsprobleme angesprochen, insbe-
sondere auch gefordert, dass man gemein-
same Standards braucht. Warum hat man
das Problem nicht lösen können?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 613 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 51
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Detlef Selhausen: Ich habe dazu
aus dieser Zeit keine eigenen Erkenntnisse.
Ich kann Ihnen, Herr Abgeordneter, dazu nur
antworten, dass es bis heute luftfahrtrecht-
liche Regelungen zur Teilnahme von unbe-
mannten Luftfahrzeugen am allgemeinen
Verkehr nicht gibt, dass die Europäische
Union daran arbeitet und dass dieses Thema
unverändert nicht gelöst ist.

Markus Grübel (CDU/CSU): Der Bundes-
rechnungshof oder die Vertreterin, die vorher
da war, hat es als blauäugig bezeichnet,
dass man die Zulassungsproblematik und
Kenntnis, was kann man zum Beispiel aus
Zulassungsverfahren anderer Ländern über-
nehmen - - dass die nicht in die vorvertrag-
lichen Verhandlungen eingeflossen sind. Sie
sitzen jetzt auf der anderen Seite. Teilen Sie
die Einschätzung des Bundesrechnungshofs,
dass das in der damaligen Zeit, also diese
Studien 2003, die mögliche Kenntnis von
Zulassungsproblemen - - dass man die nicht
reinverhandelt hat und in den vorvertrag-
lichen Regelwerken nicht berücksichtigt hat?

Zeuge Detlef Selhausen: Es ist aus heu-
tiger Sicht einfach, zu sagen: Da hätten die
damaligen Entscheidungsträger sorgfältiger,
vorsichtiger handeln müssen. - Wenn ich den
Sachverhalt richtig verstanden habe, hatte
man in Deutschland sehr frühzeitig Abstim-
mungen mit der Deutschen Flugsicherung
getroffen, wie unbemannte Luftfahrzeuge in
deutschem Luftraum fliegen können, und
zwar im Vorfeld des Demonstrationsfluges
des Global Hawk, wenn ich es recht erinnere,
im Jahr 2003 nach Deutschland. Da hat ein
Prozess begonnen. Ich verstehe das aus
heutiger Sicht so, wenn ich mich zurückver-
setze in die Zeit, wo die damaligen Entschei-
dungsträger gehandelt haben, dass dort eine
Aufbruchstimmung da war. Unbemannte
Luftfahrzeuge waren ein neues System. Man
sah die Möglichkeiten, und die damaligen
Entscheidungsträger wollten bei diesen
Schlüsseltechnologien mit an der Spitze sein.

Aus heutiger Sicht würde ich sagen, da
sich an der Ausgangslage ja grundlegend
viel, was Zulassung angeht, nicht geändert
hat: Aus heutiger Sicht würde ich so nicht
handeln. Das heißt, ich würde auch heute
unter den Rahmenbedingungen, die wir hier
haben, einen solchen Vertrag mit diesen
Zielen nicht gutheißen, sofern nicht eine Ga-
rantie für eine Musterzulassung da ist. Wenn
das der Fall wäre, dann kann man einen

solchen Vertrag unterschreiben, und dann
hat man immer noch die Restriktionen im
Luftverkehr mit einer Zulassung maximal
Kategorie 2, also Fliegen in Lufträumen, die
maximal eingeschränkt sind für Überfüh-
rungsflüge, dann wieder in Gebiete, die für
andere Luftfahrzeuge geschlossen sind.

Also, man muss sich ganz genau über-
legen, unter welchen Voraussetzungen man
ein unbemanntes Luftfahrzeug beschafft. Es
ist eine Abwägung zu treffen zwischen den
operationellen Vorteilen aus militärischer
Sicht und den Einschränkungen des Betrie-
bes eines solchen Luftfahrzeuges in der Teil-
nahme am Luftverkehr und den Schwierig-
keiten, dieses Luftfahrtgerät überhaupt mus-
terzugelassen zu bekommen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Die Bun-
deswehr möchte ja weiter unbemannte Luft-
fahrzeuge beschaffen. Wie ist denn der ak-
tuelle Stand? Ist das jetzt vorangetrieben?
Haben wir da auf Sicht eine Lösung für die
Zulassung?

Zeuge Detlef Selhausen: Das Bundes-
ministerium der Verteidigung prüft verschie-
dene Alternativen von unbemannten Luft-
fahrzeugen. Ich kann nur von meiner Seite
aus sagen, dass ich die Empfehlung gege-
ben habe, unabhängig davon, in welcher
Klasse von Luftfahrzeugen unbemannter Art
die Bundeswehr investieren will, dass wir
einen solchen Vertrag nur schließen sollten,
wenn wir die Zulassung vertraglich ab-
sichern, also beispielsweise durch ein Rück-
trittsrecht mit Rückgewährschuldverhältnis
für den Fall, dass die Musterzulassung und
damit die Zulassung der Luftfahrzeuge selbst
nicht erreicht werden sollte. Das ist meine
persönliche Empfehlung; sonst sind die Risi-
ken zu groß.

Markus Grübel (CDU/CSU): Also, ein
Rücktrittsrecht haben wir ja im Vertrag, aber
kein Rückgewährschuldverhältnis. Das ist
dann der wesentliche Punkt.

Zeuge Detlef Selhausen: Das ist der
große Unterschied. Ja.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wenn man
sagen würde, das Projekt Euro Hawk war
von Beginn an mit einem großen Risiko be-
haftet - manche sprechen auch von Ge-
burtsfehlern -, und das Risiko ist jetzt einge-

Drucksache 17/14650 – 614 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 52
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

treten, sozusagen indem wir die Zulassungs-
probleme haben, trifft das dann den Sach-
verhalt?

Zeuge Detlef Selhausen: Das sagen wir
aus heutiger Sicht. Damals haben die Vor-
gänger dieses als mittleres Risiko betrachtet,
und man war damals der festen Überzeu-
gung, dieses Thema gut bewältigen zu kön-
nen. Und vor dem Hintergrund möchte ich
mir nicht anmaßen, über diese Einschätzung
zu richten.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wir kommen
weiter zum dritten Änderungsvertrag 2009.
Im Zusammenhang mit dem dritten Ände-
rungsvertrag, hat der Bundesrechnungshof
angemahnt, hätte eine neue Bewertung des
Gesamtprojekts Euro Hawk stattfinden müs-
sen. Hat eine Bewertung stattgefunden?

Zeuge Detlef Selhausen: Wenn ich das
richtig erinnere, stellt der Bundesrechnungs-
hof darauf ab, dass der Rüstung zu dem
Zeitpunkt die Musterzulassungsprobleme
auch in ihrer finanziellen Dimension bekannt
waren. Ich habe das nachvollzogen, wie da-
mals die Terminsituation war. Wenn ich das
richtig erinnere, hat der Bundesminister der
Finanzen die 25-Mio.-Euro-Vorlage zum
CLS-Vertrag Nr. 2 - Erinnerung! - am
17. November an den Haushaltsausschuss
des Deutschen Bundestages geschickt. Ich
hatte erste Kenntnisse, dass hier ein hohes
Finanzrisiko liegen könnte, am 24. Novem-
ber, also sieben Tage später. Es hat dann
zweieinhalb Monate gedauert, bis dieses
Risiko hinreichend substanziiert und beleg-
bar war. Noch Anfang Dezember habe ich
eine Vorlage erhalten aus dem damaligen
BWB, dass gute Fortschritte grundsätzlich in
dem Programm seien und dass der Mehrbe-
darf auf einen hohen zweistelligen Mio.-Euro-
Betrag für die Zulassung, Musterprüfung der
Serie geschätzt würde. Also, ich wiederhole:
ein hoher zweistelliger Mio.-Euro-Betrag für
die Musterprüfung der Serie. Mit dem Wissen
hätte ich stichhaltig nicht begründen können,
diese Vorlage anzuhalten.

Markus Grübel (CDU/CSU): Mit dem
dritten Änderungsvertrag in der ersten Hälfte
2009 war ja die Masse des Geldes ausgege-
ben bzw. vertraglich gebunden. Haben Sie
danach, wo dann weitere Probleme bekannt
wurden, mal abgewogen, ob es noch Sinn
gehabt hätte, die Erprobung zu stoppen und

einige Millionen Euro dann nicht auszu-
geben, aber in Kauf zu nehmen, dass man
dann einen Totalausfall beim deutschen
Aufklärungssystem ISIS gehabt hätte bzw.
Geldleistungen an die Auftragnehmer geben
muss, entgangener Gewinn oder Ähnliches?
Gab es da mal eine Abwägung, dass man
gesagt hat: „Ein Rücktritt und Stopp in der
Situation - - Die Masse des Geldes ist aus-
gegeben. Jetzt geht es um kleinere Geld-
beträge; aber wir erwarten noch die Leis-
tung“? Hat man das mal gegeneinander ab-
gewogen?

Zeuge Detlef Selhausen: In Bespre-
chungen hat es solche Abwägungen gege-
ben. Im Kern stand dort immer im Mittel-
punkt, dass hier eine Fähigkeitslücke auf-
wächst, die für die Streitkräfte wirklich massiv
ist. Und es war ja bis zu der Entscheidungs-
vorlage vom März 2013, also dieses Jahres -
es gibt da ja zwei Vorlagen: eine vom März
und eine angewiesene dann aus dem April -,
die Übereinstimmung hier im Haus, dass der
Full Scale Demonstrator zunächst zur Über-
brückung einen Anfangsflugbetrieb aufneh-
men soll, um diese Fähigkeitslücke zu
schließen, und in dieser Abwägung ist am
Ende herausgekommen, dass es sinnvoll ist,
den Full Scale Demonstrator nicht nur zu
erproben, sondern auch zu nutzen. Ich wie-
derhole noch mal: abgestimmt zwischen
Abteilung Planung, Abteilung Führungsstab
Streitkräfte und Abteilung Strategie und Ein-
satz, so zu prozedieren, Ende März dieses
Jahres.

Es gab eine andere Auffassung von der
Luftwaffe, und diese Auffassung habe ich
auch der damaligen Vorlage beigefügt. Das
führte dann dazu, dass man diesen Weg auf
Weisung von Staatssekretär Wolf noch ein-
mal überprüft hat, und das führte dann letzt-
lich zur Entscheidung, auch den Full Scale
Demonstrator nicht in einer Anfangsflugbefä-
higung zu nutzen, um die Fähigkeitslücke
wenigstens teilweise zu schließen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Sie haben
jetzt Ausführungen zum Schaden gemacht.
Also, als aufmerksamer Beobachter der Me-
dien hat man ja mehrere Zahlen gehört. Der
Frank-Walter Steinmeier hat am 11. Juni
2013 auf www.spdfraktion.de gesagt: „…
mehr als eine halbe Milliarde Euro Steuer-
geld in den Sand gesetzt …“ Herr Kollege
Arnold hier hat gesagt: Schaden auf
„680 Millionen Euro plus X“ zu beziffern;

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 615 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 53
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Westdeutsche Zeitung, 15. Mai. Jürgen
Trittin: 600 Millionen verschwendet; 5. Juni in
einer Rede im Deutschen Bundestag. Ich
könnte das jetzt noch beliebig drei Seiten
lang fortsetzen.

Wir haben dann gestern von Zeugen ge-
hört aus dem Bundesamt, sie fragen sich
überhaupt, ob ein Schaden entstanden ist,
weil einmal sie davon ausgehen, die Erpro-
bung des Überwachungssystems ISIS läuft
nach zwei Dritteln der Erprobungsflüge sehr
gut, und sie gehen davon aus, dass man die
Erkenntnisse dringend braucht, weil die Fä-
higkeit gebraucht wird und es übertragbar ist
in ein anderes Luftfahrzeug, und dass auch
die Erkenntnisse bezüglich unbemannter
Systeme für spätere Dinge wertvoll sind. Von
daher wird die Schadenshöhe angezweifelt.
Zu welchem Ergebnis kommen Sie?

Zeuge Detlef Selhausen: Herr Abgeord-
neter, ich bitte um Verständnis - -

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Sie müssen das Mikrofon anmachen.

Zeuge Detlef Selhausen: Herr Abgeord-
neter, ich bitte um Verständnis, wenn ich in
diesem Zusammenhang noch mal zurück-
komme auf meine Eingangsaussage, die ich
vielleicht wie folgt zusammenfassen möchte:
Die Serie - - Da ist - - war kein Vertrag unter-
zeichnet. Das ist also kein Schaden.

Die rund 301 Millionen für das Missions-
system ISIS, die für das Missionssystem ISIS
gezahlt worden sind, sind in ein Sensorsys-
tem investiert worden, an dem die Bundes-
wehr einen unabweisbaren Bedarf hat. Ent-
sprechend den Planungen zu Beginn des
Vorhabens in 2002 ff. wird der Bundeswehr
das hochwertige Aufklärungssystem ISIS mit
einer qualifiziert abgeschlossenen Erprobung
zur Integration in eine andere Plattform zur
Verfügung stehen. Wie viel Kosten diese
Integration verursachen könnte, lässt sich
derzeit nicht vorhersagen. Das hängt von der
gegebenenfalls auszuwählenden Plattform
ab.

Für den Full Scale Demonstrator sind
Haushaltsmittel in Höhe von rund 261 Mio.
Euro gezahlt worden. Das Luftfahrzeug ist
technisch flugfähig und wird auf der Basis
einer vorläufigen Verkehrszulassung für Er-
probungsflüge des Missionssystems ISIS
genutzt. Bisher hat der Full Scale De-
monstrator fünf erfolgreiche Erprobungsflüge
absolviert. In welcher Höhe diese Investition

von 261 Mio. Euro im Ergebnis als ein Ver-
lust zu betrachten ist, hängt davon ab, was
die Bundeswehr nach der Erprobungsphase
mit dem Full Scale Demonstrator machen
wird. Es ist nicht auszuschließen, dass am
Ende ein Großteil dieser rund 261 Mio. Euro
als Verlust betrachtet werden muss.

Fest steht aber auch, dass die Bundes-
wehr durch das Entwicklungsvorhaben Euro
Hawk einen nicht zu unterschätzenden Er-
kenntnisgewinn durch den Einblick in be-
triebliche Verfahren und die Nutzung eines
großen unbemannten Luftfahrzeuges ge-
wonnen hat. Gleichzeitig sind die Erkennt-
nisse hinsichtlich der Zulassbarkeit von un-
bemannten Luftfahrzeugen und deren Inte-
grationsmöglichkeiten in den deutschen Luft-
raum weiter aufgewachsen. Diese Erkennt-
nisse werden zukünftigen Projekten gewinn-
bringend zugutekommen.

Markus Grübel (CDU/CSU): So habe ich
das auch gehört, ja. - Dann - -

(Heiterkeit)

- Nein, das war jetzt nicht irgendwie gewer-
tet, sondern - - Gab es bereits früher abge-
brochene Projekte? Wir hatten ja die Situa-
tion: Nach dem dritten Änderungsvertrag war
der Großteil des Geldes ausgegeben. Man
hat die Erprobungen zu Ende geführt und
dann aber gesagt: Und jetzt gehen wir nicht
in die Beschaffung. - Gibt es da Vorgänge,
oder ist das jetzt, weil diese Euro-Hawk-
Thematik ja einen Wirbel verursacht hat - -
Der unaufmerksame Betrachter könnte ja
sagen: Da ist was passiert, was es noch nie
gab. - Sind Ihnen Projekte erinnerlich, wo
das ähnlich gelaufen ist?

Zeuge Detlef Selhausen: Zunächst mal:
Euro Hawk ist nicht abgebrochen worden.
Wir verfolgen nur die Beschaffung der Serie
nicht weiter, und der Entwicklungsvertrag
läuft aus, und von vier Entwicklungszielen
sind gewissermaßen dreieinhalb erreicht
worden.

(Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sollten wir noch mal
machen!)

Wir haben Entwicklungen auch früher ab-
gebrochen. Ein Vorhaben war Taifun, ein
anderes Vorhaben war GAST. Das ist das
Risiko. Deswegen geht man Entwicklungs-
verträge ein. Das ist das Risiko von Ent-
wicklungsverträgen, dass auch das Entwick-

Drucksache 17/14650 – 616 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 54
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

lungsziel am Ende nicht erreicht werden
kann oder dass man sich mit weniger zufrie-
den gibt, als man ursprünglich wollte.

Markus Grübel (CDU/CSU): Also ist das
etwas, was es durchaus schon gab. Also,
insbesondere Kollegen, die da jetzt so mit
dem Finger zeigen - - In deren Verantwor-
tungszeit gab es solche Projekte auch.

Übrigens, ich habe ja eindeutig gesagt:
Die Masse des Geldes war 2009 ausge-
geben. Darum war es sinnvoll, das Projekt zu
Ende zu führen, das Erprobungsprojekt. Aber
die Beschaffung hat man dann - das Be-
schaffungsverfahren - abgebrochen. Ich
glaube, so haben Sie es auch verstanden,
Herr Selhausen.

Jetzt noch eine Frage. Es wurde ja dem
Minister vorgeworfen: In der Kabinettsvor-
lage, wo die Rüstungsprojekte aufgelistet
waren, ist Euro Hawk noch erwähnt. - Was
können Sie dazu sagen?

Zeuge Detlef Selhausen: Da kann ich
aus meiner Erkenntnis gar nichts zu sagen,
weil ich weder mit der Befassung der Kabi-
nettsvorlage zu tun hatte noch sonst Er-
kenntnisse darüber habe. Ich habe sie,
wenn, dann - die Erkenntnisse, die ich habe -
aus meiner Anwesenheit im Verteidigungs-
ausschuss des Deutschen Bundestages, wo
das thematisiert wurde.

Markus Grübel (CDU/CSU): Dann hatten
wir ja gestern den Zeugen aus dem Bundes-
amt. Da gab es bei Spiegel Online einen
Artikel, dass die - ja, wie soll man sagen? -
Zulassung, das Zulassungsverfahren für den
Demonstrator durchgepeitscht werden sollte.
Gab es da eine Anweisung aus Ihrem Be-
reich?

Zeuge Detlef Selhausen: Da ist nichts
durchgepeitscht worden.

Markus Grübel (CDU/CSU): Und die
Frage: Gab es da irgendwie eine Anweisung
des - - Also, „durchgepeitscht“, wenn Sie
dafür ein anderes Verb nehmen - -

Zeuge Detlef Selhausen: Von welcher
Zulassung sprechen Sie?

Markus Grübel (CDU/CSU): Vom De-
monstrator.

Zeuge Detlef Selhausen: Da gibt es zwei
vorläufige Verkehrszulassungen. Es gibt eine
vorläufige Verkehrszulassung, wenn ich das
recht erinnere, für die Aufnahme des Test-
betriebes in den USA aus dem Jahr 2010,
und es gibt eine weitere Zulassung vom Juli
2011, um den Überführungsflug von den
USA nach Deutschland vornehmen zu kön-
nen. Mir ist weder im einen noch im anderen
Fall bekannt, dass das irgendwie durchge-
peitscht wurde.

Markus Grübel (CDU/CSU): Da wird auf
das Jahr 2009 auch schon mal Bezug ge-
nommen, auf Oktober 2009.

Zeuge Detlef Selhausen: Habe ich keine
eigenen Erkenntnisse.

Markus Grübel (CDU/CSU): Eine Emp-
fehlung des Bundesrechnungshofs ist, ein
zusätzliches Fachcontrolling einzurichten.
Wie stehen Sie aus Ihrer Sicht dazu?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich habe jetzt
keine Vorstellung, keine Kenntnisse, was der
Bundesrechnungshof mit Fachcontrolling
meint. Ich habe dargelegt in meiner An-
fangsaussage, wie wir jetzt das Controlling
ausrichten, also eine ganz enge Kommuni-
kation zwischen dem Controller und dem
Projektleiter. Lassen Sie mich das so formu-
lieren: Der Controller soll der beste Freund
des Projektleiters sein, sein Ratgeber. Es soll
jährlich zwischen Controller und Projektleiter
gemeinsam überprüft werden, ob die Mess-
punkte im Controllingsystem richtig sind.
Was der BRH unter Fachcontrolling meint,
weiß ich nicht. Was ich sehr gut fand in dem
Bericht des BRH, war, in Projekte auch durch
Dritte schauen zu lassen. Wenn er damit den
Controller meint, ist das eine gute Sache.
Und ich kann mir durchaus vorstellen, dass
wir auch ein anderes System kreieren soll-
ten, damit keine Betriebsblindheit im Projekt-
verlauf entsteht, dass Dritte sorgfältig Pro-
jektverläufe im Entstehungsgang von Wehr-
material überprüfen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Sie hatten
vorher ausgeführt, dass für die Serien-
beschaffung - ich hatte mich gestern nicht so
recht getraut, in den anderen Fragen Beträge
zu nennen - rund 500 Millionen Euro vorge-
sehen waren. Gleichzeitig haben Sie gesagt,
dass das Risiko - - oder die Nachrüstungen

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 617 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 55
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

für die Musterzulassung 600 Millionen Euro
seien, dass damit aber immer noch ein Ri-
siko verbunden ist.

Wir haben von der Industrie andere Be-
träge: 150 bis 200 Millionen Euro. Gibt die
Industrie eine Garantie, dass dann die Zulas-
sung erfolgt? Ist das ein Festpreis, oder wä-
ren das Ausgaben, die mit einem Risiko ver-
bunden sind, das wir dann tragen müssten,
sodass man möglicherweise doch in die
Richtung kommt, die Sie genannt haben, in
den Korridor?

Zeuge Detlef Selhausen: Das soge-
nannte Angebot der Industrie ist völlig un-
spezifiziert. Ich sagte in meinem Eingangs-
statement: Es ist letztlich nicht seriös. - Hier
tritt ein Verhalten auf, wie ich es von
Northrop Grumman, wenn ich den Projekt-
verlauf sehe, auch durchaus vorher beob-
achten konnte.

Als die vereinfachte Musterzulassung
nicht möglich war und man auf die Muster-
zulassung dann umschwenkte, kam dann
sofort von Northrop Grumman: Ja, dann ha-
ben wir die und die Dokumente, und dann ist
das mit der umfassenden Musterprüfung
auch nicht so kompliziert. - Am Ende kamen
die Dokumente nicht.

So, wie wir das Angebot von Northrop
Grumman interpretieren - ich habe in meiner
Eingangsaussage festgestellt, dass allein die
Qualifikation der Software mehr Mittel bean-
sprucht als das gesamte Angebot von
Northrop Grumman -, ist in dem Betrag von
Northrop Grumman Software noch nicht mal
enthalten. Das ist mein aktueller Kenntnis-
stand.

Markus Grübel (CDU/CSU): Danke
schön.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön. - Jetzt kommt die SPD-Frak-
tion. Herr Kollege Bartels.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Herr Sel-
hausen, Sie haben uns in Ihrem Eingangs-
statement Ihren Werdegang dargestellt: seit
Juni 2009 verantwortlich in der Abteilung
Rüstung, zunächst als Abteilungsleiter, dann
als kommissarischer Hauptabteilungsleiter,
dann als Hauptabteilungsleiter. Also, einen
wesentlichen Teil der Zeit, über die wir hier
reden, sind Sie an verantwortlicher Stelle.
Sie haben auch eindrucksvoll die Chronolo-
gie der Ereignisse noch mal dargestellt. Sind

Sie der Verantwortliche für das Scheitern des
Projekts Euro Hawk?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich bin verant-
wortlich für das Projekt Euro Hawk.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wer ist
verantwortlich für das Scheitern?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich bin verant-
wortlich für das Projekt Euro Hawk, Herr
Abgeordneter.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ist das
Projekt Euro Hawk nicht gescheitert?

Zeuge Detlef Selhausen: Das Projekt
Euro Hawk ist ein Entwicklungsvorhaben,
und dieses Entwicklungsvorhaben hatte vier
Ziele. Von den vier Zielen sind drei erreicht
worden und eines zur Hälfte.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Dann ist
es eigentlich zu drei Vierteln gut?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich habe in
meiner Anfangsaussage durchblicken lassen
oder klar gesagt, dass nicht auszuschließen
ist, dass ein Großteil der Investitionen, die in
die Plattform getätigt wurden, möglicher-
weise als Verlust am Ende zu buchen sind.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wann
muss das Parlament über wesentliche Ver-
änderungen bei Rüstungsprojekten informiert
werden? - Das ist keine Fangfrage.

Zeuge Detlef Selhausen: Nein, nein, ich
überlege. - Wenn sich grundlegende Ände-
rungen im Programmverlauf ergeben haben
und dies Ganze auch zu vertraglichen Ände-
rungen führt.

Es gibt ja eine 25-Mio.-Euro-Vorlagen-
pflicht und darauf aufbauend, auf diese 25-
Mio.-Euro-Vorlagenpflicht, auch weitere Fol-
geverpflichtungen. Da gibt es eine Systema-
tik von Berichtspflichten, die das Haus hat.
Im Übrigen ist grundsätzlich zu informieren,
insbesondere auch auf Nachfrage, bei der
Haushaltsaufstellung.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Und in
diesem Fall? Sie haben die Wegmarken
beschrieben. An welchen Punkten hätte das
Parlament informiert werden müssen?

Drucksache 17/14650 – 618 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 56
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Detlef Selhausen: Als feststand,
dass das Haus die Beschaffung der Serie
nicht weiterverfolgen wird.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Erst da?

Zeuge Detlef Selhausen: Über die Aus-
gaben für die Änderungsverträge ist das
Hohe Haus über die Haushaltsaufstellung
informiert worden, weil die Beträge der Ände-
rungsverträge in den geheimen Erläuterun-
gen ausgewiesen sind.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das ist so
nicht ganz korrekt. Sie kennen die geheimen
Erläuterungen. Wir können die jetzt hier nicht
im Einzelnen - - Es sind summarische Be-
träge, die sich ändern, in der Regel nach
oben. Den Grund dafür sozusagen wird man
dann erfahren, wenn ein 25-Mio.-Vertrag zu
beraten ist. Dann muss eine Vorlage gefertigt
werden durch das Ministerium. Aber außer-
halb dieser Vorlagen sehen Sie keine Be-
richtspflicht der Regierung?

Zeuge Detlef Selhausen: Es gibt Vorha-
ben, wo sich die Ausschüsse vorbehalten
haben, regelmäßig über den Projektfortschritt
informiert zu werden.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Also aktiv
nicht?

Zeuge Detlef Selhausen: Wenn sich
grundlegende Daten in einem Vorhaben
ändern - das ist jetzt meine persönliche Auf-
fassung -, sehe ich eine aktive Informations-
pflicht. Dies ist vorliegend mit der Entschei-
dung, die Serie nicht weiterzuverfolgen, ge-
schehen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Gut, da
können wir ja unterschiedlicher Meinung
sein. Die Serienbeschaffung hätte einen
neuen Beschluss des Parlaments erfordert.
Dann hätten wir eine Befassung gehabt. Da
ist keine Information vorher nötig. Eine In-
formation wäre vielleicht nötig gewesen,
wenn die Zulassung nicht erreicht werden
kann.

Aber Frage an Sie: Ist Herr Minister de
Maizière, als er sein Amt angetreten hat,
auch eingewiesen worden in Rüstungspro-
jekte? Damals waren Sie ja schon Haupt-
abteilungsleiter kommissarisch.

Zeuge Detlef Selhausen: Es gab eine
Besprechung, soweit ich das erinnere, mit
Dr. de Maizière bei seinem Amtsantritt, wo
ich zehn ausgewählte Vorhaben vorgestellt
habe. Darunter fiel Euro Hawk nicht.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Warum
nicht?

Zeuge Detlef Selhausen: Weil es vom
Volumen her in dem Fall zu klein war. Da
sind vorgetragen worden: Eurofighter, Schüt-
zenpanzer Puma, Korvetten, A400M etc.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Okay. -
Die Frage der ersten Information des Minis-
ters ist ja eine, die Sie auch zum Teil darge-
stellt haben, die sozusagen den Minister
selbst sehr interessiert. Es wird im Ministe-
rium ja nicht nur im Wege der Leitungsvor-
lage kommuniziert, sondern auf dem Flur,
durch Gespräche - wir haben das in den
letzten Tagen schon gehört -, auch durch
Mails.

Es gibt Mailverkehr zwischen dem
Staatssekretär und dem Minister: Lieber Herr
Bundesminister, US Air Force hat entschie-
den, Global Hawk Block 20 nicht mehr zu
beschaffen. - Solche Dinge. Sie haben eine
Mail geschrieben am 19. Januar 2012.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege, bitte die MAT-Nummer.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): MAT
17-73 zu BB 17-48, Ordner 1, Seite 110 bis
117. Bezug: „Gespräch BM mit CEO Cassi-
dian am 19. Januar 2012.“

An besagtem 19. Januar schreiben Sie an
Frau Roespel, die Büroleiterin des Staats-
sekretärs Beemelmans:

... wie ich Ihnen soeben erläuterte,
war es mir leider zeitlich nicht mög-
lich, die Gesprächsvorbereitung für
BM de Maizière für o. a. Gespräch
zu prüfen bzw. zu zeichnen.

Sie geben dann einige sozusagen ergän-
zende Hinweise für Staatssekretär Beemel-
mans, nehme ich an, nicht für seine Bürolei-
terin, mit dem Ziel, dass dies das Gespräch,
das der Minister ja zu führen hat, mit dem
CEO von Cassidian wohl erreichen soll. Da
heißt es:

Des Weiteren habe ich Ihnen eine
Vorlage zur aktuellen Entwicklung
im Vorhaben Euro Hawk beigefügt.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 619 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 57
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Hier zeichnet sich eine dramatische
Kostenexplosion ab (von 610 Mio. ¼
zuzüglich 451 Mio. ¼ auf 1.061 Mio.
¼).

Wissen Sie, ob diese Information den
Bundesminister erreicht hat?

Zeuge Detlef Selhausen: Das weiß ich
nicht. Ich würde ganz gerne einmal diese E-
Mail sehen.

(Dem Zeugen werden Unterlagen
vorgelegt - Er liest in diesen
Unterlagen)

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Es ist der
mittlere Absatz. - Das sollte den Minister
erreichen, richtig? Deshalb haben Sie es
geschrieben?

Zeuge Detlef Selhausen: So steht es
hier. Dazu kann ich nichts sagen, weil ich
darüber nichts weiß. Ich habe keine eigenen
Erkenntnisse dazu, ob es den Minister er-
reicht hat.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber es
sollte - - Also, es war von Ihnen so inten-
diert - sonst müssen Sie es ja nicht auf-
schreiben -, dass für dieses Gespräch des
Ministers mit dem CEO Cassidian diese In-
formationen ihn erreichen?

(Der Zeuge liest erneut in den ihm
vorgelegten Unterlagen)

Zeuge Detlef Selhausen: Das kann ich
so dieser E-Mail nicht entnehmen. Es sollte
aber auf jeden Fall ein Problembewusstsein
da sein, dass hier sich ein Thema auftun
kann. So interpretiere ich diese E-Mail.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Mit dem
Bezug: Gespräch Bundesminister mit dem
CEO. - Herrn Beemelmans soll es erreichen
über die Büroleiterin, richtig?

Zeuge Detlef Selhausen: Das ist die In-
tention. In der Tat.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Und was
Herr Beemelmans dann damit macht - - Da
vermuten Sie natürlich, dass er einen Kon-
takt zum Minister hat. Sonst wäre es ja sinn-
los, ihm Informationen zu geben für ein Ge-
spräch des Ministers.

Zeuge Detlef Selhausen: Es ist wichtig,
hier darauf zu achten - -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja, es ist
wichtig.

Zeuge Detlef Selhausen: Moment! Es
handelt sich um den 19. Januar 2012.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Genau.

Zeuge Detlef Selhausen: Das war die
Zeit, wo die Hinweise hinsichtlich des Mehr-
bedarfs noch nicht hinreichend substantiiert
waren. Das ergibt sich auch aus dieser E-
Mail.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja, Sie
schreiben: „dramatische Kostenexplosion“:

... allein rund 100 Mio. ¼ entfallen
auf zusätzlich notwendige Zertifizie-
rungsmaßnahmen ...

Zeuge Detlef Selhausen: Es heißt aber
auch:

... werde ich kurzfristig mit meinen
Experten noch einmal validieren.

Da steht ein Prüfungsvorbehalt. Ich wollte
damit nur darauf aufmerksam machen, dass
hier ein Thema auf das Haus zukommt.
Diese Erkenntnisse sind ja dann wenig spä-
ter, ungefähr drei Wochen später, am 8. Fe-
bruar, auch in die Vorlage geflossen, die
dann an die Leitung gegangen ist.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber hier
sollte es sozusagen ein Ministergespräch
vorbereiten?

Zeuge Detlef Selhausen: Hier sollte es
das Büro über einen Sachverhalt informieren,
als Hintergrund für das Gespräch.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Es hätte
Sie jetzt aber überrascht, wenn der Staats-
sekretär das für sich behält. Dann geht der
Minister ja uninformiert in ein Gespräch, für
das Sie den Staatssekretär informieren, der
das Gespräch gar nicht führt. Oder war der
Staatssekretär bei dem Gespräch zugegen?

Zeuge Detlef Selhausen: Das ist Spe-
kulation.

Drucksache 17/14650 – 620 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 58
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wissen
Sie, ob der Staatssekretär zugegen war?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich habe keine
eigenen Erkenntnisse darüber.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wie
kommunizieren Sie mit dem Staatssekretär
Beemelmans?

(Markus Grübel (CDU/CSU): Münd-
lich, telefonisch?)

Dies wäre ja sozusagen über sein Büro. Es
gibt ja viele Wege. Auch mündlich?

Zeuge Detlef Selhausen: Das ist ein
Weg. Ein anderer Weg ist, dass ich um einen
Termin bitte. Das funktioniert problemlos.
Und dann bespreche - - trage ich Themen an
den Staatssekretär heran oder - und das ist
eben der entscheidende Weg - über eine
Vorlage, entweder aus meiner Abteilung oder
abgestimmt mit anderen Abteilungen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Und das
ist für Sie aber sozusagen die Leitung des
Hauses? Wenn Sie an den Staatssekretär
herantreten, dann haben Sie die Leitung
erreicht?

Zeuge Detlef Selhausen: So ist es. Der
Dienstweg, so, wie ich das in meinem Ein-
gangsstatement gesagt hatte - -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das ist
der klare Dienstweg.

Zeuge Detlef Selhausen: Genau.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja. - Wie
sind Sie selbst informiert worden über diesen
Sachverhalt, den Sie hier schildern: „drama-
tische Kostenexplosion“, und wann?

Zeuge Detlef Selhausen: Das hat be-
gonnen in dem Gespräch am 24. November
2011, dass der Projektleiter mir gegenüber
sagte, da sei ein Kostenrisiko in der Muster-
zulassung. Und ich sagte in meinem Ein-
gangsstatement, in meiner Anfangsaussage,
dass ich dann umgehend eine Informations-
vorlage angewiesen habe, die zunächst - es
ist Anfang Dezember gewesen - in einer
Information mündete, dass der Projektleiter
bzw. dass BWB einen Mehrbedarf im Bereich
eines hohen zweistelligen Betrages schätze.

Ich habe dann angewiesen, diese Beträge zu
validieren. Und genau dieser Prozess war
am 19. Januar noch nicht abgeschlossen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sie
schreiben hier auch in der Mail, dass es
Ihnen jetzt um die Bestellung der Langläu-
ferteile, die nun entschieden werden muss,
geht; Langläuferteile für die Beschaffung der
Serie. Das ist das Ende des zweiten Absat-
zes. - Die Langläuferteile stehen im Haushalt
mit 515 Millionen Euro - oder die Beschaf-
fungsserie -, und darunter steht: Langläufer-
teile 515 Millionen Euro im Haushalt. - Da
waren zunächst Mittel vorgesehen für die
Beschaffung von Langläuferteilen für 2012.
Da hätte also schon Geld ausgegeben wer-
den können.

Und nun sind Sie der Held, der an dieser
Stelle sagt: Das würde ich nicht empfehlen.

Nach meiner ersten Einschätzung
werde ich eine solche Maßnahme
nicht empfehlen.

Keine Beschaffung von Langläuferteilen für
die Serie. - Wie kamen Sie zu dieser Ein-
schätzung?

Zeuge Detlef Selhausen: Weil sich hier
dieser Mehrbedarf abzeichnete. Wenn das
Thema in einem überschaubaren finanziellen
Rahmen hätte gelöst werden können, hätte
man die Langläuferteile ja später bestellen
können.

Herr Abgeordneter, das steht im Zusam-
menhang mit meiner eingangs getroffenen
Aussage, dass ich wenige Tage nach der
Besprechung vom 24. November - ich meine,
es ist der 26. November - eine Vorlage für
die Beschaffung oder eine Vorlage für die
Aufnahme von Verhandlungen über die Be-
schaffung von Langläuferbauteilen - so ist
der genaue Begriff, habe ich jetzt mittlerweile
gelernt - gestoppt hatte.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wann
haben Sie die gestoppt?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich habe eine
Vorlage angehalten am 26. November 2012.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): 2012?

Zeuge Detlef Selhausen: Entschuldi-
gung, 2011.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 621 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 59
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): 26. No-
vember 2011?

Zeuge Detlef Selhausen: 2011.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Eine Ent-
scheidung durch Sie?

Zeuge Detlef Selhausen: Nein, ich habe
die angehalten - das steht auch im Bericht -
bis zur Klärung der Frage der Mehrkosten,
die möglicherweise verursacht werden
könnten durch die Musterprüfung.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Dann
frage ich nachher gerne weiter.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ja. - So, jetzt kommt die FDP. Herr Kollege
Spatz.

Joachim Spatz (FDP): Herr Selhausen,
Sie haben ja vorhin davon gesprochen, dass
man im Nachhinein manches vielleicht an-
ders bewertet. Jetzt neigen ja Parlamenta-
rier - die einen mehr, die anderen weniger -
zu Ex-post-Expertentum. Wäre es eigentlich
für Sie hilfreich, wenn es - ich sage mal:
quartalsweise beispielshalber - so ähnlich
wie einen Bericht aus Einsatzgebieten einen
Bericht aus den Beschaffungsgebieten gäbe,
dass Sie selber und Ihr Haus auf den Punkt
kommen müssten und auch - ich sage mal -
das Ex-post-Expertmentship der Abgeord-
neten vielleicht eher begleitend tätig wäre?
Wäre das für Sie hilfreich?

Zeuge Detlef Selhausen: Der Minister
hat dies ja auch angeboten, und ich halte
das für eine gute Sache.

Joachim Spatz (FDP): Jetzt sagten Sie,
es gab eine Anfangsstimmung, Anfangs-
euphorie; gut. Deswegen hat man ein Ent-
wicklungsprojekt gemacht; auch gut. Es gibt
ein technisch funktionierendes System so-
wohl als Träger wie hoffentlich am Ende der
Reise auch unser Erfassungssystem; auch
gut. Trotzdem haben wir zur Schließung der
Fähigkeitslücke kein auf Dauer oder dauer-
haft einsatzfähiges System. Woran liegt das,
wenn alles so gut war?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich sagte ja:
So gut war es auch nicht. Die Trägerplattform
kann leider nicht zugelassen werden für den

Luftraum, für die Luftfahrt. Und vor diesem
Hintergrund haben wir derzeit zwar ein flug-
fähiges Gerät, aber lediglich betrieben auf-
grund einer vorläufigen Verkehrszulassung
für die Erprobung, das nicht die Aussicht gibt,
eine Musterzulassung für die Serie in einem
vertretbaren Kostenrahmen erreichen zu
können.

Joachim Spatz (FDP): Es gibt ja zwei
Restriktionen, die am Anfang bei den Gut-
achten, die mal als Grundlage für das Projekt
gegolten haben - - wo eben von diesem Le-
vel of Ambition abgewichen wird. Das eine
sprachen wir gerade an, Musterzulassung,
und das andere ist, dass man von der Kate-
gorie 3 schon relativ frühzeitig Abschied ge-
nommen hat und auch im Vertrag ja wesent-
liche Determinanten, die dazu notwendig
gewesen wären, wie eben zum Beispiel ein
Sense and Avoid System, als noch zu entwi-
ckeln drinstehen.

Hätte das nicht schon zu diesem Zeit-
punkt, wo man gewissermaßen an zwei
Stellen schon ein Stück weit schrittweise
Abschied nimmt vom früheren Level of Ambi-
tion, also sowohl, was die Musterzulassung
angeht - alles viel komplizierter als gedacht -
und auch von der Kategorie 3 Abstand
nimmt, also von beidem Abstand nimmt,
Warnsignal sein müssen, dass also spätes-
tens 2006 diese Anfangseuphorie schlicht
nicht so zu realisieren ist?

Zeuge Detlef Selhausen: Es ist leichter,
aus heutiger Sicht zu sagen, dass die Ent-
scheidungsträger damals nicht sorgfältig
abgewogen haben. Aus heutiger Sicht ist
festzustellen, dass es ein Sense and Avoid
System bisher nicht gibt, dass die Technolo-
gien dafür nicht vorhanden sind und dass wir
uns bei dem Betrieb, sofern wir das wollen,
von unbemannten Luftfahrzeugen auf einen
Betrieb in der Kategorie 2 beschränken müs-
sen.

Joachim Spatz (FDP): Aber erst nach
Vorliegen einer Musterzulassung für den
Dauerbetrieb, falls wir es dauerbetreiben
wollen?

Zeuge Detlef Selhausen: Ja.

Joachim Spatz (FDP): Deswegen sprach
ich ja von zwei Restriktionen, die schon rela-
tiv frühzeitig eingegangen worden sind.

Drucksache 17/14650 – 622 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 60
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Sie sprachen am Anfang davon, dass
man sich beim Thema „Wie wickeln wir die
Musterzulassung ab?“ relativ deutlich auf die
Aussagen der Industrie verlassen hat, und
haben so in einem Nachsatz gesagt: Die
Firma Northrup Grumman ist Ihnen auch aus
einem anderen Zusammenhang da an der
Stelle vielleicht bekannt, dass das dann alles
nicht so zutrifft. - Ist das in der - in Anfüh-
rungszeichen - Szene „state of the discus-
sion“, dass man da vorsichtig sein sollte?

Zeuge Detlef Selhausen: Sie meinen
jetzt bezogen auf die Firma Northrop Grum-
man?

Joachim Spatz (FDP): So ist es.

Zeuge Detlef Selhausen: Darüber habe
ich keine Erkenntnisse. Ich habe das jetzt nur
bezogen auf diesen besonderen Fall ge-
meint.

Joachim Spatz (FDP): Aha. Aber in die-
sem besonderen Fall haben Sie festgestellt,
dass - ich sage mal - Ankündigungen ge-
macht worden sind, bei deren Umsetzungen
es dann doch irgendwie anders lief. Können
Sie das noch mal beschreiben?

Zeuge Detlef Selhausen: Nachdem im
Sommer 2006 erkennbar wurde, dass die US
Air Force eine Musterzulassung ihres Global
Hawk nach amerikanischem Recht nicht
mehr anstrebte, wurde der Ansatz einer ver-
einfachten Musterprüfung aufgegeben und
der Weg einer umfassenden Musterprüfung
am Full Scale Demonstrator gewählt. Die
Industrie hatte daraufhin einen Schwenk
vollzogen und nun dargelegt, dass man die
Informationen und Unterlagen aus dem nun-
mehr vorgesehenen US-Verkehrszulas-
sungsprozess für Global Hawk für eine deut-
sche Musterzulassung heranziehen könnte.
Da die Zulassungsforderungen für Global
Hawk mit denen für Euro Hawk vergleichbar
seien, würden in weiten Teilen keine zusätz-
lichen Nachweise und Tests erforderlich. -
Das ist ja später nicht eingetreten.

Joachim Spatz (FDP): Dann hätte ich
abschließend noch eine Frage, und zwar:
Warum hat das Verteidigungsministerium im
ersten Halbjahr 2011 trotz der Einstufung
„sehr kritisch“ durch alle unmittelbar mit dem
Projekt Beteiligten - nur als „kritisch“ vorge-

nommen? Dieser Unterschied muss ja dann
in irgendeiner Form entstanden und erklärbar
sein.

Zeuge Detlef Selhausen: Ja. Das Vor-
haben ist durch den Projektleiter nach meiner
Auswertung der VOCON-Berichte - so hei-
ßen diese Controlling-Berichte - auf Rot ge-
setzt worden, da er die Finanzierbarkeit in
der nächsten Zeit nicht für gesichert hielt.

Das fachaufsichtsführende Referat, wel-
ches in engem Kontakt mit dem Bewirt-
schafter der damaligen Hauptabteilung Rüs-
tung stand, hat genau dieses mit dem Be-
wirtschafter abgestimmt und hat diese Sor-
gen nicht geteilt. Das ist auch der Grund
dafür, warum dann im dritten Quartal 2011
auch der Projektleiter oder für das dritte
Quartal 2011 auch der Projektleiter das Vor-
haben wieder auf „kritisch“, Gelb, gesetzt hat,
nicht auf Rot. Das hatte dort mit Musterzu-
lassungsfragen nichts zu tun. Das war eine
Geldfrage.

Joachim Spatz (FDP): Geldfrage heißt:
Es gab - ich sage mal - für die unmittelbare
Finanzierung zu wenig freigeschaltete Mittel?
Oder wie habe ich das zu verstehen?

Zeuge Detlef Selhausen: Das war ein
Bedarf, der erforderlich wurde aufgrund von
Verzögerungen im Programm und der dann
durch den Abschluss von Änderungsverträ-
gen aufgefangen wurde. Das waren bei-
spielsweise - aber das ist jetzt nur Erinne-
rung - auch Mittel, dass sichergestellt ist,
dass die Flugbahn gebaut wird in Manching
etc.

Die Sorge, dass notwendige Maßnahmen
im Projekt nicht hinreichend finanzierbar
seien in den Jahren 2011 und 12, waren der
tragende Gesichtspunkt für den Projektleiter,
das Vorhaben auf Rot zu setzen. Und als
diese Bedenken und Sorgen ausgeräumt
wurden, hat er es deshalb dann für das dritte
Quartal 2011 wieder auf Gelb gesetzt, also
auf „kritisch“, nicht auf „sehr kritisch“.

Joachim Spatz (FDP): In den Befragun-
gen, die wir hier bisher hatten, konnte man
feststellen - jedenfalls habe ich den Eindruck
gewonnen -, dass die Meldungen - ich sage
mal - von kritischen Zuständen relativ
schleppend die Leitungsebene erreichen,
jedenfalls doch mit erheblichem Zeitverzug.
Teilen Sie für dieses Projekt - es muss ja
nicht generell so sein - diese Einschätzung?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 623 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 61
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Detlef Selhausen: Diese Ein-
schätzung teile ich. Das hängt einerseits von
der Struktur des Controllings ab, welches ich
in meiner Ausgangsaussage dargestellt
habe, dass es tatsächlich allein schon von
der Anlagekonstruktion des Controllings im
BAAINBw so sein kann, dass ein Ereignis im
ungünstigsten Fall erst vier Monate später
nach Eintritt die Leitung erreicht. Und das ist
einfach nicht akzeptabel.

Joachim Spatz (FDP): Besten Dank.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt kommt die Linke. Frau Höger, bitte.

Inge Höger (DIE LINKE): Ja, Herr Sel-
hausen, ich möchte doch noch mal auf diese
Meldung in den Medien zurückkommen,
auch wenn Sie dazu schon einleitend Stel-
lung genommen haben. Ich finde, Ihr Hinweis
„Der Minister erwartet bekanntermaßen am
31. März 2013 eine Entscheidung mit klarer
Aussage zur Zulassungsfähigkeit“, signali-
siert ja schon noch mal, dass es die großen
Probleme über die Zulassungsmöglichkeiten
schon sehr lange gab und dass man jetzt ja
mal endlich zu einer Entscheidung kommen
müsste. Und es ging um die Rüstungsklau-
sur, die, wie Sie sagten, vorbereitet wurde.
Ist denn auf dieser Rüstungsklausur wirklich
nicht über diese Zulassungsprobleme ge-
sprochen worden und die Mehrkosten, die
anstanden?

Zeuge Detlef Selhausen: Frau Abgeord-
nete, die Rüstungsklausur fand am 1. März
2012 statt. Der Vermerk von mir datiert vom
16. Januar 2013. Das hat nichts miteinander
zu tun.

Inge Höger (DIE LINKE): Und was be-
inhaltet der Termin „Bis zum 31. März 2013
erwartet der Minister“? Steht da drin in der - -

Zeuge Detlef Selhausen: Staatssekretär
Beemelmans hatte auf einer Vorlage meiner
Abteilung vom 1. Oktober 2012 eine Klärung
zur Zulassungsfähigkeit bis Ende 2012 sowie
einen anschließenden Bericht und Vorschlag
zum weiteren Vorgehen angewiesen. Es ging
mir mit meinem Vermerk vom 16. Januar
2013 darum, dem von Staatssekretär Bee-
melmans eingeforderten Klärungsbedarf
Nachdruck zu verleihen. Ich ging davon aus,
dass Staatssekretär Beemelmans entspre-

chend des Dienstweges entscheiden werde,
ob der Bundesminister mit der Vorlage zu
befassen sei.

Inge Höger (DIE LINKE): Und dann ha-
ben Sie das Ganze nicht weiter verfolgt?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich habe so
agiert, wie ich es Ihnen beschrieben habe.

Inge Höger (DIE LINKE): Okay. - Dann
kommen wir jetzt mal eher zu den Ursprün-
gen zurück. Wann waren Sie erstmalig mit
dem Entwicklungsprojekt Euro Hawk befasst,
bzw. wann haben Sie davon mitbekommen?

Zeuge Detlef Selhausen: In meiner Zeit
als Referatsleiter in der Haushaltsabteilung.

Inge Höger (DIE LINKE): Und das waren
auch schon die Anfänge?

Zeuge Detlef Selhausen: Das war - - Ich
habe dort 2003 begonnen als Referatsleiter,
der auch für Entwicklungsvorhaben zustän-
dig ist. Das waren auch die Anfänge.

Nun muss man sagen, dass die Haus-
haltsabteilung mit diesen Dingen dann erst
befasst ist am Ende, wenn die Vorhaben
einen Reifegrad haben, dass sie zum Haus-
halt kommen. Ich muss allerdings dazusa-
gen, dass zu diesem Zeitpunkt in meinem
Referat auch die Mitzeichnung der „Ab-
schließenden funktionalen Forderung“ er-
folgte.

Inge Höger (DIE LINKE): Die „Abschlie-
ßende funktionale Forderung“, die der Gene-
ralinspekteur 2004 unterzeichnet hat? Mei-
nen Sie die?

Zeuge Detlef Selhausen: Ja.

Inge Höger (DIE LINKE): Welche Studien
lagen dieser funktionalen Forderung, Be-
schreibung zugrunde? Wissen Sie das?

Zeuge Detlef Selhausen: Das sind die-
jenigen, die im Bericht der Ad-hoc-Arbeits-
gruppe erwähnt sind.

Inge Höger (DIE LINKE): Also Studien
unter anderem von der Industrie, die später
mit den Aufträgen auch - - die die Aufträge
später bekommen hat?

Drucksache 17/14650 – 624 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 62
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Detlef Selhausen: Diese Studien
werden sorgfältig an Wissensträger verge-
ben, die das Haus beraten können. Die Stu-
dien werden teilweise von der Rüstung ver-
geben, teilweise damals vom Führungsstab
der Streitkräfte. Das geschieht nach bestem
Wissen und Gewissen.

Inge Höger (DIE LINKE): Diese Studien
kosten ja auch Geld. Wie viel ist für diese
Studien in Vorbereitung des Projektes inves-
tiert worden?

Zeuge Detlef Selhausen: Da bin ich
überfragt. Der Bewirtschafter für die Studien
war zu der Zeit, wenn ich das richtig erin-
nere, im Führungsstab der Streitkräfte. Dort
war auch angesiedelt ein Gremium, was über
die Vergabe von Studien entschieden hat.
Wenn es dann projektbezogene Studien
sind - da muss ein Projekt aufgesetzt sein -,
dann kann die studienvergebende Stelle
auch die Rüstung sein.

Inge Höger (DIE LINKE): In der neuen
CPM von 2001 ist ja festgelegt, dass man
sich unter anderem auf die Industrie und
deren Innovationskraft abstützt. Daraus folgt
also, dass man dann auch Studien an die
entsprechende Industrie vergibt, weil man
sich ja abstützt. Oder verstehe ich das - -
Das ist ja nicht so ganz unabhängig.

Zeuge Detlef Selhausen: Es werden
Studien an unabhängige Institute vergeben,
und ich kann jetzt nicht beurteilen, wie die
Formulierung zu verstehen ist, auf die Inno-
vationskraft der Industrie abzustützen. Las-
sen Sie es mich so formulieren - das, sage
ich jetzt, ist allerdings eine reine Vermu-
tung -: Auf wen wollen Sie sich denn abstüt-
zen, wenn Sie ein neues Waffensystem, ein
neues Gerät entwickeln wollen? Das muss ja
die Industrie sein. Ein anderer kann es ja
nicht.

Inge Höger (DIE LINKE): Und die macht
dann die Bedarfs- und die Systemanalysen?

Zeuge Detlef Selhausen: Was damals
die Entscheidungsträger bewogen hat, an
wen welche Studie zu vergeben, kann ich
hier nicht nachvollziehen.

Inge Höger (DIE LINKE): Ab 2004, mit
der Entscheidung, dieses Projekt in die Pro-

jektierungsphase zu übergeben, begannen ja
dann die Verhandlungen, die dem Vertrag,
der dann 2007 abgeschlossen wurde, zu-
grunde lagen. Es sind dann nur Angebote
eingefordert worden von EADS und Northrop
Grumman. Auf welcher Grundlage erfolgte
dieses?

Zeuge Detlef Selhausen: Der General-
inspekteur der Bundeswehr hatte sich ent-
schieden, wegen der Bedeutung der abseh-
bar auftretenden Fähigkeitslücke die abseh-
bar auftretende Fähigkeitslücke zu schließen,
hier ein unbemanntes Luftfahrzeug der
HALE-Klasse zu nutzen, also mit einer
Steigleistung bis auf 60 000 Fuß. Das kön-
nen normale Luftfahrzeuge nicht, und der
einzige Anbieter auf diesem Gebiet war
Northrop Grumman, und vor dem Hinter-
grund war die Vergabe an Northrop Grum-
man alternativlos, weil ein aus Sicht der
Streitkräfte hoher Bedarf daran bestand, ein
Luftfahrzeug dieser Klasse zu nutzen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich gebe Bündnis 90/Die Grünen, dem Kolle-
gen Nouripour, das Wort.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich möchte einen Vorhalt ma-
chen, bitte, und zwar denselben, den Kollege
Bartels gerade gemacht hat, nämlich MAT 73
BMVg zu Beweisbeschluss 17-48, Ordner 1,
Staatssekretär Beemelmans. Ich gehe davon
aus, dass das jetzt kommt. - Wir legen ge-
rade vor.

(Dem Zeugen wird ein Dokument
auf einem Notebook gezeigt)

Zeuge Detlef Selhausen: Kann ich das
ausgedruckt bekommen? Das hätte ich
gerne ausgedruckt.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich habe jetzt nicht verstanden,
was - -

Zeuge Detlef Selhausen: Herr Abgeord-
neter, ich bitte um Verständnis. Das hätte ich
gerne ausgedruckt. Ich möchte das Original-
dokument sehen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wir haben das leider nur in der
Form.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 625 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 63
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Detlef Selhausen: Das ist ein
vom BMVg überstelltes Dokument, Frau Vor-
sitzende.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Das war doch dasselbe Dokument wie das,
das die SPD vorgelegt hat, Herr Selhausen.
Das ist genau die E-Mail.

Zeuge Detlef Selhausen: Entschuldi-
gung. Ich bitte um Verständnis. Ich konnte
das eben nicht einordnen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Also das, was die SPD vorgelegt
hat, liegt noch vor?

Zeuge Detlef Selhausen: Ja.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Okay.

Zeuge Detlef Selhausen: Okay. Ich habe
jetzt allerdings das Dokument, was dieser E-
Mail beigefügt war, nicht durchgelesen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Dann lassen Sie mich vielleicht
meine Fragen stellen. Vielleicht müssen Sie
nicht alles durchlesen.

Zeuge Detlef Selhausen: Ja.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Erste Frage: Der Betreff der E-
Mail ist ja „Gespräch BM mit CEO Cassidian
am 19. Januar 2012“.

(Harald Koch (DIE LINKE): Noch
mal die MAT-Nummer!)

- Die MAT-Nummer habe ich fürs Protokoll
schon gesagt. - Die Frage ist: Was war sozu-
sagen die Intention dieser E-Mail?

Zeuge Detlef Selhausen: Die Intention
dieser E-Mail war, das Büro darauf aufmerk-
sam zu machen, dass sich hier ein Thema
abzeichnet, das möglicherweise sehr gravie-
rend im Programm Euro Hawk sein könnte.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Und das betreffend den Besuch
des Ministers bei Cassidian?

Zeuge Detlef Selhausen: Es war für
mich wichtig, das Büro zu informieren, dass
sich hier ein Thema abzeichnet.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Und das, wie gesagt, betreffend
das Treffen des Ministers mit dem CEO von
Cassidian?

Zeuge Detlef Selhausen: Es war für
mich wichtig, das Büro darüber zu informie-
ren, dass sich hier ein Thema abzeichnet,
Herr Abgeordneter.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Gut. Sie haben es ja geschrie-
ben. Ich verstehe das ja.

Wenn Sie sich die erste Seite des An-
hangs bitte anschauen mögen, die dort vor-
liegt, die erste Seite des Anhangs. Dort gibt
es zwei handschriftlich eingetragene Dinge.
Das eine ist in Blau, das andere ist in Rot.
Ich weiß nicht, ob Sie es in Farbe vorliegen
haben. Das, was in Blau ist, ist weiter drüber,
und da steht:

Habe Anberaumung einer Bespre-
chung� bereits� angewiesen� ĺ� an-
schließend sofort

- unterstrichen -
Sts-Vorlage.*

Ist das von Ihnen?

Zeuge Detlef Selhausen: Das ist von
mir, Herr Abgeordneter.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Da drunter in Rot:

Hier muß noch einiges geklärt wer-
den. Empfehle Besprechung.

Ist das vom Herrn Staatssekretär Beemel-
mans?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich - - Das ist
nicht seine Schrift. Ich kann - -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das ist, wenn ich es erklären - -

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle dieses Zitats sowie der folgenden Zitate
lautet: MAT 17-73 BMVg zu BB 17-48, Ordner 1,
StS Beemelmans, E-Mail-Verkehr 22072011-
29042013, Blatt 111.

Drucksache 17/14650 – 626 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 64
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Wenn ich aufs Datum hinweisen darf: Das ist
vom 18. Januar 2011.

(Markus Grübel (CDU/CSU): Aber
i. V. gezeichnet!)

Ist das vielleicht Staatssekretär Otremba?
Weil es ja rot ist.

Zeuge Detlef Selhausen: Ich bin über-
fragt. I. V. - - Die Vorlage selbst ist aus dem
Januar - - 18. Januar 2012.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): 2011.

Zeuge Detlef Selhausen: „12“ steht bei
mir.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Rechts oben steht „11“, „Bonn,
18. Januar 2011“.

Zeuge Detlef Selhausen: Wenn Sie,
Herr Abgeordneter - - Hier ist schriftlich,
handschriftlich, auf dem Dokument, was mir
vorliegt, die Eins überzeichnet mit einer Zwei.
Hier sind Bezugsdokumente aufgeführt.
Nehmen Sie beispielsweise Bezug Num-
mer 3 und Bezug Nummer 4. Das sind Be-
richte aus dem Januar 2012.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Was wir elektronisch vorliegen
haben, ist nicht handschriftlich verändert. Da
steht weiterhin „2011“. Das heißt - - Kann es
sein, dass das Verteidigungsministerium
über einen einzigen Beweisbeschluss zwei
verschiedene Versionen in Umlauf gegeben
hat? Das möchte ich mal die Bundesregie-
rung fragen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Doch, hier unter der Aussage, wo niemand
definieren kann, wer die Unterschrift hat,
steht „nachrichtlich 2012“. Das Obere muss
wahrscheinlich ein Fehler sein, das „2011“.
Da steht unten drin - - „18.01.2012“.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Vielleicht erklären Sie uns das ja,
wenn es ein Dokument gibt. Ich kenne die
Usancen in der Genauigkeit in Ihrem Hause
nicht. Und oben drüber steht „Bonn, 18. Ja-
nuar 2011“, und dann gibt es einen Kasten
mit diversen Informationen - unter anderem
hat ein Herr seinen Namen hingeschrieben -

und da drunter „18.01.2012“. Bezieht sich
das nicht auf seine Anmerkung, sondern auf
das ganze Papier dann? Da steht ja nicht
„Datum korrigiert“ oder Ähnliches.

Zeuge Detlef Selhausen: Herr Abgeord-
neter, ich habe mir das gerade noch mal in
Ruhe angeschaut. Ich kann hier nicht bestä-
tigen, dass der Eintrag „Hier muß noch eini-
ges geklärt werden. Empfehle Besprechung“
von einem Staatssekretär kommt. Ich kann
hier nicht sehen, dass es rot ist. Bei mir ist es
grau. Und so wie diese Vorlage aufgebaut
ist - die Vorlage ist eine interne in der Haupt-
abteilung Rüstung -, gehe ich davon aus,
dass hier ein Kollege in Vertretung des Ge-
schäftsführenden Beamten Rüstung ge-
zeichnet hat, und der führt bei uns die - -

(Dem Zeugen wird erneut ein
Dokument auf einem Notebook
gezeigt)

- Ja, ich sehe es jetzt da. - Der Geschäftsfüh-
rende Beamte Rüstung führt die Farbe Gelb,
und da mag es sein, dass der Vertreter - das
ist jetzt Spekulation - über Gelb nicht ver-
fügte und hier für mich empfohlen hat - - Sie
sehen ja hier die Abfolge. Erst zeichnet der
Unterabteilungsleiter, damals der Rü VI, Herr
Blahnik, dann zeichnet der Vertreter des
GB Rü; deswegen „i. V.“. Das hier ist eine
Paraphe des Vertreters des Geschäftsfüh-
renden Beamten Rüstung.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Was ist aus dieser sofortigen
Staatssekretärsvorlage geworden?

Zeuge Detlef Selhausen: Das ist die
Vorlage dann vom 8. Februar 2012, Herr
Abgeordneter.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wir haben eine Passage gele-
sen, in der es einen anderen Vermerk gab -
das haben wir in der Zeitung gelesen -, in der
Sie zitiert werden mit: Minister erwartet be-
kanntermaßen so schnell wie möglich sozu-
sagen Antwort auf die Frage Zulassung.

Es ist dann vom Ministerium erklärt wor-
den, das sei ein üblicher Vorgang, dass man
sich auf den Minister rekurriere - auch als
Abteilungsleiter -, um Druck zu machen,
damit dann Prozeduren, damit Verfahren im
Ministerium schneller vorangehen. Stimmt
das?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 627 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 65
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Detlef Selhausen: Das ist kein
übliches Verfahren in dem besonderen Fall.
Wir sprechen hier bei dem Vermerk, der hier
in Rede steht von mir, vom - ich schaue noch
mal kurz nach - 16. Januar 2013. Da gibt es
eine Historie. Da geht es um Zulassungsfra-
gen, und es hatte sich am 8. März des Vor-
jahres eine Arbeitsgruppe gebildet, die alter-
native Zulassungsverfahren untersuchen
sollte, und diese Arbeitsgruppe hat ihre Er-
gebnisse im November - ich meine zu erin-
nern 22. November 2012 - vorgelegt. Und
zwei Monate später kommt wieder die Frage
auf: Können wir nicht doch in irgendeiner
Weise alternativ zulassen?

Da ist dann irgendwann der Punkt da,
dass ich als Vorgesetzter in dem Moment mir
gesagt habe: Jetzt muss mal klar und deut-
lich werden, dass diese Ideen aufhören. Es
ist kein Ergebnis gekommen, und wir müssen
jetzt zu einer Entscheidung kommen.

Das ist die Geschichte, der Hintergrund
dieses Vermerks.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So, jetzt kommt die CDU dran. Herr Kollege
Grübel.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ja, Herr
Selhausen, Sie haben ja die E-Mail sowieso
vor sich liegen. Dann brauche ich sie Ihnen
nicht vorzulegen.

Sehe ich das richtig, das ist eine E-Mail,
die nicht an Staatssekretär Beemelmans
gegangen ist, sondern an eine Mitarbeiterin
in seinem Büro?

Zeuge Detlef Selhausen: Das ist zutref-
fend.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ist auch zu-
treffend, dass Sie überhaupt keine Kenntnis
haben, ob diese Information den Staats-
sekretär erreicht hat?

Zeuge Detlef Selhausen: Das habe
ich - - Wie ich bereits sagte: Das ist der Fall.
Ich habe keine Information darüber.

Markus Grübel (CDU/CSU): Haben Sie
Informationen, dass Staatssekretär Beemel-
mans den Minister unterrichtet hat?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich habe da-
rüber keine Kenntnis.

Markus Grübel (CDU/CSU): Sind ent-
sprechende Pressenotizen oder Presseerklä-
rungen, dass das Herrn Minister de Maizière
belastet - - müssten wir doch dann als Spe-
kulation bezeichnen, weil man gleich zwei
Kettenglieder nicht hat, nämlich die Frage:
Hat die Mitarbeiterin das an den Staats-
sekretär weitergegeben? Hat der Staats-
sekretär das an den Minister weitergegeben?
Wäre es so. - Also das wissen Sie nicht. Also
das hat sich jetzt aus Ihren Erklärungen nicht
ergeben.

Zeuge Detlef Selhausen: Ich habe dazu
keine Erkenntnisse.

Markus Grübel (CDU/CSU): Gut. Dann
sind es also Spekulationen, die da in den
Medien und über die Ticker kursieren. -
Dann: Sie machen im zweiten Absatz Ein-
schränkungen, dass Sie die Daten noch ein-
mal validieren müssen und dass es sich um
eine erste Einschätzung handelt. Ist es üb-
lich, dass man bei solchen Unsicherheiten
sozusagen den Minister damit - wie soll man
sagen? - betraut oder informiert? Weil der
Minister müsste es einem doch sofort um die
Ohren hauen, weil er sagt: Solche offenen
Dinge müssen geklärt werden, dass ich eine
echte Grundlage habe.

Zeuge Detlef Selhausen: Das ist eine
Information für das Büro. Es kann ja auch
etwas anderes passieren. Es kann ja sein,
dass die Industrie von ihrer Seite das Thema
anspricht und dass dann im Rücklauf Staats-
sekretär Beemelmans nicht überrascht ist.
Auch das ist ja eine Möglichkeit.

Markus Grübel (CDU/CSU): Gut. - Dann
zu etwas anderem. Als Grundlage oder eine
Grundlage für die Entscheidungsvorlage, die
dann im Mai tatsächlich dazu geführt hat,
dass die Entscheidung getroffen wird „Euro
Hawk wird nicht in Serie beschafft“, sind ja
auch alternative Studien eingeholt worden,
ob es Alternativen gibt. Können Sie was zu
den Studien sagen? Also Alternativen zu
dem unbemannten Luftfahrzeug Euro Hawk,
in die das deutsche Aufklärungssystem ISIS
integriert werden kann.

Zeuge Detlef Selhausen: Diese Studien
liegen dem Ausschuss vor. - Ja, es gibt eine
Studie der Firma IABG, in der sie - - Ich
muss noch mal ganz kurz fragen, weil ich

Drucksache 17/14650 – 628 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 66
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

das auswendig nicht parat habe: Ist diese
Studie eingestuft, oder?

(Zuruf)

- Dann können wir hier darüber reden,
oder? - Wenn ich es richtig parat habe, hat
die Firma IABG im Ergebnis drei Varianten
betrachtet, ein bemanntes Luftfahrzeug vom
Typ A319, ein unbemanntes Luftfahrzeug
vom Typ „Heron TP“ und ein zu entwickeln-
des Luftfahrzeug in ihre Überlegungen auch
mit aufgenommen und ist dabei in dieser
Studie zu Ergebnissen gekommen, die Life
Cycle Costs und die Fähigkeit dieser Platt-
formen bewertete.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wann lag
die Studie vor?

Zeuge Detlef Selhausen: Das ist mir im
Moment nicht erinnerlich.

Markus Grübel (CDU/CSU): Auf die Stu-
die hat man aber gewartet, um die Entschei-
dungsvorlage zu fertigen.

Zeuge Detlef Selhausen: Ich meine die
Studie - - Aber das ist - - Ende des Jahres
2012 lag die Studie, glaube ich, vor.

Markus Grübel (CDU/CSU): Erinnerung?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich habe sie
jetzt nicht hier und kann Ihnen das nicht ge-
nau sagen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ein anderer
Zeuge sagte, Ende Februar 2013 läge die
Studie vor. Aber - -

Zeuge Detlef Selhausen: Ich habe dazu
keine Erinnerung.

Markus Grübel (CDU/CSU): Für die Ent-
scheidung, die Serie nicht zu beschaffen, ist
da die Frage wichtig gewesen: Gibt es Al-
ternativen in der Größenordnung des ur-
sprünglich geplanten Kaufpreises?

Zeuge Detlef Selhausen: Das waren die
Überlegungen zum Aufsetzen dieser Studie.
Wenn ich die Ergebnisse der Studie richtig
erinnere, ist selbst die kostenhöchste Mög-
lichkeit innerhalb des vorgegebenen Finanz-
rahmens möglich.

Markus Grübel (CDU/CSU): Sodass so-
zusagen eine Entscheidungsvorlage erst mit
der Kenntnis gefällt werden konnte.

Zeuge Detlef Selhausen: Das war Hin-
tergrund der Vorlage. Ja, klar.

Markus Grübel (CDU/CSU): Danke. - Wir
haben gerade keine Fragen? - Doch! Kollege
Hochbaum.

Robert Hochbaum (CDU/CSU): Ja, ich
will noch mal auf den CPM eingehen. Ich
glaube, der alte war von 2001 und ist, wie
Sie ausgeführt haben, 2004 noch mal über-
arbeitet worden. Und alle Zeugen, die hier
auftreten, erzählen immer davon, dass es da
Mängel gibt in diesem Bereich, dass man ihn
deswegen ja auch jetzt neu überarbeitet hat
und einen neuen CPM präsentiert hat, der
diese Mängel möglichst ausschließen soll.

Warum ist das - - War es in 2004 nicht für
die damalig Zuständigen erkennbar, dass
man noch mehr in diesem CPM hätte inte-
grieren können, um diese Fehler heutzutage
vielleicht - oder die Probleme, die aufgetreten
sind - schon damals dadurch auszuschlie-
ßen?

Zeuge Detlef Selhausen: Das, was wir
gemacht haben, ist ja eine Fortentwicklung
des CPM, wie wir ihn vorgefunden haben. Ich
habe die Novellierung mit dem damaligen
Hauptabteilungsleiter Rüstung, Dr. Kaempf,
einmal erörtert und diskutiert. Und als ich ihm
das neue Modell vorgestellt habe und insbe-
sondere erläuterte, dass wir jetzt in dem
neuen Prozess integrierte Projektteams fest
installieren, da hat Dr. Kaempf mir gesagt:
Wie haben Sie das denn hingekriegt? Das
war doch eigentlich verfassungsrechtlich gar
nicht möglich. - Ich habe davon vorher nichts
gehört, dass es dort Bedenken gab. Das war
87 a und b. Also, ich bin mir ziemlich sicher.
Ich habe Dr. Kaempf jedenfalls so verstan-
den, dass er integrierte Projektteams einge-
richtet hätte, hätte er es tun können.

Und jetzt auf jeden Fall ergab sich die
Möglichkeit. Von dem Problem, das nicht tun
zu dürfen, habe ich nichts gewusst. Und
während der Entwicklung des „CPM novel-
liert“ sind diese Bedenken auch nie an mich
herangetragen worden. Da hat es - so ist
meine Erklärung - in der Zwischenzeit - das
sind ja im Kern zehn Jahre - einfach auch
eine Entwicklung in den Nationen gegeben.
Die Deutschen haben halt gesehen, dass die

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 629 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 67
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Briten damit gute Erfahrungen machen, dass
die Franzosen damit gute Erfahrungen ma-
chen. Und da war das dann am Ende auch
gar keine Frage mehr. Also, das ist eine
Evolution, die stattgefunden hat und die
selbst die Väter des CPM 2001 und 4 richtig
finden.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So, dann gebe ich der SPD das Wort, Herrn
Kollegen Bartels.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Herr Sel-
hausen, in der Zeit, wo Sie Führungsverant-
wortung für die Abteilung Rüstung haben:
Waren Sie immer in der Lage, diese Verant-
wortung vollumfänglich wahrzunehmen?
Konnten Sie führen?

Zeuge Detlef Selhausen: Tja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sind in
Ihrer Abteilung oder im nachgeordneten
Bereich Fehler gemacht worden?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich habe mög-
licherweise auch Fehler gemacht. Menschen
machen Fehler.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Welche?
Darüber reden - deswegen haben wir ja auch
einen Untersuchungsausschuss. Also, das ist
jetzt nicht die Anklage, sondern die Frage:
Welche Fehler sind von wem gemacht wor-
den? Nicht abstrakt, konkret.

Zeuge Detlef Selhausen: Wenn Sie doch
bitte konkret werden. Ich kann hier nicht all-
gemein - -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Im Zu-
sammenhang mit dem Projekt Euro Hawk:
Sind in Ihrem nachgeordneten Bereich oder
in Ihrer Abteilung Fehler gemacht worden?

Zeuge Detlef Selhausen: Danke für den
Hinweis. - Es hat eine Besprechung am
6. Februar 2010 in Manching gegeben mit
Northrop Grumman, dem Projektleiter, dem
fachaufsichtsführenden Referenten, Vertre-
tern der Luftwaffe, der ML, WTD 61/ML, so-
weit ich das erinnere. Und in dieser Bespre-
chung hat die Firma vorgetragen, dass sie
die notwendigen Daten für eine umfassende
Musterzulassung des Full Scale Demonstra-
tors nicht wird liefern können.

Und am Rande dieser Besprechung - ich
habe das im Bericht der Ad-hoc-Arbeits-
gruppe niedergelegt - hat dann der Projekt-
leiter in Anwesenheit mit dem fachaufsichts-
führenden Referenten entschieden, die
Musterzulassung nicht weiterzuverfolgen, die
Musterzulassung anhand der Euro-Hawk-
Serie vorzunehmen. Die Firma hatte wohl
auch dargelegt, dass die Euro-Hawk-Serie
nicht mehr oder doch weiter entfernt sein
wird vom Urzustand des Euro Hawk, wie das
ursprünglich geplant war, und dass der Full
Scale Demonstrator nunmehr nur noch eine
Prototypenprüfung bekommt.

Diese wegweisende Entscheidung ist
nicht dokumentiert worden. Die Besprechung
selbst ist im Controlling-Bericht für, wenn ich
das recht erinnere, das vierte Quartal 2009
erwähnt. Aber erst für den Controlling-Bericht
des ersten Quartals - - Entschuldigung, im
vierten Quartal des Jahres 2008. Ich korri-
giere mich: Ich meinte nicht 2009, ich meinte
vierte Quartal 2008.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sie hatten
jetzt gerade über die Sitzung am 6. Februar
2010 in Manching gesprochen.

Zeuge Detlef Selhausen: Entschuldi-
gung! Da bin ich jetzt völlig durcheinander
gekommen. Ich korrigiere noch mal.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Die ist
Ihnen nicht mitgeteilt worden, die Entschei-
dung, die Musterzulassung nicht mehr anzu-
streben.

Zeuge Detlef Selhausen: Diese Bespre-
chung war im Controlling-Bericht - das ist
richtig - 2009 angekündigt; aber das Ergeb-
nis ist weder in dem VOCON-Bericht mitge-
teilt worden, noch ist dazu ein Bericht - das
wäre eigentlich notwendig gewesen - des
Projektleiters an das Haus erfolgt, noch hat
der fachaufsichtsführende Referent einen
Bericht an mich gefertigt oder das fachauf-
sichtsführende Referat.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wann ist
aufgefallen, dass das ein Fehler ist?

Zeuge Detlef Selhausen: Das ist mir
persönlich aufgefallen in der Besprechung
am 24. November 2011.

Drucksache 17/14650 – 630 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 68
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Also an-
derthalb Jahre später.

Zeuge Detlef Selhausen: Ja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Und die
anderthalb Jahre sind verlorene Zeit? Oder
sind eine Zeit, wo keine Entscheidungen
durch Sie möglich waren, weil Sie nicht in-
formiert wurden?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich sehe das
nicht als verlorene Zeit an. Ich habe mich
rückblickend gefragt, ob es sinnvoll gewesen
wäre, das Programm im Jahr 2010 zu been-
den.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Die Frage
stellt sich ja.

Zeuge Detlef Selhausen: Ich müsste
jetzt mal ganz kurz ein paar Daten suchen.

(Der Zeuge liest in seinen
Unterlagen)

Fraglich ist also, ob eine Beendigung des
Vorhabens im Jahr 2010 sinnvoll gewesen
wäre. Zu diesem Zeitpunkt war keines der
vier Entwicklungsziele erreicht. Aber ich erin-
nere daran: Bis jetzt haben wir drei Ziele
erreicht. Bereits 2009 waren rund 314 Mio.
Euro gezahlt worden. Des Weiteren bestan-
den Ende 2009 Verpflichtungen in Höhe von
rund 225 Mio. Euro, also insgesamt 539 Mio.
Euro in Verpflichtung. Des Weiteren bestan-
den Ende 2- - Zu diesem Zeitpunkt bestand
die Forderung nach Schließung der Fähig-
keitslücke Euro Hawk unverändert und dring-
lich fort; denn im Jahr 2010 wurde die letzte
Breguet Atlantic SIGINT außer Dienst ge-
stellt.

Vor dem Hintergrund - das ist jetzt eine
Vermutung - hätten wir bei sorgfältiger Ab-
wägung nicht anders entschieden, als das
Projekt fortzusetzen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Der Text,
den Sie eben vorgetragen haben: Haben Sie
den geschrieben?

Zeuge Detlef Selhausen: Den habe ich
mir in Vorbereitung dieser Anhörung, dieser
Zeugenvernehmung geschrieben.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wir waren
eben bei den Langläuferteilen in der vorigen

Runde. Sie hatten gesagt, es habe eine Ent-
scheidung am 26. November 2011 gegeben,
die auch im Ad-hoc-Bericht steht. Da habe
ich sie nicht gefunden. Jedenfalls, soweit er
chronologisch geordnet ist, ist es da nicht zu
finden.

Im April 2012 gab es dann eine Bespre-
chung, wo Sie das vorgetragen haben. Aber
in der Mail vom Januar, 19. Januar 2012,
sagen Sie ja schon, Sie können die Be-
schaffung Langläuferteile nicht empfehlen.

Ich erinnere mal an die Haushaltszahlen.
Also, wir hatten das ja alles schon im Haus-
halt. Im Haushalt für 2011 war vorgesehen:
Beschaffung Langläuferteile 2012 20 Millio-
nen, 2013 25 Millionen schon auszugeben,
im Haushalt 2013, nein, im dann bewilligten
Haushalt 2012 25 Millionen sogar 2012 aus-
zugeben. Also Aufstellung des Haushalts
2011 - - da muss man noch geplant haben:
2012 wird was gemacht.

Im jetzt geltenden Haushalt 2013 steht die
erste Beschaffung Langläuferteile mit 7 Mil-
lionen erst für 2014 an. Das heißt, in der
Zwischenzeit müssen Entscheidungen ge-
troffen worden sein, sinnvolle Entscheidun-
gen, weil es ja rausgeworfenes Geld gewe-
sen wäre, wenn man gar nicht weiß, ob man
das Projekt fertig kriegt, und schon in die
Beschaffung von Langläuferteilen investiert.

Haben Sie über diese Ihre Entscheidung
mit irgendeiner übergeordneten Stelle kom-
muniziert?

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege, ist das eine Bundestagsdruck-
sache, oder ist das - -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das sind
Haushaltszahlen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Haushaltszahlen, eine Bundestagsdruck-
sache.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Die habe
ich mir sozusagen aus dem Haushalt so
rausgenommen. Die wären sozusagen dem
Bundeshaushalt zu entnehmen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut.

Zeuge Detlef Selhausen: Frau Vorsit-
zende, ich muss mal ganz kurz in den Bericht

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 631 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 69
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

gucken und die Stelle raussuchen, wo das
niedergelegt ist mit den Langläuferteilen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Auf
Seite 37 kommen die Langläuferteile vor.

(Der Zeuge blättert und liest in
seinen Unterlagen)

Zeuge Detlef Selhausen: Wenn ich kurz
vorlesen darf, Seite 52:

Weitere Projektaktivitäten
Am 11. Oktober 2011 wurde der
Leitung BMVg eine Vorlage zur Se-
rienbeschaffung EURO HAWK
übermittelt. In dieser wurde die Auf-
nahme von Verhandlungen mit der
Firma EuroHawk GmbH mit dem
Ziel vorgeschlagen, im II. Quartal
2012 konfigurationsunabhängige,
sogenannte Langläuferbauteile zu
beschaffen. Dies war Bestandteil
einer geplanten zweistufigen Vor-
gehensweise zur Beschleunigung
der Einführung der Serie. In der
Vorlage waren Schätzungen aus-
gebracht, deren Eingrenzung
Staatssekretär Wolf am 24. Oktober
2011 und Staatssekretär Beemel-
mans am 26. Oktober 2011 einfor-
derten.
Am 22. November 2011 hat die
Fachaufsicht im Rahmen einer
Vorlage zur Entscheidung erneut
auf die Dringlichkeit der Einleitung
der Beschaffung hingewiesen, um
weitere Verzögerungen für den Zu-
lauf der Serienluftfahrzeuge zu
vermeiden. In der Besprechung am
24. November 2011 trug der Pro-
jektleiter EURO HAWK dem Abtei-
lungsleiter Rüstung auf dessen
Frage zum Sachstand des Projek-
tes EURO HAWK vor, dass aus
seiner aktuellen Sicht die Muster-
zulassung für die EURO HAWK Se-
rie nur mit zeitlichem und finanziel-
lem Mehraufwand zu erreichen sei.
Hinzu käme, dass die US-Firma nur
sehr zögerlich qualifizierte Informa-
tionen und Unterlagen für die deut-
sche Musterzulassung der Serie be-
reitstelle. Vor diesem Hintergrund
wies Abteilungsleiter Rüstung am
26. November 2011 an, die Aktivi-
täten zur Beschleunigung der Serie
anzuhalten.*

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-2 BT HA zu BB 17-93,
Ordner 1, Blatt 498/499.

Das heißt ja nicht, dass man das später nicht
fortsetzt - - aber erst mal diese Fragen zu
klären.

Das Ganze war vor allen Dingen auch vor
dem Hintergrund zu sehen, dass der Muster-
zulasser mitgeteilt hatte - das war meines
Erachtens Mitte 2011 in einem Bericht -,
dass die Euro-Hawk-Serie praktisch einer
Neuentwicklung gleichkäme. Das sind keine
Erkenntnisse gewesen, die im Jahr 2010
vorlagen, dass die praktisch einer Neuent-
wicklung gleichkäme. Das ist eine Verände-
rung.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Es ist
sehr gut, dass Sie es vorgelesen haben.
Also, es ist zunächst mal an die Leitung
BMVg - - Also beide Staatssekretäre haben
es gesehen, haben Ihnen da den Auftrag
gegeben - - sozusagen wurde vorgeschla-
gen, zu beschaffen. Sie haben dann - -

Zeuge Detlef Selhausen: Nein.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sie haben
es ja gerade vorgelesen. Also, die Leitungs-
vorlage ging um Beschaffung Langläuferteile,
kam zurück zu Ihnen: Schätzungen vor-
legen. - Das haben Sie dann gemacht. Ist es
wieder bei den Staatssekretären angekom-
men, dass Sie das dann nicht weiter verfol-
gen wollen zu dem Zeitpunkt?

Zeuge Detlef Selhausen: Noch mal: Es
ging nur um die Aufnahme von Verhandlun-
gen. Wenn Sie ein solches Thema verhan-
deln - -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber es
war eine Leitungsvorlage.

Zeuge Detlef Selhausen: Das war eine
Leitungsvorlage. Die Leitungsvorlage war vor
dem Hintergrund verfasst worden, dass für
die Verhandlungen ein Jahr vorgesehen war
und dann ja noch der parlamentarische Billi-
gungsprozess hätte stattfinden müssen. Die
Legislaturperiode, die laufende - das war
auch damals bekannt -, geht im Herbst die-
ses Jahres zu Ende. Um eine 25-Mio.-Euro-
Vorlage für Langläuferteile noch in dieser
Legislaturperiode platzieren zu können, war
die Aufnahme von Verhandlungen im Herbst
2011, spätestens Anfang 2012 grundsätzlich
geboten.

Drucksache 17/14650 – 632 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 70
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja, ja, Sie
wollten 2012 25 Millionen ausgeben. Das
hätte übrigens auch eine 25-Mio.-Vorlage
ausgelöst, die dann 2012 hätte beraten wer-
den müssen. Aber ist das wieder bei der
Leitung angekommen?

Zeuge Detlef Selhausen: Nein, nein.
Entschuldigung, ich habe das anders ge-
meint. Allein für die Verhandlungen eines
solchen Vertrages brauchen Sie ein Jahr,
und dann dauert das noch seine Zeit, bis die
25-Mio.-Euro-Vorlage erstellt wird. Und um
das innerhalb der Legislaturperiode zu ge-
währleisten - das war der tragende Gedanke
der mit dem Projekt Befassten -, sollten die
Verhandlungen über die Aufnahme der Be-
schaffung von Langläuferteilen zügig aufge-
nommen werden.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja. Und
das haben Sie gestoppt.

Zeuge Detlef Selhausen: Das habe ich
angehalten, so lange, bis geklärt ist, wie die
möglichen Kostenaufwüchse für die Serie
selbst sein können.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das ist ja
auch super. Das ist genau richtig. Also, das
war ja eine richtige Entscheidung. Ist die
auch den Staatssekretären mitgeteilt wor-
den?

Zeuge Detlef Selhausen: Es gab dazu
keine getrennte Vorlage. Die Staatssekretäre
selber hatten ja angewiesen, eine Kosten-
eingrenzung vorzunehmen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das ha-
ben Sie denen dann auch geliefert. Ist wieder
eine Vorlage bei den Staatssekretären ange-
kommen?

Zeuge Detlef Selhausen: Eine Kosten-
eingrenzung ist insoweit nicht vorgenommen
worden, da keine Veranlassung bestand,
Langläuferteile zu bestellen vor dem Hinter-
grund, dass die sich abzeichnenden Mehr-
kosten der Serie erst mal sorgfältig geprüft
werden mussten.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das
heißt, Sie haben das informationsmäßig
einfach auf sich beruhen lassen gegenüber
den Staatssekretären, der Leitung, die ja

sozusagen zunächst mal informiert worden
sind, dass man loslegen will.

Zeuge Detlef Selhausen: Dies Ganze ist
ein Zusammenhang. Es sind die Kosten für
die Langläuferteile, deswegen Eingrenzung
der Kosten, und die Kosten für die Serie
selbst. Ich halte das Verfahren so, wie es ist,
für richtig.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut. Danke schön. - Jetzt kommt die FDP. -
Die hat keine Fragen. Die Linken. - Frau
Höger.

Inge Höger (DIE LINKE): Herr Selhau-
sen, ich möchte noch mal da anknüpfen, wo
wir vorhin aufgehört hatten. Ich hatte gefragt,
warum man vor Vertragsabschluss sich nur
von zwei Firmen hat Angebote machen las-
sen, EADS und Northrop Grumman. Sie ha-
ben nur zu dem zweiten Teil was gesagt.
Meine Frage zielte auch: Warum hat man
sich für die Aufklärungstechnologie nur ein
Angebot von EADS eingeholt?

Zeuge Detlef Selhausen: Weil es auch
dort für diese hochkomplexe Technologie nur
ein Unternehmen gibt, was es hier in
Deutschland gibt. Das Besondere bei der
elektronischen Aufklärung ist, dass, wenn Sie
Exportversionen erwerben, diese Exportver-
sionen Restriktionen haben, die im Ergebnis
Ihnen nicht die Aufklärungsergebnisse lie-
fern, die Sie für die Streitkräfte benötigen.

Inge Höger (DIE LINKE): Woher hatten
Sie diese Kenntnis, dass es nur EADS liefern
kann und sonst niemand weltweit, wenn man
sich gar kein Angebot einholt?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich darf noch
mal wiederholen: Weltweit hätte es Anbieter
gegeben, aber es war die Entscheidung, hier
aus Sicherheitsgründen und um gute Aufklä-
rungsergebnisse zu bekommen, national zu
beschaffen, damit nicht Sensoren beschafft
werden, die in ihrer Leistungsfähigkeit einge-
schränkt sind, eben sogenannte Exportver-
sionen.

Inge Höger (DIE LINKE): Wer hat diese
Entscheidung getroffen?

Zeuge Detlef Selhausen: Das ist seiner-
zeit im Rahmen der Abstimmung der „Ab-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 633 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 71
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

schließenden funktionalen Forderung“ be-
schlossen worden. Im Kern ist das ein Aus-
fluss der Forderung der Streitkräfte nach der
Leistungsfähigkeit eines solchen Sensors,
und wenn Sie einen solchen Sensor in Ex-
portversion nicht bekommen, dann bleibt
Ihnen nichts anderes übrig, wenn Sie den
Bedarf decken wollen, als den dann national
zu vergeben. Das ist ein Stück Souveränität
in der Aufklärung.

Inge Höger (DIE LINKE): Die Firma
EADS hat somit die Systemanforderungen
geschrieben in den vorbereitenden Analysen,
und aufgrund dieser Systemanforderungen
wird die gleiche Firma nach einem Angebot
gefragt. Hat das nicht einen Beigeschmack?

Zeuge Detlef Selhausen: Das ist Ihre
Schlussfolgerung.

Inge Höger (DIE LINKE): In dem Vertrag,
der dann abgeschlossen wurde, wurden
bestimmte Bereiche mit der Bemühungsklau-
sel versehen, andere Bereiche nicht. Unter
anderem wurde die Zurverfügungstellung des
Euro Hawk und die Luftzulassung als Ver-
tragsleistung definiert. Ist das so gewesen?
Weil es gibt unterschiedliche Aussagen hier
im Ausschuss dazu.

Zeuge Detlef Selhausen: Diese Fragen
unterliegen der anwaltlichen Prüfung. Ich
möchte dazu keine Angaben machen.

Inge Höger (DIE LINKE): Aber Herr Jung
hat uns gesagt, ihm wäre es total wichtig
gewesen, dass die Gewährleistung in diesen
Vertrag reinverhandelt worden wäre, und er
war ganz stolz darauf, dass das auch rein-
verhandelt worden ist. Wieso wird das im
Nachhinein infrage gestellt, dass es Be-
standteil war, den Leistungserfolg zu schul-
den?

Zeuge Detlef Selhausen: Der Vertrag
unterliegt der anwaltlichen Prüfung. Ich bitte
sehr um Verständnis, dass die abzuwarten
bleibt.

Inge Höger (DIE LINKE): Der Vertrag
wurde 2007 abgeschlossen. Sie haben vor-
hin in Ihren Einlassungen schon gesagt, dass
es bereits 2006 oder erneut 2006 Hinweise
auf die Zulassungsprobleme gab. Und im
Grunde verstärkten sich die Hinweise, die es

schon 2004 gab, weil ja der Global Hawk in
den USA nicht zugelassen wurde und damit
die Prüfungen sehr viel umfangreicher wa-
ren, um es anzupassen. Trotzdem ist dieser
Vertrag in dieser Form abgeschlossen wor-
den. Hätte man da nicht schon anders agie-
ren müssen?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich bitte sehr
um Verständnis, dass ich wiederhole, was
ich eingangs gesagt habe. Die damaligen
Entscheidungsträger haben so abgewogen.
Das mag aus heutiger Sicht anders sein. Ich
gehe davon aus, dass die damaligen Ent-
scheidungsträger nach bestem Wissen und
Gewissen gehandelt haben.

Inge Höger (DIE LINKE): Sie haben vor-
hin gesagt: Es ging um eine Schlüsseltech-
nologie, und deshalb war es allen so wichtig,
diese Schlüsseltechnologie einzukaufen. Der
Bundesrechnungshof oder die Vertreterin,
die wir vor Ihnen hier befragt haben, sagte,
Sie wären alle sehr blauäugig an die Ver-
tragsgestaltung drangegangen. Was würden
Sie heute anders machen?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich würde
heute, wenn es gilt, ein Projekt zu realisieren
eines unbemannten Luftfahrzeuges, die Zu-
lassung so vertraglich absichern, dass sie
werkvertraglich geschuldet ist und dass sie
abgesichert ist dadurch, dass im Falle des
Nichterreichens ein Rücktrittsrecht mit Rück-
gewährschuldverhältnis verhandelt wird.

Inge Höger (DIE LINKE): Die Vertreterin
des Bundesrechnungshofes meint, dass
dieses Werk so geschuldet sei, dass der
Vertrag so abgefasst worden ist.

Zeuge Detlef Selhausen: Dies unterliegt
derzeit der anwaltlichen Prüfung.

Inge Höger (DIE LINKE): Der Bundes-
rechnungshof sagt auch, nachdem es die
weiteren Probleme mit der Zulassung gab
und man sich daraufhin entschieden hat für
eine vorläufige Zulassung für den Prototyp
und ansonsten Abstand genommen hat von
einer Musterzulassung, hätte man das Pro-
jekt erneut bewerten müssen, bevor man
einfach weitermacht. Wie ist Ihre Meinung
dazu? Das war 2011, nein 2009.

Drucksache 17/14650 – 634 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 72
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Detlef Selhausen: Das ist das Er-
gebnis der Besprechung vom 3. Februar
2010. Am 3. Februar 2010 hat der Projekt-
leiter in Abstimmung mit dem fachaufsichts-
führenden Referenten entschieden, die
Musterprüfung für die Serie nicht mehr am
Full Scale Demonstrator vorzunehmen, son-
dern das Musterprüfprogramm erst an den
Luftfahrzeugen der Serie durchzuführen. Wie
ich bereits in meiner Eingangsaussage er-
wähnte, haben die USA bereits zu einem
sehr frühen Stadium ihres Global-Hawk-Pro-
gramms ihr Luftfahrzeug in den Einsatz ge-
bracht. Erfahrungen aus diesen Einsätzen
flossen umgehend in die Weiterentwicklung
des Systems Global Hawk.

Im Ergebnis gab es deshalb de facto kei-
nen festgelegten und dokumentierten Bau-
zustand des US-Systems Global Hawk, der
für eine darauf aufsetzende deutsche Mus-
terzulassung unbedingt erforderlich ist. Letzt-
lich hat die Firma Northrop Grumman am
3. Februar 2010 dargestellt und begründet,
dass die vorhandenen Nachweise nicht aus-
reichen, um die Musterzulassung der Serie
Euro Hawk zu erreichen.

Zur Vermeidung von unnötigem Mehrauf-
wand und Verzögerungen im Projekt hat der
Projektleiter zusammen mit dem fachauf-
sichtführenden Referenten daraufhin ent-
schieden, sich anstelle der Musterprüfungen
auf eine weniger aufwendige Prototypenprü-
fung für den Full Scale Demonstrator zu be-
schränken.

Fraglich ist also, ob eine Beendigung des
Vorhabens im Jahr 2010 sinnvoll gewesen
wäre. Zu diesem Zeitpunkt war keines der
vier Entwicklungsziele erreicht. Aber ich erin-
nere daran: Bis jetzt haben wir drei Ziele
erreicht.

Bereits Ende 2009 waren rund 314 Mio.
Euro gezahlt worden. Des Weiteren bestan-
den Ende 2009 Verpflichtungen in Höhe von
rund 225 Mio. Euro. Zu diesem Zeitpunkt
bestand die Forderung nach Schließung der
Fähigkeitslücke Euro Hawk unverändert und
dringlich fort, denn im Jahr 2010 wurde die
letzte Breguet Atlantic außer Dienst gestellt.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So, jetzt gebe ich das Wort Bündnis 90. Frau
Kollegin Keul.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, vielen Dank. - Herr Selhausen, dann will
ich mal bei der Bemühungsklausel weiterma-
chen, weil es eben schon Thema war. Sie

haben in Ihrem Eingangsstatement - ohne
dass wir Sie jetzt nach Ihrer Rechtsbewer-
tung gefragt hätten - ungefragt dargelegt,
dass es sich beim Euro-Hawk-Vertrag um
einen Entwicklungsvertrag handele und die
Auftragnehmer lediglich Dienstleistung und
nicht Werkvertrag schulden.

Wir haben allerdings mehrfach anderes
gehört. Sowohl der ehemalige Minister Jung
hatte darauf gedrängt, dass die Bemühungs-
klausel hier ausgeschlossen wird; das ist
auch erfolgt. Der WTD 61 Steiger hat uns
noch mal bestätigt, dass Vertragsgegenstand
die sämtlichen technischen Voraussetzungen
der Zulassungsfähigkeit - - im Vertrag ver-
einbart waren - - und auch der Bundesrech-
nungshof eben mit der Zeugin Bauch noch
mal bestätigt hat: Die Zulassungsfähigkeit ist
Vertragsteil.

Deswegen frage ich Sie: Warum beharren
Sie nach wie vor auf einer für den Bund
nachteiligen Rechtsauffassung zugunsten
der Industrie, obwohl diese Frage inzwischen
auch von höchster Stelle in die Rechtsprü-
fung gegeben worden ist?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich beharre
nicht auf etwas; ich stelle nur dar, dass es in
dem Vertrag Elemente gibt, die auch der
Bemühensklausel unterliegen. Nur das will
ich damit gesagt haben. Der Rest unterliegt
der anwaltlichen Prüfung.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Selhausen, ich will trotzdem einmal
nachlegen. Sie hatten in Ihrem Eingangs-
statement gesagt, es gilt die Bemühensklau-
sel, und haben sie uns auch noch Wort für
Wort vorgelesen, ohne mit einem Wort zu
erwähnen, dass die Bemühensklausel hier
für die essenziellen Vertragsbestandteile
ausdrücklich ausgeschlossen worden ist.
Warum?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich habe sie
vorgelesen, weil es Elemente in dem Vertrag
gibt, die dem Bemühen geschuldet sind.
Welche das sind, wird die anwaltliche Prü-
fung ergeben.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Selhausen, Sie haben uns außerdem
erzählt, dass Sie bei der Einweisung des
Ministers zehn ausgewählte Rüstungspro-
jekte vorgeschlagen haben und der Euro
Hawk nicht dabei war. Wir haben eben erfah-
ren von der Zeugin Bauch, dass das Euro-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 635 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 73
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Hawk-Projekt zu den Projekten der Katego-
rie 1 gehört, das heißt leitungsrelevant ist,
was wiederum bedeutet, dass dies Projekte
sind, über die sich die Führung des Hauses
nicht nur reaktiv, sondern sogar aktiv infor-
mieren muss. Warum wurde ausgerechnet
dieses leitungsrelevante Projekt dem Minister
2011 nicht vorgestellt?

Zeuge Detlef Selhausen: Es gibt 39 -
Moment -, 30 Kategorie-A-Projekte, und da
müssen Sie dann eine Auswahl treffen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sind alle die von Ihnen vorgestellten zehn
Projekte alles Projekte dieser obersten Kate-
gorie 1A gewesen?

Zeuge Detlef Selhausen: Das kann ich
jetzt aus der Erinnerung nicht sagen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Würden Sie glauben, dass Sie das so aus-
gewählt haben nach der Kategorie, oder
nach welchen Kriterien sind Sie ausgegan-
gen bei der Auswahl der Rüstungsprojekte?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich hatte vor-
hin gesagt: Volumen, das war - soweit ich
mich erinnere - für mich ein Kriterium. Im
Moment habe ich keine Erinnerung, nach
welchen Kriterien diese Auswahl sonst ge-
troffen wurde.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Die Tatsache, dass Projekte als kritisch oder
heikel eingestuft waren, war das für Sie ein
Kriterium bei dieser Auswahl?

Zeuge Detlef Selhausen: Selbst wenn es
der Fall gewesen wäre: Zu diesem Zeitpunkt
war das Projekt Euro Hawk im BMVg zwar
als kritisch betrachtet - mit Gelb -, aber nicht
als sehr kritisch. Und vor dem Hintergrund
bestand nicht die Verpflichtung, dieses in
einem ersten Aufschlag vorzustellen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ich wiederhole noch mal: Bei der Kategorie
1A gibt es sogar eine Verpflichtung der Füh-
rung des Hauses, aktiv nachzufragen. Muss
dem nicht auch gegenüberstehen eine Ver-
pflichtung der Fachaufsicht, dieses auch
gegebenenfalls vorzulegen, wenn es kritisch
ist?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich trage kriti-
sche Vorhaben auf dem Dienstweg an die
Leitung heran.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sie haben gerade die Statusberichte ange-
sprochen. Sie als Fachaufsicht haben ja bis
Mitte 2011 - Ihre Mitarbeiter; wir wissen, in
dem Fall war es sogar der heutige Projekt-
leiter Knöpfel, der zuvor ja in der Fachauf-
sicht tätig war - eine Bewertung der Status-
berichte gefertigt. Warum gab es eine solche
Bewertung der Statusberichte von Ihrer Seite
nur bis Mitte 2011 und dann nicht mehr?

Zeuge Detlef Selhausen: Die Fachauf-
sicht bewertet intern. Für mich waren die
Ergebnisse des Leitungscontrollings - die
teilweise über vier Monate - - wenn das zu
mir gelangte, waren das dann teilweise vier-
einhalb, fünf Monate - einfach nicht verwert-
bar. Das wäre zu spät gewesen, wenn ich
dann weiß, dass es in einem Projekt Pro-
bleme gibt.

Es ist Aufgabe des fachaufsichtsführen-
den Referates, in die VOCON-Berichte rein-
zugucken. Und wenn dann das fachauf-
sichtsführende Referat zur Schlussfolgerung
kommt, hier tauchen Probleme auf, dann
klärt das die Fachaufsicht mit dem Projekt-
leiter. Und wenn das Probleme gravierender
Natur sind, dann meldet das die Fachaufsicht
an die Leitung der damaligen Hauptabteilung
Rüstung oder an die Leitung der Abteilung
AIN.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Aber Herr Selhausen, das verstehe ich nicht.
Bis Mitte 2011 war es möglich, dass das
BMVg jeweils eine Bewertung abgibt; also
sowohl 2009; da heißt es hier: Controlling -
kritisch, BMVg - unkritisch; 2010: Bewertung
Controlling - sehr kritisch, Bewertung BMVg -
kritisch. Und 2011 heißt es dann noch mal:
Bewertung BMVg - kritisch, und dann zweites
Halbjahr 2011: Bewertung BMVg - keine.
2012: Bewertung BMVg - keine. Was ist
2011 passiert, dass das BMVg sich nicht
mehr in der Lage sah, die Statusberichte zu
bewerten?

Zeuge Detlef Selhausen: Das BMVg hat
die Statusberichte in den Referaten bewertet.
Nur ist für mich die Datenvalidität dieser
VOCON-Berichte fraglich. Ich habe den Pro-
jektauftrag „Rüstung, Nutzung, IT“ nur unter
der Voraussetzung übernommen seinerzeit

Drucksache 17/14650 – 636 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 74
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

vom Minister, dass er mir die Möglichkeit
gibt, ein neues Controlling aufzusetzen, weil
mir dieses Controlling, so wie es derzeit
durchgeführt wird, die validen Daten zur Be-
urteilung eines Projektes nicht gibt.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich frage die CDU/CSU. - Herr Kollege Grü-
bel.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ich will nur
eine Ergänzung. Hier wird von Frage-
stellerinnen teilweise „Leitung des BMVg“
synonym mit „Minister“ oder „Minister de
Maizière“ gebraucht. Herr Selhausen, wenn
Sie von „Leitung“ sprechen, dann berichten
Sie an den Staatssekretär, habe ich das rich-
tig verstanden?

Zeuge Detlef Selhausen: Das ist der
Fall. Für mich gibt es einen klaren Dienst-
weg. Ich berichte an Staatssekretär Bee-
melmans.

Markus Grübel (CDU/CSU): Danke. -
Keine weiteren Fragen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Die SPD-Fraktion?

Rainer Arnold (SPD): Ich möchte noch
mal auf diesen Beschluss kommen der
Runde in Manching, Februar 2010. Es war ja
doch eine größere Runde dort, und Sie ha-
ben das selbst - Ihre Worte - als „wegwei-
sende Entscheidung“ bezeichnet. Haben
Sie - nachdem so viele Leute aber - - jenseits
von Vorlagen auf anderem Kommunika-
tionsweg von dieser Entscheidung erfahren?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich habe die-
ses so nicht erfahren.

Rainer Arnold (SPD): Das heißt, Sie sind
anderthalb Jahre davon ausgegangen, dass
die Musterzulassung für den Demonstrator
erfolgen wird, obwohl das schon längst ge-
storben war?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich habe auf
jeden Fall nicht gewusst, dass eine Ent-
scheidung getroffen worden ist, dass Kosten-
risiken auf die Serie verlagert werden.

Rainer Arnold (SPD): Meine Frage war
ein bisschen anders. Meine Frage war: Sie

haben anderthalb Jahre lang nicht gewusst,
dass die Musterzulassung für den De-
monstrator nicht mehr verfolgt wird? Haben
Sie es gewusst, oder haben Sie es nicht
gewusst?

Zeuge Detlef Selhausen: Mir ist das erst
richtig deutlich geworden infolge der Bespre-
chung vom 24. November 2011.

Rainer Arnold (SPD): War es vorher un-
deutlich auch schon bekannt, und dann ist es
erst deutlich geworden? Oder haben Sie bis
zum 24. November den Glauben, festen
Glauben gehabt, alles läuft rund?

Zeuge Detlef Selhausen: Für mich
zeichnete sich im Jahr 2011 ab, dass es
hinsichtlich der Zulassung des Euro Hawk zu
gravierenden Problemen kommen wird.

Rainer Arnold (SPD): Also, da hat es
doch Gespräche gegeben zu diesem Thema
dann. Sie holen dieses Abzeichnen ja nicht
aus dem luftleeren Raum.

Zeuge Detlef Selhausen: Welches Ab-
zeichnen?

Rainer Arnold (SPD): Dass sich abge-
zeichnet hat, dass es zu großen Schwierig-
keiten bei der Zulassung kommt. Das erfin-
den Sie ja nicht, sondern das - - Wenn es
keine Vorlagen gibt, muss sich so ein Ge-
spräch entwickeln.

Zeuge Detlef Selhausen: Über Zulas-
sungsthemen ist beispielsweise gesprochen
worden im Vorfeld des Überführungsfluges
von den USA nach Deutschland.

Rainer Arnold (SPD): Also, es ist dann
schon so, dass Sie eine Problematik gekannt
haben, dass die Zulassung gefährdet ist zu-
mindest mal?

Zeuge Detlef Selhausen: Dass die Zu-
lassung gefährdet ist.

Rainer Arnold (SPD): Ja, okay. - Zudem
sagten Sie ja, im Sommer des Jahres 2011
wäre bei einer Besprechung - ich glaube, der
Rüstungsrat war es - deutlich geworden,
dass die Zulassung der Serie einer Neuent-
wicklung der Zulassung gleichkäme. Spä-
testens dort muss ja dann absolut klar gewe-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 637 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 75
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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sen sein, dass der Demonstrator keine Zu-
lassung hat, sonst müsste man ja an der
Serie nicht neu beginnen. Das war vorhin
Ihre Aussage.

Zeuge Detlef Selhausen: Ich habe vor-
hin von einem Bericht der WTD 61/ML ge-
sprochen.

Rainer Arnold (SPD): Genau.

Zeuge Detlef Selhausen: Ich habe nicht
vom Rüstungsrat gesprochen.

Rainer Arnold (SPD): Okay, aber Sie
haben diesen Bericht gehabt - -

Zeuge Detlef Selhausen: Moment.

Rainer Arnold (SPD): Ja.

Zeuge Detlef Selhausen: Dieser Bericht
ist an das BAAINBw gegangen und hat beim
Projektleiter dazu geführt, dass er ein Project
Review Ende September zum Anlass ge-
nommen hat, diese Einschätzung des Leiters
ML in dem Project Review mit der Industrie
zu besprechen. Und dort ist das thematisiert
worden.

Und da kam der Projektleiter zu der
Schlussfolgerung, dass hier ein Mehrbedarf
für die Musterzulassung der Serie entstehen
könnte; wie er dann im Januar meldete, in
einem hohen zweistelligen Mio. - - wie er
dann im Dezember 2012 meldete, in einem
hohen zweistelligen Mio.-Euro-Bereich. Und
ich meine, er hat dann noch in einem weite-
ren Bericht vom Dezember - Entschuldigung,
2011 ist das - 2011 100 Millionen Euro be-
richtet. Das kann aber auch Anfang Januar
gewesen sein.

Also, das ist eine Abfolge erstens eines
Berichtes des Leiters ML WTD 61 vom Juli -
wenn ich das recht erinnere - 2011 an den
Projektleiter. Der hat diese Einschätzung,
dass die Serie nahezu einer Neuentwicklung
gleichkäme, zum Anlass genommen, dieses
Thema aufzubringen in einem Project Re-
view 28., meine ich, 29. September 2011.
Und er kam dann auf meine Nachfrage vom
24. November 2011 Anfang Dezember 2011
zur Einschätzung, ein hoher zweistelliger
Betrag und anschließend - ich meine, es war
noch der Dezember 2011 - auf 100 Millionen
Euro.

Schließlich schätzte er dann den Mehrbe-
darf Ende Januar 2012 aus seiner Sicht auf
250 Millionen Euro, während der Leiter
WTD/ML bei 500 bis 600 Millionen Euro
Schätzung lag, der sich im Ergebnis dann
später der Projektleiter angeschlossen hat.
Das ist die Geschichte.

Rainer Arnold (SPD): Es war aber schon
so, dass dieses Projekt insgesamt nach CPM
in dieser Kategorie 1 war, wo es notwendig
ist, dass die politische Leitung des Ministe-
riums sich regelmäßig unterrichten lässt.
Vorhin wurde nach den Kriterien gefragt. Ich
will nur noch mal wissen: Es war in dieser
Kategorie 1?

Zeuge Detlef Selhausen: Es war Kate-
gorie A oder B; das kann ich jetzt im Moment
gar nicht sagen, wie es war.

Rainer Arnold (SPD): Also, der Rech-
nungshof hat gesagt, es war die Kategorie,
wo man berichten muss. Ich gehe schon mal
davon aus, dass das stimmt. Haben Sie re-
gelmäßig an den Staatssekretär berichtet,
zum Beispiel als das Thema Musterzulas-
sung für Sie ein relevantes wurde? Haben
Sie das weitergetragen?

Zeuge Detlef Selhausen: Ja, ich habe
am 24. November 2011 von dem Finanz-
risiko im Bereich der Musterzulassung erfah-
ren, habe dieses Risiko abschätzen lassen
und validieren lassen und habe dann eine
Vorlage am 8. Februar 2012 durch das fach-
aufsichtsführende Referat, abgestimmt mit
den Abteilungen im Haus, auf den Weg ge-
bracht.

Rainer Arnold (SPD): Im Jahr 2010 war
ja noch Minister zu Guttenberg im Amt. Ihm
hat man ja besondere Affinität zu den bayeri-
schen Standorten nachgesagt. Ist er von sich
aus bzw. sein Staatssekretär - im Sinne von:
CPM, muss mich informieren lassen - auf Sie
irgendwann mal zugegangen und hat sich
mal nach dem Status des Projektes erkun-
digt?

Zeuge Detlef Selhausen: Bundesminis-
ter zu Guttenberg erinnere ich nicht, dass er
eine solche Frage gerichtet hat.

Rainer Arnold (SPD): Haben sich der
Staatssekretär Beemelmans, also der neue,

Drucksache 17/14650 – 638 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 76
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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und Minister de Maizière nach diesem Status
des Projektes mal bei Ihnen auch persönlich
erkundigt jenseits der formellen Vorlagen, am
Rande von Besprechungen usw.?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich habe den
Staatssekretär auf dem Dienstweg unter-
richtet, und vor dem Hintergrund war er dann
auch über den aktuellen Stand im Bilde.

Rainer Arnold (SPD): Meine Frage war
aber nicht, ob Sie ihn auf dem Dienstweg
unterrichtet haben; das haben Sie ja vorhin
schon gesagt. Meine Frage war, ob er
außerdem auch von sich aus auf Sie zuge-
kommen ist - möglicherweise auch am
Rande von Tagungen, Gesprächen - und
sich mal nach irgendetwas erkundigt hat zu
diesem Thema. Das war die Frage. Da kann
man nur Ja oder Nein sagen; seien Sie mir
nicht böse.

Zeuge Detlef Selhausen: Es gibt insge-
samt 30 Kategorie-A-Projekte und rund 60
bis 70 Kategorie-B-Projekte. Da ist es nicht
so, dass sozusagen regelmäßig jetzt jedes
einzelne Projekt abgefragt wird.

Rainer Arnold (SPD): Wir haben aber
jetzt einen Minister, der zu Beginn seiner
Amtszeit gesagt hat: Alle Rüstungsprojekte
kommen auf den Prüfstand. - Diese Ankündi-
gung muss ja irgendwo zu Folgen und Kom-
munikation mit dem zuständigen Abteilungs-
leiter führen. Können Sie dazu was sagen?
Bei „alle“ ist der Euro Hawk sicherlich mit
dabei. Was ist da passiert?

Zeuge Detlef Selhausen: „Alle Projekte
auf den Prüfstand“ richtete sich vor allen
Dingen auch darauf, zu schauen, wie die
Umfänge der Ausrüstung der Bundeswehr
sind. Dieser Auftrag ist seinerzeit an Vize-
admiral Nielson gegangen. Das ist auch der
Grund, warum Vizeadmiral Nielson seinerzeit
derjenige war, der für die Rüstungsklausur
am 1. März 2012 sozusagen die federfüh-
rende Beauftragung hatte.

Rainer Arnold (SPD): War der Euro
Hawk dann auf diesem Prüfstand, und wie
war das Ergebnis gegebenenfalls?

(Der Zeuge blättert in seinen
Unterlagen)

Zeuge Detlef Selhausen: Am 1. März
2012 fand unter Vorsitz des Ministers mit der
Leitung des BMVg und den Abteilungsleitern
eine Rüstungsklausur statt. Hierzu war im
Ergebnis der damalige Führungsstab der
Streitkräfte angewiesen, ein kurzes Einfüh-
rungsstatement für den Bundesminister,
einen kurzen Sachstand zum Projekt -

Rainer Arnold (SPD): Herr Selhausen,
ich bitte Sie jetzt einfach, uns das nicht das
zweite Mal vorzulesen. Ich will jetzt nicht
unhöflich sein und Sie unterbrechen. Es geht
uns einfach um die 14 Minuten, die wir ha-
ben. Wir haben den Text von vorhin durch-
aus noch in Erinnerung. Die Frage war: War
in dieser Sitzung der Euro Hawk auf dem
Prüfstand, und wenn ja, mit welchem Ergeb-
nis? Das andere haben Sie ja vorhin schon
vorgetragen.

Zeuge Detlef Selhausen: - zu den The-
menblöcken UAV, also unbemannte Luftfahr-
zeuge, schwimmende Systeme und Dreh-
flügler sowie kurzen Sachstand zu den jewei-
ligen kritischen Punkten vorzulegen. Unter
anderem zu - ich verkürze das - Euro Hawk
hat General Müllner einen Vortrag gehalten,
in dem er auch das Zulassungsthema er-
wähnte.

Rainer Arnold (SPD): Also die Zulas-
sungsfragen und auch die finanziellen Risi-
ken und die generellen Risiken für die Serie
sind ja da dann wohl auf dem Tisch gewe-
sen. Es war sicherlich nicht mit links, dieses
strategisch wichtige Projekt, auch vom Mi-
nister ja strategisch wichtig.

Zeuge Detlef Selhausen: Ich erinnere,
dass General Müllner das Zulassungsthema
erwähnte und dass ich nach meiner Erinne-
rung sinngemäß bemerkt habe, dass Luft-
waffe und Rüstung hierzu im Gespräch seien
und das Thema gemeinsam klären würden.

Rainer Arnold (SPD): Sie haben aber
Ihren Kenntnisstand, wie schwierig das ist,
dort gut vertreten gefühlt? Oder war das ein
Stückchen weich gezeichnet in der Sitzung,
weil zu diesem Zeitpunkt waren die Probleme
ja schon deutlich auch dokumentiert?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich habe aus-
schließlich das Thema Zulassung kommen-
tiert und gesagt, dass hierzu Luftwaffe und

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 639 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 77
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Rüstung im Gespräch seien und das Thema
gemeinsam klären würden.

Rainer Arnold (SPD): Mehr Erinnerung
haben Sie nicht, wie dann der Gesprächs-
verlauf war zu dem Thema?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich habe den
Vortrag nicht gehalten und insoweit auch
keine anderen Kommentierungen gegeben.

Rainer Arnold (SPD): Es gab noch eine
andere schwierige Entscheidung, nämlich
dass dieses Missionsplanungssystem von
den Amerikanern nicht geliefert wird aus
Exportgründen. Wann haben Sie davon er-
fahren, und wie sind Sie mit dieser auch poli-
tisch nicht ganz irrelevanten Tatsache umge-
gangen?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich habe da-
von erfahren in der ganzen Tragweite bei der
Abfassung des Ad-hoc-Berichts.

Rainer Arnold (SPD): Sie haben vorher
also gedacht: „Das Missionsplanungssystem
ist geliefert“?

Zeuge Detlef Selhausen: Es standen für
mich andere Themen beim Euro Hawk im
Vordergrund.

Rainer Arnold (SPD): Das war nicht die
Frage; die Frage war - -

Zeuge Detlef Selhausen: Das war ein
Teilthema.

Rainer Arnold (SPD): Das war nicht die
Frage. Die Frage war: Sind Sie davon aus-
gegangen, dass das Missionsplanungssys-
tem geliefert wurde? Es kann ja nur entweder
geliefert oder nicht geliefert worden sein. Von
was gingen Sie aus?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich bin von
nichts ausgegangen; ich habe diese Frage
nicht gestellt.

Rainer Arnold (SPD): Bitte?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich habe diese
Frage nicht gestellt und ich bin von nichts
ausgegangen. Ich bin von einem Euro-Hawk-
System ausgegangen. Das Thema der Mis-

sionsplanung war an mich nicht herangetra-
gen worden.

Rainer Arnold (SPD): Also, Sie wurden
auch nicht informiert, dass es das nicht gibt,
dieses Planungssystem?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich erinnere
das nicht.

Rainer Arnold (SPD): Danke.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt kommt die FDP. - Nein. Die Linke?

Inge Höger (DIE LINKE): Ich kann da
noch mal anschließen. Herr Stein hat uns
gestern gesagt, dass es schon 2009 Gesprä-
che gab, auch in Manching, wo dann die
Industrie vorgeschlagen hat, eine vorläufige
Zulassung nur vorzunehmen. War Ihnen das
bekannt zu diesem Zeitpunkt 2009? Also
auch im Bericht des Bundesrechnungshofes
wird ja berichtet, dass es im Frühjahr 2009
die Empfehlung gab, sich auf eine Vorläufige
Verkehrszulassung zu beschränken.

Zeuge Detlef Selhausen: Der Bundes-
rechnungshof rekurriert in seiner Bemerkung,
in seinem Bericht, auf einen Bericht des Lei-
ters ML aus dem Jahr 2011. Das ist die Fuß-
note, mit der er die Situation aus 2009 be-
schreibt. Es geht um die Entscheidung, die
heute schon mehrfach zitiert wurde, vom
3. Februar 2010. Mögliche Auswirkungen der
nicht dokumentierten Entscheidung des Pro-
jektleiters, das ist der Abholpunkt.

Inge Höger (DIE LINKE): Frau Bauch
vom Bundesrechnungshof sprach heute
Morgen auch darüber, dass der Projektleiter
bei der Entscheidung zu einer Vorläufigen
Verkehrszulassung ziemlich alleingelassen
worden war und das Ausmaß gar nicht über-
sehen konnte. Wie konnte es zu so was
kommen?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich habe keine
eigene Erkenntnis dazu, ob der Projektleiter
ziemlich alleingelassen wurde. Ich kann mir
das nicht vorstellen; er hat einen Vorgesetz-
ten, an den er sich wenden kann. An mich ist
dieses Thema nicht herangetragen worden.

Inge Höger (DIE LINKE): Der Projektlei-
ter hat dann aufgrund der Empfehlung der

Drucksache 17/14650 – 640 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 78
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Industrie entschieden, nur eine Vorläufige
Verkehrszulassung zu beantragen. Ist das
üblich, dass man eine solche weitreichende
Entscheidung auf Empfehlung der Industrie
trifft?

Zeuge Detlef Selhausen: Das ist nicht
üblich, und ich gehe davon aus, dass der
Projektleiter zusammen auch mit dem fach-
aufsichtsführenden Referenten aus eigener
Kenntnis ihres Werdeganges und aus eige-
nem Expertenwissen heraus sich für diesen
Weg seinerzeit entschieden haben.

Inge Höger (DIE LINKE): Der Leiter ML
hat ja dann später darauf hingewiesen, dass
gerade diese Vorläufige Verkehrszulassung
die Möglichkeiten für eine spätere Musterzu-
lassung stark erschwert bzw. reduziert und
auch die Gewährleistungsansprüche aus
dem Vertrag im Grunde damit problematisch
werden. War das nicht eine Entscheidung
von einer Tragweite, die auch an Sie und an
den Staatssekretär hätte herangetragen
werden müssen?

Zeuge Detlef Selhausen: Unabhängig
von dieser rechtlichen Einordnung, die ich
damit kommentiere, dass sie der anwalt-
lichen Prüfung unterliegt, war es selbstver-
ständlich so, dass diese Entscheidung hätte
berichtet werden müssen schriftlich an die
Leitung, seinerzeit BWB, und auch schriftlich
an das BMVg, dann auch an die Leitung AIN,
das heißt seinerzeit an mich als Abteilungs-
leiter Rüstung und an den Hauptabteilungs-
leiter, seinerzeit Ellinger.

Inge Höger (DIE LINKE): Sie haben vor-
hin gesagt, dass trotz dieser Entscheidung ja
drei Entwicklungsziele erreicht worden seien
von vieren. Wenn ich dann aber sehe, dass
sozusagen sowohl das Projekt GAST, also
das Auswertesystem, als auch das Missions-
planungssystem sozusagen schon wegge-
fallen sind - - Das sind ja zwei weitere Be-
standteile dieses Vertrages, die nicht reali-
siert werden konnten. Also, das einzige, was
realisiert werden kann, ist die Erprobung von
ISIS. Ist das nicht doch ein bisschen zu opti-
mistisch von Ihnen beurteilt?

Zeuge Detlef Selhausen: GAST ist kein
Vertragsbestandteil dieses Vertrages; es ist
ein getrenntes Vorhaben.

Inge Höger (DIE LINKE): Und die Mis-
sionsplanung?

Zeuge Detlef Selhausen: Das Missions-
system selbst ist noch nicht beauftragt, weil
die USA die Freigabe dafür nicht gegeben
haben.

Inge Höger (DIE LINKE): Noch mal zu
einem anderen Thema: War Ihnen bekannt,
dass die Personaldecke für die Musterprü-
fung im Bundesamt sehr eng war und dass
damit nicht gewährleistet werden konnte,
dass ausreichend qualifizierte, erfahrene
Mitarbeiter für die Musterprüfung eingesetzt
werden konnten?

Zeuge Detlef Selhausen: Es ist grund-
sätzlich so, dass der Arbeitsmarkt für Luft-
und Raumfahrttechniker bzw. auch Elektro-
techniker oder Ingenieure, die in diesem
Bereich eingesetzt werden können, sehr eng
ist. Die Bezahlungen in der Industrie sind
besser, und vor dem Hintergrund gibt es in
der Tat eine Personalenge im Bereich der
Musterzulassung, aber auch im Bereich von
Luft- und Raumfahrtingenieuren in der Ab-
teilung Luft des BAAINBw.

Inge Höger (DIE LINKE): Der Personalrat
hatte deshalb einen Brandbrief geschrieben,
dass der Mangel an Personal auch daran
lag, dass also Personal reduziert und abge-
baut worden ist und dass deshalb nicht ge-
nügend zur Verfügung stand. Wie sind Sie
damit umgegangen?

Zeuge Detlef Selhausen: Das ist eine
grundsätzliche Organisationsfrage. Die be-
trifft ja allgemein das BAAINBw. Das
BAAINBw hatte bis 2007 eine eigene Orga-
nisationshoheit, wo es sein Personal ein-
setzt, und hat die 2009 dann auch wieder
erhalten. Davon hat das BAAINBw auch Ge-
brauch gemacht.

Es waren zu Beginn in dem Vorhaben
drei Dienstposten Euro Hawk vorgesehen;
das sind dann fünf geworden von acht gefor-
derten in einer Überprüfung von 2004, und
diese fünf Dienstposten sind teilweise dann
auch verstärkt worden, sodass unterm Strich
das Projekt gerade jetzt in den letzten zwei
Jahren sechs bis sieben Mitarbeiter hatte.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 641 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 79
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Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön. - Jetzt kommt Bündnis 90/Die
Grünen. Bitte schön, Herr Lindner.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Vielen Dank, Frau Vorsitzende. -
Herr Selhausen, wurde in der Rüstungsklau-
sur am 1. März 2012 beim Thema Euro
Hawk durch den Minister oder durch Herrn
Staatssekretär Beemelmans in irgendeiner
Art und Weise nachgefragt zur Zulassungs-
problematik?

Zeuge Detlef Selhausen: Nach meiner
Erinnerung nicht.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Als klar wurde, dass man beim
Full Scale Demonstrator auf eine Musterzu-
lassung verzichtet, was ja erst mal einer Än-
derung des Vertragsziels entspricht, hat sich
da in irgendeiner Art und Weise das Bundes-
verteidigungsministerium eine Rechtsauffas-
sung über den Vertragsinhalt gebildet? Hat-
ten Sie da irgendwelche Prüfungen vorge-
nommen, ob Gewährleistungs- oder Scha-
densersatzansprüche bestehen?

Zeuge Detlef Selhausen: Diese Prüfung
habe ich nicht vornehmen lassen.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Und es ist auch im Haus nicht
irgendwie von der Rechtsabteilung oder von
anderen Stellen eine Prüfung vorgenommen
worden?

Zeuge Detlef Selhausen: Grundsätzlich
ist dieses Aufgabe des BAAINBw. Wir kön-
nen das von unserer Seite, von der AIN,
auch anweisen. Das habe ich nicht getan.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Als dann vielmehr deutlich
wurde, dass eine Musterzulassung der Serie
zu erhöhten Kosten führt, ist da in irgend-
einer Art und Weise noch mal die Rechts-
position geprüft worden oder geprüft worden,
ob diese Dokumentation eine geschuldete
Leistung ist oder nicht?

Zeuge Detlef Selhausen: Dieses ist nicht
der Fall. Das ist nicht geprüft worden.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wie können Sie mir dann erklä-

ren, dass dann Kostenschätzungen für die
Dokumentation vorgenommen werden?
Wenn ich Kosten schätze, von denen ich
annehme, ich müsste, wenn ich eine Doku-
mentation haben wollte, dafür dem Auftrag-
nehmer Geld zahlen, dann muss ich doch
zumindest implizit davon ausgehen, dass
diese Leistung nicht geschuldet ist oder ich
eine solche Leistung vereinbaren müsste.
Hat also nicht da eine Rechtsposition dann
bestanden zu diesem Zeitpunkt?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich habe nur
gesagt: Es ist nicht überprüft worden. Die
Rechtsauffassung zu dieser Zeit, zu dem
Zeitpunkt war, dass hier bezogen auf die
Musterzulassung selbst das Bemühen ge-
schuldet ist, und die Kostenschätzung selbst
leitet sich ab aus den Komponenten des
Luftfahrzeuges, für die die Dokumentation
nicht ausreichend oder hinreichend war. Das
sind nach Darlegung des Leiters WTD 61/ML
rund 120 Punkte, und die Komponenten sind
relativ aufwendig im Luftfahrtbereich dann
thermisch, mechanisch etc. zu prüfen. Da
können Sie - das ist Fachkunde - als Durch-
schnittswert pro Komponente rund 3,5 Millio-
nen ansetzen für die Prüfung. Das ist von der
IABG in ihrer Kurzstudie auch bestätigt wor-
den.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Frau Vorsitzende, ich möchte
dem Zeugen nun einen Vorhalt machen und
bitte, die Zeit zu unterbrechen. Es geht um
MAT 17-4 Nr. 27.* - Das übergeben wir Ihnen
gleich, Herr Selhausen. Es handelt sich um
den Ergebnisvermerk der 54. Sitzung der
IAGFA Nachrichtengewinnung und Aufklä-
rung, um die Seite 42.

(Dem Zeugen werden Unterlagen
vorgelegt - Er liest in diesen
Unterlagen)

Die Hervorhebung in dem Dokument ist
durch uns vorgenommen, nur, damit keine
Verwirrung eintritt.

(Der Zeuge liest erneut in den ihm
vorgelegten Unterlagen)

Zeuge Detlef Selhausen: Sie meinen
den Punkt 3.11, oder geht das noch auf die
nächste Seite?

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-4 BRH zu BB 17-90/91,
Ordner 27, Blatt 42.

Drucksache 17/14650 – 642 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 80
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich meine den Punkt 3.11. Dabei
geht es um NATO AGS Core.

Zeuge Detlef Selhausen: Ja, ich habe
gelesen.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie haben ihn gelesen. Dann ist
meine Frage die folgende: In diesem Punkt
werden mögliche Zulassungsprobleme oder
-hemmnisse bei NATO AGS Core in Bezug
auf Global Hawk Block 40 angesprochen. Im
Ergebnis wird dann der Abteilungsleiter
Rüstung beauftragt, für die 55. Sitzung der
IAGFA einen Bericht hier zu erstatten. Ich
würde gerne von Ihnen wissen, ob Sie das
getan haben, ob Sie einen solchen Bericht
erstattet haben, weil wir zumindest in den
Unterlagen diesen Bericht nicht haben finden
können, um das mal ganz vorsichtig auszu-
drücken.

Zeuge Detlef Selhausen: Hier steht: „BV
HAL Rü wird gebeten ...“. Das ist der Bevoll-
mächtigte der Hauptabteilung Rüstung, und
vor dem Hintergrund ist das Arbeitsebene.
Ich kann Ihnen nicht sagen, ob auf der Ar-
beitsebene ein solcher Bericht für die Inte-
grierte Arbeitsgruppe Fähigkeitsanalyse
erstellt worden ist.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ist mit Ihnen in sonstiger Art und
Weise über mögliche Zulassungsprobleme
oder - - Ich meine, man könnte ja den Rück-
schluss ziehen: Wenn es Zulassungspro-
bleme bei Euro Hawk gibt, dann besteht im
Zweifel das Risiko auch bei Global Hawk. Ist
mit Ihnen da in sonstiger Art und Weise über
das Thema Zulassungsprobleme bei Global
Hawk und NATO AGS gesprochen worden?

Zeuge Detlef Selhausen: In Bezug auf
dieses Dokument nicht. Ich verstehe das
Dokument auch so, dass hier über Zulassung
und Registrierung des Global Hawk Block 40
gesprochen wurde, dass es aber im Kern um
eine andere Frage ging. Es ging - - Das
wurde insbesondere diskutiert vor dem Hin-
tergrund des dänischen Austritts aus dem
Programm, und vor dem Hintergrund ist die
Frage zu sehen, inwieweit hier ein Scheitern
von AGS Core auf der Basis von Global
Hawk Block 40 möglicherweise alternativ zu

betrachten ist. So verstehe ich diese Sen-
tenz.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Frau Kollegin Keul macht jetzt
weiter.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, Herr Selhausen, noch mal zur Rechts-
abteilung im BMVg. Wann ist die bis heute
und ist sie überhaupt jemals mit der Prüfung
des Euro-Hawk-Vertrages befasst gewesen?

Zeuge Detlef Selhausen: Nach meiner
Kenntnis ist die Rechtsabteilung mit der
Prüfung des Euro-Hawk-Vertrages nicht be-
fasst gewesen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Wer wäre derjenige gewesen, der das der
Rechtsabteilung weitergibt mit der Bitte um
Prüfung? Wären Sie das gewesen?

Zeuge Detlef Selhausen: Gewöhn-
licherweise erreichen mich diese Fragen
nicht. Das BAAINBw - auch früher das BWB -
ist so organisiert, dass es Juristen in den
Abteilungen selbst gibt, und dann gibt es
Juristen dort in der Zentralabteilung. Dort
werden diese Fragen geklärt.

Ich kann mich nur an einen Fall persön-
lich erinnern, dass eine Rechtsfrage aus
einem Rüstungsvertrag an die Abteilung
Recht herangetragen wurde. Das war im Fall
des Schützenpanzers Puma, und da ging es
um die Ausgestaltung des Rücktrittsrechts für
den Fall, dass das Entwicklungsziel nicht
erreicht wird.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Selhausen, nun halten wir fest: Die
Rechtsabteilung des BMVg ist zu keinem
Zeitpunkt, auch bis heute nicht, jemals mit
Euro Hawk befasst gewesen.

Zeuge Detlef Selhausen: Nach meiner
Erinnerung.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich frage die CDU. - Nein. SPD? - Bitte
schön, Herr Kollege Meßmer.

Ullrich Meßmer (SPD): Nachdem ich ja
eben interessanterweise feststellen musste,
dass Gespräche in Ihrem Haus offensichtlich
nicht so intensiv stattfinden und der Be-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 643 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 81
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

richtsweg der eigentliche ist, wo man Infor-
mationen austauscht, würde ich gerne noch
mal zurückkommen auf Ihre einleitenden
Bemerkungen der Information zum Parla-
ment.

Wenn ich Sie richtig verstanden habe, ist
es - da würde mich interessieren, ob das nur
Ihre Auffassung ist oder auch die Auffassung
des Hauses - erst notwendig, eine Informa-
tion an das Parlament zu geben zu dem
Zeitpunkt, wo feststeht, dass etwas in einem
Vorgang tatsächlich nicht mehr änderbar ist;
Sie hatten, glaube ich, gesagt, nachdem
feststand, dass die Serie nicht mehr verfolgt
werden kann. Gilt das generell als Auffas-
sung, dass also erst, wenn ein Zustand ein-
getreten ist, der ja bis dahin auch Geld ge-
kostet hat, dann das Parlament informiert
werden soll oder muss? Ich will offen dazu-
sagen: Ich habe da eine andere Meinung,
aber - -

Zeuge Detlef Selhausen: Ich habe keine
Probleme damit, zu Rüstungsprojekten gene-
rell und auch im Einzelnen jeweils zum Stand
einen Überblick zu geben, unabhängig von
der Aussage und Zusage des Ministers, das
in Zukunft tun zu wollen. Es ist ja bisher auch
übliche Praxis, dass die Berichterstatter des
Haushaltsausschusses des Deutschen Bun-
destages zum Einzelplan 14 umfassend
informiert werden über die einzelnen Rüs-
tungsprojekte in dem Berichterstatterge-
spräch zur Aufstellung des Haushalts jeweils
des nächsten Jahres. Da gibt es ja traditio-
nell eine Sondersitzung im BMVg. Das war
früher auf der Hardthöhe so und ist jetzt im
Bendlerblock auch so. Ich kann mich an Sit-
zungen der Berichterstattergruppe erinnern,
wo jedes einzelne Projekt in den geheimen
Erläuterungen durchgegangen wurde, und
selbstverständlich antwortet dann das Haus
und stellt seine Projekte dar und verteidigt
sie gegebenenfalls auch oder gibt die Infor-
mationen, die gewünscht sind. Bezogen auf
Änderungen in einem Projekt gibt es bei-
spielsweise eine Regelung - ich meine, die
ist aus der Legislaturperiode 2002 bis 2005 -,
dass, wenn es in einem Projekt zu Kürzun-
gen kommt - das ist jetzt der umgekehrte
Fall - und Mittel frei werden, dann der Haus-
haltsausschuss des Deutschen Bundestages
darüber zu informieren ist, damit er ein Mit-
spracherecht ausüben kann, wie diese dann
frei werdenden Mittel verausgabt werden.

Also, ich darf hier sagen, dass ich kei-
nerlei - - Sie sind der Aufsichtsrat, und wenn

vom Aufsichtsrat gewünscht ist, dass die
Projekte dargestellt werden, wird das Haus
das selbstverständlich erfüllen.

Ullrich Meßmer (SPD): Man kann das ja
so oder so sehen, weil auch ein Aufsichtsrat
und Aktionäre über Ad-hoc-Meldungen
eigentlich regelmäßig zu informieren sind,
wenn gravierende Veränderungen anstehen.
Wir unterhalten uns die letzten zwei Stunden
fast ausschließlich darüber, was in dem Zeit-
raum zwischen 2011 und 2012 tatsächlich
passiert ist, was an Veränderungen einge-
treten ist, welche finanziellen Risiken in wel-
chen Vermerken irgendwo dargestellt worden
sind.

Was mich ein bisschen verwundert, ist,
dass in dieser Zeit weder zu den Teilen, die
Sie angesprochen haben, noch aus Ihrem
Haus irgendwo die Notwendigkeit gesehen
worden ist, die entsprechenden Bericht-
erstatter oder das Parlament zu informieren.
Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen - ich
sage das jetzt mal aus meiner Sicht -, dass
es Ihrer Vorstellung entspricht, dass erst
dann, wenn tatsächlich alle Prozesse am
Ende sind, das Parlament informiert werden
muss. Also, ich sage mal: Hätten Sie nicht
das Gefühl gehabt, dass gerade bei dem, wo
wir jetzt stehen, das Parlament hätte vorher
informiert werden müssen? Zumindest die
Vertreterin des Bundesrechnungshofes war
heute der Auffassung, dass das Parlament
zu spät informiert worden ist.

Zeuge Detlef Selhausen: Der Minister
hat Ihnen dieses ja auch zugesagt. Da gibt
es eine Abwägung. Es muss natürlich im
Haus selbst zu einem Sachverhalt auch eine
abgeschlossene Meinung geben; es muss
erst mal eine valide Grundlage geben. Wenn
das der Fall ist, sehe ich da grundsätzlich
keine Probleme.

Ullrich Meßmer (SPD): Da muss es aber
einige gegeben haben. Sonst säßen wir jetzt
nicht hier im Untersuchungsausschuss.

Mein Kollege Bartels macht weiter.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Herr Sel-
hausen, wir haben ja festgestellt: Das Projekt
Euro Hawk besteht aus dem Global Hawk
und dem Missionssystem. In der Planung,
die das Kabinett am 8. Mai 2013 vorgelegt
bekommen hat von Minister de Maizière,
stehen bei den 30 strukturbestimmenden
Hauptwaffensystemen der Bundeswehr so-

Drucksache 17/14650 – 644 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 82
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

wohl der Euro Hawk - der wurde ja auch erst
zwei Tage später gekillt - als auch das Sys-
tem Global Hawk in der IMINT-Version: ab-
bildende Aufklärung als Beistellung für NATO
AGS Core - nicht zu verwechseln mit AGS
Core; das ist ein Extraprogramm, für das wir
nur Geld zahlen -, hier kaufen wir selber.
Wird das weiterverfolgt? Wollen wir noch vier
Global Hawks kaufen?

Zeuge Detlef Selhausen: Dazu hat es
bisher keine Anforderung an die Abteilung
AIN gegeben. Dieses Thema liegt beim Ge-
neralinspekteur der Bundeswehr. Er muss
entscheiden, ob er das verfolgen will oder
nicht.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Bisher
aber sozusagen ist ja die Entscheidung des
Kabinetts: Es wird verfolgt. Also für Sie gilt:
Es wird verfolgt? Ist ja nicht geändert.

Zeuge Detlef Selhausen: Eine Aufforde-
rung, hierzu in irgendeiner Weise Überlegun-
gen anzustellen und Marktsichtungen vorzu-
nehmen, ist an die Abteilung AIN bisher nicht
herangetragen worden.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Okay. Es
ist ja nur eines von 30 Hauptwaffensystemen
der Bundeswehr.

Sie haben die Kommunikation im Haus
sehr formal beschrieben. Sie kommunizieren
über Vermerke und manchmal - wenn es sich
in den Akten findet - auch über Mails. Über
Gespräche nie?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich habe ein-
gangs, Herr Abgeordneter, dargelegt - ich
möchte das gern noch einmal wiederholen -,
dass natürlich ein tragendes Element der
Kommunikation die Besprechung ist.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Formal
und nicht formal.

Zeuge Detlef Selhausen: Und wenn sich
ein Thema für mich ergibt, dann lasse ich mir
einen Termin bei Staatssekretär Beemel-
mans geben, den ich regelmäßig kurzfristig
erhalte, um ihn dann mündlich zu informieren
über Sachverhalte, die er wissen muss.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das wäre
dann aber nicht automatisch in den Akten zu
finden? Nicht automatisch?

Zeuge Detlef Selhausen: Das muss
nicht automatisch in den Akten zu finden
sein. Richtig.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Denn wir
kennen Sie ja - also die Abgeordneten, die
jetzt länger dabei sind und mit Ihnen ja zu tun
haben - als jemanden, den man fragen kann
und der in der Regel Auskunft gibt zu den
Dingen, die Abgeordnete bewegen in der
Bundeswehrreform, in Rüstungsprojekten.
Also Sie haben auch in diesem Zusammen-
hang, Euro Hawk, Gespräche geführt im
Ministerium, die möglicherweise nicht doku-
mentiert sind?

Zeuge Detlef Selhausen: Soweit ich das
erinnere: mit Staatssekretär Beemelmans nur
insoweit, als ich ihm im Dezember 2011 ir-
gendwann einmal gesagt habe: „Da könnte
sich ein Thema abzeichnen.“ Mehr nicht.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Und da-
nach dann aber schon, weil dann war es ja
ein Thema, oder?

Zeuge Detlef Selhausen: Ab der Vorlage
vom 8. Februar ist das wiederkehrend
Thema gewesen, je nachdem, wie gerade
die Situation im Programm war.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Es hat ja
Gespräche des Verteidigungsministers de
Maizière mit seinen Amtskollegen aus den
USA, Großbritannien, Frankreich gegeben,
NATO-Tagungen gegeben, wo Drohnen-
Themen auf der Tagesordnung standen,
auch Euro Hawk und eine künftige europäi-
sche Drohne und NATO AGS, also der Glo-
bal Hawk. Welche Vorbereitungen haben Sie
dazu beigetragen?

Sie müssen ja Vorbereitungen beitragen,
weil das ist Ihre Aufgabe. Der Minister kann
nicht in internationale Gespräche gehen
ohne die Fachvorbereitung, richtig?

Zeuge Detlef Selhausen: Mir ist nicht pa-
rat, ob mein zuständiges Referat - wenn,
dann auf Anforderung der Abteilung Politik -
zu diesen Besprechungen Zuarbeiten gelie-
fert hat.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Kann das
an Ihnen vorbeigehen?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 645 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 83
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Zeuge Detlef Selhausen: Wenn der-
artige Vorbereitungen nicht in der Federfüh-
rung der Abteilung AIN liegen, ist das regel-
mäßig so, dass derartige Vorbereitungen -
das liegt am Referatsleiter - vielleicht noch
einmal mit dem Unterabteilungsleiter abge-
stimmt werden. Das ist eigentlich üblich,
dieses dann der federführenden Abteilung zu
geben, die dann ja an die Leitung vorlegt.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber es
muss, wenn es Gesprächsgegenstand in
internationalen Konferenzen oder bilateralen
Gesprächen ist, dann auch einen Beitrag
geben jeweils zu den Themen aus der Fach-
sicht, ob über Sie oder, wenn sozusagen Sie
nicht federführend sind, an Ihnen vorbei.
Oder kann es auch sein, dass der Minister in
Gespräche geschickt wird, die nicht vorbe-
reitet sind, international?

Zeuge Detlef Selhausen: Darüber habe
ich keine Erkenntnisse.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wir leider
auch nicht, weil wir noch nicht alle Akten
haben. Die kommen ja noch. Also wenn Sie
jetzt sagen: „Da kommt noch was“, dann
wären wir ja schon sehr beruhigt. Aber Sie
wissen nicht, ob was kommt zu internationa-
len Gesprächen? Das steigert natürlich die
Spannung.

Zeuge Detlef Selhausen: Ich persönlich
habe keine eigenen Erkenntnisse darüber.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber Sie
haben ja verfolgt, dass der Minister Gesprä-
che über Drohnen-Fragen in der NATO und
auch bilateral geführt hat. Das ist Ihnen
schon bekannt? Das stand auch in der Zei-
tung.

Zeuge Detlef Selhausen: Ich erinnere,
Herr Abgeordneter, dass Sie diese Frage
bereits in der Ausschusssitzung am 5. Juni
gestellt hatten, und ich kann dem, was ich da
geantwortet habe, nichts hinzufügen. Ich
habe keine eigenen Erkenntnisse dazu.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wir eben
auch noch nicht. Also warten wir ab.

Thema EADS: Bei den Alternativen, die
betrachtet werden, wo jetzt die Northrop-
Grumman-Plattform nicht mehr zur Wahl
steht, fällt natürlich auf, dass nun plötzlich als

Anbieter für Trägerplattformen EADS ins
Geschäft kommt, das bisher nur die eine
Hälfte des Programms Euro Hawk, nämlich
die Missionsausrüstung, gestellt hat. Liegt
das daran, dass es einfach keine anderen
Anbieter gibt?

Zeuge Detlef Selhausen: Es gibt auch
andere Anbieter, und hier ist noch keine Ent-
scheidung getroffen worden. Das wird auch
alles noch einmal breit geprüft werden.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Und mit
der Firma EADS sind Sie im Gespräch wie
mit jeder anderen Firma, oder ist die Firma
EADS auch Treiber bei der Suche nach einer
Alternative?

Zeuge Detlef Selhausen: Es ist die
Firma Cassidian in diesem Fall.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Richtig.
Danke.

Zeuge Detlef Selhausen: Und ich kann
überhaupt nicht bestätigen, dass sie Treiber
ist. Wenn ich den CEO von Cassidian richtig
verstanden habe, wäre es ihm ein sehr wich-
tiges Anliegen gewesen, dass dieses Vorha-
ben Euro Hawk - also Plattform von Northrop
Grumman und Missionssystem ISIS von
Cassidian - ein Erfolg gewesen wäre. Ihm
geht es nicht darum - ganz im Gegenteil -,
hier möglicherweise - es wäre ja auch nicht
sein Geschäftsfeld; es wäre die Integrations-
arbeit, die auf ihn noch zukäme - sozusagen
aus dem nicht eingetretenen Erfolg auf der
einen Seite beim anderen zu profitieren.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sie stre-
ben an und Sie haben den Auftrag auch in
Zukunft, dass es eine Lösung SAATEG gibt,
richtig?

Zeuge Detlef Selhausen: Die Forderung
zur Abdeckung dieser Fähigkeitslücke wird -
so habe ich den Herrn Generalinspekteur
verstanden - unverändert als sehr dringlich
betrachtet.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Im Jahr
2011 ist eine Entscheidung getroffen wor-
den - wir haben es vorgestern auch schon
mal kurz angerissen; ich will es auch Ihnen
nicht ersparen - bei einer anderen Teilstreit-
kraft, der Marine, die Flottendienstboote

Drucksache 17/14650 – 646 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 84
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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„Oker“, „Oste“, „Alster“, die SIGINT-Ausrüs-
tung haben zum Abhören von Funkverkehr,
Ausmessen von Radargesprächen, Abhören
von Handygesprächen, nicht auslaufen zu
lassen, sondern dann doch in der Flottenpla-
nung, und zwar ad infinitum - 2025 plus -, zu
belassen. Der Generalinspekteur hat auf
meine entsprechende Frage gesagt, ob das
im Zusammenhang mit der Euro-Hawk-Ent-
scheidung stand, dass er glaubt: ja. Er hat
nicht gesagt, er weiß: ja. Er sagt, er glaubt:
ja. Was glauben Sie?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich habe dazu
keine Erkenntnisse.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Dazu hat
es keine Entscheidungen gegeben, an denen
Sie beteiligt waren?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich habe keine
Erkenntnisse dazu.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Die Zeit ist rum. Die FDP? - Nein. Die
Linke? - Herr van Aken.

Jan van Aken (DIE LINKE): Ja, vielen
Dank. - Ich möchte noch mal auf einen ande-
ren Punkt zu sprechen kommen, den Sie
selbst hier schriftlich auch angesprochen
haben, und das ist die Frage, an welchen
Punkten ISIS und/oder die Drohne eigentlich
Kontakt - in welcher Form auch immer; Ver-
tragsform oder wie auch immer - mit der NSA
hatte.

MR Andreas Conradi (BMVg): Frau Vor-
sitzende, ich meine, wir müssten die Frage
mal präzisieren, weil ich mir nicht sicher bin,
ob das jetzt zum Untersuchungsgegenstand
gehört. Oder ich wäre dankbar im Grunde
genommen, der Abgeordnete würde dar-
legen, warum er meint, dass es zum Unter-
suchungsgegenstand gehört.

Jan van Aken (DIE LINKE): Kommt
gleich. Ich würde gern erst mal die Frage
beantwortet haben, und dann werde ich es
präzisieren, indem ich - -

(Widerspruch bei der CDU/CSU und
der FDP)

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Nein, nein, nein. Herr van Aken, so geht es
nicht.

Jan van Aken (DIE LINKE): Es geht sehr
wohl so, aus zwei Gründen: Erstens geht es
hier ganz konkret um die eine Frage, die
Untersuchungsgegenstand ist, und das ist
die Frage nach der Verzögerung. Wir reden
hier jetzt seit drei Stunden mit Herrn Selhau-
sen wann, wo, wie möglicherweise dieses
Projekt verzögert wurde, und da zielt diese
Frage haargenau drauf ab. Zweitens ist auch
Untersuchungsgegenstand die Zweckmäßig-
keit des Systems Global Hawk, und zwar
ISIS und die Drohne gemeinsam. Und es ist
auch eine Frage nach der Zweckmäßigkeit.

Und deswegen stelle ich erst mal die
Frage: An welchen Punkten gab es Kontakte
zwischen dem Gesamtprojekt - seit 2003,
seitdem Sie damit befasst sind, bis heute -
und der NSA? Und dann werden wir die ein-
zelnen Punkte der Reihe nach abarbeiten.
Das ist doch kein Problem. Das ist beides
durch den Untersuchungsauftrag vollkom-
men gedeckt.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Das sehen wir anders.

Jan van Aken (DIE LINKE): Dann wer-
den wir doch die erste Frage noch mal kon-
kreter angehen und dann die zweite. Und
dann werde ich mal sehen, ob Sie das immer
noch anders sehen. Ich wundere mich nur,
dass Sie bei diesem Punkt NSA plötzlich alle
aufspringen.

(Holger Krestel (FDP): Sie haben
doch eine völlig falsche
Wahrnehmung!)

Ich meine, nur weil gerade die ganze Welt
drüber redet? Wir reden hier doch gerade
über den Global Hawk.

(Widerspruch bei der CDU/CSU und
der FDP)

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Also, Herr van Aken, es ist - -

Jan van Aken (DIE LINKE): Dann fangen
wir mal mit dem Einfachen an. Das ist ein
Vorhalt. Und zwar geht es hier um ein Do-
kument.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Welche MAT-Nummer?

Jan van Aken (DIE LINKE): Das ist Ord-
ner 1 zum Beweisbeschluss 38.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 647 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 85
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Die MAT-Nummer!

Jan van Aken (DIE LINKE): Ich habe die
MAT-Nummer nicht. Das muss dann 38-1*
sein. Da steht sozusagen das gesamte Do-
kument. Das ist die Vorlage für den Minister
für den Besuch in Manching, die legendäre.
Also Beweisbeschluss 38, Ordner Nr. 1. Und
das ist der gesamte Ordner. Das ist diese
legendäre Mappe - die kennen Sie alle; die
haben ja auch die Medienvertreter alle schon
zitiert - zum Besuch des Bundesministers bei
Cassidian am 10. Dezember 2012. Da habe
ich zwei Seiten, die ich dem Herrn Selhausen
gerne vorlegen möchte.

(Dem Zeugen werden Unterlagen
vorgelegt)

Das ist leider in Schwarz-Weiß. Aber ich
glaube, das reicht für unsere Zwecke.

Wenn Sie sich die erste Seite anschauen,
dann sehen Sie da rechts oben den Namen
„Detlef Selhausen“. Ich vermute mal, das
sind Sie?

Zeuge Detlef Selhausen: Das ist eine
elektronische Zeichnung, und das ist mein
Name, ja.

Jan van Aken (DIE LINKE): Gut. Dann
möchte ich Sie bitten, auf die nächste Seite
zu schauen. Das ist die Seite 39 dieses Do-
kumentes.

Zeuge Detlef Selhausen: Ja.

Jan van Aken (DIE LINKE): Dort gibt es
unten vier Spiegelstriche, und in dem zweiten
Spiegelstrich ist erwähnt, dass ein möglicher
Grund für die Verzögerung des gesamten
Projektes darin liegt, dass Teile oder Kom-
ponenten von der NSA zu spät geliefert wor-
den sind. Könnten Sie das bitte präzisieren
und bestätigen?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich habe dazu
keine eigenen Erkenntnisse.

Jan van Aken (DIE LINKE): Aber dann
möchte ich Sie noch mal bitten, auf die
Seite 1 zu gucken. Das ist schon Ihr Name
dort: „Detlef Selhausen“? Das ist das Doku-

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-59 zu BB 17-38, Ordner 1.

ment, was von Ihnen sozusagen an den
Minister weitergereicht worden ist?

Zeuge Detlef Selhausen: Das ist der
Fall.

Jan van Aken (DIE LINKE): Aber Sie ha-
ben keine Erkenntnisse zu dem, was Sie dort
selbst geschrieben haben?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich habe keine
eigenen Erkenntnisse darüber, inwieweit die
NSA, so wie es hier geschrieben steht, dafür
verantwortlich sein soll, dass verspätete Bei-
stellung von Geräten und Komponenten
durch die US Air Force erfolgt sind.

Jan van Aken (DIE LINKE): Gut. -
Welche Geräte und Komponenten sind denn
von der NSA geliefert worden, und welche
davon sind zu spät gekommen?

Zeuge Detlef Selhausen: Darüber habe
ich keine eigenen Erkenntnisse.

Jan van Aken (DIE LINKE): Aber Sie
sind jetzt seit 2003 in diesem Projekt, Sie
kennen es in- und auswendig. Und Sie wis-
sen jetzt überhaupt gar nicht, welche Kom-
ponenten und Geräte von der NSA für ent-
weder ISIS oder die Drohne geliefert werden
sollten?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich habe da-
rüber keine eigenen Erkenntnisse.

Jan van Aken (DIE LINKE): Gut. - Dann
möchte ich Sie noch mal fragen: Woher ha-
ben Sie eigentlich die Erkenntnis, die Sie
aufgeschrieben haben, also wer hat Ihnen
das gesagt?

Zeuge Detlef Selhausen: Dieses ist in
meiner Abteilung geschrieben worden und
gezeichnet worden durch das zuständige
Referat. Dort werden die Erkenntnisse vor-
liegen. Ich persönlich habe dazu keine eige-
nen Erkenntnisse.

Jan van Aken (DIE LINKE): Frau Vorsit-
zende, sind Sie der Meinung, dass das zum
Untersuchungsgegenstand gehört, was wir
gerade diskutieren, oder nicht?

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ja.

Drucksache 17/14650 – 648 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 86
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Jan van Aken (DIE LINKE): Gut.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Wenn Sie die Frage so gestellt hätten, dann
hätte ich es auch akzeptiert.

Jan van Aken (DIE LINKE): Dann würde
ich gerne auf den zweiten Punkt eingehen,
und zwar ist das der Bericht der Ad-hoc-Ar-
beitsgruppe Euro Hawk. Das ist der Bericht,
den Herr Selhausen selbst heute auch schon
mehrfach zitiert hat. Ich weiß nicht, ob der
eine MAT-Nummer hat. Das ist der Bericht,
den Herr de Maizière vorgetragen hat am
5. Juni in der Sitzung des Verteidigungsaus-
schusses. Dort möchte ich Ihre Aufmerksam-
keit auf den Anhang A richten und dort auf
Seite 2. Dieser Anhang A zu dem Bericht von
Herrn de Maizière gibt eine Übersicht über
alle Verträge des Euro Hawk. Auf Seite 2
unten gibt es eine Auflistung mehrerer Ver-
träge, die mit der US NSA geschlossen wor-
den sind. Haben Sie das, Herr Selhausen?
Und zwar geht es dort um diverse Verschlüs-
selungsgeräte von der NSA für das Euro-
Hawk-Projekt, Ausbildung von Lw-Personal -
ich vermute mal „Luftwaffe“ - und noch mal
zusätzliche Verschlüsselungsgeräte. Haben
Sie das, Herr Selhausen?

Meine Frage ist, ob Sie sich jetzt daran
erinnern, ob es möglicherweise eines dieser
Geräte war, die zu spät geliefert worden sind
und zu einer Verspätung geführt haben.

Zeuge Detlef Selhausen: Ich habe dazu
keine eigenen Erkenntnisse.

Jan van Aken (DIE LINKE): Können Sie
mir denn Näheres dazu sagen, um was für
Verschlüsselungsgeräte es sich handelt und
inwieweit sie entweder für die Drohne not-
wendig waren oder für das ISIS-System?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich habe dazu
keine eigenen Erkenntnisse.

Jan van Aken (DIE LINKE): Das ist ja
interessant, wie Sie bei diesem Thema NSA
sofort Ihre Erinnerung verlieren.

Jetzt habe ich aber noch eine dritte
Frage, und zwar haben Sie eben in dieser
Zeugenvernehmung wörtlich gesagt zu ISIS,
wenn Sie den Sensor nicht bekommen in der
Exportversion, dann müssen Sie eben selber
bauen. Können Sie das mal näher erklären?
Was heißt das: „wenn Sie den Sensor nicht

bekommen in der Exportversion“? Das heißt,
gab es zu einem gewissen Zeitpunkt im ge-
samten Verfahren das Bemühen, den Sensor
in der Exportversion zu bekommen?

Zeuge Detlef Selhausen: Wenn ich rich-
tig erinnere, wie die Befragung vorhin statt-
gefunden hat, ging es darum, dass Frau Hö-
ger gefragt hatte, ob man zu Beginn des
Vorhabens nicht überlegt hat, einen Sensor
auch außerhalb Deutschlands zu erwerben.
Damals ist die Festlegung der Entschei-
dungsträger gewesen, keine Exportversion
zu erwerben, sondern eine Eigenentwick-
lung, damit ein leistungsfähiger Sensor unse-
ren Streitkräften zur Verfügung steht.

Jan van Aken (DIE LINKE): Um welche
Exportversion ist es damals in der Über-
legung gegangen, die dann verworfen wor-
den ist?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich habe aus
dem Aktenstudium nur entnommen, dass
man Exportversionen abgelehnt hat im
Grundsatz, weil bei diesen sensiblen The-
men nicht die Leistungsfähigkeit einem ande-
ren Staat gewöhnlicherweise oder Deutsch-
land angeboten wird, die Deutschland auf
diesem Gebiet erwartet.

Jan van Aken (DIE LINKE): Können Sie
das präzisieren? Ich habe das verstanden,
was Sie gesagt haben, aus welchen Gründen
das abgelehnt worden ist. Aber um welche
Version ging es? Also sozusagen: Welche
Sensoren standen überhaupt zur Debatte?

Zeuge Detlef Selhausen: Darüber habe
ich keine eigenen Erkenntnisse.

Jan van Aken (DIE LINKE): Das heißt,
Sie haben aus dem Aktenstudium gesehen,
es gab dort ein System. Sie konnten aber
aus dem Aktenstudium nicht entnehmen,
welches Land dieses System gebaut hat.

Zeuge Detlef Selhausen: Nein. Ent-
schuldigung. Ich möchte noch mal ausdrück-
lich sagen, dass ich lediglich aus dem Akten-
studium entnommen habe, dass Exportver-
sionen nicht in Betracht kommen. Ich habe
nicht gesagt - - Und da sind die auch nicht
konkretisiert worden, sondern dieses sei ein
so wichtiger Bereich, für den Bereich werden
eigene, nicht restriktierte Sensoren benötigt.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 649 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 87
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Jan van Aken (DIE LINKE): Wenn ich
jetzt in dem Bericht von Herrn de Maizière
lese, dass es Verträge gibt mit der NSA über
Verschlüsselungssysteme, stellt sich ja die
Frage, inwieweit die mit irgendwelchen Re-
striktionen belegt sind. Haben Sie darüber
Erkenntnisse?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich habe da-
rüber keine eigenen Erkenntnisse.

Jan van Aken (DIE LINKE): Wer hat die
Erkenntnisse darüber in Ihrem Bereich? Es
muss ja in Ihrem Bereich sein, oder im
BAAINBw.

Zeuge Detlef Selhausen: Das wird in der
Behörde BAAINBw sein.

Jan van Aken (DIE LINKE): Wer denn
genau dort?

Zeuge Detlef Selhausen: Kann ich Ihnen
nicht sagen. Im Projekt selbst, nehme ich an.
Es kann auch sein - darüber bin ich nicht
informiert -, dass dort noch andere Personen
eingeschaltet sind. Ich habe auch da keine
eigenen Erkenntnisse, wer das macht.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt gebe ich das Wort Bündnis 90/Die Grü-
nen. Frau Kollegin Keul.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Vielen Dank. - Ich möchte an dieser Stelle
jetzt noch mal zu ISIS ein paar Fragen stel-
len.

Sie hatten eingangs gesagt, mit ISIS hät-
ten wir dann, wenn die Prüfung abgeschlos-
sen ist, nunmehr eine hochwertige Sensorik.
Woher haben Sie diese Erkenntnis? Haben
Sie eigene Erkenntnis über die Hochwertig-
keit und Leistungsfähigkeit von ISIS?

Zeuge Detlef Selhausen: Es gibt bereits
die Erprobungen am Boden, und die waren
vielversprechend. Derzeit ist die Erprobungs-
kampagne, und dort sind die Ergebnisse
bisher so, dass man das zuversichtlich sehen
kann, hier ein gutes System zu bekommen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Diese Erprobungen finden ja ausschließlich
durch die Industrie derzeit statt. Ist irgend-
jemand in Ihrem Haus, in Ihrer Abteilung in
diese Erprobungen eingebunden, sodass Sie

eigene Erkenntnisse über den Verlauf dieser
Erprobungen haben, oder sind diese Er-
kenntnisse Ihnen von der Industrie mitgeteilt
worden?

Zeuge Detlef Selhausen: Hier sind Mit-
arbeiter des Rüstungsbereichs vertreten und
genauso auch Mitarbeiter der Streitkräfte.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Könnten Sie das näher darlegen: Wer im
Bereich der Streitkräfte oder im Bereich Ihrer
Abteilung ist bei den Erprobungen eingebun-
den?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich habe dem
Aktenstudium entnommen, dass die Signale
generiert werden von den Streitkräften, die
das System empfängt, und vor Ort in Man-
ching sind auch Vertreter des Projektes.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Das deckt sich mit meinen Informationen,
dass die Signale von den Streitkräften erstellt
werden. Aber das sind ja im Prinzip nur die
Testsignale, die dann von ISIS aufgenom-
men und dann der Auswertung zugeführt
werden. Nach meiner Kenntnis ist bei der
Auswertung weder die Bundeswehr noch das
Ministerium eingebunden. Haben Sie da
andere Erkenntnisse?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich habe da-
rüber hinaus keine eigenen Erkenntnisse.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Gut. - Sie haben im Dezember 2012 dem
Staatssekretär zu dem Thema Euro Hawk
berichtet und begründet, warum man das
weiterführen müsste, und haben das dann
dort auch damit begründet, die Sensorik sei
das derzeit modernste System seiner Art, ein
Produkt der schützenswerten wehrtechni-
schen Kernfähigkeiten der EADS und solle
daher aus technologischen und rüstungswirt-
schaftlichen Gründen weiter genutzt werden.
Sind das die Beweggründe, das Programm
fortzuführen: die Kernfähigkeiten der EADS
und die rüstungswirtschaftlichen Gründe?

Zeuge Detlef Selhausen: Kann ich das
Dokument bitte sehen?

Drucksache 17/14650 – 650 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 88
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Das ist Seite 24* des Bundesrechnungshof-
berichts. Ich bitte die Zeit zu stoppen. Wir
legen das dem Zeugen vor.

(Dem Zeugen werden Unterlagen
vorgelegt)

Und zwar geht es auf Seite 24 um den
untersten Absatz. Und in der Mitte der Seite
steht, dass das ein Bericht der Abteilung
Rüstung an den Staatssekretär ist.

Zeuge Detlef Selhausen: Könnte ich
bitte diesen Bericht sehen vom 20. Dezem-
ber 2012?

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Das ist hier der Bericht des Bundesrech-
nungshofes.

Zeuge Detlef Selhausen: Das ist ja eine
Sekundärquelle. Ich unterstelle jetzt mal - ich
kann es kurz machen -, das Ganze ist zu-
treffend zitiert. Dann sehen Sie hier, dass
diese Aussage im Zusammenhang mit dem
gesamten Projekt steht, und selbstverständ-
lich ist es so, dass es zunächst mal um die
Schließung einer Fähigkeitslücke geht. Es
geht nicht darum, irgendwelche wehrtechni-
schen Kernfähigkeiten zu erhalten. Aber auf
der anderen Seite ist es schon ein Teil der
Sicherheitsvorsorge in kritischen Bereichen,
industrielle Kapazitäten, wenn denn ein Be-
darf besteht, auch in Deutschland zu halten.
Und gerade in dem Bereich dieser Aufklä-
rungssensorik - das hatte ich ja dargelegt -
ist es von einer großen Bedeutung, dass
diese Aufklärungssensorik im eigenen Land
hergestellt wird, damit keine Exportrestriktio-
nen sozusagen dann die Leistung der ange-
kauften Sensoren minimieren. Und vor dem
Hintergrund ist diese Aussage zu verstehen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Aber wenn ich mir jetzt vorstelle: Was sind
die „schützenswerten wehrtechnischen
Kernfähigkeiten der EADS“? Das könnten ja
auch Fähigkeiten von irgendjemand anders
sein. Warum sind gerade die Kernfähigkeiten
der EADS so besonders schützenswert?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich möchte
jetzt doch das Originaldokument mal sehen

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-4 zu BB 17-90/91, Ord-
ner 1, Blatt 36.

und mal im Zusammenhang sehen, wie die-
ses dargestellt ist.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Der Bundesrechnungshofbericht enthält na-
turgemäß keine MAT-Nummern.

(Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Und auch keine Quer-
verweise!)

Ich schlage vor, ich frage an anderer
Stelle weiter, und während der Zeit versu-
chen wir mal rauszufinden, ob es die Origi-
nalquellen - -

(Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Dann können wir nichts
mehr aus dem Rechnungshof-
bericht zitieren! Das ist alles auf
irgendetwas rekurrierend! Alles
bezieht sich auf irgendetwas!)

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege Nouripour, es hat doch keinen
Sinn, dass Sie von der Seite so reinschimp-
fen. Das bringt doch nichts.

(Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich schimpfe nicht!)

Herr Selhausen, es ist der Anhang - wenn
ich das richtig verstehe - zum Bundesrech-
nungshofbericht, und das ist das Original.

Zeuge Detlef Selhausen: Ja gut, es
kommt ja immer darauf an, in was für einem
Zusammenhang dieses dargestellt ist. Dem
ist ja zugeordnet die Vorlage - daraus ist ja
offenbar zitiert oder darauf wird Bezug ge-
nommen - vom 20. Dezember 2012. Die
müsste dem Ausschuss vorliegen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ja, der 20. Dezember 2012.

Zeuge Detlef Selhausen: Der Bundes-
rechungshof zitiert hier. Ich habe eingangs
gesagt, dass die Zitate, bezogen auf das
Jahr 2009, sich auf Quellen bezogen in die-
sem Bundesrechnungshofbericht, die aus
dem Jahr 2011 stammen, und vor dem Hin-
tergrund möchte ich schon dieses Dokument
jetzt kurz durchlesen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut, dann halten wir die Zeit an.

(Dem Zeugen werden weitere
Unterlagen vorgelegt - Der Zeuge
liest in diesen Unterlagen)

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 651 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 89
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Detlef Selhausen: Ich habe das
jetzt gelesen. Frau Abgeordnete, wenn Sie
die Frage noch mal wiederholen können.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Die Frage war, wie das zu verstehen ist, was
Sie unter „schützenswerten wehrtechnischen
...fähigkeiten der EADS“ verstehen; denn es
könnten ja auch Kernfähigkeiten eines ande-
ren Unternehmens sein. Was macht gerade
die Kernfähigkeiten der EADS so schützens-
wert?

Zeuge Detlef Selhausen: Hier ist die
Formulierung unglücklich. Es geht hier
grundsätzlich um eine Fähigkeit, die in dieser
Form in der Bundesrepublik Deutschland nur
Cassidian aufweist.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Und dann heißt es ja weiter: „aus technolo-
gischen und rüstungswirtschaftlichen Grün-
den“ soll das Programm fortgesetzt werden.
Ich vermisse da so ein bisschen die sicher-
heitspolitische Begründung.

Zeuge Detlef Selhausen: Es ist allge-
mein bekannt, dass hier eine herausragende
Fähigkeitslücke besteht, dass diese gedeckt
werden muss, und es war in diesem Zusam-
menhang nicht notwendig, dieses nun noch
mal besonders herauszustellen. Das ist dann
in Ziffer 19: „Angesichts der herausragenden
operationellen Bedeutung ist die Fähigkeits-
lücke schnell zu schließen.“* Das ist im Haus
jedes Mal Thema gewesen, und vor dem
Hintergrund würde ich dem jetzt nicht die
große Bedeutung beimessen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also, dann halten wir fest: Der Bezug auf
EADS - haben Sie gesagt - war einfach un-
glücklich an der Stelle?

Zeuge Detlef Selhausen: Sie hätte bes-
ser sein können.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Gut. - Herr Selhausen, könnte es einen Zu-
sammenhang geben zwischen der Entwick-
lung im Euro-Hawk-Projekt und der Tat-
sache, dass parallel dazu im November 2011
einer der Unterauftragnehmer, nämlich Cas-

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-73 BMVg zu BB 17-48,
Ordner 2, StS Beemelmans, Blatt 225.

sidian, gleichfalls noch mal ein Angebot un-
terbreitet hat zur Herstellung einer Drohne,
einer europäischen Drohne? Gibt es da
einen Zusammenhang?

Zeuge Detlef Selhausen: Diesen Zu-
sammenhang sehe ich nicht.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Darf ich weiterfragen, oder hat noch je-
mand - -

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Nein, ich muss erst fragen: CDU/CSU? -
SPD?

Rainer Arnold (SPD): Ja, wir hätten noch
Fragen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Dann kommt der Kollege Arnold.

Rainer Arnold (SPD): Zunächst mal: Ge-
hen Sie davon aus, dass bis Ende Septem-
ber die Tests abgeschlossen sind, sodass
eine wirkliche Unterschrift geleistet werden
kann oder das Scheitern erklärt wird? Reicht
der Zeitraum? Noch zwei Flüge?

Zeuge Detlef Selhausen: Meine Exper-
ten sagen, dass damit ein qualifiziertes Ziel
erreicht werden wird, ja.

Rainer Arnold (SPD): Wie wird das qua-
lifizierte Ziel dann formuliert? Was wird dort
bestätigt?

Zeuge Detlef Selhausen: Das kann ich
Ihnen so genau nicht sagen, weil ich so tief in
dem Projekt nicht drin bin.

Rainer Arnold (SPD): Ist es richtig, dass
nur Teile im Augenblick getestet werden und
andere Teile - auch Antennenfragen; zumin-
dest an einer Stelle, aber auch andere
technische Anforderungen - im Augenblick
gar nicht im Missionssystem mit getestet
werden?

Zeuge Detlef Selhausen: Über diese
Detailkenntnisse verfüge ich nicht.

Rainer Arnold (SPD): Haben Sie Detail-
kenntnisse darüber, ob das Missionssystem
lufttechnisch schon zertifiziert ist?

Drucksache 17/14650 – 652 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 90
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Detlef Selhausen: Darüber habe
ich keine Erkenntnisse.

Rainer Arnold (SPD): Aber Sie sagten
uns ja vorhin, das Ding ist ganz toll, und
wenn man die Tests fertig hat, dann verfügen
wir über das System. Das müssen Sie ja auf
irgendeiner Erkenntnisbasis gemacht haben.

Zeuge Detlef Selhausen: Das ist die
Bewertung meiner Experten, -

Rainer Arnold (SPD): Okay.

Zeuge Detlef Selhausen: - die mir diese
zugesandt haben.

Rainer Arnold (SPD): Die Experten
müssten wir dann gegebenenfalls noch be-
fragen.

Ich würde mich noch für die Alternativen-
untersuchungen interessieren, zunächst mal
über die Rechtsprüfungen, welche Zulas-
sungsverfahren möglich sind. Sehe ich das
richtig, dass es zwei gangbare Wege gab,
die dann untersucht wurden?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich habe das
so verstanden, dass drei Wege untersucht
worden sind: ein Weg nach ZDv, Ziffer 316,
wo die Idee war, in Analogie zu Einsätzen
eine Ausnahmegenehmigung zu erteilen; das
andere wären zwei Alternativen gewesen -
die untersucht worden sind -, die nach Ziffer
316 der ZDv 19/1 untersucht werden sollten.

Ich schaue mal ganz kurz in meine Un-
terlagen.

Die ZDv 19/1, Ziffer 316, erlaubt
dem Bundesministerium der Vertei-
digung, Führungsstab der Luftwaffe,
von der Regelung, dass die Zulas-
sung zum Flugbetrieb, Verkehrszu-
lassung, bei teilweisem Entzug der
Musterzulassung zu widerrufen ist,
in zwingenden Fällen abzuweichen.
(?)

Rainer Arnold (SPD): Darf ich Sie unter-
brechen? Es interessieren mich jetzt nicht
wirklich die Details, sondern ich wollte nur
wissen: Sind es viele Wege, die untersucht
wurden, oder weniger? Zwei oder drei ist für
meine weitere Frage nicht relevant.

Zeuge Detlef Selhausen: Es sind drei
Wege untersucht worden - -

Rainer Arnold (SPD): Ist okay. Das reicht
mir in dem Fall.

Wir haben gestern in anderem Zusam-
menhang gelernt, dass es schon sehr eilig
war mit dem gesamten Projekt und dass
auch geschoben wurde auf der technischen
Seite, dass man endlich vorankommt. Ich
kann mir dann nicht erklären, dass man für
die Untersuchung von drei Zulassungswegen
ein Jahr braucht. Hat da niemand ein biss-
chen geschoben, damit man schneller zu
Klärungen kommt? Und warum nicht?

Zeuge Detlef Selhausen: Das ist ein
sensibler Prozess. Denn wenn Sie sich hier
entscheiden zu einem alternativen Zulas-
sungsweg, dann bedeutet das, auch Verant-
wortung zu übernehmen, und dann bedeutet
das unter Umständen auch, Haftung zu
übernehmen. Dieses im Einzelnen abzuwä-
gen und hier die richtige Balance zu finden,
die einzelnen Argumente gegeneinander-
zustellen und möglicherweise auch Zwi-
schenwege zu finden, das ist in dem Thema -
so habe ich es mir erklären lassen - nicht
einfach, und deswegen hat das offenbar
diese Zeit gedauert.

Rainer Arnold (SPD): Nun zu den tech-
nischen Alternativen, also Plattformen. Wann
waren Sie zum ersten Mal mit der Frage,
dass man alternative Plattformen sucht, be-
traut?

(Der Zeuge blättert in seinen
Unterlagen)

- Nicht die Stunde; der Monat reicht schon.

Zeuge Detlef Selhausen: Ich meine, das
ist doch schon in der Vorlage vom 8. Februar
beschrieben. Kleinen Moment!

(Der Zeuge blättert in seinen
Unterlagen)

- Da ist es nicht. Das mag im zweiten, dritten
Quartal 2012 gewesen sein.

Rainer Arnold (SPD): Zum ersten Mal?
Da war auch die Leitung des Hauses dann
damit befasst, dass Alternativen gesucht
werden, untersucht werden?

Zeuge Detlef Selhausen: Da müsste ich
in die Vorlagen schauen. Ich - -

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 653 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 91
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Rainer Arnold (SPD): Es ist jetzt auch
nicht so relevant; das sparen wir uns in dem
Fall.

Nun liegen ja die Ergebnisse vor. Können
Sie uns sagen, welchem Projekt dort der
Vorrang - - was das qualifizierteste ist?

Zeuge Detlef Selhausen: Herr Abgeord-
neter, da ist noch keine Entscheidung ge-
troffen. Ich kann mir vorstellen, dass wir das
auch durchaus vertieft dann noch untersu-
chen. Das kann sein, dass das ein erster
Ansatz ist. Also, ich kann hierzu im Moment
keine Auskunft geben.

Rainer Arnold (SPD): Wir haben das ja
vorliegen. Also, dass noch weitere Untersu-
chungen erfolgen, würden wir schon sehr
hoffen. Das ist ja klar. Aber wenn Sie es nicht
sagen können! Es wird dort empfohlen als
geeignetste Neuentwicklung von EADS eine
Drohne, die im mittleren Bereich fliegt, also
dieses Wunschkind auch der Firma, das man
schon lange entwickeln wollte. Die Kosten,
dann bezogen auf diese Fähigkeit, über die
wir gerade reden, liegen bei etwa 1,2 Milliar-
den.

Nun wissen wir aus anderen Gesprächen
zu dieser Drohne und möglichen Überlegun-
gen, dass man davon ausgehen kann, dass
dieses Produkt im Jahr 2023 - sagen wir mal
mit ein bisschen Erfahrung, optimistisch
gerechnet, dann 2025 - zur Verfügung steht.
Ihre Erfahrung würde mich jetzt interessie-
ren. Ist eine Sensortechnik, die man jetzt
testet, im Jahr 2025 noch auf einem Stand,
dass man sie dann in ein modernes Flug-
gerät einbauen würde?

Zeuge Detlef Selhausen: Es ist so, dass
dieses Ganze der Prüfung unterliegt und das
im Moment Spekulation ist. Ich kann dazu
nichts sagen.

Rainer Arnold (SPD): Ja, aber diese
Untersuchungen haben doch schon einen
Sinn und eine gewisse Relevanz.

Zeuge Detlef Selhausen: Ja, und diese
Untersuchungen gehen weiter. Ich will hier
keine Zwischenergebnisse vornehmen. Das
müsste tiefer abgestimmt sein.

Rainer Arnold (SPD): Aber richtig ist
schon, dass nur drei Dinge in Frage kämen,
nämlich: Heron, diese Neuentwicklung von

EADS oder eben dieses Verkehrsflugzeug?
Ich würde auch sagen: Es ist relativ wurscht,
welches technologisch die Integrationslinie
ist; sie haben immer die gleiche Dimension.
Insofern - -

Zeuge Detlef Selhausen: Das unterliegt
komplett der Prüfung. Es ergibt sich aus der
Natur der Sache, dass es entweder ein be-
manntes oder ein unbemanntes Luftfahrzeug
ist. Aber welches das ist, das lässt sich im
Moment nicht sagen, Herr Abgeordneter.

Rainer Arnold (SPD): Aber Sie gehen
davon aus, dass so eine Prüfung erfolgt und
dass so ein Produkt dann aufs Gleis gesetzt
wird?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich gehe da-
von - - Oder: Für mich ist ein Faktum, dass
unverändert ein hoher Bedarf der Streitkräfte
besteht, die Fähigkeitslücke zu schließen. Da
muss dann eine geeignete Plattform bereit-
gestellt werden, mit der diese Fähigkeits-
lücke möglichst kurzfristig zu schließen ist.

Rainer Arnold (SPD): Was verstehen Sie
unter „möglichst kurzfristig“? Haben Sie da
eine Vorstellung?

Zeuge Detlef Selhausen: Weil der Be-
darf unabweisbar ist.

Rainer Arnold (SPD): Aber wäre es dann
nicht geschickter gewesen, wirklich eine
Überprüfung im Jahr 2011 vorzunehmen,
wenn es kurzfristig sein soll? Weil man hätte
zwei Jahre gewonnen, wenn man - -

Zeuge Detlef Selhausen: Ich darf wie-
derholen, was ich schon einmal geantwortet
habe: Zu diesem Zeitpunkt und bis hinein in
die Entscheidungsvorlage von Ende März
dieses Jahres war es das Ziel, diese Fähig-
keitslücke vorübergehend dadurch zu schlie-
ßen, dass der Full Scale Demonstrator hier
zum Einsatz kommt.

Rainer Arnold (SPD): Auch wenn 2011
sichtbar war, dass man ihn nicht zulassen
kann als regelgerecht?

Zeuge Detlef Selhausen: Es war ja 2011
nicht sicher. Nein, ganz im Gegenteil: Es ist
ja dann ab 2012, beginnend mit der Konsti-
tuierung der Arbeitsgruppe am 8. Februar,

Drucksache 17/14650 – 654 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 92
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

nein, 8. März 2012, überhaupt erst unter-
sucht worden, ob es Möglichkeiten der alter-
nativen Zulassung auch der Serie gibt.

Rainer Arnold (SPD): Ja, aber wir spre-
chen doch jetzt über den Demonstrator, von
dem Sie gerade sagten, er sollte möglicher-
weise als Einzelmodell einen Teil dieser Fä-
higkeit erfüllen. Da war ja wohl sichtbar, dass
der nicht im regulären Bereich zugelassen
wird. Sonst hätten wir die Probleme nicht
gehabt. Dann hätten wir ihn doch zulassen
können.

Zeuge Detlef Selhausen: Der Full Scale
Demonstrator fliegt jetzt unter einer Vorläufi-
gen Verkehrszulassung als Erprobungsträ-
ger.

Rainer Arnold (SPD): Ja, aber Sie sag-
ten ja, den hätte man ja nehmen können,
und das wäre die Absicht gewesen als Ein-
stieg für die Luftwaffe. Meine These war: Es
war damals schon klar, dass der ja keine
entsprechende Zulassung erhält.

Zeuge Detlef Selhausen: Es war damals
die Absicht, den Full Scale Demonstrator mit
einer Vorläufigen Verkehrszulassung auch
über die Erprobungsphase hinaus fliegen zu
lassen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wir ha-
ben es ja, Herr Selhausen, hier mit unter-
schiedlichen Begriffen von „wichtig“ und
„nicht so wichtig“, von „schnell“ und „lang-
sam“, von „teuer“ und „egal“ zu tun. Was
wäre für Sie sozusagen - - Ist der Euro Hawk
ein wichtiges Rüstungsprojekt gewesen?

Zeuge Detlef Selhausen: Der Euro Hawk
ist ein bedeutsames Entwicklungsprojekt der
Streitkräfte.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Bei der
Frage „teuer“: Was ist von der Dimension her
so, dass Sie sagen, das ist ein großer Be-
trag, darüber muss die Leitung informiert
sein? 10 Millionen? 100 Millionen? 1 Milliar-
de? - Es muss nicht Multiple Choice sein.
Wenn Sie eine genaue andere Zahl haben,
ist es auch gut.

Zeuge Detlef Selhausen: Das hängt
erstens vom Projekt ab. Und eines ist doch
klar: Auch bei Steigerungen im zweistelligen

Bereich, wenn dort nicht Vorsorge getroffen
ist, wird es zumindest - - ja, wird es zu Infor-
mationen kommen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Eine
Kostensteigerung von einer halben Milliarde
muss dazu führen, dass der Minister infor-
miert wird. Richtig?

Zeuge Detlef Selhausen: Wir haben eine
Regelung im Haus: Wenn eine Kostensteige-
rung von über 15 Prozent des gebilligten
Rahmens erfolgt, ist eine sogenannte Zwi-
schenentscheidung - so war es in dem alten
Verfahren - zum haushaltsbegründenden
Phasendokument zu schreiben, und dann
wird die Leitung des Hauses informiert.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das ist
jetzt eine wichtige, neue, gute Information.
Wir lernen ja auch über Verfahren: Wenn
15 Prozent des Preises überschritten wird,
muss es eine Zwischenentscheidung geben?

Zeuge Detlef Selhausen: Ja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): General-
inspekteur Schneiderhan hatte uns berichtet
von zwei Zwischenentscheidungen bei dem
Projekt Euro Hawk, die, ich glaube, vor Ihrer
Zeit als Abteilungsleiter getroffen wurden.
Sind in Ihrer Zeit als Abteilungsleiter und
Hauptabteilungsleiter Zwischenentscheidun-
gen zum Euro-Hawk-Projekt getroffen wor-
den?

Zeuge Detlef Selhausen: Es ist bisher
eine Zwischenentscheidung getroffen wor-
den, und zwar, wenn ich es recht erinnere,
im Jahr 2006, und es ist derzeit eine Zwi-
schenentscheidung beim Generalinspekteur
der Bundeswehr.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Welchen
Inhalts?

Zeuge Detlef Selhausen: Des Inhalts,
dass jetzt 15 Prozent der gebilligten Summe
überschritten werden, wenn der Vertrag über
die Verlängerung, über die Erprobung für
August und September, gezeichnet wird.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ach so.
Es könnte auch sein, dass jetzt noch länger
erprobt wird?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 655 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 93
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Detlef Selhausen: Nein.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wenn
noch nicht entschieden ist?

Zeuge Detlef Selhausen: Diese Zwi-
schenentscheidung ist erforderlich, um den
Betrag für die Erprobung August/September
bereitstellen zu können.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Zusätz-
liches Geld?

Zeuge Detlef Selhausen: Das ist zusätz-
liches Geld, bezogen auf die Zwischenent-
scheidung, bezogen auf den gebilligten
Haushaltsrahmen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das ist
neu.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege Bartels, jetzt kommen die Lin-
ken dran. - Keine weiteren Fragen. Dann
Bündnis 90/Die Grünen? - Frau Kollegin
Keul.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, dann würde ich gerne dort weitermachen.

Herr Selhausen, wir sprachen darüber,
dass die Firma Cassidian im November 2011
ein Angebot unterbreitet hat zur Entwicklung
von Talarion zu einem Festpreis von 300 Mil-
lionen Euro. Ich nehme an, dass Ihnen das
bekannt ist?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich kenne ein
solches Angebot nicht.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Wir hatten hier vorhin eine Vorlage - die SPD
hat Ihnen das in Papierform vorgelegt -, das
war dieses Schreiben mit den handschrift-
lichen Vermerken darauf. Das liegt Ihnen,
glaube ich, noch vor. Ich weiß nicht, inwie-
weit die Anlagen bei diesem Schreiben mit
ausgedruckt sind.

Das ist MAT 73-1. Es geht jetzt nur um
folgende Seiten, die Sie jetzt, soweit ich
weiß, nicht in Papierform vorliegen haben -
wir auch nicht; deswegen zeigen wir Ihnen
das jetzt digital -:

(Dem Zeugen werden Dokumente
auf einem Notebook gezeigt)

Das ist eine Mitteilung vom 15.12.2011, also
ein förmlicher Vermerk des Referatsleiters
Rohmer an Herrn Abteilungsleiter Rüstung.
Sie haben das auch mit „Danke!“ quittiert.
Und da geht es um das Angebot von Cassi-
dian vom 3. November 2011 zur Entwicklung
von Talarion. Da heißt es:

Mit dem Angebot gem. Bezug 1.
präzisiert Cassidian ihre bisherigen
Vorschläge und demonstriert ihre
Bereitschaft, sich zu einer Phase 1
einer Realisierung von TALARION
finanziell zu Festpreisbedingungen
zu verpflichten.*

Und so weiter. Also, der Zeitplan ist dabei:
Bis 2014 glauben sie, in der Lage zu sein,
eine solche Drohne herzustellen.

Das ist ja ein Vermerk, den Sie auch mit
„Danke!“ quittiert haben. Von daher gehe ich
davon aus, dass Sie dieses Angebot ken-
nen?

Zeuge Detlef Selhausen: Können wir
unterbrechen? Es wäre mir schon sehr lieb,
wenn ich das Dokument im Original sähe.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sie meinen, in Papierform? - Gut. Ich denke,
das müssen wir machen, nicht wahr?

MR Andreas Conradi (BMVg): Frau Vor-
sitzende, können wir vielleicht vorher noch
kurz klären, in welchem Zusammenhang das
zum Untersuchungsauftrag steht?

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Das gehört zu dem Schreiben Euro Hawk als
Beilage, das wir hier gesehen haben. Das
heißt, das war der Vermerk Euro Hawk vom
18. Januar 2012, haben wir ja gelernt, über
den wir hier vorhin schon gesprochen haben.
In diesem Vermerk zum Stand Euro Hawk
wird Bezug genommen auf sechs dazugehö-
rige Anlagen - Berichte BWB, Informations-
vorlage -, unter anderem auch dieses Ange-
bot. Das heißt, das sind sechs Punkte, die
unter dem Titel „Euro Hawk“ aufgeführt wur-
den, und einer davon betrifft das Angebot
von Cassidian.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt müssen wir erst einmal klären: Vor-

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-73 BMVg zu BB 17-48,
Ordner 1, StS Beemelmans, E-Mail-Verkehr
22072011-29042013, Blatt 118.

Drucksache 17/14650 – 656 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 94
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

legen müssen eigentlich Sie, Frau Kollegin
Keul - -

(Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wir haben das ja nur
digital bekommen! Es muss ja noch
ausgedruckt - -)

- Lassen Sie mich halt mal ausreden!
Herr Selhausen, es ist nicht Pflicht, dass

wir das alles schriftlich ausdrucken. Das
können wir durchaus auch über den Com-
puter machen.

Zeuge Detlef Selhausen: Frau Vorsit-
zende, ich habe großes Verständnis und
nehme mir Ihren Appell auch sehr zu Herzen.
Hier geht es ja doch um eine grundlegende
Sache. Ich möchte schon das ganze Doku-
ment auch im Zusammenhang sehen. So
langsam tauchen meine Erinnerungen auf.
Ich muss das nur mal auch mit den Anlagen
sehen. Wenn Sie da nur durchscrollen - - Bei
mir gehen so viel Dokumente über den Tisch.
Das möchte ich schon im Ganzen sehen.
Wenn - - Ich sage Ihnen nur, was ich im Mo-
ment - - damit Sie - -

Frau Vorsitzende, ich möchte um Ver-
ständnis werben. Es kann sein, dass das,
was Frau Keul als Angebot bezeichnet - so
wird es dort auch beschrieben -, von mir als
Angebot überhaupt nicht bewertet ist. Es gibt
immer wieder Schreiben von der Industrie,
wo die eine Idee haben. Ich meine, das wa-
ren hier mehrere Sachen, wo die kamen. Da
schreibe ich „Danke“ drauf - okay, wir können
uns mal drüber unterhalten -, aber das ist
kein Angebot.

Auch zu dieser Zeit war mir klar, dass ein
UAV - was immer die Talarion-Klasse - - zu
dem Zeitpunkt, 2011, war das ohnehin kein
Thema - für 300 Millionen Euro nicht zu ent-
wickeln ist. Deswegen sagte ich: Ein solches
Angebot kenne ich nicht. Das sind - das ver-
mute ich jetzt; ich werde mir das gleich an-
gucken - Industriepapiere, die sagen: „Guck
mal, wir haben Ideen!“ So ist das.

Um dem Vorhalt entgegenzutreten: „Da
gibt es ein Angebot“, möchte ich schon se-
hen, was in den Anlagen steht und wie das
ist. Dann kommen die Erinnerungen auch
wieder.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Dann muss ich jetzt die Sitzung jetzt unter-
brechen.

(Zuruf)

- Frau Kollegin Keul, vielleicht können Sie
oder der Kollege Nouripour etwas anderes
fragen?

(Zuruf)

- Gut. Und Sie sorgen dafür, dass wir das in
ausgedruckter Form kriegen? - Gut. - Herr
Kollege Nouripour.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wir haben gestern vom Zeugen
Knöpfel gehört, dass aus seiner Sicht der
Euro Hawk verkehrssicher sei. Teilen Sie
diese Einschätzung nach den Informationen,
die Ihnen vorliegen?

Zeuge Detlef Selhausen: Dazu habe ich
keine Erkenntnis. Das müssen meine Ex-
perten beurteilen. Jedenfalls reichen die Da-
ten, die wir haben, nicht dazu aus, ihn einer
umfassenden Musterprüfung zu unterziehen.
Allerdings weiß ich, dass der Leiter
WTD 61/ML - mit etlichen Auflagen - eine
Vorläufige Verkehrszulassung erteilt hat,
sodass ich sicher davon ausgehe, dass im
Rahmen dieser Auflagen dieses Luftfahrt-
gerät verkehrssicher fliegt.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Es ist ja auch beschrieben wor-
den, dass es einen alternativen Zulassungs-
weg gegeben hat, den der Inspekteur der
Luftwaffe nicht abgezeichnet hat. Ist Ihnen
das bekannt?

(Dem Zeugen werden Unterlagen
vorgelegt)

Zeuge Detlef Selhausen: Mir ist bekannt,
dass die Arbeitsgruppe in Verantwortung des
Inspekteurs Luftwaffe verschiedene alter-
native Zulassungen untersucht hat:

Die Ziffer 316, ZDv 19/1, gibt die
Möglichkeit, in Einsätzen für ein
Luftfahrtzeug eine Ausnahme-
genehmigung zu erteilen. Das
wurde erstmals für den Einsatz von
Nachtsichtbrillen für Tornado im
Rahmen des Einsatzes Kosovo
durch Inspekteur Luftwaffe ange-
wendet, da dies gemäß den
Durchführungsbestimmungen ZDv
19/1 in der Tat zur Herstellung und
Wahrung der Einsatzfähigkeit der
Bundeswehr diente - -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wenn ich Sie kurz unterbrechen

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 657 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 95
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

darf: Wissen Sie, warum dieser Weg nicht
gegangen wurde?

Zeuge Detlef Selhausen:
Bezogen auf den Euro Hawk stellte
diese Variante keinen gangbaren
Weg dar, da:
- die Regelung nur temporäre Aus-
nahmen erlaubt und auf einen
dauerhaften Betrieb von Serienflug-
zeugen im Friedensflugbetrieb die
Euro-Hawk-Serie nicht anwendbar
ist;
- Ziffer 316 auf eine Risikoüber-
nahme durch den Inspekteur Luft-
waffe ausgerichtet ist, die nur in
dringenden Einsatzszenarien zu
rechtfertigen ist;
- die Zulassung zum Flugbetrieb
wegen fehlenden Nachweises der
Verkehrssicherheit zum Zeitpunkt
der beabsichtigten Nutzung gerade
nicht vorliegt;
- die geforderte Erklärung...

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Herzlichen Dank. Es ist sehr
verständlich.

Zeuge Detlef Selhausen: - ich wollte das
kurz zu Ende führen, wenn Sie erlauben -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ja.

Zeuge Detlef Selhausen:
...der Verkehrssicherheit durch
Leiter ML für einen dauerhaften Se-
rienbetrieb Euro Hawk gerade nicht
gewährleistet war; sonst hätte Leiter
ML eine reguläre Musterzulassung
ausstellen können;
- die Argumentation, Ziffer 316 in
Fällen anzuwenden, in denen eine
Musterzulassung nur mit hohem fi-
nanziellen Aufwand erreicht ist, ein
Präjudiz für den langfristigen Ver-
zicht auf das den zivilen Regularien
entnommene Prinzip der Muster-
prüfung aus Kostenerwägungen
bedeuten würde; Flugsicherheit darf
nicht zum Spielball finanzieller
Rahmenbedingungen werden;
- die Erweiterung des Anwen-
dungsbereichs der Ziffer 316 auf
den Ausbildungsbetrieb durch Er-
gänzung der Durchführungsbestim-
mungen eine Aushöhlung dieser als

einsatzbezogenen Sonderregelung
gedachten Vorschrift gleichkommen
würde. (?)

Das ist die Begründung dafür.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Danke sehr.

Die Erprobungsflüge, wie sie jetzt stattfin-
den: Ist das vertraglich eine Verpflichtung?
Muss es sie geben laut Vertrag? Oder wird
das gemacht, damit das ISIS-System zu
Ende erprobt werden kann?

Zeuge Detlef Selhausen: Da bin ich jetzt
im Moment überfragt. Wir führen diese Er-
probungen durch und zahlen dafür entspre-
chend dem Vertrag. Ich meine, dass es so
war, dass im Ursprungsvertrag dafür eine
Leistung vorgesehen war. Aber genaue
Kenntnis darüber habe ich im Moment nicht.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich frage deswegen, weil, wenn
die Erprobungen kein Teil des Vertrages
sind, keine Verpflichtungen sind, bei einer
zukünftigen alternativen Trägerplattform
sowieso neu erprobt werden muss, die jetzi-
gen Erprobungen ja eigentlich nur dazu füh-
ren, dass am Ende der Prototyp abgenom-
men werden muss.

Zeuge Detlef Selhausen: Er wird quali-
fiziert.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Klar, aber die Integration! Euro
Hawk als Ergebnis von einer Addition und
Integration von Global Hawk und ISIS - das
wird abgenommen. Wenn man das nicht
erprobt und Ende September das tatsächlich
nicht hat, muss man es ja auch nicht mehr
abnehmen. Das bedeutet, dass dann die
Kosten nicht anfallen, weil es ja nicht über-
geht ins Eigentum der Bundesrepublik
Deutschland.

Zeuge Detlef Selhausen: Es wird auch
die Leistungsfähigkeit des Sensors selbst
qualifiziert. Darum geht es auch.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wenn ich noch einmal zu ISIS
kommen darf: Sie haben vorhin gesagt, dass
es vier Entwicklungsziele gebe, von denen
drei erreicht worden seien. Können Sie das

Drucksache 17/14650 – 658 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 96
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

im Hinblick auf ISIS noch einmal beschrei-
ben? Ich habe es nicht verstanden.

(Der Zeuge blättert in seinen
Unterlagen)

Zeuge Detlef Selhausen: Die rund
301 Millionen Euro, die für das Missionssys-
tem ISIS einschließlich dessen Erprobung
gezahlt worden sind, sind in ein Sensorsys-
tem investiert worden, an dem die Bundes-
wehr einen unabweisbaren Bedarf hat. Ent-
sprechend den Planungen zu Beginn des
Vorhabens in 2002 ff. wird der Bundeswehr
das hochwertige Aufklärungssystem ISIS mit
einer qualifiziert abgeschlossenen Erprobung
zur Integration in eine andere Plattform zur
Verfügung stehen. Wie viele Kosten diese
Integration verursachen könnte, lässt sich
derzeit nicht vorhersagen. Das hängt von der
gegebenenfalls auszuwählenden Plattform
ab. - Das ist das, was ich geantwortet habe.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
CDU? - SPD? - FDP? - LINKE? - Dann
Grüne.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Selhausen, ich denke, Sie haben es
jetzt vorliegen. Ich kann das gut verstehen,
dass das in Papierform übersichtlicher ist. Ich
habe das jetzt auch in Papierform vorliegen.

Also, noch mal, damit wir auch alle wieder
im Film sind: Es ging um Ihre Mail an Frau
Dr. Roespel. Da haben Sie übersandt einen
Vermerk vom 18. Januar 2012. Dieser Ver-
merk ist übertitelt „Unbemanntes Luftfahr-
zeug EURO HAWK“, und Teil dieses Ver-
merkes „Euro Hawk“ ist ein Angebot der
Firma Cassidian für einen europäischen
UAS-Prototypen Talarion. Warum ist dieses
Angebot zur Entwicklung von Talarion dem
Vermerk „Euro Hawk“ beigefügt? Könnte es
sein, dass EADS sagen wollte bzw. Cassi-
dian, dass Talarion eine alternative Träger-
plattform für den Euro Hawk sein könnte,
oder warum sonst taucht dieses Talarion-
Angebot hier in dem Euro-Hawk-Vermerk
auf?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich muss noch
mal ganz kurz jetzt lesen.

(Der Zeuge blättert in den ihm
vorgelegten Unterlagen)

Frau Abgeordnete, können Sie mir helfen:
Wo steht das?

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also, Sie haben den Vermerk ja vorliegen,
den ich auch habe.

Zeuge Detlef Selhausen: Das ist der
Vermerk von Detlef - - von mir.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Von Herrn Rohmer an Sie, an Herrn Ab-
teilungsleiter Rüstung, „Unbemanntes Luft-
fahrzeug EURO HAWK“.

Zeuge Detlef Selhausen: Ja, genau. Und
können Sie mir da - -

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Das sind sechs Betreffs. Das ist eine Zu-
sammenstellung von sechs Unterlagen.

Zeuge Detlef Selhausen: Ja, die habe
ich vorliegen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Genau. Und der sechste davon, also das
Letzte, ist eben der Betreff Talarion.

Zeuge Detlef Selhausen: Das Ganze ist
aber nicht Gegenstand der Vorlage an mich,
sondern ist lediglich ein Bezug.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, eben. Es ist ein Bezug in der Vorlage
„Euro Hawk“. Deswegen ja meine Frage:
Warum hat man dieses Angebot Talarion hier
zu diesem Euro-Hawk-Vermerk gepackt? Wo
ist da der Zusammenhang?

Zeuge Detlef Selhausen: Das entzieht
sich meiner Kenntnis. Die Vorlage selbst
geht auf diesen Punkt überhaupt nicht ein,
und es ist ja auch nicht so, dass diese Be-
züge der - - Waren alle Bezüge der Vorlage
beigefügt?

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja. Das ist sauber nachvollziehbar. Aktenzei-
chen 90-15-10 ist Talarion.

Zeuge Detlef Selhausen: Kleinen Mo-
ment! Jetzt müssen wir gucken. - Jetzt habe
ich es. Das ist die Anlage. Ich muss noch
mal - -

(Der Zeuge blättert in den ihm
vorgelegten Unterlagen)

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 659 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 97
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Frau Abgeordnete, das kann ich mir im
Moment nicht erklären. Mit dem Sachverhalt
selbst hat es nichts zu tun. Wenn ich hier
lese - - Nein, das müsste ich im Einzelnen
mal bewerten, inwieweit die Durchführung
der ersten Phase 300 Millionen - - Okay.
Aber was den Autoren bewogen hat, diese
Vorlage hier als Anlage beizufügen, kann ich
nicht nachvollziehen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also, Sie können ausschließen, dass Tala-
rion als alternative Trägerplattform in Be-
tracht kommen könnte?

Zeuge Detlef Selhausen: Ich kann das
nicht ausschließen. Ich habe ja gesagt: Es
wird für ein zukünftiges Missionssystem ISIS
entweder eine bemannte oder eine unbe-
nannte Plattform geben. Aber welche Platt-
form das sein wird, das unterliegt der Prü-
fung. Ich möchte allerdings fast ausschlie-
ßen, zumindest von meiner Seite aus, dass
das in irgendeiner Weise in Bezug zu setzen
war zu den Schwierigkeiten, die wir da von
Euro Hawk hatten. Was immer den Autoren
bewogen haben mag, das weiß ich nicht.
Das entzieht sich meiner Kenntnis.

Mir geht es lediglich - - Jetzt bei dieser
Vorlage, die hier „Unbemanntes Luftfahrzeug
EURO HAWK“, die Ausgangsvorlage
18. Januar 2011, da geht es mir ausschließ-
lich um die Dinge, die hier in dieser Vorlage
dargelegt waren an Schwierigkeiten im Euro-
Hawk-Programm selbst. Ich habe diese Vor-
lage nur deshalb weitergeleitet, weil diese
Aussagen wichtig waren. Dass da auch diese
Anlage oder der Bezug 6. Inhalt war, war für
mich nicht wesentlich. Mir sind auch keine
Zusammenhänge - um das ganz klar zu be-
antworten: keine Zusammenhänge - bekannt,
dass dieses hier zusammengefügt wurde, um
zu sagen: Wenn es dann mit Euro Hawk
nicht klappt, machen wir das mit Talarion.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Vielleicht noch mal ein Letztes, damit Sie - -
Also, ich kann das nachvollziehen. Aber auch
der Zeitpunkt ist ja hier so sehr parallel. Also,
am 3. November unterbreitet Cassidian ein
Angebot, und kurz danach wird Ihnen diese
entscheidende Vorlage gemacht, wo Sie
dann erstmals erfahren haben, dass man
überlegt hat, jetzt die Serie nicht mehr zu
machen. Das war ja derselbe Zeitpunkt, im
November 2012, der Zeitpunkt, wo man sich
von der Serie Global Hawk verabschiedet

hat, der gleiche Monat, in dem dann zufällig
Cassidian auch wieder ein Angebot zur Ent-
wicklung einer Drohne vorlegt. Das ist viel-
leicht doch schon etwas erklärungsbedürftig.

Zeuge Detlef Selhausen: Das ist aus
meiner Bewertung ein reiner Zufall. Die Tala-
rion-Geschichte, die wurde durch die Lob-
byisten von EADS zu der Zeit am Potsdamer
Platz betrieben, als der Zusatzvertrag für
A400M unterzeichnet war, und das war we-
nig - - Das war später. Das war einfach ein
Projekt, wo sich die Lobbyisten zu der Zeit - -
um das sich - so will ich es formulieren - die
Lobbyisten von EADS zu der Zeit gekümmert
haben. Das hat nichts zu tun nach meiner
festen Überzeugung mit den Schwierigkeiten,
die dann offenbar wurden hinsichtlich der
Zulassung Euro Hawk.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Gut. Also, wir halten abschließend fest: Sie
haben keine Erklärung, warum der Referats-
leiter Rohmer dieses Angebot hier an den
Euro-Hawk-Vermerk geheftet hat.

Zeuge Detlef Selhausen: Das ist mir
nicht erklärlich, ja.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Gut. - Dann gebe ich ab an den Kollegen
Nouripour.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich habe nur noch zwei Fragen.
Die eine bezieht sich auf Ihre Aussage. Sie
haben gesagt, das ISIS-System wäre ja jetzt
durch die Erprobung auch etwas, was man in
der weiteren Zukunft verwenden kann, um
die Fähigkeitslücke zu schließen. Das habe
ich richtig verstanden?

Zeuge Detlef Selhausen: Ja.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Was ich nicht verstehe, ist, wie
Sie zu dieser Aussage kommen, wenn der
Projektleiter selbst sagt: Erst Ende Septem-
ber wissen wir, ob das ISIS-System brauch-
bar ist.

Zeuge Detlef Selhausen: Mir ist berichtet
worden, dass die Ergebnisse vielverspre-
chend sind. Ich habe zu konkreten Ergebnis-
sen ja auch nichts gesagt, weil mir die noch

Drucksache 17/14650 – 660 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 98
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

nicht vorliegen. Mir sind Tendenzen berichtet
worden.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Gut. Aber Sie haben, wie ge-
sagt - - Also, „vielversprechend“ heißt nicht,
dass es beispielsweise Risiken geben kann,
und wenn ich es richtig verstanden habe,
haben Sie bei der Rüstungsklausur dem
Minister ja vorgetragen, dass Sie die Zulas-
sungsschwierigkeiten lösen werden. So habe
ich es zumindest gehört. Wenn ich das falsch
verstanden habe, müssten Sie mich korrigie-
ren.

Zeuge Detlef Selhausen: Unter anderem
zu Euro Hawk hat General Müllner einen
Vortrag gehalten, in dem er auch das Zulas-
sungsthema erwähnte. Dazu habe ich nach
meiner Erinnerung sinngemäß bemerkt, dass
Luftwaffe und Rüstung hierzu im Gespräch
seien und das Thema gemeinsam klären
würden. Das habe ich gesagt.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Klären oder lösen ist nicht das-
selbe?

Zeuge Detlef Selhausen: Das Thema
gemeinsam klären würden.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Gut. - Dann habe ich nur noch
eine letzte - -

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege, ich habe jetzt ein bisschen ein
schlechtes Gewissen. Herr Selhausen sitzt
jetzt viereinhalb Stunden da.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Bitte, er kann auch erst noch eine
Pinkelpause machen. Aber ich habe nur
noch eine Frage.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Eine Frage, und dann ist Schluss.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ja, ich war gerade dabei. Wenn
Sie mich hätten ausreden lassen, dann hät-
ten Sie gehört: Das ist meine letzte Frage.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ja, gut. Eine Frage noch.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Die Frage lautet: Das, was be-
schrieben worden ist - - Kollege van Aken hat
ja vorgelesen, dass es Probleme gegeben
hätte mit der verspäteten Bereitstellung von
Geräten und Komponenten durch US Air
Force und National Security Agency. Sie
haben gesagt, dass Sie davon keinerlei
Kenntnisse hätten und auch nicht wüssten - -
auch davon nichts wüssten. Die Frage, die
sich mir stellt, ist - einfach mal in Organi-
grammen gedacht -: Wer sind denn die Per-
sonen, mit denen man genau diese Frage
erörtern muss? Wer ist denn eigentlich - - Ich
habe verstanden, das ist sozusagen beim
Bundesamt und nicht bei Ihnen. Welche
Stelle im Organigramm müsste ich ankreu-
zen, um zu wissen, mit wem ich darüber
reden muss?

Zeuge Detlef Selhausen: Das habe ich
im Moment nicht parat.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut. Dann sind wir am Ende der Verneh-
mung.

Herr Selhausen, ich darf Sie nochmals
darauf hinweisen, dass Ihnen nach Fertigung
des Protokolls dieses für mögliche Korrektu-
ren vom Sekretariat übersandt wird.

Zuletzt erinnere ich Sie daran, dass nach
§ 26 Abs. 2 PUAG der Untersuchungsaus-
schuss durch Beschluss feststellt, dass die
Vernehmung des Zeugen abgeschlossen ist.
Die Entscheidung darf erst ergehen, wenn
nach Zustellung des Vernehmungsprotokolls
zwei Wochen verstrichen sind oder auf die
Einhaltung dieser Frist verzichtet worden ist.

Herr Selhausen, ich danke Ihnen für Ihr
Kommen und wünsche Ihnen einen guten
Heimweg.

Zeuge Detlef Selhausen: Ich danke
Ihnen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich unterbreche jetzt die Sitzung bis circa
16.40 Uhr.

(Unterbrechung von
16.25 bis 16.45 Uhr)

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 661 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 99
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich setze die unterbrochene Sitzung fort.

Nachdem der Fotograf den Raum verlas-
sen hat, begrüße ich Sie, Herr Storz, recht
herzlich. Bitte nehmen Sie Platz. Es sieht
hier ein bisschen ausgedünnt aus, aber es
wird sich schon noch füllen, hoffe ich.

Wir kommen nun zur Vernehmung des
Zeugen, Direktor einer Wehrtechnischen
Dienststelle a. D., Walter Storz.

Vernehmung des Zeugen
Walter Storz

Herr Storz, ich weise Sie darauf hin, dass
die Sitzung aufgezeichnet wird. Dies dient
ausschließlich dem Zweck, die stenogra-
fische Aufzeichnung der Sitzung zu erleich-
tern. Die Aufnahme wird später gelöscht. Das
Protokoll dieser Vernehmung wird Ihnen
nach Fertigstellung zugestellt. Sie haben
anschließend die Möglichkeit, Korrekturen
und Ergänzungen vorzunehmen.

Herr Storz, Sie sind mit Schreiben vom
28. Juni 2013 geladen worden. Das Beweis-
thema ist Ihnen mit dem Untersuchungsauf-
trag und dem Beweisbeschluss zugegangen.
Der Beweisbeschluss ist Ihnen und den Mit-
gliedern bekannt. Auf eine Verlesung kann
daher verzichtet werden. Die erforderliche
Aussagegenehmigung liegt den Ausschuss-
mitgliedern als Tischvorlage vor.

Herr Storz, nach den Vorschriften der
Strafprozessordnung, die im Untersuchungs-
verfahren sinngemäß Anwendung finden,
und den Vorschriften des Gesetzes zur Re-
gelung des Rechts der Untersuchungsaus-
schüsse des Deutschen Bundestages - im
Folgenden verwende ich die Abkürzung
PUAG - muss ich Sie zunächst belehren. Sie
sind als Zeuge verpflichtet, die Wahrheit zu
sagen. Ihre Aussagen müssen daher richtig
und vollständig sein. Sie dürfen nichts weg-
lassen, was zur Sache gehört, und nichts
hinzufügen, was der Wahrheit widerspricht.

Ich habe Sie außerdem auf die möglichen
strafrechtlichen Folgen eines Verstoßes
gegen die Wahrheitspflicht hinzuweisen.
Danach kann derjenige, der vor dem Unter-
suchungsausschuss uneidlich falsch aus-
sagt, gemäß § 153 des Strafgesetzbuches
mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu
fünf Jahren bestraft werden.

Nach § 22 PUAG können Sie die Aus-
kunft auf solche Fragen verweigern, deren
Beantwortung Sie selbst oder Personen, die

im Sinne des § 52 Abs. 1 Strafprozessord-
nung Ihre Angehörigen sind, in die Gefahr
bringen würde, einer Untersuchung nach
gesetzlich geordnetem Verfahren ausgesetzt
zu werden.

Sollten Teile Ihrer Aussage aus Gründen
des Schutzes von Dienst-, Privat- oder Ge-
schäftsgeheimnissen nur in einer nach der
Geheimschutzordnung des Bundestages
eingestuften Sitzung möglich sein, bitte ich
Sie um einen Hinweis, damit eine entspre-
chende Einstufung erfolgen kann. Ich möchte
Sie in diesem Zusammenhang daran erin-
nern, dass im Falle einer Einstufung der Ver-
nehmung mit einem Geheimhaltungsgrad
VS-Vertraulich oder höher ein Wechsel des
Sitzungssaals erforderlich wird. Daher
möchte ich Sie bitten, etwaige Verneh-
mungsteile, die einer entsprechenden Ein-
stufung bedürfen, gesammelt am Ende der
Vernehmung zur Sprache zu bringen.

Nachdem ich Ihnen den Gegenstand der
Vernehmung erläutert, Sie zur Wahrheit er-
mahnt und belehrt habe, komme ich nun zur
Vernehmung zur Person. Herr Storz, bitte
nennen Sie uns Ihren Namen, Ihren Fami-
lienstand und Ihren Wohnort.

Zeuge Walter Storz: Mein Name ist
Walter Storz. Ich bin verheiratet. Ich habe
zwei Wohnorte. Der eine ist mein Haupt-
wohnsitz in Burgbrohl, zwischen Bonn und
Koblenz, und dann habe ich hier in Berlin
einen Wohnsitz.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich komme nun zur Vernehmung zur Sache,
Herr Storz. Zunächst gebe ich Ihnen die Ge-
legenheit, dem Ausschuss das im Zusam-
menhang darzulegen, was Ihnen von dem
Gegenstand der Vernehmung bekannt ist.

Zeuge Walter Storz: Ich war ja als Leiter
der Wehrtechnischen Dienststelle seit Januar
2007 auch - unter anderen Vorhaben - mit
dem Euro Hawk beschäftigt. Ich hatte schon
früher Gelegenheit, mit dem Euro Hawk be-
schäftigt zu sein. Das war, als ich im Pla-
nungsstab war. Ich war im Planungsstab von
Februar 1999 bis Oktober 2001. Und zwi-
schendurch war ich in Brüssel als Ständiger
Vertreter des Rüstungsdirektors, und da gab
es auch das Thema Euro Hawk im Zusam-
menhang mit AGS.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut. - Sie wissen: Wir haben ein Zeitbudget.

Drucksache 17/14650 – 662 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 100
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Das bedeutet, dass die CDU/CSU 23 Minu-
ten, die SPD 14 Minuten, die FDP 9 und die
Linke und Bündnis 90/Die Grünen je 7 Mi-
nuten haben. - Ich gebe das Wort dem Kolle-
gen Hochbaum von der CDU/CSU-Fraktion.

Robert Hochbaum (CDU/CSU): Herr
Storz, Sie haben ja Ihren Dienstantritt im
März 2007 gehabt. Was für einen Sachstand
fanden Sie denn damals zu dem Thema Euro
Hawk vor? Und ich sage mal auch: Was
wurde denn da eigentlich auch in der Beleg-
schaft oder bei Ihren Mitarbeitern geredet,
was dieses Thema damals anging?

Zeuge Walter Storz: Zu dem Zeitpunkt,
als ich in Manching ankam, war ja gerade der
Vertrag abgeschlossen. Meine Mitarbeiter - -
Wir haben also einen Systemverantwort-
lichen benannt, der für die Musterprüfung
und -zulassung zuständig ist. Wir haben
auch ferner - wir haben ja immer zwei Teile -
einen Flugversuchsingenieur uns ausgesucht
oder benannt. Die Dienststelle oder die Mit-
arbeiter haben sich eigentlich gefreut, dass
sie sich mit einem neuen, technologisch
herausfordernden System beschäftigen dür-
fen.

Und so ist anfangs der Zuständige für
Musterprüfung und -zulassung regelmäßig
nach USA gereist, um bei der Firma die ent-
sprechenden Informationen zu bekommen.
Später habe ich ja dann gemeinsam mit mei-
nem Leiter Musterprüfung und -zulassung
entschieden, dass der Kollege nicht mehr
ständig nach USA reist, sondern dass er bei
der Firma Northrop Grumman ein Büro be-
kommt und dann bis zu zwei Jahre nach
USA abgeordnet wird.

Robert Hochbaum (CDU/CSU): 2007,
als Sie angefangen haben, gab es da schon
nicht nur diese Euphorie, sondern auch
schon die Befürchtung, dass es Probleme
geben könnte, gerade in Bezug auf diese
Musterzulassung? Hat vielleicht Ihr Vorgän-
ger - er muss ja eine Übergabe gemacht
haben - schon bei irgendwelchen Gesprä-
chen darauf angespielt?

Zeuge Walter Storz: Mein Vorgänger
weniger, aber mein damaliger Leiter ML, der
Kollege Fraedrich. Der hatte dort schon Be-
denken und hat dort schon darauf hingewie-
sen, dass es schwierig sein wird, dieses
System für den Luftverkehr zuzulassen.

Robert Hochbaum (CDU/CSU): Sie ha-
ben ja das Büro bei Northrop Grumman an-
gesprochen. Als dann jemand für eine be-
fristete Zeit dorthin abgeordnet wurde, wann
tauchten da zum ersten Mal oder wie kamen
Ihnen denn da - - ja, wann tauchten zum
ersten Mal Probleme auf, was die Koopera-
tionsbereitschaft anging? In welcher Art und
Weise wurde das berichtet? Schriftliche Be-
richte oder nur Telefonate? Oder wann
taucht denn dieses Problem auf: „Die wollen
nicht so richtig mit uns“?

Zeuge Walter Storz: Also, offiziell hat
sich Northrop Grumman offen gezeigt, aber
der Mitarbeiter hatte schon seine Schwierig-
keiten, zunächst an Dokumente und an die
ganzen Unterlagen zu kommen. Anfangs
hatten wir geglaubt, es reicht, wenn die uns
die schicken, aber die Firma hat sich gewei-
gert, uns Dokumente nach Deutschland zu
schicken. Also, insofern war der Schritt, dass
wir den Mitarbeiter dorthin abgesandt haben,
notwendig. Und er hat dort mehr oder weni-
ger Unterlagen bekommen.

Die Frage ist natürlich: Welche Unter-
lagen hatten die Amerikaner selber, also
gerade in Bezug auf Musterprüfung und Zu-
lassung? Wir in Deutschland prüfen ja bis auf
die Geräte, und andere Nationen sagen: Wir
prüfen nur die Systeme. - Insofern lagen
natürlich für die einzelnen Geräte bei
Northrop Grumman auch gar keine Unter-
lagen vor. Das heißt, die konnten uns Quali-
fikationsnachweise gar nicht geben. Also, sie
haben sich so ein bisschen zuerst gesperrt,
bevor das dann wirklich offensichtlich wurde,
dass sie selber die Unterlagen nicht haben.

Robert Hochbaum (CDU/CSU): Also
würden Sie sagen, das Hauptproblem lag
nicht darin, dass die Amerikaner sich ge-
sperrt haben, sondern dass sie selbst gar
keine Unterlagen hatten?

Zeuge Walter Storz: So ist es richtig.
Also, aus meiner Sicht haben die Unterlagen
gefehlt, eben die Einzelnachweise für die
Geräte. Und bei uns eben, wie ich sagte,
wird das von unten her aufgebaut, die Mus-
terprüfung und Zulassung, sodass jedes
Gerät zuerst zugelassen sein muss, und
dann in der nächsten Ebene geht es nach
oben, pyramidenförmig, bis wir die Systeme
zulassen.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 663 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 101
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Robert Hochbaum (CDU/CSU): Gut, es
ist mir ein bisschen unverständlich, weil für
jedes Gerät müssten eigentlich technische
Beschreibungen etc. etc. bis ins Kleinste da
sein. Oder waren die von Zulieferbetrieben
und waren eben bei Northrop Grumman
dann nicht vorrätig? Weil normalerweise
muss doch für jedes Gerät, sagen wir mal,
alles da sein.

Zeuge Walter Storz: Es sind sicher Be-
schreibungen da, aber keine Qualifikations-
nachweise. Und es geht ja hier um die Quali-
fikationsnachweise, die wir benötigen, dass
der Musterprüfer eben sagen kann: Hier
lasse ich das zu. - Und wir haben dann in
Manching für jedes Gerät auch wieder einen
eigenen Musterprüfer. Das heißt also, wir
haben einen Musterprüfer für zum Beispiel
das Thema Elektrik, für die Kraftstoffanlage,
also dann wieder für die anderen Untersys-
teme, für Fahrwerk; da ist jeweils bei uns ein
Spezialist, der diese einzelnen Komponenten
prüft und zulässt. Und da haben eben die
Qualifikationsnachweise in den USA gefehlt.
Beschreibungen waren da, ja.

Robert Hochbaum (CDU/CSU): Ja, aber
wäre es nicht möglich gewesen, ganz einfach
diese technischen Beschreibungen, technical
manuals, also was es da alles gibt, zu neh-
men, nach Deutschland zu bringen und dort
zertifizieren zu lassen? Oder stelle ich mir
das zu einfach vor?

Zeuge Walter Storz: Das ist ja sicher zu
einfach, weil Sie brauchen auch die Geräte,
die einzelnen Geräte dazu, um diese Qualifi-
kationen durchzuführen. Und die haben wir
natürlich von den Amerikanern nicht bekom-
men.

Robert Hochbaum (CDU/CSU): Um auf
ein anderes Thema zu kommen: Sie haben
ja auch sehr viel in Ihrer Funktion mit diesen
CPMs zu tun gehabt, nehme ich an. Oder
weniger?

Zeuge Walter Storz: Also ich weniger.

Robert Hochbaum (CDU/CSU): Weni-
ger. Aber Sie kannten sie und haben zumin-
dest Berührungspunkte mit dem alten von
2001 und natürlich - - Na gut, jetzt nicht
mehr, aber mit der Modifikation 2004. Na ja,
gut, die Frage: „Wie läuft das mit Dienstauf-

sicht und mit Controlling usw.?“, das ist
schon eingeflossen bei Ihnen aus diesen
CPMs, oder nicht?

Zeuge Walter Storz: Ja.

Robert Hochbaum (CDU/CSU): Ja. -
Wenn Sie jetzt die Zeit sehen von 2001 bis
2004 - Sie kennen ja auch die Probleme, die
jetzt aufgetreten sind; deswegen sitzen wir ja
hier im Untersuchungsausschuss -: Hätte
man das durch eine, sagen wir mal, konkre-
tere Ausgestaltung oder andere Ausgestal-
tung des erstmaligen CPMs vielleicht zumin-
dest eindämmen können Ihrer Meinung nach,
diese Probleme?

Zeuge Walter Storz: Also, der erste CPM
2001 ist im Prinzip auf meine Initiative ent-
standen. Ich hatte damals, als ich im Pla-
nungsstab war, für den Minister Scharping
eine Auflistung gemacht, wie lange Entwick-
lungszeiten sind und was das alles kostet.
Daraufhin hatten wir vom Planungsstab vor-
geschlagen, Demonstratoren in Zukunft ein-
zuführen, sodass man mit der Durchführung
des Demonstrators oder mit dem De-
monstrator erkennen kann: „Ist so ein Sys-
tem finanzierbar? Welche Risiken sind - - Ist
es technisch lösbar?“, sodass also alle diese
Fragen mit dem Demonstrator geklärt wer-
den.

Insofern, meine ich, ist mit dem Euro
Hawk der Demonstrator geschaffen worden,
der ja dann auch 2009 - - Das erste Rollout
war 2009 in Palmdale, und da war ja zum
ersten Mal diese Plattform fertiggestellt. Und
dass man dann mit dieser Plattform Versu-
che durchführt - - Das heißt, es wurden ja
dann zuerst Versuche in den USA durchge-
führt, weil es sind ja doch einige Änderungen
gegenüber dem Global Hawk eingeführt wor-
den, und da hatte ich dann einen Flugver-
suchsingenieur nach USA geschickt für ein
Jahr, der eben auf der Edward Ranch dort
die entsprechenden Flugversuche begleitet
hat. Das heißt, wir mussten aufgrund der
Änderungen und aufgrund des anderen Ge-
wichts, der Gewichtsverteilung, Flugversuche
zuerst in USA durchführen. Und auf dieser
Edwards Air Force Base konnten wir die
Flugversuche durchführen, weil ja dort direkt
diese Mojave-Wüste ist, sodass also da das
völlig unkritisch ist. Das hätten wir in Man-
ching nicht durchführen können.

Drucksache 17/14650 – 664 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 102
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege Grübel.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ja, Herr
Storz, Sie haben ja gerade die Unterschiede
zwischen Zulassungsverfahren in den Ver-
einigten Staaten von Amerika und in
Deutschland geschildert. Habe ich das richtig
verstanden: In den Vereinigten Staaten wer-
den ganze Systeme zertifiziert oder zugelas-
sen, also ganze Baugruppen sozusagen, und
in Deutschland wird jedes Einzelteil zugelas-
sen, also, wenn ich es auf die Spitze treiben
will, jede Schraube? Wenn ich Sie jetzt rich-
tig verstanden habe, dann ist das Problem,
dass, wenn man auf amerikanische Zulas-
sungsunterlagen zugreifen will, die einem
einen ganzen Kasten hinstellen und sagen:
Der ist zugelassen. - Und nach den deut-
schen Zulassungsbestimmungen müsste ich
jedes Teil, das im Kasten verbaut ist, auch
geprüft und zugelassen haben, nicht nur das
Gesamtbauteil. Habe ich Sie da richtig ver-
standen?

Zeuge Walter Storz: Das ist richtig. Bei
uns muss jedes Bauteil geprüft sein. In den
USA hatte der Global Hawk überhaupt keine
richtige Zulassung. Der Global Hawk hat eine
Ausnahmegenehmigung, die von einem Ge-
neral unterschrieben wird. Wir hätten diese
Möglichkeit auch; also bei uns könnte durch-
aus der Inspekteur sagen: „Ich lasse den
Euro Hawk zu, lasse ihn fliegen“, aber er hat
dann das Risiko. Und ich habe immer wieder
meinen Leuten gesagt: Ihr braucht nicht das
Risiko zu übernehmen. Bei uns, wenn ir-
gendetwas passiert, da steht morgen der
Staatsanwalt da, der euch dann belangt,
wenn ihr es unterschrieben habt, wenn ihr
zugesagt habt, dass das System luftver-
kehrstauglich ist. - Ein Flugzeug fällt nun mal
runter, ein Auto fällt nicht runter. Also inso-
fern, finde ich, ist die Sorgfalt beim Luftver-
kehr schon angebracht.

Markus Grübel (CDU/CSU): Aber darf
ich noch mal nachfragen: Das Problem war
also nicht, dass die nicht eine Zulassung
nach amerikanischem System hatten, son-
dern das System, dass da ganze Bauteil-
gruppen sozusagen zugelassen werden und
zertifiziert werden und nach deutschem
System auch jedes Teil, das verbaut wird - -
sondern dass die nicht einmal die Gesamt-
bauteile, die eingebaut sind, zugelassen
haben, sondern eine Zulassung, die unserer

ZDv 19/1, Randziffer 316, glaube ich, war es,
entspricht? Durch den Inspekteur Luftwaffe
wäre es bei uns. Nur diese Zulassung hat-
ten - -

Zeuge Walter Storz: Nur diese Zulas-
sung. Ja.

Markus Grübel (CDU/CSU): Haben wir
das gewusst, dass die Amerikaner ihre Zu-
lassung durch einen General machen las-
sen? Eine Zulassung, die für das deutsche
Zulassungswesen sozusagen überhaupt
nicht - - Das wäre ja auch keine arg große
Hilfe für den Inspekteur. Wenn er nach seiner
Vorschrift zulässt, da möchte er auch grob
wissen: Wie sind die Einzelteile? - Wussten
wir das, dass die Amerikaner so zulassen?

Zeuge Walter Storz: Also, beim Euro
Hawk oder beim Global Hawk ist das ja eine
Ausnahme. Normalerweise sind die Ame-
rikaner auch gründlicher und machen zumin-
dest auf einer bestimmten Systemebene die
Zulassung oder die Prüfung, die Qualifika-
tionsnachweise. Beim Global Hawk ist das
eben eine wirkliche Ausnahme, dass da
praktisch nichts ist. Ich meine, zum Vertrags-
schluss wussten wir das.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wussten wir
das?

Zeuge Walter Storz: Ja.

Markus Grübel (CDU/CSU): Und warum
ist das dann bei den vorvertraglichen Ver-
handlungen nicht zum Tragen gekommen - -
sodass in den Vertrag eine Verpflichtung
aufgenommen wurde, dass eine allgemeine
Zulassung, wenigstens nach den auch etwas
anderen Spielregeln der Vereinigten Staa-
ten - - aber halt keine so Ausnahmezulas-
sung durch einen General vorliegt?

Zeuge Walter Storz: Also, ich war ja da
nicht beteiligt. Ich kann nur das sagen,
was - - wie man es mir erzählte. USA hat
damals - - Oder die Firma hat damals gesagt:
Wir wollen das - - lassen das auch noch in
den USA ordnungsgemäß zu. Ich glaube - -
Ich kann mir jetzt vorstellen, dass meine
Vorgänger oder eben im BWB die Vertrags-
verhandler das auch so geglaubt haben.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 665 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 103
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Markus Grübel (CDU/CSU): Der Bundes-
rechnungshof hat uns heute Morgen vorge-
tragen, dass in einer frühen Phase etwas
blauäugig an das Verfahren rangegangen
wurde, insbesondere bei den vorvertrag-
lichen Verhandlungen. Deckt sich das mit
Ihrer Einschätzung als deutsche Zulassungs-
stelle?

Zeuge Walter Storz: Also, ich war ja bei
den Vorverhandlungen nicht beteiligt; inso-
fern könnte ich höchstens vermuten, aber - -

Markus Grübel (CDU/CSU): Aber im Er-
gebnis, sagen Sie, haben Sie es so vorge-
funden, dass es vertraglich nicht abgesichert
war?

Zeuge Walter Storz: Ich meine, im Ver-
trag ist ja ein Anhang, wo ja die Musterprü-
fung mit drinsteht. Es ist ja nicht so, dass da
an gar nichts gedacht wurde. Sie haben ja
den Vertragsanhang. Da steht drin: Muster-
prüfung entsprechend dem Musterrahmen-
programm.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ja; aber
entweder haben wir einen Vertrag, der zu
erfüllen ist aufgrund der Anlage zum Ver-
trag - ZDv 19/1, das muss erfüllt werden -,
oder wir haben halt keinen Anspruch. Jetzt
sagten Sie: Sehenden Auges wurde das
sozusagen ohne den Anspruch - - der Ver-
trag geschlossen.

Zeuge Walter Storz: Also, ich möchte da
jetzt nicht weiter spekulieren.

Markus Grübel (CDU/CSU): Okay. -
Dann habe ich jetzt keine weitere Frage.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Dann kommt die SPD-Fraktion. Herr Kollege
Meßmer.

Ullrich Meßmer (SPD): Schönen Dank,
Frau Vorsitzende. - Sie waren ja in einer
spannenden Zeit in Ihrer Funktion, hatten ja
auch mit Ministerwechseln zu tun. Was mich
interessieren würde - weil es auch eben ge-
rade eine Rolle gespielt hat -: Sie haben
gerade das CPM 2001 beschrieben, dass Sie
auch damit etwas zu tun hatten. Wie würden
Sie denn das bewerten zu den bisherigen
Beschaffungsmaßnahmen: War das eher ein
Vorteil, konnte das zur Kostensenkung füh-

ren? Oder hatte das in sich schon Kosten-
steigerungen im Ansatz?

Zeuge Walter Storz: Also, Ziel war ja, die
Kosten zu senken und auch Entwicklungs-
zeiten zu verkürzen. Dass sich das vielleicht
hinterher - - Also, ich hatte immer den Ein-
druck, dass meine Kollegen die Spielräume
eines CPM - oder vorher der EBMat - nicht
nutzen, sondern sich manchmal zu streng an
diese ganzen Abläufe halten. Es gibt durch-
aus die Möglichkeit, bestimmte Phasen
schneller zu bearbeiten. Insofern ist das, was
wir damals mit dem CPM 2001 wollten, nicht
so umgesetzt worden.

Ullrich Meßmer (SPD): Das ist dann der
Unterschied zwischen Theorie und Praxis.

Zeuge Walter Storz: Richtig.

Ullrich Meßmer (SPD): Gut. Ich würde
gerne zu einem - - Teil kommen: Sie haben
eben auch einleitend gesagt, dass es eigent-
lich auch eine gewisse Euphorie bei Ihnen in
der Dienststelle gegeben hat mit neuen
Themen. Jetzt können wir feststellen nach
der Aktenlage, dass das nicht ganz so
durchgängig war, dass sich - - Oder vielleicht
beschreiben Sie erst mal das Verhältnis Ihrer
Dienststelle zur WTD 61/ML, die für die
Musterzulassung zuständig war: War das
reibungslos, war das problematisch, oder
gab es da Spannungen?

Zeuge Walter Storz: Ich meine, es gibt ja
normal ein Vorhabenmanagement. Das Vor-
habenmanagement oder der Projektleiter
sitzt in Koblenz im BWB, die Vorhabenauf-
sicht im Ministerium, und wir als Wehrtechni-
sche Dienststelle sind nun mal auch - - und
dann gibt es ja noch den FüL, der ja auch mit
zuständig ist, und letztlich uns als Zulas-
sungsbehörde. Dass es - egal wie: ob jetzt
BWB, Ministerium, FüL oder wir - da immer
wieder mal gewisse Spannungen gibt, ist
eigentlich natürlich. Aber es gab keine jetzt
grundlegenden Spannungen, sodass man
sagen könnte: Das hat sich auf den Pro-
grammablauf ausgewirkt.

Ullrich Meßmer (SPD): Der Programm-
ablauf war also nicht gefährdet. Aber uns
liegen aus den Akten Unterlagen vor, dass
es schon auch im Bereich der Musterzulas-
sung - in Ihre Zeit fällt ja dieser Demonstrator

Drucksache 17/14650 – 666 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 104
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

und der Erstflug, glaube ich, auch; Sie hatten
es ja eben geschildert - - dass es in dieser
Zeit schon beklagt wurde, dass es aufgrund
der Vielzahl der Vorgänge möglicherweise
Druck auf die Prüfungsabläufe gibt und dass
es auch in Amerika am Anfang einige
Schwierigkeiten gab .

Zeuge Walter Storz: Also, ich selber war
in den USA und habe in Palmdale bei der
Firma Northrop Grumman mit der Firmenlei-
tung gesprochen und dafür plädiert - und die
haben das auch zugesagt -, dass unsere
Leute bessere Zugangsbedingungen be-
kommen, dass sie offener bedient werden,
und mein Mitarbeiter, den ich ständig in den
USA hatte, der hat auch später gesagt: Es
hat sich ausgewirkt.

Ich war dann auch beim Direktor der
NASA - es gibt ja auch die NASA in Palm-
dale und auch dieses Dryden Research
Center auf der Edwards Range - und habe
mit dem Direktor an zwei Tagen Bespre-
chungen gehabt - die NASA hat ja drei Glo-
bal Hawks im Einsatz -, und der Direktor hat
mir zugesagt, dass mein Flugversuchsinge-
nieur an den Versuchen der NASA teilneh-
men darf, und das ist auch erfolgt, sodass wir
also von der Seite her wirklich Unterstützung
hatten.

Ullrich Meßmer (SPD): Und es gab - -
Oder ist es Ihnen nicht bekannt, dass es
doch Beschwerden gab über die Frage der
Qualifikation oder die Beistellung oder über
die Menge des Personals? Weil es gibt einen
zweiten Vorgang, den wir gefunden haben:
dass der Personalrat sich über mangelnde
Personalausstattung und vor allen Dingen
darüber beschwert hat, dass Qualifikationen,
die notwendig sind, nicht in dem Umfang
vorhanden sind für bestimmte - ich formuliere
es jetzt mal untechnisch - Prüfteile oder Prüf-
vorgänge.

Zeuge Walter Storz: Also, wir hatten in
Manching Personalnot, wir hatten bis zu
30 Prozent der Dienstposten nicht besetzt;
das ist richtig. Ich habe mich auch laufend
bemüht, dass wir diese Posten nachbesetzen
können. Ein Punkt, gerade nicht genügend
Zulasser zu haben, ist das Personalentwick-
lungskonzept, weil nach dem Personalent-
wicklungskonzept die Leute ja nach zwei
oder drei Jahren wieder irgendwo anders
hinsollen. Das heißt also, junge Leute waren
gar nicht länger an der Dienststelle tätig. Um

Musterprüfer zu sein, haben sie eine vierjäh-
rige Ausbildung: Sie müssen zwei Jahre spe-
ziell auch in der Technik arbeiten und zwei
Jahre im Bereich der Musterprüfung mitlau-
fen. Wenn die Leute bei uns versetzt werden,
dann sind sie gerade ausgebildet - - und
gehen; insofern hat man Schwierigkeiten.
Aber ich würde trotzdem sagen: Auf die Ab-
wicklung des Euro Hawks hatte das keine
Auswirkungen. Der eine Mann war ja ständig
in den USA - das war ein älterer Baudirek-
tor -, und der wurde jeweils unterstützt für die
einzelnen Komponenten, indem ich ihm da
einen Mann für eine Woche oder zwei Wo-
chen in die USA entsandt habe.

Ullrich Meßmer (SPD): Wir hatten hier
einen Vertreter des Personalrats, der sich
eigentlich sehr stark darüber beklagt hat,
dass bestimmte - ich sage es mal vorsichtig -
Zuständigkeiten oder fachliche Vorausset-
zungen nicht gegeben sind. Er hat auch be-
richtet, dass es zu der Frage der Feststellung
und der Unterschiede … (akustisch unver-
ständlich) zwei Jahren ein Verfahren gege-
ben hat - bis hin zum Verwaltungsgericht -,
das dann nicht mehr entschieden wurde. Ist
Ihnen dieser Vorgang bekannt?

Zeuge Walter Storz: Das sagt mir jetzt
nichts.

Ullrich Meßmer (SPD): Es ist also bei
Ihnen in der Zeit nicht aufgeschlagen, dass
der Personalrat bemängelt hat, dass es zu
wenig Leute gibt, zu wenig Personal, insbe-
sondere im Bereich der Abnahme?

Zeuge Walter Storz: Ich hatte ja gesagt:
Wir haben tatsächlich zu wenig Leute ge-
habt. - Aber auf der anderen Seite: Das hat
sich auf den Euro Hawk nicht ausgewirkt. Wir
haben natürlich immer Prioritäten setzen
müssen. Sie haben ja auch dort - - wissen ja:
Zu der Zeit hatten wir die großen Probleme
beim Tiger, wir hatten die Probleme beim
NH90. Insofern war es natürlich ein gewisser
Nachteil, dass wir nicht genügend Personal
hatten. Aber dadurch, dass wir an der
Dienststelle gemischte Teams hatten - so-
wohl Technik als auch Musterprüfer - - Und
ein Großteil der Aufgaben deckt sich: Das,
was der Flugversuchsingenieur macht, und
das, was der Musterprüfer macht, deckt sich
zu fast 80 Prozent; lediglich 20 Prozent wei-
chen ab. Insofern konnte die Technik einiges

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 667 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 105
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

vorarbeiten oder mitarbeiten, was dann der
Musterprüfer nachher nutzen konnte.

Ullrich Meßmer (SPD): Waren dazu In-
terventionen beim Verteidigungsministerium
notwendig, um noch zusätzliches Personal
zu bekommen, um diese Vielfalt der Aufga-
ben - Sie haben eben Tiger angesprochen,
NH-90 - plus diese Sachen zu bewältigen?
Oder haben Sie dort in diese Richtung nichts
weiter unternommen?

Zeuge Walter Storz: Wir haben - - Wie-
derholt habe ich den Präsidenten BWB ge-
beten, diesen Zustand abzustellen, und auch
der damalige Hauptabteilungsleiter Rüstung
war - - wusste das.

Ullrich Meßmer (SPD): Und? Hat es Wir-
kung gezeigt?

Zeuge Walter Storz: Leider nein. Wir
hatten auch versucht, Militärs oder Soldaten
zu bekommen, die uns unterstützen, die
schon Prüferfahrung hatten. Auch das hat
wenig gefruchtet. Wir haben einen Mann
dazubekommen.

Ullrich Meßmer (SPD): Schönen Dank. -
Dann würde ich gerne noch mal auf die
Frage kommen, die eben auch schon gestellt
worden ist, wie Sie Ihre Funktion übernom-
men haben. Ich meine, ich habe hier schon
mitgekriegt, wie ein hoher Würdenträger im
Ministerium gesagt hat: „Man darf Vermerke
zur Kenntnis nehmen, aber sie nicht ab-
zeichnen“, oder so. Was hat Ihnen denn Ihr
Vorgänger im Amt geraten oder Hinweise
gegeben auf diesen Bereich Euro Hawk?
Können Sie sich daran noch erinnern? Ha-
ben Sie Ihrem Nachfolger vor allen Dingen
Hinweise gegeben, auf was im Verlauf des
weiteren Zulassungsverfahrens geachtet
werden soll?

Zeuge Walter Storz: Wir haben ja bei der
Wehrtechnischen Dienststelle die Trennung
zwischen Direktor und stellvertretender Di-
rektor, und zwar: Wie Sie wissen, sind 1994
die beiden Bereiche Musterprüfung und
-zulassung, die vorher in München waren,
und die WTD 61 zusammengelegt worden zu
einer Gesamtdienststelle. Und man hat da-
mals den Stellvertreter, den ehemaligen Lei-
ter der ML, als Stellvertreter eingesetzt.

Es gibt eine Arbeitsanweisung, wo eigent-
lich die Aufgaben klar getrennt sind. Das
heißt also, der Leiter Musterprüfwesen ist
zuständig für die Musterprüfung und -zulas-
sung. Der Direktor - - Er ist fachlich zustän-
dig. Das heißt, als Direktor bin ich sein
Dienstvorgesetzter, aber nicht sein Fachvor-
gesetzter. Ich kann ihm also fachlich im Prin-
zip nicht reinreden.

Ullrich Meßmer (SPD): Und das hat
Ihnen Ihr Vorgänger dann mitgegeben, dass
das weitergeht, oder wie muss ich das ver-
stehen?

Zeuge Walter Storz: Diese Dienstanwei-
sung stammt ja vom BWB. Die haben wir ja
nicht selber erlassen. Die können wir auch
nicht ändern als Dienststelle.

Ullrich Meßmer (SPD): Aber die Frage
für mich ist ja: Gab es im Zusammenhang mit
der Frage Zulassungsproblematik Euro Hawk
bei der Amtsübergabe spezielle Hinweise an
Sie oder - -

Zeuge Walter Storz: Nein.

Ullrich Meßmer (SPD): Und Sie haben
auch keine weitergegeben an Ihren Nachfol-
ger?

Zeuge Walter Storz: Meinen Nachfolger
habe ich so weit informiert, wie gerade der
Sachstand ist. Unser Mann, den wir in den
USA hatten, kam ja regelmäßig, so viertel-
jährlich, und berichtete. Insofern: Das, was
der berichtet hat, hat auch mein Nachfolger
bekommen.

Ullrich Meßmer (SPD): Und bei dieser
Übergabe spielte auch die Frage eine Rolle,
dass möglicherweise damit zu rechnen ist,
dass es bei der Musterzulassung zu Proble-
men kommen könnte? Beim Demonstrator
hat man ja dann darauf verzichtet und hat es
auf die Serie verlagert. Das war zu dem Zeit-
punkt bekannt, und das haben Sie auch mit
übergeben?

Zeuge Walter Storz: Ja.

Ullrich Meßmer (SPD): Danke schön.
Das wäre es von mir.

Drucksache 17/14650 – 668 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 106
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön. - Jetzt die FDP. Herr Kollege
Spatz.

Joachim Spatz (FDP): Sie haben ja vor-
hin gesagt, dass es ja mit auch Ihre Idee
gewesen ist, dass man erst mal Demonstra-
toren oder Prototypen entwickelt, um - wie
sagt man? - diese technische Sache erst - -

Zeuge Walter Storz: Die Machbarkeit.

Joachim Spatz (FDP): So ist es. Wurde
da absichtlich ausgeblendet, sich parallel um
so Fragen wie Zulassungen zu kümmern?

Zeuge Walter Storz: Also, ich denke, da
hat keiner drüber nachgedacht, als wir die-
ses - - den CPM 2001 beschrieben haben.

Es ist eigentlich natürlich, dass man pa-
rallel sich auch um die Zulassung kümmert.
Gerade beim Euro Hawk war ja schon 2001
klar, dass das Hauptproblem nicht ein tech-
nisches Problem sein wird, sondern das
Hauptproblem ist: Wie bewegt sich dieser
Vogel im Luftraum, im Luftverkehr, im zivi-
len? Was ist da zu tun? Insofern war das dort
schon ein Hauptproblem.

Joachim Spatz (FDP): Wie bewerten Sie
denn dann Aussagen von zwei Zeugen, von
denen der eine sagte: Diese Frage - ich zi-
tiere - „lief im Hintergrund nur mit“, und der
Zweite sagte: „Es wurde auf kleiner Flamme
gekocht“? Der eine ist aus Ihrem Hause und
der andere - ich sage mal - aus der entspre-
chenden Projektleitung.

Zeuge Walter Storz: Also, 2007, als der
Vertrag geschlossen wurde, wurde man rich-
tig aktiv. Vorher, im Jahr 2001, als der Euro
Hawk beschlossen wurde oder veranlasst
wurde, da hat man sicher die Zulassung auf
kleiner Flamme gekocht. Man hat aber ge-
wusst: Es ist ein Problem, und zwar eben
das Hauptproblem.

Ich kann mich noch entsinnen. Als ich da-
nach in der NATO war, haben wir auch
schon immer überlegt: Wie kann das funktio-
nieren, Euro Hawk bzw. der NATO AGS?

Joachim Spatz (FDP): Besten Dank. -
Ich will an der Stelle noch einen zweiten As-
pekt einführen, und zwar gab es ja nicht nur
das - ich sage mal - Kommunikationsproblem
bei Dokumentationen, sondern es hat sich ja

parallel ein weiteres Problem aufgetan, näm-
lich dass die Amerikaner ihr Produkt konti-
nuierlich weiterentwickelt haben. Wäre nicht
zumindest aus dieser Tatsache relativ zügig
klar geworden, dass, selbst wenn man es für
den Demonstrator erreichen könnte, eine
Musterzulassung zu erreichen, das dann auf
die Serie de facto keine Auswirkungen haben
kann, weil die ihr Produkt weiterentwickelt
haben? Das ist ja parallel dazu noch pas-
siert.

Zeuge Walter Storz: Also, ich denke mal,
dass man schon mitgedacht hat: Was wird
sein, wenn jetzt die Amerikaner hier weiter-
entwickeln? Aber man ist, glaube ich, immer
davon ausgegangen, dass die Amerikaner
auch ihre Zulassung, wie ich vorher schon
mal sagte, dann auch tatsächlich intensiver
betreiben, also wirklich eine Zulassung
erreichen. Und insofern war man sicher
leichtgläubig.

Joachim Spatz (FDP): Dann hätte ich
noch einen dritten Komplex, vielleicht auch
ein Stück weit zur Sachaufklärung im Allge-
meinen, was die Euro-Hawk-, Global-Hawk-
Thematik angeht. In Amerika fliegt das Ding
ja quasi in Kategorie 2 mit einer Art Ausnah-
megenehmigung - ich sage das mal völlig
untechnisch -, aber eben nicht nur über den
USA, sondern auch sonst wo.

Welches Prozedere müsste denn die USA
einhalten, falls die eine Global Hawk über
Deutschland fliegen lassen wollten? Frage
eins. Frage zwei: Was muss der Global
Hawk dann erfüllen, damit eine deutsche
Behörde - ich sage mal - auch nur dem Ge-
danken nähertritt, diese Erlaubnis zu ertei-
len?

Zeuge Walter Storz: Der Global Hawk ist
ja - ich weiß jetzt nicht mehr genau, in wel-
chem Jahr - 2003 oder 2004 schon mal nach
Deutschland gekommen. Der ist ja damals
vorgeführt worden. Jetzt der Euro Hawk ist
auch mit einer Sondergenehmigung nach
Deutschland eingeflogen. Er hatte ja auch
keine Zulassung, sondern da hat das
BWB - - Die Abteilung T hat da zugestimmt,
dass der reinfliegen darf.

Und wenn jetzt die Amerikaner Deutsch-
land überfliegen wollen: Da gibt es ja diese
diplomatische Zustimmung; die kann erfol-
gen. Das Gleiche wird es sein, wenn zum
Beispiel der AGS Global Hawk in Italien zu-
gelassen wird und über Deutschland weg-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 669 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 107
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

fliegt. Da brauchen sie dann auch diese di-
plomatische Clearance, diese diplomatische
Zulassung.

Joachim Spatz (FDP): Okay, das habe
ich jetzt insoweit schon verstanden. Müssen
dann spezielle Bedingungen erfüllt sein?

Ich will das auch erläutern, warum ich das
frage. Wir haben in Deutschland eine Werte-
entscheidung getroffen, dass wir eine Zulas-
sung mit entsprechend hohen Hürden ma-
chen - ich gehe davon aus -, damit unsere
Zivilbevölkerung entsprechend geschützt ist.
Das haben wir natürlich dann nur sehr unzu-
reichend erreicht, wenn wir Länder, die viel-
leicht mit anderen Standards oder mit Aus-
nahmegenehmigungen diese Geräte dann in
Kategorie 2 fliegen lassen, dann auch noch
über Deutschland fliegen lassen. Da stellt
sich dann schon die Sinnfrage, wie wir mit
unseren Produkten umgehen oder ob man
nicht einfach die dann in diesen Ländern
anmelden; ich sage es mal ganz platt.

Insofern ist das Wort „diplomatische Zu-
lassung“ an der Stelle für mich ein bisschen
zu wenig. Ich hätte da schon gern gewusst -
wenn Sie es nicht wissen, können Sie mir
vielleicht jemanden sagen, der das mir be-
antworten kann -, was der ganz real existie-
rende Global Hawk, der über Deutschland
mit einer anderen Flagge fliegen möchte, für
Voraussetzungen erfüllen kann, dass ir-
gendjemand für einen ganz normalen
Dienstbetriebüberflug da den Haken dran-
macht in Deutschland.

Zeuge Walter Storz: Ich kann es Ihnen
nicht - - Jetzt müsste ich spekulieren, wenn
ich jetzt das Ihnen sage.

Joachim Spatz (FDP): Wer ist denn dafür
zuständig?

Zeuge Walter Storz: Das ist das BWB,
die frühere Abteilung T.

Joachim Spatz (FDP): Ja, besten Dank. -
Das waren meine Fragen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke. - Jetzt kommt die Linke. Herr van
Aken, bitte.

Jan van Aken (DIE LINKE): Vielen
Dank. - Herr Storz, ich will mal ganz vorne
anfangen, und zwar: Die Timeline ist mir

noch nicht ganz klar: 2007 ist ja der Vertrag
geschlossen worden. Und wann sind die
ersten Prüfer rüber in die USA?

Zeuge Walter Storz: Also, ich kann Ihnen
jetzt das Datum nicht sagen, weil ich weiß es
nicht mehr genau.

Wir haben dann - - Recht schnell sind die
Ersten ja rüber, immer geflogen. Das heißt,
die sind zwei Wochen dortgeblieben, wieder
zurückgekommen. Also, anfangs haben wir
versucht, von den USA die Papiere zu be-
kommen, die Unterlagen, damit wir die selber
hier prüfen können. Die Amerikaner haben
uns die Unterlagen nicht gegeben, haben es
nicht geschickt. Darum sind ja dann die ers-
ten Prüfer, also recht schnell nach Vertrags-
abschluss, rübergeflogen.

Jan van Aken (DIE LINKE): Was war
„recht schnell“? Aus den Dokumenten ent-
nehme ich eigentlich immer nur 2009. Das ist
das früheste Datum, was ich finde. Aber
wenn Sie sagen „recht schnell“, heißt das
doch: noch 2007.

Zeuge Walter Storz: 2009 war schon ein
Mann ständig dort.

Jan van Aken (DIE LINKE): Okay. Das
heißt, in den Jahren vorher war auch jemand
vor Ort?

Zeuge Walter Storz: In den Jahren vor-
her haben wir das alles auf Dienstreisebasis
gemacht. Das heißt, der Mann ist 14 Tage
hingeflogen und hat sich dort die Unterlagen
zeigen lassen - oder eine Woche, je nach-
dem, was die gerade anbieten konnten oder
angeboten haben. Dann hat der entspre-
chend dort diese Dokumente gesichtet,
durfte sich Notizen machen, aber mehr nicht.

Jan van Aken (DIE LINKE): Ist das rich-
tig, dass sogar schon vor Vertragsschluss
jemand von Ihnen rübergefahren ist?

Zeuge Walter Storz:Weiß ich nicht.

Jan van Aken (DIE LINKE): Das finde ich
einen ganz merkwürdigen Vorgang. Es gibt
dieses Dokument, diesen Bericht des Minis-
ters, den Bericht der Ad-hoc-Gruppe. Ich
weiß gar nicht, ob Sie den kennen. Dort ist
beschrieben - für die Kolleginnen und Kolle-
gen: auf Seite 21/22 -, dass es sozusagen

Drucksache 17/14650 – 670 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 108
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

vor Vertragsschluss das Problem gab, dass
unter den ITAR-Regeln der Amerikaner Do-
kumente vorher nicht vorgelegt werden
konnten, sondern erst nach Vertragsschluss,
und dass dann aber jemand vor Vertrags-
schluss von WTD 61 rübergefahren ist, um
mal Recherchen vor Ort zu machen, ob er
was rausfinden kann. - Mir ist überhaupt
nicht klar, was das sein kann. Da haben Sie
aber keine Kenntnis von dem Vorgang?

Zeuge Walter Storz: Also, es ist mir be-
richtet worden, dass der Vorgänger von
Herrn Steiger, also der Leiter ML, vorher
schon, also vor 2007, schon mal in den USA
war, um zu sehen, was und wie die Zulas-
sung - - was die zugelassen haben.

Jan van Aken (DIE LINKE): Ach so. Aber
schon in offizieller Mission? Er ist nicht hin-
gegangen und hat versucht, ein paar Fotos
zu machen, oder was?

Zeuge Walter Storz: Nein, nein.

Jan van Aken (DIE LINKE): Das war
schon in offizieller Mission. - Gut, ich weiß,
dass es vor Ihrer Zeit war, aber wissen Sie
davon, ob es im Jahre 2004 aus Ihrem
Hause schon die Wortmeldung gab, dass es
das Problem Sense and Avoid gibt und dass
man dazu eine Problemlösung brauche? Und
wissen Sie, ob und wie das weiter nach oben
in der Hierarchiekette gemeldet worden ist?

Zeuge Walter Storz: Kann ich nichts
dazu sagen.

Jan van Aken (DIE LINKE): Ist Ihnen
nicht bekannt. - Und dann 2010 - da waren
Sie ja noch im Hause -, Februar 2010, gab
es dann ja endgültig die Entscheidung, die
Musterzulassung für den Euro Hawk fallen zu
lassen. Waren Sie persönlich daran beteiligt?

Zeuge Walter Storz: Ich war im Haus,
aber ich war nicht selber beteiligt. Also, ich
habe - - Die Sitzung fand ja bei uns statt, in
Manching.

Jan van Aken (DIE LINKE): Bitte?

Zeuge Walter Storz: Die Sitzung fand bei
uns in Manching statt. Insofern war ich da
informiert, aber nicht selber beteiligt, weil: Es
ist ja keine Entscheidung der Wehrtechni-

schen Dienststelle, sondern das war eine
Entscheidung des Programmmanagements.

Und wir hatten ja im Oktober/November
2009 über unseren Mann die Mitteilung be-
kommen, dass die Northrop Grumman diese
Zulassung so nicht durchführen kann. Und
daraufhin - - Wir haben es ja auch an den
Projektleiter berichtet, und der hatte dann im
Februar 2010 zu dieser Sitzung eingeladen.
Und er ist auch dann der Zuständige.

Jan van Aken (DIE LINKE): Und dann
stellte sich ja sofort, also auch noch in Ihrer
Zeit, die Frage: Wie kriegen wir den Vogel
rüber? - Dafür brauche ich eine provisorische
Zulassung. Ich weiß, dass Sie das am Ende
nicht gezeichnet haben. Das war sozusagen
Ihr Nachfolger, wenn ich das richtig sehe.
Aber fanden Sie das eigentlich richtig, also
sozusagen jetzt, nachdem das so gescheitert
war, dann erst mal eine provisorische Zulas-
sung für die Überführung auszustellen?

Zeuge Walter Storz: Also, ich finde die
Entscheidung richtig. Es hätte uns ja nichts
gebracht, wenn wir diese Plattform in den
USA gelassen hätten. Ich meine, nach dem
CPM, wo wir mit einem Demonstrator Nach-
weise erbringen wollten. Sie können ja nur
das tun, wenn das Gerät auch da ist, wenn
Sie mit dem was untersuchen können.

Das heißt, Sie haben ja zwei Möglichkei-
ten, einmal das Gerät selber, die Plattform
selber zu testen, und zum anderen die ISIS-
Komponente in dem Fall. Und ohne dass
diese Plattform nach Deutschland gekom-
men wäre, hätten wir ISIS gar nicht testen
können, sondern wir hätten eine Plattform
gehabt, die nichts wert ist. Die hätten wir
direkt wegschmeißen können. Also, insofern
finde ich, ist es schon richtig, dass wir diese
geholt haben, dass wir diese Versuche
durchgeführt haben.

Und wir haben ja etwas, was einmalig ist.
Wir haben dieses System Global Hawk oder
Euro Hawk. Immerhin: Wir hatten den Ge-
winn, dass wir wissen: Wie sind die Rege-
lungen mit den Luftfahrtbehörden? Wie be-
komme ich das hoch? - Und nachher ist er ja
drüber. Das heißt also, wir haben geklärt:
Wie kann man so was durchführen, ohne
dass die zivile Luftfahrt zu sehr beeinträchtigt
wird? - Und das ist eigentlich wunderbar ge-
laufen oder läuft wunderbar, sodass nur we-
nige Minuten der zivile Luftverkehr gestört
wird. Und nachher ist der Euro Hawk oder

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 671 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 109
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Global Hawk oben drüber. Das heißt, er stört
keinen.

Jan van Aken (DIE LINKE): War denn
vor diesem Flug eigentlich schon der Ab-
schlussbericht der Prototypprüfung fertig
oder noch nicht?

Zeuge Walter Storz: Also, ich meine,
nein. Also, jetzt - - Ich weiß es nicht.

Jan van Aken (DIE LINKE): Wissen Sie
nicht? Gut. - Dann will ich jetzt gerne noch
mal auf die Probleme im Haus zu sprechen
kommen; die sind ja schon angesprochen
worden. Sie kennen sicherlich den Bericht
des Bundesrechnungshofes von 2006, wo
sozusagen eine Musterprüfung für unbe-
mannte Luftfahrzeuge in Ihrem Haus unter
die Lupe genommen wurde.

Zeuge Walter Storz: Ich kenne ihn nicht.

Jan van Aken (DIE LINKE): Sie kennen
ihn nicht?

Zeuge Walter Storz: Nein.

Jan van Aken (DIE LINKE): Gut, dann
machen wir gleich an anderer Stelle weiter. -
Danke.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So, jetzt kommt Bündnis 90/Die Grünen.
Frau Kollegin Keul.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, vielen Dank. - Herr Storz, nur dass ich
das mit den Funktionen am Anfang noch mal
richtig einsortiere: Also, es gibt auf der einen
Seite den Direktor der WTD 61, und es gibt
den ML, Leiter Musterprüfwesen. Das sind
zwei verschiedene Funktionen. Das sehe ich
richtig, ja?

Zeuge Walter Storz: Ja.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Und Sie sind in der Funktion des Direktors
seit 2007. Und was vorher Ihre Funktion?

Zeuge Walter Storz: Ich war vorher bei
der deutschen NATO-Vertretung. Ich war
Ständiger Vertreter des Rüstungsdirektors in
Brüssel, das heißt also bei der NATO und
auch bei der EU.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Was sind Sie denn jetzt von Beruf? Sind Sie
im Prinzip auch Techniker wie der Herr Stei-
ger oder - -

Zeuge Walter Storz: Ja.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sind Sie auch.

Zeuge Walter Storz: Ich bin auch Tech-
niker.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sie sind auch Techniker. - Also, die Zeit mit
dem Herrn Steiger hat sich im Prinzip über-
schnitten; der hat angefangen, kurz bevor
Sie aufgehört haben. Habe ich das richtig in
Erinnerung?

Zeuge Walter Storz: Herr Steiger war
schon vorher an der Dienststelle. Er war
vorher für den Flugversuch zuständig. Und
nachdem der damalige Leiter ML in Ruhe-
stand ging, habe ich ja dann - - Ich hatte dem
Präsidenten BWB den Herrn Steiger vorge-
schlagen, dass wir den Steiger nehmen als
Leiter ML, und zwar - das war schon recht
früh - im Januar 2009. Und dann habe ich
ihm ja, glaube ich, im August 2009 die
Dienstgeschäfte vorläufig übertragen im
Rahmen meiner Befugnisse. Und eingewie-
sen wurde er irgendwann im Mai oder ir-
gendwas April 2010. Es hat also so lange
gedauert, bis das wirklich dann geklärt war.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, gut. Dann kann ich das einordnen. - Und
diese Gespräche um die Vertragszeit herum,
2007 und davor, in denen immer ML erwähnt
wird - ich will da gleich auch noch mal aus
dem Bundesrechnungshof eine Passage
vorlesen -: Das war dann immer der Vorgän-
ger von dem Steiger?

Zeuge Walter Storz: Das war der Vor-
gänger von Herrn Steiger.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Okay. - Und Sie selber können im Prinzip
über die Gespräche mit der Industrie vor
2007 gar nichts sagen, weil Sie in der Zeit in
Brüssel waren?

Zeuge Walter Storz: Da war ich in Brüs-
sel, ja.

Drucksache 17/14650 – 672 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 110
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Den Vertrag selber, der 2007 geschlossen
ist: Haben Sie sich damit auseinander-
gesetzt? Guckt man sich so was an als Di-
rektor WTD 61, oder ist das eher sozusagen
was für die Hausjuristen?

Zeuge Walter Storz: Der Vertrag ist ja
geschlossen. Also guckt man sich den nicht
mehr an, weil Sie kommen ja neu dahin. Sie
müssen sich ja auch mal einarbeiten. Es gibt
ja so viele Punkte, die Sie berücksichtigen
müssen, wenn Sie zum ersten Mal so eine
große Dienststelle leiten, sodass Sie gar
nicht die Zeit haben, sich mit dem Vertrag -
also in dieser Kürze - auseinanderzusetzen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Aber wir hatten ja eben schon mal darüber
gesprochen. Da hatten Sie ja auch gesagt:
Wir haben durchaus daran gedacht. In Ver-
tragsanhang H sind die technischen Voraus-
setzungen. - Also, die kennen Sie. Sie wis-
sen, wo sozusagen die technischen Vor-
schriften zu finden sind. Das habe ich dem
entnommen, ja?

Zeuge Walter Storz: Ja.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ich würde dem Zeugen gerne eine Vorlage
machen, die ich auch schon dem Herrn Stei-
ger gemacht hatte. Das ist ebendieser An-
hang H, diese technischen Vorschriften. Das
ist MAT 4, Ordner 9 bis 26.

(Dem Zeugen werden Unterlagen
vorgelegt)

Also, das sind jetzt 100 Seiten englisch-
sprachige technische Voraussetzungen für
die Zulassungsfähigkeit. Kommt Ihnen das
bekannt vor? Kennen Sie das? Können Sie
das einordnen?

Zeuge Walter Storz: Ja, das entspricht ja
unserem Musterprüfrahmenprogramm, was
wir ja für die Musterprüfung brauchen. Inso-
fern kann ich das dann schon einordnen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Das ist aber jetzt auch schon speziell für den
Euro Hawk, oder?

Zeuge Walter Storz: Ja.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also, wenn diese technischen Voraussetzun-
gen vorgelegen hätten, hätten nachgewiesen
werden können, dann hätte Ihre Dienststelle
die Zulassung erteilt. So ist das zu ver-
stehen, ja?

Zeuge Walter Storz: Wenn das alles so
vorgelegt wird, ja.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja. - Und wenn das alles so schriftlich nie-
dergelegt worden ist und im Vertrag dabei
war, dann wusste die amerikanische Seite
auch im Prinzip, was sie tun musste. Oder
fehlt da jetzt noch irgendwas?

Zeuge Walter Storz: Also, ich - - Nach
meiner Kenntnis war im Vertrag für die Mus-
terprüfung so ein bisschen - ich sage mal: ein
bisschen - eine Bemühensklausel drin. Und
wenn die Firma im Rahmen der Bemü-
hensklausel nicht alles so richtig, so voll er-
füllen kann - -

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Gut, über die Frage der Bemühensklausel - -

Zeuge Walter Storz: Sie kann ja - -

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sie müssen jetzt nicht sagen, ob die Bemü-
hensklausel Anwendung findet oder nicht. Da
haben wir hier schon unterschiedlichste Auf-
fassungen drüber gehört. Aber diese techni-
schen Voraussetzungen - - Das ist das, was
gemacht werden muss, um die Zulassung zu
bekommen.

Zeuge Walter Storz: Ja.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Jetzt, ganz oben drüber, bevor der Text los-
geht auf der ersten Seite, steht ja: Diese
Voraussetzungen wurden aufgeschrieben auf
der Grundlage von Gesprächen zwischen der
Industrie und WTD 61 in Bernardo, Cali-
fornia. - Oder so ähnlich steht das da, glaube
ich. Also, das muss man sich so vorstellen:
Die sind da zusammengekommen. Aus Ihrer
Dienststelle ist jemand hingefahren und hat
mit denen geklärt, was die Voraussetzungen
sind, und dann hat man das aufgeschrie-
ben. - Wer wäre das gewesen? Wäre das - -
Also, Herr Steiger war es ja nicht. Den haben
wir auch schon gefragt.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 673 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 111
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Walter Storz: Er war es nicht.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Wer ist dann nach Kalifornien gefahren und
hat das mit denen geklärt?

Zeuge Walter Storz: Also, ich weiß, dass
ein Vorgänger in Kalifornien war.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Der Vorgänger von dem Herrn Steiger.

Zeuge Walter Storz: Der Vorgänger von
Herrn Steiger.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja. Das wäre dann ja auch der ML.

Zeuge Walter Storz: Das ist der ML, ja.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Okay. Gut. - Ich frage jetzt noch mal etwas
anderes, weil das auch in Ihre Dienstzeit fällt.
Haben Sie Kenntnisse darüber, warum man
in der Zeit der Firma EADS die luftverkehrs-
technische Zulassung nicht verlängert hat?
Können Sie dazu was sagen?

Zeuge Walter Storz: Kann ich jetzt nichts
sagen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Aber können Sie sich erinnern, dass das
war?

Zeuge Walter Storz: Ich kann mich erin-
nern, ja.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Und wann war das, dass man das nicht ver-
längert hat? Können Sie das noch sagen?

Zeuge Walter Storz: Weiß ich jetzt auch
nicht.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also, Sie selber sind auch nicht befasst wor-
den mit diesen Folgen?

Zeuge Walter Storz: Also, ich weiß, was
das war und dass es da Probleme gab. Aber
ich kann es jetzt nicht erzählen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Welche Stelle entscheidet denn über so eine

luftverkehrstechnische Zulassung? Wer
hat - -

Zeuge Walter Storz: Das ist das Bun-
desamt für Wehrtechnik und Beschaffung,
die Abteilung T.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ach, die sind das.

Zeuge Walter Storz: Ja.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Okay. Also gut. - Dann habe ich noch eine
Frage zu dieser Sonderzulassung, die es da
ja gibt, die immer im Gespräch ist mit diesem
316, wo dann der Inspekteur das übernimmt.
Und Sie hatten ja eben gesagt, Ihren Leuten
haben Sie gesagt - ich glaube, so sinnge-
mäß -: Ihr müsst das nicht zeichnen; das
Risiko müsst ihr nicht übernehmen.

Warum ist denn der Inspekteur der Luft-
waffe - - Können Sie sich erklären, warum
der das nicht machen will? Hat das auch den
gleichen Hintergrund? Geht es darum, dass
er dann das Risiko hätte tragen müssen, was
Sie Ihren Leuten nicht zumuten wollten?

Zeuge Walter Storz: Das ist richtig. Da
hätte er das Risiko getragen. Aber Sie sehen
ja: In den USA ist ein General bereit, so ein
Risiko zu tragen, und bei uns habe ich immer
den Eindruck: Das wird immer auf den
Kleinsten abgeschoben. - Und dagegen habe
ich mich eigentlich gewehrt.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Wobei man sich ja schon fragt - - Also, uns
ist ja erklärt worden: Auch mit einer vorläufi-
gen Zulassung ist das Ding auf jeden Fall
verkehrssicher. - Also, von daher ist ja die
Frage: Über was für Risiken reden wir hier
eigentlich? Vor was haben sozusagen die
Spezialisten so eine Angst? Ist das Ding
vielleicht doch nicht verkehrssicher, oder wie
muss ich mir das als Laiin vorstellen? Weil es
fliegt ja im Augenblick über Deutschland.

Zeuge Walter Storz: Ja, aber das ist
ja - - Sie haben ja dann bestimmte Vorgaben.
Das heißt also: Ein Notlandeplatz muss in
einer unmittelbaren Nähe sein. Also, das ist
ja alles festgelegt, ganze Bedingungen, die
zu erfüllen sind. Und aus meiner Sicht kann
man den Global Hawk zum Beispiel auch
nach Afghanistan schicken. Aber es muss

Drucksache 17/14650 – 674 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 112
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

einer den Mut haben, zu sagen: Ich unter-
schreibe, dass der bis dahin fliegen kann. -
Also, können tut er es. Risiko ist halt, wenn
irgendwas passiert: Wo haben Sie den Lan-
deplatz zwischendrin?

Und wenn der jetzt in Manching fliegt,
dann ist zum Beispiel Jagel ein Ausweich-
landeplatz. Also, Sie haben immer irgendwie
gewisse Ausweichmöglichkeiten, wo Sie eine
Notlandung machen können.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Diese Notlandeplätze: Ist das eine von die-
sen Beschränkungen, die sich aus der vor-
läufigen Zulassung ergeben?

Zeuge Walter Storz: Ja.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also, wenn der eine reguläre Musterzulas-
sung hätte, dann bräuchte er diese Ein-
schränkungen nicht.

Zeuge Walter Storz: Richtig.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Das sind sozusagen zusätzliche Absicherun-
gen, wenn ich Sie richtig verstehe. Aber Sie
sagen gerade, man könnte ihn auch nach
Afghanistan schicken. Also, auch mit der
vorläufigen Zulassung könnte man ihn ein-
setzen.

Zeuge Walter Storz: Könnte man.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Da stellt sich ja die Frage: Warum tut man es
nicht?

Zeuge Walter Storz: Da bräuchte man
irgendeine - - Da müsste der Inspekteur sa-
gen: Jawohl, ich übernehme das Risiko.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Können Sie mal ein bisschen lauter spre-
chen? Gehen Sie ein bisschen ans Mikrofon,
bitte.

Zeuge Walter Storz: Ja. - Da müsste der
Inspekteur sagen: Jawohl, ich übernehme
diese Verantwortung, dass ich den bis nach
Afghanistan schicke.

Und ich weiß nicht, wenn wir sagen: Wir
wollen den nach Afghanistan schicken mit
unserer vorläufigen Zulassung - - während

wir immer sagen: Es muss ein Notlandeplatz
irgendwo sein.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Aber zum Beispiel Heron hat ja auch nur eine
vorläufige Zulassung, und wir nutzen den in
Afghanistan. Warum geht das da und beim
Euro Hawk nicht?

Zeuge Walter Storz: Also, Heron ist in-
sofern anders: Heron hat eine kanadische
Zulassung. Heron hat entsprechend die
Nachweise durch Israel gebracht. Da war ein
Mann von mir in Israel, hat die ganzen Do-
kumente auch sichten können und Unter-
lagen bekommen. Und wir haben von den
Kanadiern deren Zulassungspapier bekom-
men. Also, insofern ist die Sicherheit höher.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Weil das Kanadische ist im Prinzip eine
Musterzulassung, auf die man dann in
Deutschland aufsetzt.

Zeuge Walter Storz: Ja, wo man dann
aufsetzt.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Okay. Gut. - Vorläufig keine weiteren Fragen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So, dann frage ich die CDU.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ja, ich
wollte noch mal nachfragen, Herr Storz. Auf
die Frage des Kollegen Spatz haben Sie
gesagt - habe ich Sie da richtig verstan-
den? -, dass man schon 2001 gewusst hat,
dass die Zulassung das Hauptproblem des
Euro-Hawk-Systems ist.

Zeuge Walter Storz: Man hat nicht das
Wort „Zulassung“ benutzt, sondern man hat
gesagt: „Wie bringe ich diesen Euro Hawk in
den Luftverkehr? Was ist da zu beachten?“
und dass dieses das Hauptproblem ist.

Markus Grübel (CDU/CSU): Da brauche
ich einmal eine Zulassung, und dann habe
ich noch das Kategorie-3-Problem.

Zeuge Walter Storz: Richtig.

Markus Grübel (CDU/CSU): Und das hat
man schon 2001 gesehen oder besprochen
oder - -

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 675 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 113
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Walter Storz: Das hat man auf je-
den Fall besprochen und gesagt: Jawohl, das
ist ein Problem.

Markus Grübel (CDU/CSU): Man hat
also dieses Risiko oder diesen Geburtsfehler
billigend in Kauf genommen und hat gesagt:
Wir bringen es mal auf den Weg und hoffen,
dass es sich irgendwie löst.

Zeuge Walter Storz: Ich meine, Sie ha-
ben ja immer ein Risiko bei einer Neuent-
wicklung. Und ob ich jetzt einen Eurofighter
neu entwickele oder einen „Jäger sonst
was“ - Sie haben immer ein Risiko und müs-
sen natürlich gerade in so einem Fall be-
achten: Wie bringe ich ein unbemanntes
System in diesen Luftraum? Was sind da für
Risiken?

Das ist schon abzuschätzen, und das war
damals als eines der Hauptrisiken erkannt.
Also, ob das ein Geburtsfehler ist, das würde
ich jetzt nicht sagen; aber es ist ein Risiko.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ein Grund-
problem oder ein Grundrisiko, das man prak-
tisch diesem kleinen Kind mit auf den Le-
bensweg gegeben hat, bis es dann so ein
richtiger Euro Hawk wurde. Okay.

(Heiterkeit)

Dann habe ich keine Fragen mehr, Frau
Vorsitzende.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Die SPD? - Keine Fragen mehr. Die FDP? -
Nicht mehr. Die Linke? - Herr van Aken, bitte.

Jan van Aken (DIE LINKE): Ich hatte
vorhin diesen Prüfbericht des Bundesrech-
nungshofes WTD 61 erwähnt. Das Haupt-
problem, was damals ausgemacht worden
war, war, dass dort im Grunde genommen
die Entwickler sich selber prüfen. Sie haben
dieses Problem des Interessenkonfliktes
eben selbst geschildert, als Sie gesagt ha-
ben, es gibt diese Konstruktion seit 94, dass
der ML sozusagen Ihr Stellvertreter ist und
Sie nicht die Fachaufsicht haben, weil Sie
sozusagen mehr zu den Entwicklern gehö-
ren, während er das prüfen muss, und das ist
sozusagen die einzige Mauer, die gezogen
ist.

Ansonsten kennen wir auch von Schilde-
rungen von Leuten, die da arbeiten, das
Problem, dass sozusagen die, die selbst an
der Entwicklung beteiligt sind, plötzlich sich

selber prüfen müssten für die Musterzulas-
sung. Das ist natürlich eigentlich ein ganz
heikler Prozess. Wenn ich das auf den TÜV
übertrage, dann möchte ich gar nicht darüber
nachdenken, wie das sein kann.

Das führt natürlich dazu, dass angesichts
dieses Personalmangels - oder korrigieren
Sie mich, wenn ich da falsch liege -, den Sie
geschildert haben, möglicherweise auch auf
Güteprüfer zurückgegriffen worden ist, um
die Musterprüfung durchzuführen. Ist das
richtig? Hat es das gegeben beim Euro
Hawk?

Zeuge Walter Storz: Also, ich würde
nicht sagen, dass der Güteprüfer die Muster-
prüfung gemacht hat, sondern der Güteprüfer
hat die Aufgabe so ein bisschen anders. Er
prüft ja mehr die Qualität.

Der Musterprüfer prüft ja die Sicherheit.
Also, mir hat mal einer gesagt: Der Unter-
schied zwischen Musterprüfung und ... (akus-
tisch unverständlich) Technik ist der - oder
Qualifikation -: Bei der Qualifikation kommt
es auf die Vertragserfüllung an. Bei der
Musterprüfung und Zulassung kommt es
darauf an, dass die Sicherheit gewährleistet
ist, das heißt also die Lufttüchtigkeit gegeben
ist. Und insofern sehe ich da schon einen
kleinen Unterschied zwischen Musterprüfung
und Güteprüfer.

Jan van Aken (DIE LINKE): Ich finde das
einen großen Unterschied. Die haben auch
unterschiedliche Qualifikationen, aber die
Frage war: Ist trotzdem für die Musterprüfung
beim Euro Hawk auf Güteprüfer zurückge-
griffen worden, obwohl sie die Qualifikation
nicht haben, auch obwohl sie die Unter-
schriftsbevollmächtigung gar nicht haben? Ist
trotzdem auf sie zurückgegriffen worden? Ist
das richtig?

Zeuge Walter Storz: Also, wir haben
Güteprüfer, die vorher die Zulassung als
Musterprüfer haben. Also wenn es ums Ge-
samte geht, wird kein Güteprüfer die Muster-
prüfung durchführen.

Jan van Aken (DIE LINKE): Das ist die
entscheidende Frage: Wer hat denn die
Empfehlung zur Verkehrszulassung unter-
schrieben? War das tatsächlich ein Muster-
prüfer, oder war das ein Güteprüfer, der gar
nicht die Zulassung hatte? Wissen Sie das
noch?

Drucksache 17/14650 – 676 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 114
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Walter Storz:Weiß ich nicht.

Jan van Aken (DIE LINKE): Das wissen
Sie nicht. - Sie kennen sicherlich die Berichte
von zwei Mitarbeitern, die im Jahre 2009
auch immer zeitweilig, kurzfristig in die USA
geflogen sind. Zumindest der eine hat sich ja
massiv darüber beschwert irgendwie, dass er
überhaupt nicht die Qualifikation hat für so
einen Musterzulassungsprozess, dass
außerdem die Bedingungen in den USA also
von vorne bis hinten es eigentlich gar nicht
zugelassen haben, eine Bewertung. Sind
Ihnen diese Schreiben bekannt? Ist Ihnen
das vorgelegt worden? Haben Sie daraufhin
reagiert?

Zeuge Walter Storz: Ich kenne die
Schreiben nicht.

Jan van Aken (DIE LINKE): Sie kennen
die Schreiben nicht?

Zeuge Walter Storz: Nein.

Jan van Aken (DIE LINKE): Gut. - Dann
habe ich eigentlich nur noch eine Frage, und
zwar weil Sie vorhin so gesagt haben, Sie
haben Ihren Leuten immer gesagt: Ihr müsst
das Risiko nicht übernehmen. - Jetzt ist,
wenn ich richtig informiert bin, gestern gesagt
worden, dass es angeblich ein Schreiben
vom Staatssekretär Beemelmans gibt, der
das auch schriftlich noch mal versichert hat,
dass sozusagen denjenigen, die dort die
Musterprüfung machen, Straffreiheit zugesi-
chert ist. Wissen Sie da was von?

Zeuge Walter Storz: Kenne ich auch
nicht.

Jan van Aken (DIE LINKE): Nie gehört?

Zeuge Walter Storz: Nein.

Jan van Aken (DIE LINKE): Okay. Dann
bin ich fertig. - Danke.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So, dann frage ich die Grünen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Keine weiteren Fragen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Keine weiteren Fragen.

Dann, Herr Storz, darf ich Sie noch mal
darauf hinwiesen, dass Ihnen nach Fertigung
des Protokolls dieses für mögliche Korrek-
turen vom Sekretariat übersandt wird.

Zuletzt erinnere ich Sie daran, dass nach
§ 26 Abs. 2 PUAG der Untersuchungsaus-
schuss durch Beschluss feststellt, dass die
Vernehmung des Zeugen abgeschlossen ist.
Die Entscheidung darf erst ergehen, wenn
nach Zustellung des Vernehmungsprotokolls
zwei Wochen verstrichen sind oder auf die
Einhaltung der Frist verzichtet wird.

Herz Storz, ich bedanke mich für Ihr
Kommen und wünsche Ihnen einen guten
Nachhauseweg.

Zeuge Walter Storz: Danke.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nach Ab-
schluss dieser Vernehmung schließe ich die
Sitzung. Die nächste Sitzung des Verteidi-
gungsausschusses als 2. Untersuchungs-
ausschuss berufe ich für den 29. Juli 2013
um 9 Uhr ein.

Einen schönen Abend!
(Schluss: 17.51 Uhr)

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 677 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 115
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Drucksache 17/14650 – 678 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 116
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 679 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 117
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Drucksache 17/14650 – 680 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 118
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 681 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 119
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Drucksache 17/14650 – 682 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 120
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 683 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 121
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Drucksache 17/14650 – 684 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 122
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 685 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 123
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Drucksache 17/14650 – 686 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 124
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 687 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 125
[5. Sitzung am 24.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 689 – Drucksache 17/14650

Deutscher Bundestag
17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als
2. Untersuchungsausschuss
gem. Art. 45 a Abs. 2 GG

Protokoll Nr. 6
(Sitzungsteil Zeugen

vernehmungen, Öffentlich)
30. Juli 2013

Stenografisches Protokoll
- Endgültige Fassung* -

der 6. Sitzung
des Verteidigungsausschusses

als 2. Untersuchungsausschuss gem. Art. 45 a Abs. 2 GG
- zugleich 151. Sitzung des Verteidigungsausschusses -

am Montag, dem 29.07.2013, 9 Uhr
Paul-Löbe-Haus, Berlin

Vorsitz: Dr. h. c. Susanne Kastner, MdB (SPD)

Tagesordnung

Vernehmung von Zeugen, im Einzelnen:

- Bernhard Gerwert, Chief Executive Officer (CEO), Fa. Cassidian
gemäß Beweisbeschluss 17-121

- Janis G. Pamiljans, Senior Vice President, Fa. Northrop Grumman
gemäß Beweisbeschluss 17-123

- Staatssekretär Werner Gatzer, Bundesministerium der Finanzen
gemäß Beweisbeschluss 17-113

- Ministerialdirektor Dr. Paul Jansen, Bundesministerium der Verteidigung
gemäß Beweisbeschluss 17-109

Seite

1-152

* Hinweis:
Die Zeugen Bernhard Gerwert, Janis G. Pamiljans, Werner Gatzer und Dr. Paul Jansen haben Einsicht in
das Stenografische Protokoll genommen. Die Korrekturwünsche des Zeugen Gatzer sind dem Protokoll als
Anlage beigefügt. Die Zeugen Gerwert, Pamiljans und Jansen haben keine Korrekturwünsche übermittelt.

Drucksache 17/14650 – 690 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

II

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 691 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

III

Drucksache 17/14650 – 692 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

IV

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 693 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

V

Drucksache 17/14650 – 694 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

VI

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 695 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

VII

Drucksache 17/14650 – 696 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

VIII

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 697 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 1
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

(Beginn: 9.03 Uhr)

Stellvertretender Vorsitzender Dr. Karl
A. Lamers: Sehr geehrter Herr Gerwert, ich
darf Sie im Namen des Ausschusses herzlich
begrüßen. Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich begrüße auch Sie herzlich zur 6. Sitzung
des Untersuchungsausschusses, die zu-
gleich die 151. Sitzung des Verteidigungs-
ausschusses ist. Ich heiße den Wehrbeauf-
tragten herzlich willkommen und darf ihm
nachträglich herzlich zu seinem gestrigen
Geburtstag gratulieren. Alles Gute!

(Beifall)

Ich komme zu dem einzigen Punkt der
Tagesordnung:

Vernehmung von Zeugen, im Ein-
zelnen:

- Bernhard Gerwert, Chief Execu-
tive Officer (CEO), Fa. Cassi-
dian
gemäß Beweisbeschluss 17-121

- Janis G. Pamiljans, Senior Vice
President, Fa. Northrop Grum-
man
gemäß Beweisbeschluss 17-123

- Staatssekretär Werner Gatzer,
Bundesministerium der Finan-
zen
gemäß Beweisbeschluss 17-113

- Ministerialdirektor Dr. Paul Jan-
sen, Bundesministerium der
Verteidigung
gemäß Beweisbeschluss 17-109

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie Sie
der Tagesordnung entnehmen können, ste-
hen heute insgesamt vier Zeugenverneh-
mungen in öffentlicher Sitzung an.

Zunächst einige allgemeine Hinweise. Die
Vertreter der Medien weise ich darauf hin,
dass keine Film-, Ton-, Bild- und Fernseh-
aufnahmen gemacht werden dürfen. Glei-
ches gilt für die auf der Tribüne befindlichen
Besucher. Ich darf Sie daher alle bitten,
sämtliche Film-, Ton- und Bildaufnahme-
geräte aus dem Sitzungssaal zu entfernen.

Die Vertreter der Medien und die Besu-
cher weise ich darauf hin, dass die Benut-
zung von Handys nicht gestattet ist. Die
Handys müssen während der gesamten
Sitzung ausgeschaltet bleiben. Auch andere
Formen der drahtlosen Kommunikation sind
unzulässig.

Wir vernehmen die Zeugen in der folgen-
den Reihenfolge: als ersten Sie, Herrn Bern-
hard Gerwert, Chief Executive Officer der
Firma Cassidian, Janis G. Pamiljans, Senior
Vice President, Firma Northrop Grumman,
Staatssekretär Werner Gatzer, Bundes-
ministerium der Finanzen, und Herrn Ministe-
rialdirektor Dr. Paul Jansen vom Bundes-
ministerium der Verteidigung.

Ich werde nach der Vernehmung des
Zeugen Bernhard Gerwert die Sitzung für
zehn Minuten unterbrechen, um Ihnen Gele-
genheit für Fotos und Presseerklärungen zu
geben. Danach wird die Sitzung mit der Ver-
nehmung des Zeugen Janis G. Pamiljans
fortgesetzt.

Für den Fall, dass Teile der Vernehmun-
gen als Geheim eingestuft werden, weise ich
bereits an dieser Stelle ausdrücklich auf die
Geheimschutzordnung des Deutschen Bun-
destages hin. Ich möchte zudem darauf hin-
weisen, dass nach § 7 der Geheimschutz-
ordnung des Deutschen Bundestages eine
entsprechende Beschlussfassung herbei-
geführt werden muss. Eine Beschlussfas-
sung wird dann herbeigeführt, wenn über
Verschlusssachen der Geheimhaltungsgrade
VS-Vertraulich und höher beraten wird.

Ich möchte in diesem Zusammenhang da-
ran erinnern, dass im Falle einer Einstufung
der Vernehmung mit einem Geheimhal-
tungsgrad VS-Vertraulich oder höher ein
Wechsel des Sitzungssaals erforderlich wird.
Daher bitte ich Sie, etwaige Vernehmungs-
teile, die einer entsprechenden Einstufung
bedürfen, gesammelt am Ende der Verneh-
mung zur Sprache zu bringen. Ein unter Um-
ständen erforderlicher eingestufter Verneh-
mungsteil wird im Sitzungssaal 2.300 des
Paul-Löbe-Hauses durchgeführt.

Ferner weise ich darauf hin, dass Vor-
halte aus eingestuften Akten nur in einer
ebenso eingestuften Sitzung zulässig sind.
Im Falle eines Vorhalts möchte ich daran
erinnern, dass die beigezogene Unterlage
dem Zeugen durch den Fragesteller vorzu-
legen ist. Ich bitte aber auch für das Protokoll
um eine klare Benennung der Fundstelle
mitsamt der MAT-Nummer.

Im Falle der Einstufung der Sitzung wird
die Wortprotokollierung grundsätzlich weiter-
geführt. Bestehen dagegen Einwände? - Das
ist offensichtlich nicht der Fall. Damit ist eine
durchgehende Wortprotokollierung beschlos-
sen.

Drucksache 17/14650 – 698 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 2
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Dann kommen wir zu den Zeugenver-
nehmungen. Wir beginnen mit der Verneh-
mung des Zeugen Bernhard Gerwert.

Vernehmung des Zeugen
Bernhard Gerwert

Sehr geehrter Herr Gerwert, ich stelle
fest, dass Sie von einem Rechtsbeistand
begleitet werden. Ich darf den Rechtsbei-
stand bitten, wenn Sie das wollen, sich dem
Ausschuss kurz vorzustellen.

RA Dr. Daniel Krause: Guten Morgen,
meine Damen und Herren! Mein Name ist
Dr. Daniel Krause. Ich bin Rechtsanwalt hier
in Berlin, und Herr Gerwert hat mich gebeten,
ihn hier heute zu Ihnen zu begleiten.

Stellvertretender Vorsitzender Dr. Karl
A. Lamers: Vielen Dank, Herr Rechts-
anwalt. - Ich muss Sie darauf hinweisen und
aufmerksam machen, dass Sie den Zeugen
zwar beraten dürfen, Ihnen selbst jedoch
kein Rede- und Fragerecht zusteht. Insbe-
sondere dürfen Sie Ihrem Mandanten wäh-
rend seiner Aussage keine inhaltlichen Hin-
weise geben. Gegebenenfalls kann Ihr Man-
dant jedoch eine kurze Unterbrechung zum
Zwecke der Beratung mit Ihnen beantragen.

Sehr geehrter Herr Gerwert, ich weise Sie
darauf hin, dass die Sitzung aufgezeichnet
wird. Dies dient ausschließlich dem Zweck,
die stenografische Aufzeichnung der Sitzung
zu erleichtern. Die Aufnahme wird später
gelöscht. Das Protokoll dieser Vernehmung
wird Ihnen nach Fertigstellung zugestellt. Sie
haben dann die Möglichkeit, Korrekturen und
Ergänzungen vorzunehmen.

Herr Gerwert, Sie sind mit Schreiben vom
28. Juni 2013 geladen worden. Das Beweis-
thema ist Ihnen mit dem Untersuchungsauf-
trag und dem Beweisbeschluss zugegangen.
Der Beweisbeschluss ist Ihnen und den Mit-
gliedern bekannt. Auf eine Verlesung kann
daher wohl verzichtet werden.

Herr Gerwert, nach den Vorschriften der
Strafprozessordnung, die im Untersuchungs-
verfahren sinngemäße Anwendung finden,
und den Vorschriften des Gesetzes zur Re-
gelung des Rechts der Untersuchungsaus-
schüsse des Deutschen Bundestages - im
Folgenden kurz PUAG genannt - muss ich
Sie zunächst belehren. Sie sind als Zeuge
verpflichtet, die Wahrheit zu sagen. Ihre Aus-
sagen müssen daher richtig und vollständig
sein. Sie dürfen nichts weglassen, was zur

Sache gehört, und nichts hinzufügen, was
der Wahrheit widerspricht.

Ich habe Sie außerdem auf die möglichen
strafrechtlichen Folgen eines Verstoßes
gegen die Wahrheitspflicht hinzuweisen.
Danach kann derjenige, der vor dem Unter-
suchungsausschuss uneidlich falsch aus-
sagt, gemäß § 153 des Strafgesetzbuches
mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu
fünf Jahren bestraft werden.

Nach § 22 PUAG können Sie die Aus-
kunft auf solche Fragen verweigern, deren
Beantwortung Sie selbst oder Personen, die
im Sinne des § 52 Abs. 1 Strafprozessord-
nung Ihre Angehörigen sind, in die Gefahr
bringen würde, einer Untersuchung nach
gesetzlich geordneten Verfahren ausgesetzt
zu werden.

Sollten Teile Ihrer Aussage aus Gründen
des Schutzes von Dienst-, Privat- oder Ge-
schäftsgeheimnissen nur in einer nach der
Geheimschutzordnung des Bundestages
eingestuften Sitzung möglich sein, bitte ich
Sie um einen Hinweis, damit eine entspre-
chende Einstufung erfolgen kann.

Nachdem ich Ihnen den Gegenstand der
Vernehmung erläutert, Sie zur Wahrheit er-
mahnt und belehrt habe, komme ich nun zur
Vernehmung zur Person. Herr Gerwert, bitte
nennen Sie uns, den Mitgliedern des Unter-
suchungsausschusses, Ihren Namen, Ihren
Familienstand und Ihren Wohnort. Sie haben
das Wort.

Zeuge Bernhard Gerwert: Mein Name
ist, glaube ich, bekannt: Bernhard Gerwert.
Verheiratet und wohne in Erbach bei Ulm.

Stellvertretender Vorsitzender Dr. Karl
A. Lamers: Vielen Dank. - Ich komme jetzt
zur Vernehmung zur Sache. Herr Gerwert,
zunächst gebe ich Ihnen die Gelegenheit,
dem Ausschuss das im Zusammenhang
darzulegen, was Ihnen von dem Gegenstand
der Vernehmung bekannt ist. Anschließend
erhalten dann die Mitglieder des Ausschus-
ses in einer festgelegten Reihenfolge das
Wort.

Sollten Teile Ihrer Aussage aus Gründen
des Schutzes von Betriebs- oder Geschäfts-
geheimnissen nur in einer höher eingestuften
Sitzung möglich sein, bitte ich Sie erneut um
einen Hinweis, damit eine entsprechende
Einstufung erfolgen kann.

Herr Gerwert, ich gebe Ihnen jetzt das
Wort.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 699 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 3
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Bernhard Gerwert: Sehr geehrter
Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und
Herren Abgeordnete! Bevor ich mich hier zu
Einzelfragen äußere, möchte ich die Gele-
genheit ergreifen, einmal kurz die Aus-
gangslage und die industrieseitige Arbeits-
teilung im Projekt Euro Hawk zu verdeut-
lichen.

Im Januar 2007 hat die Bundesrepublik
Deutschland einen Vertrag mit der Industrie
geschlossen. Dieser Vertrag beinhaltet die
Entwicklung eines Demonstrators mit folgen-
dem Ziel: den Nachweis der Erstbefähigung
für die luftgestützte Signalaufklärung mit
einem Global-Hawk-Luftfahrzeug und einem
ISIS-Missionssystem zu erbringen. Es han-
delt sich also um einen reinen Entwicklungs-
auftrag. In diesem Auftrag geht es nicht um
die Beschaffung der Seriengeräte.

Als nächste Stufe war geplant, nach einer
Einsatzprüfung die endgültige Einsatzbefähi-
gung abzuleiten und anschließend die Se-
riensysteme mit insgesamt vier Flugzeugen
zu beauftragen. Das heißt - noch mal Stand
heute -, es geht um einen Vertrag zum Bau
eines Demonstrators für den Euro Hawk,
nicht weniger, aber auch nicht mehr.

Vonseiten der Industrie stellen sich die
vertraglichen Beziehungen und Zuständig-
keiten wie folgt dar: Vertragsnehmer - dies
war von der Bundesrepublik Deutschland als
Kunde ausdrücklich gewünscht - ist die
EuroHawk GmbH als Hauptauftragnehmer
und direkter Vertragspartner des Bundes. Die
EuroHawk GmbH ist ein Gemeinschafts-
unternehmen, das jeweils zu gleichen Antei-
len der EADS Deutschland GmbH und der
Northrop Grumman gehört. Die beiden An-
teilseigner fungieren gleichzeitig als Unter-
auftragnehmer der EuroHawk GmbH.

Die Aufteilung der zu erbringenden Leis-
tungen aufseiten der Industrie ist folgender-
maßen: Northrop Grumman liefert das Luft-
fahrzeug, während die EADS Deutschland
GmbH - meine Division, Cassidian - für das
Missionssystem ISIS verantwortlich ist. Für
beide Unternehmen besteht eine Alleinver-
antwortlichkeit der getrennten Arbeitsanteile,
das heißt ein Unterauftrag der EuroHawk
GmbH an die beiden Unternehmen. Lediglich
hinsichtlich der Integration von ISIS in das
Luftfahrzeug besteht eine gemeinsame ver-
tragliche Verantwortlichkeit.

Die in den letzten Monaten in der Öffent-
lichkeit diskutierte Thematik der Zulas-
sungsfähigkeit betrifft das von Northrop
Grumman zu liefernde Luftfahrzeug. Dieses

bitte ich zu bedenken, wenn Sie bei meiner
Befragung Detailthemen zur Zulassungs-
fähigkeit adressieren möchten. Diese Fra-
gen - - dann eventuell ein Vertreter des Kon-
sortiums oder ein Vertreter von Northrop
Grumman detaillierter beantworten.

Für den Cassidian-Anteil, das heißt das
Signalaufklärungssystem ISIS, kann ich na-
türlich als CEO von Cassidian sprechen. Und
hier lässt sich Folgendes festhalten: ISIS ist
nach einhelliger Expertenmeinung das best-
verfügbare System im Bereich der luftge-
stützten Signalaufklärung. ISIS hat alle not-
wendigen Voraussetzungen zur Erreichung
einer militärischen Zulassung erfüllt. Die
Flugtests in Manching haben gezeigt, dass
das System seine technische Funktions-
fähigkeit eindrucksvoll nachweisen konnte.

So viel vorweg. - Danke für Ihre Aufmerk-
samkeit.

Stellvertretender Vorsitzender Dr. Karl
A. Lamers: Vielen Dank, Herr Gerwert, für
Ihre Ausführung. - Ich selber verzichte auf
Fragen und darf damit unmittelbar den Aus-
schussmitgliedern die Möglichkeit geben,
ihre Fragen an Sie zu stellen.

Für die Fraktionen ergibt sich nach dem
Bekannten der sogenannten Berliner Stunde
ein festes Zeitbudget für ihre Fragen und
eine bestimmte Reihenfolge, wobei der
Grundsatz von Rede und Gegenrede be-
rücksichtigt wird.

Zur Eröffnung der ersten Fragerunde er-
teile ich der CDU/CSU-Fraktion das Wort.
Markus Grübel, bitte schön.

Markus Grübel (CDU/CSU): Danke, Herr
Vorsitzender. - Herr Gerwert, seit wann ist
EADS bzw. Cassidian in Gesprächen mit
dem Bund über das Projekt Euro Hawk oder,
mal unabhängig vom Namen, über so ein
System? Wann würden Sie die Wurzeln zeit-
lich datieren?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, gut. Die
Wurzeln liegen ja bereits Anfang 2000/2001.
Da hat es bereits die ersten Gespräche ge-
geben, die ersten Überlegungen zu einer
neuen Signalaufklärung in Deutschland, also
als Nachfolge der Breguet Atlantic. Also, das
Thema Euro Hawk ist mittlerweile mehr als
13 Jahre in Diskussion mit der EADS.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wir diskutie-
ren ja heute viel über den, der - nennen wir
es mal ein bisschen spitz - den Mist aus dem

Drucksache 17/14650 – 700 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 4
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Stall fährt. Wer hat denn die Kühe in den - -
Jetzt ist die Frage, wer die Kühe ausgesucht
hat und wer die Kühe in den Stall gestellt hat.
Warum hat man die Konstruktion so gewählt,
dass man ein amerikanisches Trägersystem,
Global Hawk, mit dem in Deutschland zu
entwickelnden Aufklärungssystem ISIS ver-
knüpft?

Zeuge Bernhard Gerwert: Also, nach
meinem Wissen war es ja Anfang 2000. Hier
hat man eine Marktsichtung gemacht: Was
kann die beste Plattform sein für ein entspre-
chendes Aufklärungssystem? - Zu dem Zeit-
punkt bot sich eben der Global Hawk, also,
das heißt die amerikanische Plattform, auf-
grund der Leistungsfähigkeit dieser Plattform
an. Das war die eine Seite, die Auswahl des
Trägersystems.

Ich glaube, das viel Wichtigere war die
Auswahl der Signalaufklärung, des Signal-
aufklärungssystems. Wenn ich das richtig
rekapituliere, war damals insbesondere der
Wunsch des Auftraggebers, dass dieses ein
deutsches System sein soll, natürlich auch
aufgrund der entsprechenden Sensitivität
eines sogenannten Aufklärungssystems. So
kam es zu dieser Kombination: eine eigene
Entwicklung der Signalaufklärung und im
Prinzip der Nutzung einer bestehenden
Plattform. Das war die Grundlage.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wissen Sie,
warum man da kein rein deutsches System
oder europäisches System entwickeln wollte,
warum man das amerikanische Trägersys-
tem mit eingebunden hat?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja. Ich gehe
mal davon aus, dass die Ursache die war,
dass man kein System entwickeln wollte, weil
die Entwicklung einer eigenen Plattform nur
für das Thema Signalaufklärung - das heißt
vier Plattformen - wäre sicherlich wesentlich
kostenintensiver gewesen als die Nutzung
einer bestehenden Plattform. Aber das war
natürlich die Entscheidung des Auftrag-
gebers, das war nicht unsere.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ja, ja, aber
Sie waren ja zum frühen Stadium mit einge-
bunden.

Zeuge Bernhard Gerwert: Ich nicht,
nicht ich persönlich.

Markus Grübel (CDU/CSU): Nein, nein,
aber Sie und Ihre Firma oder EADS. - Ab
wann gab es konkrete Verhandlungen, Ver-
tragsverhandlungen?

Zeuge Bernhard Gerwert: Also, wenn
ich mich da richtig erinnere, ging das ja be-
reits los 2002/2003, noch nicht mit Vertrags-
verhandlungen, aber mit ersten Überlegun-
gen: Kann denn dieses System funktionie-
ren? - Dann gab es ja den ersten De-
monstrationsflug; das heißt, ein bestehender
Global Hawk, Euro Hawk flog nach Nordholz.
Man hat nachgewiesen, dass das System an
sich funktionieren kann. Und danach, das
heißt ab 2003/2004, ist man dann in die kon-
kreten Vertragsverhandlungen gegangen, die
sich auch sehr lange hingezogen haben,
immerhin von 2003 bis 2007.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wurde da-
mals über die Zulassungsproblematik ge-
redet?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, natürlich
wurde auch über die Zulassungsproblematik
geredet, insbesondere: Was heißt es denn,
eine amerikanische Plattform zuzulassen
nach deutschen Normen? Jetzt muss man
aber auch dazusagen, dass es zu dem Zeit-
punkt die klaren Zulassungsbestimmungen
für ein unbemanntes System dieser Größen-
ordnung in Deutschland nicht gab, und, jetzt
Vermutung von mir, vonseiten des Auftrag-
gebers ist man sicherlich davon ausgegan-
gen oder teilweise davon ausgegangen,
dass, wenn ein amerikanisches System in
Amerika zugelassen ist und in Amerika fliegt
und ja nicht nur in Amerika, sondern weltweit,
dann wird dieses System ja auch wohl in
Deutschland zulassbar sein.

Markus Grübel (CDU/CSU): So würde
ich als Notar argumentieren. Jetzt sind Sie
bei EADS in einem Hochtechnologiekonzern
und kennen vielleicht Zulassungsproblema-
tiken besser. Die Firma EADS, war die
schlauer als - - und wusste, dass da mehr
Musik drin ist beim Thema Zulassungspro-
blematik?

Zeuge Bernhard Gerwert: Nein. Die
EADS war sicherlich nicht schlauer, weil - -
Noch mal: Es ging um ein amerikanisches
System. Und auch die Firma EADS kannte ja
nicht jedes Detail dieser Plattform, sondern

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 701 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 5
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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wir sind davon ausgegangen - und ich sage
auch: wir gehen davon aus -, dass diese
Plattform technisch zulassbar ist, auch in
Deutschland; darauf werden wir sicherlich
nachher noch mal kommen. Aber dadurch,
dass dieses System in USA fliegt, in anderen
Ländern fliegt, stand es uns auch nicht an,
dieses infrage zu stellen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Im Oktober
2001 waren die Vorstandsvorsitzenden von
EADS und Northrop Grumman bei Minister
Scharping. Wissen Sie was über den Inhalt
dieses Gesprächs?

Zeuge Bernhard Gerwert: Nein.

Markus Grübel (CDU/CSU): Nein. - Sie
wissen also auch nicht, ob das Thema Zu-
lassungsproblematik dort eine Rolle gespielt
hat?

Zeuge Bernhard Gerwert: Nein.

Markus Grübel (CDU/CSU): Jetzt waren
wir beim Anfang der Geschichte. Wenn man
jetzt mal zum Ende geht: Gab es für Sie ir-
gendeinen Zeitpunkt, wo es sinnvoll gewesen
wäre, die Erprobung abzubrechen, weil die
Zulassungsproblematik beim Trägersystem
schwierig wurde bzw. sich nach und nach
immer als schwieriger dargestellt hat?

Zeuge Bernhard Gerwert: Nein, ganz im
Gegenteil. Wir gehen davon aus, dass wir ja
auch - wir haben ja jetzt noch Erprobungs-
flüge - die Leistungsfähigkeit des ISIS-Sys-
tems dadurch nachweisen können. Und ich
sehe ja auch keinen Abbruch in dem De-
monstratorprogramm, sondern das Demons-
tratorprogramm wird in einer gewissen Weise
zu Ende geführt. Die Entscheidung, dass das
Verteidigungsministerium sich jetzt entschie-
den hat, keine Serie zu beschaffen, ist für
uns erst noch mal richtig nachzuvollziehen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Also, ich
hatte ja auch gefragt, ob es einen Zeitpunkt
gegeben hätte, wo es aus Ihrer Sicht sinnvoll
gewesen wäre, die Erprobung abzubrechen.
Die Entscheidung war ja: Die Erprobung wird
zu Ende geführt, damit man insbesondere
auch Ihr System ISIS zu Ende erproben kann
und seine Leistungsfähigkeit nachweisen
kann.

Zeuge Bernhard Gerwert: Und diese
Entscheidung halte ich für richtig.

Markus Grübel (CDU/CSU): Halten Sie
für richtig?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja.

Stellvertretender Vorsitzender Dr. Karl
A. Lamers: Herr Gerwert, darf ich darf ganz
kurz? - Bei dem vorigen Satz hieß es: „nicht
richtig nachzuvollziehen“, oder? Können Sie
das noch mal - -

Zeuge Bernhard Gerwert: Ist für uns
noch nicht nachzuvollziehen.

Stellvertretender Vorsitzender Dr. Karl
A. Lamers: Okay.

Markus Grübel (CDU/CSU): Dann sag-
ten Sie in Ihrem Eingangsstatement, ISIS sei
das beste System für die Aufgaben, die es
gibt. Es liegt ja nahe; es ist ja Ihr Produkt.
Aber können Sie es auch sachlich begrün-
den: Warum ist ISIS das beste Produkt, das
es in diesem Bereich Signalerfassung auf
dem Markt gibt?

Zeuge Bernhard Gerwert: Alle Erpro-
bungen, die bisher gelaufen sind, zeigen,
dass wir die geforderten Leistungen dieses
Systems erfüllen können.

Markus Grübel (CDU/CSU): Also alle Er-
probungen bis zum heutigen Tag?

Zeuge Bernhard Gerwert: Bis zum heu-
tigen Tag.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wo sehen
Sie Fehler oder Schwächen beim Verlauf des
Projekts Euro Hawk?

Zeuge Bernhard Gerwert: Fehler beim
Verlauf des Projektes Euro Hawk kann ich
schwer beurteilen, weil ich nun auch nicht
täglich in der Projektabwicklung involviert bin.

Im Nachhinein hätte man vielleicht noch
klarer machen müssen, dass es hier im ers-
ten Schritt um einen Entwicklungsauftrag
geht und dass mit der Entwicklung eines
Prototypen - wir sprechen ja einmal von De-
monstrator, wir sprechen mal von Prototyp -
Risiken verbunden sind. Ich glaube, das war
den Beteiligten sowohl auf der Industrieseite

Drucksache 17/14650 – 702 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 6
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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als auch auf der Auftraggeberseite, den di-
rekt Beteiligten, auch klar. Dieses hätte man
vielleicht deutlicher machen müssen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Hätte im
Jahr 2001, wo sozusagen EADS oder später
Cassidian und Northrop Grumman im Pro-
dukt Euro Hawk verheiratet wurden, hätte
man damals die Zulassung zum allgemeinen
Luftverkehr und überhaupt die Musterzulas-
sung zur Grundlage gemacht und das zur
geschuldeten Leistung, meinen Sie, das
Euro-Hawk-Projekt wäre auf den Weg ge-
bracht worden?

Zeuge Bernhard Gerwert: Nein.

Markus Grübel (CDU/CSU): Hätte das
Konsortium das unterschrieben?

Zeuge Bernhard Gerwert: Nein, das
hätte das Konsortium nicht unterschrieben.

Markus Grübel (CDU/CSU): Also, wenn
im Jahr 2001 klargemacht worden wäre:
„Bedingung für unser ganzes Projekt ist die
Musterzulassung, und das ist geschuldete
Leistung“, dann sagen Sie, dann hätte man
alle Probleme, die wir heute haben, nicht
gehabt.

Zeuge Bernhard Gerwert: Diesen Ver-
trag hätte die Industrie nicht unterschrieben.

Markus Grübel (CDU/CSU): Hm. - Also,
das heißt, wenn man es damals unterschrie-
ben hat, hat man das Risiko sozusagen - -
Die Industrie wäre nicht bereit gewesen, das
Risiko zu tragen.

Zeuge Bernhard Gerwert: Richtig.

Markus Grübel (CDU/CSU): Das heißt, in
dieser Konstruktion 2001 hat man sozusagen
das Risiko auf den Auftraggeber verlagert.

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, jetzt müs-
sen wir noch mal auseinanderhalten: 2001,
2003, 2007. Wir haben einen Vertrag unter-
schrieben im Jahr 2007.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ja, aber ich
meine, die Grundkonstruktion ist ja 2001
eingefädelt worden unter Verheiratung von
Global Hawk und EADS/Cassidian, System
ISIS.

Zeuge Bernhard Gerwert: Wenn zu die-
sem Zeitpunkt die Forderung vertraglich be-
standen hätte, einen Vertrag zu unterschrei-
ben: „Zulassung dieses Systems, Fliegen in
den zivilen Luftraum“, hätte weder Northrop
Grumman noch EADS diesen Vertrag unter-
schrieben.

Markus Grübel (CDU/CSU): Halten Sie
die Risikoverteilung im Entwicklungsvertrag
für sachgerecht? Also, jetzt bin ich ja Ab-
geordneter des Deutschen Bundestages und
soll dem deutschen Volke sozusagen, wie es
auf dem Westportal des Reichstags steht,
verpflichtet - - Sie sagen: Hätten wir von An-
fang an die Bedingung gehabt „Geschuldete
Leistung ist die Musterzulassung“, hätten wir
nicht unterschrieben. Das heißt, das Risiko
trägt einseitig der Auftraggeber Bund. Halten
Sie die Verteilung für sachgerecht oder - -

Zeuge Bernhard Gerwert: Wir haben
uns an bestehende Verträge gehalten, und
mehr kann ich dazu nicht sagen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wurde zu
irgendeinem Zeitpunkt mal überlegt, ein rein
amerikanisches System zu verwenden?

Zeuge Bernhard Gerwert: Mir nicht be-
kannt.

Markus Grübel (CDU/CSU): Bundes-
kanzler Gerhard Schröder war 2004 im Fe-
bruar in den Vereinigten Staaten von Ame-
rika. Wissen Sie, ob dort das Thema Zulas-
sungsproblematik angesprochen wurde?

Zeuge Bernhard Gerwert: Weiß ich
nicht.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wissen Sie,
ob damals das Projekt Euro Hawk angespro-
chen wurde?

Zeuge Bernhard Gerwert:Weiß ich auch
nicht. Ich war nicht dabei.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wissen Sie,
ob es Gespräche mit Northrop Grumman
gab?

Zeuge Bernhard Gerwert:Weiß ich auch
nicht.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 703 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 7
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Markus Grübel (CDU/CSU): Wissen Sie
auch nicht. - Dann gehen wir mal auf den
dritten Änderungsvertrag 2009. Mit dem drit-
ten Änderungsvertrag wurde das Projekt
sozusagen noch mal rund 10 Prozent teurer,
und nach Abschluss des dritten Änderungs-
vertrags war im Wesentlichen das Geld aus-
gegeben, erste Hälfte 2009, unterschrieben
dann im Juni 2009. Wurde da noch mal über
Vertragsänderungen verhandelt oder ein
Abbruch des Erprobungsprojekts diskutiert?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, es wurden
ja die Änderungsverträge verhandelt, und es
wurden ja auch Änderungsverträge ge-
schlossen. Also, mir ist nicht bekannt, dass
zu dem Zeitpunkt über den Abbruch des
Projektes verhandelt wurde.

Markus Grübel (CDU/CSU): Kommt es
vor, dass so ein Projekt sich dann noch mal
mit einem Sprung um 10 Prozent verteuert?

Zeuge Bernhard Gerwert: Das kommt
vor. Das kommt insbesondere bei Entwick-
lungsverträgen vor.

Markus Grübel (CDU/CSU): Können Sie
noch mal den Grund sagen - das ist ja der
größte Sprung, den wir nach Abschluss des
Grundvertrages haben, 2009 -, was zu dieser
Erhöhung um rund 50 Millionen Euro geführt
hat?

Zeuge Bernhard Gerwert: Die Details
kenne ich nicht. Also, ich war wirklich nicht in
dem Projekt direkt beteiligt. Kann ich Ihnen
nicht sagen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Dann wer-
den wir - - Thomas Silberhorn, ja.

Stellvertretender Vorsitzender Dr. Karl
A. Lamers: Okay. Dann hat der Kollege Sil-
berhorn jetzt das Wort.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Vielen
Dank, Herr Vorsitzender. - Welche Schwie-
rigkeiten haben Sie denn bei der Integration
Ihres Aufklärungssystems in das Trägersys-
tem gesehen?

Zeuge Bernhard Gerwert: Bisher haben
wir keine außergewöhnlichen Probleme bei
der Integration des Aufklärungssystems in
das Trägersystem.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Be-
standteil des Vertrages, den Sie geschlossen
haben, war ja auch, nicht die Musterzulas-
sung, aber die vorläufige luftverkehrsrecht-
liche Zulassung des Demonstrators zu errei-
chen. Sonst hätten Sie ja Ihre Erprobungs-
flüge gar nicht machen können. Sie sind
auch mit der Frage befasst gewesen, eine
Musterzulassung des Demonstrators zu er-
reichen, um diese vorläufige luftverkehrs-
rechtliche Zulassung zu bekommen?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, man hat
sich ja bei dem Demonstrator - das hat sich
in der Zeit so ergeben - darauf verständigt,
dass es hier erst mal um den Demonstrator,
um den Prototyp geht und wir den Demons-
trator und den Prototypen mit einer soge-
nannten Vorläufigen Verkehrszulassung
fliegen können, und dieses wurde auch er-
reicht; wir fliegen ja auch heute damit.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Wir ha-
ben hier gehört, dass eine Vorläufige Ver-
kehrszulassung auf zwei Wegen erreicht
werden kann: entweder durch eine Muster-
zulassung des Demonstrators oder durch
eine Prototypzulassung. Und man hat sich
Anfang 2010 darauf verständigt, es bei der
Prototypzulassung zu belassen. Können Sie
von Ihrer Seite schildern, welches die maß-
geblichen Gründe dafür waren, weshalb man
die Musterzulassung nicht erreicht hat?

(Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE):
Können Sie ein bisschen
deutlicher ins Mikrofon sprechen,
Herr Kollege?)

- Entschuldigung.
Wir haben hier in den letzten Runden er-

fahren, dass für die Vorläufige Verkehrszu-
lassung entweder eine Musterzulassung des
Demonstrators notwendig ist oder eine Pro-
totypzulassung. Man hat dann Anfang 2010
entschieden, dass man sich mit der Proto-
typzulassung begnügt, weil sie ausreichend
ist, um die Vorläufige Verkehrszulassung zu
erreichen. Können Sie aus Ihrer Sicht schil-
dern, welche die maßgeblichen Gründe wa-
ren, weshalb man von der Musterzulassung
des Demonstrators Abstand genommen hat?

Zeuge Bernhard Gerwert: Nein, kann ich
nicht. Die Details dazu - -

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Sie ha-
ben keine Erkenntnisse darüber, dass es

Drucksache 17/14650 – 704 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 8
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Schwierigkeiten mit der Integration Ihres
Systems in den Demonstrator gab?

Zeuge Bernhard Gerwert: Nein, nein, es
hat nichts mit der - - Auf keinen Fall hat es
etwas mit dem Thema Integration des Aufklä-
rungssystems in die Plattform zu tun, mit
Sicherheit nicht.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Können
Sie uns etwas über alternative Verwen-
dungszwecke Ihres Aufklärungssystems
sagen, also Verwendungszwecke jenseits
des Demonstrators?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, gut, wir
gehen davon aus, dass natürlich dieses
System zu einem gewissen Zeitpunkt auch in
Serie angewandt wird. Mit welcher Plattform,
ist aufgrund der jetzigen Entscheidung des
Verteidigungsministeriums offen.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Sie ha-
ben mehrfach betont, dass Ihre vertraglich
geschuldete Leistung darin bestand, diesen
Demonstrator mit dem Aufklärungssystem zu
entwickeln. Ihnen war aber doch auch von
Beginn an klar, dass dieser Entwicklungs-
auftrag mit dem vielleicht nicht vertraglich
festgelegten, aber doch antizipierten Ziel
verbunden war, bei erfolgreichem Entwick-
lungsauftrag eine Serie zu beschaffen und
eine Musterzulassung zu erreichen.

Zeuge Bernhard Gerwert: Daran sind
wir auch noch interessiert, das zu erreichen,
weil natürlich sind wir an einer Serie des
Euro Hawks interessiert.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Kann
ich davon ausgehen, dass Sie deshalb von
Anfang an auch daran gearbeitet haben, -

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, natürlich.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): - dieses
Gerät so zu entwickeln, dass eine Musterzu-
lassung möglich wird?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, natürlich.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Also,
Sie können sich nicht ganz alleine auf den
Entwicklungsauftrag per se konzentriert ha-
ben, sondern haben zumindest ihn im Blick

darauf entwickelt, dass eine Serie beschafft
werden sollte?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, natürlich
ist das endgültige Ziel einer erfolgreichen
Entwicklung, dass da dann eine Serie folgt.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Des-
wegen frage ich noch mal - -

Zeuge Bernhard Gerwert: Aber die Se-
rie - das wollte ich noch mal in meinem Ein-
gangsstatement klarmachen - war und ist
bisher nicht beauftragt. Deswegen hatten wir
ja auch ein Problem mit dem Thema: Wir
stoppen dieses Programm. - Wie kann ich
etwas stoppen, was noch gar nicht beauftragt
ist?

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Der
Entwicklungsauftrag ist ja noch nicht abge-
schlossen, wenn ich es richtig sehe; die Er-
probungsflüge laufen noch. Unterstellt, dass
sie erfolgreich sein werden und Ihr Aufklä-
rungssystem ISIS funktioniert: Wird es auch
für andere Trägerplattformen verwendungs-
fähig sein?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, das muss
man dann natürlich im Detail untersuchen,
weil ja auch - - Der Träger muss ja be-
stimmten Anforderungen genügen. Ob alter-
native Träger dazu genutzt werden können,
kann man, kann ich zumindest heute nicht
sagen.

Stellvertretender Vorsitzender Dr. Karl
A. Lamers: Gibt es weitere Fragen seitens
der CDU/CSU? - Das ist nicht der Fall. Dann
wechseln wir zur SPD, und da gebe ich dem
Kollegen Arnold das Wort.

Rainer Arnold (SPD): Recht herzlichen
Dank, Herr Gerwert. - Zunächst mal: Gab es
im Jahr 2011 und 2012 zwischen Ihnen und
den beamteten Staatssekretären Gespräche,
wenn ja, wann, und was wurde dort mit wem
besprochen?

Zeuge Bernhard Gerwert: Also, wenn
Sie die Frage so stellen, ob es zwischen den
beamteten Staatssekretären und mir Ge-
spräche gab: Es gab immer Gespräche zwi-
schen den beamteten Staatssekretären und
mir. Ich kann mich nicht erinnern, dass es ein

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 705 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 9
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spezifisches Gespräch zu dem Thema Euro
Hawk gab.

Rainer Arnold (SPD): Schichten wir mal
ab. Herr Wolf: Haben Sie mit Herrn Wolf über
Euro Hawk noch Gespräche geführt?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ich habe mit
Herrn Wolf ein oder zwei Gespräche im letz-
ten halben Jahr geführt über das Thema
UAVs, Zukunft von UAVs in Deutschland und
in Europa, und wir haben sicherlich im Rah-
men dieses Gespräches auch über Euro
Hawk gesprochen, aber jetzt nicht dezidiert
zu dem Thema Zulassung des Euro Hawks
oder in welcher Tiefe die Probleme beim
Euro Hawk liegen, sondern wenn, dann -
entsprechend meiner Erinnerung - ging es
mir in diesen Gesprächen auch immer da-
rum, dass wir die Demonstrationsphase des
Euro Hawks erfolgreich abschließen sollen.

Rainer Arnold (SPD): Kann man über die
Zukunft von UAVs in Europa reden, ohne die
Probleme der Zulassung, die wir aktuell ha-
ben, im Fokus zu haben?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, wir ha-
ben - - Das ist natürlich ein Thema: Zukunft
der UAVs in Europa. Oder: Ein Thema ist
natürlich dieses Thema Zulassung. Und wir
beschäftigen uns ja sehr intensiv mit diesem
Thema, sowohl in Deutschland als aber auch
mit der EU, mit der EDA, mit der Europäi-
schen Kommission, um entsprechende - -
Und jetzt muss man mal sehr präzise unter-
scheiden: Zulassung von UAVs zum Fliegen
im zivilen Luftraum. Dazu gibt es bis heute
keine klaren Standards und keine klaren
Regelungen.

Rainer Arnold (SPD): Das ist uns be-
kannt, ja.

Zeuge Bernhard Gerwert: Damit wir zu
diesen Standards kommen, damit wir zu
diesen Regelungen kommen, führen wir ja
insbesondere die Gespräche auch mit der
Europäischen Kommission, damit dieses
passiert. Das sind die Regelungen.

Und auf der anderen Seite geht es um
das Thema der Technologie. Und auch hie-
rüber führen wir sehr intensive Gespräche:
Was heißt denn das technisch? Welche
technischen Voraussetzungen müssen denn
gegeben sein, um mittelfristig, langfristig

noch mal Zulassung zum Fliegen im zivilen
Luftraum zu bekommen? Dafür führen wir
mehr oder weniger wöchentlich, täglich Ge-
spräche.

Rainer Arnold (SPD): Ich will auf etwas
anderes hinaus. War Staatssekretär Wolf die
Problematik beim Euro Hawk in der Zulas-
sung bekannt in den Gesprächen?

Zeuge Bernhard Gerwert: Dass es hier
entsprechend Herausforderungen gibt, das
war ihm, glaube ich, bekannt.

Rainer Arnold (SPD): Mit Herrn Bee-
melmans, da hatten Sie auch Gespräche.
Wenn Sie da kurz sagen, wann und um was
es da ging, bitte.

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, auch da:
Ich habe kein einziges Gespräch mit Herrn
Beemelmans dezidiert zum Thema Euro
Hawk gehabt, sondern auch hier, bei allen
Gesprächen, die sich um das Thema „zu-
künftige UAVs“ beschäftigen - - Natürlich
stand auch wiederum das Thema Zulassung
mit auf der Agenda, und natürlich wurde
auch über die Herausforderung einer Zulas-
sung des Euro Hawks gesprochen.

Rainer Arnold (SPD): Als dann klar war,
es gibt zumindest keine Musterzulassung,
sondern es bleibt bei der VVZ, war das dann
ein Anlass, in einem der nächsten Gesprä-
che über Serie und über mögliche Alterna-
tiven, die dann Ihr Haus möglicherweise
entwickelt, mit der EADS, mit einer europäi-
schen Drohne - - Ist darüber schon gespro-
chen worden?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ich habe kein
einziges Gespräch über mögliche Alterna-
tiven geführt.

Rainer Arnold (SPD): Ja. Sie sagten
aber vorhin, Sie haben über die Entwicklung
von Drohnen gesprochen. Da gehört ja na-
türlich Ihr Wunsch - da haben Sie ja mit vie-
len gesprochen, auch mit uns - nach einem
Einstieg in eine Entwicklung einer europäi-
schen Drohne sicher dazu. Das ist doch kein
abstraktes Thema, Drohnen.

Zeuge Bernhard Gerwert: Nein, es ist
kein abstraktes Thema. Aber jetzt muss man
ja unterteilen: Drohnen. Es gibt so viele

Drucksache 17/14650 – 706 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 10
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Drohnen auf dieser Welt, in unterschied-
lichen Kategorien. Die Gespräche, die wir
geführt haben und die wir zurzeit führen,
beziehen sich auf das Thema MALE und auf
das Thema Aufklärungsdrohne. Sie beziehen
sich nicht, zumindest nicht bisher, auf das
Thema SIGINT-Drohne und auf das Thema
HALE, also die Kategorie, über die wir beim
Thema Euro Hawk sprechen, sprich: Fliegen
bis zu einer Höhe von 60 000 Fuß.

Rainer Arnold (SPD): Ja, ist schon klar.
Aber es gibt ja offensichtlich eine Option,
wenn man die alternativen Überlegungen
anschaut, gerade in so ein Projekt „Drohne
mittlerer Größe, mittlerer Höhe“ einzusteigen.
Das ist ja das Produkt, das Sie auch voran-
bringen wollen. Könnten Sie dort ISIS inte-
grieren?

Zeuge Bernhard Gerwert: Das kann ich
heute nicht beurteilen. Das haben wir bisher
nicht im Detail untersucht, ob ISIS eine - -
oder ob eine MALE-Drohne, die wir im Mo-
ment betrachten, eine alternative Plattform
für ISIS sein könnte.

Rainer Arnold (SPD): Wenn ich die Un-
terlagen richtig verstanden habe, ging aber
eine der Überlegungen und Untersuchungen
von Ihnen aus, dass man so etwas machen
könnte, und der Minister sagt doch die ganze
Zeit: Man kann ISIS dann auch weiterver-
wenden und integrieren. - Und Sie sagen,
Sie wissen es nicht.

Zeuge Bernhard Gerwert: Wenn ich das
richtig weiß, sind diese Unterlagen, auf die
sich vielleicht das Verteidigungsministerium
bezieht, nicht von uns.

Rainer Arnold (SPD): Dann haben Sie
auch mit dem Minister gesprochen, mindes-
tens zweimal: Januar 12, Dezember 12. Die
gleichen Fragen: Hat da Euro Hawk eine
Rolle gespielt?

Zeuge Bernhard Gerwert: Nein.

Rainer Arnold (SPD): Sie haben nicht
über Euro Hawk mit dem Minister gespro-
chen?

Zeuge Bernhard Gerwert: Wir haben
nicht dezidiert über Euro Hawk gesprochen.

Rainer Arnold (SPD): Was ist „nicht de-
zidiert“? Meine Frage war: Haben Sie über
Euro Hawk gesprochen?

Zeuge Bernhard Gerwert: Es kann sein,
dass in diesen Gesprächen - - Deswegen
kann ich es nicht ausschließen, dass das
Wort „Euro Hawk“ gefallen ist. Aber ich kann
ausschließen, dass ich zumindest mit dem
Minister über die Zulassungsproblematik im
Detail des Euro Hawks gesprochen habe.
Das war nicht der Fall.

Rainer Arnold (SPD): Aber der Minister
hatte eine Vorlage unter anderem zum
Thema Euro Hawk. Hat er sich von sich aus
nicht auf die Dinge bezogen, -

Zeuge Bernhard Gerwert: Nein.

Rainer Arnold (SPD): - die da drin-
stehen?

Zeuge Bernhard Gerwert: Nein.

Rainer Arnold (SPD): Und Sie haben ihn
auch nicht gefragt?

Zeuge Bernhard Gerwert: Nein.

Rainer Arnold (SPD): Haben Sie den
Eindruck - -

Zeuge Bernhard Gerwert: Ich wusste
auch nicht, dass das in seinen Vorlagen
steht. Das habe ich dann ja jetzt erst - -

Rainer Arnold (SPD): Gut, das werden
wir ihn fragen, inwieweit er seine Vorlagen
liest und inwieweit es für ihn relevant war.

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja.

Rainer Arnold (SPD): Das verstehe ich,
dass Sie das nicht sagen können. - Nun re-
den wir über ISIS. Wird ISIS Ende Septem-
ber komplett, in allen Funktionen getestet
und erprobt sein?

Zeuge Bernhard Gerwert: Davon gehe
ich aus.

Rainer Arnold (SPD): Können Sie es
präziser machen?

Zeuge Bernhard Gerwert: Nein.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 707 – Drucksache 17/14650

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Rainer Arnold (SPD): Wenn wir davon
ausgehen - - Wir sind auch immer davon
ausgegangen, dass das funktioniert und
dass alles - -

Zeuge Bernhard Gerwert: Bis heute ha-
ben alle Erprobungsflüge gezeigt, dass wir
die Forderungen des Auftraggebers erfüllen.
Und von daher habe ich heute keine Anzei-
chen, dass das nicht so weitergehen sollte.

Rainer Arnold (SPD): Die Frage ist: Rei-
chen diese zwei Flüge, die noch anstehen?

Zeuge Bernhard Gerwert: Aus heutiger
Sicht: Ja.

Rainer Arnold (SPD): Werden alle Fä-
higkeiten von ISIS getestet, oder geht es hier
nur um einen Teil der Fähigkeiten?

Zeuge Bernhard Gerwert: Soviel ich
weiß, alle.

Rainer Arnold (SPD): Sind Sie da
sicher? Weil Sie sagen: „Soviel ich weiß“?

Zeuge Bernhard Gerwert: Deswegen
sage ich: „Soviel ich weiß“.

Rainer Arnold (SPD): Wir haben es hier
anders gehört.

Zeuge Bernhard Gerwert: Ich habe
nichts anderes gehört.

Rainer Arnold (SPD): Da müssten wir
dann andere Leute fragen. - So, haben Sie
sich mal Gedanken gemacht, welcher Auf-
wand entsteht, wenn ISIS in eine andere
Plattform, bemanntes Flugzeug zum Beispiel,
integriert wird?

Zeuge Bernhard Gerwert: Wir haben
uns darüber noch keine Gedanken gemacht.

Rainer Arnold (SPD): Da sind auch keine
Gespräche geführt worden zwischen Ministe-
rium und Ihnen?

Zeuge Bernhard Gerwert: Nicht zwi-
schen uns. Nicht zwischen mir und dem Mi-
nisterium.

Rainer Arnold (SPD): Zwischen anderen
Mitarbeitern? Weil Sie sagen: nicht zwischen
Ihnen.

Zeuge Bernhard Gerwert: Mir nicht be-
kannt.

Rainer Arnold (SPD): Haben Sie sich
Gedanken gemacht, wie die Integration von
ISIS in ein unbemanntes Flugzeug aussehen
könnte?

Zeuge Bernhard Gerwert: Darüber muss
ich mir ja keine Gedanken machen. ISIS ist
im Moment in einem unbemannten Flugzeug
integriert und funktioniert. Das zeigt dieser
Demonstrator.

Rainer Arnold (SPD): In welchen Höhen
wird im Augenblick getestet?

Zeuge Bernhard Gerwert: Wenn ich das
richtig weiß, zwischen 40 000 und 50 000
Fuß.

Rainer Arnold (SPD): Für mich Nichtflie-
ger? - Ich beschäftige mich nur mit Modell-
fliegern; ich messe die in Metern, nicht mal in
Kilometern.

Zeuge Bernhard Gerwert: Die Fach-
sprache ist in Fuß. Vielleicht ist ja jemand
hier, der es umrechnen kann.

(Zuruf: 12 000 bis 17 000 Meter!)

Rainer Arnold (SPD): 12 000 bis 17 000;
durch drei wird mir gerade von hinten gesagt.

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, ungefähr
durch drei.

Rainer Arnold (SPD): Welche Zertifizie-
rung bzw. Qualifizierung wird ISIS dann im
September bekommen?

Zeuge Bernhard Gerwert: ISIS wird eine
aus heutiger Sicht noch mal - - alle Zulas-
sungsvoraussetzungen, die dafür gegeben
sind, erreichen, und damit ist das ISIS-Sys-
tem einsatzfähig.

Rainer Arnold (SPD): Ist ISIS zertifiziert
im luftrechtlichen - -

Zeuge Bernhard Gerwert: Das ist zerti-
fiziert.

Drucksache 17/14650 – 708 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 12
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Rainer Arnold (SPD): Jetzt schon, ja?

Zeuge Bernhard Gerwert: Da fehlen
vielleicht noch zwei oder drei Punkte. Herr
Arnold, das weiß ich wirklich im Moment
nicht, aber - -

Rainer Arnold (SPD): Uns wurde gesagt,
es wäre bereits zertifiziert. Das ist ja nicht
ganz unwichtig. Wir würden schon gerne
wissen: Wird ISIS Ende September luftver-
kehrsrechtlich zertifiziert sein?

Zeuge Bernhard Gerwert: Da muss
ich - - Kann ich dann so nicht beantworten.
Bevor ich Ihnen eine falsche Antwort gebe - -

Rainer Arnold (SPD): Sehen Sie einen
Unterschied zwischen Zertifizierung und
Qualifizierung?

Zeuge Bernhard Gerwert: Na, ich sehe
da schon, dass es - - Im Endeffekt muss es
ja zertifiziert sein, dass es im Luftraum ein-
gesetzt werden kann.

Rainer Arnold (SPD): Das ist jetzt schon
eine Meinung: Es braucht ein wirkliches Zer-
tifikat.

Zeuge Bernhard Gerwert: Natürlich
braucht es eine Zertifizierung.

Rainer Arnold (SPD): Wir müssten dann
noch klären, ob es auch jetzt stimmt.

Zeuge Bernhard Gerwert: Aber natürlich
braucht es eine Zertifizierung. Das ist ohne
Frage.

Rainer Arnold (SPD): Ist es Ziel der
Testflüge, dann zertifiziert zu sein?

Zeuge Bernhard Gerwert: Jawohl.

Rainer Arnold (SPD): Da haben wir dann
schon einen gewissen Dissens - das ist klar -
zu anderen. - Kollege Bartels macht dann
weiter.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sie sag-
ten eben, Sie haben sich nicht beschäftigt,
Ihre Firma Cassidian hat sich nicht beschäf-
tigt mit der Integration von ISIS in das neue
Cassidian-UAV FEMALE, Future European
MALE. Wir haben hier vorliegen - das müsste

vielleicht dem Zeugen dann auch mal gege-
ben werden - die Studie des - - die gemacht
wurde zu Alternativen, und zwar mit der ver-
tieften Studie. Habt Ihr da mal die MAT-
Nummer? - Das ist MAT 010 - - Nein, das
kann nicht sein. Hier ist sie: MAT 17-26 zu
BB 17-37, Ordner 2/2 - wenn dem Zeugen
jemand das Gutachten mal geben könnte -
und da die Seite 7.

(Dem Zeugen werden Unterlagen
vorgelegt - Er und sein Rechtsbei-
stand nehmen Einblick)

Die Zusammenfassung, da Seite 7. Unter
dem fettgedruckten „Alternative Future Euro-
pean MALE“, also die Untersuchung der
Alternativen für die Integration von ISIS in
etwas anderes, steht - -

Zeuge Bernhard Gerwert: Kann ich mir
das mal kurz anschauen?

RA Dr. Daniel M. Krause: Verzeihen Sie
bitte, Herr Bartels, können wir das vielleicht
vorher kurz durchsehen und dann die Frage
entgegennehmen?

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja, dieser
Absatz, der anfängt mit: Alternativen Future
MALE.

(Der Zeuge und sein Rechtsbei-
stand lesen in den vorgelegten
Unterlagen)

Sie sehen vielleicht, worauf ich hinauswill.
Also, es geht gar nicht - -

(Zuruf: Lesen Sie es vor?)

- Ja, ja, ich lese es gleich vor. - Es geht nicht
darum, dass Sie es eben falsch gesagt ha-
ben. Das kann ja sein, wenn Sie es so nicht
erinnern. Es ist nur eben tatsächlich nicht
richtig. Also, hier schreiben jedenfalls die
Gutachter:

Im Gegensatz zu den ersten beiden
betrachteten Alternativen als Trä-
gersysteme für ISIS wurden das
Integrationskonzept und die Ab-
schätzung der Flugleistungen für
Future European MALE nicht von
IABG selbst, sondern von Cassidian
im Unterauftrag durchgeführt. ISIS
lässt sich in FEMALE so integrie-
ren, dass alle technischen Leis-
tungsanforderungen an das Ge-
samtsystem vollständig erfüllt wer-
den.(?)

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 709 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 13
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Also, Cassidian hat das geprüft im Auftrag
letztlich des BMVg und ist zu dem Ergebnis
gekommen: FEMALE wäre das richtige Sys-
tem für ISIS. Das korrigiert vielleicht etwas
Ihre Aussage von eben, wo Sie sagten, Sie
hätten sich damit nicht beschäftigt. Frage:
Sehen Sie das jetzt auch so?

(Der Zeuge liest in den vorgelegten
Unterlagen)

Zeuge Bernhard Gerwert: Also, das mag
sein. Wenn ich das lese, dass Mitarbeiter von
uns -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Na ja, für
Geld.

Zeuge Bernhard Gerwert: - dazu befragt
wurden und dazu ihre Aussagen gemacht
haben, aber wir haben bis heute - -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Nein, be-
gutachtet. Da steht ja nicht „befragt“.

Zeuge Bernhard Gerwert: Müssen wir
klären. Kann ich keine Aussage zu machen,
inwieweit meine Mitarbeiter im Detail an die-
ser Studie beteiligt waren.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sie sind
darüber nicht informiert worden?

Zeuge Bernhard Gerwert: Nein. Ich weiß
nicht, wie im Detail dazu die Studie erstellt
wurde. Ich kann nur heute sagen: Wir haben
bis heute kein Angebot erstellt, keine Kos-
tenschätzungen erstellt, was die Integration
des ISIS-Systems in ein Future European
MALE bedeuten würde.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Und hie-
rüber sind Sie nicht informiert worden?

Zeuge Bernhard Gerwert: Nicht im De-
tail.

Rainer Arnold (SPD): Sind Sie gar nicht
informiert worden oder nur nicht im Detail?

Zeuge Bernhard Gerwert: Nicht im De-
tail. Ich bin natürlich informiert worden, dass
es hier - - dass die IABG eine Studie erstellt.
Natürlich war ich darüber informiert, dass die
IABG eine Studie erstellt, und ich war da-
rüber informiert, dass wir dazu Zuarbeiten

geleistet haben. Aber diese Studie ist mir
nicht mal bekannt.

Stellvertretender Vorsitzender Dr. Karl
A. Lamers: Okay. - Herr Kollege Arnold, die
Zeit ist abgelaufen. Wir können dann in der
zweiten Runde vielleicht weiterfragen. - Ich
wende mich jetzt der FDP zu. Das Wort hat
der Kollege Spatz. Bitte schön.

Joachim Spatz (FDP): Ja, Herr Gerwert,
um das eben aufzugreifen: Das heißt, Sie
können nicht ausschließen, dass einige Ein-
heiten aus Ihrem Hause über eine eigene
Plattformlösung nachdenken?

Zeuge Bernhard Gerwert: Da mögen
Mitarbeiter über eine eigene Plattform nach-
denken; nur, darum geht es im Moment nicht,
sondern es geht erst mal darum, dass wir
das ISIS-System erfolgreich testen. Und
wenn es dann zu einer Entscheidung kommt,
so wie sie heute gefällt ist, dass es nicht zu
einer Serienbeschaffung kommt, dann wer-
den wir uns intensiv damit auseinanderset-
zen. Ich kann nur hier nochmals sehr deutlich
sagen, dass ich persönlich von der Entschei-
dung, keine Serienbeschaffung einzugehen,
glaube ich, am gleichen Tag informiert wurde
wie Sie.

Joachim Spatz (FDP): Sie haben ja vor-
hin schon ausgeführt, dass Sie weiterhin
daran interessiert wären, die Serie zu ma-
chen. Das ist insoweit ja auch verständlich.
Es gab ja zwei Restriktionen auf dem Wege
vom Projekt bis jetzt zum Demonstrator. Die
eine ist die sogenannte, ich sage mal, luft-
rechtliche Zulassung, die für den Allgemein-
betrieb notwendig ist, aber bereits die basiert
ja schon auf einer Restriktion, nämlich dass
man zurückgegangen ist von der Forderung
der Teilnahme am allgemeinen Luftverkehr
hin zu dieser Korridor-/Auf-und-Abstiegs-
lösung und Ähnliches. Also, wie gesagt, zwei
Restriktionen auf dem Weg vom Konzept
jetzt zur Realisierung.

Haben Sie zu irgendeinem Zeitpunkt auch
als Projektbeteiligter - Sie haben ja auch ein
Interesse, dass die Plattform fliegt, weil ohne
die ist Ihr Ding ja auch nicht einsatzfähig - mit
dem Auftraggeber darüber gesprochen, dass
das insgesamt ein Problem sein könnte?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, natürlich
haben wir über dieses Problem gesprochen.

Drucksache 17/14650 – 710 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 14
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Wir haben ja auch mit dem Auftraggeber
darüber gesprochen, dass wir vorschlagen,
sollten die jetzigen Tests weiterhin erfolg-
reich sein - von denen ich ausgehe -, dass
wir diesen Demonstrator erst mal weiterhin
einsetzen sollten - sprich: damit ist eine Ge-
legenheit gegeben, wirkliche erst mal Ein-
satzerfahrungen mit diesem System zu ge-
winnen - und dass wir nach Gewinnung
dieser Einsatzerfahrung erst entscheiden:
Wie geht es denn dann weiter? Sucht man
nach einer alternativen Plattform, oder gibt
es vielleicht doch noch die Möglichkeit einer
entsprechenden Zulassung einer Global-
Hawk-Plattform? Diesem Vorschlag ist der
Auftraggeber aber nicht gefolgt.

Joachim Spatz (FDP): Sie haben ja vor-
hin gesagt, wäre damals die Zulassung - und
da reden wir schon über die Zulassung in der
abgespeckten Version der Nichtteilnahme
am allgemeinen Luftverkehr; das immer im
Hintergrund -

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, ja.

Joachim Spatz (FDP): - vertraglich ge-
fordert gewesen, hätte die Industrie nicht
unterschrieben, vielleicht auch nicht können
wegen des unbezifferten Risikos; will ich gar
nicht bestreiten. Wie ist denn das eigentlich,
wenn in Ihrem Hause, in Ihrem großen Kon-
zern anderweitig Produkte entwickelt wer-
den? Wird da auch das Thema Zulassung -
ich sage mal, wie das ein Zeuge gesagt hat -
auf kleiner Flamme und so nebenher be-
arbeitet?

Zeuge Bernhard Gerwert: Also, ich
würde erst mal hier die Unterstellung zu-
rückweisen, dass dies auf kleiner Flamme
und nebenher bearbeitet wird.

Joachim Spatz (FDP): Das hat auch ein
Zeuge gesagt, nicht ich.

Zeuge Bernhard Gerwert: Bitte?

Joachim Spatz (FDP): Das hat auch ein
Zeuge gesagt, nicht ich.

Zeuge Bernhard Gerwert: Ach, ein
Zeuge, okay. - Dieses wurde sicherlich nicht
auf kleiner Flamme bearbeitet, sondern
wurde und wird weiterhin sehr intensiv be-
arbeitet.

Joachim Spatz (FDP): Also gut, dann
müssen wir nachher dem Vertreter von
Northrop Grumman dieselbe Frage stellen.
Also, Sie haben nicht den Eindruck, dass hier
mit zweierlei, ich sag mal, internen Vorgaben
gearbeitet wird, zum Beispiel im Unterschied
zur Entwicklung anderer ziviler großer Flug-
geräte?

Zeuge Bernhard Gerwert: Mit Sicherheit
nicht. Ich meine, beide sind Fluggeräte,
beide müssen der entsprechenden Sicherheit
entsprechen, vielleicht bei militärischen Flug-
geräten noch genauer als bei zivilen. Von
daher gesehen wird hier volle Aufmerksam-
keit auf das Projekt und insbesondere die
Zulassungsfrage - -

Joachim Spatz (FDP): Trotzdem haben
wir jetzt die Situation, dass zur Erreichung
ebendieser Genehmigung - wie gesagt, auch
nur der abgespeckten Version - Mehrkosten
von, ich sage jetzt mal, Minimum 600 Millio-
nen zu veranschlagen sind.

Zeuge Bernhard Gerwert: Das ist eine
Schätzung oder eine Aufstellung des Vertei-
digungsministeriums. Ich habe diese Zahl
auch gehört. Mehr kann ich dazu nicht sa-
gen.

Joachim Spatz (FDP): Bereits im Vertrag
2007 ist ja das Thema, zum Beispiel, Sense
and Avoid System in der Weise ausgeblen-
det worden, als da drinsteht „noch zu entwi-
ckeln“ und ähnliche Dinge. Ist da nicht die
Sollbruchstelle hinsichtlich Mehrkosten schon
eingebaut - denn die sind ja nirgends be-
ziffert -, um das zu entwickeln? Und es ist
auch nicht so zu verstehen, dass das der
Auftragnehmer beizustellen hat, sondern
gegebenenfalls der Auftraggeber, mit wel-
chem Partner auch immer. Ist das da nicht
schon angelegt?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ich will noch
mal betonen, dass es hier sowohl bei dem
Demonstrator, aber auch für mich bei dem
Thema Serie - wie haben Sie das ausge-
drückt? - eine abgespeckte Zulassung - -
Oder wie haben Sie das eben gesagt?

Also, es ging nicht und es geht auch nicht
aus unserer Sicht um die Zulassung dieses
Systems zum Fliegen im zivilen Luftraum, die
aus unserer Sicht auch nicht erforderlich ist.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 711 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 15
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Dieses Gerät fliegt nicht im zivilen Luftraum
und war auch nie dafür vorgesehen.

Joachim Spatz (FDP): In Ihrem Gutach-
ten 2003 schon - nur mal der Vollständigkeit
halber -, da war das schon mal eine Forde-
rung, die Teilnahme am allgemeinen Luftver-
kehr.

Zeuge Bernhard Gerwert: Ich rede über
den Vertrag 2007. Diesen Vertrag haben wir
2007 abgeschlossen, und da wird es nicht
gefordert.

Joachim Spatz (FDP): Aber man kann
schon sagen: Beginnend, ich sage mal, von
der Projektphase war es schon mal eine
Forderung gewesen, die Teilnahme am all-
gemeinen Luftverkehr, und dann ist irgend-
wann eine Ernüchterung eingetreten. Kann
man das so weit konstatieren?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, dann ist
eine Ernüchterung eingetreten, und diejeni-
gen, die dann den Vertrag geschlossen ha-
ben, haben verantwortlich gehandelt, indem
sie es gar nicht in den Vertrag aufgenommen
haben.

Joachim Spatz (FDP): War allen Ver-
tragspartnern zum Zeitpunkt des Vertrags-
abschlusses und der vorbereitenden Phase,
ich sage mal, beginnend ab 2004 klar, dass
diese Risiken, also vor allem dann die finan-
ziellen, wenn man sagt, man gibt die Idee der
Zulassung nicht auf - - dass die finanziellen
Risiken da mit enthalten sind? War das allen
klar?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ich meine,
das müssen Sie die fragen, die beteiligt wa-
ren. Ob das allen klar war - -

Joachim Spatz (FDP): Also, Ihnen war
es klar?

Zeuge Bernhard Gerwert: Natürlich war
mir klar, dass damit Risiken verbunden sind.

Joachim Spatz (FDP): Gegebenenfalls
finanzielle Risiken Richtung Mehrkosten für
das Projekt?

Zeuge Bernhard Gerwert: Natürlich.

Joachim Spatz (FDP): Jetzt ist ja dieses
Projekt nicht das einzige, was im Bermuda-
dreieck zwischen BMVg, Zulassungs- oder
Prüfbehörden des Bundes und der Industrie,
ich sage jetzt mal, mindestens zeitliche
Probleme aufgeworfen hat in den letzten
Jahren, und wir haben ja - Stichwort A400M -
noch eines, was auf der Baustelle liegt.

Können Sie sich, ich sage mal, Reformen
im Beschaffungsprozess vorstellen, die diese
Art Probleme minimieren helfen?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja. Eine Re-
form ist mit Sicherheit das gesamte Thema
Zulassungsproblematik. Wenn man hier ins-
besondere mal Deutschland verlässt und
nach Europa schaut, dann ist es für uns
schon schwer verständlich. Ich habe ein
System in Frankreich zugelassen, in
Deutschland aber nicht, und dann habe ich in
Deutschland den gleichen Aufwand noch
mal. Oder ich habe ein System in USA zu-
gelassen, in Deutschland aber nicht, und
dann habe ich den gleichen Aufwand in
Deutschland auch noch mal.

Ich glaube, dass es dringend geboten ist,
dieses gesamte Thema Zulassung von militä-
rischen Fluggeräten unter die Lupe zu neh-
men: Was ist erforderlich, und was ist nicht
erforderlich?

Joachim Spatz (FDP): Besten Dank.

Stellvertretender Vorsitzender Dr. Karl
A. Lamers: Vielen Dank, Herr Kollege. - Wir
kommen jetzt zur Fraktion Die Linke. Herr
van Aken.

Jan van Aken (DIE LINKE): Vielen
Dank. - Herr Gerwert, ich möchte noch kurz
auf den Besuch von Herrn de Maizière bei
Ihnen zurückkommen. Ende letzten Jahres
war er bei Ihnen zu Besuch. Da hatten Sie
mit ihm auch ein Vieraugengespräch. Bin ich
da richtig informiert?

Zeuge Bernhard Gerwert: Den Besuch
in Manching meinen Sie?

Jan van Aken (DIE LINKE): Ja.

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja.

Jan van Aken (DIE LINKE): Haben Sie
bei diesem Vieraugengespräch auch über
den Euro Hawk gesprochen?

Drucksache 17/14650 – 712 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 16
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Bernhard Gerwert: Nein.

Jan van Aken (DIE LINKE): Gar nicht
erwähnt?

Zeuge Bernhard Gerwert: Nein.

Jan van Aken (DIE LINKE): Über andere
Drohnen geredet?

Zeuge Bernhard Gerwert: Bitte?

Jan van Aken (DIE LINKE): Über andere
Drohnen, UAVs geredet?

Zeuge Bernhard Gerwert: Wir haben
über UAVs geredet, also die Zukunft UAVs
insbesondere in Europa. Es ging im Wesent-
lichen darum: Können wir weitere europäi-
sche Partner gewinnen für ein europäisches
Projekt? Das war der eine Punkt, den wir
besprochen haben.

Und der zweite Punkt war viel mehr be-
zogen auf den Standort Manching: Was heißt
eigentlich das Thema militärische Luftfahrt,
Zukunftsfähigkeit für den Standort Man-
ching?

Jan van Aken (DIE LINKE): Und dabei ist
nicht die Frage aufgekommen, wenn es jetzt
keine Serienbeschaffung vom Euro Hawk
gibt, dass es für Manching auch eine beson-
dere Bedeutung hat - arbeitsplatzmäßig?

Zeuge Bernhard Gerwert: Der Euro
Hawk hat ja für Manching jetzt, ich will nicht
sagen: keine Bedeutung - - Natürlich hat er
eine Bedeutung, aber ja bei weitem nicht die
herausragende Bedeutung für die Beschäfti-
gung am Standort Manching.

Ich möchte noch mal in Erinnerung rufen:
Gerade wenn es um das Thema Bau der
Plattform geht, dann wird diese Plattform
eben nicht in Manching gebaut, sondern bei
Northrop Grumman in USA. Von daher ge-
sehen hat es ja keine direkten Auswirkungen,
keine großen Auswirkungen auf die Beschäf-
tigung, mittelfristige Auslastung des Stand-
orts Manching. Von daher gesehen war das
Thema Euro Hawk eben da kein Thema.

Jan van Aken (DIE LINKE): Haben Sie
denn mit anderen Vertretern der Bundes-
regierung, auch aus anderen Ministerien als
dem BMVg, in den letzten zwei Jahren Kon-
takt in Sachen Euro Hawk gehabt?

Zeuge Bernhard Gerwert: Noch mal:
nicht zu dem Thema Euro Hawk, weil die
Gespräche, die ich in den letzten zwei Jah-
ren intensiv geführt habe, bezogen sich
meistens auf das Thema Zukunft der militä-
rischen Luftfahrt in Deutschland.

Und wenn ich jetzt noch mal rekapituliere,
was ich eben gesagt habe: Unter dem Ge-
sichtspunkt spielte der Euro Hawk eben
keine besondere Rolle.

Jan van Aken (DIE LINKE): Das heißt,
beim Bundeskanzleramt haben Sie nicht
über Euro Hawk geredet?

Zeuge Bernhard Gerwert: Mir zumindest
nicht in Erinnerung.

Jan van Aken (DIE LINKE): Innenminis-
terium?

Zeuge Bernhard Gerwert: Innenministe-
rium - auch nicht.

Jan van Aken (DIE LINKE): Das wundert
mich ein bisschen, weil in Ihrem eigenen
Propagandamaterial von Cassidian, da wird
der Euro Hawk ja auch vorgestellt.

(Widerspruch – Joachim Spatz
(FDP): So heißt es bei euch!)

- Na ja, wie nennt man das? Werbebroschü-
ren oder so, nicht? Ich nenne es Propa-
ganda. Sie verstehen, was ich meine.

Da wird auch erwähnt, dass man das zur
Grenzsicherung einsetzen kann, zur Unter-
stützung der Polizei bei großen Events usw.
Das heißt, Ihr Kunde ist ja nicht nur Militär.

Außerdem, wenn ich mir das Einsatzkon-
zept der Bundeswehr für den Euro Hawk
anschaue, steht da ausdrücklich auch res-
sortübergreifende Nachrichtengewinnung
und Aufklärung drin, also nicht nur BMVg.
Deswegen wundert es mich ein bisschen,
dass Sie nicht mit anderen, ich sage mal,
potenziellen Kunden auch darüber gespro-
chen haben. Oder waren Sie das nicht, son-
dern Untergebene von Ihnen, irgendwelche
Leute aus dem Betrieb, die solche Gesprä-
che - -

Zeuge Bernhard Gerwert: Wir müssen
noch mal sehr deutlich hier unterscheiden:
Das Thema Euro Hawk ist ein Projekt für
Signalaufklärung. Zu dem Thema Euro Hawk
gab es oder gibt es einen Vertrag für die

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 713 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 17
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Entwicklung mit der Absicht, nachher eine
Serie zu beschaffen. Ein einziges Projekt.

Bei dem Thema UAVs geht es ja nicht nur
um das Thema Euro Hawk. Bei dem Thema
UAVs geht es um die gesamte Entwicklung
von unbemannten Fluggeräten in jeder Kate-
gorie. Das ist ja einer der Punkte, die ich
immer wieder - wenn Sie das sagen; ich rede
natürlich nicht von Propaganda - von Ein-
satzkonzepten sehe und von der Zukunft der
militärischen Luftfahrt in Deutschland. Dann
sage ich, dass wir diese Fähigkeiten zur
Entwicklung von UAVs und den Bau von
UAVs in Europa und damit in Deutschland
aufbauen müssen. Und dadurch spielte das
Thema Euro Hawk eine untergeordnete Rolle
in diesen Gesprächen, weil es war ein Ver-
trag, den wir hatten, an dem wir beteiligt
sind - jetzt muss ich noch mal betonen -,
insbesondere als Cassidian an der Entwick-
lung des entsprechenden SIGINT-Systems,
ISIS und nicht an der Plattform. Von daher
gesehen war das wirklich nicht mein
Schwerpunkt in all diesen Gesprächen.

Jan van Aken (DIE LINKE): Da habe ich
jetzt mal eine Nachfrage, weil Sie sagen: Na
ja, es geht um den Aufbau deutscher, euro-
päischer Kapazitäten im UAV-Bereich.

Da haben Zeugen letzte Woche hier auch
ausgesagt: Na ja, selbst wenn jetzt die Serie
nicht gebaut wird, das Geld ist ja nicht ver-
loren, weil wir haben ganz, ganz viel gelernt
über UAVs und wie sie gebaut sind.

Können Sie das bestätigen, dass Sie so-
zusagen durch dieses Projekt, ich sage mal,
Integration und Kooperation mit Northrop
Grumman am Global Hawk - - dass Sie da so
viel gelernt haben über auch den Bau usw.,
Technik, Ingenieurswissen, was UAVs an-
geht, dass Sie davon jetzt profitieren?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ich würde
jetzt nicht sagen, dass wir direkt profitieren
von der Entwicklung der entsprechenden
Plattform, weil die Plattform ist ja vorhanden
und war vorhanden. Aber natürlich haben wir
gelernt oder haben wir mehr gelernt bezüg-
lich der Integration von unterschiedlichen
Sensoren in UAV-Plattformen. Das wäre ja
nun verwunderlich, wenn nicht.

Jan van Aken (DIE LINKE): Ich will jetzt
noch mal auf das Scheitern des Euro-Hawk-
Projekts zurückkommen. Eigentlich mal eine
ganz einfache Frage: Was ist eigentlich Ihre
Sicht darauf? Warum wird die Serie jetzt

nicht in Auftrag gegeben? Was, glauben Sie,
steckt dahinter?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, gut, ich
kann ja nur das annehmen, was das Vertei-
digungsministerium mir sagt. Die Begrün-
dung des Verteidigungsministeriums sind die
zusätzlichen Kosten zwischen 500 und
600 Millionen. Die Bewertung muss ich dem
Verteidigungsministerium überlassen, ob
sie - -

Erstens mal: Ob das 500 bis 600 Millio-
nen sind, dazu liegen uns keine Erkenntnisse
vor. Es ist ja bekannt, dass insbesondere
unser Konsortialpartner Northrop Grumman
hier eher von der Größenordnung 200 Millio-
nen spricht. Anderes ist mir nicht bekannt.

Stellvertretender Vorsitzender Dr. Karl
A. Lamers: Gut. Vielen Dank, Herr Ger-
wert. - Das Wort hat jetzt für Bündnis 90/Die
Grünen Herr Nouripour, bitte.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Danke, Herr Vorsitzender. - Herr
Gerwert, am Wochenende gab es eine Be-
richterstattung, aus der ich gelernt habe,
dass die Daten für die Steuerung des Flug-
geräts und aus der Aufklärung gemeinsam
verschlüsselt an die Bodenstation gesendet
und erst dort wieder entschlüsselt würden.
Stimmt das?

Zeuge Bernhard Gerwert: Weiß ich
nicht.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das ist aber nicht irgendeine
Frage, sondern eine sehr neuralgische, weil
wenn das so stimmt und wenn das auch so
geplant ist, führt das das gesamte ISIS-Sys-
tem ad absurdum. Sie wissen darüber
nichts?

Zeuge Bernhard Gerwert: Herr Ab-
geordneter, ich weiß es nicht.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Dann frage ich anders. Wenn es
so ist, dass die Steuerung des Gerätes quasi
auf der gleichen „line“ verschlüsselt wird wie
die Aufklärungsdaten, die erhoben werden,
dann reden wir über einen ganz anderen
Radius von Personen, die dann tatsächlich
Zugänge haben an hochsensiblen Daten.
Das würde ein Aufklärungssystem - jenseits

Drucksache 17/14650 – 714 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 18
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

davon, dass wir dann nicht mehr national
sprechen - ad absurdum führen. Dann
könnten Sie aber auch nicht mehr, wenn Sie
das nicht wissen, sagen: Das ist das beste
System, was es gibt.

Zeuge Bernhard Gerwert: Das ist Ihre
Interpretation. Ich - -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Weil ich das nämlich gelesen
habe.

Ich würde gerne noch mal zu der Diskre-
panz kommen zwischen den Einschätzungen
des Ministeriums, was eigentlich Zulassung
kostet, und den Einschätzungen tatsächlich
von der EuroHawk GmbH. Sie haben ja jetzt
gesagt, dass Sie das zur Kenntnis nehmen
und dass das halt die Bewertung des Minis-
teriums ist. Meine Frage ist: Nehmen Sie das
einfach hin, dass es diese Diskrepanz gibt?
Haben Sie nicht nachgefragt, woher die
kommt?

Zeuge Bernhard Gerwert: Natürlich ha-
ben wir nachgefragt. Wir haben bis heute
noch keine klare Antwort dazu bekommen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Und das ist für Sie jetzt zum Bei-
spiel kein Grund zu prozessieren, sondern
das nehmen Sie einfach hin?

Zeuge Bernhard Gerwert: Na, ich kann
ja nicht prozessieren. Wogegen soll ich denn
prozessieren? Wir haben keinen Serienauf-
trag. Das heißt, wenn die Bundesregierung,
wenn das Verteidigungsministerium ent-
scheidet, die Serie nicht zu beauftragen,
dann ist das die Entscheidung des Verteidi-
gungsministeriums. Ich wüsste gar nicht,
wogegen ich prozessieren könnte.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Gut. Aber die Zahl 200, die
200 Millionen, kommt ja von der EuroHawk
GmbH.

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Kann die EuroHawk GmbH ein-
fach sozusagen Zahlen rausgeben, an denen
Sie überhaupt nicht beteiligt waren und die
Sie nicht nachvollziehen können?

Zeuge Bernhard Gerwert: Noch mal: Ich
kann die Zahl 200 nachvollziehen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Genau. Das ist meine Frage.

Zeuge Bernhard Gerwert: Ich kann die
Zahl 500 bis 600 nicht nachvollziehen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Gut. Und es gibt auch keine Be-
gründung - - Sie sind auch im Gespräch nicht
sozusagen darauf hingewiesen worden, wie
diese Diskrepanz entsteht?

Zeuge Bernhard Gerwert: Nein.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich würde gerne noch mal zu den
Gesprächen, die es gegeben hat zwischen
Herrn Enders und Herrn de Maizière, kom-
men. Wissen Sie, ob es da das Thema Euro
Hawk gegeben hat, ob es dort eine Rolle
gespielt hat?

Zeuge Bernhard Gerwert: Weiß ich
nicht.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wurden Sie aufgefordert, Vorbe-
reitungen in diese Richtung auch zu liefern?

Zeuge Bernhard Gerwert: Nein.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sagen Sie, Sie waren in der Vor-
bereitung dieser Gespräche grundsätzlich
nicht beteiligt?

Zeuge Bernhard Gerwert: Zumindest
nicht zu einem Thema Euro Hawk.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das ISIS-System - - Ich will da
noch mal darauf zurückkommen. Die Inte-
gration vom ISIS-System ist ja sozusagen
jetzt erfolgt bei dem Trägersystem Global
Hawk. Jetzt wird erprobt bis Ende September
mindestens; so haben wir zumindest hier
gehört. Wäre es denkbar gewesen, zu einem
früheren Zeitpunkt die Erprobung zu been-
den und das ISIS-System einfach sozusagen
aufzubewahren und dann weiter zu erproben,
wenn das abschließende Trägersystem fest-
steht, weil da ja sowieso noch erprobt wer-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 715 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 19
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

den muss, die ganze Integration noch erfol-
gen muss?

Zeuge Bernhard Gerwert: Vielleicht ist
das denkbar, aber nicht sinnvoll, weil hiermit
können wir nachweisen, dass das ISIS-Sys-
tem funktioniert, und eine Entwicklung erfolg-
reich abschließen. Weil wenn Sie das jetzt,
wenn ich das mal so salopp sagen darf, erst
mal ins Regel legen und nach Jahren wieder
rausholen und wieder neu anfangen, dann
wären die Kosten sicherlich höher, als jetzt
einen sauberen Abschluss hinzubekommen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aber ist gewährleistet, dass das
ISIS-System in anderen Trägersystemen
auch genutzt werden kann?

Zeuge Bernhard Gerwert: Dieses muss
geprüft werden. Aber natürlich braucht man
eine Plattform, die gewisse Standzeiten hat,
das heißt, dass man über eine längere Dis-
tanz, einen längeren Zeitraum fliegen kann
und in einer gewissen Höhe fliegen kann.
Das muss man jetzt prüfen. Wenn die Platt-
form Global Hawk gar nicht mehr als Alterna-
tive betrachtet wird - - Aber ich möchte auch
noch einmal - das ist jetzt meine Sicht der
Dinge - klarmachen: Wenn wir über den Glo-
bal Hawk reden, gibt es ja verschiedene
Bauzustände des Global Hawks, also der
Plattform für den Euro Hawk. Und das kann
ich jetzt nur als Empfehlung aussprechen:
Ich würde dringend empfehlen, sich diese
Global-Plattform auch als Alternative anzu-
schauen für das ISIS-System.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie meinen Block 40?

Zeuge Bernhard Gerwert: Block 30 oder
Block 40.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Und gilt das auch für die AGS?

Zeuge Bernhard Gerwert: Für die AGS
ist ja die Entscheidung gefallen. Die AGS ist
ja im Wesentlichen der Block 30.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ja, klar. Aber noch mal zum Ver-
stehen: Sie gehen davon aus, dass bei der
AGS zum Beispiel die Integration gut funktio-

nieren wird und dass es kein Problem geben
wird?

Zeuge Bernhard Gerwert: Moment. AGS
ist ja was anderes.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Okay.

Zeuge Bernhard Gerwert: In AGS wird
nicht das ISIS-System installiert. Das hat
damit nichts zu tun. Vollkommen andere
Mission.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aber noch mal, damit ich das
verstehe: Wenn jetzt das Projekt früher be-
endet worden wäre, wäre es denkbar gewe-
sen, dass die Entwicklung vom ISIS-System
zumindest ausgesetzt wird, bis es die ab-
schließende Trägerplattform gibt, mit der
man dann die Integration neu erprobt?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, denkbar
natürlich. Aber das wäre mit noch mal Mehr-
kosten später verbunden gewesen, weil man
dann diese Entwicklung wieder starten
müsste.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich verstehe nicht, wo die Mehr-
kosten sind. Können Sie mir das darstellen?

Zeuge Bernhard Gerwert: Wenn Sie
heute eine Entwicklungsmannschaft haben,
die sich mit diesem System beschäftigt hat,
kurz vor dem Abschluss der Entwicklung ist,
und diese jetzt stoppen, die Mitarbeiter, das
Know-how von diesem Projekt abziehen,
dann ist es erst mal weg. Wenn Sie dann -
ich weiß nicht, nach welchem Zeitraum -
wieder sagen: „Okay, und jetzt entwickeln wir
das doch zu Ende“, wenn ich Sie richtig ver-
stehe, dann haben Sie neue Leute, neue
Mannschaften da dran. Dass dieses zu er-
heblichen Redundanzen führt und zu Mehr-
kosten, ist, glaube ich, relativ klar.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Können Sie sicher sagen, dass
die Mehrkosten zum Beispiel das Abnehmen
des Full Scale Demonstrators überwiegen?
Weil der muss ja jetzt wegen der Erprobung
abgenommen werden. Hätte man das früher
beendet, hätte man den ja gar nicht abneh-
men können.

Drucksache 17/14650 – 716 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 20
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Bernhard Gerwert: Ich gehe da-
von aus, wenn wir jetzt gestoppt hätten und
später wieder angefangen hätten, dass diese
Mehrkosten höher sind als die, die jetzt für
die letzten zwei, drei Monate noch anfallen
zur endgültigen Erprobung.

(Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Es geht nicht um die
Erprobung!)

Stellvertretender Vorsitzender Dr. Karl
A. Lamers: Vielen Dank, Herr Kollege Nou-
ripour. - Das beendet die erste Fragerunde.
Wir starten die zweite Fragerunde wieder mit
der CDU/CSU-Fraktion und mit dem Kolle-
gen Grübel.

Markus Grübel (CDU/CSU): Herr Ger-
wert, der Kollege Arnold hat Sie vorher nach
dem Treffen in Manching mit Bundesminister
de Maizière befragt und hat auch gefragt, ob
da über Euro Hawk gesprochen wurde. Da
sagten Sie: Ich kann ausschließen zumin-
dest, dass ausdrücklich über Euro Hawk
gesprochen wurde. - Habe ich Sie da richtig
verstanden?

Zeuge Bernhard Gerwert: Jawohl.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ausdrück-
lich. Also, es könnte sein, dass zur Begrü-
ßung gesagt wurde: Uns verbinden verschie-
dene Dinge, A400M, Tornado, Eurofighter
Typhoon, P-3C Orion, MALE, Transport- und
Sonderluftfahrzeuge, Euro Hawk und ande-
res - - dass das „ausdrücklich“ sich auf sol-
che Nebenbemerkungen bezieht?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wenn Sie
sagen, Sie haben nicht ausdrücklich über
Euro Hawk gesprochen, haben Sie wahr-
scheinlich dann auch - verstehe ich Sie da
richtig? - nicht explizit über Zulassungspro-
bleme gesprochen?

Zeuge Bernhard Gerwert: Wir haben
über Zulassungsprobleme gesprochen, aber
nicht über die Zulassungsprobleme des Euro
Hawks. Natürlich haben wir über Zulas-
sungsprobleme gesprochen oder über die
Notwendigkeit der Zulassung von UAVs im
zivilen Luftraum, was das eigentlich heißt,
welche Herausforderungen vor uns stehen.
Gerade dieses Thema: Brauchen wir dazu

eine europäische Zulassung? Wie bekom-
men wir die? Wie lang sind denn die Zeit-
räume, um dieses zu erreichen? - Natürlich
haben wir das.

Markus Grübel (CDU/CSU): Aber nicht
im Zusammenhang mit Euro Hawk?

Zeuge Bernhard Gerwert: Aber nicht im
spezifischen Zusammenhang mit Euro Hawk.

Markus Grübel (CDU/CSU): Jetzt muss
ich mein Gedächtnis bemühen. Im Zusam-
menhang mit Talarion meine ich gehört zu
haben von Vertretern Ihrer Firma oder EADS,
dass Sie sich zutrauen, eine Zulassung zum
allgemeinen Luftverkehr, Kategorie 3, für
Talarion zu erreichen. Es ist ja so, dass in
der Berliner Landschaft wir Abgeordneten
immer mal wieder informiert werden, vor-
zugsweise abends. Könnte es sein, dass ich
da mal ein Bild gesehen habe, wo verschie-
dene Drohnen aufgezeigt wurden und bei
Talarion ein grüner Haken bei der Frage
„Zulassung zum allgemeinen Luftverkehr,
Kategorie 3“ war? Kann das sein?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja. Jetzt
müssen wir wieder sehen, dass - - Bei dem
Thema Talarion würde es sich ja um eine
komplette Neuentwicklung handeln. Und das
heißt, die entsprechenden Standards für
diese Entwicklung werden, wurden im Mo-
ment sehr intensiv mit der entsprechenden
Zulassungsstelle - ML - besprochen, sodass
wir sagen: Technisch - und wenn man mal
diese Papiere sieht, dann geht das auch sehr
deutlich daraus hervor - ist dieses möglich.
Technisch heißt einfach, dass Sie bestimmte
Redundanzen in diesem System entwickeln
müssen, sodass die Wahrscheinlichkeit eines
Ausfalls größer 10-6 ist. Technisch.

Parallel laufen ja die Bemühungen - die
sind ja nicht abgeschlossen - in Europa mit
der Europäischen Kommission, mit der EDA,
dass die rechtlichen Voraussetzungen ge-
schaffen werden, um überhaupt UAVs im
zivilen Luftraum fliegen zu können. Dieses ist
nicht erledigt heute. Es ist bei weitem noch
nicht geschaffen. Deswegen gibt es eine
zweite Aussage zu dem Thema Talarion,
dass wir auf jeden Fall eine Zulassung errei-
chen können für das Fliegen im sogenannten
gesperrten Luftraum. Das haben wir ja ge-
sagt.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 717 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 21
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Markus Grübel (CDU/CSU): Das wäre
Kategorie 2.

Zeuge Bernhard Gerwert: Kategorie 2.
Das ist kurzfristig erreichbar - technisch auch
das Thema im zivilen Luftraum, aber natür-
lich immer vorausgesetzt, dass es dazu auch
die entsprechenden rechtlichen Regularien
gibt, die es heute gar nicht gibt.

Markus Grübel (CDU/CSU): Also darum
die Gespräche über eine europäische Zulas-
sungsbehörde, -

Zeuge Bernhard Gerwert: Klar, natür-
lich.

Markus Grübel (CDU/CSU): - die dann
die Fragen „Kategorie 2, 3“ ordnen kann.

Weil auf den ersten Blick - - Jetzt bin ich
eher einer, der sich im Verteidigungsaus-
schuss mit den Menschen beschäftigt, die
komplizierte und hochtechnische Dinge be-
dienen. Aber es müsste ja eigentlich für un-
bemannte Luftfahrzeuge, die in mittlerer
Höhe fliegen, schwieriger sein, diese Zulas-
sung zu erreichen, als für unbemannte Luft-
fahrzeuge, die in hoher Höhe fliegen. Darum
hat mich dieser grüne Haken damals gewun-
dert. Hätte ich mein heutiges Wissen gehabt,
hätte ich wahrscheinlich damals nachgefragt,
als mir das erzählt wurde.

Zeuge Bernhard Gerwert: Wobei: Auch
hier reden wir über Fliegen in mittleren
Höhen - das heißt, oberhalb von 30 000
Fuß -, sodass es auch hier erst mal wieder
darum geht: Sie fliegen nicht direkt im zivilen
Luftraum, und jetzt - - Aber da würden wir
dann sehr in die Technik gehen. Ich glaube,
das ist nicht der richtige Platz. Eine allge-
meine Zulassung für das Fliegen im zivilen
Luftraum - jetzt mache ich es ganz extrem -,
dass ein UAV am Flughafen Frankfurt starten
und landen kann - - darüber denken wir auch
nicht nach. Das muss man erst mal sehr
deutlich und klarmachen, worum es da
eigentlich geht.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ich glaube,
da denkt niemand ernsthaft heute nach.

Zeuge Bernhard Gerwert: Aber wenn
man - -

Markus Grübel (CDU/CSU): Zumindest
militärisch gilt das.

Zeuge Bernhard Gerwert: Okay. Dann
bin ich ja beruhigt.

Markus Grübel (CDU/CSU): Dann darf
ich noch mal weiter - - Der Kollege van Aken
hat Sie gefragt nach dem Vieraugengespräch
mit dem Minister, ob da das Thema Euro
Hawk eine Rolle gespielt habe. Und da ha-
ben Sie ein klares und eindeutiges Nein ge-
sagt.

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja.

Markus Grübel (CDU/CSU): Das habe
ich richtig verstanden?

Zeuge Bernhard Gerwert: Haben Sie
richtig verstanden.

Markus Grübel (CDU/CSU): Gut. - Dann
darf ich noch mal fragen: Das Projekt Euro
Hawk wurde ja mit dem CPM, also dem Be-
schaffungsverfahren, aus dem Jahr 2001 von
Minister Scharping aus der rot-grünen Regie-
rungszeit durchgeführt. Welche Bedeutung
haben für Sie die CPMs? Wie spiegelt sich
das auf die Industrie wider?

Zeuge Bernhard Gerwert: Jetzt müssen
wir mal unterscheiden. Wir haben ja einmal
den CPM 2001. Wenn ich mich richtig erin-
nere, wurde ja auch gerade zu dem Zeitpunkt
gerade dieser CPM eingeführt. Und man hat
ja zu dem Zeitpunkt damals bewusst diese
sogenannte Projektierungsphase eingeführt.
Und wenn ich mich richtig erinnere, hat man
auch ganz bewusst den Euro Hawk in diese
Konstellation gebracht und gesagt: Okay, wir
haben bestimmte Risiken. - Deswegen Ent-
wicklungsvertrag; deswegen - wenn ich die-
ses auch mal in meine Fachsprache über-
setze - Prototyp, Demonstrator oder eine
Risk-Reduction-Phase. Genau deshalb hat
man das gemacht, weil man sich bezüglich
der Risiken zwar bewusst war; aber in einer
Entwicklung können immer Risiken auftreten.
Das haben wir in anderen Projekten auch
gesehen. Die Entscheidung: Okay, wir ma-
chen einen Demonstrator, wir machen einen
Prototyp, und danach entscheiden wir eine
Serie. - Von daher gesehen, meine ich, war
dieser Ansatz des CPMs nicht falsch, son-

Drucksache 17/14650 – 718 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 22
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

dern eine richtige Entscheidung zu dem Zeit-
punkt.

Markus Grübel (CDU/CSU): Das heißt,
2001 sozusagen war klar, dass die Erpro-
bungsphase in der Entscheidung, die jetzt
getroffen wurde, nicht zu beschaffen, enden
kann?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ob das 2001
klar war, muss ich jetzt wieder noch mal wie-
derholen, das weiß ich nicht genau. Aber
zumindest zu dem Zeitpunkt, als man den
Vertrag geschlossen hat, war es klar.

Markus Grübel (CDU/CSU): Jetzt hätte
ich noch Fragen noch mal zur Erprobungs-
phase. Im Jahr 2009 mit dem dritten Ände-
rungsvertrag wurde ja noch mal eine Charge
von rund 50 Millionen Euro fällig. Das war
sozusagen einmal die größte, aber auch die
letzte große Nachforderung. Damit war die
Masse des Geldes ausgegeben. Hat 2011,
wo sich Zulassungsprobleme so mehr und
mehr verdichtet haben, irgendjemand den
Abbruch der Erprobung gefordert? Das Geld
war ausgegeben 2009 im Wesentlichen.
Hätte es aus Ihrer Sicht irgendeinen Sinn
gegeben, damals abzubrechen - Geld aus-
gegeben, wir erproben nicht zu Ende -, um
dann - was weiß ich? - die Kosten, die im
Zusammenhang mit der unmittelbaren Er-
probung noch anfallen, zu sparen oder Sprit
oder, keine Ahnung, Personal?

Zeuge Bernhard Gerwert: Also, mir ist
nicht bewusst, dass jemand dieses gefordert
hat. Aus meiner Sicht hätte es auch keinen
Sinn gemacht, diese Erprobung dann abzu-
brechen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Also, Sie
würden es als Unsinn bezeichnen, wenn
2011 jemand fordern würde, 2011 hätte man
möglicherweise abbrechen müssen?

Zeuge Bernhard Gerwert: Genau.

Markus Grübel (CDU/CSU): Das Geld
ausgegeben, die Erprobung führen wir nicht
zu Ende, weil - -

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, natürlich.
Ich kann nur noch mal betonen: Es war ein
Entwicklungsvertrag mit gewissen Entwick-
lungsrisiken. Bestimmte Risiken sind einge-

treten. Aufgrund dessen ist es zu zusätz-
lichen Kosten gekommen. Dieses Risikos
muss man sich bewusst gewesen sein. Von
daher gesehen war es dann auch richtig, die
Entwicklung weiterzuführen und die De-
monstration weiterzuführen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Gehen wir
ins Jahr 2012. Auch da wird ja gesagt, man
hätte in dem Jahr neu bewerten müssen,
bzw. es bezog sich auf 2011 - - aber 2012
dort das Entwicklungsprojekt abzubrechen.
Hat das jemand gefordert?

Zeuge Bernhard Gerwert: Mir nicht be-
wusst, dass das jemand gefordert hat.

Markus Grübel (CDU/CSU): Und hätten
Sie das für sinnvoll gehalten?

Zeuge Bernhard Gerwert: Das hätte ich
auch in 2012 nicht für sinnvoll gehalten, ge-
nauso wenig, wie ich es jetzt für sinnvoll
halte. Deswegen führen wir die Demonstra-
tionen und die Erprobung bis Ende Septem-
ber fort.

Markus Grübel (CDU/CSU): Also aus
Ihrer Sicht ist sachgerecht, bis 30. Septem-
ber - Zielmarke - die Erprobung zu Ende zu
führen?

Zeuge Bernhard Gerwert: Jawohl.

Markus Grübel (CDU/CSU): In der ersten
Hälfte 2009 war ja noch mal diese Rate von
rund 50 Millionen Euro vereinbart worden in
dem sogenannten dritten Änderungsvertrag.
Hätte man da sinnvollerweise abbrechen
müssen? Da ging es ja noch mal um 10 Pro-
zent in Bezug auf die ursprünglich verein-
barte Summe.

Zeuge Bernhard Gerwert: Weder da
noch irgendwann. Ich kann nur noch mal
wiederholen, was ich jetzt mehrmals gesagt
habe: Man wollte aus guten Gründen diese
Demonstrationen oder den Demonstrator
entwickeln und erfolgreich zeigen, dass die-
ses System in seiner Gesamtheit funktioniert.
Dieses ist erreicht worden.

Ich möchte auch noch mal klar und deut-
lich betonen, dass es hier nicht um ein tech-
nisches Problem des Euro Hawk geht. Son-
dern es geht darum, dass deutsche Zulas-
sungsvorschriften, die sich auch erst wäh-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 719 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 23
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

rend der Zeit mehr und mehr entwickelt ha-
ben, zu diesen damals geplanten Kosten
nicht erreichbar sind; aber das stellt doch die
Leistungsfähigkeit des Euro Hawks als Ge-
samtsystem nicht infrage.

Markus Grübel (CDU/CSU): Kennen Sie
irgendein Projekt, wo die Masse des Geldes
ausgegeben war und dann die Erprobung
eingestellt wurde?

Zeuge Bernhard Gerwert: Also das ist
mir jetzt nicht direkt geläufig, aber ich
glaube - da müssten Sie dann mal in den
Analen nachgucken -, es gab schon mehrere
Entwicklungsprojekte in der Verteidigung, in
denen entwickelt wurde und dann nachher
keine Serie beschafft wurde.

Markus Grübel (CDU/CSU): Das haben
wir - Bodenüberwachungsradar und solche
Sachen - schon mal gefragt.

Sie müssen entschuldigen, warum ich da
mehrfach nachfrage, weil wenn ich die Pres-
selandschaft so auswerte, es immer Stim-
men gibt, die fordern, man hätte die Erpro-
bung 2011 oder 2012 abbrechen müssen.
Und da wollte ich noch mal nachfragen, ob
das denktechnisch Sinn macht, Geld auszu-
geben und dann die Erprobung, also die
Gegenleistung dafür, nicht zu bekommen.

Zeuge Bernhard Gerwert: Nein, das
macht aus meiner Sicht keinen Sinn.

Markus Grübel (CDU/CSU): Klar und
eindeutig?

Zeuge Bernhard Gerwert: Klar und ein-
deutig.

Markus Grübel (CDU/CSU): Gut. - Dann
habe ich keine Fragen mehr an den Zeugen.
Von euch noch jemand?

Stellvertretender Vorsitzender Dr. Karl
A. Lamers: Vielen Dank. - Seitens der
CDU/CSU keine Fragen weiter.

(Markus Grübel (CDU/CSU): Mög-
licherweise dann in einer späteren
Runde!)

- Okay. - Dann wechseln wir zur SPD, zum
Kollegen Arnold.

Rainer Arnold (SPD): Wenn aber sicht-
bar wird, dass dieses ISIS-System nicht auf

diesem Fluggerät fliegen wird, sondern auf
einem anderen, wäre es dann nicht sinnvoll,
weil ja viele Integrationsarbeiten neu ge-
macht werden müssen, die Optimierung auf
20 Kilometer so anders sein muss, als wenn
man nur 6, 8 Kilometer fliegt, zu sagen, man
optimiert dann gleich auf ein anderes Gerät
und spart, wenn nicht Geld, wenigstens Zeit,
weil wir da eine Fähigkeitslücke haben?

Zeuge Bernhard Gerwert: Das ist hypo-
thetisch aus meiner Sicht, Herr Abgeordne-
ter. Die Zulassung - noch mal aus unserer
Sicht - auch eines Euro Hawks ist ja möglich.
Es ist ja nicht so, dass das unmöglich ist.

Der Euro Hawk fliegt oder der Global
Hawk fliegt - das können Sie heute Nach-
mittag besser meinen amerikanischen Kolle-
gen fragen - ja nun sehr erfolgreich; das
habe ich ja schon mal gesagt. Deshalb,
meine ich, ist es richtig, dass man diese Er-
probung oder die Entwicklung des De-
monstrators zu Ende führt. Inwieweit diese
Entscheidung dann heute hätte getroffen
werden müssen, jetzt nicht in eine Serie zu
gehen, das ist dann ja auch erst im - ja, wann
war es? - März entschieden worden. Vorher
gab es ja keine Entscheidung dazu: Okay,
wir schließen eine Serie aus. - Also von da-
her gesehen - -

Rainer Arnold (SPD): Also hypothetisch
ist meine Frage sicher nicht. Es ist real, dass
die Serie nicht kommt, und es ist auch real,
dass seit anderthalb Jahren nach Alterna-
tiven gesucht wird. Nur so weit zu Ihrer
These, es sei hypothetisch. Ich habe aus
einem realen Grund gefragt. Aber gut.

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, aber die
Alternative steht ja nicht fest heute.

Rainer Arnold (SPD): Wie haben Sie er-
fahren, von wem und wann, dass die Serie
nicht beschafft wird?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ich habe das
aus der Zeitung erfahren.

Rainer Arnold (SPD): Hat also das Mi-
nisterium, auch der Minister, nicht im Vorfeld
mit Ihnen darüber gesprochen, dass so eine
Entscheidung jetzt wohl kommen wird?

Zeuge Bernhard Gerwert: Nein.

Drucksache 17/14650 – 720 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 24
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Rainer Arnold (SPD): Wie empfinden Sie
das als Vertragspartner?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, es ist
schon besonders, dass ich das aus der Zei-
tung erfahren habe.

Rainer Arnold (SPD): Ursprünglich war
nicht geplant, nur bis September Tests zu
fliegen. Wie war ursprünglich die Planung der
Testflüge?

Zeuge Bernhard Gerwert: Das weiß ich
nicht. Ich weiß - - Weiß ich nicht.

Rainer Arnold (SPD): Hat mit Ihnen je-
mand darüber gesprochen, dass die Test-
flüge jetzt nur bis Ende September gehen
sollen und warum?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, auch erst
in dem Zusammenhang dieser Entscheidung.

Rainer Arnold (SPD): Also nach der Ent-
scheidung.

Zeuge Bernhard Gerwert: Nach der Ent-
scheidung.

Rainer Arnold (SPD): Waren Sie von
vornherein der Auffassung, das funktioniert
bis Ende September mit zwei weiteren Flü-
gen, oder war Ihr Wunsch eher, wir bräuch-
ten noch mehr?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, jetzt muss
man unterscheiden. Das kann man jetzt nicht
eins zu eins übersetzen, weil ursprünglich
war ja auch geplant, dass wir mit Testflügen
die Überführung des Euro Hawks an den
Standort machen, dass die Standortfähig-
keiten festgestellt werden und, und, und. Das
findet ja jetzt nicht mehr statt, sondern man
testet ja jetzt wirklich nur noch das SIGINT-
System. Deswegen, meine ich, kann man die
beiden Dinge nicht so ganz miteinander ver-
gleichen, weil der Inhalt der Testflüge hat
sich ja doch reduziert und geändert.

Rainer Arnold (SPD): Sie sprachen vor-
hin davon, wenn das Teil im Regal liegt, ent-
stehen natürlich erheblich neue Kosten. Jetzt
wird es aber im Regal liegen. Was für einen
Sinn macht für einen Techniker eine jetzt
erprobte Technik, die dann möglicherweise
im Jahr 2023, wahrscheinlich eher 2025, zum

Einsatz kommt, angesichts der Entwicklung
im Elektronikbereich und im Bereich der
Kommunikationstechnik?

Zeuge Bernhard Gerwert: Also, ich gehe
mal davon aus, dass, wenn es denn zu einer
alternativen Plattform kommen sollte, diese
alternative Plattform vor - was haben Sie
gerade gesagt? - 2022, 23 zur Verfügung
steht.

Rainer Arnold (SPD): 23, wenn es ein
MALE ist. Aber wenn man dann die Erfah-
rungen miteinbezieht, die man mit den gro-
ßen Firmen insgesamt hat, eher 25.

Was für einen Sinn macht eine heute zer-
tifizierte Technik, wenn sie dann jahrelang im
Regal liegt?

Zeuge Bernhard Gerwert: Also wenn sie
bis zum Jahr 2025 im Regal liegt, dann ist
das sicherlich fragwürdig, Herr Abgeordneter.

(Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Fragwürdig?)

Rainer Arnold (SPD): Das habe ich
akustisch - -

Zeuge Bernhard Gerwert: Dann ist das
sicherlich fragwürdig.

Rainer Arnold (SPD): Fragwürdig,
okay. - Dann würde ich gerne noch mal mit
Ihnen über den Besuch des Ministers reden.
Thema war auch die Situation in Manching,
wenn ich das richtig verstehe, wenn keine
Aufträge kommen, weil Sie da bestimmte
Kapazitäten nicht auslasten. So haben wir es
auch gelernt bei Besuchen.

Zeuge Bernhard Gerwert: Richtig.

Rainer Arnold (SPD): Ist das so?

Zeuge Bernhard Gerwert: Das ist so.

Rainer Arnold (SPD): Hat der Minister
mit Ihnen dann auch über seine Haushalts-
situation gesprochen?

Zeuge Bernhard Gerwert: Natürlich.

Rainer Arnold (SPD): Ist dann klar ge-
worden, dass es für Folgeprojekte, zum Bei-
spiel für die Entwicklung einer europäischen

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 721 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 25
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

MALE, in der mittelfristigen Finanzplanung
keine Vorsorge gibt?

Zeuge Bernhard Gerwert: Es wurde
natürlich deutlich, dass es hier einen sehr
engen finanziellen Rahmen gibt. Von daher
gesehen beziehen sich diese Gespräche ja
auch auf das Thema der Beteiligung weiterer
Partner an der Entwicklung eines europäi-
schen Systems, sodass die Finanzbürde
nicht nur beim deutschen Steuerzahler liegt.

Rainer Arnold (SPD): Nun, jetzt wird ja
eigentlich Geld frei, weil die Serie wird nicht
beschafft und die Mittel sind in der Finanz-
planung eigentlich eingesetzt. Jetzt reden wir
von 500, 600 Millionen. Könnten Sie mit die-
sem Geld in die Entwicklung einer europäi-
schen MALE einsteigen? Wie lange würde
das tragen, um die Fähigkeiten und die Ka-
pazitäten auszulasten?

Zeuge Bernhard Gerwert: Also, es steht
mir nicht zu, zu beurteilen, ob dieses Geld
jetzt frei wird oder nicht frei wird. Wenn ich
das Verteidigungsministerium richtig ver-
standen habe, sucht es nach einer alterna-
tiven Plattform. Von daher gesehen wird das
Geld ja nicht frei für die Entwicklung eines
European MALEs.

Rainer Arnold (SPD): Ja doch, wenn
ISIS in ein europäisches eingebaut wird,
wäre das natürlich auch geeignet.

Wie lange könnten Sie mit 500 Millionen
Ihre Entwicklungskapazitäten circa weiter
beschäftigen? Würde das helfen?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ich meine, je-
der Auftrag in der Entwicklung würde helfen.
Aber es geht ja nicht darum, ob das helfen
würde oder nicht. Es geht auch nicht darum,
dass ich meine Entwicklungsmannschaft in
Manching auslaste. Wenn ich keinen Auftrag
dazu bekomme, dann muss ich die Entwick-
lungsmannschaft abbauen. Das ist dann die
logische Konsequenz.

Es geht hier darum: Wollen wir in Europa
die Fähigkeit erhalten und die Fähigkeit auf-
bauen, um die militärische Luftfahrt in Europa
zu erhalten? Das ist die Frage.

Rainer Arnold (SPD): Inwieweit wurde
ISIS auf die 20-Kilometer-Höhe besonders
spezifiziert? Kann man einfach sagen: „Wenn
es niedriger fliegt, ist es genau die gleiche

Technik“, oder müssen wichtige Bereiche
auch neu entwickelt werden?

Zeuge Bernhard Gerwert: Also, die
Frage kann ich jetzt so eins zu eins nicht
beantworten, Herr Abgeordneter. Aber si-
cherlich ist es so, dass die Performance, die
Leistungsfähigkeit mit niedrigerer Höhe ab-
nimmt - natürlich.

Rainer Arnold (SPD): Kollege Bartels
macht dann für uns weiter. - Danke schön.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Hatten
Sie im Verhältnis zu Northrop Grumman
auch schon die Notwendigkeit, dass Anwälte
eingeschaltet werden mussten?

Zeuge Bernhard Gerwert: Nein. Also mir
nicht bekannt. Nein.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ihnen
nicht bekannt. - Die Kommunikation des Euro
Hawks läuft über deutsche Satelliten oder
über amerikanische Satelliten?

Zeuge Bernhard Gerwert: Die Kommu-
nikation des Euro Hawks lief, wenn ich das
richtig weiß, bei der Überführung erst über
einen amerikanischen Satelliten und wurde
dann auf einen deutschen Satelliten umge-
schaltet; aber ich bin mir auch nicht ganz
sicher.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Und für
den Normalbetrieb? Wie ist es vorgesehen?

Zeuge Bernhard Gerwert: Weiß ich
nicht.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sie haben
eine charmante Art, zu sagen: „Weiß ich
nicht.“ Ich erinnere mich an ein Gespräch - -

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, wenn Sie
mich fragen und ich es nicht weiß, muss ich
sagen: Ich weiß es nicht. Sonst - -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Na gut,
beim Gespräch auf der ILA, sozusagen am
Tag, bevor in der Tagesschau kam, Sie füh-
ren Gespräche mit BAE Systems, da sagten
Sie: Weiß ich nicht. - Aber das wäre auch
blöd gewesen, wenn Sie es mir gesagt hät-
ten. Da haben Sie recht.

Drucksache 17/14650 – 722 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 26
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Wenn Sie ISIS jetzt nur in den De-
monstrator integriert haben und die Serie nun
nicht kommt, dann fällt Produktionskapazität
bei Ihnen flach?

Zeuge Bernhard Gerwert: Klar.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): In wel-
chem Umfang?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja gut, rein
für das ISIS-System sind circa 70 bis 80 Mit-
arbeiter betroffen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): 70 bis
80?

Zeuge Bernhard Gerwert: Rein ISIS.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wann
rechnen Sie damit, dass die wieder arbeiten
können, weil es ein Erfordernis gibt für ISIS?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, dann,
wenn es zu einem entsprechenden Vertrag
kommen würde. Das wäre jetzt Spekulation
von mir, wann das wäre - -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Darüber
müssen Ihre Leute doch reden, weil das ist ja
Arbeit, und es ist Geschäft Ihres Unterneh-
men, also nur Ihres Unternehmens. Das
betrifft Sie doch.

Stellvertretender Vorsitzender Dr. Karl
A. Lamers: Herr Kollege Bartels, darf ich mal
ganz kurz? - Ich finde, wir befinden uns jetzt
ein bisschen so im spekulativen Bereich.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Bei ISIS?
(Ingo Gädechens (CDU/CSU): In
Ihrer Fragestellung!)

Stellvertretender Vorsitzender Dr. Karl
A. Lamers: Meine ich. Deswegen sollten wir
versuchen, uns in den Fragestellungen auf
Tatsachen zu konzentrieren, die der Sache
dienlich sind.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Nein, ich
will gerne sagen, warum ISIS wichtig ist für
uns, sozusagen eine Begründung für das
Weiterlaufen der Tests Euro Hawk jetzt ist,
dass ISIS fertig entwickelt werden muss, weil
man es braucht. Und ich frage sozusagen:
Wann wird man es dann brauchen und wo-

für? - Und da haben wir den Experten, der
sozusagen dieses System fertigt - nicht Sie
selber, aber Ihre Mitarbeiter.

Zeuge Bernhard Gerwert: Herr Ab-
geordneter, wann man das braucht und wo-
für, das ist eine Entscheidung gewesen, die
2001, 2003, 2007 getroffen wurde.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja, das ist
klar.

Zeuge Bernhard Gerwert: Da wurde die
Entscheidung getroffen, warum man das
braucht und wann man das braucht.

Wann und wie jetzt das Verteidigungs-
ministerium zu einer, wenn dann erforderlich,
alternativen Plattform kommt, das kann ich
nicht beantworten.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Es wird
hier jetzt aber ein System fertig erprobt, das
danach nicht direkt Anschluss hat. Richtig?

Zeuge Bernhard Gerwert: So sieht es
leider aus.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja. - Und
meine Frage wäre: Wann denken Sie denn,
wann es frühestens Anschluss haben kann?

Zeuge Bernhard Gerwert: Dann, wenn
es eine entsprechende alternative Plattform
geben wird. Das kann ich nicht beantworten.
Wie denn?

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Weil Sie
sind der Experte für vieles, was fliegt, sozu-
sagen. Wie lange braucht man dafür?

Zeuge Bernhard Gerwert: Es kommt da-
rauf an, um welche Plattform es sich handelt.
Wenn ich mich weiterhin entscheiden würde
für eine amerikanische Plattform, die exis-
tiert, die in den USA zugelassen ist, und
wenn die Deutschen sich dazu durchringen
könnten, amerikanische Zulassungen anzu-
erkennen, relativ schnell.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Haben
Sie darüber mit NG mal gesprochen?

Zeuge Bernhard Gerwert: Mit wem?

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Mit
Northrop Grumman.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 723 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 27
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, Northrop
Grumman hat natürlich ein hohes Interesse,
das zu tun, und Northrop Grumman sieht das
genau so wie ich. Die würden gerne ihre
Plattform weiterhin für ISIS anwenden. Keine
Frage.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Der Ver-
trag enthielt ja ein jederzeitiges Kündigungs-
recht, was für Entwicklungsverträge nicht
völlig unüblich ist. Wenn dieser Vertrag mit
der EuroHawk GmbH gekündigt worden
wäre, hätte ISIS dann weiterentwickelt wer-
den können mit einem eigens mit der Cassi-
dian geschlossenen Vertrag?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, aber das
hätte wahrscheinlich relativ wenig Sinn ge-
macht, weil Sie haben keinen Erprobungs-
träger dafür. Was machen Sie dann, wenn
Sie es nicht erproben können?

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Na ja, in
irgendeinem Flugzeug. Sie sagen ja, das ist
egal.

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, aber dann
hätten Sie noch mal neu anfangen müssen.
Dann hätten Sie noch mal während der Er-
probung diesen Wechsel machen müssen.
Also, das hätte - -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Den wer-
den Sie ja sowieso machen müssen.

Zeuge Bernhard Gerwert: Das hätte die
Sache ja nun doch noch mal erheblich kom-
pliziert.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das wird
aber nun in jedem Fall passieren müssen. Es
wird nicht - -

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, aber die
Erkenntnisse hat man jetzt. Die Erkenntnisse
hatte man nicht vor einem Jahr oder vor zwei
Jahren.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ist das
vielleicht zu spät, dass man die Erkenntnisse
jetzt hat?

Zeuge Bernhard Gerwert: Diese Be-
urteilung muss ich anderen überlassen.

Stellvertretender Vorsitzender Dr. Karl
A. Lamers: Wir sind jetzt wieder, meine ich,
im Bereich von Hypothesen und Bewertun-
gen. Wir sollten wirklich versuchen, uns auf
die Tatsachenfragen zu konzentrieren.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja, es hilft
nicht, sozusagen - - Wir müssen sozusagen
unsere Experten zu ihrer Bewertung fragen,
zu ihrer Bewertung, auf deren Grundlage sie
Unternehmensentscheidungen treffen. Das
ist der Gegenstand dieses Ausschusses.

Entschuldigung, Herr Vorsitzender. Sie ir-
ritieren mich, jetzt bin ich ganz aus dem Kon-
zept.

(Karin Strenz (CDU/CSU):
Na so was!)

Ja, die 200 Millionen, die Sie nachvollzie-
hen konnten, Herr Gerwert. Sie sagten ja, die
500 bis 600 Millionen für Zulassung konnten
Sie nicht nachvollziehen. Die 200 Millionen,
die NG gesagt hat, konnten Sie nachvollzie-
hen. Das heißt - - Also wofür wäre dieses
Geld angefallen?

Zeuge Bernhard Gerwert: Dieses Geld
wäre angefallen für weitere Dokumentatio-
nen, die für diese Zulassung erforderlich
sind. Und dieses Geld wäre angefallen für
teilweise Umentwicklungen der entsprechen-
den Plattformen.

Man muss sich das so vorstellen: Es gibt
laut deutscher Zulassungsvorschrift einen
bestimmten Entwicklungsstandard, der ge-
fordert wird laut jetziger deutscher Zulas-
sungsvoraussetzung. Die Plattform ist nach
diesem Entwicklungsstandard nicht entwi-
ckelt worden. Das kann man auch nicht än-
dern. Sie ist nach einem anderen Standard
entwickelt worden. Wenn die deutsche Zu-
lassungsbehörde jetzt sagt: „Es tut mir aber
leid, dieses Gerät muss nach diesem Stan-
dard entwickelt werden“, und ich es nicht off
the shelf kaufe, dann heißt das, dass die
Firma bestimmte Komponenten, die dann
nach diesem Standard entwickelt werden
sollen, müssen, neu entwickeln muss. Und
das ist das, was die Firma Northrop Grum-
man zu Recht fordert und sagt: Ja, wenn ihr
diesen Standard wollt und darauf besteht
und ich ihn nicht habe, dann muss ich ihn
neu machen.

Stellen Sie sich das mal so vor: Ich habe
hier einen Kugelschreiber, und der schreibt.
Die amerikanische Zulassungsbehörde und
der amerikanische Standard sagen: Jawohl,

Drucksache 17/14650 – 724 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 28
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

wenn du diesen Kugelschreiber hast und der
schreibt, dann ist das für mich zulassungs-
fähig. - Und der deutsche Zulasser sagt: Das
reicht mir aber nicht. Ich möchte die Tinte in
diesem Schreiber zulassen. - Und der Ameri-
kaner sagt: Das sind aber nicht meine Zulas-
sungsvoraussetzungen. - Dann ist verständ-
lich, dass, wenn ich die Tinte dokumentieren
muss und dokumentieren muss, wie denn
diese Tinte entwickelt wurde, das Zusatzfor-
derungen sind und Zusatzkosten verursacht.
Und das ist die Situation, vor der wir hier
stehen. Noch mal: Es ist kein technisches
Problem.

Stellvertretender Vorsitzender Dr. Karl
A. Lamers: Vielen Dank. Wir sind damit am
Ende der Fragezeit der SPD-Fraktion. - Für
die FDP-Fraktion der Kollege Spatz. Bitte.

Joachim Spatz (FDP): Ja, um da gleich
fortzufahren: Sind Sie der Meinung, wir ste-
hen uns selber im Weg?

Zeuge Bernhard Gerwert: Sie stehen
sich vielleicht mit den deutschen Zulas-
sungsvoraussetzungen selber im Weg.

Joachim Spatz (FDP): Können Sie sich
vorstellen, dass ein Land, das in den 70er-
Jahren einen - ich sage mal - erheblichen
Skandal erlebt hat rund um das Thema
Starfighter, da vielleicht gewissermaßen
vorgeprägt ist?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja. Ich will
das auch nicht - - Um Gottes willen, ich will
das nicht verurteilen. Verstehen Sie mich da
bitte nicht falsch. Da gibt es auch sicherlich
gute Gründe, das so zu tun. Aber es gibt
oder gäbe sicherlich auch gute Gründe, mal
in andere Länder zu schauen und zu sehen,
wie die das da machen.

Joachim Spatz (FDP): Gut. - Also Thema
Harmonisierung haben Sie ja vorhin schon
erwähnt. Ich will aber trotzdem noch mal auf
einen Aspekt hin. Ich nehme Ihnen auch ab,
dass das keine Bewertung sein soll, aber die
entscheidende Frage ist - Sie haben das
eben angesprochen -: Waren die Unter-
schiede bekannt zum Zeitpunkt des Ver-
tragsabschlusses?

Es geht ja darum, dass man schon ver-
stehen kann, dass, wenn ein Vertragspartner
sagt: „Wenn ihr mehr wollt, muss ich mehr

bringen“, das höhere Kosten hat. Das ist
keine Frage. Die Frage ist: War das den Be-
teiligten zum Zeitpunkt des Vertragsab-
schlusses bekannt, und warum wurde es
nicht eingepreist?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, ich - -
Jetzt sind wir wieder zurück - ich weiß nicht,
wer die Frage gestellt hat - zu dem Thema
CPM zu dem Zeitpunkt. Gerade weil be-
stimmte Risiken bekannt waren und weil man
aber - auch die Industrie zu dem Zeitpunkt -
nicht in der Lage war, diese damit verbunde-
nen Kosten genau zu kalkulieren, hat man
eben den Vertrag so geschlossen - das
wurde ja auch in den letzten Wochen, glaube
ich, hier klar -, dass es eine entsprechende
Bemühungsklausel ist und dass man dann
die entsprechenden Aufwände natürlich von-
seiten der Industrie auch vergütet haben
möchte.

Aber das ist nun mal das Wesen dieses
Entwicklungsvertrages. Das wäre ja anders
gewesen, wenn man gleich eine Serie be-
stellt hätte off the shelf. Dann hätte man
einen Preis gemacht und hätte die Kosten
voraussehen können.

Joachim Spatz (FDP): Also mir sind zwei
Dinge an der Stelle wichtig. Das Erste ist,
hier festzustellen, dass man mit Mehrkosten
rechnen musste, diese aber nicht beziffert
waren -

Zeuge Bernhard Gerwert: Jawohl.

Joachim Spatz (FDP): - Punkt 1 - und bis
heute eigentlich noch nicht sind, wenn man
über die Diskussion 600 Millionen plus/minus
nachdenkt. Das Zweite ist, festzustellen,
dass es wesentlich ist in diesem Beschaf-
fungsformat, dass man sagt, man konzen-
triert sich auf die technische Lösung - Sie
sprachen von Risikominimierung, weil man
das erst mal abklärt -, aber es wesensimma-
nent ist, dass die anderen Fragen später
aufschlagen können und auch zum Abbruch
führen können. Das weiß man, wenn man ein
solches Format abschließt. Ist das korrekt?

Zeuge Bernhard Gerwert: Davon gehe
ich zumindest aus. Wir wissen das.

Joachim Spatz (FDP): Okay, also min-
destens - -

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 725 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 29
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Zeuge Bernhard Gerwert: Ob man das
weiß, das kann ich nicht beurteilen.

Joachim Spatz (FDP): Ja, okay. Also
mindestens die industrielle Seite ging davon
aus und - - Ja, gut.

Dann eine letzte Frage betreffs Global
Hawk. Block 40 ist ja gerade in Erprobung in
den USA. Wenn der dort zugelassen würde,
würden Sie dann Chancen sehen, dass das
auch in Europa der Fall sein könnte?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ich hoffe.

Joachim Spatz (FDP): Wenn Sie das so
sagen, kombiniert mit der Tatsache, dass
noch keiner die Kosten von Alternativen
heute beziffern kann, glauben Sie dann, dass
das Projekt eher zu früh als zu spät abgebro-
chen worden ist?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ich möchte
noch mal - das ist meine Sicht der Dinge -
betonen: Dieses Projekt ist nicht abgebro-
chen. Es ist nicht zu einer Beschaffung ge-
kommen. Also, wie können Sie etwas abbre-
chen, was es gar nicht - -

Joachim Spatz (FDP): Ja, ist schon klar.

Zeuge Bernhard Gerwert: Vertraglich.
Ich rede jetzt von der Vertragsebene. - Man
hat entschieden, keine Serie zu beauftragen
mit der Plattform, die heute erprobt wird. Ich
hoffe, dass man, wenn man alternative
Plattformen betrachtet, auch die Alternative
Block 30, Block 40 mit betrachtet.

Joachim Spatz (FDP): Ja, ich habe dann
keine weiteren Fragen. - Danke schön.

Stellvertretender Vorsitzender Dr. Karl
A. Lamers: Vielen Dank. - Dann kommen wir
zur Linken und Herrn van Aken.

Jan van Aken (DIE LINKE): Ich möchte
noch mal auf das Gespräch zwischen Ihnen
und Herrn de Maizière im Dezember zurück-
kommen. Das ist ja eben noch mal gefragt
worden. Habe ich Sie da richtig verstanden,
dass Sie mit Herrn de Maizière tatsächlich
über die Zulassungsprobleme von UAVs
gesprochen haben?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja.

Jan van Aken (DIE LINKE): Sie verste-
hen, dass ich da ein ganz großes Fragezei-
chen habe. Also, Sie haben den Minister
unter vier Augen, Sie reden mit ihm über
Drohnen, Sie reden mit ihm über Zulas-
sungsprobleme von Drohnen, wissen zu dem
Moment schon über diese 600 Millionen Euro
und die Probleme beim Euro Hawk - und
reden kein einziges Wort über Euro Hawk?
Ich meine, wir gehen ja davon aus, es geht
um Millionenaufträge für Cassidian, für das
ISIS-System. Und Sie reden nicht darüber?

Zeuge Bernhard Gerwert: Herr van
Aken, zu dem Zeitpunkt kannte ich die 600
Millionen nicht.

Jan van Aken (DIE LINKE): Was wuss-
ten Sie von Problemen bei der Zulassung?

Zeuge Bernhard Gerwert: Also ich
kannte die Probleme der Zulassung, dass es
hier entsprechende Probleme gibt, dass es
hier entsprechende Mehrkosten geben kann.
Wir haben, wenn ich mich richtig erinnere,
als Industrie zu dem Thema Mehrkosten eine
Aussage gemacht im - ich meine - Oktober
2012, und die waren in der Größenordnung
dieser 200 Millionen.

Also von 600 Millionen habe ich gehört
zum gleichen Zeitpunkt wie Sie, nämlich mit
der Pressemitteilung am - - Ich weiß nicht
mehr genau, wann es war.

Jan van Aken (DIE LINKE): Aber Sie
wussten um die massiven Probleme. Also,
drei Jahre vor dem Gespräch mit Herrn de
Maizière gab es dieses legendäre Treffen, in
dem Northrop Grumman knallhart wörtlich
gesagt hatte, es wird keine Zulassung geben.
Da waren Sie natürlich nicht mit dabei bei
diesem Treffen, aber - -

Zeuge Bernhard Gerwert: Halt! Halt,
halt, halt, halt, halt! Es wird keine Zulassung
zum Fliegen im zivilen Luftraum geben. Dass
es keine Zulassung zum Fliegen im zivilen
Luftraum gibt, weil es - - Erst mal: Dass diese
Wahrscheinlichkeit sehr, sehr gering ist,
muss jedem klar gewesen sein in dem Mo-
ment, als er den Vertrag unterschrieben hat.
Schauen Sie in den Vertrag 2007. Schon da
wurde deutlich, dass dieses - wie wurde das
ausgedrückt? - nur noch eine Kann-Voraus-
setzung, wie ich glaube, -

Drucksache 17/14650 – 726 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 30
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Jan van Aken (DIE LINKE): Soll.

Zeuge Bernhard Gerwert: - oder Soll-
Voraussetzung - - Nein, Soll war, glaube ich,
noch davor.

(Markus Grübel (CDU/CSU): Das
Kann-Kriterium!)

Aus meiner Sicht - jetzt kann ich auch nur
meine Sicht wiedergeben - war es absolut
klar, dass der Euro Hawk nur fliegen kann im
sogenannten militärischen Luftraum. Das
heißt, ein Luftraum ist gesperrt, der Euro
Hawk fliegt da hoch, da fliegt er in einer
Höhenordnung zwischen 50 000 und 60 000
Fuß, und wenn er wieder landet, dann wird
der Luftraum wieder gesperrt.

Von daher gesehen war auch aus meiner
Sicht diese Problematik, die hier jetzt darge-
stellt wurde, diese Sensitivität gar nicht vor-
handen, weil es war gar keine Frage.

Jan van Aken (DIE LINKE): Auch da se-
hen Sie mich irritiert, weil Sie haben ganz am
Anfang auf die ersten Fragen geantwortet:
Ja, Sie haben sich mit den Staatssekretä-
ren - in der letzten Zeit mit beiden Staats-
sekretären - auch über den Euro Hawk un-
terhalten. - Hat keiner von den beiden inner-
halb des letzten Jahres einmal erwähnt: „Das
mit der Zulassung wird so nicht klappen, die
Serienbeschaffung steht infrage“? Das haben
Sie nie gehört vorher?

Zeuge Bernhard Gerwert: Natürlich ha-
ben die gesagt, dass sie das Thema dieser
Mehrkosten sehen, dass man dieses Thema
bearbeiten muss, klären muss, dass, wenn
es zu extrem hohen Mehrkosten kommt, eine
Serie infrage gestellt wird. Natürlich. Aber es
gab dazu keine detaillierten Gespräche. Es
gab kein einziges Verhandlungsgespräch
zwischen mir persönlich und den Staats-
sekretären zu dieser Problematik. Keins.

Jan van Aken (DIE LINKE): Aber jetzt
widersprechen Sie sich.

Zeuge Bernhard Gerwert: Kein einziges
Mal - -

Jan van Aken (DIE LINKE): Sie haben
eben gerade - -

Zeuge Bernhard Gerwert: Ich habe ganz
klar gesagt: Kein Verhandlungsgespräch. Ich
habe keine einzige Verhandlung mit den

Staatssekretären zu dieser Problematik ge-
habt.

Jan van Aken (DIE LINKE): Sie haben
vor drei Minuten gesagt, Sie haben bis zum
Mai aus der Presse niemals von den 600
Millionen Mehrkosten gehört.

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja.

Jan van Aken (DIE LINKE): Eben gerade
sagen Sie auf meine Frage, natürlich haben
die Staatssekretäre Ihnen gegenüber die
Mehrkosten erwähnt.

Zeuge Bernhard Gerwert: Aber nicht
über 600 Millionen.

Jan van Aken (DIE LINKE): Aber Sie ha-
ben drastische Mehrkosten erwähnt, die die
Zulassungsmöglichkeiten infrage stellen.

Zeuge Bernhard Gerwert: Ich habe sel-
ber gesagt, um noch mal sehr präzise und
genau zu sein: Wir haben als Industrie - ich
glaube, es war September oder Oktober
2012 - über Mehrkosten gesprochen, und da
haben wir über Mehrkosten gesprochen in
der Größenordnung um 200 Millionen.

Jan van Aken (DIE LINKE): Aber die
Staatssekretäre haben Ihnen gegenüber
gesagt, dass es Mehrkosten gibt, dass es
Zulassungsprobleme gibt, dass die Serien-
beschaffung infrage steht. Das wussten Sie.
Dann treffen Sie sich mit dem Minister, Sie
haben den Minister unter vier Augen, es geht
um Millionenaufträge für die Serienproduk-
tion von ISIS - und Sie reden nicht darüber?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja.

Jan van Aken (DIE LINKE): Finden Sie
nicht, dass Sie da Ihren Job ein bisschen
schlecht gemacht haben? Ich meine, da geht
es um Millionenaufträge für Manching.

(Der Zeuge berät sich mit seinem
Rechtsbeistand)

Stellvertretender Vorsitzender Dr. Karl
A. Lamers: Herr van Aken, ich möchte Sie
bitten, sachlich zu argumentieren.

Jan van Aken (DIE LINKE): Dann gehe
ich jetzt auf den nächsten Punkt ein, und
zwar geht es um die Einbindung von ISIS - -

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 727 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 31
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

(RA Dr. Daniel M. Krause: Herr
Vorsitzender, ich glaube, jetzt muss
ich mich doch mal einschalten!)

Stellvertretender Vorsitzender Dr. Karl
A. Lamers: Ja, bitte.

RA Dr. Daniel M. Krause: Also, ich darf
Sie doch bitten, die Befragung so zu leiten,
dass es derartige Missfallenskundgebungen
nicht gibt, dass im Übrigen korrekte Vorhalte
gemacht werden, was eben auch nicht der
Fall war, und dass die Befragung insgesamt
dann ordnungsgemäß ablaufen kann.

Stellvertretender Vorsitzender Dr. Karl
A. Lamers: Deswegen habe ich das vorhin
gerügt. - Herr van Aken, bitte sachlich kon-
krete Fragen. Diese Bewertung, die Sie ge-
rade abgegeben haben, bitte ich zu unterlas-
sen.

Jan van Aken (DIE LINKE): Gut, die
letzte Bewertung ja. Aber, Herr Rechts-
anwalt, ich glaube, Sie müssen konkreter
zuhören. Alles, was ich hier konkret vorge-
halten habe, das hat der Herr Zeuge so ge-
sagt. Und jetzt hier so zu tun, als ob ich un-
sachlich werde, nur weil ich ihn an Punkten
erwische, wo er sich widerspricht, das ist
nicht Ihre Rolle hier. Da muss ich Sie wirklich
zurechtweisen.

Stellvertretender Vorsitzender Dr. Karl
A. Lamers: Herr van Aken, ich bitte Sie,
auch im Ton - das ist ein Zeuge, mit dem Sie
hier sprechen -

Jan van Aken (DIE LINKE): Nein, ich
habe mit dem Rechtsbeistand geredet.

Stellvertretender Vorsitzender Dr. Karl
A. Lamers: - das gilt auch für den Rechts-
beistand - sich so zu verhalten, dass wir hier
ordnungsgemäß Fragen stellen und dann
den Antworten auch zuhören.

Jan van Aken (DIE LINKE): Herr Lamers,
ich bin gerne dafür, dass wir hier im Ton
richtig sind, und ich tue es auch gern. Ich
lasse mich aber nicht von einem Rechts-
anwalt hier belehren, dass ich falsche Vor-
halte mache. Das ist nicht seine Rolle. Das
darf er auch gar nicht. Sie haben eingangs
hier gesagt, er darf hier gar nicht das Wort
ergreifen. Und ich finde es nicht richtig, dass
Sie jetzt einen Rechtsanwalt hier verteidigen.

Ich bin Mitglied des Untersuchungsaus-
schusses, ich bin Berichterstatter, und ich
habe das Recht, bestimmte Fragen zu stel-
len. Und wenn er sich im Ton vergreift, wer-
fen Sie mir bitte nicht vor, dass ich das tue.
Ich stelle sachliche Fragen.

Stellvertretender Vorsitzender Dr. Karl
A. Lamers: Also, wenn wir jetzt nicht zu
einem normalen Umgang kommen, würde
ich vorschlagen, dass wir in eine Beratungs-
sitzung gehen. Entweder gehen wir jetzt in
eine normale Frage-Antwort-Runde, oder ich
beantrage Beratungssitzung.

Jan van Aken (DIE LINKE): Ich werde
weiter meine Fragen stellen in der nächsten
Runde; ich habe es piepen gehört. - Wenn
noch Zeit ist. Oder was sagt die Uhr jetzt?

Stellvertretender Vorsitzender Dr. Karl
A. Lamers: 19 Sekunden haben Sie noch.

Jan van Aken (DIE LINKE): Dann würde
ich gerne auf den nächsten Punkt eingehen,
und zwar die Einbindung von ISIS in das
FEMALE oder Talarion; heißt jetzt ja
FEMALE. - Da haben Sie ja auch eingangs
gesagt, haben Sie gar nicht geprüft. Dann
wurde Ihnen das von Herrn Bartels ja vorge-
halten, dass Sie es natürlich geprüft haben.
Ich möchte Ihnen das auch noch mal kurz
vorlesen. Das ist der gleiche Vorhalt, den
Herr Bartels Ihnen vorhin gemacht hat, die
IABG-Studie. Da steht tatsächlich ausdrück-
lich wörtlich drin, korrekt zitiert:

Für diese Studie hat IABG Cassi-
dian in Unterauftrag genommen und
von Cassidian die Integration von
ISIS in FEMALE untersuchen las-
sen.

Das hatten Sie eingangs zwar nicht ge-
wusst. Jetzt haben wir es aber schriftlich
dokumentiert, dass das so ist.

Ich frage Sie jetzt auch - - Mich wundert
das ein bisschen. Also, das Bundesministe-
rium gibt eine Studie über IABG in Auftrag.
Es kommen am Ende drei mögliche Projekte
raus. Eines davon ist Ihr FEMALE. Das Bun-
desministerium bewertet das Vertragsvolu-
men von 1,3 Milliarden Euro, und Sie wissen
davon gar nichts. Das wundert mich. Also,
welche Informationen genau hatten Sie über
die mögliche Integration von ISIS in FEMALE
zu welchem Zeitpunkt?

Drucksache 17/14650 – 728 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 32
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Zeuge Bernhard Gerwert: Ich kann noch
mal betonen, dass es bei dem Thema
FEMALE um ein UAV geht in der sogenann-
ten MALE-Kategorie - das heißt, fliegen in
einer Höhe zwischen 30 000 und 40 000
Fuß, nicht in einer Höhe von 60 000 Fuß wie
der Euro Hawk -, dass es bei der Entwick-
lung zu dem FEMALE primär nicht um das
Thema Signalaufklärung geht, dass das
Thema ISIS steht, dass die IABG dann damit
beauftragt wurde, Alternativen zu dem
Thema Einbau von ISIS - - Da muss ich mich
präzise ausdrücken: Dass die IABG diesen
Studienauftrag bekommen hat, das wussten
wir natürlich. Das wusste auch ich. Aber
noch mal: Mir waren die Details aus dieser
Studie nicht bekannt. Dass meine Mitarbeiter
dazu bestimmte Zuarbeiten geleistet haben:
ja. Das sehe ich ja jetzt auch hier. Aber in
welcher Tiefe welche Unterlagen von uns zu
dieser Studie geliefert wurden, weiß ich nicht.
Ich habe diese Unterlagen nicht gesehen.

Stellvertretender Vorsitzender Dr. Karl
A. Lamers: Vielen Dank. - Das Fragerecht
geht jetzt über an die Fraktion Bündnis
90/Die Grünen, an die Kollegin Keul.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, vielen Dank. - Herr Gerwert, wir haben
von dem Musterprüfer Steiger in der letzten
Woche gelernt, dass es unabhängig von der
Frage ob Kategorie 2 oder Kategorie 3 auf
eine Musterzulassung ankommt. Das heißt,
auch für Kategorie 2 hätte man eine Muster-
zulassung gebraucht. Sie haben jetzt eben
gesagt, das mit der Musterzulassung sei
alles kein Problem, weil Kategorie 2 würde ja
auch reichen. Das widerspricht dem, was wir
letzte Woche von dem Musterprüfer gelernt
haben, nach dem also hier auch für Katego-
rie 2 keine Musterzulassung hätte erfolgen
können. Können Sie diesen Widerspruch
noch mal aufklären? Wie hätte der Euro
Hawk ohne Musterzulassung funktionieren
sollen?

Zeuge Bernhard Gerwert: Um präzise
zu sein: Ich möchte so verstanden sein, dass
für uns klar war, dass der Euro Hawk eben
nur zugelassen werden kann für die Kate-
gorie 2. Also, ich würde erst mal die beiden
Dinge auseinanderhalten. Inwieweit dazu die
Musterzulassung dann erforderlich ist, haben
Sie die Aussage von dem Herrn Steiger. Und
inwieweit diese Musterzulassung in welchem
finanziellen Rahmen möglich ist, da bitte ich

Sie wirklich: Fragen Sie heute Nachmittag
meinen Kollegen von Northrop Grumman,
weil die Unterlagen zu dem Thema der Zu-
lassung und der Dokumentation kommen von
den Amerikanern. Dieses kann ich wirklich
nicht bewerten.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Gut. Also verstehe ich Sie richtig: Sie sind
bei Vertragsschluss davon ausgegangen,
dass es wohl eine Musterzulassung der Ka-
tegorie 2 geben würde.

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Eine Musterzulassung der Kategorie 3 haben
Sie von Anfang an für unwahrscheinlich ge-
halten.

Zeuge Bernhard Gerwert: Frau Abge-
ordnete, richtig.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Wie eng sind Sie denn an dem Vertrags-
schluss oder an dem Vertragstext selber
persönlich beteiligt? Haben Sie den gelesen?

Zeuge Bernhard Gerwert: Nein.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sich damit auseinandergesetzt?

Zeuge Bernhard Gerwert: Nein. Ich war
auch zu dem Zeitpunkt nicht dafür verant-
wortlich.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Wer macht das bei Ihnen im Unternehmen?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja nun, ver-
antwortlich macht das der entsprechende
Geschäftsbereichsleiter, der für diesen Be-
reich verantwortlich ist, dann die entspre-
chenden Vertragsjuristen, die entsprechen-
den Kaufleute. Es sind viele, viele beteiligt,
die wirklich den Vertrag abschließend lesen
im Detail.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Wer sind die Gesprächspartner jetzt aufsei-
ten der Bundesregierung bzw. des BMVg für
Ihr Unternehmen in Vertragsangelegenhei-
ten?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 729 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 33
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Bernhard Gerwert: Die Mitarbei-
ter - ich sage immer noch - des BWBs zu
dem Zeitpunkt, weil der jetzt - - Der kompli-
zierte Name, den kann ich gar nicht ausspre-
chen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Gerwert, ich habe noch einen anderen
Widerspruch. Die Mitarbeiterin des Bundes-
rechnungshofes hat uns letzte Woche auch
ganz klar dargelegt, dass die Musterzulas-
sung ein Vertragsbestandteil geworden ist
und hat uns auch die entsprechenden ver-
traglichen Vorschriften dargelegt. Ich möchte
daher dem Zeugen gerne einen Vorhalt ma-
chen. Und zwar geht es um MAT 4, Ordner 9
bis 26. Ich lege Ihnen jetzt drei Vertragsteile
vor. Das eine ist die Anlage 18, betreffend
Musterprüfung, und da nur die Seite 1.

(Dem Zeugen werden Unterlagen
vorgelegt. Er und sein Rechtsbei-
stand nehmen Einblick)

Des Weiteren handelt es sich um An-
hänge zu Anlage 1, nämlich einmal das
Musterprüfrahmenprogramm sowie die hun-
dertseitige Compliance List. Davon habe ich
Ihnen auch nur die ersten Seiten - denn das
sind technische Daten -, die erste Seite vor-
gelegt. Vielleicht gucken Sie es sich im Mo-
ment in Ruhe an.

Zeuge Bernhard Gerwert: Also, wenn
ich den jetzt lesen soll, dann müssen wir jetzt
eine Unterbrechung machen für eine halbe
Stunde.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Nein, ich sage ja: Von der Compliance List
habe ich Ihnen nur die erste Seite vorgelegt.
Da geht es nicht um den Inhalt, sondern ob
Sie dieses sozusagen einordnen können, ein
solches Dokument, das Musterprüfrahmen-
programm. Da werde ich Ihnen aus den ers-
ten vier Seiten einen Vorhalt machen, und
die Seite 1 der Anlage 18 zum Vertrag.

Also, ich werde Ihnen konkret daraus ein-
zelne Sätze vorhalten, ja? - Wenn Sie gu-
cken auf Seite 1 der Anlage 18, ganz oben
als Allererstes, da steht es:

Der Auftragnehmer verpflichtet sich,
im Rahmen seiner Leistungserbrin-

gung insbesondere die Verkehrs-
sicherheit/Luftfahrttauglichkeit* - -

Stellvertretender Vorsitzender Dr. Karl
A. Lamers: Frau Kollegin, vielleicht wäre es
gut, wenn der Zeuge zunächst kurz Möglich-
keit hat, das zu lesen. Wenn Sie dann wei-
ter - -

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ich will ihm ja nur sagen, was er - -

Zeuge Bernhard Gerwert: Ich lese das
jetzt mit, solange wie Sie das vorlesen. Ist
auch okay.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Gut, alles klar. Es ist ja nicht so viel. Also
noch mal:

Der Auftragnehmer verpflichtet sich,
im Rahmen seiner Leistungserbrin-
gung insbesondere die Verkehrs-
sicherheit/Luftfahrttauglichkeit/Luft-
fahrtverträglichkeit nach Maßgabe
der folgenden Regelungen herzu-
stellen ... bzw. wiederherzustellen
... und nachzuweisen. Diese Ver-
pflichtung schließt Leistungen aus
Unteraufträgen - -

Stellvertretender Vorsitzender Dr. Karl
A. Lamers: Frau Kollegin, eine Sekunde.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Gibt es Probleme?

RA Dr. Daniel M. Krause: Ich bin mir
nicht sicher, ob wir hier bei einem Wortlaut
eines Vertragspassus

(Zuruf: Ist das für die
Öffentlichkeit?)

im Bereich der Geschäftsgeheimnisse sind.
Das ist doch offensichtlich der Fall.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Wir hatten uns darauf geeinigt und hatten
auch bei der Zeugin - wie hieß sie? - Bauch
aus dem Vertrag was erläutert.

Zeuge Bernhard Gerwert: Also, ich
möchte als verantwortlicher Geschäftsführer

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 4 BRH zu BB 17-90, 91, Ord-
ner 11, Blatt 270.

Drucksache 17/14650 – 730 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 34
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

hier keine Aussagen zu Verträgen öffentlich
machen.

Stellvertretender Vorsitzender Dr. Karl
A. Lamers: Gut. Das heißt, das ist praktisch
der Antrag auf nichtöffentliche Behandlung.
Frau Kollegin, wollen Sie dann da in dem
Punkt weitermachen? Sonst müssen wir
das - -

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, dann müssen wir das machen. Dann
müssen wir das verschieben, damit wir das
dann eingestuft erörtern können.

Stellvertretender Vorsitzender Dr. Karl
A. Lamers: Ja.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Wenn Sie meinen, dass der Zeuge hierzu
sozusagen - -

Stellvertretender Vorsitzender Dr. Karl
A. Lamers: Also nichtöffentlich, nicht einge-
stuft - nichtöffentlich. Wenn das so ist, dann
würde ich vorschlagen, dass wir das Ge-
spräch und die Fragen jetzt so fortsetzen und
das an das Ende der Sitzung nehmen. Wenn
Sie damit einverstanden sind?

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Müssen wir dann wohl. Es geht hier zwar nur
um ganz allgemeine - -

Zeuge Bernhard Gerwert: Es geht um
Vertragsinhalte. Ich bin hier - - Ich sehe es
nicht, dass ich hier öffentlich über Vertrags-
inhalte spreche.

Stellvertretender Vorsitzender Dr. Karl
A. Lamers: Also, ich akzeptiere das, dass
das jetzt - -

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Gut. - Dann möchte ich aber trotzdem auch
im öffentlichen Teil noch einmal festhalten,
dass Sie sich vorhin geäußert haben zu die-
ser Frage und gesagt haben, die Musterzu-
lassung sei im Vertrag nicht vereinbart. Das
haben Sie von sich aus ungefragt so ge-
äußert. Halten Sie an dieser Aussage so
fest?

Zeuge Bernhard Gerwert: Das ist mei-
nes Wissens der Inhalt, ja.

Stellvertretender Vorsitzender Dr. Karl
A. Lamers: Gut. - Wollen wir jetzt den kon-
kreten Punkt in „nichtöffentlich“ dann ver-
schieben? Wollen wir uns jetzt darauf eini-
gen? - Dann nehmen wir den jetzt hier raus.
Sie stellen Ihre Fragen weiter, und ich nehme
das dann an das Ende der Vernehmung des
Zeugen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Müssen wir dann wohl so machen.

Stellvertretender Vorsitzender Dr. Karl
A. Lamers: Dann machen wir das so. Dann
würde ich Sie bitten, andere Fragen zu stel-
len.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Dann will ich versuchen, noch mal an einem
anderen Punkt anzuknüpfen. Sie hatten ein-
gangs in Ihrem Eingangsstatement gesagt,
Ihr Unternehmen bzw. EADS sei lediglich
Unterauftragnehmerin, und damit seien auch
Northrop Grumman bzw. EADS jeweils nur
alleine für ihre Unteraufträge verantwortlich.
Das heißt, wenn ich Sie richtig verstehe,
dass der eine nicht für die Fehler des ande-
ren haftet. Ist das das, was Sie meinten?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Wenn jetzt aber das Gemeinschaftsunter-
nehmen EuroHawk GmbH ein Gemein-
schaftsunternehmen ist, an dem auch EADS
zu 50 Prozent beteiligt ist, und wenn dann
die EuroHawk GmbH aus diesem Vertrag für
irgendetwas haftet, dann ist doch auch die
50-prozentige Anteilseignerin EADS an die-
ser Haftung für die EuroHawk GmbH betei-
ligt?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Vielen Dank. Dann werden wir den Rest zu
diesem Komplex „Vertrag“ später machen. -
Vielleicht können Sie mir noch mal erklären:
Gibt es denn zu dem Thema FEMALE - -
Also, Sie hatten ja gesagt, Sie wissen nicht,
dass Ihrer Firma ein Unterauftrag erteilt wor-
den ist; aber das Programm FEMALE als
solches ist Ihnen ja bekannt, nicht?

Zeuge Bernhard Gerwert: Bestens.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 731 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 35
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Bestens. Gut. Was ist denn der Unterschied
zwischen FEMALE und Talarion?

Zeuge Bernhard Gerwert: Talarion war
die Eigenentwicklung unserer Firma für ein
entsprechendes Aufklärungssystem. Das war
eine eigene Initiative. Hier haben wir mit viel
eigenem Geld die Entwicklung gestartet -
oder die Auslegung dieses Systems. Talarion
war ja vorgesehen in einer Kooperation
Frankreich-Spanien-Deutschland. Dieses hat
sich nicht verwirklichen lassen. Daraufhin
haben wir die Entwicklung von Talarion ein-
gestellt.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Wann war das?

Zeuge Bernhard Gerwert: Das war An-
fang 2012. Die haben wir eingestellt. Das war
unser eigenes Geld, kein Steuergeld. Viel
Geld. Aufgrund dessen haben wir dann ge-
sagt: Das lässt sich so nicht verwirklichen.
Wir müssen uns oder wir können uns nicht
darauf verlassen, dass dieses System reali-
siert werden kann zwischen Deutschland,
Frankreich und Spanien, sondern wir müssen
eine breitere Basis für eine europäische
Entwicklung finden, das heißt möglichst auch
andere Partner, andere Länder. - Punkt 1.

Punkt 2. Auch dass wir mit den poten-
ziellen Auftraggebern gesprochen haben,
also nicht nur Deutschland, sondern insbe-
sondere auch der potenzielle Kunde Frank-
reich - - Da wurde deutlich, dass die Anforde-
rungen an so ein System sich auch geändert
haben. Und deswegen haben wir dann das
Thema Talarion aufgegeben und führen es
jetzt unter dem Thema - aber jetzt Akquisi-
tion - FEMALE. Dabei handelt es sich auch
noch um keine Entwicklung, sondern das ist
eine Idee, die wir verfolgen zu der Entwick-
lung eines europäischen Aufklärungssys-
tems.

Stellvertretender Vorsitzender Dr. Karl
A. Lamers: Ja, vielen Dank. - Dann kommen
wir zur dritten Fragerunde. - Die CDU ver-
zichtet. Dann sind wir bei der SPD, und da
gebe ich das Wort dem Herrn Kollegen Bar-
tels.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Herr
Gerwert, Sie hatten ja geschrieben, dass Sie
mit Staatssekretären Gespräche hatten, dass

Sie mit dem Bundesminister - das wissen wir
ja - Gespräche hatten und dass Zulassungs-
probleme von UAVs dabei eine Rolle gespielt
haben. Diese Zulassungsprobleme sind bis-
her konkret ja nur in einem einzigen Projekt -
ein anderes haben wir nicht -, bei Euro
Hawk. Oder haben wir eine andere Erkennt-
nis, woher die Staatssekretäre oder der Mi-
nister die Kenntnis von Zulassungsproble-
men haben?

Zeuge Bernhard Gerwert: Die Staats-
sekretäre und der Minister haben die Kennt-
nis von den - jetzt würde ich mal bewusst
auch ein anderes Wort nutzen - Herausforde-
rungen bezüglich der Zulassung von UAVs.
Dieses haben wir sehr deutlich gemacht. Hier
haben wir in allen Gesprächen, zumindest in
den Gesprächen, in denen ich dabei war,
deutlich gemacht, dass wir diese Zulas-
sungsprobleme am besten lösen, wenn wir
von vornherein ein System entwickeln oder
nach diesen entsprechenden Zulassungs-
voraussetzungen entwickeln.

Ich kann nur noch mal wiederholen: Da-
rüber haben wir gesprochen, dass, wenn Sie
einen gewissen Standard fordern, einen ge-
wissen Entwicklungsstandard, dann können
Sie diesen Standard einhalten, wenn er
Ihnen bekannt ist, bevor Sie mit der Ent-
wicklung beginnen. Das war und ist die we-
sentliche Diskussion, die ich sowohl mit Be-
amten des Verteidigungsministeriums, mit
den Staatssekretären und dem Minister
hatte.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wie
kommt man darauf, dass es ein Problem ist,
dass man in die Zukunft, wenn es in der Ge-
genwart noch gar nicht - -

Zeuge Bernhard Gerwert: Das Problem
ist relativ einfach. Wenn Sie bestimmte Zu-
lassungsvoraussetzungen - -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja, ja,
das ist bekannt. Nein, ich wollte darauf hi-
naus sozusagen: Sie haben ein konkretes
Projekt. Da gibt es diese Probleme.

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Und Sie
reden über Probleme, die in der Zukunft ge-
löst werden sollen bei anderen Projekten.

Drucksache 17/14650 – 732 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 36
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, weil ich
ein System entwickeln möchte. Ganz klar. Es
hat aber das eine mit dem anderen nichts zu
tun.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Doch.
Weil Sie sich bewusst sind, dass es bei die-
sem Projekt diese Probleme gibt. Sie sind
sich ja dessen bewusst.

Zeuge Bernhard Gerwert: Weil ich mir
bewusst bin, dass ich die entsprechenden
Zulassungsvoraussetzungen am besten er-
füllen kann, wenn ich von vornherein ent-
sprechend diesen Voraussetzungen ent-
wickle. Natürlich. Aber deswegen brauche
ich nicht die Erfahrung in einem anderen
Projekt. Das ist eindeutig und klar.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber die
hatten Sie ja nun, die Erfahrungen in dem
anderen Projekt. Deshalb wussten Sie so
genau, dass es eine Herausforderung ist, die
besonderer Anstrengungen bedarf. Sie
wussten das.

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ihre Ge-
sprächspartner, Staatssekretäre, war denen
das dann neu, oder wussten die das auch?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ich gehe mal
davon aus, dass sie wussten, dass natürlich
da Herausforderungen da sind und Probleme
vorhanden sind. Ja. Klar wussten die das.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Und das
wird ihnen deshalb klar sein, weil es dieses
Problem ja tatsächlich gab, bei einem Pro-
jekt, das tatsächlich existierte.

Zeuge Bernhard Gerwert: Ich habe die
ganze Zeit darüber gesprochen. Dass es
Probleme, Herausforderungen, Risiken in der
Entwicklung dieses Systems gab, das war
jedem - davon gehe ich aus - bewusst.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Und als
Sie mit Bundesminister de Maizière gespro-
chen haben, mussten Sie davon aus-
gehen - -

Zeuge Bernhard Gerwert: Haben wir da-
rüber nicht gesprochen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber über
Zulassungsprobleme von Drohnen, sagten
Sie, haben Sie gesprochen.

Zeuge Bernhard Gerwert: Jawohl.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja. - Und
dass ihm das bewusst ist, dass das ein
Problem ist, wissen Sie nicht, warum das so
ist, warum er wusste, dass das ein Problem
ist?

Zeuge Bernhard Gerwert:Weiß ich doch
nicht, was der Minister - - warum er welches
weiß und was er nicht weiß.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber er
wusste das so gut wie seine Staatssekretäre,
oder mussten Sie nachhelfen?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ich habe mit
ihm darüber nicht gesprochen. Ich habe mit
ihm über das Thema Zulassungsproblematik
gesprochen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): War ihm
die Zulassungsproblematik von Drohnen so
bewusst, wie seinen Staatssekretären die
Zulassungsproblematik von Drohnen be-
wusst war?

Zeuge Bernhard Gerwert: Das weiß ich
nicht. Das müssen Sie den Minister fragen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber Sie
haben doch mit beiden gesprochen.

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja. Aber ich
weiß doch nicht, was ihm bewusst war und
was ihm nicht bewusst war.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): In dem
Gespräch hatten Sie den Eindruck, das ist
ihm - - Oder mussten Sie ihn erst aufklären?

Zeuge Bernhard Gerwert: Noch mal: Wir
haben über das Thema Zulassungsvoraus-
setzungen gesprochen, über das, was erfor-
derlich ist, um Systeme zuzulassen. Was ihm
davon vorher klar war oder nicht klar war,
ehrlich gesagt, das weiß ich nicht.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber Sie
hatten den Eindruck eines verständigen Ge-
sprächs.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 733 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 37
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Bernhard Gerwert: Will ich auch
nicht beurteilen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Na ja, Sie
haben aber gesprochen. Das ist eine Tat-
sache, zu der ich eine Frage - -

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, natürlich
haben wir gesprochen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das war
ein Gespräch mit - - Sie haben was gesagt,
er hat was gesagt, also nicht nur ein Vortrag
von Ihnen, zu einem Thema, das auch dem
Minister bewusst ist.

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, natürlich.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Also
nicht, sozusagen, wenn ein Abgeordneter
kommt, der noch nie was gehört hat, und Sie
erklären erst mal - das ist ja was anderes -,
sondern Sie haben hier geredet mit jeman-
dem, der weiß, worüber er spricht.

Zeuge Bernhard Gerwert: Ich habe mit
jemandem gesprochen über die Zulassungs-
herausforderungen für ein Future European
MALE, um sehr präzise und genau zu sein.
Und über nicht mehr und über nicht weniger.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Und das
war bei dem Thema Future European MALE
auch das Hauptthema, die Zulassungspro-
blematik?

Zeuge Bernhard Gerwert: Das war nicht
das Hauptthema. Das Hauptthema war über-
haupt: Wie kann man ein European MALE
realisieren? Was heißt das in Richtung der
Budgetzwänge? Was heißt das in Richtung
der Entwicklungszeiträume? Was heißt das
in Richtung potenzieller Partner? Das war
der Hauptpunkt. Das war auch nur ein Teil
des Gespräches.

Ich kann nur noch mal wiederholen: Der
Hauptpunkt war eigentlich: Was heißt das
Gesamtthema militärische Luftfahrt für die
Zukunft der Bundesrepublik Deutschland und
für den Standort Manching? Es ging nicht um
ein Projekt.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sie haben
vorhin den Begriff „Verhandlungsgespräche“
verwendet? War das ein Verhandlungs-
gespräch, -

Zeuge Bernhard Gerwert: Nein.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): - oder war
das ein Hintergrundgespräch?

Zeuge Bernhard Gerwert: Nein, das war
kein Verhandlungsgespräch. Das war der
Antrittsbesuch des Ministers am Standort
Manching. Der wollte den Standort Manching
kennenlernen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Und hat
dann ja im Januar auch eine Rede über
Drohnen gehalten, im Bundestag, sogar da-
rüber, wie wesentlich das für Deutschland ist,
in diese Technik, über die Sie gesprochen
haben, einzusteigen.

Die Serienbeschaffung, dass die gestoppt
wurde, nein, dass man da gar nicht einsteigt,
also dass es dazu jetzt eine Entscheidung
geben soll, haben Sie - -

Zeuge Bernhard Gerwert: Aus der
Presse erfahren.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das
müsste dann ja - ich habe noch mal nachge-
guckt - der 21. März oder der 22. oder 23.
gewesen sein. Am 21. März war es bei
tagesschau.de, dann war es in Zeitungen.
Also da konnte man es lesen. Das heißt, da
haben Sie es vermutlich - -

Zeuge Bernhard Gerwert: Jawohl.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das wäre
ja dann noch deutlich vor der endgültig offi-
ziell verkündeten Entscheidung, richtig? Ha-
ben Sie das wahrgenommen als einen zeit-
lichen Unterschied?

Zeuge Bernhard Gerwert: Nein.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Oder ha-
ben Sie die Entscheidung erst zur Kenntnis
genommen? Die ist ja erst am - wann war
das? - 13. Mai kommuniziert worden. Es war
vorher schon in der Zeitung, im März, mit den
600 Millionen und so.

Zeuge Bernhard Gerwert: Das stand
doch einen Tag vorher in der Zeitung, wenn
ich das richtig weiß. Herr Bartels, kann ich
nicht mehr unterscheiden. Kann ich wirklich
nicht unterscheiden. Ich kann nur noch mal
sagen: Ich habe auch aus dieser Entschei-

Drucksache 17/14650 – 734 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 38
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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dung, ob jetzt vorher - - Gut, was in den Zei-
tungen steht. Zeitungen schreiben viel. Mir
wurde die Entscheidung des Ministers, ich
glaube, oder des Staatssekretärs - - Er hat ja
den Verteidigungsausschuss an einem be-
stimmten Tag - - Das weiß ich jetzt nicht
mehr genau, wann er Sie informiert hat. Zum
gleichen Zeitpunkt habe ich eben auch da-
von erfahren, aus der Zeitung.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber im
unmittelbaren Zusammenhang damit, dass
es im Ausschuss und der Öffentlichkeit offi-
ziell erklärt wurde.

Zeuge Bernhard Gerwert: Richtig. Ja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Noch mal
zu der Alternativenprüfung, wo Sie ja nun
echt gut wegkommen. Cassidian hat mit ge-
prüft, und es heißt ja hier dann wörtlich, dass
FEMALE alle technischen Leistungsanforde-
rungen als Gesamtsystem vollständig erfüllt.

Zeuge Bernhard Gerwert: Das ist die
Prüfung der IABG. Da haben wir zugearbei-
tet, aber die Analyse und die Aussage ist
eine Aussage nicht von Cassidian, sondern
wenn ich das Papier richtig sehe, ist es ein
Papier der IABG, nicht von uns.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Und die-
ser Unterpunkt sozusagen im Unterauftrag
Cassidian.

Zeuge Bernhard Gerwert: Aber die end-
gültige Analyse und die endgültige Aussage
kommen von der Firma IABG und nicht von
der Firma EADS Cassidian.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wir wol-
len es ja nur festhalten, weil es - -

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, ich
möchte es ja auch nur klarmachen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja, klar.
Es ist schon klar, warum das heikel ist.

Und der Betrag von 1,3 Milliarden Euro,
der dann sozusagen am Ende genannt wird,
was das kosten wird, ist bei Ihnen nie ange-
kommen. Hat es dann - - Ein großer Be-
trag - -

Zeuge Bernhard Gerwert: Herr Bartels,
die 1,3 Milliarden beziehen sich auf die Ent-
wicklung eines European MALE.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Beschaf-
fung und Integration und Umrüstung sowie
20-jähriger Betrieb für die Alternative - -

Zeuge Bernhard Gerwert: Die Zahl
kommt nicht von uns.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Kommt
nicht - - Ist auch nicht bei Ihnen angekom-
men?

Zeuge Bernhard Gerwert: Nein. Das war
eine Studie der IABG. Kann ich nicht bewer-
ten und beurteilen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Haben
Sie einen Favoriten, was die Alternative zu
dem Trägersystem Global Hawk Block 20
angeht?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ich persönlich
würde alles daransetzen, um weiterhin einen
Global Hawk als Plattform zu haben, weil das
ist wahrscheinlich die beste Alternative.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Also, Sie
müssten gezwungen werden, dass es Ihr
eigenes Produkt wird, wenn die Regierung es
dann so beschließt.

Zeuge Bernhard Gerwert: Noch mal:
Mein eigenes Produkt - - Das ist auch mein
Produkt. Es ist ein Gemeinschaftsprodukt
zwischen der Firma Northrop Grumman und
der Firma EADS. Und für den Einsatz, für
das ISIS-System, ist es sicherlich aus meiner
Sicht die beste Lösung.

Stellvertretender Vorsitzender Dr. Karl
A. Lamers: Kollege Arnold.

Rainer Arnold (SPD): Eines verstehe ich
jetzt noch nicht so ganz. Sie sagten, Sie
sprachen mit dem Minister über die Zukunft
des Standortes Manching und die dortige
Auslastung. Und wir haben heute gehört,
dass 80 Leute im ISIS-System unmittelbar
tangiert sind. Und Sie wussten, dass das
Projekt einschließlich der Serienbeschaffung
zumindest gefährdet und in Prüfung ist, weil
ja Alternativen untersucht werden. Wie redet
man über die Zukunft des Standortes Man-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 735 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 39
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

ching, ohne das akut gefährdete Personal
anzusprechen? Das verstehe ich überhaupt
nicht.

Zeuge Bernhard Gerwert: Jetzt könnten
wir noch ins Detail gehen, aber da können
Sie mich ja dann auch fragen. Das ISIS-
System wird nicht am Standort Manching
entwickelt, sondern das ISIS-System wird am
Standort Ulm und am Standort Friedrichs-
hafen entwickelt. Es hat mit dem Standort
Manching von daher gesehen relativ wenig
zu tun. Das Einzige, was am Standort Man-
ching passiert, ist die Integration des Sys-
tems in die Plattform und die Erprobung.

Rainer Arnold (SPD): Ja, aber insgesamt
ist es ein Projekt, das für Sie ja -

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, das war
mir klar, dass das jetzt kommt.

Rainer Arnold (SPD): - beschäftigungs-
relevant ist.

Zeuge Bernhard Gerwert: Der Minister
war da, um einen Standortbesuch Manching
zu machen, und wir haben uns in dem Ge-
spräch auf den Standort Manching konzen-
triert.

Rainer Arnold (SPD): Aber Sie wussten
schon, dass das Projekt gefährdet ist, weil ja
Ihre Firma sogar beteiligt ist, Alternativen zu
untersuchen.

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, wir haben
Alternativen untersucht. - Halt! Die Firma
IABG hat Alternativen untersucht, und wir
haben dazu zugearbeitet.

Rainer Arnold (SPD): Sie waren beteiligt,
und Sie wussten, dass Alternativen unter-
sucht werden.

Zeuge Bernhard Gerwert: Jawohl.

Rainer Arnold (SPD): Und insofern ist es
doch beschäftigungsrelevant. Und das haben
Sie aber nicht angesprochen?

Zeuge Bernhard Gerwert: Nein.

Rainer Arnold (SPD): Okay. - Dann noch
die andere Frage zu den Kosten. Sie sagen,
Sie kennen sie nicht. Aber Sie sind ein erfah-

rener Manager. Und jetzt hätte ich doch ein-
fach mal gerne ein Gefühl von Ihnen. In wel-
chem Bereich bewegen wir uns, wenn man
ISIS in eine bemannte Plattform oder in eine
unbemannte Plattform jetzt neu integrieren
muss? Im dreistelligen Millionenbereich, im
Milliardenbereich? Einfach mal eine Haus-
nummer.

Zeuge Bernhard Gerwert: Herr Arnold,
nein. Ich kann da keine Hausnummer nen-
nen, weil das ist nicht seriös, wenn ich das
heute machen würde.

Rainer Arnold (SPD): Aber gibt es auch
keine Erfahrungen in diesem Bereich?

Zeuge Bernhard Gerwert: Nein.

Rainer Arnold (SPD): Sie sagten vorhin,
dass der beste Weg eine eigene Entwicklung
ist, hin entwickelt auf die deutschen Stan-
dards des Zulassungsverfahrens. Das heißt
doch dann aber: Eine Eigenentwicklung ist
die bessere Variante statt des Kaufs in Ame-
rika.

Zeuge Bernhard Gerwert: Unter der Vo-
raussetzung, Herr Abgeordneter, dass man
auf deutschen Zulassungsstandards besteht.

Rainer Arnold (SPD): Ich denke - -

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, wenn das
so ist.

Rainer Arnold (SPD): Sie haben ja nicht
unrecht. Es gibt nur zwei Varianten. Wir pas-
sen die Standards den amerikanischen Flie-
gern an, oder wir entwickeln auf unsere
Standards. Denn ich sehe keine anderen
Alternativen. Die Frage ist - -

Zeuge Bernhard Gerwert: Dem stimme
ich zu.

Rainer Arnold (SPD): Okay. - Danke
schön.

(Markus Grübel (CDU/CSU): Das
hätte man 2001 wissen müssen!)

- Was hätte man da wissen müssen?
(Weiterer Zuruf des Abg. Markus
Grübel (CDU/CSU))

- Dann hätte man keinen Entwicklungsver-
trag gemacht, sondern einen Kaufvertrag,

Drucksache 17/14650 – 736 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 40
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Herr Kollege. Das ist der Unterschied. Des-
halb war es ein Entwicklungsvertrag, dem
Sie aus Überzeugung zugestimmt haben.

Stellvertretender Vorsitzender Dr. Karl
A. Lamers: Keine Diskussionen jetzt hier
zwischen uns.

Herr Arnold hat weiter das Wort. - Die
SPD hat keine weiteren Fragen. Dann kom-
men wir zur FDP-Fraktion, zum Kollegen
Spatz. - Keine weiteren Fragen. Die Fraktion
Die Linke, Herr van Aken.

Jan van Aken (DIE LINKE): Ich habe
noch drei Fragen oder drei Komplexe. Das
eine betrifft noch mal IABG, weil Sie jetzt ja
immer auf den Unterschied aufmerksam
machen. Hatten Sie im Laufe des letzten
Jahres direkten Kontakt mit der IABG?

Zeuge Bernhard Gerwert: Nein.

Jan van Aken (DIE LINKE): Zweitens:
Nutzungsrechte. Wer hat eigentlich die Nut-
zungs- und Verwertungsrechte an ISIS?
Können Sie das jetzt irgendwohin verkaufen?
Oder liegen die Rechte bei der Bundesregie-
rung?

(Der Zeuge berät sich mit seinem
Rechtsbeistand)

Zeuge Bernhard Gerwert: Also, ich bin
mir nicht hundert Prozent sicher, aber da es
ja ein Entwicklungsvertrag ist, gehe ich da-
von aus, dass die Rechte bei der Bundes-
regierung liegen.

(Markus Grübel (CDU/CSU): Davon
gehe ich auch aus!)

Jan van Aken (DIE LINKE): Dann habe
ich noch einen letzten Punkt, und zwar die
Frage nach der Missionssteuerung. Das ist
für mich irgendwie so ein ganz dunkles Ka-
pitel. Uns hat der Abteilungsleiter Rüstung
letzte Woche gesagt, dass diese Missions-
steuerung überhaupt nicht Teil des ganzen
Systems ist. Dass die immer in den USA
geblieben wäre und so, das wäre ihm gar
nicht klar gewesen bis vor - ich weiß nicht -
ein paar Wochen oder ein paar Monaten, hat
er gesagt. Ist Ihnen das bewusst gewesen?
Ab wann ist Ihnen das bewusst gewesen,
dass sozusagen da ein gesamtes System
entwickelt wird, wo das Entscheidende,
nämlich die Missionssteuerung, nie in Ihrem

oder im Besitz der Bundesregierung gewe-
sen wäre?

Zeuge Bernhard Gerwert: Mir persön-
lich - - Ich persönlich bin damit erstmals kon-
frontiert worden Mitte letzten Jahres. Da ist
mir das bewusst geworden und auch bekannt
geworden.

Wir haben auch dann Vorschläge ge-
macht oder sind in die Gespräche gegangen,
dass es doch dringend angeboten wäre,
dass wir diese Missionssysteme mit entspre-
chenden Entwicklungen in Deutschland ha-
ben und nicht abhängig sind von einem Mis-
sionssystem in USA. Also, mir persönlich
bekannt - als klare Antwort zu Ihrer Frage -:
Mitte letzten Jahres.

Jan van Aken (DIE LINKE): Hat Sie das
damals gewundert? Also, ich bin eigentlich
einigermaßen fassungslos, dass offensicht-
lich alle, die diese Verträge mit unterzeichnet
haben, die an führender Stelle mit dem Pro-
jekt betraut waren, eigentlich die ganze Zeit
gar nicht wussten, dass sie da was kaufen,
wo das entscheidendste Element, nämlich
die Missionsplanung, überhaupt nicht hier
landet.

Also, hat Sie das gewundert in dem Mo-
ment? Haben Sie gedacht: „Was ist denn das
für ein Mist?“? Oder ist das üblich, dass so
was nicht mit gekauft wird?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, gut; auch
hier wieder: Man hat das Gesamtsystem von
den Amerikanern oder den Teil von den
Amerikanern gekauft. Auch wenn ich mich
richtig erinnere, ist vorgesehen - war vorge-
sehen -, dass dieses Missionssystem oder
ein anderes Missionssystem für Deutschland
entwickelt werden soll. Aber dazu ist es bis
heute nicht gekommen. Es hat mich auch
gewundert. - Ich stimme zu.

Jan van Aken (DIE LINKE): Danke. -
Dann gebe ich weiter an den Kollegen
Schäfer.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Herr
Gerwert, ich habe Ihren bisherigen Ausfüh-
rungen entnommen, dass Sie über die Ent-
scheidung der Bundesregierung, das Projekt
Euro Hawk nicht fortzusetzen - also im
Frühjahr dieses Jahres - überrascht waren.

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 737 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 41
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Die
Kollegen haben schon gefragt, bezogen auf
die Gespräche oder Kontakte zwischen
Minister persönlich und den Staatssekretä-
ren. Ich will es mal allgemeiner sagen, was
also sozusagen den Bedarfsdecker - in die-
sem Fall also Bundesregierung, Bundes-
wehr - betrifft: Gab es im Zeitraum zwischen
Ende 2011 und Ende 2012 klare und un-
missverständliche Hinweise, dass das Pro-
jekt nicht fortgesetzt würde, wenn die Zulas-
sungsprobleme nicht gelöst würden? Schrift-
lich oder mündlich?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja gut, ich
meine, es gab Hinweise, wenn die Zulas-
sungsprobleme nicht gelöst werden, dass es
dann nicht zu einer Serienbeschaffung
kommt. Ja.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): In wel-
cher Form?

Zeuge Bernhard Gerwert: Aber - -
Mündlich. Also mir gegenüber zumindest
mündlich.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Also,
Sie haben vorhin - - Entschuldigen Sie, wenn
ich dazwischenfrage, weil Sie haben vorhin
die Wendung benutzt, -

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, ja.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): - das
würde infrage gestellt sein.

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, das - -

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Das ist
was anderes als - - Deshalb meine Frage:
Gab es eine klare und unmissverständliche
Ansage, dass man gesagt hat: „Wenn die
Probleme nicht gelöst sind, ist es mit der
Serie nicht zu machen“?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ich meine,
wenn Sie das Seriengerät nicht zulassen
können, dann können Sie die Serie nicht
bestellen. Das ist ja vollkommen logisch. Von
daher gesehen war das natürlich immer Be-
standteil der Gespräche. Aber die Frage, die
ja nicht beantwortet war - und jetzt muss man
ja noch mal unterscheiden bei dem Thema
der Zulassung: was will ich denn zulassen - -

das habe ich auch erwähnt, mehrmals in
dem heutigen Gespräch.

Die Zulassung zum Fliegen im zivilen
Luftraum - Kategorie 3 -, da sage ich ganz
klar: Das war für mich zumindestens seit
langer Zeit klar, dass dieses nicht erreichbar
ist. Das war für mich eigentlich schon klar zu
dem Zeitpunkt, als die entsprechenden - -
oder dass es sehr schwierig erreichbar ist,
als die entsprechenden Verträge unter-
schrieben wurden.

Aber unter dem Thema „Kategorie 2“ -

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Klar.

Zeuge Bernhard Gerwert: - sind wir da
davon - auch wir als Industrie - ausgegan-
gen, dass dieses erreichbar ist.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Sie
wird doch auch zum Ende des Entwicklungs-
vertrages - - wird diese Art der Musterzulas-
sung noch nicht gegeben gewesen.

Zeuge Bernhard Gerwert: Die Kategorie
2?

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Auch
für Kategorie 2 nicht, nein.

Zeuge Bernhard Gerwert: Aber - -

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Des-
halb reden wir ja über die Dokumentations-
erfordernisse, -

Zeuge Bernhard Gerwert: Herr Ab-
geordneter.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): - die
noch nachgeliefert werden müssen.

Zeuge Bernhard Gerwert: Herr Ab-
geordneter, noch mal: Das ist eine Frage der
Kosten, die damit verbunden sind.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Aber
auch des Zeitraums.

Zeuge Bernhard Gerwert: Und des Zeit-
raums. Aber - -

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Haben
Sie denn diese Überlegung, die es ja auch
schon länger gab, über eine alternative Zu-
lassung, Vorläufige Verkehrszulassung

Drucksache 17/14650 – 738 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 42
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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etc. - - Waren Sie dort eingebunden in die
Überlegungen, und wie haben Sie dazu ge-
standen?

Zeuge Bernhard Gerwert: Die haben wir
vorgeschlagen. Die habe ich persönlich auch
noch mal vorgeschlagen. Aber jetzt nicht -
müssen wir auseinanderhalten - für die Serie.
Dass man zumindest nach Erreichen des
Entwicklungsergebnisses den Demonstrator
mit einer sogenannten vorläufigen Verkehrs-
zulassung im Einsatz testen kann.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Wie
lange hätte man diesen Status quo Ihrer
Meinung nach aufrechterhalten können?

Zeuge Bernhard Gerwert: Diesen Status
quo hätte man aus unserer Sicht zumindest
für zwei bis drei Jahre aufrechterhalten kön-
nen - auch unter einer VVZ -, hätte dann die
Erfahrung sammeln können und hätte dann
erst eine Entscheidung treffen können: Be-
schaffe ich eine Serie oder nicht? - Das war
unser Vorschlag. Darauf haben wir aber
keine Resonanz bekommen.

Stellvertretender Vorsitzender Dr. Karl
A. Lamers: Vielen Dank. - Dann kommen wir
zu Bündnis 90/Die Grünen. Frau Kollegin
Keul.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, vielen Dank. - Ich werde mich im Folgen-
den bemühen, durch die Fragen uns eine
geheime Sitzung zu ersparen, und würde
deswegen gerne noch mal auf ein Dokument
kommen, aus dem ich jetzt dann keinen Vor-
halt mache, das heißt also: ein stiller Vorhalt.

Wenn Sie sich diese Compliance List
angucken: Dazu hat uns der Zeuge Steiger
bestätigt, dass diese Liste mit diesen techni-
schen Voraussetzungen in einem gemein-
sam Gespräch in Kalifornien festgelegt wor-
den ist. Bei diesem Gespräch waren
Northrop Grumman beteiligt, die Musterprüf-
stelle WTD 61 und die EADS.

Meine Frage an Sie wäre jetzt: Wenn die
EADS mit der technischen Zulassungs-
voraussetzung des Luftfahrzeuges nichts zu
tun hat, warum war sie dann an diesen Ge-
sprächen beteiligt? Und wissen Sie, wer dort
für EADS beteiligt war?

Zeuge Bernhard Gerwert: Weiß ich
nicht. Ich weiß nicht, ob und wer daran betei-
ligt war.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Aber dass man Gespräche im Vorfeld des
Vertrages über die Voraussetzungen der
Zulassung geführt hat, ist Ihnen schon be-
kannt, oder?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, natürlich.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Gut. - Herr Gerwert, der Vertrag vom Januar
2007: Wenn dort wesentliche Änderungen
gemacht würden - es sind ja auch viele ge-
macht worden -, dann wird das auch immer
schriftlich gemacht, oder? Also, es gibt keine
mündlichen Änderungen zu solchen Ent-
wicklungsverträgen, richtig?

Zeuge Bernhard Gerwert: Also, ich gehe
davon aus, dass die alle schriftlich gemacht
werden, weil es ist ja eine Änderung zum
Vertrag. Und damit werden sie Vertrags-
bestandteil.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Gut. - Wir haben ja von verschiedenen Zeu-
gen gehört, dass es im Februar 2010 zu ent-
scheidenden Gesprächen kam, in denen
man auf die Musterzulassung dann für den
Prototyp verzichtet hat bzw. die zurückge-
stellt hat. Was wissen Sie von diesen Ge-
sprächen oder von diesem Zeitpunkt? Waren
Sie da irgendwie involviert?

Zeuge Bernhard Gerwert:War ich nicht.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Hat man Sie informiert?

Zeuge Bernhard Gerwert: Nein. War ich
nicht involviert. Also, die Gespräche finden
auf Projektleiterebene statt. Also, bei weitem
war ich da nicht informiert.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also, dass es da irgendwelche Veränderun-
gen hinsichtlich der Musterzulassungen ge-
geben hat, -

Zeuge Bernhard Gerwert: Nein.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
- ist Ihnen nicht bekannt?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 739 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 43
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Zeuge Bernhard Gerwert: Nein.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Was uns so ein bisschen ja erstaunt, ist,
dass Sie der erste Zeuge sind, der sagt: Es
war von Anfang an klar, dass es niemals eine
Kategorie-3-Zulassung geben würde. Also,
bisher war es schon so - -

Zeuge Bernhard Gerwert: Für mich.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Hm?

Zeuge Bernhard Gerwert: Für mich war
das klar.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Für Sie war das klar, auch schon Zeitpunkt
des Vertrages, ja?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, weil die
Regularien gab es ja nicht. Deswegen hat
man den Vertrag ja so gestaltet und unter-
schrieben. Ich wurde ja auch gefragt, ob wir
einen Vertrag unterschrieben hätten, in dem
das klare Bedingung war. Und ich habe klar
und deutlich gesagt, dass wir so einen Ver-
trag niemals unterschrieben hätten.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, deswegen weise ich ja darauf hin, dass
Sie in der Hinsicht der erste Zeuge sind;
denn alle Zeugen - wenn überhaupt - haben
stets nur infrage gestellt, ob der Ausschluss
der Bemühensklausel so weit geht oder
nicht. Aber dass über eine zivile Luftzulas-
sung - -

Zeuge Bernhard Gerwert: Wie können
Sie sich denn dazu verpflichten, wenn es
dazu nicht mal die Regularien gibt? Also, das
ist doch Theorie.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ist Ihnen bekannt, dass die Bemühensklausel
ausgeschlossen worden ist in dem Vertrag?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ich kenne
nicht jetzt jeden einzelnen Vertragstext.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Gut. - Dann frage ich Sie jetzt: Sie haben
eben noch mal gesagt, Sie können bis heute
nicht nachvollziehen, warum die Bundes-
regierung die Serie nicht bestellt.

Zeuge Bernhard Gerwert: Ich habe - -

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Das verstehe ich nun wiederum nicht; denn
wenn wir jetzt einmal die Fakten - -

Zeuge Bernhard Gerwert: Ich - - Halt!

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ich habe ge-
sagt: Ich kann die 500 bis 600 Millionen nicht
nachvollziehen. Und wenn ich das richtig
verstanden habe, ist die Entscheidung des
Verteidigungsministeriums darauf begründet,
dass es Mehrkosten von 500 bis 600 Millio-
nen gibt. Da ich die 500 bis 600 Millionen
nicht nachvollziehen kann, kann ich natürlich
auch die Entscheidung nicht nachvollziehen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ach so. - Aber dann sind Sie schon - - sind
wir uns einig, dass eine irgendwie geartete
Anschaffung einer Serie nur Sinn hätte, wenn
es in irgendeiner Weise eine Musterzulas-
sung gibt mindestens der Stufe Kategorie 2,
und dass es ohne Musterzulassung keinen
Sinn hat?

Zeuge Bernhard Gerwert: Da sind wir
uns einig.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Gut. - Dann würde ich jetzt die Fragen wei-
tergeben an den Kollegen Nouripour.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich würde gerne noch mal zu-
rückkommen zu Ihrer Empfehlung, man
möge sich doch mal unbedingt den Global
Hawk anschauen als Trägersystem. Welche
relevanten Unterschiede gibt es denn zwi-
schen Block 30 oder Block 40 und dem, was
jetzt gerade nicht mehr fliegen wird?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja gut, der
Block 20 - das muss man mal sehen -, der ist
ja nun auch vor 15 Jahren oder noch länger
entwickelt worden. Der Block 40 ist jetzt ge-
rade in der Entwicklung. Block 30 ist gerade
in der entsprechenden Auslieferung. Von
daher gesehen haben viele Komponenten
einen entsprechend anderen Standard.

Und - ich möchte einen zweiten Satz
dazufügen, um das auch noch mal deutlich

Drucksache 17/14650 – 740 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 44
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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zu machen -: Man muss sich vorher sehr
genau anschauen - ich glaube, das ist ja der
Knackpunkt -: Inwieweit ist die deutsche
Zulassungsbehörde dann in der Lage, willens
und fähig, amerikanische Zulassungen anzu-
erkennen?

Bevor man das nicht gemacht hat, würde
ich auch diesen Schritt nicht gehen, weil
sonst werden Sie nachher wieder damit kon-
frontiert vonseiten des Lieferanten der Platt-
form, der sagt: Ja, Moment, ihr verlangt was
von uns, was nicht gegeben ist.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Gehen Sie davon aus, dass der
Block 40 dann Sense and Avoid System
haben wird, was funktioniert?

Zeuge Bernhard Gerwert: Das weiß ich
nicht, ob der wirklich ein Sense and Avoid
System haben wird. Fragen Sie meinen Kol-
legen von Northrop Grumman; ich kann es
nicht sagen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wir haben teilweise gehört, dass
es erhebliche Leistungseinbußen geben
würde beim Einsatz von ISIS, im Unterschied
zwischen HALE und MALE. Ist Ihnen davon
was bekannt?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, es gibt
Leistungseinschränkungen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Welcher Art? Oder können Sie
das quantifizieren?

Zeuge Bernhard Gerwert: Also, das
würde ich jetzt wirklich hier als nichtöffentlich
betrachten.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Okay. - Sie haben vorhin gesagt,
dass bei den Erprobungen alle Fähigkeiten
von ISIS ausgetestet werden. Habe ich das
richtig verstanden?

Zeuge Bernhard Gerwert: Soviel ich
weiß, ja.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Weil wir - -

Zeuge Bernhard Gerwert: Herr Ab-
geordneter, soviel weiß, ja. Aber ich bin nicht

der Projektleiter. Ich kenne nun wirklich nicht
jedes Detail in diesem Projekt von jeder Er-
probung jeder Woche. Also, bei weitem nicht.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wissen Sie, wer die Erprobung
auswertet?

Zeuge Bernhard Gerwert: Soviel ich
weiß, der Auftraggeber.

Stellvertretender Vorsitzender Dr. Karl
A. Lamers: So. Wir sind damit am Ende der
dritten Fragerunde, und ich möchte fragen,
ob es vonseiten einer Fraktion noch Bedarf
zu weiteren Fragen gibt. CDU/CSU? - Nein.
SPD? - Nein. FDP? - Nein. Die Linke? -
Okay, bitte schön.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Herr
Gerwert, ich möchte jetzt noch mal zu der
Frage der Alternativplattform kommen, weil
das beschäftigt uns doch sehr. Sie haben
das mitgekriegt. Und es spielt ja auch eine
große Rolle im Entscheidungsprozess der
Bundesregierung.

In dem Bericht der Ad-hoc-Arbeits-
gruppe - die ja ministeriumsseitig eingesetzt
wurde zu Euro Hawk -, der uns am 5. Juni
zur Verfügung gestellt wurde, steht: „Auswir-
kungen auf MALE-Überbrückungslösung“,
also der Entscheidung der Bundesregierung,
Euro Hawk nicht fortzusetzen. - Da steht:

Derzeit werden für die MALE UAS
Überbrückungslösung verfügbare
Systeme untersucht und Lösungs-
vorschläge erarbeitet.*

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Weil
Sie gesagt haben, Sie haben mit dem Minis-
ter also auch schon mal über grobe Kosten-
schätzungen gesprochen: Über welche Zah-
len reden wir denn da?

Zeuge Bernhard Gerwert: Auch hier bin
ich nicht bereit, die in der Öffentlichkeit zu
diskutieren.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Ich
sage das deshalb: Es wird ja auch gesagt,
wenn man jetzt diese Alternativoption hat,
dann soll die im bisherigen Kostenrahmen

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-2 BT HA zu BB 17-93,
Ordner 1, Blatt 512.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 741 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 45
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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bleiben, also Kostenrahmen von Euro Hawk.
Und die Frage ist, die sich uns als Parla-
mentarier natürlich stellt, die diese Sache zu
untersuchen haben: Ist das realistisch, ist es
überhaupt realistisch? Also, es geht mir jetzt
nicht darum, dass Sie sagen, 1,25 für F und
E, sondern um einen grundsätzlichen Rah-
men.

Zeuge Bernhard Gerwert: Noch mal: Wir
haben uns mit diesem Thema bisher nicht
intensiv beschäftigt als EADS. Dies ist bisher
eine Studie der IABG. Ich kann dazu nichts
sagen. Da müssten wir damit beauftragt wer-
den, die Frage gestellt kriegen. Dann werden
wir das sehr intensiv analysieren, und dann
können wir eine Antwort dazu geben, heute
nicht.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): An
derselben Stelle steht ja auch als eine der
Schlussfolgerungen der Bundesregierung
aus sozusagen der Euro-Hawk-Geschichte -
es geht jetzt um die Überbrückungslösung,
also selber Abschnitt hier -:

Bei künftigen Vertragsabschlüssen
beabsichtigt BMVg AIN, die Er-
reichbarkeit der Musterzulassung
durch geeignete vertragliche Re-
gelungen (z. B. Rücktrittsrecht [mit
der Folge eines Rückgewähr-
schuldverhältnisses] bei Nicht-Er-
reichen einer Musterzulassung) si-
cherzustellen.*

Da habe ich Sie verstanden, dass im
Jahre 2007 so etwas für Sie überhaupt nicht
infrage gekommen wäre, Sie einen solchen
Vertrag nie und nimmer abschließen würden.

Zeuge Bernhard Gerwert: Richtig.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Gilt
das heute auch so, dass also diese Aussage
hier infrage zu ziehen wäre, weil es dafür gar
keine Vertragspartner industrieseitig gäbe,
für eine solche Variante?

Zeuge Bernhard Gerwert: Wir sind
heute erst mal einen Schritt weiter als im
Jahr 2007 mit den Voraussetzungen der
Zulassung. Aber natürlich würden wir auch
nur bereit sein, einen - so, wie Sie das ge-
rade beschrieben haben; ich will das in mei-

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-2 BT HA zu BB 17-93,
Ordner 1, Blatt 512.

nen Worten ausdrücken - Festpreis zu unter-
schreiben, wenn die entsprechenden Leis-
tungen dazu eindeutig kalkulierbar wären
und das Risiko überschaubar wäre. Wenn
nicht, würden wir das auch heute nicht tun.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Und
die Zulassungsproblematik bei einer solchen
Überbrückungslösung MALE, wie ist die ein-
zustufen, also jetzt vor dem Hintergrund der
jetzigen Erfahrungen?

Zeuge Bernhard Gerwert: Aus der jetzi-
gen Erfahrung mit einer Neuentwicklung
Zulassung Kategorie 2 - müssen wir unter-
scheiden - wahrscheinlich mit einem doch
erheblich eingegrenzten Risiko. Ich will nicht
sagen, dass das risikolos ist - es gibt keine
Entwicklung, die risikolos ist -, aber über-
schaubar und mit eingrenzbarem Risiko.

Eine Zulassung der Kategorie 3 können
Sie heute nicht vertraglich festpreislich ver-
einbaren - wie soll das gehen? -, weil es die
rechtlichen Voraussetzungen dazu in
Deutschland und in Europa nicht gibt. Also,
ich würde ja einen Blankoscheck unter-
schreiben für irgendetwas, was gar nicht
geregelt ist. Ich glaube, es ist verständlich,
dass man das nicht macht.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Andere
Frage: Wenn man ein Joint Venture eingeht,
erwartet man eine Win-win-Situation, in die-
sem Fall auch mit Northrop Grumman und
EADS. War die gegeben, obwohl Sie ja da
sagen: „Es gibt eigentlich eigenständig zwei
Komponenten dieses Systems; wir haben
damit eigentlich gar nichts miteinander zu
tun“?

Zeuge Bernhard Gerwert: Nein, nein!

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Abge-
sehen davon, dass man ein gemeinsames
Geschäft gemacht hat; technologisch: Worin
besteht die Win-win-Situation?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ich will hier
nicht falsch verstanden sein, dass wir eigent-
lich nichts miteinander zu tun haben. Wir
haben ein Joint Venture, wir sind gemeinsam
verantwortlich für die Integration des ISIS-
Systems in die Plattform, und wir sind Part-
ner in diesem Programm. Was wir nicht be-
urteilen können - ich glaube, das ist auch
nachvollziehbar -, ist: Inwieweit entsprechen

Drucksache 17/14650 – 742 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 46
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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bestimmte Komponenten des Euro Hawk,
bestimmte Technologien des Euro Hawk den
deutschen Zulassungsvoraussetzungen?
Das können wir nicht beurteilen, und das ist
die Aufgabe der deutschen Zulassungsbe-
hörde gemeinsam mit Northrop Grumman.
Ich glaube, da liegt der Unterschied. Aber die
Win-win-Situation war natürlich dadurch ge-
geben: Wir entwickeln unser ISIS-System
erfolgreich, Northrop Grumman liefert die
Plattform, und gemeinsam haben wir ein
System.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Aber
Sie haben auch Erkenntnisse daraus gezo-
gen, wie man eine solche Plattform baut?

Zeuge Bernhard Gerwert: Nicht, wie
man eine solche - - Ich würde jetzt nicht sa-
gen, wie man so eine Plattform baut, sondern
Integration von entsprechenden Sensorik-
systemen in eine unbemannte Plattform.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Könnte
denn Cassidian eine solche Plattform - ich
rede jetzt vom Format nur Global Hawk - in
absehbarer Zeit bauen?

Zeuge Bernhard Gerwert: Nein.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Brau-
chen Sie MALE als - wir reden von Überbrü-
ckung - eine Brückentechnologie?

Zeuge Bernhard Gerwert: Nein, wir
müssen noch mal unterscheiden das Thema
Global Hawk/Euro Hawk, also diese soge-
nannte HALE-Kategorie, allein von den
Stückzahlen, die hier zur Diskussion stehen.
Sie sehen: In Deutschland reden wir über
vier Systeme, wenn wir bei einem Einsatz
der HALE-Kategorie bleiben, also fliegen in
einer Höhe 60 000 Fuß, 36 Stunden Stand-
zeit und, und, und. Das würde wirtschaftlich
keinen Sinn machen, so ein System in
Deutschland zu entwickeln. Das wäre auch
wirtschaftlich nicht - - Das würde ich gerne
machen; aber das macht überhaupt keinen
Sinn.

In der MALE-Kategorie sieht das natürlich
anders aus. Hier hätten Sie ja ein System,
das multifunktional einsetzbar wäre mit sehr
vielen unterschiedlichen Sensoren. Also, hier
reden wir ja eben nicht nur, wie jetzt beim
Global Hawk, unter dem Thema Signalauf-
klärung, sondern hier ging es ja insbeson-

dere um das Thema optische Aufklärung,
Radaraufklärung. Hier ging es insbesondere
auch ja um das Thema Einsatz weit über den
militärischen Bereich hinaus. Also, wir reden
über ganz andere Stückzahlen, wir reden
auch über andere Kosten, Beschaffungs-
kosten. Von daher gesehen haben wir ein
Interesse an dieser MALE-Entwicklung - ob
Sie das jetzt European MALE nennen oder
nicht -, an einer UAV-Kategorie in dieser
Klasse.

Wirklich, es macht keinen Sinn, dass wir
jetzt darüber nachdenken, eine Plattform wie
Euro Hawk zu entwickeln und zu bauen. Das
wäre wirtschaftlich ja - - wäre wirtschaftlich
nicht gerechtfertigt.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So. - Jetzt kommt Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Kollege Nouripour, bitte.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wissen Sie, was das ISIS-Sys-
tem wiegt?

Zeuge Bernhard Gerwert: Das weiß ich
nicht.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich frage deswegen, weil bei
dieser Studie zu den Alternativen ja auch
zum Beispiel das System Heron TP genannt
ist. Und Heron TP hat eine Nutzlast von
1 Tonne.

Zeuge Bernhard Gerwert: Also, He-
ron TP kann das ISIS-System, wie es heute
entwickelt und gebaut ist, nicht tragen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das heißt, von den drei Ergeb-
nissen in Alternativen - - in dieser Studie
taugen eigentlich nur zwei?

Zeuge Bernhard Gerwert: Wenn ich das
richtig verstanden habe, hat man ja wohl
darüber nachgedacht, dann einen Heron TP
aufzuteilen. Also, Sie wissen, dieses ISIS-
System hat eine sogenannte - jetzt wird es
technisch - COMINT-Komponente, eine
ELINT-Komponente. Und Sie fliegen dann
mit zwei Systemen, zwei Aufklärungskompo-
nenten. Ich halte das für nicht machbar.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich will noch mal zu der Auswer-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 743 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 47
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

tungsfrage zurückkommen. Ich hatte Sie ja
gefragt, wer denn die Erprobungsergebnisse
auswertet. Darf ich da noch mal nachfragen?

Zeuge Bernhard Gerwert: Soviel ich
weiß, der Auftraggeber.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Die Relevanz der Frage ist für
uns auf der einen Seite, weil natürlich die
Auswertung auch relevant ist - wer bestimmt
denn am Ende auch die Qualität? -, und auf
der anderen Seite, gerade wenn es so ist,
dass der Kommunikationsstrang bei der Füh-
rung der Drohne und bei der Aufklärung
quasi einer ist, natürlich relevant, wer beide
Daten bekommt, die auch hochsensibel sein
können. Nur haben wir bisher Zeugen ge-
habt, die gesagt haben, dass die Auswertung
durch die Industrie erfolgt. Das können Sie
nicht bestätigen?

Zeuge Bernhard Gerwert: Das kann ich
nicht bestätigen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie haben vorhin gesagt, dass
die Zahl 200 Millionen aus Ihrer Sicht plausi-
bel ist als Mehrkosten für die Zulassung.
Könnten Sie grob darstellen, wie diese Zahl
eigentlich zustande gekommen ist?

Zeuge Bernhard Gerwert: Nein, kann ich
nicht bis ins Detail. Erstens kommen die De-
taildaten von unserem Partner Northrop
Grumman. - Kann ich nicht.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aber Sie halten die Zahl für
glaubwürdig? Weil sonst hätte ja die Euro-
Hawk GmbH sie nicht rausgehauen.

Zeuge Bernhard Gerwert: Zumindest
soweit, wie sie mir vorliegen, ja.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Damit ich das auch noch mal
verstehe: Sie haben vorhin bestätigt, dass
bei einem MALE-System es Leistungsein-
buße gibt gegenüber einem HALE-System.

Zeuge Bernhard Gerwert: Allein auf-
grund der Physik. Deswegen muss man sich
das aber sehr genau angucken.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aufgrund des Kegels in der
Höhe?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, ja, klar.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Okay.

Zeuge Bernhard Gerwert: Aufgrund der
Höhe. Je höher Sie sind, desto weiter kön-
nen Sie schauen. Das ist, glaube ich - -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Gibt es weitere Gründe, die
Ihnen darüber bekannt sind, oder ist es
nur - -

Zeuge Bernhard Gerwert: Bitte?

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Gibt es weitere Gründe, oder ist
es nur diese Kegelgeschichte?

Zeuge Bernhard Gerwert: Also, ein ganz
wesentliches Thema ist natürlich die Höhe.
Aber wenn Sie jetzt dieses System in ein
bemanntes Flugzeug einbauen, dann gibt es
sicherlich noch viele, viele andere Frage-
stellungen dazu.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Könnten Sie kurz darstellen, wie
es dazu gekommen ist, dass es die Euro-
Hawk GmbH gegeben hat? Ist das eine Idee
gewesen - -

Zeuge Bernhard Gerwert: Bitte?

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Die EuroHawk GmbH, die Ent-
stehung, ist das eine Idee gewesen der bei-
den sozusagen Inhaber, oder ist das eine
Idee gewesen der Bundesregierung?

Zeuge Bernhard Gerwert: Die Entste-
hung des Gesamtsystems?

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Nein, der GmbH, von der GmbH.

Zeuge Bernhard Gerwert: Ach so, der
GmbH. Das war eine Forderung des Auftrag-
gebers.

Drucksache 17/14650 – 744 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 48
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Der Auftraggeber hat sozusa-
gen - -

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, ja, der
Auftraggeber hat gefordert, dass es eben
keine Einzelbeauftragung gibt, auf der einen
Seite Northrop Grumman, auf der anderen
Seite EADS, sondern dass er einen An-
sprechpartner für das Gesamtsystem haben
möchte; daher die EuroHawk GmbH.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Halten Sie das aus heutiger Sicht
für richtig, dass das so gekommen ist?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Der Minister de Maizière hat ja
als für ihn maßgeblichen Grund für das
Scheitern des Projekts verschiedene Vor-
stellungen zwischen Industrie und Auftrag-
geber bei der Zulassungsfrage benannt.
Können Sie das nachvollziehen?

Zeuge Bernhard Gerwert: Hat er ver-
schiedene Vorstellungen bezüglich der Zu-
lassung oder verschiedene Vorstellungen
bezüglich der Kostenhöhe der Zulassung - -
Ich glaube - -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Nein, nein, er hat gesagt, von
Anfang an, also jetzt nicht die letzten zwei
Jahre, von Anfang an hätte es völlig ver-
schiedene Vorstellungen gegeben bei der
Zulassungsfrage. Und wir haben ja auch
Zeugen gehabt, die gesagt hätten, die aus-
gesagt haben, dass zumindest der amerika-
nische Teil der Industrie schlicht das deut-
sche Zulassungssystem jahrelang nicht ver-
standen hat.

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, vielleicht
nicht nur der amerikanische Teil; ich habe
auch manchmal noch Probleme, es zu ver-
stehen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sind Sie der Meinung, dass das
alles zu streng ist im internationalen Ver-
gleich? Sie haben ja vorhin gesagt, dass
andere Länder das anders handhaben.

Zeuge Bernhard Gerwert: Ich bin der
Meinung, man muss da noch mal sehr genau
hinschauen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich habe noch eine letzte Frage
zum Thema Mehrkosten, wenn man früher
ausgesetzt hätte etc. pp. Wenn der Full
Scale Demonstrator nicht übernommen wird,
dann wird es ja billiger erst mal, zumindest
an dieser Kostenstelle. Hätte man deutlich
früher aber gestoppt, hätte man es ja gar
nicht übernehmen müssen. Kommt das im-
mer noch zusammen mit Ihrer These, dass
ein früheres Stoppen das deutlich teurer
gemacht hätte?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, das frü-
here Stoppen hätte die Entwicklung erst mal
des ISIS-System ja auch beendet. Noch mal:
immer unter der Voraussetzung, dass dieses
System gebraucht wird; davon gehe ich na-
türlich weiterhin aus. Ich meine, wenn die
Bundesregierung oder das Verteidigungs-
ministerium jetzt entscheidet: „Das brauchen
wir alles nicht, der Frieden ist ausgebrochen,
wir brauchen keine militärischen Systeme
mehr“, dann hätte man früher aufhören sol-
len. Aber ich gehe ja heute immer noch da-
von aus, dass dieses System beschafft wer-
den soll, und von daher gesehen, meine ich,
ist es richtig gewesen, diese Testphase zu
Ende zu führen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ja, mir ging es ja um diese Frage
des Moratoriums, was wir ja vorhin schon
mal miteinander besprochen haben, wo Sie
ja gesagt haben, das würde ja zu Mehrkos-
ten führen, weil man ja dann quasi - -

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, weil man
dann hingeht und - - Das hatten wir ja vorhin
schon mal erläutert: Wenn ich abgebrochen
hätte, dann hätte ich auch die Entwicklung
abgebrochen des ISIS-Systems, hätte das
ins Regal gelegt, hätte es irgendwann wieder
rausgeholt und hätte zumindest einen Teil
wieder neu machen müssen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Klar, aber dann wäre ja der
Übergang des Full Scale Demonstrator in
den Besitz der Bundesrepublik Deutschland
nicht mehr erfolgt, und damit wäre das doch
zumindest - -

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 745 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 49
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Bernhard Gerwert: Aber was
hätten Sie dann - - Was wäre dadurch groß
gespart gewesen?

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Über 300 Millionen.

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, Moment,
„über 300 Millionen“: Dann hätten Sie den
Auftrag nie vergeben dürfen. Sie können
doch nicht heute hingehen und sagen: Über
300 Millionen. - Sie hätten 300 Millionen
gespart, wenn Sie 2007 keinen Auftrag ge-
geben hätten oder wenn Sie 2002 nicht an-
gefangen hätten mit der Idee, so ein System
zu entwickeln. Sie können doch nicht heute
sagen: Da hätte ich 300 Millionen gespart. -
Klar, 300 Millionen hätten Sie gespart, wenn
Sie nichts gemacht hätten.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Keiner war dann ja frei.

Zeuge Bernhard Gerwert: Ich glaube, da
waren viele dran beteiligt. - Also, das ist ja
nun wirklich Unsinn.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Kollegin Keul.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ach so, dann machen wir eine neue Runde.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das war
wichtig, diese Aussage!)

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut. - Jetzt kommt die CDU/CSU-Fraktion. -
Keine weiteren Fragen. SPD? - Herr Kollege
Bartels.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Nur eine
Frage, die wir ganz zu Anfang hätten stellen
sollen: Können Sie kurz sagen, seit wann Sie
in dieser Verantwortung sind, die Sie jetzt
haben, und was Sie vorher gemacht haben?

Zeuge Bernhard Gerwert: Also, in dieser
Verantwortung bin ich seit 1. September
2012, das heißt, ein Jahr; davor war ich ver-
antwortlich für das sogenannte operative
Geschäft von Cassidian für ein Jahr, und
davor war ich verantwortlich für die soge-
nannten militärischen Systeme, also die
Flugsysteme von Cassidian, Military Air Sys-
tems.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Keine weiteren Fragen mehr? - Nicht. FDP? -
Herr Kollege Krestel.

Holger Krestel (FDP): Sie haben eben
auf die Frage des Kollegen Nouripour geant-
wortet, wenn Sie mehrere Hundert Millionen
sparen wollten, hätten Sie 2007 diesen Auf-
trag nicht erteilen bzw. schon 2002 diese
Entscheidung nicht fällen dürfen. Können Sie
uns dazu noch ein bisschen ausführen, bitte?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja. In dem
Moment, als Sie den Vertrag - - also, als sie
anfingen, über dieses System nachzuden-
ken - also, „sie“ jetzt kleingeschrieben -, und
alle Systemstudien dazu erstellt haben, dann
den Vertrag unterschrieben haben, war ja
nun klar, dass dieses seinen Preis und seine
Kosten hat. Von daher gesehen war ja auch
klar, dass sie eine amerikanische Plattform
geordert haben und eine deutsche Entwick-
lung eines ISIS-Systems. Und es war ja auch
klar, dass vom ersten Tag an die Uhr tickt
und damit auch Kosten anfallen und damit
entsprechend wir als Auftragnehmer natürlich
auch dafür bezahlt werden möchten.

Sie können sich jetzt höchstens noch da-
rüber streiten, wenn sie das jetzt dann ir-
gendwann abgebrochen hätten, wie hoch
denn dann die Kosten gewesen wären. Aber
die Kosten wären ja mit Sicherheit nahe bei
den 300 gewesen. Ich glaube, das muss
auch jedem klar sein. Die wären ja nicht null
gewesen, und die wären auch wahrscheinlich
nicht nur 150 Millionen gewesen.

Holger Krestel (FDP): Demzufolge ist
also in den letzten, sagen wir mal, zwei Jah-
ren und sechs Monaten - - Diese Schadens-
range von 500 Millionen, die da zu Beginn
dieser ganzen Geschichte, weswegen wir
hier heute sitzen, durch die Medien geisterte,
ist also reine Spekulation, die durch die Sa-
che nicht gedeckt ist?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, die
500 Millionen - wenn Sie jetzt sogar von
500 Millionen reden - hätten sie sich gespart,
wenn sie keinen Auftrag vergeben hätten,
natürlich.

(Der Zeuge berät sich mit seinem
Rechtsbeistand)

Jetzt habe ich hier - - Wiederholen Sie
Ihre Frage noch mal? Habe ich jetzt die rich-

Drucksache 17/14650 – 746 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 50
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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tige Antwort auf die falsche Frage gegeben,
oder - -

Holger Krestel (FDP): Na ja, man ver-
sucht ja jetzt, die Ursache eines eventuell
entstandenen Schadens möglichst an dem
Schluss des ganzen Projekts zu konzentrie-
ren, und wenn ich Sie richtig verstanden
habe, liegt doch das Schwergewicht eines
eventuellen Schadens mehr so am Beginn
des Projekts und mittendrin, also 2002 und
2007.

Zeuge Bernhard Gerwert: In dem Mo-
ment - noch mal -, in dem sie das Projekt
initiiert haben und einen Vertrag unterschrie-
ben haben, müsste ihnen klar gewesen sein,
was auf sie zukommt.

Und der zweite Punkt des Schadens: Aus
meiner Sicht kann man jetzt lange darüber
spekulieren: Wo ist denn der Schaden ein-
getreten? Wir haben keinen Serienauftrag.
Vielleicht ist der Schaden für uns eingetreten.

Holger Krestel (FDP): Deswegen sagte
ich ja auch „eventueller Schaden“, weil das
so durch bestimmte Kräfte behauptet
wurde. - Aber ich habe keine weiteren Fra-
gen. Vielen Dank.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön. - Jetzt kommen die Linken.
Bitte schön, Kollege Schäfer.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Ja, ich
habe nur noch eine kleine Nachfrage - bevor
der Kollege Koch noch eine Frage hat -,weil
ich zwei Aussagen von Ihnen nicht zusam-
menbringe; ich wollte es einfach noch mal
nachgefasst haben. Sie haben ja einerseits
gesagt, dass Sie die IABG-Studie nicht ken-
nen, also jetzt im Detail, haben aber an an-
derer Stelle davon gesprochen, dass man ja
bei Alternativplattformen - Heron - das auf-
teilen müsste, also sozusagen auf zwei:
COMINT und IMINT. Nun ist das Bestandteil
der Studie. Also - -

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, ich habe
natürlich darüber gehört, dass es solche
Überlegungen gibt. Aber wir waren nicht an
der Studie beteiligt, und die Studie ist mir
auch nicht - - Ich habe vom Verteidigungs-
ministerium nicht gesagt bekommen: „Ja-
wohl“, oder die Studie bekommen: Was ist

Ihre Meinung dazu, wie sehen Sie das? -
Das ist nicht passiert.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege Koch.

Harald Koch (DIE LINKE): Ja. Nur fürs
Protokoll, wurde vorhin ja mal gesagt. Vielen
Dank. - Herr Gerwert, ich komme noch mal
auf das ISIS-System und die Erprobungs-
phase zurück. Wer ist denn Eigentümer des
ISIS-Systems insgesamt während der Erpro-
bungsphase, wenn zum Beispiel geflogen
wird mit einem Euro Hawk?

Zeuge Bernhard Gerwert: Also, kann ich
jetzt nicht direkt sagen. Ich gehe davon aus,
der Auftraggeber, da es ja ein Entwicklungs-
projekt ist. - Aber noch mal: Ich gehe davon
aus.

Harald Koch (DIE LINKE): Nun hatten wir
ja bei den bisherigen Zeugenbefragungen
erfahren - stand ja auch schon in der
Presse -, dass bei diesen Erprobungen, im
Süden Deutschlands stattfindend, nicht nur
Daten von den extra installierten Stationen
empfangen werden, die also für die Erpro-
bung aufgestellt wurden, die also Erpro-
bungssignale senden, sondern auch Daten
mit aufgesammelt werden, weil sie nicht un-
terschieden werden können, aus dem Mo-
bilfunkbereich zum Beispiel. Was geschieht
mit diesen Daten, die jetzt in den kommer-
ziellen Bereich gehören, die ja letztendlich
auch dem Datenschutz unterliegen?

Zeuge Bernhard Gerwert: Also, wir
werten diese Daten nicht aus. Diese Daten
gehen an den Auftraggeber. Was der Auf-
traggeber mit diesen Daten macht, weiß ich
nicht.

Harald Koch (DIE LINKE): Hätten nach
Ihrer Meinung der Bundesdatenschutzbeauf-
tragte oder der Landesdatenschutzbeauf-
tragte Bayerns oder was noch berührt wird
durch die Testflüge mit einbezogen werden
müssen?

(Markus Grübel (CDU/CSU): Zehn
Bundesländer!)

Zeuge Bernhard Gerwert: Das weiß ich
nicht, kann ich nicht beurteilen. Das ist eine
Rechtsfrage. Da muss man jemanden fra-
gen, der rechtliche Kenntnisse dazu hat.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 747 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 51
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Harald Koch (DIE LINKE): Ich hatte ja zu
Beginn bewusst die Frage gestellt, wer
Eigentümer ist, und Sie haben auch recht
zögerlich geantwortet.

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, weil ich
gesagt habe: Ich gehe davon aus, dass - -

Harald Koch (DIE LINKE): Ja, ich will nur
sagen: Ist Ihnen als Geschäftsführer be-
wusst, dass dies eventuell einen Straftat-
bestand darstellen könnte - weil Verstoß
gegen Art. 10 Grundgesetz - und letztendlich
Sie als Zustandsstörer zumindest - vielleicht
nicht als Verursacher - in die Pflicht genom-
men werden können?

Zeuge Bernhard Gerwert: Also, das ist
eine Rechtsfrage; muss ich rechtlich prüfen.

Harald Koch (DIE LINKE): Da gebe ich
Ihnen recht. - Danke schön; das war es von
meiner Seite.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Haben die Linken keine weiteren Fragen? -
Dann kommt die Frau Kollegin Keul von den
Grünen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, ich will da noch mal anknüpfen. - Herr
Gerwert, ich muss sagen, ich bin doch etwas
erstaunt. Also, ich meine, ich gehe fest da-
von aus - und die Bundeswehr tut das und
das BMVg und alle Zeugen, die wir bisher
vernommen haben -, dass Sie selbstver-
ständlich Eigentümer sind, bis die Abnahme
erfolgt, bis zum 30.09., und dass die Erpro-
bung dieses Systems auch ausschließlich in
den Händen der Industrie erfolgt. Auch alle
Zeugen, die wir befragt haben, die dazu et-
was sagen können, haben gesagt: Wir haben
keine eigenen Erkenntnisse über die Erpro-
bung von ISIS; alles, was wir wissen, wissen
wir von der Industrie, die in eigener Regie ihr
eigenes System derzeit ausschließlich testet.
- Ich will Ihnen das einfach nur noch mal
vorhalten. Vielleicht überdenken Sie noch
mal Ihre auch etwas zögerliche Einlassung.
Könnte es sein, dass es vielleicht doch an-
ders ist, als Sie es eben vermutet haben?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ich habe,
glaube ich, eine klare Aussage dazu ge-
macht. Ich habe gesagt: „Ich persönlich gehe

davon aus“, und damit kann es auch anders
sein.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja.

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Vielleicht liegt das irgendwie an Informa-
tionsabläufen oder Ähnlichem im Unterneh-
men, die wir nicht kennen; aber -

Zeuge Bernhard Gerwert: Mag ja sein.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): - ich stelle mir vor, dass sozusa-
gen als Chef des Unternehmens die Eigen-
tumsfrage und die Verantwortlichkeit für die
eigenen Systeme sozusagen auf Ihrem Tisch
landen müssten. Ist das nicht so? Also, wie
muss ich - - Wie kann das sein, dass Sie das
nicht so genau wissen?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ich habe
meine Antwort dazu gegeben. Mehr kann ich
dazu nicht sagen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Gerwert, wir hatten ja vorhin schon mal
das Problem thematisiert, dass die Ver-
schlüsselungstechnik für ISIS ja derzeit doch
so ist, dass, wenn man es jetzt nutzen
würde, es gerade nicht für „German eyes
only“ wäre - das war ja mal eine Vorausset-
zung -, sondern dass dort Verschlüsse-
lungstechnik auch der NSA eine Rolle spielt.
Kriegen wir denn das gelöst? Wenn man
ISIS jetzt woanders einbaut, würde man
dann auch davon wegkommen, dass man
also auch eine eigene, eine nationale Ver-
schlüsselungstechnik dem beifügen könnte?
Sonst würde ich mich ja fragen, ob der Nutz-
wert oder der Brauchwert überhaupt noch
gegeben ist für ISIS.

Zeuge Bernhard Gerwert: Natürlich
könnten wir, wenn wir dazu beauftragt wer-
den, eine eigene Verschlüsselungstechnik
dazu liefern. Aber ob der Auftraggeber dazu
eine Verschlüsselungstechnik bei uns beauf-
tragt oder nicht, ist Sache des Auftraggebers;
kann ich Ihnen nicht beurteilen. Wenn wir
beauftragt werden, liefern wir eine Ver-
schlüsselungstechnik, natürlich.

Drucksache 17/14650 – 748 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 52
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Gut, das hilft mir ja schon weiter. Also, die
Tatsache, dass wir im Augenblick die Ver-
schlüsselungstechnik der NSA da irgendwie
benutzen müssen, liegt an der Plattform, und
wenn wir eine andere Plattform nähmen,
wäre dieses Problem lösbar. Verstehe ich
Sie richtig?

Zeuge Bernhard Gerwert: Noch mal:
Wenn wir zu einer entsprechenden Ver-
schlüsselungstechnik aufgefordert werden,
werden wir eine liefern.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rechnen Sie eigentlich mit Schwierigkeiten
bei der Abnahme des Werkes am 30.09.?
Wird das in irgendeiner Weise vorbereitet?
Gibt es vorbereitende Gespräche für die
Abnahme?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ich habe
diese Frage schon beantwortet. Aufgrund der
bisherigen Ergebnisse gehen wir davon aus,
dass wir eine erfolgreiche Abnahme des
ISIS-Systems haben werden.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
So, dann will ich noch mal auf meine ur-
sprüngliche Frage zu den Verträgen zurück-
kommen. Sie haben gesagt, Sie hätten auf
keinen Fall einen Vertrag unterschrieben, in
dem man sich zu einer Musterzulassungs-
fähigkeit verpflichtet, haben aber jetzt dann
auch wiederum gesagt, dass Sie mit dem
Vertrag selber nichts zu tun haben und ihn
auch nicht gelesen haben, weil das andere
bei Ihnen im Unternehmen tun. Wie können
Sie dann sagen - -

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, und zu
dem Zeitpunkt war ich dafür auch nicht ver-
antwortlich. Also, jetzt müssen wir doch mal
die Kirche im Dorf lassen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, das habe ich ja verstanden. Aber wie
kommen Sie dann zu der sicheren Erkennt-
nis, dass das im Vertrag nicht so drinsteht,
wenn Sie den gar nicht gelesen haben?

Zeuge Bernhard Gerwert: Das haben
mir meine Mitarbeiter so berichtet.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sie haben eben gesagt, Sie hätten niemals

einen Vertrag unterschrieben, der irgendwie
ein unklares Risiko enthält, -

Zeuge Bernhard Gerwert: Halt, halt.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
- ein unberechenbares Risiko.

Zeuge Bernhard Gerwert: Halt, halt,
halt. Ich habe gesagt, wir hätten keinen Ver-
trag zu einem Festpreis unterschrieben, der
ein unkalkulierbares Risiko enthält.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, das habe ich so verstanden.

Zeuge Bernhard Gerwert: Ich bitte das
sehr deutlich zu unterscheiden.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja.

Zeuge Bernhard Gerwert: Deswegen
haben wir solche Verträge, deswegen gibt es
Entwicklungsverträge, insbesondere zu dem
Zeitpunkt den CPM, der genau dieses zu-
lässt, dass wir einen Entwicklungsvertrag
unterschreiben mit einer entsprechenden
Bemühensklausel und dass wir diese Bemü-
hungen entsprechend vergütet kriegen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Nun hat uns der Zeuge Jung, ehemaliger
Verteidigungsminister, hier auch noch mal
geschildert, dass er genau deswegen explizit
darauf gedrängt hat, dass eben nicht die
Bemühensklausel gilt, sondern eine Ge-
währleistung, weil er sicherstellen wollte,
dass nicht die Bundesregierung auf diesem
Risiko sitzenbleibt. Wenn wir jetzt mal davon
ausgehen - 300 Millionen hat das Luftfahrt-
gerät ja gekostet in dem Vertrag -: Irgendeine
der beiden Seiten muss dieses Risiko ja
letztlich getragen haben, entweder die In-
dustrie oder die Bundesregierung. Sie sagen
jetzt, Sie hätten so einen Vertrag nicht unter-
schrieben für die Industrie, Sie hätten dieses
Risiko nicht übernommen. Hat dann also aus
Ihrer Sicht die Bundesregierung blauäugig
ein Risiko übernommen?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ich gehe da-
von aus, dass beide Seiten den Inhalt des
Vertrages kannten und wussten, was sie
unterschreiben.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 749 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 53
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, Sie haben ja gerade gesagt, Sie kennen
selber den Inhalt des Vertrages nicht.

Zeuge Bernhard Gerwert: Ich habe ja
gesagt: „beide Seiten“; Sie haben ja von der
Industrie gesprochen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also, irgendjemand muss dieses Risiko ja
letztlich tragen. Darüber sind wir uns einig,
nicht? Wenn ein Vertrag über eine Leistung
vereinbart wird - -

Zeuge Bernhard Gerwert: Noch mal:
Dafür wird ein Entwicklungsvertrag unter-
schrieben; deswegen unterschreibt die In-
dustrie einen Entwicklungsvertrag, weil sie
dieses Risiko zu einem Festpreis nicht über-
nehmen konnte. Das war der Grund, dass
dieser Vertrag so unterschrieben wurde.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, entschuldigen Sie, wir wollten das - - Ich
bin auch dabei, zu verhindern, dass wir in
Geheim gehen. Aber wir haben jetzt auch
schon von mehreren Zeugen gehört - des-
wegen ist es kein Geheimnis -, dass die Be-
mühensklausel ausgeschlossen worden ist.

Zeuge Bernhard Gerwert: Das kann ja
dann - -

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Von daher ist die Frage - -

Zeuge Bernhard Gerwert: Das wäre
dann rechtlich zu prüfen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Noch mal: Wenn die Industrie das Risiko
nicht übernommen hätte, weil man - so wie
Sie sagen - einen Entwicklungsvertrag unter-
schrieben hat, dann hätte die Bundesregie-
rung das Risiko gehabt. Richtig?

Zeuge Bernhard Gerwert: Aus unserer
Sicht haben wir einen Entwicklungsvertrag
unterschrieben, und die Konsequenzen eines
Entwicklungsvertrages sollten beiden Seiten
bewusst sein.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, das habe ich verstanden. Aber noch mal:
Wenn die Industrie das Risiko nicht trägt,
weil es ein Entwicklungsvertrag ist, dann

trägt es logischerweise die Bundesregierung.
Richtig?

Zeuge Bernhard Gerwert: Das ist die
Logik daraus.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Vielen Dank. - Der Kollege Lindner fragt
weiter.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Vielen Dank. - Ich habe nur noch
eine Nachfrage zur Zulassungsproblematik.
Haben Sie bei Cassidian, in Ihrem Unter-
nehmen, Experten, die sich mit der Zulas-
sung befassen?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Haben Sie im Laufe dieses Ent-
wicklungsprojektes mal erwogen - als sich
die Zulassungsprobleme dann offenbarten -,
solche Mitarbeiter abzustellen, in die USA zu
schicken, in irgendeiner Art und Weise bei
Northrop Grumman unterstützend tätig zu
werden, um diese Probleme vielleicht da-
durch zu lösen?

Zeuge Bernhard Gerwert: Nein, weil das
ist auch - wie zum Anfang geschildert - ein
Thema der Firma Northrop Grumman. Das
hätten wir auch nicht lösen können; das ist
vielmehr eine Frage zwischen Northrop
Grumman und der deutschen Zulassungs-
behörde oder der ML.

Ich kann nur noch mal betonen: Wenn Sie
ein Gerät nach einem gewissen Standard -
das, was ich vorhin gesagt habe - entwickelt
haben und nachher sagen: „Ich möchte aber
eine andere Entwicklung zugelassen haben“,
dann nutzen Ihnen die besten Zulassungs-
experten nichts. Dann müssen Sie es neu
entwickeln, oder Sie anerkennen den Stan-
dard, nach dem es entwickelt wurde. Da gibt
es auch keine Alternative zu.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So, die Redezeit der Grünen ist abgelaufen.
Da frage ich die CDU/CSU. - Nicht. Die
SPD? - Herr Kollege Arnold.

Rainer Arnold (SPD): Nachdem sich
Kollege Krestel so bemüht hat, die Scha-
densfrage Ihnen ja auch ein bisschen in den

Drucksache 17/14650 – 750 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 54
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Mund zu legen: Jetzt hat der Minister ja die
Serienbeschaffung gestoppt und - -

Zeuge Bernhard Gerwert: Was heißt
„gestoppt“? Er hat sie gar nicht erst beauf-
tragt.

Rainer Arnold (SPD): Ja, er wird sie
nicht beauftragen.

Zeuge Bernhard Gerwert: Ich habe eine
andere Sprache, Herr Abgeordneter. Er hat
die Serie nicht beauftragt.

Rainer Arnold (SPD): Ja, er hat aus -

Zeuge Bernhard Gerwert: Ich weiß gar
nicht, was er gestoppt hat.

Rainer Arnold (SPD): - politischen Grün-
den - wenn wir das schon diskutieren - so
getan, als ob er eine „Reißleine“ - sein Zitat -
zieht. Er hat aber gar keine Reißleine gezo-
gen. Insofern haben Sie recht.

Zeuge Bernhard Gerwert: Danke schön.

Rainer Arnold (SPD): Aber es gibt keine
Serienbeschaffung, es gibt keine schnelle
andere Lösung. Falls es auf eine europäi-
sche oder deutsche MALE hinausläuft, liegt
dieses ISIS-System eben zwischen 5 und
15 Jahren im Regal. Ist das dann auch kein
Schaden? - Der Erkenntnisgewinn alleine
schließt ja keine Fähigkeitslücke.

Zeuge Bernhard Gerwert: Herr Ab-
geordneter, deswegen haben wir ja den Vor-
schlag gemacht: Nutze den Demonstrator
auch im operativen Einsatz, oder -

Rainer Arnold (SPD): Aber meine
Frage - -

Zeuge Bernhard Gerwert: - fahre auch
operative Tests mit dem. Und wenn das so
wäre, dann könnten wir die Einsatzfähigkeit
des Demonstrators nicht nur beweisen, son-
dern auch nutzen.

Rainer Arnold (SPD): Ihre Alternative in
Ehren, aber meine Frage war ja: Es gibt
schon einen Schaden, wenn dieses System
dort liegt, veraltet, und man im Grunde ge-
nommen - -

Zeuge Bernhard Gerwert: Natürlich,
wenn dieses System die nächsten 10 bis
15 Jahre da liegt, dann gibt es einen Scha-
den.

Rainer Arnold (SPD): Dann haben wir
einen Schaden. So ist es, ja.

Zeuge Bernhard Gerwert: Aber das
wollen wir ja verhindern, dass das System 10
bis 15 Jahre da liegt.

Rainer Arnold (SPD): Wenn es so wäre,
wie Kollege Krestel vermutet hat - es gibt
keinen Schaden -, gibt es dann eine Erklä-
rung aus Ihrer Sicht - vielleicht haben Sie
darüber mit dem Minister auch gesprochen
oder mit dem Haus -, warum das Ressort
eine Kanzlei beauftragt, um zu prüfen, ob
man Schadensersatz einfordert? Wenn es
keinen Schaden gibt, kann ich auch keinen
Schadensersatz einfordern.

Zeuge Bernhard Gerwert: Ich habe da-
rüber nicht mit dem Minister gesprochen.

Rainer Arnold (SPD): Okay. Danke
schön. - Letzter Punkt: Sie sagten, die Zulas-
sungsprobleme wären ein Problem zwischen
NG und dem Verteidigungsministerium. Ich
habe das rechtlich bisher anders verstanden.
Das Problem besteht letztlich schon zwi-
schen dem Verteidigungsministerium und der
EuroHawk GmbH, die Ihnen zur Hälfte ge-
hört.

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, stimmt.

Rainer Arnold (SPD): Insofern muss Sie
das schon was angehen.

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja.

Rainer Arnold (SPD): Es wäre auch Ihr
Verlust, wenn es einen gibt. - Danke schön.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön. - Die FDP? - Nein. Linke? -
Nein. Dann Bündnis 90/Die Grünen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich habe nur noch zwei kurze
Fragen. Die erste ist: Habe ich Sie richtig
verstanden, dass Sie davon ausgehen -
aufgrund von Aussagen Ihrer Mitarbeiter -,
dass die Bemühensklausel nicht greift?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 751 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 55
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Bernhard Gerwert: Noch mal. Ich
habe das akustisch nicht - -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Dass die Bemühensklausel
greift?

Zeuge Bernhard Gerwert: Davon gehe
ich aus.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Dann letzte Frage: Können Sie
nachvollziehen oder haben Sie Verständnis
dafür, dass jetzt die Rechtsanwaltskanzlei
das Gegenteil überprüft?

Zeuge Bernhard Gerwert: Das ist die
Sache des Ministeriums.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Bereiten Sie sich auf einen
Rechtsstreit vor?

Zeuge Bernhard Gerwert: Ja, wir che-
cken natürlich unsererseits unsere Verträge,
und dann werden wir sehen. Aber ich muss
mich ja nicht auf einen Rechtsstreit vorbe-
reiten, solange nicht klar ist, ob es einen
Rechtsstreit geben wird.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Okay, dann muss ich noch mal
verstehen: Wenn das Ministerium - - Also,
Sie haben gehört, dass das Ministerium jetzt
eine Kanzlei beauftragt hat, die jetzt prüft, ob
es eine Regressforderung geben kann an die
Industrie. Sie haben daraufhin Ihre Leute
noch mal prüfen lassen, ob es aus ihrer Sicht
diese Möglichkeit gibt, und kommen zu dem
Ergebnis, dass es das nicht gibt?

Zeuge Bernhard Gerwert: Zu diesem
Ergebnis werde ich kommen, wenn ich die
klare Aussage auch von unseren Leuten
habe.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ach, das heißt, diese Überprü-
fung gab es nicht? Das ist sozusagen - - Es
war jetzt nicht eine systematische Heran-
gehen- -

Zeuge Bernhard Gerwert: Das ist im
Moment meine Auffassung dazu. Dieses wird
im Moment detailliert rechtlich geprüft.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Danke schön.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Dann Frau Kollegin Keul.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, jetzt also nur noch mal: Vor dem Hinter-
grund, dass der Zeuge selber erklärt, dass er
den Vertragstext nicht kennt, und ihm auch
sicherlich nicht zugemutet werden kann, hier
die rechtliche Bewertung eines Textes vor-
zunehmen, den er nicht kennt, reicht mir das
zur Relativierung seiner ursprünglichen Be-
wertung, sodass ich auf ein Gespräch über
den Vertragstext in nichtöffentlicher Sitzung
an dieser Stelle verzichte.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Dann sind wir am Ende unserer Befragun-
gen.

Herr Gerwert, ich darf Sie noch mal da-
rauf hinweisen, dass Ihnen nach Fertigung
des Protokolls dieses für mögliche Korrektu-
ren vom Sekretariat übersandt wird. Des
Weiteren bin ich nach § 26 Abs. 3 PUAG
gehalten, Sie zum Ende Ihrer Vernehmung
darauf hinzuweisen, dass der Untersu-
chungsausschuss durch Beschluss feststellt,
dass die Vernehmung des Zeugen abge-
schlossen ist. Die Entscheidung darf erst
ergehen, wenn nach Zustellung des Ver-
nehmungsprotokolls zwei Wochen verstri-
chen sind oder auf die Einhaltung dieser Frist
verzichtet worden ist.

Herr Gerwert, ich danke Ihnen für Ihr
Kommen und wünsche Ihnen einen guten
Nachhauseweg.

Ich unterbreche, wie angekündigt, an die-
ser Stelle die Sitzung kurz. Sie haben jetzt
zehn Minuten; um halb machen wir weiter.
Sie haben jetzt Gelegenheit für Fotos und
Presseerklärungen.

(Unterbrechung von
12.21 bis 12.39 Uhr)

Drucksache 17/14650 – 752 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 56
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Darf ich die Fotografen und Fernsehteams
bitten, den Raum zu verlassen?

Zunächst begrüße ich ganz herzlich un-
sere Dolmetscher. Die Vernehmung wird
simultan Deutsch/Englisch gedolmetscht. Die
Kopfhörer liegen Ihnen vor. Sie verstehen
auch? - Gut. Auf Kanal 2 wird Deutsch
übertragen, auf Kanal 3 Englisch. Ich weise
ausdrücklich darauf hin, dass der Zeuge
nicht sicherheitsüberprüft ist und somit Vor-
halte von Schriftstücken mit dem Geheim-
haltungsgrad VS-Vertraulich und höher nicht
zulässig sind, soweit es sich nicht um fir-
meneigene Unterlagen der Firma Northrop
Grumman handelt.

Liebe Kolleginnen und Kollege, ich setze
die unterbrochene Sitzung fort.

Vernehmung des Zeugen
Janis G. Pamiljans

Sehr geehrter Herr Pamiljans, ich be-
grüße Sie sehr herzlich im Namen des
Untersuchungsausschusses. Noch einmal,
die Vernehmung wird simultanübersetzt. Sie
können mich verstehen, das haben Sie mir
schon signalisiert. Zunächst bedanke ich
mich dafür, dass Sie die weite Reise so
kurzfristig auf sich genommen haben.

Ich stelle fest, dass Herr Pamiljans von
einem Rechtsbeistand begleitet wird. Ich darf
den Beistand bitten, sich dem Ausschuss
kurz vorzustellen.

RA Martin Seyfarth: Guten Tag, Frau
Vorsitzende, meine Damen und Herren Ab-
geordneten! Mein Name ist Martin Seyfarth
aus der Sozietät WilmerHale.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich möchte Sie darauf aufmerksam machen,
dass Sie den Zeugen zwar beraten dürfen,
Ihnen selbst jedoch kein Rede- und Frage-
recht zusteht. Insbesondere dürfen Sie Ihrem
Mandaten während seiner Aussage keine
inhaltlichen Hinweise geben. Gegebenenfalls
kann Ihr Mandant eine kurze Unterbrechung
zum Zwecke der Beratung mit Ihnen be-
antragen.

Herr Pamiljans, ich weise Sie darauf hin,
dass die Sitzung aufgezeichnet wird. Dies
dient ausschließlich dem Zweck, die steno-
grafische Aufzeichnung der Sitzung zu er-
leichtern. Die Aufnahme wird später gelöscht.
Das Protokoll dieser Vernehmung wird Ihnen

nach Fertigstellung zugestellt. Sie haben
anschließend die Möglichkeit, Korrekturen
und Ergänzungen vorzunehmen.

Herr Pamiljans, Sie sind mit Schreiben
vom 2. Juli 2013 geladen worden. Das Be-
weisthema ist Ihnen mit dem Untersu-
chungsauftrag und dem Beweisbeschluss
zugegangen. Der Beweisbeschluss ist Ihnen
und den Mitgliedern bekannt, auf eine Ver-
lesung kann daher verzichtet werden.

Herr Pamiljans, nach den Vorschriften der
Strafprozessordnung, die im Untersuchungs-
verfahren sinngemäß Anwendung finden,
und den Vorschriften des Gesetzes zur Re-
gelung des Rechts der Untersuchungsaus-
schüsse des Deutschen Bundestages - im
Folgenden verwende ich die Abkürzung
PUAG - muss ich Sie zunächst belehren.

Sie sind als Zeuge verpflichtet, die Wahr-
heit zu sagen. Ihre Aussagen müssen daher
richtig und vollständig sein. Sie dürfen nichts
weglassen, was zur Sache gehört, und nichts
hinzufügen, was der Wahrheit widerspricht.
Ich habe Sie außerdem auf die möglichen
strafrechtlichen Folgen eines Verstoßes
gegen die Wahrheitspflicht hinzuweisen.
Danach kann derjenige, der vor dem Unter-
suchungsausschuss uneidlich falsch aus-
sagt, gemäß § 153 des Strafgesetzbuches
mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu
fünf Jahren bestraft werden. Nach § 22
PUAG können Sie die Auskunft auf solche
Fragen verweigern, deren Beantwortung Sie
selbst oder Personen, die im Sinne des § 52
Abs. 1 Strafprozessordnung Ihre Angehöri-
gen sind, in die Gefahr bringen würde, einer
Untersuchung nach gesetzlich geordnetem
Verfahren ausgesetzt zu werden.

Sollten Teile Ihrer Aussage aus Gründen
des Schutzes von Dienst-, Privat- oder Ge-
schäftsgeheimnissen nur in einer nach der
Geheimschutzordnung des Bundestages
eingestuften Sitzung möglich sein, bitte ich
Sie um einen Hinweis, damit eine entspre-
chende Einstufung erfolgen kann. Ich möchte
in diesem Zusammenhang daran erinnern,
dass im Falle einer Einstufung der Verneh-
mung mit einem Geheimhaltungsgrad VS-
Vertraulich oder höher ein Wechsel des Sit-
zungssaals erforderlich wird. Daher möchte
ich Sie bitten, etwaige Vernehmungsteile, die
einer entsprechenden Einstufung bedürfen,
gesammelt am Ende der Vernehmung zur
Sprache zu bringen.

Nachdem ich Ihnen den Gegenstand der
Vernehmung erläutert, Sie zur Wahrheit er-
mahnt und belehrt habe, komme ich nun zur

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 753 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 57
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Vernehmung zur Person. Herr Pamiljans,
bitte nennen Sie uns Ihren Namen, Ihren
Familienstand und Ihren Wohnort.

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Janis Pamiljans, verheiratet,
Redondo Beach, Kalifornien.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön. - Ich komme nun zur Verneh-
mung zur Sache.

Herr Pamiljans, zunächst gebe ich Ihnen
die Gelegenheit, dem Ausschuss das im
Zusammenhang darzulegen, was Ihnen von
dem Gegenstand der Vernehmung bekannt
ist. Anschließend erhalten die Mitglieder des
Ausschusses in einer festgelegten Reihen-
folge das Wort. Sollten Teile Ihrer Aussage
aus Gründen des Schutzes von Betriebs-
und Geschäftsgeheimnissen nur in einer
höher eingestuften Sitzung möglich sein,
bitte ich Sie erneut um einen Hinweis, damit
eine entsprechende Einstufung erfolgen
kann.

Bitte schön, Herr Pamiljans, Sie haben
das Wort.

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Frau Vorsitzende, meine Da-
men und Herren, sehr geehrte Mitglieder,
guten Tag! Ich freue mich sehr, heute hier
sein zu dürfen. Ich bin Janis Pamiljans, Vize-
präsident von Northrop Grumman Aerospace
Systems. Ich bin heute hier als Vertreter der
Northrop Grumman ISS, bekannt als
NGISSII, dem Unterauftragnehmer für das
Euro-Hawk-Gemeinschaftsunternehmen zwi-
schen Northrop Grumman Deutschland
GmbH und EADS.

Ich bin sehr dankbar, die Gelegenheit zu
haben, mit Ihnen zusammenzutreffen, um
Ihnen unsere Sicht zu dem Euro-Hawk-Pro-
gramm mitzuteilen und Ihre Fragen zu be-
antworten.

NGISSII ist Hauptunterauftragnehmer der
EuroHawk GmbH für das Luftfahrzeug. Wir
sind zuständig für die Entwicklung und Her-
stellung des Euro-Hawk-Luftfahrzeuges und
die Systemintegration im Rahmen des Euro-
Hawk-Programms.

Ich leite die Unmanned Systems Division
bei Northrop Grumman. Wir sind führender
Anbieter von unbemannten Fluggeräten für
die amerikanische und andere Regierungen.
In meiner derzeitigen Position bin ich verant-
wortlich für diverse Programme mit unbe-
mannten Luftfahrzeugen. Darunter befinden

sich die unbemannten Aufklärungssysteme
Global Hawk, Triton-Marine-Aufklärungssys-
teme, NATO Alliance Ground Surveillance,
US Navy Unmanned Combat Air System
Carrier Demonstration, Firebird Optionally
Pilot Program, das Fire-Scout-unbemannte-
Helikopter-Programm, das Bat-Aufklärungs-
programm, Euro Hawk und andere Systeme.

Zuletzt war ich im Unternehmen als stell-
vertretender Programmpräsident für die un-
bemannten Kampfflugzeugprogramme der
US Navy verantwortlich. Erst kürzlich haben
wir weltweit erstmalig und historisch Starts
und Landungen von unbemannten Flugzeu-
gen auf einem Flugzeugträger demonstriert.
Zuvor hatte ich leitende Positionen bei
Northrop-Grumman-Luftfahrzeugprogram-
men inne, war etwa verantwortlich für die F-
35 Multirole Stealth Fighter, die US Navy
F/A-18 Attack Fighter und die US Air Force
B-2 Stealth Bomber.

Meine Karriere bei Northrop Grumman
begann 1987. Auf dem Gebiet der Luft- und
Raumfahrttechnik arbeite ich seit 1984.

Ich habe mein Studium in Luftfahrttechnik
in San José abgeschlossen, habe außerdem
ein Harvard Business School Advanced Ma-
nagement Program absolviert, das Duke
University Advanced Management Program,
und habe ein Diplom von der US National
Test Pilot School.

Nun zu Euro Hawk. Nach unserem Ver-
ständnis war die Anforderung des Bundes-
verteidigungsministeriums, ein unbemanntes
Luftfahrzeugsystem für hohe Flughöhen zur
Verfügung zu stellen, um wichtige und not-
wendige Aufgaben für die deutsche Luftwaffe
durchzuführen.

Das Euro-Hawk-Fluggerät ist so kon-
struiert, dass es in der Lage ist, verschiedene
Sensoren in großen Flughöhen über 15 000
Meter zu tragen und über 30 Stunden in der
Luft zu bleiben. Diese Kernkompetenz er-
möglicht es dem System, sowohl Signale
elektronischer Informationen, ELINT, als
auch COMINT zu sammeln und für lange
Laufzeiten zur Verfügung zu stellen, eine
wesentliche Anforderung zur Unterstützung
der deutschen Streitkräfte. Zusätzlich zu dem
Fluggerät umfasst das System eine Boden-
station, die von NGISSII zur Verfügung ge-
stellt wird. Diese Bodenstation steuert den
fliegerischen Einsatz des Fluggeräts. Da-
neben gibt es eine zweite Bodenstation, die
die Daten, die die von EADS Cassidian ent-
wickelten modernen Sensoren an sie über-
mitteln, empfängt und analysiert. Diese

Drucksache 17/14650 – 754 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 58
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

zweite Bodenstation wird von Cassidian ge-
baut. Es handelt sich also insgesamt um ein
Flugaufklärungssystem, das aus großen
Flughöhen elektronische Informationen und
elektronische Kommunikation über einen
weiten geografischen Bereich sammeln und
weitergeben kann.

Nach unserem Verständnis verfügt die
deutsche Luftwaffe derzeit nicht über der-
artige Fähigkeiten. Das BMVg hat daher
erheblich in dieses Programm investiert. Wir
wollen mit unseren deutschen Kunden weiter
zusammenarbeiten, um einen Weg zu finden,
eine Zulassung zu erlangen, um den Wert
der bisherigen Investitionen zu maximieren.

Der Euro Hawk kann den deutschen
Streitkräften einzigartige Fähigkeiten auf der
Basis der im Einsatz bewährten Leistung des
Global-Hawk-Systems zur Verfügung stellen.
Wir würden gerne mit unseren deutschen
Kunden weiterhin zusammenarbeiten, um
einen Weg nach vorne zu finden. Basierend
auf dem hohen Einsatz der Industrieseite, die
unermüdlich gearbeitet hat, um die Heraus-
forderungen zu meistern, sind wir weiterhin
bereit, Ihnen die beste technologische Lö-
sung zu einem bezahlbaren Preis zu liefern,
um Deutschlands Sicherheitsinteressen zu
genügen.

Ich möchte Ihnen kurz einen Überblick
über Northrop Grummans Entwicklung und
den erfolgreichen Betrieb unseres High
Altitude Long Endurance Reconnaissance
System geben. Ich werde den aktuellen
Stand unseres Teils am Euro-Hawk-Pro-
gramm beschreiben, und dann werde ich auf
einige Fragen eingehen, die dieser Aus-
schuss vor der heutigen Anhörung übersandt
hat.

Das Global Hawk Unmanned Aerial Sys-
tem wurde Mitte der 90er-Jahre entwickelt
und flog erstmals 1998, also vor 15 Jahren.
Das ursprüngliche Design wurde unmittelbar
nach dem 11. September 2001 erstmals im
Nahen Osten eingesetzt. Das Global-Hawk-
System stellt nahezu Echtzeitdaten zur Ver-
fügung und hat fast 100 000 Flugstunden
hinter sich. Seit seiner Inbetriebnahme kam
es in jeder großen militärischen US-Opera-
tion zum Einsatz, etwa bei Southern Watch,
Enduring Freedom, Iraqi Freedom, bis hin zu
Einsätzen in Somalia, Ägypten, Libyen und in
anderen Einsätzen rund um den Globus. Der
Global Hawk hat seinen Wert für die USA,
ihre Bündnispartner und deren Entschei-
dungsträger viele Male unter Beweis gestellt

und tut dies noch immer, auch jetzt, auch in
diesem Moment.

Viele unserer Truppen, sowohl der USA
als auch die ihrer Partner, haben ihre Missio-
nen dank der Fähigkeiten von Global Hawk
effektiv ausgeführt und sind sicher in die
Heimat zurückgekehrt. Momentan operiert
Global Hawk in den USA von Luftstützpunk-
ten in Kalifornien, in Maryland und in North
Dakota sowie in Italien, Guam und im Nahen
Osten.

Auch bei humanitären Missionen sowie
der Katastrophenhilfe kam der Global Hawk
zum Einsatz, um Wirbelstürme zu verfolgen
und den Wiederaufbau nach Zerstörungen
durch solche nachzuverfolgen. Er hat gewal-
tige Flächenbrände überwacht und Bilder von
den Nachwirkungen des Erdbebens auf Haiti
zur Verfügung gestellt. Der Global Hawk hat
nach dem Tsunami in Japan entscheidende
Informationen über den am Atomkraftwerk
angerichteten Schaden in Fukushima und in
der Umgebung bereitgestellt. Auch die NASA
nutzt einen Global Hawk, um wissenschaft-
liche Missionen über dem Kontinent zu flie-
gen.

Lassen Sie mich ein bisschen mehr über
die Geschichte des Euro Hawk erzählen. Wir
glauben, dass der potenzielle Wert des Glo-
bal-Hawk-Systems für Deutschland bereits in
den frühesten Jahren des Programms er-
kannt wurde. Wir arbeiten mit der Bundes-
regierung und der deutschen Luftwaffe zu-
sammen, um ein Verständnis für die Reali-
sierbarkeit des Global Hawk in Deutschland
und mit der in Deutschland hergestellten
Aufklärungstechnik zu entwickeln. Im Ergeb-
nis waren wir uns über die Vorteile einig, die
für Deutschland entstehen würden, wenn
man die von der US Air Force bereits entwi-
ckelten Technologien und Investitionen nutzt.

Euro Hawk entwickelte sich dann aus
einer Serie von Abkommen zwischen den
Regierungen von USA und Deutschland
sowie der US-Regierung und unserer Gesell-
schaft. Ein entscheidender Schritt war der
US-deutsche Projektvertrag aus dem Jahr
2002, der die Voraussetzungen für das wei-
tere Vorgehen und eine Demonstration der
Technik in Deutschland schuf. Es war wich-
tig, zu zeigen, dass ein deutscher Signal
Intelligence Sensor von einem Global Hawk
transportiert werden kann und seine Mission
erfüllen kann. Einer der Gründe war, dass
das bisher damit betraute bemannte Flug-
zeug Breguet Atlantic ersetzt werden musste,
welches im Jahr 2010 außer Betrieb ge-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 755 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 59
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

nommen werden sollte. Außerdem sollte
nachgewiesen werden, dass ein High
Altitude UAV, also eine Drohne, sicher und
effektiv im europäischen Luftraum eingesetzt
werden kann.

Ein anderer wichtiger Entwicklungs-
meilenstein war dann die Durchführung der
Global Hawk Electronic Intelligence De-
monstration im Oktober 2003. Diese Vorfüh-
rung fand auf dem Flughafen Nordholz in
Norddeutschland statt. Dafür wurde ein von
EADS entwickelter Sensor in den Global
Hawk eingebaut und sechsmal über das
Nordseegebiet geflogen. Diese Vorführung
bestätigte zwei Hauptkonzepte: Erstens. Ein
in Deutschland entwickelter Sensor konnte in
einen Global Hawk UAV eingebaut und be-
trieben werden. Und zweitens. Eine Drohne
konnte im europäischen Flugraum operieren.
Die US-Regierung befürwortete und unter-
stützte diese Demonstration des US Global
Hawk bei einem wichtigen Bündnispartner, in
Deutschland. Basierend auf dieser erfolgrei-
chen Demonstration beauftragte das BMVg
die EADS und Northrop Grumman mit einer
Machbarkeitsstudie, um den Gesamtnutzen
und die Effizienz des Systems entscheiden
zu können.

Von Anfang an sahen die Parteien Euro
Hawk als eine leicht modifizierte Version des
US Air Force Global Hawk System an. Der
Global Hawk wurde durch die US Air Force
luftfahrtrechtlich zugelassen und kommt in
allen vorgenannten Stützpunkten weltweit
zum Einsatz. 2007 erhielt die EuroHawk
GmbH, ein Gemeinschaftsunternehmen von
EADS Cassidian und der Northrop Grumman
Deutschland GmbH, den ersten Vertrag für
Entwicklung, Herstellung, Test und Unter-
stützung des Euro-Hawk-Systems. Der ur-
sprüngliche Unternehmerauftrag von
NGISSII mit der EuroHawk GmbH über die
Risikoreduktionsphase hatte einen Wert von
216 Millionen Dollar ohne Mehrwertsteuer.
Keine zwei Jahre später wurde das erste
Flugzeug vorgestellt, und der erste Flug fand
im darauffolgenden Jahr, 2010, statt. Nach
einer anspruchsvollen Testphase zur luft-
fahrtrechtlichen Zulassung in den USA wurde
das erste Flugzeug im Juli 2011 nach Man-
ching in Deutschland überführt.

Heute, nach elf Vertragsänderungen, ist
der Vertragswert des NGISSII-Unterauftrag-
nehmervertrages auf 311 Millionen US-Dollar
angestiegen. Circa 30 Prozent der Kosten-
steigerungen beziehen sich auf folgende
Vertragsänderungen, die alle Anpassungen

bezüglich der luftfahrtrechtlichen Zulassung
betrafen und die im ursprünglichen Vertrag
nicht verlangt worden waren. Die entspre-
chenden Unterverträge sind heute noch in
Kraft.

Die generelle Zielsetzung des Vertrags
zwischen EuroHawk GmbH und dem
BAAINBw war die Entwicklung, der Bau, die
Integration, der Test, der Flug und die Aus-
lieferung des Euro Hawk Signal Intelligence
System, eines Systems, das sowohl ELINT-
als auch COMINT-Daten in Echtzeit sam-
meln, verarbeiten und verbreiten kann. Unser
NGISSII-Unterauftragnehmervertrag verlangt
nach der Lieferung eines Green Euro Hawk
System, welches ein Luftfahrzeug und ein
Mission Control Element umfasste. Daneben
verlangt der Vertrag auch Einzelteile ein-
schließlich Ersatzteile und Unterstützungs-
ausrüstung, welche für Betrieb und Wartung
des Systems benötigt werden. Zusätzliche
Leistungen waren Daten und Berichte ein-
schließlich Berichten, um das Programm
fortzuentwickeln.

Seit Beginn der Sensor-Flugtests im Ja-
nuar 2013 operiert der Euro Hawk sicher und
zuverlässig mit sehr guten Ergebnissen im
Flugtestzentrum in Manching. Während un-
gewöhnlich schlechten Wetters für diese
Jahreszeit am Stützpunkt Manching kam es
zu einigen unvermeidlichen zeitlichen Verzö-
gerungen bei den Testflügen. Die Testflüge
wurden aber fortgesetzt, und am 6. Juni flog
der Euro Hawk zum ersten Mal für die Dauer
von sechseinhalb Stunden über der Nordsee.
Das Flugzeug startete sicher in Manching,
erreichte eine Höhe von 55 000 Fuß und flog
über der Nordsee und Nord-, Süd-, Ost- so-
wie Westdeutschland, ehe es zum Stütz-
punkt zurückkehrte. Am 26. Juni 2013 hat
der Euro Hawk seinen 17. Flug und nahezu
170 Flugstunden absolviert. Gegenwärtig ist
die Flugtestphase bis Ende August 2013
geplant.

Während der Durchführung des Pro-
gramms haben die EuroHawk GmbH und
Hauptunterauftragnehmer EADS Cassidian
und NGISSII eng mit dem BAAINBw zusam-
mengearbeitet, um den Fortschritt des Pro-
gramms zu überwachen und Schwierigkeiten
oder Verzögerungen zu beheben. Das Team
berichtet die Programmfortschritte an den
Kunden durch Quartalsberichte, durch wei-
tere regelmäßige Berichte und regelmäßige
Treffen sowie zusätzliche Treffen bei Bedarf.
Zu allen signifikanten Meilensteinen gab es
größere Treffen auf Leitungsebene zwischen

Drucksache 17/14650 – 756 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 60
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Industrieseite und BAAINBw, wie etwa zum
Design- oder Programm-Review. Zusätzliche
Aktivitäten auf Arbeitsebene finden auf re-
gelmäßiger Basis oder bei Bedarf auf Anfor-
derung statt. Diese werden alle genutzt, um
den Kunden über den Fortschritt des Projekts
zu berichten.

Die Entwicklungs- und Testaspekte des
Green Euro Hawk System sind planmäßig
und ohne größere technische Unregelmäßig-
keiten vorangeschritten. Auftretende Schwie-
rigkeiten wurden im Rahmen des Programms
angegangen und gelöst. Gleichzeitig wurden,
wie ich Ihnen gleich darlegen werde, nach
dem finalen Design-Review zusätzliche er-
hebliche Zulassungsaktivitäten von der deut-
schen Zulassungsbehörde eingefordert.
Diese Aktivitäten lagen außerhalb des Rah-
mens des ursprünglichen Vertrages und
hatten erhebliche negative Auswirkungen auf
Projektkosten und Zeitplan. Die relevanten
Dienststellen im Geschäftsbereich des BMVg
einschließlich BAAINBw und WTD 61/ML
wurden regelmäßig über diese Schwierig-
keiten informiert, sobald sie auftraten. Das
Euro-Hawk-Gemeinschaftsunternehmen in-
formierte die BAAINBw zeitnah sowohl
förmlich als auch auf informeller Basis. Offe-
ne Punkte wurden gegenüber dem BMVg in
Quartalsberichten sowie dem halbjährig
stattfindenden Program Management Review
angesprochen. Zusätzliche Treffen fanden
mit dem Kunden und WTD 61/ML statt, um
Schwierigkeiten bezüglich der Flugtauglich-
keit zu adressieren und zu lösen. Wir glaub-
ten, dass im Zeitpunkt, als die Schwierigkei-
ten auftraten, alle Parteien davon ausgingen,
dass sie ohne erhebliche Kostensteigerung
gelöst werden können.

Nun zur luftfahrtrechtlichen Zulassung im
Einzelnen. Die zwischen den Parteien ur-
sprünglich vereinbarte Beschaffungsmaß-
nahme sah vor, dass das bestehende Glo-
bal-Hawk-System verwendet würde, ein in
Deutschland entwickeltes SIGINT-System
mit minimalen Flugzeugmodifikationen inte-
griert und das System dann in die deutsche
Luftwaffe integriert würde. Die ursprünglich
im Vertrag vereinbarte Herangehensweise
sah vor, dass die deutschen Flugtauglich-
keitsprüfungen maßgeschneidert auf das
schon existierende Flugzeug abgestimmt
werden. Dabei sollten existente flugtaugliche
Produkte und Prozesse sowie Zulassungen
der US Air Force verwendet werden.

Das Programm war nicht darauf ausge-
legt - und es war auch nicht beabsichtigt -,

neue Dokumentationen für den Euro Hawk
zu schaffen. Stattdessen war es effizient und
kostensparend abgestimmt, um auf vorhan-
denen Grundlagen aufzubauen, und es profi-
tierte von den bereits erbrachten, von der US
Air Force erbrachten Vorleistungen für die
luftfahrtrechtliche Zulassung für den Global
Hawk. Es wurde erwartet, dass dieser Akqui-
sitionsplan Deutschland viele Jahre der Ent-
wicklungsbemühungen und Hunderte von
Millionen an Entwicklungskosten ersparen
würde. Der Vertrag erforderte keine Design-
änderungen oder erneute Tests auf der
Ebene des Flugzeugsystems, um die deut-
sche luftfahrtrechtliche Zulassung zu erlan-
gen.

Wir glauben, die Parteien erkannten und
waren sich von Anfang an einig, dass die
Kosten für einen solchen anderen Ansatz
erheblich und unnötig gewesen wären. Die-
ses Grundkonzept eines Typs „militärischer
luftfahrtrechtlicher Zulassung“, welche dazu
bestimmt ist, die Effektivität der Aufgaben zu
sichern, wurde von allen Parteien verstanden
und akzeptiert, und zwar von der Anbahnung
des Euro-Hawk-Vorhabens an bis zu der
Zeit, als der Vertrag im Januar 2007 verge-
ben wurde. Wir gehen davon aus, dass die-
ses Verständnis mit der deutschen Zulas-
sungsbehörde vor der Unterzeichnung des
Vertrages abgestimmt worden ist.

Wir glauben, dass diese Herangehens-
weise an die Zulassung darauf abgestimmt
war, einen sicheren Betrieb des Euro Hawk
im deutschen Luftraum sicherzustellen, ohne
zusätzliche Anforderungen und neue Doku-
mente auf Basis des Global-Hawk-Flugzeugs
zu erzeugen, welche nicht bereits als Ergeb-
nis der Vorleistungen der US Air Force im
Rahmen der dortigen luftfahrtrechtlichen
Zulassung existierten. Aber als das Pro-
gramm voranschritt, änderte sich mit neuen
zuständigen Personen bei der Zulassung
diese Interpretation und Herangehensweise.
Es wurden neue Erwartungen an die Muster-
zulassung artikuliert, die vom vertraglichen
Konzept abwichen.

Nach dem finalen Design Review 2007
wurde dem Joint Venture klar, dass die ver-
traglich vorgesehenen Zusatzbemühungen
nicht mehr geeignet waren, die Erwartungen
und zusätzlichen Dokumentationsanforde-
rungen von WTD 61/ML zur Zulassung des
Euro Hawk zu befriedigen. Die WTD 61/ML
verlangte wesentlich weiter gehende Daten,
als sie für die US-Air-Force-Zulassung vorbe-
reitet waren, und die auch nicht durch den

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 757 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 61
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Vertrag vorgesehen waren. Das Industrie-
team arbeitete eng mit der Zulassungs-
behörde und dem BWB zusammen, um die
zusätzlichen Fragen im Zusammenhang mit
einem neuen Zulassungsvertrag, dem Engi-
neering Change Proposal, ECP, zu beant-
worten, einschließlich der Übermittlung von
zusätzlichen Sicherheitsanalysen und Da-
tenprodukten.

Nach unserem damaligen Verständnis
glaubten die Industrieseite und das
BAAINBw, sich mit dem WTD 61/ML einig
über einen Weg zu sein, das Zulassungs-
verfahren anzugehen. Ein Änderungsvor-
schlag zu dem bestehenden Vertrag wurde
2009 genehmigt, um zusätzliche Anstren-
gungen für die luftfahrtrechtliche Zulassung
vorzubereiten. Das Gemeinschaftsunterneh-
men und die Hauptauftragnehmer haben
erfolgreich die entsprechende Entwicklungs-
tätigkeit erbracht, die für die Änderung erfor-
derlich war, und glaubten nun, damit alle
Probleme gelöst zu haben.

Wir haben der Zulassungsbehörde über
4 000 technische Dokumente vorgelegt. Das
ging weit über unsere vertragliche Verpflich-
tung hinaus, die nur verlangte, dass wir Zu-
gang zu diesen Dokumenten vor Ort in den
USA ermöglichen. Zahlreiche weitere Doku-
mente, welche nicht physisch exportiert wer-
den konnten, wurden bereitgehalten, um auf
Nachfrage eingesehen zu werden. Wir haben
außerdem Ingenieure nach Manching ge-
sendet, um dort den Prüfern der Zulassungs-
behörde umfassenden Einblick in die Ent-
wicklung der Systeme und Subsysteme zu
ermöglichen. Zudem wurden die Vorausset-
zungen geschaffen, dass die Zulassungsbe-
hörde besondere Tests und Qualifizierungs-
einheiten beobachten konnte. Die wenigen
Daten, die wir aufgrund von US-Export-
restriktionen nicht zur Verfügung stellen
konnten, standen nicht im Zusammenhang
mit der luftfahrtrechtlichen Zulassung.

Wir glauben nicht, dass die US-Gesetze
über die United States International Traffic in
Arms einen signifikanten limitierenden Ein-
fluss hatten, auch wenn es teilweise länger
als erwünscht dauerte, bestimmte Daten zu
liefern. Grund für diese Verzögerungen wa-
ren im Wesentlichen die langwierigen Ab-
stimmungsprozesse in Bezug auf die Anpas-
sung unserer Exportlizenzen. Trotz einiger
Herausforderungen kamen die US-Regierung
wie auch die Arbeitsgruppe den Dokumen-
tennachfragen nach.

In der Folge zeigte sich die Zulassungs-
behörde unzufrieden mit den vereinbarten
Modifikationen. Sie lehnte die Genehmigung
für das Typenzulassungsprogramm, das
Type Inspection Program, ab. Wir bedauern,
dass die aktuellen Regularien und die Orga-
nisation des BMVg keinen Prozess vorsehen,
um über Konflikte zwischen den Erwartungen
der Zulassungsbehörde und den vertrag-
lichen Euro-Hawk-Verpflichtungen zu ent-
scheiden.

Auf einem Treffen des Industrieteams mit
dem BAAINBw und der WTD 61/ML im Jahre
2010, in dem es spezifisch um die luftfahrt-
rechtliche Zulassung ging, schlug das Euro-
Hawk-Gemeinschaftsunternehmen vor, den
Zulassungsansatz durch eine Zulassung als
Prototypen zu ändern, für den eine vorläufige
luftfahrtrechtliche Zulassung erteilt werden
könnte. Diese wurde dann auch 2010 erteilt
und hat damit die Fortsetzung des Testflug-
programms ermöglicht. Und wir gingen da-
von aus nach dem Erlass einer vorläufigen
Zulassung, dass Industrieteam und die
WTD 61/ML weiter in Richtung einer vollum-
fassenden militärischen Typenzulassung
arbeiten würden. Im Januar 2013 erfuhr das
Gemeinschaftsunternehmen in einem Treffen
mit der US Air Force und dem Bundesvertei-
digungsministerium, dass diese Heran-
gehensweise an die Zulassung nicht weiter
von den deutschen Behörden befürwortet
werde.

Wir glauben weiterhin, dass die Parteien
gezeigt haben, dass die operativen Einsätze
des Euro Hawk auch ohne weitere techni-
sche Veränderungen am Flugzeug sicher
sind. Es gab einige fehlerhafte Aussagen
über das Antikollisionssystem und die Kolli-
sionsverhinderungsfähigkeiten des Euro
Hawk. Aber der Euro Hawk kann bereits jetzt
den letzten Stand der Technik der Kollisions-
vermeidungssysteme einbeziehen. Der Euro
Hawk hätte schon jetzt die notwendigen
Voraussetzungen für das System, obwohl die
deutschen gesetzlichen Vorgaben seinen
Einsatz noch nicht erlauben. Der Global
Hawk wird momentan weltweit durch die US
Air Force und die NASA ohne Kollisionsver-
meidungssysteme eingesetzt. Bis heute hat
kein Flugzeug, unbemannt oder bemannt,
eine autonome Antikollisionsfähigkeit. Es war
beabsichtigt, dass der Euro Hawk wie der
Global Hawk operiert.

Andere Aspekte des Fluggerätes und sei-
nes Einsatzes gewährleisten einen sicheren
Flug ohne Kollisionsrisiko. Der Global Hawk

Drucksache 17/14650 – 758 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 62
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

und der Euro Hawk sind insoweit einzigartig,
als dass sie sich, mit einem Sensorsystem
beladen, normalerweise in einer Flughöhe
von über 15 000 Metern bewegen, höher als
alle anderen Luftfahrzeuge. Um sichere
Starts und Landungen von bzw. auf einer
Landebahn durch eingeschränkten oder ge-
teilten Luftraum zu gewährleisten, sind Luft-
und Raumfahrtkontrollmechanismen ge-
schaffen worden. Operative Flugrouten sind
nahezu ausschließlich über wenig oder gar
nicht besiedelten Gebieten geplant. Die
deutschen Luftraumoperationen wurden
gemeinsam mit den zuständigen Regie-
rungsstellen koordiniert. Dabei wurden Euro-
Hawk-spezifische Verfahren vereinbart und
erfolgreich getestet, um sowohl die Sicher-
heit des Luftraums als auch der Allgemein-
heit sicherzustellen.

Der Euro Hawk basiert auf dem Global-
Hawk-Flugzeug, das von der US Air Force
als luftfahrtrechtlich einwandfrei zugelassen
wurde. Der Euro Hawk war Gegenstand
ausgedehnter weiterer Tests, Inspektionen
und Datenauswertungen durch deutsche
Behörden. Wir glauben weiterhin, dass aus-
reichend Daten zur Verfügung gestellt wur-
den, die beweisen, dass das Fluggerät aus-
reichend sicher ist, um die deutsche Signal
Intelligence Mission zu erfüllen und entspre-
chend zugelassen zu werden.

Zur Entscheidung, die Beschaffung der
Euro-Hawk-Serienproduktion zu stoppen,
wurde NGISSII nicht angehört. Ich bin da-
rüber informiert worden, dass die EuroHawk
GmbH und EADS Cassidian ebenfalls nicht
konsultiert wurden. Es war enttäuschend,
aus den Berichten der Euro-Hawk-Ad-hoc-
Arbeitsgruppe erkennen zu müssen und hö-
ren zu müssen, dass der Industrieseite nicht
die Möglichkeit eingeräumt worden ist, die
Bewertung der Ermöglichung einer Zulas-
sung des Euro Hawk durch das BMVg zu
unterstützen. Wir sind der Ansicht, dass die
Entscheidung des Ministeriums, sich nicht
weiter um die Zulassung zu bemühen, mit
Beratung durch die Industrieseite auf besser
informierter Grundlage getroffen worden
wäre. Das Industrieteam könnte wesentliche
Informationen zur Unterstützung einer aus-
gewogenen Sicht auf die Programmziele,
Vereinbarungen, erbrachte Leistungen und
Flugsicherheitsgeschichte liefern.

Das Euro-Hawk-Programm hat erfolgreich
eine in hohem Maße taugliche unbemannte
Plattform zur Informationsgewinnung gelie-
fert, die das erhebliche Investment der US

Air Force in das Global-Hawk-Programm
nutzbar macht. Der Euro Hawk Full Scale
Demonstrator hat die vereinbarten Sicher-
heitstests und die Tests des von der EADS
entwickelten ISIS absolviert. Dies ist ein we-
sentlicher Schlüsselmeilenstein des Pro-
gramms zur Ermöglichung weiterer Tests für
die Validierung des Fluggeräts, der Boden-
station und des Sensorsystems. Bis heute ist
das System beinahe 200 Stunden geflogen
und kann ohne weiteres Investment in die
Zertifizierung bis zu 400 weitere Stunden
geflogen werden.

Basierend auf zusätzlichen Vorgaben der
Zulassungsbehörde hat die EuroHawk GmbH
dem Kunden einen Weg zur Verfügung ge-
stellt, Euro-Hawk-Operationen mit dem Full
Scale Demonstrator bis zum Erreichen von
3 000 Stunden fortzusetzen. Es erscheint
uns sinnvoll, den Euro-Hawk-Betrieb fortzu-
setzen, um ein Betriebskonzept mit dem
Anwender weiter zu verfeinern und gleichzei-
tig dringende deutsche Aufklärungsaufgaben
zu erfüllen.

Soweit andere Trägersysteme, sowohl
bemannt als auch unbemannt, als Alternative
für den Euro Hawk betrachtet werden kön-
nen, glauben wir, dass diese sowohl teurer
als auch zeitaufwendiger wären. Solche Al-
ternativen hätten zudem geringere Fähigkei-
ten als die, die mit dem Euro-Hawk-System
erreicht werden können. Der Euro Hawk
bietet eine einzigartige Mischung aus Flug-
betrieb in großer Höhe, großer Reichweite
und Ausdauer, welche den Nutzer zu einer
globalen Reichweite befähigt, gepaart mit
einer Persistenz der Station, die mit keiner
anderen Plattform erreicht wird.

Die 30 Stunden Reichweite des Euro-
Hawk-Systems führen zu einer geringen
Ausfallrate in Bezug auf die Anzahl der Flug-
geräte/Piloten, was wiederum die Lebens-
zykluskosten im Vergleich zu herkömmlichen
bemannten kommerziellen Fluggeräten deut-
lich reduziert. Der Neustart mit einem neuen
Programm zur Erreichung der ganz wesent-
lichen Aufklärungsfähigkeiten könnte durch-
aus ein Jahrzehnt dauern und wäre mit ho-
hen Kosten verbunden. Zu den Grundent-
wicklungskosten kommen dann noch weitere
Herausforderungen im Hinblick auf die Inte-
gration des Sensors und die Zulassung der
neuen Plattform hinzu.

Wir sind nach wie vor bereit, die Bundes-
regierung in ihrer weiteren Bewertung zu
unterstützen, ob die zusätzlichen Zulas-
sungsanforderungen der Zulassungsbehörde

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 759 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 63
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

für den Euro Hawk zu einem Unterschied im
Hinblick auf die Sicherheit des Fluggeräts im
Vergleich zum Global Hawk führen, der die
zusätzlichen Kosten rechtfertigt, die der
deutschen Regierung entstehen. Wenn die
deutschen Behörden feststellen, dass diese
weiteren Anforderungen notwendig sind,
dann glauben wir, dass diese im Rahmen
von 160 bis 193 Millionen Euro umgesetzt
werden können. Diese Schätzung basiert auf
gemeinsamen Diskussionen mit dem
BAAINBw, der WTD 61/ML und der deut-
schen Luftwaffe aus dem Jahr 2012 über
eine akzeptable Konfiguration für die Serien-
beschaffung. Diese Schätzung beruht auf
bestimmten Annahmen zu Konfiguration und
technischen Systemen, die für die Erreichung
der luftfahrtrechtlichen Zulassung erforderlich
sind, sowie auf dem gemeinschaftlichen
Ansatz, den ich zuvor beschrieben habe.

Ich möchte die Gelegenheit nicht versäu-
men, noch einen kurzen Überblick über das
NATO-AGS-Programm zu geben. Wir sind
dankbar für den Zuspruch und die starke
Unterstützung, die das NATO-AGS-Pro-
gramm vom BMVg sowie vom Verteidi-
gungsausschuss und seinen Mitgliedern
erhalten hat.

Das NATO-AGS-Programm ist mit der
NATO durch die NATO AGS Management
Agency, NAGSMA, verbunden. Die
NAGSMA wurde gegründet, um die Voraus-
setzungen für ein im Eigentum der NATO
stehendes und von ihr betriebenes Boden-
überwachungssystem aus der Luft zu schaf-
fen. Dieses Programm ist nun auf den Weg
gebracht. Alle Aufträge wurden in die ver-
schiedensten Industriezweige der teilneh-
menden Nationen vergeben und werden nun
in der jeweiligen Verantwortung ausgeführt.
Das Programm wird eng durch die verschie-
denen teilnehmenden Nationen überwacht
und ist weiterhin im Zeitplan.

Der NATO-AGS-Hauptstützpunkt wird der
Luftstützpunkt Sigonella in Italien sein. Italien
liefert dazu die Genehmigungen und Zulas-
sungen für die NATO-AGS-Fluggeräte in der
Verantwortung der dortigen militärischen
Zulassungsbehörde gemäß den dortigen
gesetzlichen Regelungen und Verfahren.
Dabei unterscheidet sich, soweit ich weiß,
das italienische Verfahren von dem deut-
schen, und Italien plant, sich auf Daten zu
stützen, die die US Air Force zur Verfügung
stellt. Amerikanische Global Hawks fliegen
bereits über Italien mit der Genehmigung der
italienischen Behörden. Italien hat zudem

bereits den teilnehmenden Nationen, zuletzt
im Juni deren Verteidigungsministerien, ver-
sichert, dass es einerseits zuversichtlich ist,
dass NATO-AGS-Fluggeräte zugelassen
werden können, und andererseits versichert,
dass der Zulassungsprozess wie geplant
verläuft.

Auch wenn die Entscheidung des Vertei-
digungsministeriums, nicht mit dem Euro-
Hawk-Programm fortzufahren, keinerlei Ein-
fluss auf das NATO-AGS-Programm hat,
würde das BMVg dennoch Einsparpotenzial
durch die Euro-Hawk-Serienbeschaffung
verlieren, die sich aus Skaleneffekten durch
den Erwerb eines Flugzeugs aus laufender
Produktion ergibt.

Wir glauben, dass der Euro Hawk das
System ist, welches zu den geringsten Kos-
ten und am effektivsten die deutsche Signal
Intelligence Mission ausführen kann. Der
Euro Hawk steht bereit, diese Mission sicher
zu beginnen. Eine bezahlbare Serienproduk-
tion kann kurzfristig und ohne Verspätung
bereitgestellt werden, um das von der Bun-
deswehr dringend benötigte Leistungsver-
mögen zu erreichen. Eine auf dem Triton
basierende Variante könnte als Plattform mit
einer aktuelleren Zulassungsbasis genutzt
werden, die mehr mit den aktuellen Anforde-
rungen der deutschen Zulassungsbehörden
übereinstimmen würde. Natürlich hängen
solche Ansätze und Kosten letztlich von der
Entscheidung und den Vorgaben unserer
Kunden ab.

Zum Schluss möchte ich drei Aspekte
verdeutlichen, die meiner Meinung nach
wesentlich für die weitere Entwicklung des
Programms sind:

Als ersten und wichtigsten Aspekt möchte
ich hervorheben, dass die Bundesregierung
in den Euro Hawk bereits erhebliche Investi-
tionen getätigt hat. Wenn dieses Programm
gestoppt wird, bedeutet dies nichts anderes,
als dass die Bundesregierung wieder von
Grund auf beginnen muss, egal welches
bemannte oder unbemannte Gerät sie ins
Auge fasst. Es besteht kein Zweifel, dass
erhebliche Kostensteigerungen und Verspä-
tungen eintreten werden, wenn ein ganz
neues Programm aufgesetzt wird.

Wenn wir das geplante Euro-Hawk-Pro-
gramm weiterführen würden, bin ich zuver-
sichtlich, dass eine luftfahrtrechtliche Zulas-
sung mit vertretbarem Aufwand erreicht wer-
den kann. Allerdings würden wir die umfas-
sende Zusammenarbeit aller am Zulas-
sungsprozess Beteiligten benötigen. Wir

Drucksache 17/14650 – 760 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 64
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

glauben, dass die Kosten für das Erreichen
einer luftfahrtrechtlichen Zulassung mög-
licherweise weniger als ein Drittel derjenigen
Kosten betragen, die die Zulassungsbehörde
genannt hat.

Und letztlich waren die EuroHawk GmbH,
die NGISSII und EADS Cassidian vollumfas-
send an jedem Aspekt und auf jeder Ent-
wicklungsstufe des Programms beteiligt. Die
Industrieseite ist ein starker Partner, der wie-
derholt mögliche Lösungen vorgeschlagen
hat, um die verschiedenen Herausforderun-
gen zu bewältigen, die im Programm im Lauf
der Zeit zutage traten. Wir stehen weiter voll
hinter dem Programm und sehen uns in der
Verpflichtung, unsere Kunden weiterhin im
Erreichen einer für Deutschlands nationale
Sicherheitsinteressen entscheidenden Fä-
higkeit zu unterstützen.

Wir haben durch die starke Zusammen-
arbeit im Team zahlreiche Erfolge erzielt, und
wir freuen uns darauf, mit unseren Kunden
und Teamkollegen aufseiten der Industrie
einen gehbaren Weg in die Zukunft zu fin-
den.

Ich danke Ihnen, dass Sie mir heute die
Gelegenheit gegeben haben, Sie durch un-
seren schon sechs Jahre andauernden Ein-
satz zur Erreichung der besten technischen
Ziele für Deutschlands nationale Sicher-
heitsinteressen zu führen, und so gut ich
kann, werde ich nun alle Ihre Fragen beant-
worten. - Vielen Dank.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Vielen Dank auch Ihnen, Herr Pamiljans, für
die doch umfassende Einführung. - Wir ha-
ben für unsere Befragung ein festes Zeitbud-
get, das heißt, dass die Fraktionen in ihrer
Größe die Reihenfolge bestimmen. Die
CDU/CSU wird mit 23 Minuten beginnen, die
SPD 14 Minuten, die FDP dann 9 Minuten,
die Linke 7 Minuten, Bündnis 90/Die Grünen
ebenfalls 7 Minuten.

Ich bitte die deutschen Kollegen, auf
Deutsch zu sprechen, weil man ja leicht auch
ins Englische übergeht. Aber ich glaube, es
ist für das Protokoll einfacher, wenn die
deutschen Kollegen deutsch sprechen, und
Sie, Herr Pamiljans, dann auf Englisch ant-
worten. - Bitte schön, Herr Kollege Grübel.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ja, Herr
Pamiljans, wann wurden die ersten Gesprä-
che mit der deutschen Seite zum Thema
Euro Hawk geführt?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Die ersten Gespräche, das,
denke ich, war früh, 2001, als die Gesamt-
entwicklung des Systems für einen zukünfti-
gen Ansatz geplant wurde.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wann wur-
den konkrete Vertragsverhandlungen begon-
nen?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): 2007, im Januar 2007, und der
letzte Vertrag wurde da unterschrieben. Aber
von 2005 bis 2007 wurden die einzelnen
Elemente des Vertrags und die Erwartungen
formuliert.

Markus Grübel (CDU/CSU): Haben Sie
von Ihrer Seite aus die deutsche Seite darauf
hingewiesen, dass das Zulassungsverfahren
in den Vereinigten Staaten von Amerika an-
ders ist als das Zulassungsverfahren in der
Bundesrepublik Deutschland?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ich denke, durch die Entwick-
lung des Vertrags - WTD 61 mit dem Vertei-
digungsministerium - haben wir alle ein Ver-
ständnis dafür gehabt, dass eine Lösung
gefunden werden musste, ein zielgerichteter
Ansatz, da man ein Design aus einer existie-
renden Produktionslinie kaufen wollte, und
man musste ein System finden, das für die
deutschen Sensoren spezifisch gemacht war.

Markus Grübel (CDU/CSU): Im Jahr
2001, im Oktober, hat der damalige Bundes-
verteidigungsminister Scharping mit den
Vorstandsvorsitzenden von EADS, Hertrich,
und Northrop Grumman, Kresa, ein Ge-
spräch geführt. Ging es bei dem Gespräch -
also, es ging mit Sicherheit um Euro Hawk -
auch um Zulassungsprobleme?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Im Jahr 2001, denke ich, gab
es noch überhaupt keine Gespräche über
Zulassungsprobleme. Die Entscheidung war
ja, dass man einen schon bestehenden Glo-
bal Hawk kaufen würde. Man sah den Wert,
man sah die Chance, das UAV und den Sen-
sor zu integrieren, und man wollte dies aus-
forschen und belegen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Hätte
Northrop Grumman das Projekt weiter be-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 761 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 65
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

trieben, wenn die Zulassung nach deutschem
Recht als vertragliche Leistung geschuldet
worden wäre, also wenn man den Vertrag so
formuliert hätte, dass Northrop Grumman das
Risiko der Zulassung nach deutschem Recht
trägt?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Northrop Grumman wäre wei-
terhin an Bord gewesen; denn das Abkom-
men war ja, dass ein System gekauft werden
würde, das schon designt war, das schon
demonstrierbar flog, und das war das, was
einfach nur leicht verändert werden sollte mit
der Verwendung der bestehenden amerika-
nischen Zulassung und Dokumentationspro-
zesse. Also, die Antwort wäre: Ja, wir hätten
weitergemacht. Denn niemand hätte sich
vorstellen können, dass sich hier irgend-
etwas groß unterschieden hätte.

Markus Grübel (CDU/CSU): Darf ich da
noch mal nachhaken? - Also, Ihnen waren
die Unterschiede zwischen dem deutschen
Zulassungssystem und dem Zulassungs-
system der Vereinigten Staaten bewusst, und
Sie hätten trotzdem als geschuldete Leistung
in den Vertrag sich reinschreiben lassen,
dass Northrop Grumman die Verantwortung
trägt, dass die Zulassung nach deutschem
Recht erfolgen kann? Also, im Vertrag ist ja
jetzt eine Bemühensklausel, wenn das Risiko
auf Northrop Grumman übertragen worden
wäre.

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Damals existierten diese deut-
schen Zulassungsregeln noch gar nicht. Das
Gespräch drehte sich um den Erwerb dieses
unbemannten Flugkörpers. Der US-Air-
Force-Zulieferungsprozess wurde akzeptiert
als Grundlage für die Abnahme des Systems,
und die amerikanische Version sollte in die
deutsche integriert werden. Also, es gab
keine deutschen gesetzlichen Grundlagen,
die als Grundlage hier galten.

Markus Grübel (CDU/CSU): Sie haben
vorher gesagt, für die Zulassung schätzten
Sie Kosten von 160 bis 193 Millionen Euro.
Die deutschen Stellen kommen auf Schät-
zungen bis zu 600 Millionen Euro. Es wurden
dann auch mal 800 Millionen Euro genannt.
Können Sie mir den Unterschied aufklären?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Zuerst einmal: Ich weiß nicht,
wo die 500 bis 800 Millionen Euro herkom-
men. Das ist nicht Teil des Joint Ventures;
das ist nicht etwas, was mit der Industrie
zusammen erarbeitet wurde. Wir wissen
nicht, wo dieser Preis herkommt, wie er be-
rechnet wurde. Das heißt, zu diesen Zahlen
kann ich auch keine Anmerkungen machen.

Ich kann zu den 160 bis 193 Millionen
Euro etwas sagen, die gemeinsam überprüft,
festgelegt wurden, nicht mit allen Parteien
letztendlich bestätigt wurden. Aber jede Seite
hat verstanden, was benötigt würde, um
diese Zulassung zu erhalten, um die neuen
deutschen Anforderungen zu erfüllen, um
hier die Zulassung zu ermöglichen. Und da
liegt der Preis, wie von mir gesagt, zwischen
160 und 193 Millionen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ist das ein
Festpreis? Würden Sie es garantieren, dass
Sie für 193 Millionen Euro die Zulassung
nach deutschem Recht erlangen, die Muster-
zulassung nach deutschem Recht erlangen?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ich denke, das ist ein guter
Preis entsprechend der Spezifikationsanfor-
derung, die wir am Anfang der Diskussion
hatten, auch hinsichtlich der Erwartung. Das
war kein Preis, der von WTD 61 bestätigt
wurde; aber sie waren an dieser Festlegung
des Preises signifikant beteiligt. Und jeder
war der Meinung, dass dies ein Ansatz für
die zukünftige Produktion sein sollte, dass
dies ein Preis ist, der erreichbar ist.

Ob das jetzt ein fester Preis ist: Ich
möchte Sie alle daran erinnern, dass der
ursprüngliche Zertifizierungspreis fest war.
Also, das heißt, die Risiken waren von An-
fang an verstanden. Erst als wir dann in den
Vertrag übergingen, hatten wir hier eine Ab-
weichung und hatten die Unterschiede in den
Preisen. Die Risiken bewegten sich dort.

Aber ob wir das mit einem festen Preis
machen könnten oder nicht: Also, ich denke,
wenn die Spezifikationen klar sind, die An-
forderungen klar sind und wenn die beteilig-
ten Parteien darin übereinkommen, dass auf
der Grundlage der Zusammenarbeit alle
Parteien zusammenarbeiten, dann können
wir dies auch als festen Preis ansehen, ja.

Markus Grübel (CDU/CSU): Also, sind
Sie bereit, alle Zulassungsrisiken für
193 Millionen Euro zu tragen?

Drucksache 17/14650 – 762 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 66
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Dann müsste ich verstehen,
was genau die Anforderungen sind, und wir
müssten sicherstellen, dass sie klar doku-
mentiert und überprüft werden.

Ich habe Ihnen in den Einführungsbemer-
kungen schon gesagt, dass wir uns ein biss-
chen wegbewegt haben, weg von diesem
zielgerichteten, kundenspezifischen Ansatz,
und wir können nur einen festen Preis haben,
wenn alle Parteien sich darauf einigen, was
diese Anforderungen sind, und dann können
wir zusammenkommen und können eine
Lösung finden mit den beteiligten Parteien für
diesen Preis.

Markus Grübel (CDU/CSU): Da darf ich
noch mal nachfragen. Es gibt nach deut-
schem Recht Musterzulassungsbestimmun-
gen; die stehen fest. Wären Sie bereit, zu
sagen: „Nach diesen bestehenden Muster-
zulassungsbestimmungen bin ich bereit, für
193 Millionen Euro euch zu garantieren: Ich
erlange die Musterzulassung in Deutsch-
land“? Die Bestimmungen stehen fest. Die
sind auch bei Vertragsabschluss dem Auf-
tragnehmer bekannt gewesen. Bloß wurde
im Vertrag das Risiko auf den Auftraggeber,
also auf den Bund, übertragen. Wären Sie
bereit, jetzt, in der Phase, in Kenntnis der
bestehenden Situation, die Risiken als Auf-
tragnehmer für 193 Millionen Euro zu über-
nehmen, also zum Festpreis, nach den deut-
schen Musterzulassungsbestimmungen?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ich würde gerne eine Koalition
haben zwischen WTD 61/ML, der Luftwaffe
und dem BAAINBw, um die richtigen Spezifi-
kationen, Anforderungen festzulegen und
sich auf diese zu einigen. Wenn das der ur-
sprüngliche Ansatz sein würde, dann, denke
ich, wäre das ein guter Dialog, in dem wir
festlegen könnten, was der Preis am Ende
dann ist.

Was dieser Preis dann ist: Ich weiß nicht,
wo diese 600, 700, 800 Millionen Euro her-
kommen. Aber dieser Ausschuss - - Das
Verteidigungsministerium hat kein neues
Design erworben, sondern ein schon beste-
hendes Design, das schon bewiesen hatte,
dass es fast 100 000 Flugstunden hatte. Es
fliegt schon seit 15 Jahren. Das heißt, Sie
haben ein System erworben, das sich als
effektiv bewiesen hat und die Bedürfnisse
dieses Ausschusses und des Verteidigungs-
ministeriums für die Luftwaffe erfüllt. Und ich

hätte gerne dieses Engagement. Bis jetzt war
dies so nicht möglich.

Markus Grübel (CDU/CSU): Die Erpro-
bung läuft ja bis 30. September 2013. Sie
würde auch sehr erfolgreich verlaufen, hat
uns der Vertreter von Cassidian gesagt, zu-
mindest was das deutsche Aufklärungssys-
tem angeht. Euro Hawk fliegt, hat er auch
bestätigt. Aber über Zulassungsprobleme
haben wir uns ja jetzt unterhalten.

Im Juni 2009 wurde der dritte Änderungs-
vertrag geschlossen. Damit war die Masse
des Geldes in der ersten Hälfte 2009 ausge-
geben. Gab es zu irgendeiner Zeit Überle-
gungen, nachdem das Geld ausgegeben ist,
die Erprobung vorzeitig abzubrechen und
nicht bis zum 30. September, wie das Minis-
terium entschieden hat, zu Ende zu führen?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Wenn ich der Logik Ihrer
Frage folge: Im Jahr 2009, als die ECPs fi-
nanziert wurden - und ich denke, wir versu-
chen ja gemeinsam, eine Lösung zu fin-
den - - Als diese Gelder ausgegeben wurden
und die gesamte Dokumentation vorgelegt
wurde und wir uns hinbewegt haben zu den
ersten Flügen, hatte jeder das Gefühl, dass
wir auf einem guten Weg waren hin zur Zerti-
fizierung, hin zur Zulassung. Ich denke, das
ist auch heute noch der Fall. Die Zeit nach
2009 bis zum Anfang 2010 mit den Heraus-
forderungen, die wir dann herausgefunden
haben, das war der Moment, als die Schwie-
rigkeiten wirklich zutage traten, als
WTD 61/ML sich von den ursprünglichen
Abkommen über die Anforderungen wegbe-
wegt hat, um die Flugzulassung zu erreichen.
Und erst 2010 hatten wir dann wirklich diese
Schwierigkeiten und sind mit diesem Zertifi-
zierungsgipfel im Rahmen des Joint Ventures
proaktiv geworden, um eine Lösung zu fin-
den. Und das ist sehr intelligent gemacht
worden. Sie bezahlen uns dafür, in den ge-
samten Prozessen als Zulieferer der Euro-
Hawk GmbH proaktiv zu sein und Lösungen
vorzulegen, und das haben wir auch getan.
Und das hat zu diesem Ansatz geführt, der
zum Prototyp geführt hat, und das ist ja das,
was wir gegenwärtig haben.

Markus Grübel (CDU/CSU): Meine Frage
war darum: Es gibt politische Äußerungen -
jetzt nicht von meiner Fraktion oder Partei,
sondern von anderen -, die sagen, Minister
de Maizière hätte 2011, nachdem das Geld

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 763 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 67
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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für die Erprobung ausgegeben wurde, die
Erprobung abbrechen müssen oder - das
Gleiche - hätte sie 2012 abbrechen müssen.
Gibt es vonseiten der Industrie irgendeinen
Grund, Geld auszugeben und die Erprobung
nicht zu Ende zu führen?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Nein. Das war der richtige
Ansatz, das Geld auszugeben. Das war der
richtige Ansatz, eine Lösung zu finden; denn
wir haben ja alle eine Einigung darüber ge-
troffen, was mit diesen wertvollen Geldern
passieren sollte und was das Ergebnis sein
sollte, um eine Gesamtzulassung auch zu
erhalten. Also, es gab überhaupt keine An-
zeichen damals, die Tests nicht weiterführen
zu lassen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Von der
deutschen Seite aus gab es Klagen, dass die
amerikanische Seite sich abgeschottet hätte,
eine Abschottungsstrategie gefahren ist, was
Unterlagen angeht, die für das Zulassungs-
verfahren oder das vorläufige Zulassungs-
verfahren erforderlich waren. Was sagen Sie
dazu?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Also, es tut mir sehr leid, das
so hören zu müssen. Es gab eine solche
Strategie nicht. Wir sind ein guter Partner für
die deutsche Regierung seitens der Industrie
und versuchen, die Euro-Hawk-Lösung zu
erreichen. Es gab ein sehr detailliertes
Statement und einen Vertrag von BAAINBw
und EuroHawk GmbH, in dem klar beschrie-
ben wurde, was wir liefern sollen, auch be-
züglich der Dokumente, die benötigt wurden.
Und ich denke, es gab vielleicht Zeiten, als
ein Typeninspektor diese Dokumente be-
trachtet hat und anders interpretiert hat, und
wir mussten von BAAINBw die Autorisierung
bekommen, die jeweiligen Objekte zu be-
kommen. Aber unter dem Strich bezahlen
Sie uns ja auch dafür, dass wir mit beteiligt
sind. Und dies wird vielleicht von der Presse
anders interpretiert, und es wurde interpre-
tiert, dass wir hier nicht unterstützend sind.
Aber wir haben mit EuroHawk GmbH und
BAAINBw und WTD 61/ML gut zusammen-
gearbeitet.

Markus Grübel (CDU/CSU): Euro Hawk
beruht auf einem Global Hawk Block 20. Die
US Air Force hat sich entschieden, Global
Hawk Block 20 und Global Hawk Block 30

nicht weiter zu nutzen. Können Sie mir ein-
mal erklären, warum, und zum Zweiten erklä-
ren: Wann haben Sie die deutsche Seite
darüber unterrichtet, dass die US Air Force
Global Hawk Block 20 und Global Hawk
Block 30 nicht mehr nutzt?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Recht herzlichen Dank für
diese Frage. Wir haben das deutsche Vertei-
digungsministerium nicht darüber informiert,
dass es keinen Block 30 gibt; denn es gab
immer einen Block 30. Die Global-Hawk-
Familie fliegt jetzt fast schon 100 000 Flug-
stunden. Das Block-30-Programm fliegt jetzt,
wo ich hier sitze; der Block 20 und der Block
10 fliegen ebenfalls, während ich hier sitze
und mit Ihnen spreche. Block 30 ist noch
immer ein sehr gutes Programm, das eine
Mission verfolgt, die keine andere High-
Altitude-Lösung weltweit erfüllen kann. Also
wird Block 30 noch immer als ein wichtiges
Programm für die US Air Force gesehen, bis
hin zu dem Punkt, dass wir sogar mit drei
weiteren Global-Hawk-Block-30-Lösungen
beginnen möchten. Wir beginnen die Ver-
handlungen mit der US Air Force, um hier
einen weiteren Beschaffungsprozess zu be-
ginnen. Block 20 steht kurz vor dem Errei-
chen der 10 000 Flugstunden, und die Navy
hat immer einen Block 10 bei den Missionen
mit dabei, und das zeigt, wie wichtig diese
einzelnen Blöcke für die Regierung der Ver-
einigten Staaten sind.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Darf ich
die Befragung fortführen?

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege Silberhorn.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Vielen
Dank. - Sie sagen, der Global Hawk wäre
seit 15 Jahren im Einsatz und hätte über
100 000 Flüge schon absolviert. Ist er auch
im US-Luftraum eingesetzt? Ist er auch dort
eingesetzt, wo ziviler Flugverkehr in den
Vereinigten Staaten von Amerika stattfindet?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Die direkte Antwort auf diese
Frage ist: Ja, er wird im Luftraum in der ge-
samten Welt verwendet.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Ich
frage vor dem Hintergrund, dass unsere In-

Drucksache 17/14650 – 764 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 68
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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formation bisher ist, dass Ihr System im
Ausland - in Afghanistan, in anderen Staa-
ten - eingesetzt wird, wo es die Typzulas-
sung nicht braucht. Hat Ihr System eine
Musterzulassung in den Vereinigten Staaten
von Amerika?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ja, Global Hawk hat eine Zu-
lassung von der Air Force der Vereinigten
Staaten. Die Navy-Variante hat eine Zulas-
sung für die entsprechende Navy-Variante.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Können
Sie uns erläutern, weshalb die Musterzulas-
sung für den Euro Hawk, der auf dem Global
Hawk beruht, trotzdem zu Mehrkosten von
160 bis 193 Millionen Euro führen würde, die
Sie selbst so schätzen?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Basierend auf den Anforde-
rungen von WTD 61/ML, hin zu dem, was sie
benötigen, um die Gesamtzulassung zu er-
halten, haben sie bei uns angefordert, dass
Systemveränderungen und Dokumentations-
veränderungen durchgeführt werden, die zu
diesen Mehrkosten führen, zu diesen Delta-
Kosten. Und dieses Delta ist eine neue Än-
derung an einem System, das als Blockkon-
figuration, so wie es von Deutschland mit
dem Euro Hawk erworben wurde, nicht exis-
tiert.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Wenn
Sie die Schätzung der Mehrkosten von bis zu
193 Millionen Euro auf Anforderungen bezie-
hen, die die Wehrtechnische Dienststelle 61
stellt, die gleiche Wehrtechnische Dienst-
stelle 61 aber auf Mehrkosten von 500 bis
600 Millionen Euro kommt: Wie erklären Sie
sich diese Differenz? Denn Sie beziehen sich
ja eben auf die Wehrtechnische Dienststelle
61.

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Als wir die 160 bis 190 errech-
net haben, wurde das als Tatsache von WTD
nicht komplett akzeptiert. Nichtsdestotrotz
war es eine Chance für das, was jeder als
einen gehbaren Weg nach vorne gesehen
hatte. Aber das bedeutet nicht, dass man ein
System nimmt, das schon existiert, und alle
einzelnen Komponenten dieses Systems neu
zertifiziert. Man versucht ja, das beste Preis-
Leistungs-Verhältnis zu erhalten. Wenn man

ein System auf Komponentenebene zertifi-
ziert, und zwar ein System, das schon über
100 000 Flugstunden hat, dann, denke ich,
ist das der Bereich, wo dieser extreme
Mehrwert vonseiten WTD 61/ML herkommt.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Sie ha-
ben vorhin erwähnt, dass kein Flugzeug ein
Sense-and-Avoid-System hätte. Habe ich Sie
da richtig verstanden? Und liegt das vielleicht
daran, dass unbemannte Flugzeuge eine
technisch neue Entwicklung sind und hier
weltweit Standards erst noch entwickelt wer-
den müssen?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Das ist eine sehr gute Frage.
Ich glaube, dass unbemannte Flugsysteme
und deren Integration entwickelt werden
müssen, dass das noch ganz am Anfang
steht. Ich glaube, dass der Ansatz getrennter
Lufträume, den Euro Hawk heute nutzt und
den andere Global Hawks weltweit auch
schon genutzt haben, effektiv ist und funktio-
niert, weil das System auf über 15 000 Me-
tern fliegt; deswegen geht es. Der Sense-
and-Avoid-Prozess ist eine Entwicklung, mit
der wir umgehen müssen; denn wir brauchen
verschiedene Regelungen, wie bemannte
und unbemannte Systeme zusammen funk-
tionieren können.

Was man wissen muss, ist, dass der Glo-
bal Hawk oder der Euro Hawk kein System
ist, das automatisch fliegt; da gibt es einen
Piloten. Und wenn heute ein kommerzieller
Flug durchgeführt wird, dann ist er auch ge-
lenkt, wenn der Pilot mit Autopilot fliegt. Und
bei Euro Hawk sitzt der Pilot eben in der
Bodenstation, aber sonst ist nicht viel anders.
Es wird deswegen notwendig sein, die tech-
nischen Algorithmen zu entwickeln, um ein
Sense-and-Avoid-System zu entwickeln. Das
wird dauern; das gibt es bis jetzt noch nicht.
Niemand hat ein solches System. Da wird
derzeit noch sehr viel Forschung betrieben.
Auch in vielen verschiedenen Staaten wird
daran geforscht. Und ich freue mich auf den
Tag, wo man ein solches System tatsächlich
entwickelt hat.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Vielen Dank. - Jetzt kommt die SPD-Fraktion.
Das Wort hat der Kollege Hans-Peter Bar-
tels.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Vielen
Dank. - Haben Sie den Eindruck, dass es in

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 765 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 69
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Deutschland bei den unterschiedlichen An-
sprechpartnern, die es für Sie gibt, auch un-
terschiedliche Interessen gibt?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Na ja, die Kontaktpersonen,
die Ansprechpartner, die ich in Deutschland
habe, die sind ja für mich eigentlich nur beim
BMVg, mit dem Erfordernis, die Bedürfnisse
der Luftwaffe zu erfüllen, und die sind aus
meiner Sicht, aus Sicht von NGISSII, aus-
schließlich verantwortlich - wenn ich Ihre
Frage richtig verstanden habe.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wenn Sie
so eine Zahl - 600 Millionen Euro werden
zusätzlich gebraucht, um überhaupt die Zu-
lassungsfähigkeit der Serie zu erreichen - zur
Kenntnis nehmen, interpretieren Sie das
dann als ein möglicherweise vorgeschobe-
nes Argument, um aus der Serie auszustei-
gen?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ich hoffe, dass ich das nicht so
sehen muss. Ich hoffe, dass wir uns auf die
zentrale Strategie zurückbesinnen können,
die dieser Ausschuss, die das BMVg und die
Luftwaffe hatten, um diese Mission durchzu-
führen: eine kosteneffiziente Lösung auf der
Grundlage von Global Hawk, also einer be-
kannten Produktionslinie, einem System mit
beinahe 100 000 Flugstunden, mit einer her-
vorragenden Sicherheitsbilanz. Ich denke,
das ist der Ausgangspunkt, zu dem wir alle
wieder zurückkommen sollten - das würde
ich hoffen -, eben nicht diese 600 Millionen
oder mehr auszugeben. Ich glaube, dass wir
angesichts der Haushaltszwänge gemeinsam
dafür verantwortlich sein sollten, kein unnöti-
ges Geld auszugeben. Und wir haben doch
ein System, das effektiv ist, das effizient ist
und auch bezahlbar ist. Und deswegen
würde ich doch behaupten, dass keiner einen
solchen Neustart befürworten sollte; denn
egal wie der Neustart aussieht, da verblasst
die genannte Zahl gegenüber den Gesamt-
kosten eines neuen Projektes.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ab wann
wurden Sie denn nicht mehr an der Suche
nach einer Lösung für die Zulassungspro-
bleme beteiligt? Sie sagten, im Januar 2013
sind Sie von der Entscheidung überrascht
worden, aus der Serie auszusteigen. Ab
wann vorher wurden Sie nicht mehr beteiligt,
eine Lösung zu suchen?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Um es ganz sicherzustellen,
falls da irgendwas falsch verstanden worden
sein sollte: Wir waren immer Teil der lang-
fristigen Lösung. Keiner hat 2013 der Frage
völlig den Rücken gekehrt, als klar wurde,
dass WTD 61/ML andere Bedürfnisse ge-
nannt hat, als es im Vertrag stand, und als
dieser Ausschuss die ECPs vorgelegt oder
unterstützt hat, denen zufolge die Doku-
mentation vorgelegt werden sollte, bis hin
zum ersten Flug 2010. Da möchte ich Sie
daran erinnern, dass nur ein Teil des ge-
samten Global-Hawk-Systems, der Euro
Hawk, und nur ein Teil der gesamten Global-
Hawk-Familie verändert wurde. Das ist eine
Pumpe im Triebwerk. Nur eine Veränderung.
Wenn also das ganze Geld, das jetzt aus-
gegeben worden ist - - Das ist eben aus-
gegeben. Deswegen fragen wir uns: Wie
sorgen wir dafür, dass sich das lohnt? Und
wie kann man jetzt dafür sorgen, dass wir
den Zulassungsbehörden das Vertrauen
geben, dass sie die Zulassungsdokumente
unterzeichnen können und Verantwortung
übernehmen können? Dazu braucht es Zu-
sammenarbeit, und das müssen wir langfris-
tig angehen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sie ver-
handeln ja nicht mehr mit der Regierung,
oder gibt es noch Verhandlungen?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Wir haben eine Teilzulassung
in Bezug auf die Lufttüchtigkeit. Da wurde
nach Lösungen geschaut, und wir haben
eine 400-Stunden-Zulassung für den Euro
Hawk gegenwärtig. Wenn Sie sich die Flug-
performance anschauen, 170 Stunden sind
das; mit den 400 Stunden können wir noch
zwei Jahre weiterfliegen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sie ver-
handeln jetzt nicht mehr mit der Regierung.
Gibt es noch Verhandlungen mit Ihnen?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ich glaube, man bemüht sich
in der Tat, weiter das Gespräch zu führen.
Aber haben wir in der jüngsten Vergangen-
heit diese Möglichkeit bekommen? Da ist die
Antwort: Nein.

Drucksache 17/14650 – 766 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 70
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wann
haben Sie zuletzt offizielle Kontakte gehabt
über das Zulassungsverfahren?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ich würde nicht sagen: keine
Kontakte. Ich würde sagen: Das Projekt-
managementteam hat durchaus Gespräche
gehabt durch BAAINBw oder durch WTD 61,
und da ging es durchaus weiter mit dem Dia-
log, um eine Lösung zu finden. Also, ich
würde das jetzt nicht so sagen, dass es kei-
nerlei Kontakte gegeben hätte.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): In den
Vorhaben der Bundesregierung, den 30
wichtigsten Rüstungsvorhaben der Bundes-
regierung gibt es ja nicht nur den Euro Hawk,
der auf der Basis von Global Hawk einge-
setzt werden soll, sondern auch einen Global
Hawk in der abbildenden Aufklärungsrolle,
Global Hawk IMINT. Gibt es darüber noch
Verhandlungen? Ist der noch vorgesehen?
Eines der 30 wichtigsten Rüstungsprojekte
der Bundeswehr.

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ich vertrete NGISSII und den
Euro Hawk. Ich kann Ihnen nichts sagen
über andere Beschaffungsvorhaben.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Nein, es
ist der Global Hawk mit Kameras, das, was
Sie üblicherweise verkaufen. Das ist ein
Rüstungsprojekt der Bundesregierung. Es ist
Global Hawk. Das kennen Sie gar nicht?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Nein, ich kenne kein anderes
Beschaffungsprojekt mit der Global-Hawk-
Familie durch die Bundesregierung oder
auch nicht in Zusammenarbeit mit der US-
Regierung, keine anderen Derivative des
Global Hawk, abgesehen vom Euro Hawk.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sind wir
richtig informiert - Sie hatten vorhin schon
mal Stellung dazu genommen -, dass die US
Air Force im letzten Jahr einen Global-Hawk-
Auftrag reduziert oder storniert hat und Glo-
bal Hawks auch stillgelegt hat? Welche
Gründe gab es dafür?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Nein, das stimmt nicht. Das
Global-Hawk-Programm, alle Blocks werden

nach wie vor unterstützt und laufen weiter
über 2016 hinaus. Wir haben zusätzliche
Verträge für Charge 11, drei neue Flug-
zeuge, die demnächst in Betrieb gesetzt
werden.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sie sag-
ten vorhin, in Amerika sei der Global Hawk
zugelassen. Ist das eine normale Zulassung,
wie sie für andere Luftfahrzeuge auch gilt,
oder ist es eine besondere Zulassung?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Es ist eine militärische Zulas-
sung.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Eine
normale militärische Zulassung oder eine
besondere militärische Zulassung?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Das ist die militärische Zulas-
sung für die Air Force für die Global-Hawk-
Plattform.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wie für
jedes andere Flugzeug auch?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ich weiß nicht, ob ich das so
sagen könnte, weil jedes Flugzeug ja sein
einzigartiges Design hat, die einzigartigen
Anforderungen und Kategorien der Zulas-
sungsprozesse. Aber der Global Hawk hat
eine militärische Zulassung für die US Air
Force für diese Drohne.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wem ge-
hören die intellektuellen Rechte an dem Glo-
bal-Hawk-Programm: Ihnen oder der Air
Force?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Das ist wahrscheinlich eine
Mischung. Der Kunde besitzt das Fluggerät.
Es gibt bestimmte Datenrechte innerhalb der
Software, die eng zu tun haben mit dem
geistigen Eigentum des Unternehmens. Das
ist alles vereinbart worden und ausgearbeitet
in verschiedenen Verträgen, und das funktio-
niert sehr gut.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Haben
Sie den Global Hawk in andere Länder ex-
portiert?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 767 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 71
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Wir stehen in Verhandlungen,
abgesehen von unserer Beziehung zur Bun-
desrepublik Deutschland. Deutschland war
da an erster Stelle 2001 mit dem Global
Hawk, vier Jahre nach dem Erstflug. Das ist
eine Entscheidung, die ich ausdrücklich be-
grüße. Aber inzwischen stehen wir in Ver-
handlungen mit anderen Ländern, die den
Global Hawk und seine verschiedenen Spiel-
arten zur Unterstützung ihrer Missionen ein-
setzen möchten.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sie er-
wähnten ein Treffen vom Januar 2011 zwi-
schen Northrop Grumman, der Air Force und
dem Bundesverteidigungsministerium. Kön-
nen Sie dazu noch einige Worte sagen? Wer
hat sich da getroffen? Worum ging es?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Das Euro-Hawk-Programm
unterstand mir damals nicht persönlich; aber,
soweit ich weiß, gingen die Gespräche Ende
2010 um die Tatsache, dass wir eine Lösung
vorschlagen mussten an WTD 61, um eine
Lösung zu finden für den Zulassungspro-
zess, also einen Ansatz. Alle wollten damals
weitermachen. Nachdem wir die ECP-Gelder
ausgegeben haben, die von diesem Aus-
schuss bewilligt worden waren, und alle Do-
kumente vorgelegt haben und als sich dann
aber die Anforderungen geändert haben, da
ging es darum, unter allen Beteiligten zu-
sammenzuarbeiten, um eine Lösung zu fin-
den. Und der Ansatz des Joint Venture, das
wir vorgeschlagen haben, war damals der
Prototyp, um dann weitermachen zu können
und weiter hinarbeiten zu können zu einer
vollständigen Zulassung. Das hat WTD 61
damals akzeptiert, und das ist das, was wir
heute haben.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Dann
habe ich das falsch verstanden: Es gab kein
Treffen im Januar 2013, sondern Sie meinen
das Treffen im Februar 2010?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Februar 2010, das Treffen, ja.
Die Gespräche Ende 2012, Anfang 2013, als
der Euro-Hawk-ad-hoc-Bericht vorgelegt
wurde ohne Abstimmung mit der Industrie,
das war der Zeitpunkt, wo offensichtlich be-
schlossen wurde oder festgestellt wurde,
dass eine Zulassung nicht möglich wäre.
Aber darüber weiß ich nichts. Denn wir sind

bei der Erarbeitung dieser Unterlagen nicht
gefragt worden.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wann
haben Sie erfahren, dass das Serienpro-
gramm nicht ausgelöst wird, und wie haben
Sie es erfahren?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ich habe das nicht über förm-
liche Kanäle erfahren. Ich habe das erfahren
durch meine Gespräche mit Herrn Selhausen
im April, und da habe ich erfahren, dass die
Folgeproduktion wahrscheinlich nicht weiter
verfolgt würde. Das war in meinem persön-
lichen Gespräch mit Herrn Selhausen. Aber
wir haben keine offizielle, förmliche Mitteilung
bekommen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Waren
Sie da in Deutschland, oder war er in Ame-
rika?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Nein, ich habe Herrn Selhau-
sen in seinem Büro aufgesucht.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wissen
Sie noch, wann das war?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Das war in der ersten April-
woche, wenn ich mich richtig erinnere.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Vielleicht
wenn Sie einen Kalender da hätten - -

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Entschuldigung.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So, jetzt ist die SPD erst mal zu Ende. - Jetzt
kommt die FDP. Herr Kollege Spatz.

Joachim Spatz (FDP): Herr Pamiljans,
Sie haben geschildert, dass der Vertrag nie
anders ausgelegt worden ist, als dass man
eine existierende Plattform kauft mit einem
existierenden US Air Force Certificate und
die nur leicht zu adaptieren wäre für die
deutschen Erfordernisse. Hatten alle Ihre
Gesprächspartner dieselbe Wahrnehmung
oder nur Sie?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Die Sichtweise des Program-

Drucksache 17/14650 – 768 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 72
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

mes und auch meine Meinung ist, dass der
ursprüngliche Vertrag so aussah, dass der
Global Hawk hergenommen werden sollte
und angepasst werden sollte an die neuen
Sensoren, was dann den Euro Hawk erge-
ben würde. Und die Dokumentierung für
diese Veränderung sollte dann vorgelegt
werden. Aber es sollte der US-Zertifizie-
rungsprozess als Grundlage verwendet wer-
den.

Joachim Spatz (FDP): Hatten Sie eine
Vorstellung von der Größe des Delta, das Sie
eben beschrieben haben?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ja, deswegen war das auch
ein Vertrag zu einem Festpreis. Das war so
beschlossen worden im Vorfeld des Vertra-
ges 2007. Deswegen hat das Joint Venture
das zu einem Festpreis auch unterzeichnet.
Da haben sich alle Parteien darauf geeinigt,
was die Erwartungen wären.

Joachim Spatz (FDP): Also, Sie sagen:
„Alle Partner waren sich ungefähr über die
Größe dieses Delta im Klaren“?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Das BMVg und das BAAINBw
sollten dafür sorgen, dass alle beteiligten
Stellen, Luftwaffe, WTD 61/ML und alle an-
deren - - Also, wir gingen davon aus, dass
das BMVg die vertragliche Ausgestaltung
geleitet hat und bestimmt hat und dass man
sich danach auch richten könne.

Joachim Spatz (FDP): Ausgehend von
dem, was wir eben besprochen haben: Wie
muss ich es denn verstehen, wenn Sie sa-
gen, dass da neues Personal neue Interpre-
tationen dieser Vereinbarung vorgebracht hat
danach dann?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Danke für die Frage. Vom
Zeitpunkt der Unterzeichnung des Vertrages
hat sich die Darstellung von WTD 61 geän-
dert. Ich weiß nicht, ob es da Personalwech-
sel gegeben hat, aber die Interpretation der
Anforderungen - - Da wurde ganz offensicht-
lich nach der Unterzeichnung des Vertrages,
dass Dokumentation erforderlich werden
würde für den gesamten neuen maßge-
schneiderten Ansatz. Da kamen die ECPs
ins Spiel, und da sind wir auch umge-

schwenkt von Festpreis auf die Kosten mit
der Bemühensklausel.

Joachim Spatz (FDP): Ich fragte deshalb
nach, weil das jetzt interessant ist, was Sie
sagen. Sie sagen: „Die deutsche Ebene hat
einen Lernprozess durchgemacht“, und der
entsprechende Zeuge auf der anderen Seite
sagte: Die US-Industrie hat einen Lernpro-
zess durchgemacht. - Very interesting, okay.

Meine dritte Frage: Sie beschrieben gera-
den den Global Hawk - ich sage mal: Block
10 bis Block 40 - als mehr oder weniger ver-
gleichbar. Wie hoch wären die Integrations-
kosten von ISIS in einen Global Hawk Block
40, also in die modernste Version? Ist das
leicht zu machen, oder ist das kompliziert?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Das ist schwer für mich, ohne
genau Bescheid zu wissen über die techni-
schen Veränderungen, die Integration durch-
zuführen und zu wissen, was das bedeuten
würde.

Das BMVg konnte davon profitieren, dass
wir eine existierende Produktionslinie hatten,
eine „hot line“, wie wir das nannten. Da ist
die Beschaffung natürlich sehr viel einfacher,
weil alles schon da ist.

Aber um Ihre Frage zu beantworten: Ist
das möglich? Ja, es ist möglich. Was würde
das kosten? Dazu müssten wir genauere
Details wissen.

Joachim Spatz (FDP): Sollte das nach
Ihrer Meinung Teil der neuen Untersuchun-
gen sein - für Alternativen?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ich würde sagen, Sie haben
ein FSD-Programm mit Risikoreduktion mit
400-Stunden-Zulassung, und Sie haben die
Möglichkeit, noch 3 000 Stunden Zulassung
zu bekommen, ohne großen Aufwand. Da
können Sie über viele Jahre noch weiterflie-
gen.

Wenn das akzeptabel ist - - Man muss
doch verstehen, was das bedeutet: 100 000
Flugstunden des Global Hawk. Vor der
Grundlage würde ich sagen: Unbedingt an
dem Programm festhalten; denn es erfüllt die
wichtigen Bedürfnisse des BMVg und der
Luftwaffe.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 769 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 73
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Joachim Spatz (FDP): Sie sagen, der
Global Hawk fliegt „all over the world“. Fliegt
er auch über Deutschland?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Das kann ich Ihnen nicht sa-
gen; das weiß ich nicht.

Joachim Spatz (FDP): Sie wissen nicht,
ob der Global Hawk schon über Deutschland
geflogen ist?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Nein. Ich bin Hersteller eines
Flugsystems. Da müssten Sie die Betreiber
fragen, die Air Force. Ich kann Ihnen das
nicht sagen.

Aber der Euro Hawk ja, und zwar sehr
gut. Da sind wir stolz drauf.

Joachim Spatz (FDP): Das war nicht
meine Frage; das ist schon klar. - Das heißt,
Sie als enger Begleiter in einem Entwick-
lungsprojekt, was es ja auch in den USA ist,
haben über die speziellen Einsätze keine
Kenntnis?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ich bin nur befasst auf der
Managementebene mit den Bereichen, über
die ich Bescheid wissen muss und die meine
Aufmerksamkeit erfordern. Und alles, was ich
nicht wissen muss, na ja, das müssen Sie die
zuständigen Stellen fragen.

Joachim Spatz (FDP): Werten Sie Flug-
pläne aus? Oder Flugverläufe?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Wir entwickeln in Partnerschaft
die Bedingungen für die Betreiber, die erfor-
derlich sind, damit die Betreiber das Flug-
zeug fliegen können. Und die Planung der
Flugroute liegt eben in der Zuständigkeit der
Betreiber und nicht in unserer Zuständigkeit.

Joachim Spatz (FDP): Besten Dank.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Keine weiteren Wortmeldungen mehr? -
Dann gebe ich jetzt Herrn van Aken von den
Linken das Wort.

Jan van Aken (DIE LINKE): Vielen herz-
lichen Dank. - Ich möchte mal ganz vorne
anfangen, und zwar: Stimmt die Information,

die ich hier habe, dass es schon eine erste
Runde von Vertragsverhandlungen im Jahre
2005 gab?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Da müssen Sie ein bisschen
spezifischer sein.

Jan van Aken (DIE LINKE): Über Euro
Hawk, also über ein Euro-Hawk-System,
Verhandlungen zwischen NGC und der Bun-
desregierung.

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ich glaube, ich habe am An-
fang klargemacht, dass durch den Entwick-
lungsprozess und die Con Ops und die De-
monstrationen das Konzept 2005 eingeplant
wurde, um die langfristigen Bedürfnisse dann
zu erfüllen.

Jan van Aken (DIE LINKE): Aber es ist
nicht der Fall, dass es 2005 schon konkrete
Vertragsverhandlungen gab, die dann ge-
scheitert sind und dann erst zwei Jahre spä-
ter zum Ende gekommen sind?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Davon ist mir nichts bekannt.

Jan van Aken (DIE LINKE): Okay. - Dann
würde ich gern auf einen Punkt eingehen,
den Sie in Ihrer Eingangserklärung gemacht
haben, und zwar haben Sie dort mögliche
Anwendungsfelder des Euro Hawk beschrie-
ben. Neben den militärischen Einsatzmög-
lichkeiten haben Sie zum Beispiel Disaster
Relief erwähnt. Gibt es denn konkrete Erfah-
rungen des Euro Hawks in anderen Einsatz-
gebieten, zum Beispiel auch Grenzkontrolle
oder Polizeieinsätze, oder sozusagen andere
Einsätze außerhalb der von Ihnen erwähnten
Disaster Relief und der Militäreinsätze?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Davon ist mir nichts bekannt.

Jan van Aken (DIE LINKE): Okay. - Dann
komme ich zum nächsten Punkt. Sie sagten
auch vorhin in Ihrem Eingangsstatement,
dass der Vertrag - da haben Sie wörtlich
gesagt - die Lieferung eines Mission-Control-
Systems beinhaltete. Habe ich das richtig
verstanden?

Drucksache 17/14650 – 770 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 74
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Eines der Elemente des Ver-
trages ist ein Missionskontrollelement, das
die Piloten benutzen, um das System zu
fliegen.

Jan van Aken (DIE LINKE): Das, was ich
mittlerweile verstanden habe, ist, dass jetzt
klar ist, dass zwar das ISIS-System von Cas-
sidian geliefert wurde, dass der Hawk von
Ihnen geliefert wurde, aber dass offensicht-
lich das Mission-Control-System nach wie
vor und auch für die Zukunft in California
verbleiben sollte, dass es gar nicht geliefert
wird oder wurde. Habe ich das richtig ver-
standen, oder ist das falsch?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Das ist falsch. Das Mission
Control Element steht in Manching, dort, wo
auch die Piloten sitzen, die das System flie-
gen.

Jan van Aken (DIE LINKE): „To fly the
system“, okay. Aber nicht die Missionspla-
nung? - Sorry.

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Die Missionsplanung, all das
wird hier kollektiv gemacht in Deutschland,
mit den Nutzern, mit der Flugsicherung. Das
alles läuft aus dem Missionskontrollelement
hier in Manching.

Jan van Aken (DIE LINKE): Gut. Dann
habe ich das verstanden.

Dann haben wir in den Dokumenten ge-
sehen, dass es zu einer, ja, richtig langwieri-
gen Verzögerung des Projektes kam, weil
Teile von der NSA sehr spät geliefert wur-
den. Da haben wir jetzt die Frage, ob denn
der Hawk auch ohne die Verschlüsselungs-
elemente von der NSA fliegen könnte und
fliegen dürfte.

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Davon weiß ich nichts. Ich
weiß auch nichts über diese mutmaßlichen
Beziehungen; die gibt es nicht.

Jan van Aken (DIE LINKE): Sorry, your
last sentence?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ich sagte, ich weiß nichts über
das, was Sie zur NSA sagen, innerhalb des

Euro-Hawk-Systems. Das ist nicht Teil des
Euro-Hawk-Vertrages.

Jan van Aken (DIE LINKE): Okay. - Dann
noch die letzte Frage: Sie haben gerade
eben erwähnt, dass Sie sich in diesem Jahr
im April hier in Deutschland mit Herrn Sel-
hausen getroffen haben. Haben Sie auf die-
ser Reise sich auch mit anderen Menschen
aus dem Bundesverteidigungsministerium
getroffen?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Nein, nur Herr Selhausen.

Jan van Aken (DIE LINKE): Ich bin so
weit fertig.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Wer fragt dann? - Herr Kollege Schäfer.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Ich
habe noch mal eine Nachfrage, was diese
Kostenschätzung zur Erreichung Musterzu-
lassung anbetrifft, weil Sie sagten, in diesem
Prozess gab es Abstimmung mit BAAINBw
und WTD 61/ML, im letzten Jahr, wo man
also sozusagen sich weitgehend verständigt
hatte, also sozusagen auf eine Marge, 160
bis 190 - - dass es dann verändert worden
sei.

Wann genau war der Bruch? Gab es
einen Bruch? Wann genau war der? Und gibt
es aus Ihrer Sicht eine Erklärung dafür, dass
man sozusagen von einer vorher erzielten
Übereinkunft abgewichen ist?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Um diese Frage richtig zu
beantworten, da muss ich im Jahr 2010 be-
ginnen, als das Joint Venture und alle ande-
ren Vertreter einen Lösungsweg definiert
haben. Der bestand in der Prototypenzulas-
sung als Möglichkeit, einen Weg zu finden,
um eine Zulassung zu bekommen. Und da
kam es dann in diesem Prozess zur 400-
Stunden-Zulassung.

Es gab dann Gespräche außerhalb der
Industrie über die Notwendigkeit dieser 500,
600, 700, 800 Millionen Euro. Aber wie es
dazu gekommen ist, wann das passiert ist,
welches Jahr das war, was die Methodik war,
wer daran beteiligt war, all das weiß ich nicht.
Wir waren nicht Teil dieser Gespräche. Wir
haben weiterhin gearbeitet auf der Grundlage

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 771 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 75
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

dessen, was mit uns beschlossen worden
war.

Wie ich schon vorhin gesagt hatte, kann
das Programm weiterhin laufen mit den Zu-
lassungsinspektoren, mit WTD 61 und mit
allen anderen. Wir können weiter gemeinsam
an einer Lösung arbeiten. Aber diese 160 bis
193 Millionen Euro, diese Zahl ist aufge-
kommen während meines Treffens mit Herrn
Selhausen im April. Da wurde mir zum ersten
Mal die Zahl 500 Millionen vorgelegt, im April
dieses Jahres.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Also
vorher nicht?

Zeuge Janis G. Pamiljans: Vorher nicht.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich gebe Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Herr Kollege Nouripour.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Herr Vizepräsident, wir haben der
deutschen Presse entnommen, dass es bei
Ihnen im Unternehmen ein Treffen gegeben
hat im Februar 2010. Bei diesem Treffen ist
darüber gesprochen worden, dass die deut-
schen Autoritäten zum Ergebnis kommen -
ich zitiere aus der Bild-Zeitung von gestern -:
„Der Euro Hawk in seinem - -

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Entschuldigung, es ist der verkehrte Knopf.
Herr Kollege Nouripour, das waren die Dol-
metscher. Sie müssen für Kanal 3 machen.
Herr Kollege Nouripour, bitte noch einmal.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Soll ich von vorne anfangen?

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ja.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wir haben der deutschen Presse
entnommen, dass es am 3. Februar 2010 ein
Treffen gegeben hat in Ihrem Unternehmen,
in dem darüber gesprochen wurde, dass
nach Einschätzung des Bundesamtes für
Wehrtechnik und Beschaffung - ich zitiere -
„der Euro Hawk in seinem jetzigen Zustand
... niemals die Anforderungen eines umfas-
senden Musterprüfverfahrens erfüllen“ wird.
Können Sie das bestätigen?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ja, das war das Treffen, das
vom Joint Venture eingefordert wurde, ein
Treffen aller beteiligten Parteien, um die im-
mer größer werdenden Anforderungsverän-
derungen anzusprechen, die sich wegbe-
wegten von der maßgeschneiderten Lösung,
die wir ursprünglich verabschiedet hatten.
Das waren die ECPs, dieser neue Zulas-
sungsvorschlag. Das war ein Prozess, der
von diesem Ausschuss auch erwartet wurde
von uns, nämlich dass wir alle Parteien zu-
sammenbringen, um einen Lösungsvor-
schlag zu finden.

Denn ihre Definition dessen, was sie er-
reichen möchten, passte nicht zusammen mit
dem, was zu den Zulassungen erreicht wird;
denn sie bewegen sich weg von den ur-
sprünglichen Anforderungen. Was sie ma-
chen möchten, würde eigentlich dazu führen,
dass das gesamte Flugzeug neu entworfen
werden müsste, und das war nicht das, was
sie ursprünglich erworben haben. Sie wollten
dieses Treffen haben.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Der Lösungsvorschlag, den man
vereinbart hat, war genau welcher?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Der Lösungsvorschlag war mit
WTD 61/ML die Entwicklung eines Proto-
typen, um weiterhin belegen zu können, dass
das System effektiv ist, sicher genutzt wer-
den kann im europäischen Luftraum, und die
400-Stunden-Zulassung war das Ergebnis
dieser Diskussion. Das ist für mich positiv.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Minister de Maizière sagt ja, aus
seiner Sicht sei einer der zentralen Fehler
oder der zentrale Fehler, dass von Anfang an
es verschiedene Vorstellungen gegeben
habe bei der Industrie, speziell bei der ame-
rikanischen Industrie, auf der einen Seite und
den deutschen Behörden auf der anderen
Seite, was die Zulassung betrifft. Können Sie
das bestätigen?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ich würde diese unterschied-
lichen Vorstellungen nicht auf die Seite der
Industrie legen. Wir hatten einen sehr klaren
Ansatz, der auch beschlossen wurde in der
Zusammenarbeit mit dem Verteidigungs-
ministerium, wie das System aussehen
würde; denn es war ein maßgeschneidertes

Drucksache 17/14650 – 772 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 76
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

System zu einem festen Preis. So stand es
auch im Vertrag. Es waren dann die ge-
änderten Anforderungen, die die Latte immer
höher gelegt haben hinsichtlich der Anforde-
rungen. Und ich würde sagen, dass dies an
der Interpretation der Anforderungen für die
Flugfähigkeit lag. Wie man diese Anforde-
rungen interpretiert, führt dazu, dass man die
Latte immer höher legen kann. Und dann ist
es ein Prozess, der gemeinsam befolgt wer-
den muss, um festzulegen, was diese Be-
dürfnisse sind - basierend auf Sicherheit,
Risiken - und wie man mit diesem Prozess
dann umgeht; denn wenn man auf die per-
sönliche Verantwortung eines Typeninspek-
tors zurückgeht auf der untersten Ebene,
dann werden die natürlich ihre eigene Inter-
pretation des Wortes „umfassend“ anwen-
den. Und ich denke, da liegt das Problem.
Wir müssen aber zusammen, gemeinsam
versuchen, dies anzugehen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wir haben einen Zeugen hier
gehabt, der auch eng mit Ihnen gearbeitet
hat, der gesagt hat, Hauptproblem wäre ge-
wesen, dass Northrop Grumman jahrelang
das deutsche Zulassungsverfahren über-
haupt nicht verstanden hat. Dem würden Sie
also jetzt widersprechen?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ja; denn das deutsche Zulas-
sungsverfahren existierte damals ja noch gar
nicht, als wir angefangen haben, vor dem
Abschließen des Vertrags und auch nach der
Unterzeichnung des Vertrags. Da war es die
Interpretation der Anforderungen, die sich
voneinander unterschieden. Man kann also
nicht sagen, dass wir das Zulassungssystem
nicht unterstützt oder verstanden haben.
Dieses System existierte nicht damals. Es
entwickelte sich.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wir haben ja jetzt hier noch eine
Differenz zwischen Ihrer Einschätzung von
160 bis 193 Millionen Euro, die gebraucht
werden würden, um die neuen Dokumente
zusammenzutragen, damit eine Zulassung
doch noch möglich wäre, und der Zahl 600
bis 650 Millionen seitens des Ministeriums.
Jetzt haben wir hier jemanden gehabt, der
gesagt hat, dass allein bei der Adaption der
Software dann mindestens 200 Millionen
Euro gebraucht werden würden. Ist das viel-
leicht der Grund, warum Ihre Rechnungen

nicht zusammenpassen, dass Sie einfach
bestimmte Elemente dann und bestimmte
Mehrkosten, die es geben würde, nicht mit-
rechnen?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ich denke, die Gespräche, die
wir mit den unterschiedlichen Parteien zu
den 160 bis 193 Millionen Euro geführt ha-
ben, bezogen sich darauf, dass man Zulas-
sungsqualifikationen von Triton, von Block
40, nehmen könnte, dass man kleinere An-
passungen des Flugsystems erreichen
könnte, um eine Lösung zu finden, um die
Gesamtzulassung zu erreichen. Und das ist
damals nicht schriftlich festgehalten worden.
Aber jeder hat mehr oder weniger zuge-
stimmt. Und so ist dieser Rahmen entstan-
den, diese Schätzung.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das Treffen, das Sie erwähnt
haben, mit Herrn Selhausen im April 2013:
Wer hat das initiiert? Von welcher Seite ging
das aus?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ich habe das getan.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Warum? Was war der Anlass?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Denn ich wollte Klarheit ha-
ben, wie der Weg aussehen sollte, und ich
wollte mich mit dem Rüstungsdirektor treffen;
denn ich hatte Gerüchte gehört über diesen
Ad-hoc-Zulassungsbericht. Da hatte ich Ge-
rüchte gehört, dass die Zulassung nicht mehr
gelten sollte, dass die Follow-on-Produktion
nicht vertraglich festgehalten werden sollte.
Und ich wollte mit Herrn Selhausen darüber
sprechen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wann haben Sie von diesen Ge-
rüchten gehört?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ich habe das Euro-Hawk-
Portfolio im Dezember 2012 übernommen,
habe mich dann in Rancho Bernardo mit
Herrn Selhausen getroffen, um das Pro-
gramm und die Entwicklung, das Update, zu
besprechen, habe keinen Einblick in diese
Sorgen erhalten bis Ende 2012. Aber als das

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 773 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 77
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Jahr 2013 begann und ich auch mit dem
Team gesprochen habe und dem Team ge-
sagt habe: „Wir haben doch ein gutes Flug-
zeug. Fliegt es doch! Was passiert denn mit
diesem System?“, da habe ich Feedback
erhalten, dass der Prozess immer mehr zum
Stehen kommt - bis hin zu dem Punkt, dass
wir Zulassungsprobleme haben, dass es
keine Entschlossenheit gibt, das weiterzu-
entwickeln, und dass das Programm als
Ganzes gestoppt werden sollte. Und ich
habe nicht verstanden, dass wir eine 400-
Stunden-Zulassung haben und ein Flugzeug,
das noch nicht mal die Hälfte dieser Stunden
auf dem Buckel hat - - dass diese Entschei-
dungen getroffen werden. Und ich wollte in
der Lage sein, sicherzustellen, dass ich zum
Verteidigungsministerium gehe und mir dort
die ursprüngliche Produktion anschaue, um
auch die Preis-Leistungs-Verhältnis-Ziele zu
erreichen, die von diesem Ausschuss auch
erwartet werden. Und das war der Grund für
das Treffen mit Herrn Selhausen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön. - Jetzt kommt die CDU/CSU.
Kollege Grübel.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ich wollte
mal fragen: Projektmanager James Kohn, ist
das ein Mitarbeiter von Northrop Grumman?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ja. Er untersteht einem Mana-
ger, der wiederum mir untersteht.

Markus Grübel (CDU/CSU): In der Zei-
tung Tagesspiegel von heute - Tagesspiegel
ist eine seriöse deutsche Tageszeitung -
heißt es auf Seite 5 - ich zitiere -:

Projektmanager James Kohn habe
bereits bei einer Krisensitzung im
Februar 2010 zugegeben, „der Euro
Hawk in seinem jetzigen Zustand
wird niemals die Anforderungen
eines umfassenden Musterprüfver-
fahrens erfüllen“ …

Zitiert die Zeitung richtig? Sie beruft sich
auf eine andere Zeitung, Bild am Sonntag.
Aber ist dieses Zitat richtig?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ich würde es nicht Krisentref-
fen nennen. Ich würde es ein sehr effektives
Programmtreffen von allen beteiligten Par-
teien nennen. Ob das jetzt 2010 war, als Herr

Kohn formal zum ersten Mal angesprochen
hat, dass wir aktiv werden müssen und uns
einen gangbaren Weg in die Zukunft suchen
müssen? Wir waren ja kurz vor dem ersten
Testflug und hatten damals viele Herausfor-
derungen. Und wir hatten natürlich die Er-
wartung, dass wir zeitgemäß liefern - und der
Euro Hawk wurde zeitgemäß geliefert. Und
für einen guten Programmmanagementpro-
zess musste dies auch angesprochen wer-
den. Und er hat das angesprochen und hat
gesagt: Wir müssen eine Lösung finden;
denn diese Anforderungen, die Sie stellen,
werden nicht erfüllt werden können, da Sie
mehr oder weniger den Wunsch äußern, das
komplette Fluggerät neu zu designen; und
das kann nicht gemacht werden. - Aber ich
würde es nicht Krise nennen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wobei jetzt
nicht der Schwerpunkt meiner Frage war, ob
das eine Krisensitzung, ein Treffen oder eine
Besprechung war, sondern: Die Aussage,
dass Euro Hawk niemals die Anforderungen
eines umfassenden Musterprüfverfahrens
erfüllen wird, steht in gewissem Widerspruch
zu Ihrer Aussage, Sie würden mir für einen
Festpreis von 193 Millionen Euro die Muster-
zulassung machen und das Risiko überneh-
men. Gut; es liegen drei Jahre dazwischen.
Aber zwischen den zwei Aussagen liegen
doch Welten.

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ich denke, die Grundlage die-
ser Aussage kommt daher, dass die Anforde-
rungen sich immer veränderten und weiter-
entwickelten. Und wir mussten diese Anfor-
derungen festschreiben. Und durch die Ge-
spräche, durch den Dialog, der angeboten
wurde durch WTD 61, denke ich, wäre es
akkurat, wenn man sagen würde: Wenn man
das Design verändert, wird man nicht die
Erwartungen, die im Vertrag festgehalten
sind, erreichen, also die Belastungen, die
Reichweite usw. Und das muss angespro-
chen werden.

Und das, wie gesagt, war ursprünglich ja
ein maßgeschneiderter Ansatz, der sehr viel
weiter geht als dieses umfassende Verfah-
ren. Und jetzt sitzen wir hier. Sie sprechen
von diesen Zahlen 600 bis 800 Millionen
Euro. Ich sehe dies als ein komplettes neues
Design des Systems und würde dem Aus-
schuss die Frage stellen wollen: Warum
möchten Sie etwas neu entwickeln, neu de-

Drucksache 17/14650 – 774 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 78
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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signen, das ja schon effektiv, gut funktio-
niert?

Markus Grübel (CDU/CSU): Ich glaube,
da ist ein Missverständnis. Wir wollen nichts
neu designen. Wir wollen das, was da ist,
zulassen, und zwar nach deutschen Muster-
zulassungsvorschriften oder -bestimmungen.

Trifft es zu, dass die Global Hawks, die in
den Vereinigten Staaten von der US Air
Force geflogen werden, eine Zulassung
durch den ranghöchsten amerikanischen
Luftwaffengeneral haben, also kein klassi-
sches Zulassungsverfahren durchlaufen
haben, sondern, sozusagen weil es wichtiges
Rüstungsmaterial ist, vom Luftwaffengeneral
zugelassen wurden?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ich kann nur sagen, dass die
Air Force die Zulassung durch ihre normalen
Prozesse erteilt hat. Wer das jetzt physisch
unterschrieben hat, weiß ich nicht. Darüber
habe ich kein Wissen.

Aber wenn Sie mir die Möglichkeit geben,
noch mal kurz auf das zu sprechen zu kom-
men, was ich gerade gesagt habe, also die-
ses neue Design, das ich angesprochen
habe: Ich glaube, dass die umfassende Zu-
lassung, die von den deutschen Behörden
angesprochen wurde, alle Teile anspricht, die
nötig sind. Sie spricht auch an, dass hier ein
gewisses Neudesign erforderlich ist, um die
Anforderungen zu erfüllen, die erwartet wer-
den. Und das liegt außerhalb des ursprüng-
lich Vereinbarten. Deswegen, sage ich, be-
trifft dies auch die Effektivität der Gesamt-
mission. Man kann nicht einen Teil verän-
dern, ohne gleichzeitig auch eine Auswirkung
auf einen anderen Teil zu haben.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wenn ich
jetzt noch mal auch die Aussage, die wir
vorher gehört haben vom Vorstandsvorsit-
zenden der EADS - - Der hat den Unter-
schied zwischen dem amerikanischen Zulas-
sungsverfahren und dem deutschen Zulas-
sungsverfahren grob am Kugelschreiber
beschrieben. Ich mache es ein bisschen
komplizierter an einem Auto. In Amerika
würde ein Auto zugelassen, wenn es im Test
sozusagen zehn Jahre lang fährt, ohne dass
wesentliche Teile kaputtgehen, und 100 000
Kilometer dabei leistet. Und in Deutschland
würde man das Auto auseinandernehmen
und jedes Einzelteil - jede Schraube, jeden
Kotflügel, das Lenkrad, jedes Steuerungs-

element - einzeln untersuchen, ob die richti-
gen Materialien verwandt werden, ob die ihre
entsprechenden Leistungen bringen. Darum
ist das deutsche Zulassungsverfahren so
teuer, weil man für jedes Einzelstück eine
Zulassung braucht. Weil die amerikanischen
Vorlieferanten, die die Schrauben liefern oder
Teile des Motors und die Zündkerzen und die
Dinge, diese Zertifizierung nicht mitbringen,
muss für die Zulassung in Deutschland ein
Riesenaufwand betrieben werden, der den
Amerikanern fremd ist, weil sie ganze Bau-
teile zusammen zertifizieren - eine Zertifizie-
rung, die aber in Deutschland nicht genügt.
Trifft es das?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Es ist natürlich schwer für
mich, hier das Beispiel des Autos aufzuneh-
men. Aber es unterscheidet sich gar nicht so
sehr von Deutschland nach Amerika, wenn
man eine Zulassung erreichen möchte, wenn
man versucht, ein kommerzielles Produkt zu
erwerben. Mit der Entwicklung der Technolo-
gie müssen sich natürlich auch die Anforde-
rungen der Zulassung anpassen. Und wenn
man hier ein kommerzielles und ein militä-
risches Projekt haben möchte und die kom-
men zusammen - das ist der Euro Hawk da -,
hat man dann ein maßgeschneidertes Pro-
jekt. Ob man hier dem deutschen Zulas-
sungsverfahren folgt? Wir wussten, dass es
ein maßgeschneidertes Fluggerät sein
würde. Und ich glaube, die Zulassungsanfor-
derungen müssen dann auch maßgeschnei-
dert sein. Und diese Anforderungen müssen
sehr flexibel sein. Und es hängt davon ab,
wie diese Zulassungsanforderungen gese-
hen werden. Und ich denke, hier kommen
einige der Konflikte her. Ich weiß nicht, ob
das jetzt nur an den Vereinigten Staaten oder
an Deutschland liegt. Ich kenne den deut-
schen Zulassungsprozess nicht. Aber ich
denke, um eine finanziell tragfähige Lösung
für die Zukunft zu finden mit kommerziellen
Aspekten, wird man nicht alles durch militä-
rische Zulassungsprozesse laufen lassen;
denn das wird zu teuer.

Markus Grübel (CDU/CSU): Der Kollege
Brand.

Michael Brand (CDU/CSU): Was verbirgt
sich hinter dem angeblich neuen Design der
Deutschen?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 775 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 79
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ich weiß nicht, was sich da-
hinter verbirgt. Weiß ich nicht. Es ist meine
Wahrnehmung, dass WTD 61 die Anforde-
rungen anders interpretiert und dass dies
Auswirkungen auf die Designs aus den ers-
ten Entwicklungsstufen haben würde. Und
das hat auch Auswirkungen auf die Zulas-
sung. Ob es jetzt hier einen Grund dafür gibt,
das weiß ich nicht. Ich habe hier keinen Ein-
blick.

Michael Brand (CDU/CSU): Also, ich
habe die Frage deswegen gestellt, weil Sie
den Begriff eingeführt haben, und ich kann
ihn nicht mit Leben füllen. Deswegen dachte
ich, da Sie ihn eingeführt haben, können Sie
es mit Leben füllen.

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Also, was ich sagen kann:
Basierend auf den Anforderungen für eine
Zulassung, die WTD 61 sehen möchte und
sich auf Software, Hardware, technische
Veränderungen des Fluggeräts beziehen,
bedeutet das, was sie möchten, dass man
zurückgehen muss in die Produktlinie und die
Produktlinie neu designen muss, um Teile
hinzuzufügen, um die Strukturen zu verän-
dern.

All das muss man natürlich auch wieder in
Bezug setzen zur Flugzeit, die man erreichen
möchte, und zur Flughöhe, die man errei-
chen möchte. Und deswegen sage ich:
Durch diese teilweise Zulassung - da haben
wir diese 400-Stunden-Zulassung - und nur
durch diese Dokumentation, denke ich, kön-
nen wir auch eine 3 000-Stunden-Zulassung
erreichen, ohne das Fluggerät zu verändern,
ohne das Mission Control Element zu verän-
dern. So kann man diese 3 000 Stunden
auch erreichen. Das sind also alles Verände-
rungen, die noch nicht einmal das Design
betreffen. Aber wenn man eine umfassende
Zulassung erreichen möchte, so wie WTD 61
dies machen möchte, muss man physische
Veränderungen am Produkt durchführen.

Was der Grund hierfür ist, weiß ich nicht.
Da habe ich keinen Einblick. Ich hätte ganz
gerne eine gemeinschaftliche Diskussion mit
den Regierungsbehörden. Denn wir sollten
gemeinsam versuchen, einen Weg nach
vorne zu finden; diese Gelegenheit haben wir
gegenwärtig nicht.

Michael Brand (CDU/CSU): Diese Schät-
zungen von 160 bis 190 Millionen Euro, die

Sie angesprochen haben, waren die aktuell
zum Zeitpunkt des Gesprächs, das Sie mit
Herrn Selhausen im April geführt haben?
Oder habe ich richtig verstanden, dass die
ein Jahr vorher so prognostiziert, errechnet,
geschätzt wurden?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Danke für diese Frage. - Nach
dem Treffen mit Herrn Selhausen, als ich
erfahren habe, dass es Sorgen gab über den
gesamten Zulassungsprozess - - Und ich
habe dies angesprochen. Ich habe Herrn
Selhausen gesagt als Steuerzahler - ich bin
ja auch Steuerzahler -: Wenn Sie ein System
haben, das fliegen kann und das sicher ist
und das effektiv ist, dann fliegen Sie es doch!
Sie haben 160 Stunden. Fliegen Sie 400
Stunden! Und wenn wir einen Ansatz haben,
um 3 000 Stunden zu erreichen, dann fliegen
Sie es 3 000 Stunden! Die deutsche Regie-
rung, die hier mit initiativ war bei der Ent-
wicklung eines unbemannten Fluggeräts mit
4 000 Flugstunden, möchte dies ja auch.

Herr Selhausen sagte mir dann: Wir müs-
sen Kosten aus dem Programm rausneh-
men. - Ich habe das anerkannt, und ich kam
dann auch noch mal auf ihn zu und habe ihm
kostengünstige Lösungen vorgeschlagen, um
das Programm aufrechtzuerhalten. Aber
dann wurde ich informiert, dass das Pro-
gramm im September beendet werden sollte.
Das war für mich sehr enttäuschend, da ich
versucht habe, dieses Programm weiterlau-
fen zu lassen, sodass die Nutzer und die
Betreiber die schon getätigten Investitionen
maximieren konnten.

Michael Brand (CDU/CSU): Meine Frage
war eine andere. Die Summe von 160 bis
190 Millionen Euro, die Sie genannt haben - -
Ich habe das so verstanden in Ihren Ausfüh-
rungen, dass die schon ein Jahr alt waren.
Meine Frage ist, ob die überhaupt noch ak-
tuell waren, ob sie noch realistisch waren.
Und Kollege Nouripour hat ja auch darauf
hingewiesen, dass möglicherweise nicht alles
einberechnet worden ist. Das ist die Intention
meiner Frage, ob sie zum Zeitpunkt des Ge-
sprächs mit Selhausen überhaupt noch ak-
tuell waren oder ob sie schon über 12 oder
18 Monate alt gewesen sind und damit mög-
licherweise überaltert.

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Danke. Ich habe Ihre Frage
nicht beantwortet. Das stimmt. Danke.

Drucksache 17/14650 – 776 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 80
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Diese 160 bis 190 Millionen Euro sind vor
dem Treffen mit Herrn Selhausen nie ange-
sprochen worden. Sie wurden nach dem
Treffen mit Herrn Selhausen zum ersten Mal
angesprochen, und ich habe dann im Pro-
gramm noch einmal die Kollegen gebeten,
eine Zahl zu erarbeiten, die die Anforderun-
gen von WTD 61 erfüllen könnte; und das
haben sie getan. Und so entstanden diese
160 bis 190 Millionen Euro in der Zusam-
menarbeit mit WTD 61, die dem nicht kom-
plett zugestimmt haben, aber in Zusammen-
arbeit mit ihnen - - Und sie haben gesagt, die
Auswirkungen dessen, was nötig sein würde
im Rahmen von 160 bis 190 Millionen, würde
ihre Anforderungen erfüllen. Und das habe
ich dann auch an Herrn Selhausen mitgeteilt
im April 2013.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Keine weiteren Fragen mehr? - Dann kommt
die SPD-Fraktion. Herr Kollege Bartels.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Noch mal,
damit wir die Daten, den Zeitablauf klar be-
kommen: Also Ihr Gespräch mit Herrn Sel-
hausen war in der ersten Aprilwoche? Wenn
Sie es noch mal nachgucken könnten und
den Tag sagen könnten, wäre es ganz hilf-
reich. Weil sonst haben wir halt von allem
auch Daten.

Und danach haben Sie Herrn Selhausen
dann noch mal mitgeteilt, was jetzt Ihre Kos-
tenschätzung ist. Richtig?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Das ist richtig. Nach dem
Treffen habe ich ihm eine schriftliche Antwort
zukommen lassen über die Erwartungen, die
wir hatten. Ich weiß nicht, ob das jetzt noch
im April war oder im Monat danach, aber
diesen Zeitrahmen können wir Ihnen zur
Verfügung stellen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Bevor die
letztliche Entscheidung dann öffentlich publi-
ziert wurde? Vor dem 13. Mai?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ob meine Antwort an Herrn
Selhausen vor dem 13. Mai war?

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja.

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Wir wurden nie formell kontak-

tiert, und es wurde nie formell mitgeteilt, dass
irgendeine Entscheidung getroffen worden
war. Aber ich denke, mein Brief lag so un-
gefähr um diesen Zeitpunkt herum. Aber da
können wir Ihnen die Daten noch zur Verfü-
gung stellen. Diese Memos sind ja öffentlich
zugänglich.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja, das
wäre sehr gut. - Es gab ja am 27. März
schon eine Staatssekretärsvorlage mit dem
ersten Satz: „Eine Serienbeschaffung auf
Basis des EURO HAWK wird nicht weiter
verfolgt.“* Also insofern war Ihr Gespräch
genau zum richtigen Zeitpunkt, also zwi-
schen der Vorlage und sozusagen der ab-
schließenden Entscheidung, die getroffen
werden sollte.

Was hat Herr Selhausen Ihnen über den
weiteren Entscheidungsgang gesagt? Was
hat er Ihnen angedeutet oder eben schon
ausgeführt?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ich denke, mein Memo lag
zwischen diesen beiden Daten. In unserem
Gespräch ist Herr Selhausen nicht ins Detail
gegangen. Er hat uns nur sehr stark ermutigt,
sicherzustellen, in unserer Partnerschaft die
Kosten des Programms zu reduzieren. Ich
habe auch in meinem Memo festgeschrie-
ben, dass wir einen Vorschlag für Vertrag
und Logistik erarbeiten würden und dort die
Kosten reduzieren wollten. Wir wollten
20 Prozent der Kosten reduzieren, indem wir
gemeinschaftlich mit BAAINBw hier Verände-
rungen festgelegt haben.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber Sie
haben dann auf die von Ihnen gegebene
Kostenschätzung keine weitere Rückantwort
mehr bekommen, wenn ich Sie richtig ver-
stehe? Ich frage das deshalb, weil dann ja
nach der Entscheidung des Staatssekretärs
und des Ministers, nach dem 13. Mai, noch
mal eine IABG-Studie in Auftrag gegeben
worden ist über die Plausibilität der Zulas-
sungskosten, und zwar über die von der
WTD präzisierten 596 Millionen. Also die
WTD sagte, nicht mehr 600 Millionen, son-
dern 596 Millionen seien es genau. Und das
hat die IABG innerhalb von vier Tagen - das
ging dann mal sehr schnell -, vom 22. bis

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Eine Fund-
stelle lautet: MAT 17-73 BMVg zu BB 17-48,
Ordner 1, StS Wolf, Blatt 33.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 777 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 81
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

zum 26. Mai, untersucht. Wissen Sie, ob Ihre
Zahlen in diese Untersuchung einbezogen
worden sind?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ich habe zu meinem Vor-
schlag, diesen 160 bis 193 Millionen, kein
Feedback erhalten. Ich habe kein Feedback
erhalten, und auch das Joint Venture hat mit
dieser Studie, mit dieser Bewertung, die
durchgeführt wurde - so wie Sie gesagt ha-
ben, sehr schnell durchgeführt wurde - -
haben wir auch nichts Weiteres erhalten, um
dies mit der Industrie gemeinsam in einen
umfassenden Ansatz einzuarbeiten.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Da steht
auch in unseren Unterlagen nichts drin. -
Also vielen Dank.

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Danke sehr.

Rainer Arnold (SPD): Sie sagten vorhin,
Sie hätten Gerüchte vor diesem April gehört
und deshalb ja auch um das Gespräch nach-
her ersucht. Können Sie noch sagen, woher
die Gerüchte kamen, dass da im Raum
stand: „Projekt steht vor dem Aus“?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Durch meine Kontakte im
Rahmen meiner Portfolioarbeit. Da frage ich
dann immer: Wie läuft das Projekt? Wie läuft
die Finanzierung? - Ich habe mir Sorgen
gemacht um die Finanzierung, und das war
einer der Gründe, weswegen ich mich mit
Herrn Selhausen getroffen habe, um ihm
mitzuteilen, dass wir die Finanzierung für das
Projekt weiter am Laufen halten müssen.
Und dadurch habe ich Feedback erhalten
vom Programmdirektor, dass es gewisse
Sorgen gibt, dass die Finanzierung nicht
bereitgestellt wird, dass wir hören, dass es
Zulassungsprobleme gibt. Wir bekommen
keine Informationen von WTD 61 über die
Zulassung. Und das hat dazu geführt, dass
ich um ein Treffen mit Herrn Selhausen ge-
beten haben.

Rainer Arnold (SPD): Wurde mit Ihnen
mal über die Option gesprochen, auf Block
40 für die Serie zu gehen?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Nein, nicht mit mir persönlich.

Rainer Arnold (SPD): Hätte es Sinn ge-
macht, statt auf einen Status, der nicht zu-
lassungsfähig ist aus deutscher Sicht, mal zu
überlegen, ob man nicht ein Modell, das in-
zwischen ja einen anderen Entwicklungs-
release erreicht hat, möglicherweise auch in
der Zulassung dann unkompliziert ist - -
Hätte das Sinn gemacht?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Nun, für mich persönlich,
denke ich, hätte das keinen Sinn gemacht.
Ich denke, wir sollten den Euro Hawk weiter
verfolgen. Das macht Sinn. Bei jeder ande-
ren Lösung muss man die Zeitpläne und die
Kosten mit berücksichtigen. Wenn man ein
anderes Derivativ nimmt, würde das, was
das Verteidigungsministerium erreichen
möchte, etwas sein, wie ich denke, was man
gemeinsam dann auch diskutieren müsste.
Aber ich denke, wir sollten versuchen, das
gegenwärtig existierende System weiter zu
verfolgen.

Rainer Arnold (SPD): Sie haben wieder-
holt auf die noch verfügbaren möglichen
Flugstunden und möglicherweise leicht zu
erreichenden weiteren Flugstunden hinge-
wiesen. Auf welchen Testzeitraum war das
Programm ursprünglich angelegt, bevor ge-
sagt wurde: „Nur bis September“? Was war
ursprünglich mal geplant? Vielleicht auch:
Wie viele Flüge waren geplant?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Da müsste ich mich mit dem
Programmdirektor des Joint Venture kurz-
schließen, der diese Flugpläne hat. Das weiß
ich selbst nicht. Das tut mir leid.

Rainer Arnold (SPD): Werden bis Ende
September die Tests vollumfänglich erreicht,
die ganzen Testvorhaben?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ich denke, als der Euro Hawk
auf der Edwards Air Force Base vor dem
Jungfernflug getestet wurde, da haben sie
nicht alle Tests erhalten für das Fluggerät.
Das Fluggerät funktioniert. Während des
Flugtestprogramms in Manching wurden
auch keine Veränderungen durchgeführt -
nur die eine Veränderung am Triebwerk.

Also, auf die Frage, ob das Testpro-
gramm bis September abgeschlossen wer-
den kann, denke ich persönlich: Nein. Ich

Drucksache 17/14650 – 778 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 82
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

denke, wir haben ein unbemanntes Flug-
gerät, das sehr effektiv ist. Wir haben Con
Ops. Wir haben 170 Stunden in deutschem
Luftraum. Die Integration mit der Flugsicher-
heit funktioniert sehr gut. Wir haben eine
gute technische Leistung gesehen.

Ich weiß nicht, wie das mit dem ISIS-Teil
aussieht. Das ist ein anderer Vertrag, der nur
dem deutschen Teil untersteht. Da müssen
Sie meinen Kollegen fragen.

Rainer Arnold (SPD): Die Deutschen
überlegen ja jetzt, diese ISIS-Aufklärungs-
systeme in ein neues System zu integrieren.
Haben Sie eine Abschätzung, wie groß der
Aufwand wäre, ISIS jetzt in ein anderes
Flugzeug zu implementieren?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ich habe keine Informationen
darüber, dass man ISIS in ein anderes Sys-
tem integriert, in ein anderes Flugzeug inte-
griert.

In 2000 haben wir die Demonstration über
der Nordsee gemacht mit ISIS. In der Zeit
von damals bis heute wurde ja sehr viel Ent-
wicklung gemacht. Und wie es schwierig es
wäre, ISIS jetzt auf ein andere Plattform zu
übertragen - bemannt oder unbemannt - -
Das wäre natürlich mit sehr viel mehr Kosten
und zeitlichen Verzögerungen verbunden. Ich
denke, jeder weiß dies auch, jeder ist sich
dessen bewusst.

Rainer Arnold (SPD): Haben Sie eine
ungefähre Vorstellung? Ich meine, Sie sind ja
auch ein langjährig erfahrener Manager im
Flugzeugbereich. In welcher Dimension wä-
ren die Kosten, wenn man dieses Teil in
einen neuen Träger implementieren wollte?
Bewegen wir uns dort bei Hunderten Millio-
nen, oder was wäre die Größenordnung?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Recht herzlichen Dank für
diese Frage. - Wenn ich mir die Anforderun-
gen der Luftwaffe anschaue und dann frage:
„Möchten Sie Reichweite, Belastbarkeit,
Unterstützungsmöglichkeiten, welche Anzahl
an Piloten, keine Piloten? Was ist das eigent-
liche Ziel?“ - - Das wird die Art der Plattform
auch bestimmen, die realisiert werden kann.
Und das wird natürlich dann auch die Ent-
wicklungskosten bestimmen. Ohne diese
Informationen kann ich die Frage nicht be-
antworten.

Rainer Arnold (SPD): Danke.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege Bartels spricht jetzt.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Noch mal
eine Frage nachgeschoben, weil wir Sie jetzt
sozusagen als den Erbauer-Vertreter hier
haben. Wenn es zu einem Zwischenfall
kommt, also wenn die Funkverbindung ab-
reißt oder wenn das Triebwerk ausfällt, was
passiert in so einem Fall?

(Zuruf: Dann stürzt
das Flugzeug ab!)

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Nun, wir hatten ja während der
22-Stunden-Mission einen kleineren Vorfall -
keinen größeren Vorfall, aber einen kleineren
Vorfall - beim Kommunikationstransfer von
einem Satellitensystem zu einem anderen.
Das war ein kleiner Fehler, der effektiv auch
angegangen wurde mit der Luftwaffe und
dem Verkehrsministerium, WTD 61. Jeder
hatte es verstanden, und seit damals hatten
wir keine Kommunikationsschwierigkeiten
mehr im gesamten Programm.

Das Fluggerät wird immer kontrolliert und
gesteuert. Es ist niemals ungesteuert. Es ist
immer gesteuert und in Verbindung mit dem
jeweiligen Operateur und der Flugsicherheit.
Es ist so entworfen worden, dass es eine
alternative Landungsmöglichkeit gibt, wenn
es Kommunikationsschwierigkeiten gibt. Und
dies ist mit allen beteiligten Parteien und
allen Behörden koordiniert. Manchmal ge-
schieht dies auch, dass man auf einer alter-
nativen Landebasis landen muss aufgrund
Wettersituationen oder anderen Situationen.
Das passiert, und die entsprechenden Be-
hörden in Deutschland haben die Pro-
gramme, in unbewohnten Gegenden dieses
Fluggerät landen zu lassen, ob das jetzt in
Manching oder in einer alternativen Region
ist.

Also die Sicherheit ist gegeben, und wir
haben einen Plan, der dies auch sicherstellt
bei der Steuerung eines unbemannten Flug-
geräts.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Also, das
Flugzeug kommt automatisch dann zur Lan-
dung und weiß auch, wohin es muss. Also
das muss nicht der Pilot machen von fern
her, sondern das ist programmiert, wenn ich
es richtig verstanden habe. Und in dem Fall

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 779 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 83
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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muss dann auch der Luftraum gesperrt wer-
den, weil es ja durch den Verkehrsluftraum
hindurchsinkt und am Ende auf einem Flug-
platz, der vermutlich dann auch gesperrt
werden muss, landen soll, wo in der Zeit kein
anderer Verkehr stattfinden kann. Ist das
richtig?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Also, in einer Mission würde
das Fluggerät nichts ganz alleine machen,
wenn es in einer Notfallsituation landen
würde. Der Operateur würde das entspre-
chend steuern. Und der Kontakt mit der
Flugsicherung würde dann entsprechend
durchgeführt.

Also, wenn der Kontakt abbricht, wenn die
Verbindung abbricht, dann weiß das Flug-
zeug, was es tun muss. Und wenn weiterhin
kein Funkkontakt besteht, dann tritt eine vor-
programmierte Flugroute in Kraft. Und alle
wissen, was da passiert, auch der Betreiber
bei der Flugsicherung. Der wird dann ent-
sprechend vorgehen, wie das routinemäßig
getan wird. Der Kontakt würde dann auch
aufgenommen mit dem alternativen Lande-
platz, und da würde dann die Landung
durchgeführt werden.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt hat die FDP-Fraktion das Wort. Herr
Kollege Spatz.

Joachim Spatz (FDP): Nachdem wir das
eben alles gehört haben - also: das Vehikel
ist sicher, effektiv, hat so viele Stunden
schon quasi ohne Zwischenfall absolviert -:
Sind wir Deutsche zu kompliziert und zu
ängstlich mit den Zulassungsfragen?

(Lachen des Zeugen
Janis G. Pamiljans)

- Das ist eine ganz einfache Frage: Sind wir
einfach zu kompliziert? Ich meine, es gibt
eine „German Angst“, vielleicht gibt es auch
eine „German Complexity und Ängstlichkeit“,
was Zulassungsfragen angeht. Ich frage das
ganz ernsthaft. Offensichtlich gehen Sie ja
davon aus, dass das, was in den USA fliegen
darf - vielleicht mit ein paar Adaptionen -,
anderswo fliegen können sollte, zugelas-
senerweise.

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ich glaube nicht, dass das eine
verwegene Annahme ist.

Um Ihre Frage zu beantworten: Die Re-
gularien, die es gibt, haben einen breiten
Interpretationsspielraum. Und ich glaube, die
Herausforderung besteht bei der persön-
lichen Verantwortlichkeit des Zulassungs-
inspektors, der ein Dokument unterzeichnet.
Er oder sie wird dann persönlich verantwort-
lich gemacht für all das, was er oder sie un-
terzeichnet. Also das persönliche Haftungs-
risiko ist hier das Problem. Man bräuchte,
glaube ich, ein Umdenken an diesem Punkt.
Vielleicht könnte das ein Lösungsweg sein,
um die Zulassung zu bekommen, nicht nur
für den Euro Hawk, sondern für alle Zulas-
sungsverfahren.

Joachim Spatz (FDP): Sie haben eben
geschildert, dass eine Person verantwortlich
ist, falls sie eben diese Zertifizierung aus-
spricht. Wurde Ihnen das so - ich sage mal -
als Erfahrung mitgeteilt, oder ist das Ihre
Annahme?

Also, der Hintergrund meiner Frage ist,
dass wir im Zusammenhang mit WTD 61 ja
eine Diskussion hatten: Wurde auf einzelne
Personen Druck ausgeübt im Zertifizierungs-
prozess oder eben nicht? - Das heißt, woher
haben Sie die Informationen, dass das an
der Belastung oder an der Verantwortlichkeit
der Einzelperson hängt?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Das hat sich ergeben aus den
Gesprächen, die ich geführt habe mit Zulas-
sungsinspektoren in Deutschland, und dem,
was sie erzählt haben, dass sie das Gefühl
haben, dass sie persönlich verantwortlich
sind und deswegen die entsprechenden
Unterlagen für die Zulassung brauchen auf-
grund ihrer persönlichen Verantwortung.
Daher kommt meine Wahrnehmung. Ich
habe das aber nirgends schriftlich.

Joachim Spatz (FDP): Danke. - Keine
weiteren Fragen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Dann gebe ich das Wort den Linken. Herr
Schäfer.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Also,
ich habe schon verstanden, dass Sie sagen,
es gab keine formelle Unterrichtung durch
die Bunderegierung darüber, dass man das
Euro-Hawk-Programm nicht fortsetzen wolle.

Drucksache 17/14650 – 780 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 84
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Das ist ja schon bemerkenswert. Das sagt
auch einiges über Allianzbeziehungen aus.

Aber ich verstehe auch unterhalb dieser
Ebene diese Form der Kontakte und Kom-
munikation nicht, also auch informell nicht.
Deshalb muss ich einfach noch mal detail-
lierter nachfragen. Sie sagen also, im An-
trittsbesuch mit Herrn Selhausen oder im
ersten Kontakt hätte es keinerlei Hinweise
gegeben.

Nun gab es hier nicht nur schon die Ar-
beitsgruppe Zulassung, sondern es gab dann
also auch Ende des Jahres 2012 die Beauf-
tragung von Studien über alternative Platt-
formen. Und jetzt könnte ich mir vorstellen,
dass so was auch korrespondiert oder kom-
muniziert wird. Das ist ja wahrscheinlich.

Nun sagen Sie, Sie hatten dann das Ge-
spräch Anfang April. Es ist schon darauf
hingewiesen worden von einem Kollegen, es
gab ja eine Staatssekretärsvorlage vom 27.
März. Nun habe ich Ihren Worten entnom-
men, der Herr Selhausen hätte gesagt: „Ja,
wahrscheinlich keine Serie, aber legen Sie
noch mal neuere Kostenschätzungen vor.“

Ich verstehe es schlicht und ergreifend
nicht. Wenn man kommuniziert, hätte nach
meinem Empfinden doch genau der
Sachstand dargelegt werden müssen. Des-
halb würde ich Sie einfach noch mal bitten,
sehr präzise zu beschreiben, was dort gesagt
worden ist. Hat Herr Selhausen Ihnen nahe-
gelegt: „Machen Sie doch noch mal eine
konkretere, restriktivere Kostenschätzung,
dann reden wir weiter“ - das wäre ja der Um-
gang unter Geschäftspartnern -, oder hat er
nur gesagt: „Ja, das wird wahrscheinlich
nichts, aber Sie können ruhig noch mal ein
Papier schicken“?

Also, Sie entnehmen daraus, dass ich
einfach diese Form der Kommunikation nicht
nachvollziehen kann und Sie bitte, das ein-
fach noch mal sehr präzise zu beschreiben,
was also dort zu Beginn dieses Jahres sozu-
sagen an Kommunikation abgelaufen ist.

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ich glaube, abgesehen von
den Prozessen und den Fortschrittsberichten
lief alles sehr effektiv und sehr wirksam. Es
ist das Problem, dass mir offiziell nicht mit-
geteilt wurde, dass das Programm nicht be-
endet wird. Und deswegen gehe ich bislang
auch nicht davon aus, dass das Programm
beendet wird. Ich habe keinerlei formale In-
formationen dahin gehend.

Sie fragen, ob es diese Gespräche in
kleinen Gruppen gegeben hat. Ja, offensicht-
lich, aber das Joint Venture wurde da nicht
einbezogen. Und bei meinem Treffen mit
Herrn Selhausen - das möchte ich ganz klar
sagen - Ende 2012 habe ich Herrn Selhau-
sen aufgerufen, Entscheidungen zu treffen
hinsichtlich des Budgetprozesses, und ich
habe ihn gefragt, ob wir die Produktion an-
laufen lassen sollten, damit ich planen
könnte mit den Fabriken. Und Herr Selhau-
sen sagte: Das liegt am Haushaltsprozess;
da müssen wir noch abwarten.

Und dann, Anfang 2013, wusste ich im-
mer noch nicht, ob die Produktion laufen
würde, und deswegen bin ich zu Herrn Sel-
hausen gegangen, um genauer nachzufra-
gen. Herr Selhausen hat mir nicht formell
gesagt - -

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Ent-
schuldigung, wenn ich Sie unterbreche.
Wann war dieser Hinweis mit dem Haushalt?
Wann war das genau? Wann hat Herr Sel-
hausen das gesagt?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Das war, würde ich sagen,
Ende 2012. Da hat Herr Selhausen einfach
nur gesagt, dass die Haushaltsplanung für
den Verteidigungsetat gerade laufe und dass
man dann bewerten müsse, wie es weiter-
gehen solle. Das war alles, was er mir wahr-
scheinlich sagen konnte. Denn ich habe na-
türlich Druck gemacht, dass er eine Ent-
scheidung trifft, dass eine Entscheidung
kommt. Denn wenn man die Serienproduk-
tion beginnen möchte, dann macht es natür-
lich Sinn, das in eine bestehende Produk-
tionslinie einzupassen, damit man die Kos-
teneinsparungen maximieren kann.

Deswegen sage ich, da habe ich keine
formelle Antwort bekommen, und deswegen
habe ich auf das neue Jahr geantwortet. Ich
dachte: Na ja, gut, dann wird das Flugzeug
fliegen. Es gab da offensichtlich viele interne
Sitzungen, Treffen usw. usf. Deswegen bin
ich zu Herrn Selhausen gegangen. Aber ich
habe von Herrn Selhausen keine formelle
Bitte, Anfrage bekommen bezüglich des
Preises für die Zulassung.

Aber als Herr Selhausen mir diese Zahlen
genannt hat - eine halbe Milliarde Euro -, da
war ich geschockt. Und da habe ich das ge-
tan, was sinnvoll ist in dem Moment: Ich
habe einen bezahlbaren Ansatz vorgelegt.
Ich habe das Projektteam gebeten, hier eine

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 781 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 85
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zahl zu erarbeiten. Und daher kommen die
160 bis 193. Und das habe ich dann Herrn
Selhausen formell vorgelegt, geschrieben
und darauf bislang keine Antwort bekommen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Keine weiteren Fragen mehr? - Dann Bünd-
nis 90/Die Grünen. Herr Kollege Nouripour.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Herr Vizepräsident, habe ich Sie
richtig verstanden? Sie haben Ende 2012,
spätestens Anfang 2013 eine erhärtete Indi-
zienlage gehabt, dass die Deutschen über-
legten oder zumindest vorbereiteten, aus der
Serienbeschaffung auszusteigen? Sie haben
es „Gerüchte“ genannt.

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ja, das war richtig: gerüchte-
weise.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Mich würde interessieren, wann
Sie erfahren haben, dass eine Studie vorbe-
reitet wird oder abgeschlossen wurde, um
Alternativen für das Trägersystem Global
Hawk für den Euro Hawk zu überprüfen.

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): In Herrn Selhausens Büro.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Im April 2013? Da hat er Ihnen
gesagt, dass bereits über Alternativen nach-
gedacht wird, also zu einem Zeitpunkt, wo es
der Minister ja überhaupt noch gar nicht
wusste, wie wir wissen?

Sie haben im Interview am 4. Juni 2013
gesagt in der Frankfurter Allgemeinen Zei-
tung - ich zitiere -:

Wir haben dem Verteidigungs-
minister Mitte Mai über die Euro
Hawk GmbH einen Vorschlag
übermittelt, der sich auf 160 bis 193
Millionen Euro beläuft.

Nicht dem Ministerium, sondern dem Minis-
ter.

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Könnten Sie die Frage noch
mal wiederholen?

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie haben der Frankfurter

Allgemeinen Zeitung ein Interview gegeben,
4. Juni 2013. Dort sagen Sie den Satz:

Wir haben dem Verteidigungs-
minister Mitte Mai über die Euro
Hawk GmbH einen Vorschlag
übermittelt, der sich auf 160 bis 193
Millionen Euro beläuft.

Da geht es natürlich um die Zusatzkosten bei
einer Zulassung. Sie haben nicht „Ministe-
rium“ gesagt, sondern „Minister“. So richtig?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Tut mir leid, dass Sie das
nochmal wiederholen mussten. - Ich habe
das Herrn Selhausen gesagt.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ja, nicht ganz präzise, sondern
Sie haben es Herrn Selhausen gegeben,
nicht dem Minister.

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ja, so ist es.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich möchte zu dieser ganzen
Fragestellung kommen, die vorhin noch mal
angesprochen worden ist, nämlich dass es ja
Bauteile gäbe beim Euro-Hawk-System, was
von der NSA käme. Sie haben gesagt, Sie
hätten davon keinerlei Kenntnis. Habe ich
Sie richtig verstanden?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ich kann Ihnen sagen: Da gibt
es keine Bauteile im Euro-Hawk-System.
Das Euro-Hawk-System ist ein Flugsystem,
das wir entwickeln, das wir produzieren. Und
mir ist nichts Derartiges bekannt.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Moment! Jetzt noch mal, um da
auch noch mal präzise zu bleiben: Beim Euro
Hawk gibt es keine NSA-Anteile? Oder beim
Global Hawk gibt es keine NSA-Anteile?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Wir sprechen hier vom Euro
Hawk. Der Euro Hawk - so, wie wir ihn ge-
liefert haben - hat keinerlei Produkte im
Fluggerät, die wir integrieren, bauen, testen
und liefern.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aber wenn es beim ISIS-System

Drucksache 17/14650 – 782 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 86
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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wäre, würden Sie es dann wissen - wofür Sie
eigentlich zuständig sind?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Nein, das ist ein deutsches
geheimes System. Dazu habe ich keinen
Zugang.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Okay. - Ich würde gerne noch
mal zurückkommen zu der Frage „Block 30/
Block 40“. Können Sie noch mal genau erklä-
ren, warum zum Beispiel ein Global Hawk,
Block 40, eine bessere Chance hätte, eine
Zulassung zu bekommen, die Block 20 nicht
bekommen hat, weil die Euro Hawk nicht
bekommen hat?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ich würde nicht sagen, dass
das einfacher wäre. Die Gemeinsamkeit
zwischen all den Systemen ist sehr groß. Es
gibt da unterschiedliche Nutzlasten, die mit-
genommen werden bei diesen Derivaten.
Und die haben ihre eigenen Zertifizierungs-
unterschiede - genauso wie das ISIS beim
Euro Hawk war.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sehen Sie den Anteil Deutsch-
lands am AGS durch die Zulassungsproble-
matik beim Euro Hawk irgendwie bedroht?
Oder gibt es da ein Problem, was jetzt noch
entsteht?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Nein, da sehe ich kein Pro-
blem. Der Zulassungsprozess von NATO
AGS, der läuft durch die italienischen Zulas-
sungsbehörden, und zwar unter Nutzung der
US-Zulassung als Grundlage, Block 40. Also
glaube ich, dass es da kein Problem gibt. Ich
glaube aber wohl, dass in diesem Zulas-
sungsprozess mit der NATO AGS alle betei-
ligten Nationen auch hier beteiligt sind. Und
die verschiedenen regulatorischen Aspekte,
die werden hier mit in Betracht gezogen.
Also, ich denke, dass da alle beteiligt sind;
aber ich habe die Details nicht.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Damit ich es noch mal verstehe:
Das bedeutet ja dann, wenn die Global
Hawks beim AGS in Sizilien stationiert sind,
dass sie quasi nur über Italien und ansonsten

Richtung Süden fliegen dürfen. Habe ich das
richtig verstanden?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Nein, ich glaube nicht, dass
das so ist. Er wird auf und ab fliegen, nach
oben und nach unten im nationalen Luft-
raum, so wie das der Euro Hawk in Manching
tut. Und der Einsatz, der würde dann so ge-
flogen, wie das in der Entwicklung vorgese-
hen ist.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wir haben von anderen Zeugen
gehört, dass die Entstehung der Euro Hawk
GmbH quasi eine Idee des Bundesver-
teidigungsministeriums war. Können Sie das
bestätigen? Dass Sie quasi als zwei ver-
schiedene Anbieter zusammengeholt wur-
den, um dann gemeinsam zu arbeiten und
dann in eine Rechtsverfasstheit namens
EuroHawk GmbH geformt wurden?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Das Joint Venture wurde ge-
schaffen, damit wir zusammenarbeiten kön-
nen, damit das Euro-Hawk-Flugsystem und
die Nutzlast integriert werden konnten, und
zwar nach den deutschen Vorgaben.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Und würden Sie jetzt sagen, das
war eine gute Idee, diese GmbH dort zu
gründen?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Eine sehr gute Idee.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wenn Sie erlauben - herzlichen
Dank! -, würde ich noch der Kollegin Keul
das weiterreichen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Bitte schön, Frau Kollegin Keul.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, vielen Dank. - Mister Vice President,
hatte ich Sie zu Beginn richtig verstanden,
dass Sie sagten, Sie gingen davon aus, dass
in dem Vertrag von 2007 eine Zulassung des
Euro Hawk zum Festpreis vereinbart war, wo
die Details der Anforderungen dieser Zulas-
sung nicht klar gewesen wären?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 783 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 87
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Die Details der Anforderungen
durch die integrierte Beschreibung, die waren
ganz klar. Es ging darum, dass wir einen
maßgeschneiderten Ansatz wählen würden
und dann das Delta, die ISS-Anforderungen,
hinzunehmen würden für das Fluggerät. Und
das war neu. Und das sollte die Grundlage
sein. Das war die Grundlage für die Zulas-
sung zum Vertragszeitpunkt, zum Ab-
schlusszeitpunkt.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt kommt die CDU/CSU-Fraktion. Kollege
Brand.

Michael Brand (CDU/CSU): Ich möchte
noch mal auf den Fragenkomplex aus der
vergangenen Runde zurückkommen, nämlich
um die Kostenschätzungen, die Sie in Zwei-
fel gezogen haben, der Bundesrepublik in
Höhe von 500 bis 600 Milliarden [sic!] Euro.
Und Sie haben dann ja gesprochen von
Ihrem Vorschlag, den Sie gemacht haben,
nämlich 160 bis 193 Millionen Euro. Da ist ja
ein nicht kleines Delta dazwischen. In
Deutschland würde man sagen: Eine Oma
muss lange dafür stricken, für 200 Millionen
Euro, die das Delta hier ausmachen - ja, bis
zu 400 Millionen Euro.

Und Sie haben dann in so einer Neben-
bemerkung sehr geschmeidig gesagt, dass
die WTD 61 nicht komplett zugestimmt habe.
Ich will Sie fragen, ob wir uns einig sind, dass
„nicht komplett zugestimmt“ nicht „zuge-
stimmt“ heißt; denn ein Vertrag, der nicht
geschlossen wird, der ist kein Vertrag. Und
eine Zustimmung, die nicht gegeben wird -
ob nicht komplett oder nur irgendwie halb -,
ist keine Zustimmung. Und im Übrigen finde
ich es schon spannend: Wenn Sie als Unter-
nehmen einen Vorschlag machen, muss
doch noch lange nicht zum Beispiel die
WTD 61 zustimmen. Das ist meine Frage,
die ich an Sie richten will.

Ich will eine zweite Bemerkung machen.
Mich wundert schon etwas, wenn wir über so
ein großes Delta sprechen, dass Sie nicht
hier präzise im Untersuchungsausschuss
sagen können, was die Gründe für Ihre Be-
rechnungen da sind. Ich will die Frage nicht
noch mal neu aufwerfen, weil ich habe sie in
der Vorgängerrunde aufgeworfen; aber dass
bei so einem großen Delta die klaren Be-
zugspunkte hier nicht genannt werden, wa-
rum Sie zu dieser Zahl kommen, die deutlich
drunter liegt als das, was Sie hier an der

Bundesrepublik und an dem Vorschlag kriti-
sieren - - Sie haben davon gesprochen, dass
Sie das regelrecht geschockt habe. Das
schockiert mich dann etwas, wenn Sie das
nicht präzise hier darlegen können. Und
deswegen will ich es beschränken auf die
Frage, ob wir uns einig sind, dass „nicht
komplett zugestimmt“ heißt, dass man nicht
zugestimmt hat und auch gar nicht zustim-
men muss.

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Die Einigung mit WTD 61 war
eine grundsätzliche Einigung; denn das war
ein Dialog, eine Diskussion dahin gehend,
wie wir die Produktion beginnen könnten.
Darum ging es. Es war der Versuch, hier
voranzuschreiten. Und in diesem Gespräch
ging es darum, dass auf der Grundlage der
Wünsche von WTD 61 es uns nicht gelingen
würde, jedes einzelne Bauteil - kommerziell
oder nichtkommerziell - so zuzulassen, wie
WTD das wollte. Aber wir sagten: Wir könn-
ten einen Teil der Komponenten entspre-
chend zertifizieren, wo besondere Probleme
vermutet werden. Und dann könnten wir die
Triton-Zertifizierung hernehmen und andere
Zertifizierungen aus Block 40 und die dann
mit einbeziehen. Und so kamen wir zur
Summe von 160 bis 193.

Aber grundsätzlich ist die Frage ja: Wie
soll die Zertifizierung ablaufen? Wo soll das
alles hinführen? Und da hat WTD grundsätz-
lich zugestimmt. Aber es gab da keine weite-
ren Diskussionen im Detail dahin gehend,
was eigentlich erforderlich werden würde, um
eine vollumfängliche Zulassung zu erwarten.
Aber wenn man sich grundsätzlich hier einigt,
dann kann man den Dialog zumindest wei-
terführen.

Nein, Sie haben natürlich recht: Das ist
keine abschließende Einigung, keine ver-
tragsfeste Einigung; aber es ist die Möglich-
keit, den Dialog weiterzuführen. Und ich kann
nur wiederholen: Ja, diese hohe Zahl, die
überrascht mich sehr. Ich weiß nicht, wie die
zustande kommt; denn das war nicht Teil des
Dialoges, auf den wir uns grundsätzlich ge-
einigt haben. Deswegen war ich überrascht,
und deswegen sollten wir uns alle wundern
und überrascht sein angesichts der Frage:
Warum kommen wir nicht einfach zusammen
und besprechen das? Weil das ja eine so
wichtige Fähigkeit ist, die die deutsche Bun-
desregierung gekauft hat. Und die Frage
kann ich Ihnen nicht beantworten.

Drucksache 17/14650 – 784 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 88
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Michael Brand (CDU/CSU): Es mag
vielleicht auch daran liegen: Sie haben ja
über den deutschen Steuerzahler philoso-
phiert. Natürlich aus der Sicht des Unter-
nehmens bin ich sehr interessiert daran,
dass ich den Auftrag bekomme und dass ich
natürlich in dem Zusammenhang als Unter-
nehmen darstelle, dass bei mir alles pro-
blemlos läuft und ich das günstiger mache
als andere angeblich. - Das ist vielleicht eine
der Erklärungen. Das ist meine jedenfalls. -
Danke.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So, jetzt keine weiteren Wortmeldungen
mehr. - Dann die SPD-Fraktion, Herr Kollege
Arnold.

Rainer Arnold (SPD): Ich hätte noch mal
eine Frage zum Missionsplanungssystem.
Sie sagten vorhin, dieses Missionsplanungs-
system wäre vertragskonform geliefert. Der
Bundesrechnungshof schreibt uns allerdings,
dass dieses Gerät wegen erheblicher Mängel
nicht zeitgerecht zur Verfügung steht und
deshalb auf das amerikanische Planungs-
system der amerikanischen Streitkräfte zu-
rückgegriffen werden muss. Dies kann aber
und darf nicht nach Deutschland exportiert
werden. Und das wäre der Grund dafür, dass
die Planung derzeit von den Vereinigten
Staaten aus gemacht wird.

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Das ist eine sehr gute Frage. -
Die Missionsplanung, von der wir sprechen,
ist, wenn Sie das System fliegen und ein
technisches Problem bekommen: Wie holt
man das Flugzeug zurück? Davon sprechen
wir. Und diese Missionsplanung, die wird
eben in das Flugsystem eingespeist und
koordiniert mit den deutschen Behörden und
der Flugsicherung.

Das, wovon Sie sprechen, das ist das
Joint Mission Planning System. Das steht
noch in der Entwicklung. Und wenn diese
Entwicklung abgeschlossen ist, dann wird
das übergeben an die deutsche Bundes-
regierung als Teil des Vertrages. Und ge-
genwärtig haben wir eine Zwischenlösung,
und mit der Zwischenlösung arbeiten wir
zurzeit.

Es gibt einen Vertrag dahin gehend, dass
NGISSII derzeit die Zuständigkeit hat für
Mission Control. Aber laut Vertrag sollen wir
die Deutschen ausbilden, das zu tun, und
das wird dann auch zu gegebener Zeit pas-

sieren. Das ist Teil unseres Vertrages - Aus-
bildung usw. usf. -, aber dieser Teil des Ver-
trages, der wird noch gar nicht umgesetzt.
Die gemeinsame Missionsplanung, da ar-
beiten wir mit BAAINBw und allen anderen
Zuständigen dahin gehend, dass, wenn die
gemeinsame Missionsplanung dann fertig
entwickelt ist, dann wird sie den deutschen
Behörden übergeben. So ist das im Projekt
vorgesehen.

Rainer Arnold (SPD): Aber dieser Teil
des Vertrages wird ja nach der Entscheidung
des Ministers wohl nicht mehr realisiert wer-
den. Möglicherweise ist das der Grund, wa-
rum der Minister prüfen lässt, ob Regress-
ansprüche und Schadensersatz gefordert
werden, weil das eben nicht zur Verfügung
steht im Augenblick. Oder wie können Sie
sich das erklären?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Nein, davon weiß ich nichts.
Das kann ich nicht erklären.

Rainer Arnold (SPD): Danke schön.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Keine weiteren Fragen mehr. - Dann die
FDP. - Keine weiteren Fragen mehr. Die
Linke? - Herr Kollege Schäfer.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Ich
habe noch eine Nachfrage. Ich beziehe mich
immer auf denselben Gegenstand jetzt.
Northrop Grumman hat zu diesem Zeitpunkt
natürlich auch gewissermaßen in einem Fo-
kus der Kritik der deutschen Öffentlichkeit
gestanden. Deshalb verstehe ich, dass Sie
selber reagiert haben als Northrop Grum-
man, als Unternehmen, also sozusagen auch
Ihr Schreiben an Herrn Selhausen als
Northrop Grumman. Aber sozusagen es geht
hier um das Gesamtprojekt und ums Joint
Venture. Deshalb meine vielleicht etwas
unbedarfte Nachfrage: Wie hat sich denn
dieses Joint Venture - nachdem Ihnen be-
kannt war: möglicherweise kommt es nicht
zustande, also die Fortsetzung des Projekts -
positioniert? Hat es sich positioniert, oder
haben Sie nur noch allein als Northrop
Grumman agiert?

Das ist für mich nicht ganz unbedeutend,
um die Vorgänge, die wir ja untersuchen als
Untersuchungsausschuss, etwas mehr zu
verstehen oder eine Erklärung dafür zu fin-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 785 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 89
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

den. Haben Sie da nur noch allein als
Northrop Grumman sozusagen dann agiert,
indem Sie gesagt haben: „Wir machen Vor-
schläge“, obwohl es doch eigentlich eine
Sache gewesen wäre des Joint Venture, zu
sagen: „Aha, jetzt ist unser Projekt, sozusa-
gen unser gemeinsames Projekt, bedroht
oder es steht auf der Kippe, wie auch immer,
jetzt müssen wir also gemeinsam etwas un-
ternehmen“? Hat das Unternehmen dann
noch agiert, oder war das nur noch Northrop
Grumman?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ich habe gehandelt als Sub-
unternehmer des Joint Venture und mit Herrn
Selhausen gesprochen. Aber ich habe das
Joint Venture auf dem Laufenden gehalten
darüber, was ich tue. So habe ich das auch
bei der FAZ im Interview gesagt. Als kritisiert
wurde, dass das Flugsystem nicht sicher sei,
da habe ich deswegen entsprechend gehan-
delt. Aber ich habe durch das Joint Venture
gehandelt als Hauptsubunternehmer des
Joint Venture.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Keine weiteren Fragen mehr. - Dann Bündnis
90/Die Grünen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Vielen Dank. - Dann möchte ich meine Frage
von eben vielleicht noch mal konkretisieren.
Ich hatte Sie am Anfang so verstanden, dass
Sie sagten: Es war uns klar, dass eine Mus-
terzulassung geschuldet war, aber die Ein-
zelheiten, die WTD 61 dafür erforderte, wa-
ren nicht klar kommuniziert. - Habe ich das
richtig verstanden?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Auf der Grundlage des Vertra-
ges war es so, dass die Elemente, die wir
liefern sollten, die Verfahren und die Doku-
mente, um Sinn und Zweck der Zertifizie-
rungsmaßnahmen umzusetzen, im Sinne des
maßgeschneiderten Ansatzes - - Ich glaube,
das haben alle sehr genau verstanden. Und
das haben wir dahin gehend verstanden,
dass wir auch den Festpreisvertrag unter-
zeichnen konnten.

Aber nach dem Übergang in WTD 61 gab
es ja Änderungen, und da haben wir gese-
hen, dass man sich von diesem maßge-
schneiderten Ansatz abgewandt hat, dass
man weitergegangen ist. Und da haben wir
dann mehr als 4 000 Dokumente vorgelegt.

Aber es war nicht klar definiert, wie viele
Dokumente vorgelegt werden müssen. Wir
haben diese Dokumente vorgelegt, weil das
notwendig war, um diesen maßgeschnei-
derten Zulassungsansatz umzusetzen. Und
alle verfügbaren Unterlagen haben wir des-
wegen weitergegeben. - Ich hoffe, das be-
antwortet Ihre Frage.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
WTD 61 hat uns ja hier berichtet, dass die
Anforderungen an die deutsche Musterzulas-
sung schon bei Vertrag klar kommuniziert
gewesen sind, während Sie ja sagen, die
hätten sich dann erst nach Vertragsschluss
geändert. Das ist der Widerspruch, den ich
versuche aufzuklären.

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Darauf würde ich wie folgt
antworten: Die Anforderungen bezogen sich
auf den maßgeschneiderten Ansatz, auf das
Festpreiselement, das im Vertrag stand. Und
es war so verstanden worden, dass die Un-
terlagen, die Dokumente, die Daten, die er-
forderlich waren für den umfassenden An-
satz - - Das wurde ganz klar verstanden von
allen Vertragsparteien. Und das ist ganz klar
meiner Meinung nach. Es ging um das Delta
für die Zulassung für ISIS. Und deswegen
haben wir den Festpreisvertrag auch unter-
schrieben.

Die deutschen Anforderungen waren da-
mals noch nicht voll und ganz festgelegt.
Hätten wir das damals vorliegen gehabt,
hätte es diese deutschen Anforderungen
gegeben und hätten wir davon gewusst,
dann hätten wir den Vertrag anders unter-
schrieben. Aber das war nicht so. Wir hatten
Vertrauen in das deutsche Verteidigungs-
ministerium und in alle anderen Beteiligten
dahin gehend, wie die Zulassung laufen
würde, nämlich ein maßgeschneiderter An-
satz auf der Grundlage der Zertifizierung der
US Air Force.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Dann möchte ich gern dem Zeugen einen
Vorhalt machen aus MAT 4, Ordner 9 bis 26.
Das ist noch mal die Anlage H, die wir hier
schon mehrfach hatten.

(Dem Zeugen wird ein Schriftstück
vorgelegt)

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ist die in Englisch?

Drucksache 17/14650 – 786 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 90
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Die ist in Englisch.

(Zuruf: Bilingual!)

Es handelt sich hier um ein 100-seitiges
Regelwerk technischer Voraussetzungen in
englischer Sprache, aus dem ich jetzt nicht
zitieren werde. Ich möchte Sie nur fragen, ob
Sie dieses Dokument kennen, ob Sie dazu
etwas sagen können, was das ist.

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Persönlich auf meiner Ebene
muss ich sagen: Nein, dieses Dokument
kenne ich nicht.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Uns ist vom WTD 61 gesagt worden, dass
diese technischen Voraussetzungen in einem
gemeinsamen Gespräch - Sie haben ja eben
gesagt, Sie vermissen ein solches gemein-
sames Gespräch - zwischen Industrie, na-
mentlich Ihrem Unternehmen, EADS,
WTD 61 in Kalifornien gemeinsam aufgestellt
worden sind und dass diese Voraussetzun-
gen, die technischen, die sind für eine deut-
sche Musterzulassung. Das heißt, WTD 61
hat uns gesagt: Wenn diese Voraussetzun-
gen nachgewiesen würden, dann würde es
eine Musterzulassung geben.

Wie Sie der ersten Seite entnehmen kön-
nen, ist das im Vorfeld des Vertrages
2005/2006 im gemeinsamen Gespräch in
Kalifornien so aufgeschrieben worden. Kön-
nen Sie sagen, wer vonseiten Ihres Unter-
nehmens an diesen Gesprächen beteiligt
war?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ich habe damals das Pro-
gramm nicht geleitet. Ich kann Ihnen also
nicht sagen, wer da tatsächlich anwesend
war bei diesem Treffen. Tut mir leid, kann ich
Ihnen nicht sagen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Aber wir sind uns einig, wenn Sie dieses
Dokument betrachten, dass es dort ein sol-
ches gemeinsames Gespräch zwischen
Ihrem Unternehmen und WTD 61 im Vorfeld
des Vertrages gegeben haben muss. Rich-
tig?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ich verstehe das so, dass das
ein Entwurf ist. Ich weiß nicht, ob das das
Dokument ist, das dann tatsächlich Teil des

Vertrages ist. Das weiß ich nicht. Wenn das
Dokument hier kein Entwurf ist und formell in
den Vertrag übernommen worden ist, dann
gehe ich davon aus, dass wir das auch um-
gesetzt haben bei der Ausführung des Ver-
trages. Das haben wir sicherlich so verstan-
den in unserem Unternehmen, als wir den
Festpreisvertrag unterschrieben haben.

Wenn dieses Dokument anderthalb Jahre
älter ist als der Vertrag, dann ist eindeutig
davon ausgegangen worden von allen Par-
teien, was die Anfordernisse waren für die
Zulassung, für diesen maßgeschneiderten
Ansatz auf der Grundlage eines bereits be-
stehenden Flugzeugs, eines Flugzeugs, das
zwar noch nicht gebaut wurde, aber wo das
Design schon stand. Und wenn das alle so
gesehen haben, dann gehe ich davon aus,
dass alle Parteien verstanden haben, was
die Zertifizierungsanfordernisse sein würden,
um diesen maßgeschneiderten Ansatz um-
zusetzen, also die Einbeziehung der ISIS-
Konfigurierung, die einbezogen werden
würde in das Fluggerät.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Halten wir also fest, dass Sie sagen: Wenn
dieses Vertragsbestandteil geworden ist,
dann gehen Sie davon aus, dass Sie das
auch alles, diese Dokumente alle vorgelegt
haben, die dort erforderlich sind.

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ich gehe davon aus, dass wir
alle Dokumente vorgelegt haben, die not-
wendig sind, um die Zertifizierungsanforde-
rungen zu erfüllen. Ich kann Ihnen nicht sa-
gen, ob das im Vertrag ist, so im Detail; das
weiß ich nicht.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt die CDU/CSU-Fraktion. Gibt es weitere
Fragen? Herr Kollege Grübel. - Keine Fra-
gen. Die SPD? - Auch keine Fragen. Die
FDP? - Nein. Die Linke? - Nein. Dann wieder
Bündnis 90/Die Grünen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Dann würde ich gern ein weiteres Dokument
vorlegen, und zwar ist das der Musterprüf-
rahmenplan. Aus dem würde ich dann auch
gerne zitieren, wenn es genehm ist. Ich
glaube, das haben wir auch so getan.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 787 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 91
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Das ist nicht eingestuft? Wir brauchen nur
die MAT-Nummer.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Es ist die gleiche MAT-Nummer. Das ist alles
MAT 4, Ordner 9 bis 26. Das ist das Muster-
prüfrahmenprogramm, wie das WTD 61 vor-
gelegt hat.

(Dem Zeugen wird ein weiteres
Schriftstück vorgelegt)

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich möchte jetzt gern einmal dem Rechtsbei-
stand das Wort geben.

RA Martin Seyfarth: Frau Vorsitzende,
ich frage mich, ob das sinnvoll ist, hier den
Zeugen mit Dokumenten zu konfrontieren,
die er nicht kennt. Er war zum Zeitpunkt, als
diese Dokumente möglicherweise verhandelt
wurden, noch gar nicht in der Position ver-
antwortlich für den Euro Hawk. Wir können
doch hier nicht binnen zwei Minuten durch
die Dokumente flippen, Ihnen Fragen zu den
Dokumenten beantworten. Ich würde Sie
bitten, uns von diesen Vorhaltungen zu ver-
schonen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Das kann ich leider nicht, und das ist jetzt,
glaube ich, auch nicht die Aufgabe des
Rechtsbeistandes.

(Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ob etwas sinnvoll ist!
Und verschonen werden wir Sie
ganz bestimmt nicht!)

Ich hatte eben einen stillen Vorhalt ge-
macht. Das waren die technischen Regel-
werke. Daraus habe ich nicht vorgelesen. Ich
würde jetzt gerne auch einen konkreten Vor-
halt aus der Musterprüfrahmenordnung ma-
chen wollen. Zu der kann dann auch der
Zeuge konkret was sagen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Hat der Zeuge das jetzt bereits vorgelegt
bekommen?

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja. Soweit ich weiß, hat er das vorliegen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ist der Vorhalt auch in Englisch?

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Der ist sowohl in Deutsch als auch in Eng-
lisch, jeweils mit einer Spalte in der Mitte. Da
ist immer rechts englisch, links deutsch.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Pamiljans, soll ich unterbrechen, damit
Sie das lesen können?

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ich möchte ihm nicht das ganze Dokument
vorhalten, nur eine Passage, die ich vorlese.
Seite 8 von 14.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Seite 8 bis?

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Seite 8.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Seite 8.

(Der Zeuge blättert in dem ihm
vorgelegten Schriftstück)

Jetzt bitte schön, Frau Kollegin Keul.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Auf Seite 8. Der Einfachheit halber werde ich
jetzt den englischen Text dann vorlesen,
damit der Zeuge parallel das auch mit verfol-
gen kann.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Also, wir reden in Deutsch, und die Überset-
zer übersetzen das perfekt ins Englische.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Gut. Dann lese ich jetzt den deutschen Teil
vor. Dort heißt es in der Mitte unter 4.1:*

... Funktionsbeschreibung
Technische Unterlagen sind, wie
oben beschrieben, in einem solchen
Umfang zu erstellen, daß

- der Bauzustand des Luftfahrzeugs
und der Komponenten eindeutig
definiert ist

- Luftfahrzeug und Komponenten
geprüft, gewartet, instandgesetzt
und bedient werden können

Weiter:

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 4 BRH zu BB 17-90/91, Ord-
ner 9, Blatt 381.

Drucksache 17/14650 – 788 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 92
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Die Unterlagen, die zugleich Mus-
terunterlagen sind, umfassen also
mindestens:
- Komponenten- und unktionsbe-
schreibung;

- Konstruktionsunterlagen (Bau-
unterlagen mit Verzeichnis, Zeich-
nungen);

- Listen von Zeichnungen,

Und so weiter. Das reicht mir schon als Vor-
halt.

Hier ist also davon die Rede, dass die In-
dustrie verpflichtet ist, auch Nachweise für
sämtliche Komponenten vorzulegen. Eben
hatten Sie gesagt, das sei nicht vereinbart
gewesen. Wie verhält sich dieser Wider-
spruch? Wie erklären Sie den?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Wenn ich mir das anschaue,
da geht es um einen Entwurf für Inspektions-
verfahren. Ich weiß nicht, wer das unter-
zeichnet hat. Darüber ist mir nichts bekannt.
Aber ich gehe davon aus, dass wir Sinn und
Zweck aller Anforderungen hier umgesetzt
haben, indem wir alle erforderlichen Doku-
mente vorgelegt haben.

Wenn Sie das lesen - wie auch immer
man das interpretiert -: Es beruht alles auf
der Grundlage, dass wir einen maßge-
schneiderten Ansatz liefern würden auf der
Grundlage der Zulassung in den USA. Und
die Dokumentation, die wir vorgelegt haben,
das war alles die Grundlage für die Zulas-
sung. Und darum haben wir uns bemüht.
Und wir haben auch neun Änderungen mit
eingezogen, neun Änderungen, die bei der
Musterzulassung eingeführt wurden.

Ich weiß nicht, warum es hier nicht zu
einer letztendlichen Einigung gekommen ist.
Aber ich kann Ihnen sagen: Ich gehe davon
aus, dass wir alle erforderlichen Dokumente
vorgelegt haben, nach bestem Wissen und
Gewissen, auf der Grundlage der Daten, die
wir hatten. Wenn ein Dokument nicht vorlag,
dann lag es eben nicht vor. Aber ich gehe
davon aus, dass wir alle Anfordernisse ver-
tragsgemäß erfüllt haben, auch einschließlich
der ECPs.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also, verstehe ich Sie richtig, dass Sie sa-
gen: „Dokumente, die mir nicht vorlagen,
konnten wir halt nicht vorlegen, unabhängig
davon, ob wir dazu verpflichtet gewesen
wären, diese vorzulegen“? Weil das ist ja ein

Unterschied: Ich kann verpflichtet sein, etwas
vorzulegen, und ich kann möglicherweise
nicht in der Lage sein, etwas vorzulegen, weil
es nicht da ist. Das würde aber ja nichts da-
ran ändern, dass ich möglicherweise ver-
pflichtet bin, es vorzulegen.

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ja, das stimmt. Die Unter-
lagen, die per Definition vorgelegt werden
mussten: Ja, da gab es keine genaue Liste,
welche Dokumente genau vorgelegt werden
mussten. Alles, was das Programmteam
liefern konnte in Zusammenarbeit mit US Air
Force und WTD 61, das waren alle Zeich-
nungen - also, in elektronischer Form - und
alle Modifizierungen, die erforderlich waren
im Rahmen des TAA.

Diese gesamte Dokumentation wurde
vorgelegt. Aber diese neuen Änderungen,
die hier durchgeführt wurden und wo sich
WTD 61 auch viel Arbeit gemacht hat: Da
kamen viele Dokumente ins Spiel, die nicht
verfügbar waren, die nicht existierten; die
weder existierten für die amerikanische, für
die Air-Force-Zulassung, und die es folglich
auch nicht gab für die deutsche Zulassung.

Aber in diesem Rahmen hat das Team
sich immer wieder die Frage gestellt: Brau-
chen sie die Dokumente für jedes einzelne
Bauteil? Und da kann ich Ihnen die Details
jetzt im Moment nicht liefern.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Es geht uns nicht um nachträgliche Ände-
rungen, sondern es geht um das, was zu
Beginn vertraglich zwischen WTD 61 und
Ihnen vereinbart war. Und jetzt sind wir ja
zweifelsohne uns einig, dass es offensichtlich
Dokumente gibt, die nicht vorliegen - warum
auch immer -, die WTD 61 braucht und die,
wenn wir eine Musterzulassung für den Euro
Hawk jetzt noch bewirken möchten, zusätz-
lich noch mal erstellt werden müssen.

Und das ist doch offensichtlich der Be-
trag, der hier ständig genannt wird: Wie viel
Geld ist notwendig, um diese fehlenden Do-
kumente für die Musterzulassung zu erstel-
len? Da sagen Sie: 190. - Die anderen sa-
gen: 600. - Das verstehe ich doch richtig:
Das sind die Kosten, die entstehen dadurch,
dass man Nachweise erbringen muss, die
man neu herstellen muss, die bei Ihnen nicht
vorliegen, richtig?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ich kann nicht sagen, dass die

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 789 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 93
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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160 bis 193 genau all die Details der Doku-
mente, die nicht verfügbar waren, abdecken.
Das kann ich nicht machen. Das Team, das
diese Zahlen, 160 bis 193 Millionen, er-
arbeitet hat auf der Grundlage eines Kon-
senses, dass dies ein gehbarer Weg für die
Zukunft ist, ein prinzipiell gehbarer Weg ist - -
Das bedeutet, dass es eine Lösung gibt, die
sie erarbeitet haben, bei der es vielleicht
nicht alle Dokumente erfordert - - und dass
man vielleicht die Dokumentation auch an-
derweitig bekommen kann. Vielleicht ist das
die Interpretation. Aber ob die 160 bis
193 Millionen alle fehlenden Dokumente ab-
decken oder nicht, das kann ich hier nicht
komplett bestätigen, da ich hier nicht den
gesamten Einblick in die Details habe.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Aber das müsste ja im Prinzip so sein, wenn
Sinn der Sache sein soll, dass man nachher
WTD 61 dazu bekommt, die Musterzulas-
sung zu erteilen, richtig?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Das stimmt. Und WTD 61 hat
die Anforderungen, und sie haben die Mög-
lichkeit, die Anforderungen so zu interpretie-
ren, dass es akzeptierbar ist für sie, auch
wenn sie diese Dokumente nicht haben. Und
das ist der Ansatz, der erreicht werden kann
hinsichtlich der Zulassung.

Man kann die Sicherheitsfaktorenanalyse
und die Risikenanalyse durchführen, und
wenn WTD 61 die Entscheidung trifft, diesen
Weg nicht einzuschlagen, dann ist das eine
Auslegung der Anforderungen, für die sie
sich entscheiden. Und ich habe keinen Ein-
blick in die Methoden, die von WTD 61 an-
gewandt werden hinsichtlich der Frage, was
eine endgültige Entscheidung ihrerseits be-
einflusst.

Aber bezüglich dieses Vorschlags - 160
bis 193 Millionen -, den wir gemacht haben:
Das entstand auf der Grundlage unserer
Lösung, die wir gefunden haben, die Teile
aus Block 40 und Triton und anderen techni-
schen Anpassungen des Flugzeugs, ohne
gleichzeitig die Missionseffektivität zu be-
treffen - - entstanden ist, die ein gehbarer
Weg für die Zukunft ist. Aber es gab da keine
weiteren Gespräche darüber.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So, jetzt muss ich wieder die anderen Frak-
tionen fragen. CDU/CSU? - Nein. SPD? -

Nein. FDP? - Nein. Linke? - Nein. Dann Frau
Kollegin Keul.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, dann möchte ich noch mal einen letzten
Vorhalt machen. Wenn Sie auf dem Doku-
ment, was Ihnen jetzt vorliegt, Seite 11 auf-
schlagen.

(Der Zeuge und sein Rechtsbei-
stand blättern in Unterlagen)

Da steht ganz oben das, was auch bisher
unter allen Zeugen bislang unstreitig war,
nämlich dass man vereinbart hatte, dass auf
der Grundlage dieses Musterprüfrahmenpro-
gramms durch die Industrie dann ein kon-
kretes Musterprogramm erstellt werden soll,
mit dem Sie dann nachweisen sollten, wie
Sie die Erfordernisse erfüllen. Und bislang ist
auch unstreitig, dass ein solches Prüfpro-
gramm vonseiten der Industrie bis zum heu-
tigen Tage nicht vorgelegt worden ist. Kön-
nen Sie uns noch mal erklären, warum man
das nicht vorgelegt hat?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ich glaube nicht, dass die In-
dustrie diese Dokumente nicht vorgelegt hat.
In den Anforderungen, die hier niederge-
schrieben sind - - denken Sie an das 30-Mil-
lionen-Delta in dem Vertrag, EMI-Tests, die
Überprüfung aller Qualifikationen, die physi-
schen Überprüfungen.

Sehr viele dieser Punkte wurden erfolg-
reich erreicht. Die physische Überprüfung
aller Zeichnungen, der Komponenten und
Subkomponenten, die von WTD zur Ver-
fügung gestellt wurden - das setzt doch einen
Rahmen, innerhalb dessen es klar war, dass
wir in diesem maßgeschneiderten Ansatz für
Block 20 - wenn wir diese Dokumente ha-
ben - sie auch WTD 61 zur Verfügung stel-
len.

Wenn wir sie für gewisse Komponenten
nicht zur Verfügung gestellt bekommen ha-
ben, dann können wir sie auch selbst nicht
zur Verfügung stellen. Ich denke, das ist sehr
einfach verstehbar im Rahmen dieses Joint
Ventures und NGISSII und des Vertrags, den
wir für einen Festpreis geschlossen haben,
um die Zulassung zu erreichen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also, Ihre Antwort bezog sich auf einzelne
Nachweise. Ich denke, es ist deutlich, dass
hier von einem umfassenden Prüfprogramm -
Überblick mit Zeitplan usw. - - vereinbart

Drucksache 17/14650 – 790 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 94
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

worden ist, wo unsere bisherigen Zeugen
gesagt haben, dass der nicht vorlag.

Aber ich möchte dann vielleicht noch ab-
schließend eine Frage - und dann gebe ich
weiter an den Kollegen Nouripour - - Ist
Ihnen eigentlich bekannt, dass Ihr Ge-
schäftspartner, die Firma EADS - bzw. Cas-
sidian in diesem Fall -, selbst an einer alter-
nativen Plattform, an der Entwicklung einer
alternativen Plattform arbeitet? Und haben
Sie jemals darüber nachgedacht, ob das im
Rahmen Ihrer Zusammenarbeit einen Inte-
ressenkonflikt darstellen könnte?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Nun, für Cassidian und die
Muttergesellschaft EADS denke ich: Natür-
lich suchen sie alle Lösungen für zukünftige
Wachstumsmöglichkeiten, um die Anforde-
rungen des Verteidigungsministeriums zu
erfüllen, so wie ich das auch machen würde.

Aber ich würde Sie daran erinnern - so
wie ich Sie alle daran erinnere -: Wir haben
ein gemeinsames starkes Team. Das ist ein
Joint Venture, und das Joint Venture bindet
uns an die Entwicklung dieser Mission, näm-
lich die Lösung für Euro Hawk. Und da sind
wir gemeinsam gebunden. Wenn Sie andere
Alternativen verfolgen, dann wäre ich als
Unternehmen nicht überrascht, dass Sie dies
tun, nein.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege Lindner.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Vielen Dank, Frau Vorsitzende. -
Ich möchte noch mal zur Zulassung von
NATO AGS Global Hawk fragen. Sind Ihnen
irgendwelche Vorkommnisse bekannt, dass
es im Rahmen der Zulassung durch italieni-
sche Behörden hier Probleme mit der Doku-
mentation, die durch Northrop Grumman
bereitgestellt werden soll, gibt?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ich habe davon gehört, zwar
nicht formell. NAGSMA, mein Kunde, ist mit
unserer Leistung sehr zufrieden und mit den
Dokumentationen, die wir zur Verfügung
stellen. Und wir gehen hier durch die Pla-
nung und die Entwicklung der Anforderungen
auf partnerschaftlicher Ebene. Und es wird
gesagt, dass wir sehr viele Dokumente ha-
ben, die hin und her geschickt werden, so-
dass sie auch von den italienischen Behör-
den überprüft werden können.

Einige sind Entwürfe, und die System-De-
sign-Überprüfung wird danach noch einmal
überprüft. Das sind kritische Meilensteine,
die wir jetzt noch nicht erreicht haben. Also,
es gibt sehr viele Gespräche von NAGSMA
zu uns, bis zum italienischen Verteidigungs-
ministerium - - die italienischen Behörden.
Das ist Work in Progress, das führt dann am
Schluss zur letztendlichen Zulassung.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Dann würde ich dem Zeugen
gerne einen Vorhalt machen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Wenn wir die MAT-Nummer bekommen.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Die MAT-Nummer bekommen
Sie selbstverständlich; das ist MAT 73, Ord-
ner 17.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ist das eingestuft?

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das ist VS-NfD; also, ich gehe
davon aus, dass wir daraus zitieren können.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Wenn keine Vertragsdetails verletzt werden.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Nein, es handelt es sich um ein
Dokument aus dem Geschäftsbereich des
BMVg. Und ich würde dem Zeugen daraus
gerne einen Absatz vorhalten. Der ist in
deutscher Sprache verfasst. Da ich nur eine
Kopie habe, werde ich den Absatz jetzt ver-
lesen, damit er übersetzt werden kann, und
ihm dann das Dokument übergeben.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Sehr gut.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Und zwar befindet er sich dann
auf der Seite 28.* Ich lese vor:

Aus italienischer Sicht ist derzeit
kein Hindernisgrund für die Ertei-
lung einer Zulassung erkennbar,
auch wenn die Verhandlungen mit

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-73 BMVg zu BB 17-48,
Ordner 7, StS Wolf, Blatt 521 und 522.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 791 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 95
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

dem Hersteller Northrop Grumman
über Art und Umfang der zur Ver-
fügung gestellten Dokumentation
schwierig seien. So mussten die
überlassenen Dokumente zur Zu-
lassung Anfang 2013 komplett an
Northrop Grumman zur Überarbei-
tung zurückgesandt werden. ITA
hat sich im BoD Treffen vom 21.
März 2013 über die Qualität der
Dokumentation und die Transpa-
renz der zur Verfügung gestellten
Information beschwert.

Zitat Ende.
Ich denke, jetzt warten wir ganz kurz,

dass der Zeuge auch das Dokument in
Augenschein nehmen kann, wenn er möchte.

(Dem Zeugen wird ein Dokument
vorgelegt - Der Zeuge und sein
Rechtsbeistand lesen in dem
Dokument)

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ja, wenn es auf Deutsch ist, nützt es ihm ja
nichts.

(Heiterkeit)

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Er hat ja einen Rechtsbeistand
dabei. Ich kann das ja nicht ausschließen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Der Rechtsbeistand darf mit beraten. - Jetzt
stellen Sie Ihre Fragen.

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Nun, meine Antwort darauf ist:
Wir befinden uns in der frühen Stufe des
Designs. Wir haben also die Konfiguration
des NATO AGS. Das erfordert eine Entwick-
lung, bei der es immer hin und her geht in
der Designphase. Das durchlaufen wir ge-
rade, die System Design Review - System-
Design-Überprüfung. Dann folgt die Critical
Design Review und dann die letzte Design
Review. Das ist ein Prozess, den wir bei der
Entwicklung der technischen Anforderungen
durchlaufen.

Und: Wer hat das zitiert? Woher stammt
das? - Das weiß ich nicht, da habe ich keine
weiteren Einblicke. Ich kann Ihnen nur durch
meinen Kunden NAGSMA sagen, dass wir
ihnen alle Dokumente zur Verfügung stellen.
Alle meine Dokumente gehen an NAGSMA,
und NAGSMA liefert sie dann an die italieni-
schen Behörden. Das ist der Weg, den es
geht. Und ich stelle die Daten durch

NAGSMA an die italienischen Behörden zur
Verfügung.

Ist dies ein Prozess, der sich nicht unter-
scheidet von einem Design-Ingenieur, der
sich auf persönlicher Ebene mit jemandem
zusammensetzt und die Entwicklung hin und
her gibt. Genau so läuft das. Ich habe dieses
Zitat gesehen; ich weiß nicht, von wem es
kommt. Wenn ich das jetzt von den
NAGSMA-Kunden bekommen hätte, dann
müsste ich mich damit auseinandersetzen,
aber das kommt von den italienischen Be-
hörden, aus einem deutschen Bericht. Da
weiß man ja nicht mehr, ob es stimmt. Ich
weiß es nicht.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das kommt aus dem Bundes-
ministerium der Verteidigung, aus der Abtei-
lung Politik, der ich gewöhnlich doch ein ge-
wisses Vertrauen schenke. Die Frage, die ich
dazu stellen wollte, ist die, ob Sie die Doku-
mentationsprobleme beim NATO AGS als
ähnlich beschreiben würden zu den Doku-
mentationsproblemen bei Euro Hawk. Also,
haben wir es da mit einem ähnlichen Pro-
blem zu tun, oder würden Sie sagen: „Das
sind grundverschiedene Probleme, die wir
hier im Bereich Dokumentation sehen“?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Ich würde sie nicht als gleich
bewerten. Euro Hawk ist eine Reise, die
schon sehr, sehr viele Jahre dauert. Es ist
ein neuer Vertrag, den wir mit NAGSMA ha-
ben und den italienischen Behörden. Und als
solche, wenn es eine Kommunikation gibt,
die hier Sorgen bereitet, dann läuft dies spe-
zifisch von NAGSMA zu uns. Und wir wissen
ja, dass wir diese Systemdesign-Reviews
durchlaufen müssen, um die spezifischen
Anforderungen des NATO AGS zu erfüllen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ja, ich muss jetzt wieder fragen: CDU/
CSU? - Nein. SPD? - Nein. FDP? - Nein.
Linke? - Nein. Dann Kollege Nouripour.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Die Auswertung der Erprobung,
ist Ihr Unternehmen daran beteiligt? - Die
Frage war: Es gibt ja diese Erprobungsflüge
zurzeit mit dem Full Scale Demonstrator, und
dort gibt es ja Daten, die erhoben werden,
und sie werden ausgewertet. Und die Frage
ist, ob Northrop Grumman daran beteiligt ist,
diese auszuwerten.

Drucksache 17/14650 – 792 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 96
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Northrop Grumman beteiligt
sich an der Auswertung der Daten des Green
Airplane, aber nicht bei ISS-Payload und
ISIS. Das ist nur für deutsche Augen sozu-
sagen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Es gab Berichterstattungen, die
dargelegt haben, dass die Daten für die
Steuerung des Fluggerätes und aus der Auf-
klärung gemeinsam verschlüsselt an die
Bodenstation gesendet werden und erst dort
wieder entschlüsselt werden. Es gibt also
eine Sendeverbindung zu der Drohne.
Stimmt das?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Nein, es gibt mehrere Sende-
verbindungen: Satellitenkommunikation, di-
rekte Verbindungen, UHF.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ja, aber wohin werden sie denn
übermittelt?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Wohin wird das übermittelt, da
bin ich mir nicht ganz sicher, was Sie mit der
Frage meinen. Vom Mission-Control-Element
zu den Operateuren, zu den VHF-Kontrollen,
zu der VHF-Steuerung und dann die Flug-
sicherung. Die Flugsicherung kommuniziert
auch über das Fluggerät. Also, es gibt meh-
rere Kommunikationsmöglichkeiten; also, es
ist nicht nur eine Kommunikationslinie, eine
multiple Kommunikationslinie.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das heißt, Sie sagen, dass die
Codierung völlig unterschiedlich ist, dass die
Lines of Communication quasi völlig unter-
schiedlich sind, dass das Steuerungs- und
Aufklärungssystem komplett getrennt sind
voneinander. Habe ich Sie richtig verstan-
den?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Es gibt multiple Satelliten-
kommunikationssysteme: SATCOM,
INMARSAT - -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ja, gut, aber Sie reden, Sie spre-
chen ja, wenn ich Sie unterbrechen - -

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege Nouripour, die Übersetzer müs-
sen übersetzen. Wenn Sie immer ins Wort
fallen, dann geht das nicht. Sie müssen ihn
erst ausreden lassen - -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Frau Vorsitzende, wenn Sie mir
immer ins Wort fallen, ist es dasselbe. Die
müssen es, glaube ich, auch - -

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege Nouripour, ich sage es Ihnen
jetzt noch mal: Die Übersetzer müssen es
übersetzen können.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Finde ich fair.

(Lachen bei der CDU/CSU)

Das, was Sie sagen, sind ja die verschie-
denen Optionen der Kommunikation. Meine
Frage war: Gerade jetzt bei den Erprobungs-
flügen gibt es dort mehrere völlig voneinan-
der getrennte Kommunikationswege bei der
Steuerung der Drohne auf der einen Seite
und den erzielten Aufklärungsergebnissen
auf der anderen Seite, bei der Codierung, bei
den Kommunikationslinien?

Zeuge Janis G. Pamiljans (Simultan-
übersetzung): Worüber ich sprechen kann,
ist die Command Control, die Kommunika-
tionslinie von der Bodenstation zum Euro
Hawk so, wie ein Pilot dies machen würde,
oder die sehr eng kontrollierten Kommunika-
tionssysteme, und die Flugsicherung hat
Einblick in diese Kommunikationen; denn die
Flugsicherung kommuniziert ja auch mit dem
Piloten. Was ISIS hier anbelangt, da habe ich
keinen Einblick; das ist ein anderes System,
das nur den Deutschen offen ist.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Die Presseberichte, die ich ge-
rade zitiert habe, berufen sich auf ein Füh-
rungs-, Unterstützungskonzept der Luftwaffe
von Juni 2012. - Ich habe keine weiteren
Fragen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Noch weitere Fragen von den Grünen? - Das
ist nicht der Fall.

Herr Pamiljans, wir sind am Ende unserer
Zeugenbefragung. Ich darf Sie nochmals
darauf hinweisen, dass Ihnen nach Fertigung

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 793 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 97
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

des Protokolls dieses für mögliche Korrek-
turen vom Sekretariat übersandt wird.

Zuletzt erinnere ich Sie daran, dass nach
§ 26 Abs. 2 PUAG der Untersuchungsaus-
schuss durch Beschluss feststellt, dass die
Vernehmung des Zeugen abgeschlossen ist.
Die Entscheidung darf erst ergehen, wenn
nach Zustellung des Vernehmungsprotokolls
zwei Wochen verstrichen sind oder auf Ein-
haltung dieser Frist verzichtet worden ist.

Herr Pamiljans, ich bedanke mich für Ihr
Kommen und wünsche Ihnen alles Gute und
einen guten Nachhauseweg.

Ich bedanke mich auch bei unseren bei-
den Dolmetschern. Herzlichen Dank!

Wir machen jetzt eine Pause von einer
Viertelstunde.

(Unterbrechung von
15.50 bis 16.11 Uhr)

Drucksache 17/14650 – 794 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 98
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Sehr geehrter Herr Staatssekretär, ich be-
grüße Sie sehr herzlich im Namen des
Untersuchungsausschusses und setze die
unterbrochene Sitzung fort.

Wir kommen nun zur Vernehmung des
Zeugen Staatssekretär im Bundesministe-
rium der Finanzen Werner Gatzer.

Vernehmung des Zeugen
Werner Gatzer

Herr Staatssekretär, ich weise Sie darauf
hin, dass die Sitzung aufgezeichnet wird.
Dies dient ausschließlich dem Zweck, die
stenografische Aufzeichnung der Sitzung zu
erleichtern. Die Aufnahme wird später ge-
löscht. Das Protokoll dieser Vernehmung
wird Ihnen nach Fertigstellung zugestellt. Sie
haben anschließend die Möglichkeit, Kor-
rekturen und Ergänzungen vorzunehmen.

Herr Staatssekretär, Sie sind mit Schrei-
ben vom 28. Juni 2013 geladen worden. Das
Beweisthema ist Ihnen mit dem Untersu-
chungsauftrag und dem Beweisbeschluss
zugegangen. Der Beweisbeschluss ist Ihnen
und den Mitgliedern bekannt. Auf eine Ver-
lesung kann daher verzichtet werden.

Die erforderliche Aussagegenehmigung
liegt den Ausschussmitgliedern als Tisch-
vorlage vor.

Herr Staatssekretär, nach den Vorschrif-
ten der Strafprozessordnung, die im Unter-
suchungsverfahren sinngemäß Anwendung
finden, und den Vorschriften des Gesetzes
zur Regelung des Rechts der Untersu-
chungsausschüsse des Deutschen Bundes-
tages - im Folgenden verwende ich die Ab-
kürzung PUAG - muss ich Sie zunächst be-
lehren.

Sie sind als Zeuge verpflichtet, die Wahr-
heit zu sagen. Ihre Aussagen müssen daher
richtig und vollständig sein. Sie dürfen nichts
weglassen, was zur Sache gehört, und nichts
hinzufügen, was der Wahrheit widerspricht.

Ich habe Sie außerdem auf die möglichen
strafrechtlichen Folgen eines Verstoßes
gegen die Wahrheitspflicht hinzuweisen.
Danach kann derjenige, der vor dem Unter-
suchungsausschuss uneidlich falsch aus-
sagt, gemäß § 153 des Strafgesetzbuches
mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu
fünf Jahren bestraft werden.

Nach § 22 PUAG können Sie die Aus-
kunft auf solche Fragen verweigern, deren
Beantwortung Sie selbst oder Personen, die

im Sinne des § 52 Abs. 1 der Strafprozess-
ordnung Ihre Angehörigen sind, in die Gefahr
bringen würde, einer Untersuchung nach
einem gesetzlich geordneten Verfahren aus-
gesetzt zu werden.

Sollten Teile Ihrer Aussage aus Gründen
des Schutzes von Dienst-, Privat- oder Ge-
schäftsgeheimnissen nur in einer nach der
Geheimschutzordnung des Deutschen Bun-
destages eingestuften Sitzung möglich sein,
bitte ich Sie um einen Hinweis, damit eine
entsprechende Einstufung erfolgen kann.

Nachdem ich Ihnen den Gegenstand der
Vernehmung erläutert, Sie zur Wahrheit er-
mahnt und belehrt habe, komme ich nun zur
Vernehmung zur Person. Herr Staatssekre-
tär, bitte nennen Sie uns Ihren Namen, Ihren
Familienstand und Ihren Wohnort.

Zeuge Werner Gatzer: Ja, mein Name ist
Werner Gatzer, 54 Jahre, verheiratet, und ich
wohne in Teltow.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich komme nun zur Vernehmung zur Sa-
che. - Herr Staatssekretär, zunächst gebe ich
Ihnen die Gelegenheit, dem Ausschuss das
im Zusammenhang darzulegen, was Ihnen
von dem Gegenstand der Vernehmung be-
kannt ist. Anschließend erhalten die Mitglie-
der des Ausschusses in einer festgelegten
Reihenfolge das Wort.

Sollten Teile Ihrer Aussage aus Gründen
des Schutzes von Dienstgeheimnissen nur in
einer höher eingestuften Sitzung möglich
sein, bitte ich Sie erneut um einen Hinweis,
damit eine entsprechende Einstufung erfol-
gen kann.

Herr Staatssekretär, bitte schön, Sie ha-
ben das Wort.

Zeuge Werner Gatzer: Vielen Dank, Frau
Vorsitzende. - Ja, ich würde auch gerne kurz
ein paar Sätze hier anmerken, allgemein zu
dem Untersuchungsgegenstand und insbe-
sondere zur Stellung des Bundesministe-
riums der Finanzen bei den Fragen, die hier
anstehen, und insbesondere auch, was
meine Beteiligung bei diesen Fragen oder bei
diesem Untersuchungsgegenstand anbe-
langt.

Ich bin seit Ende 2005 Staatssekretär im
Bundesministerium der Finanzen, dort unter
anderem zuständig für den Bundeshaushalt
und, da der Untersuchungsgegenstand sich
ja auch im Haushalt niederschlägt, insofern
dann auch zumindest abstrakt mit der einen

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 795 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 99
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

oder anderen Veranschlagung im Haushalt
da befasst.

Lassen Sie mich vorwegschicken, dass
der Gegenstand, der hier im Untersuchungs-
ausschuss behandelt wird, eigentlich, nein,
nicht eigentlich, sondern nahezu ausschließ-
lich, in die Zuständigkeit des Bundesministe-
riums der Verteidigung fällt. Das Bundes-
ministerium der Verteidigung hat hier die
Ressorthoheit und ist damit auch allein ver-
antwortlich für die Fragen und für die Pro-
bleme, die sich in diesem Zusammenhang
stellen.

Das BMF ist aber nicht völlig außen vor,
sondern ist im Zusammenhang mit den so-
genannten 25-Mio.-Vorlagen zu beteiligen.
Das sind - da komme ich gleich noch drauf
zu sprechen - Vorlagen an den Haushalts-
ausschuss, die ein Spezifikum des Einzel-
plans 14 sind, die wir nicht bei den anderen
Einzelplänen haben. Das geht zurück auf
einen Beschluss des Haushaltsausschusses
aus Anfang der 80er-Jahre, in dem der
Haushaltsausschuss beschlossen hat, dass
Beschaffungen, Beschaffungsvorhaben, die
größer als 50 Millionen D-Mark damals,
heute 25 Millionen Euro, sind, dem Haus-
haltsausschuss vorher zuzuleiten sind.

Dies geschieht über das Bundesministe-
rium der Finanzen durch eine Haushaltsaus-
schussvorlage. Dies geschieht so, dass das
Bundesministerium der Verteidigung den
Sachverhalt aufbereitet, alle für die Entschei-
dung des Haushaltsausschusses relevanten
Tatbestände in einem Bericht aufbereitet,
dass das Bundesministerium der Verteidi-
gung die notwendigen Anlagen zufügt, damit
das BMF, aber auch und insbesondere der
Haushaltsausschuss sich ein abschließen-
den Bild über dieses Beschaffungsvorhaben
machen kann. Dies geschieht, wie gesagt,
über das Bundesministerium der Finanzen.
In der Regel wird dies durch eine Vorlage
des zuständigen Parlamentarischen Staats-
sekretärs dem Haushaltsausschuss zugelei-
tet.

Darüber hinaus ist das Bundesministe-
rium der Finanzen bei Beschaffungsvorha-
ben vergleichbar der vorliegenden Art auch
im Rahmen der Haushaltsaufstellung betei-
ligt; das ist ganz klar. Wenn Mittel beantragt
werden für Beschaffungsvorhaben, ist das
Bundesministerium der Finanzen im Haus-
haltsaufstellungsprozess natürlich Beteiligter.
Dies bedeutet aber nicht, dass der Staats-
sekretär, der für den Bundeshaushalt zu-
ständig ist, zwangsläufig bei allen diesen

Fragen immer einzubeziehen ist. In der Re-
gel geschieht dies auf der Arbeitsebene, also
sprich auf Referatsebene, und wird dort auch
abschließend behandelt. Der Staatssekretär
wird eigentlich in der Regel nicht damit be-
schäftigt.

In dem folgenden Fall oder bzw. in dem
Untersuchungsgegenstand, der jetzt hier
ansteht, also den Fragen im Zusammenhang
mit dem Euro Hawk, gab es drei 25-Millio-
nen-Euro-Vorlagen, die über das Bundes-
ministerium der Finanzen dem Haushalts-
ausschuss zugeleitet worden sind.

Die erste Vorlage von Ende 2006 war, wie
von mir schon gesagt, vorbereitet worden
von dem zuständigen Ressort, dem Bun-
desministerium der Verteidigung, und ist dem
Bundesministerium der Finanzen mit den
notwendigen Berichten, mit den notwendigen
Unterlagen zugesendet worden. Es gab dann
noch hinsichtlich einzelner Punkte Fragen
seitens des Bundesministeriums der Finan-
zen, die sich hauptsächlich - das liegt in der
Natur der Sache - auf die finanzpolitischen
Fragen beschränken. Also: Ist das Projekt
ausreichend im Haushaltsplan, in der Fi-
nanzplanung berücksichtigt? Gibt es den
einen oder anderen Punkt, der hier noch
nicht schlüssig ist, weil sich die Prüfung im
Bundesministerium der Finanzen begrenzt
auf eine Plausibilitätsprüfung, auf eine
Schlüssigkeitsprüfung? Das heißt: Geben die
Unterlagen, gibt der Sachvortrag des zustän-
digen Ressorts, hier des Bundesministeriums
der Verteidigung, das wieder, was dann für
die Beschlussfassung durch den Haushalts-
ausschuss auch notwendig ist?

Es gab seinerzeit einige Fragestellungen.
Zum Beispiel war ein wichtiger Punkt, der
zwischen dem Bundesministerium der Finan-
zen und der Verteidigung diskutiert wurde,
die Frage: Wie ist jetzt in dem Vertrag mit der
anstehenden Mehrwertsteuererhöhung um-
gegangen worden? Sie wissen, 2007 gab es
die Mehrwertsteuererhöhung von 16 auf
19 Prozent. Wie ist dies dort berücksichtigt?
Es gab auch zu anderen Punkten Fragen
seitens des Bundesministeriums der Finan-
zen, die vom Bundesministerium der Vertei-
digung auch zufriedenstellend beantwortet
wurden laut der Aktenlage. Demzufolge
konnte die Vorlage dann auch von mir ge-
zeichnet - weil der damals zuständige Parla-
mentarische Staatssekretär Diller außer
Haus war, wurde sie am 22. Dezember 2006
von mir abschließend gezeichnet - und dann
dem Haushaltsausschuss auch vorgelegt

Drucksache 17/14650 – 796 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 100
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

werden mit der Bitte um Behandlung im
Haushaltsausschuss.

Eine zweite 25-Mio.-Vorlage gab es 2009,
die sich mit Erhöhungen beschäftigt hatte zu
diesem Zeitpunkt. Auch die wurde dem
Haushaltsausschuss damals von dem Par-
lamentarischen Staatssekretär Diller vorge-
legt. Es gab da keine größeren Nachfragen
seitens des Bundesministeriums der Finan-
zen. Und eine dritte 25-Millionen-Vorlage gab
es in 2011, vom damaligen und auch heute
noch im Amt befindlichen Parlamentarischen
Staatssekretär Steffen Kampeter dem Haus-
haltsausschuss unterbreitet.

Diese Vorlagen - die zweite von 2009
hatte, wie gesagt, Erhöhungen bei den not-
wendigen Haushaltsmitteln zum Inhalt, die
dritte Vorlage hatte das Ziehen einer Option,
die im Vertrag angelegt war - - Auch dieses
wurde dann dem Haushaltsausschuss mit-
geteilt.

Was meine Person anbelangt: Wie ge-
sagt, ich hatte die erste Vorlage 2006 ab-
schließend gezeichnet und dem Haushalts-
ausschuss zugeleitet. Eine der wichtigen
Fragen, die in diesem Zusammenhang hier
ansteht, ist ja die Frage der Zulassungs-
problematik, inwieweit diese Zulassungs-
problematik bekannt gewesen ist. Im Bun-
desministerium der Finanzen kann ich dafür
sagen - zunächst mal, was meine Person
anbelangt -, dass ich von der Zulassungs-
problematik erstmalig in diesem Jahr erfah-
ren habe. Im Zusammenhang mit der Haus-
haltsausschussvorlage von Ende 2006 ist
dies nicht an mich herangetragen worden.

An das Bundesministerium der Finanzen
insgesamt, also die Arbeitsebene, ist es in-
sofern als Thema bekannt geworden, weil,
um eine notwendige Entsperrung nach der
Haushaltsordnung einzuleiten, das Bundes-
ministerium der Finanzen ein sogenanntes
Phasendokument vom Bundesministerium
der Verteidigung erbeten hatte, ein Phasen-
dokument, was aus dem Jahr 2004 schon
vorlag, was aber in 2006 aktualisiert werden
sollte. Dort ist in diesem Phasendokument,
das sich letztendlich mit dem Beschaffungs-
vorhaben im Detail auseinandersetzt, nieder-
gelegt und auf Arbeitsebene im Bundes-
ministerium der Finanzen bekannt geworden,
dass hier ein Risiko, ein beherrschbares
Risiko bestünde.

Bei den Vorlagen in 2009 und 2011 war
dieses kein Thema mehr auf Leitungsebene,
also weder die Vorlagen, die über meinen
Tisch gegangen sind, noch die Vorlagen, die

ich dann - die 2009er-Vorlage habe ich nicht
gesehen; da war ich außer Haus - - war das
kein Thema auf Leitungsebene.

Im Zusammenhang mit der Aufstellung
des Bundeshaushalts ist mir jedenfalls nicht
bekannt, dass die Frage der Zulassungs-
problematik ein Thema gewesen war. Auch
im Rahmen der Haushaltsaufstellung, wie
von mir gesagt, werden nicht alle Einzel-
punkte, jede einzelne Beschaffungsmaß-
nahme, noch mal im Detail erörtert, sondern
im normalen Aufstellungsprozess werden
allenfalls streitbefindliche Gegenstände an
die Leitung herangetragen - oder eben von
grundsätzlicher und finanziell größerer Be-
deutung.

Ja, das wäre es von mir erst mal zum
Einstieg. Danke.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön, Herr Staatssekretär. - Wir ma-
chen die Zeugenvernehmung nach einem
gewissen Zeitbudget. Das ist die Berliner
Runde. Da haben die CDU/CSU 23 Minuten,
die SPD 14, die FDP 9, die Linke und Bünd-
nis 90/Die Grünen 7 Minuten.

Ich gebe das Wort dem Kollegen Grübel
von der CDU/CSU-Fraktion.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wird unter-
schieden bei solchen Vorlagen zwischen
Beschaffungsvorhaben, also wenn Dinge von
der Stange gekauft werden, und sogenann-
ten Entwicklungsverträgen wie hier, die über
eine sehr lange Laufzeit gehen?

Zeuge Werner Gatzer: Nein. Meines
Wissens wird da nicht unterschieden, son-
dern wenn die 25-Mio.-Grenze überschritten
wird, dann ist es so Usus bzw. seit Anfang
der 80er-Jahre so üblich, dass man dem
Haushaltsausschuss Änderungen in der
Größenordnung jedenfalls vorträgt.

Markus Grübel (CDU/CSU): Habe ich
Sie richtig verstanden, dass - der Parlamen-
tarische Staatssekretär zeichnet die Vorlage,
und sie kommt wahrscheinlich von einem
Abteilungsleiter zum Parlamentarischen
Staatssekretär - der beamtete Staatssekretär
nicht grundsätzlich beteiligt wird?

Zeuge Werner Gatzer: Nein. Dann habe
ich mich unklar ausgedrückt. Also, sie läuft
immer über meinen Tisch zum Parlamenta-
rischen Staatssekretär. Nur, üblicherweise

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 797 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 101
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

werden die Vorlagen gezeichnet vom Parla-
mentarischen Staatssekretär an den Haus-
haltsausschuss bei uns in der Regel. Nur
wenn der verhindert ist, geschieht dies durch
den beamteten Staatssekretär.

Markus Grübel (CDU/CSU): Also, Sie
machen den roten Strich?

Zeuge Werner Gatzer: Ja. Ich lese die
Vorlage. Ich hake sie ab, wenn ich damit
einverstanden bin, und gebe sie dem Parla-
mentarischen Staatssekretär weiter.

Markus Grübel (CDU/CSU): Geben Sie
die Informationen an den Finanzminister
weiter?

Zeuge Werner Gatzer: Nein.

Markus Grübel (CDU/CSU): Also, die
Leitungsebene des Finanzministeriums ist
insofern beteiligt, als der beamtete Staats-
sekretär liest, prüft, seinen roten Strich macht
und dem Parlamentarischen Staatssekretär
weiterreicht zur Vorlage an den Haushalts-
ausschuss?

Zeuge Werner Gatzer: Das ist in der Re-
gel so, ja. Natürlich sind Sachverhalte denk-
bar, wo man weiß, dass ein Minister even-
tuell angesprochen wird von seinem Kollegen
oder von seiner Kollegin aus dem Kabinett.
Dann könnte es geboten sein, dass man im
Vorfeld den Minister informiert. Aber hier in
diesem Fall ist dies nicht geschehen, weil,
wie von mir vorhin schon gesagt, an die Lei-
tung ja keinerlei Probleme herangetragen
wurden.

Markus Grübel (CDU/CSU): Stand die
Bundesregierung geschlossen hinter dem
Projekt Euro Hawk, oder gab es da kontro-
verse Diskussionen?

Zeuge Werner Gatzer: Mir ist nicht be-
kannt, dass es kontroverse Diskussionen
gegeben hat. Wie gesagt, das Bundes-
ministerium der Verteidigung ist allein ver-
antwortlich für die Maßnahme, wenn sie im
Haushalt dann mal veranschlagt ist. Und aus
dem Abstimmungsprozess zu den einzelnen
25-Mio.-Vorlagen kann ich den Unterlagen
entnehmen, dass es da jetzt nicht zu dem - -
dass es Nachfragen gab, weil eben die Plau-
sibilitätsprüfung, die wir im Bundesministe-

rium der Finanzen machen, noch die eine
oder andere Nachfrage mit sich gebracht hat,
aber keine kontroverse Auseinandersetzung
hinsichtlich dieses Projektes.

Markus Grübel (CDU/CSU): Gilt das so-
wohl für den Vertrag, der ja seinen Ursprung
in rot-grüner Zeit hat, aber letztendlich am
31. Januar 2007 unterschrieben wurde, als
auch für den dritten Änderungsvertrag, mit
dem dann ja noch mal eine größere Tranche
sozusagen fällig wurde oder neu vereinbart
wurde, rund 50 Millionen Euro? Beide waren
politisch in der Regierung unumstritten?

Zeuge Werner Gatzer: Also, ich habe je-
denfalls subjektiv keine Kenntnis darüber,
dass es umstritten gewesen ist zu irgend-
einem Zeitpunkt.

Markus Grübel (CDU/CSU): Hat der da-
mals amtierende Bundesfinanzminister, Peer
Steinbrück, irgendwelche Vorbehalte gehabt
gegen Drohnenbeschaffung und Drohnen-
entwicklung oder Ähnliches, oder war Ihnen
das bekannt?

Zeuge Werner Gatzer: Nein, das ist mir
nicht bekannt.

Markus Grübel (CDU/CSU): Also, die
Meinung, die er heute vorträgt, dass er
Drohnen für überflüssig hält in der Bundes-
wehr - -

Zeuge Werner Gatzer: Also, ich kann
mich nicht - - Also, jetzt aus der Erinnerung
heraus kann ich mich nicht erinnern, dass wir
seinerzeit die vorliegenden Beschaffungs-
vorhaben hier jetzt zu dem Thema, zu die-
sem Beschaffungsprojekt mit Herrn Stein-
brück diskutiert haben, weil gar keine Not-
wendigkeit bestand, sie mit ihm zu diskutie-
ren.

Markus Grübel (CDU/CSU): Also, Sie
haben es Ihrerseits nicht vorgelegt, weil Sie
nicht vermutet haben, dass der Finanz-
minister Probleme hat mit dieser Art der
Rüstungstechnologie?

Zeuge Werner Gatzer: Das Projekt war
ja beschlossen. Das Projekt war ja beschlos-
sen und war als Beschaffungsmaßnahme im
Haushalt veranschlagt. Es geht jetzt hier um
den Vollzug, um die Umsetzung, die das

Drucksache 17/14650 – 798 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 102
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Bundesministerium der Verteidigung in eige-
ner Zuständigkeit vorzunehmen hat. Und ein
beschlossenes Projekt, wie gesagt, liegt in
der Zuständigkeit des Ressorts. Das, was
das Bundesministerium der Finanzen prüft,
hatte ich vorhin geschildert: ob es mit dem
Haushalt in Einklang zu bringen ist, ob sons-
tige wesentliche Fragen beantwortet sind, die
für uns als Finanzministerium von Bedeutung
sind. Dies war hier meines Wissens - jeden-
falls habe ich keine anderen Anhaltspunkte
dafür - auch der Fall, sodass es also jetzt
nicht als ein außergewöhnliches Projekt aus
Sicht des Bundesministeriums der Finanzen
anzusehen war.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wenn man
das jetzt rückverlegt, wenn Sie sagen: „Das
war ja im Haushalt veranschlagt“: Als das im
Haushalt veranschlagt wurde, gab es da eine
politische Diskussion über das Projekt?

Zeuge Werner Gatzer: Ist mir persönlich
nicht bekannt.

Markus Grübel (CDU/CSU): Und - wir
hatten ja den Begriff „Holschuld“ - der Minis-
ter seinerseits hat nie geäußert: „Wenn da
was kommt zu Drohnen, dann möchte ich es
sehen“?

Zeuge Werner Gatzer: Das ist ja schon
eine Zeit her. Deswegen muss ich jetzt ziem-
lich tief hinten im Gedächtnis kramen. Also,
mir ist da nichts bekannt, dass er mal gesagt
hat: Wenn was zur Drohne kommt, bitte vor-
legen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wir haben in
dem Vertrag ja, wie wir jetzt deutlicher wis-
sen als früher, eine einseitige Risikovertei-
lung, was die Zulassungsproblematik angeht.
Das Risiko liegt beim Bund. Die Auftragneh-
mer mussten sich - in Anführungszeichen -
nur „bemühen“, die Zulassung zu erreichen;
aber wenn sie nicht erreicht wird, hat der
Bund sozusagen das Problem. Ist die Ver-
tragsgestaltung im Finanzministerium auf-
gefallen, und hätte das Finanzministerium
hier Anlass gehabt, nachzufragen beim Ver-
teidigungsministerium, ob dies nicht günsti-
ger für den Bund geht, indem das Risiko zum
Beispiel geteilt wird?

Zeuge Werner Gatzer: Auch da, muss
ich sagen, ist mir nicht bekannt, ob das auf

Arbeitsebene seinerzeit ein Thema gewesen
ist. Soweit ich aber informiert bin, ist ja die
Frage der Risikoverteilung im Augenblick
oder was jetzt die Zulassungsproblematik
anbelangt, auch Gegenstand der rechtlichen
Prüfung im Bundesministerium der Verteidi-
gung. Ich selber kann das nicht bewerten,
wie das im Vertrag jetzt angelegt ist, wer jetzt
welches Risiko zu tragen hat.

Markus Grübel (CDU/CSU): Die aktuelle
Prüfung sprechen Sie jetzt an?

Zeuge Werner Gatzer: Ja. Meines Wis-
sens wird ja im Verteidigungsministerium
gerade geprüft, welche rechtlichen Schluss-
folgerungen aus der Vertragsgestaltung zu
ziehen sind.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wird Ihnen
vor Vertragsabschluss für die 25-Mio.-Vor-
lage der Vertrag vorgelegt - oder der Ver-
tragsentwurf in dem Stadium?

Zeuge Werner Gatzer: Das kann sein,
das muss nicht sein. Diese Verträge haben
manchmal mehrere Tausend Seiten und
haben manchmal eine Vorlaufzeit, Verhand-
lungszeit von dem zuständigen Ressort - hier
BMVg - über Monate, wenn nicht sogar über
Jahre, bis die Verträge abgeschlossen wor-
den sind. Wir prüfen innerhalb von sieben bis
zehn Tagen, um es dann weiterzugeben. Wir
setzen darauf - und ich glaube, das ist auch
in Ordnung -, dass der zusammenfassende
Bericht des zuständigen Ressorts alles das
beinhaltet, was notwendig ist für die Ent-
scheidung.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Darf ich
weiterfragen?

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Selbstverständlich, Herr Kollege Silberhorn.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Vielen
Dank, Frau Vorsitzende. - Herr Staatssekre-
tär, Sie werden sicherlich viele Verträge aus
allen Ressorts vorgelegt bekommen. Spielen
denn allgemeine Vertragsgestaltungen in
Ihrer Plausibilitätsprüfung eine Rolle, also
beispielsweise die Frage, ob Gewährleis-
tungsklauseln oder Schadensersatzklauseln
in den Verträgen der Bundesregierung ent-
halten sind?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 799 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 103
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Zeuge Werner Gatzer: Ja, sie spielen
schon eine Rolle. Wie zum Beispiel, wenn
auf Vertragsstrafen oder dergleichen ver-
zichtet wird und dies von uns erkannt wird
oder durch den Vortrag des Ressorts ersicht-
lich ist, dann wird das auch schon hinterfragt.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Wir ha-
ben in diesem Untersuchungsausschuss
festgestellt, dass erst Bundesverteidigungs-
minister Jung darauf gedrängt hat - im Wege
der Änderung der Euro-Hawk-Verträge -,
Klauseln über Gewährleistungen und Scha-
densersatz einzufügen. Ist das seitens des
Bundesfinanzministeriums geprüft worden
auf Plausibilität hin? Ist es tatsächlich üblich,
dass die Bundesregierung Verträge ab-
schließt, ohne solche Klauseln einzufügen?
Ich kann mich erinnern, dass ich selbst bei
Einkäufen im Supermarkt Allgemeine Ge-
schäftsbedingungen auf der Rückseite eines
Kassenbons finde, in denen auch regelmäßig
Gewährleistungsvorschriften enthalten sind.

(Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Für eine halbe Milliarde
im Supermarkt einkaufen, nicht
schlecht!)

Zeuge Werner Gatzer: Ich kann jetzt nur
allgemein antworten. Ich kann Ihnen nicht
sagen, ob im konkreten Fall auf Arbeitsebene
in der Diskussion zwischen den Referatslei-
tern, zwischen den einzelnen Referaten der
beiden Ministerien, dort ein Austausch statt-
gefunden hat. Aus den Unterlagen, soweit
ich sie gesichtet habe, kann ich das nicht
entnehmen. Wobei ich noch mal betonen
möchte, dass die Vertragsgestaltung und
auch die - - Erstens handelt es sich hier jetzt
nicht, sagen wir mal, um - - Es handelt sich
um individuelle ausgehandelte Verträge,
soweit ich sehe, und dass die Vertrags-
gestaltung letztendlich vom Ressort in eige-
ner Verantwortung gemacht wird.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Worauf
bezieht sich denn genau die Plausibilitäts-
prüfung des Bundesfinanzministeriums?
Gehe ich recht in der Annahme, dass Sie die
rechnerische Richtigkeit der Vorlagen aus
dem federführenden Ressort prüfen? Und
Sie prüfen, wenn ich Sie richtig verstanden
habe, auch, ob die geplanten Ausgaben im
Haushalt darstellbar sind? Prüfen Sie auch
die wirtschaftliche Angemessenheit?

Zeuge Werner Gatzer: Die Plausibilitäts-
prüfung erstreckt sich darauf - zum einen
finanzpolitisch der Schwerpunkt, wie Sie
gesagt haben -: Ist das Projekt mit den fi-
nanzpolitischen Rahmenbedingungen, die
wir im Finanzplan oder im Bundeshaushalt
haben, in Einklang zu bringen? Sie erstreckt
sich - das muss ich jetzt wieder allgemein
sagen, weil ich nicht weiß, wie es hier im
konkreten Einzelfall gewesen ist - unter Um-
ständen auf Fragestellungen, die im Vorfeld
von Berichterstattern oder anderen geäußert
wurden, ob diese Fragestellungen abgehan-
delt werden. Sie erstreckt sich auch auf
Punkte, wie zum Beispiel von mir gesagt,
jetzt hier im konkreten Fall, Fragen - was wir
hier diskutiert haben, ich kann Ihnen hier
auch noch mal den Katalog kurz schildern -
im Zusammenhang mit der Umsatzsteuer,
mit der angedachten Umsatzsteuererhöhung.

(Der Zeuge blättert in seinen
Unterlagen)

Also hier in dem konkreten Fall waren es
einige Fragen, die von unserem Haus, von
meinem, vom Finanzministerium, an das
Ressort gerichtet wurden auf Arbeitsebene,
jetzt nicht von der Leitungsebene. Zum Bei-
spiel Fragen im Zusammenhang mit den
Einzelpreisen, Fragen im Zusammenhang
mit möglichen Vorauszahlungen, über die
kalkulatorische Verzinsung wurde dem Ver-
nehmen nach gesprochen, Umsatzsteuer
hatte ich gesagt, warum auf die Vertrags-
strafe verzichtet wurde. Das mal als wesent-
liche Punkte. Und hier, das ist aus Haus-
haltssicht ganz wichtig: wie die Deckung des
bereits zum Jahresbeginn 2007 erkennbaren
sogenannten Verpflichtungsüberhangs er-
folgt.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Sie ha-
ben vorhin ausgeführt, dass es hinsichtlich
des dritten Änderungsvertrages und der
zweiten 25-Millionen-Euro-Vorlage, die Sie
dazu im Jahr 2009 hatten, keine Nachfrage
seitens des BMF gab. Müssen wir daraus
schließen, dass dieser dritte Änderungsver-
trag aus Sicht des BMF als plausibel beurteilt
worden ist?

Zeuge Werner Gatzer: Einen Moment,
bitte.

(Der Zeuge blättert erneut in seinen
Unterlagen)

Drucksache 17/14650 – 800 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 104
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Mir ist jedenfalls nicht bekannt, dass eine
tiefere Diskussion zum dritten Änderungs-
antrag im Vorfeld der Zuleitung an den
Haushaltsausschuss stattgefunden hat. Da-
raus können Sie schließen, dass aus Sicht
des Bundesministeriums der Finanzen eine
Plausibilität vorlag hinsichtlich des Sachvor-
trags des Ministeriums.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Sind
Sie vorab eingebunden gewesen hinsichtlich
der Entscheidung, die Serie nicht zu be-
schaffen?

Zeuge Werner Gatzer: Also, ich als Per-
son nicht, und mir ist auch nicht bekannt,
dass das Bundesministerium der Finanzen
eingebunden war.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Findet
eine Schlüssigkeitsprüfung des Bundes-
finanzministeriums zu dieser Frage statt?
Oder anders gefragt: Gibt es eine Bewertung
des Bundesfinanzministeriums zu den ge-
schätzten Mehrkosten einer Musterzulassung
der Serie, die ja unterschiedlich beurteilt wird
von der Firma Northrop Grumman bzw. vom
Bundesamt für Ausrüstung der Bundeswehr?

Zeuge Werner Gatzer: Es gab im Zu-
sammenhang mit der zweiten 25-Mio.-Vor-
lage seitens des Bundesministeriums der
Finanzen zu der Zulassungsproblematik eine
Nachfrage insofern, ob schon abgeschätzt
werden könne, welche Kosten damit verbun-
den sein könnten. Dies ist vom Ressort - das
möchte ich noch mal zitieren; das war die
Vorlage im Mai 2009 - mit 9 Millionen Euro
beantwortet worden und dass es sich aber
hierbei um eine Schätzgröße handelt, die
preisrechtlich noch nicht fundiert sei.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Darf ich
aus Ihren Äußerungen schließen, dass es
zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch keine
Schlüssigkeitsprüfung des BMF gibt zu der
im Mai dieses Jahres getroffenen Entschei-
dung, die Euro-Hawk-Serie nicht zu be-
schaffen?

Zeuge Werner Gatzer: Nein, entscheiden
jetzt nicht für oder prüfen auch nicht für das
Bundesministerium der Verteidigung, ob sie
eine Beschaffungsmaßnahme aufrechterhält
oder ob sie sie für beendet erklärt.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Vielen
Dank. Keine weiteren Fragen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Dann gebe ich der SPD-Fraktion das Wort.

Lars Klingbeil (SPD): Frau Vorsitzende,
vielen Dank. - Herr Staatssekretär, ich habe
noch mal eine Nachfrage. Sie haben vorhin
allgemein damit angefangen, wie die Abläufe
sind. Sie haben gesagt, bei 25-Mio.-Vorlagen
ist das BMF beteiligt und bei den Haushalts-
aufstellungen. Nur dass ich das einfach noch
mal höre von Ihnen: Das heißt, es gibt da-
zwischen keine Sachstandsberichte, es gibt
keine Informationen über den aktuellen
Stand bei großen Rüstungsprojekten? Kön-
nen Sie da noch mal ein paar Sätze zu sa-
gen, wie ich mir die Kooperation da vorstel-
len muss?

Zeuge Werner Gatzer: Ja, das ist richtig,
wie Sie das gerade geschildert haben. Es
gibt Sachstands- - - jedenfalls nicht gegen-
über dem Bundesministerium der Finanzen.
Es ist durchaus denkbar, dass es Sach-
standsberichte gegenüber den Bericht-
erstattern des Haushaltsausschusses gibt,
die das Ressort unter Umständen auch un-
mittelbar macht, mündlich. Das ist alles
denkbar. Aber das Bundesministerium der
Finanzen ist eigentlich, wie von mir gesagt,
bei diesen zwei Tatbeständen einbezogen.

Lars Klingbeil (SPD): Und beim Stopp
sind Sie aber vorher nicht einbezogen wor-
den vom Verteidigungsministerium?

Zeuge Werner Gatzer: Also ich als Per-
son nicht, und mir ist auch nicht bekannt,
dass das Bundesministerium der Finanzen
vorher konsultiert wurde, bevor die Beendi-
gung ausgesprochen wurden.

Lars Klingbeil (SPD): Obwohl es ja hier
eine haushaltsrelevante Entscheidung ist,
wird so was vorher nicht zwischen den Mini-
sterien besprochen?

Zeuge Werner Gatzer: Ja, die Haushalts-
relevanz wäre jetzt erst mal darin zu sehen,
dass ein Beschaffungsvorhaben nicht weiter
betrieben wird, für die Zukunft betrachtet.

Lars Klingbeil (SPD): Dann haben Sie
vorhin in Ihren einleitenden Worten betont,

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 801 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 105
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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dass die Zulassungsproblematik auf der Lei-
tungsebene Ihres Hauses nicht bekannt war.

Zeuge Werner Gatzer: Ja, ja.

Lars Klingbeil (SPD): Ich will noch mal
nachfragen. Gab es auf der unteren Ebene,
also unter der Leitungsebene - - Ist Ihnen da
jetzt auch in der Vorbereitung auf heute be-
kannt geworden, dass auf der unteren Ebene
in Ihrem Haus bekannt war, dass es Zulas-
sungsproblematiken geben kann?

Zeuge Werner Gatzer: Ja, es gab auf der
Arb- - Also, die Leitung, sprich meine Per-
son - - Bei der Vorlage im Jahr 2006 - - Der
Leitung war das Thema nicht bekannt ge-
macht worden. Das ist aus der Vorlage, die
an den Haushaltsausschuss gegangen ist,
auch nicht ersichtlich, auch bei den späteren
Vorlagen nicht. Es ist aber nie - also ein ganz
normaler Prozess - - in 2006 das Ressort
gebeten worden, das sogenannte Phasen-
dokument, das letztendlich diese Beschaf-
fungsmaßnahme im Detail beschreibt, in
größerem Ausmaß darlegt, was im Bundes-
ministerium der Finanzen nur Stand 2004
vorlag, zu aktualisieren. Dies ist auch not-
wendig, weil dieses Phasendokument ist
Voraussetzung dafür, dass die notwendige
Entsperrung der Haushaltsmittel, nach § 24
Bundeshaushaltsordnung, erfolgen kann.
Und dieses Phasendokument ist uns vorge-
legt worden, und aus diesem Phasendoku-
ment hat das zuständige Referat im Bun-
desministerium der Finanzen entnommen,
dass im Gegensatz - - oder in Ergänzung zu
2004 hinsichtlich der Zulassung ein erhöh-
tes - - oder ein höheres Risiko besteht, das
aber ausweislich dieses Dokumentes und
ausweislich auch des Vortrags des Ministe-
riums, soweit man mir berichtet hat, als be-
herrschbar normales Risiko angesehen
wurde.

Lars Klingbeil (SPD): Ist dieses Phasen-
dokument nach 2006 noch mal erneuert wor-
den?

Zeuge Werner Gatzer: Nein, weil die
Mittel wurden auf der Basis dieses Pha- -
konnten ja entsperrt werden.

Lars Klingbeil (SPD): Okay. - Dann ha-
ben Sie vorhin berichtet von den drei 25-
Mio.-Vorlagen 2006. Da haben Sie gesagt,

da gab es eine ganze Reihe von haushalteri-
schen Nachfragen, 2009 gab es keine Nach-
fragen Ihres Hauses. 2011, da haben Sie,
soweit ich mich erinnere, nichts zu gesagt,
ob es da Nachfragen aus dem BMF gab.

Zeuge Werner Gatzer: Nein, ich muss
mich insofern korrigieren; das war ein Miss-
verständnis von mir. In 2009 war noch mal
die Nachfrage wegen der Kosten im Zusam-
menhang mit der Zulassungsproblematik,
und dort war die Antwort seitens des Res-
sorts: Noch nicht preisrechtlich abschließend
geprüft, aber Kosten für die zusätzlichen
Musterzulassungsaktivitäten circa 9 Millio-
nen Euro. - Das war mit der Vorlage 2009
und mit der Vorlage 2011 war - - aus Sicht
des Bundesministeriums der Finanzen un-
problematisch.

Lars Klingbeil (SPD): Also gab es keine
Nachfragen?

Zeuge Werner Gatzer: Sind mir nicht be-
kannt, ich kann Ihnen - - Wissen Sie, viel-
leicht hat jetzt der Kollege damals angerufen
mal kurz und hat gesagt: Du, hör mal, ich
hab da noch was. - Das wäre eine Nachfrage
gewesen, aber ich kann aus den Unterlagen,
die ich habe - - Aus eigener Erkenntnis habe
ich nichts, und aus den Unterlagen kann ich
auch keine Nachfrage erkennen.

Lars Klingbeil (SPD): Gut. Vielen Dank. -
Dann habe ich noch Nachfragen zu den drei
Änderungsverträgen aus dem Jahr 2012, die
ja in einem sehr kurzen Zeitraum hinter-
einander gekommen sind, alle unter der 25-
Mio.-Grenze geblieben sind, damit auch nicht
vorgelegt werden mussten. Ich würde Sie
gerne mal um eine Einschätzung bitten, dass
da innerhalb von kürzester Zeit der achte,
der neunte und der zehnte Änderungsvertrag
kommen, insgesamt einem Volumen von
knapp 40 Millionen; aber trotzdem bleibt es
darunter. Und Ihr Haus wurde dann auch
nicht beteiligt daran. Ist das richtig, oder?

Zeuge Werner Gatzer: Das ist richtig.
Also, nicht, dass ich wüsste.

Lars Klingbeil (SPD): Wie bewerten Sie
das?

Zeuge Werner Gatzer: Das ist - - Da
habe ich jetzt keinen Grund zur Kritik.

Drucksache 17/14650 – 802 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 106
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Lars Klingbeil (SPD): Der Bundes-
rechungshof hat ja festgestellt, dass keine
sachgerechte Begleitung und Überwachung
stattgefunden hat. Bezieht sich diese Kritik
nur auf das Verteidigungsministerium oder
auch auf Ihr Haus?

Zeuge Werner Gatzer: Das weiß ich
nicht, ob der Bundesrechungshof das auf
mein Haus bezogen hat. Dazu kann ich
nichts sagen. Ich habe aber den Bundes-
rechungshofbericht auch so gelesen, dass er
gesagt hat, dass er eine Umgehung der 25-
Mio.-Vorlagen nicht festgestellt habe.

Lars Klingbeil (SPD): Er hat aber schon
kritisiert, dass man das im achten Ände-
rungsvertrag hätte zusammenfassen können,
und kam dann zu dieser Kritik. Das ist zu-
mindest meine Bewertung, die, glaube ich,
auch von vielen so geteilt wird. Die Frage ist
ja schon: Welche Schlüsse zieht man da-
raus, und welche Diskussionen hat das auch
in Ihrem Haus - - Oder: Zu welchen Diskus-
sionen hat das geführt?

Zeuge Werner Gatzer: Ich
komme - - Nein. Die Bewertung des Bundes-
rechungshofs möchte ich jetzt nicht kom-
mentieren - - ob es sachgerechter gewesen
sei. Ich kann nur feststellen, dass das Res-
sort, das dies in eigener Verantwortung zu
entscheiden hat, hier aus meiner Sicht keine
Umgehung dieser 25-Mio.-Vorlagen vorge-
nommen hat, und insofern ist der Sachver-
halt - - ist das für mich jetzt abschließend.

Lars Klingbeil (SPD): Ist es denn normal,
dass es eine Stückelung von einzelnen Än-
derungen gibt, in so einem kurzen Zeitraum?
Also, ist Ihnen ein anderer Fall bekannt, wo
es schon mal - -

Zeuge Werner Gatzer: Es ist nicht unüb-
lich, dass es mehrere Änderungsanträge bei
einem Beschaffungsvorhaben größeren
Ausmaßes gibt, die unterschiedliche Tatbe-
stände zum Hintergrund haben.

Lars Klingbeil (SPD): Auch in einem so
kurzen Zeitraum? Wir reden ja hier von nicht
einmal einem halben Jahr mit drei Ände-
rungsverträgen.

Zeuge Werner Gatzer: Ich kann - - Also,
es ist jetzt schwer zu sagen, ob das normal

ist. Das ist ja sehr subjektiv. Ich könnte Ihnen
jetzt keinen Fall nennen, wo es anders ge-
laufen ist oder gleich. Wie gesagt: Das Bun-
desministerium der Finanzen hat seinerzeit
nach meinem Kenntnisstand keinen Grund
gehabt, an der Rechtmäßigkeit dessen zu
zweifeln.

Lars Klingbeil (SPD): Aber das heißt, Sie
würden nicht unterstellen, dass der Haus-
haltsausschuss hier umgangen werden
sollte?

Zeuge Werner Gatzer: Nein.

Lars Klingbeil (SPD): Ab wann würde so
etwas für Sie vorliegen? Würde das noch
geprüft werden aus Ihrem Haus, ob hier der
Haushaltsausschuss umgangen werden soll?

Zeuge Werner Gatzer: Jetzt einmal all-
gemein beantwortet, losgelöst von dem kon-
kreten Untersuchungsgegenstand, würde ich
Ihnen einen Beispielsfall nennen, wo ein und
derselbe Tatbestand in drei Vorlagen geglie-
dert würde, um sie unter 25 Millionen zu
bringen. Aber das ist ein anderer Sachver-
halt.

Lars Klingbeil (SPD): Ich habe erst mal
keine weiteren Fragen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut. - Dann gebe ich der FDP, dem Kollegen
Spatz, das Wort.

Joachim Spatz (FDP): Ich habe eigent-
lich nur eine Frage, und zwar, warum das
BMF beim dritten Änderungsvertrag 2009,
wo ja die Vorlage des BMVg attestiert, dass
„Risiken“ bestehen und „Mehrkosten“ zu
erwarten sind, nicht aus Ihrem Hause für
eine Neubewertung plädiert hat.

Zeuge Werner Gatzer: Zu einer Neube-
wertung des Vorhabens?

Joachim Spatz (FDP): Des Vorhabens.
Richtig.

Zeuge Werner Gatzer: Das kann ich jetzt
nur vermuten: weil die Frage, wie von mir
gerade gesagt, nach den zusätzlichen Kos-
ten der Musterzulassung mit 9 Millionen be-
antwortet wurde und das Risiko als be-
herrschbares Risiko angesehen wurde, je-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 803 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 107
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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denfalls nicht als ein Risiko, das seitens des
zuständigen Ressorts eine Neubewertung
erforderlich gemacht hat.

Joachim Spatz (FDP): Es ist also nicht
so, dass bei Rüstungsprojekten gewisse
Gewöhnungseffekte bei Kostensteigerungen
schon quasi in den Gedanken implantiert
sind?

Zeuge Werner Gatzer: Bei dem Rüs-
tungsprojekt jetzt hier konkret - das ist jetzt
eine Bewertung meinerseits -, das eine Lü-
cke schließen sollte von dem finanziellen
Ausmaß - aber das ist wirklich rein subjek-
tiv -, würde ich sagen: Da hat die Antwort von
9 Millionen Mehrkosten wegen der Zulas-
sungsaktivitäten jetzt nicht zwingend im BMF
hervorgerufen, das neu zu bewerten.

Joachim Spatz (FDP): Sehen Sie ange-
sichts der Beträge, die jetzt zur Disposition
stehen - die niedrigsten beziffern sich ja auf
100 bis 150 Millionen, die höheren auf über
600 Millionen -, verglichen mit den 9, die
damals veranschlagt worden sind, gewisse
Notwendigkeiten, an unseren Strukturen
etwas zu ändern? Denn der Unterschied ist
doch drastisch.

Zeuge Werner Gatzer: Das zuständige
Ressort hat ja in seinem Bericht auch zum
Ausdruck gebracht, dass es an den Struktu-
ren Veränderungen vornehmen will. Was wir
nur nicht machen können - glaube ich je-
denfalls -, ist, dass wir die Verantwortlich-
keiten vom Ressort auf das Bundesfinanz-
ministerium verlagern. Dafür ist das Bundes-
finanzministerium zu weit weg, auch bei die-
sen Vorlagen.

Joachim Spatz (FDP): Was für einen
Sinn macht denn dann das Vieraugenprinzip
an der Stelle, wenn nicht als Warnsignal?

Zeuge Werner Gatzer: Zunächst unter-
stelle ich mal, dass das zuständige Ressort
in Abstimmung - - oder wenn es dem Bun-
desministerium der Finanzen Unterlagen
vorlegt, dass das alles seine Ordnung hat,
was ja hier auch der Fall gewesen ist, damit
das Bundesministerium der Finanzen, das
sich nicht an die Stelle des Verteidigungs-
ministeriums setzen kann - das bitte ich ein-
fach mal zu bedenken; das Bundesministe-
rium der Finanzen ist nicht der Oberbuch-

halter der jeweiligen Ministerien, sondern die
Ministerien haben nach unserer grund-
gesetzlichen Aufgabenverteilung eine Res-
sorthoheit und sind dafür allein verantwort-
lich - - dass das, was uns unterbreitet wird,
vorgelegt wird, umfassend ist, erschöpfend,
um auch die Fragen, die das Bundesministe-
rium der Finanzen hat oder, wie bei diesen
Vorlagen, auch der Haushaltsausschuss,
beantworten zu können. Aber die Frage, ob
ein Projekt gestoppt wird, die kann man - das
ist meine persönliche Auffassung - auch aus
dem Bundesministerium der Finanzen schon
stellen; aber hierfür gab es aus meiner Sicht
jedenfalls keine Anhaltspunkte zu dem Zeit-
punkt, als die Vorlage anstand.

Joachim Spatz (FDP): Besten Dank.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön. - Jetzt gebe ich der Linken das
Wort. Herr Kollege Koch.

Harald Koch (DIE LINKE): Vielen Dank,
Frau Vorsitzende. - Herr Gatzer, viele Fra-
gen, die wir hatten, haben Sie ja schon ver-
sucht zu beantworten, wenn ich auch sage:
aus meiner Sicht recht defensiv. Ich habe
immer eine ganz andere Rolle vom Bundes-
ministerium der Finanzen im Kopf gehabt. Ich
war viele Jahre Finanzbeigeordneter, Dezer-
nent, Kämmerer und hatte einen Haushalt
von insgesamt 300 Millionen pro Jahr zur
Verfügung, und ich hatte mehr Macht als der
Bundesfinanzminister über diese Mittel.

Es gibt ein Haushaltsgrundsätzegesetz
und daran auch angebunden die Bundes-
haushaltsordnung. Da steht unter anderem in
§ 7 Abs. 2, dass der Grundsatz der Spar-
samkeit und Wirtschaftlichkeit - - für alle fi-
nanziellen Maßnahmen eine vorherige Wirt-
schaftlichkeitsuntersuchung, die sich auch
auf die Risikoverteilung zu erstrecken hat,
angestellt werden muss. Ist das für dieses
Projekt gemacht worden?

Zeuge Werner Gatzer: Kann ich jetzt - -
Davon gehe ich aus. Die Frage ist nur, Herr
Koch: Bei Projekten dieser Art, wie machen
Sie da eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung?
Wie wollen Sie da die Wirtschaftlichkeit be-
messen, wenn es Einzelprojekte sind, Ein-
zelmaßnahmen, wo Sie wenig Vergleich-
bares haben?

Drucksache 17/14650 – 804 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 108
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Harald Koch (DIE LINKE): Es muss ja
eine klare Beschreibung des Ziels geben.
Das hat es auch gegeben.

Zeuge Werner Gatzer: Ja.

Harald Koch (DIE LINKE): Es gibt Ver-
träge, die auch mehrfach geändert wurden,
und man hat ja auch immer mit einem be-
stimmten finanziellen Rahmen gearbeitet.
Trotzdem müsste das - so ist jedenfalls
meine Vorstellung - untersetzt sein durch
ganz konkrete Berechnungen, die dann auch
vom Bundesfinanzministerium geprüft wer-
den müssten; nicht nur vom Bundes-
rechungshof, sondern auch vom Bundes-
finanzministerium. So wie ich das jetzt aus
Ihrer Antwort entnommen habe, ist das nicht
gemacht worden.

Zeuge Werner Gatzer: Nein, das habe
ich nicht gesagt. Ich habe gesagt: Ich weiß
es nicht, ob es gemacht worden ist. Eine
Wirtschaftlichkeitsberechnung, die ja dann
auch Alternativen aufzeigen sollte, wenn Sie
feststellen wollen, ob etwas wirtschaftlicher
ist als eine Alternative: Ich weiß es einfach
nicht.

Harald Koch (DIE LINKE): Ich meine, es
geht hier wirklich um sehr viel Geld, und es
sind ja Rüstungsgroßprojekte, die - so war
meine Vorstellung bisher - auch immer einen
besonderen Blick nicht nur im Verteidi-
gungsministerium selbst erfordern und auch
bekommen, sondern auch vom Bundes-
finanzministerium. Wenn wir hier schon diese
Regelung mit diesen 25-Mio.-Vorlagen ha-
ben - also darüber hinaus -, will man ja schon
genau wissen, was da läuft. Da, sage ich,
müsste man auch mehr im Bundesfinanz-
ministerium, auch jetzt auf der Ebene des
Staatssekretärs, Bescheid wissen.

Jetzt folgende Frage: Als im Mai vom
Bundesverteidigungsminister die Reißleine
gezogen wurde, was sind da für Aktivitäten
im Bundesfinanzministerium gelaufen? Ich
will noch mal konkret sagen: Dann hat man
ja mitbekommen, dass hier ein Großprojekt
mit einem Gesamtvolumen von mehreren
Hundert Millionen gestoppt wird. Ich sage
mal: Da wäre ich als Bundesfinanzminister
aktiv geworden. Ich hätte meine Leute in die
Spur geschickt und dann untersucht.

Zeuge Werner Gatzer: Natürlich haben
wir - - oder haben die Kollegen im zuständi-
gen Referat, so denke ich, die finanziellen
Auswirkungen versucht zu überblicken. Nur,
wenn wir durch Pressemitteilungen erfahren,
dass etwas gestoppt wird, fehlt uns aber
Hintergrundwissen, um das genau bewerten
zu können, was es bedeutet. Genauso - -
Deswegen sind die Möglichkeiten für Aktivi-
täten begrenzt.

Harald Koch (DIE LINKE): Also, Sie hät-
ten dann keine Veranlassung gesehen - -
oder hatten dann keine gesehen, diese
Pressemitteilungen durch eigene Untersu-
chungen, Nachforschungen mit Substanz zu
untersetzen?

Zeuge Werner Gatzer: Durch eigene
Untersuchungen nicht. Das Ressort selber
hat ja einen Bericht abgefasst für den Vertei-
digungsausschuss und auch für den Haus-
haltsausschuss, weil auch das Ressort al-
leine nur in der Lage ist, dies abschließend
zu bewerten. Wir haben im Bundesministe-
rium der Finanzen - tut mir leid, wenn ich
mich da wiederholen muss - nicht das De-
tailwissen für solche Vorhaben. Es ist ja nicht
das einzige Vorhaben, was es gibt, sondern
es gibt ja zahlreiche Vorhaben. Dies obliegt
ausschließlich dem Verteidigungsministe-
rium.

Harald Koch (DIE LINKE): Gehen Sie
auch so mit anderen Ressorts um, oder ist
das Bundesverteidigungsministerium mit
seinem Haushalt Staat im Staate?

Zeuge Werner Gatzer: Wir haben keinen
Grund, das Bundesverteidigungsministerium
anders zu behandeln als andere Ressorts.
Ich verweise nur noch einmal darauf: Es gibt
eine Ressorthoheit. Ich glaube, jedes Res-
sort würde zu Recht auf die Ressorthoheit
verweisen, wenn das Bundesministerium der
Finanzen im Haushaltsvollzug und bei jeder
Maßnahme versuchen würde reinzuregieren.

Harald Koch (DIE LINKE): Sie hatten
vorhin gesagt, dass Sie circa so sieben bis
zehn Tage Zeit haben, um Verträge zu be-
gutachten, die ja auch mehrere Tausend
Seiten umfassen können mit allen Anlagen.
Halten Sie die Zeit für ausreichend? Wenn
nicht: Warum erbitten Sie sich nicht mehr
Zeit dafür?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 805 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 109
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Werner Gatzer: Ich glaube, dass
die Zeit insgesamt - wobei es vom Einzelfall
abhängt, wie viel Zeit man hat - - Das war
jetzt von mir eine - - Die Zeit, die wir haben,
um vorher an den Haushaltsausschuss was
abzuliefern: sieben bis zehn Tage, es können
auch mal zwei oder drei Wochen sein. Das
hängt vom Einzelfall ab. Aber wir haben mit
Sicherheit nicht die Zeit, die das Ressort im
Vorfeld mit der Vertragsgestaltung, mit den
Gesprächen mit den Vertragspartnern, mit
den Einzelheiten für das Beschaffungsvorha-
ben verbracht hat. Diese Zeit haben wir im
Finanzministerium nicht, und ich glaube auch
nicht, dass es sinnvoll wäre, notwendig wäre,
im Finanzministerium das gleiche Proze-
dere - unter Umständen dann auch noch in
die Vertragsgespräche mit einzutreten - auf-
zubauen, wie es das Ressort über Monate,
wenn nicht sogar über Jahre, gemacht hat.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt kommen Bündnis 90/Die Grünen. Herr
Kollege Lindner.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Vielen Dank, Frau Vorsitzende. -
Herr Staatssekretär Gatzer, Sie haben ja
vorhin bereits erwähnt, dass, wenn eine 25-
Millionen-Euro-Vorlage in einem Haushalts-
ausschuss in Vorbereitung ist, Sie beispiels-
weise auch darauf schauen, ob mögliche
Fragen der Berichterstatter beantwortet sind
oder die Informationen enthalten sind. Wie
verhält es sich denn mit Berichtsbitten der
zuständigen Berichterstatter im Haushalts-
ausschuss? Nach meiner Erfahrung oder
nach meinem Wissen ist der Vorgang ja der,
dass ein Berichterstatter für den Einzel-
plan 14 über das BMF Fragen - dann den
Einzelplan betreffend - einreicht, das BMVg
eine Antwort erstellt, die dem BMF wiederum
zuleitet, mit einem Anschreiben des Parla-
mentarischen Staatssekretärs versehen, das
dann an den Kreis der Berichterstatter geht.
Wird im Rahmen - dieses mit dem Deckblatt
versehen, nenne ich es mal - in irgendeiner
Art und Weise darauf geachtet, ob die Fra-
gen der Berichterstatter hinreichend beant-
wortet sind, ob sie wahrheitsgemäß beant-
wortet sind? Findet da in irgendeiner Art und
Weise eine Prüfung statt?

Zeuge Werner Gatzer: Es findet insofern
eine Prüfung statt, dass eben geguckt wird,
ob der Bericht, der abgegeben wurde, sich
auch mit der Frage beschäftigt; aber der

Inhalt der Antwort wird ausschließlich durch
das Ressort gemacht.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Zu den 25-Millionen-Euro-Vor-
lagen und zum Thema Plausibilitätsprüfung:
Wird bei diesem Verfahren darauf geachtet
oder haben Sie ein Augenmerk darauf, dass
mögliche Risiken, die durch eine Beschaf-
fung eintreten können - also haushalterischer
Natur: Kostenrisiken, Sonstiges -, in der
Vorlage angesprochen werden und der
Haushaltsausschuss darauf hingewiesen
wird? Oder gehört das nicht dazu?

Zeuge Werner Gatzer: Das kann man,
glaube ich, in der Allgemeinheit nicht sagen;
das kann man nur im Einzelfall beantworten,
weil es unterschiedliche Arten und Qualitäten
von Risiken gibt. Beschaffungsvorhaben,
würde ich jedenfalls behaupten, haben im-
mer Risiken immanent, kleinere und größere.
Deswegen kann man nur anhand des kon-
kreten Einzelfalls beurteilen, ob ein Risiko
dann auch den Berichterstattern mit der not-
wendigen Erklärung weitergegeben wird oder
nicht.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Was ich darunter beispielsweise
verstehen würde: Wenn bei Vertragsdetails
zum Beispiel auf Vertragsstrafen oder sons-
tige Dinge verzichtet wird, erwähnt man das
dann oder achten Sie darauf, dass das dann
in der Vorlage auch explizit angesprochen
ist?

Zeuge Werner Gatzer: Bei dem Punkt,
den Sie jetzt genannt haben, achten wir da-
rauf, dass dies in der Vorlage angesprochen
wird.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Okay. - Ich würde, Herr Vorsit-
zender, dem Zeugen gern einen Vorhalt ma-
chen; die MAT-Nummer ist 17-5 Nr. 4 (?);
das ist eine Informationsvorlage an Sie, Herr
Staatssekretär, die wir Ihnen jetzt übergeben.
Da geht es darum, dass die Rolle des BMF
im bisherigen Prozess, was Euro Hawk be-
trifft, beleuchtet werden soll. Wir haben in
dieser Vorlage dann auch mit Grün einen
kleinen Teil markiert, um den es mir geht.

(Dem Zeugen wird ein Schriftstück
vorgelegt)

Drucksache 17/14650 – 806 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 110
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Es geht um die Vorlage an den Haus-
haltsausschuss aus dem Jahre 2007. Es ist
ja schon angesprochen worden, dass das
Phasendokument, die „Abschließende funk-
tionale Forderung“, aktualisiert wurde, da
auch auf ein höheres Risiko hingewiesen
wurde, was die Zulassung der Drohne be-
trifft. Jetzt heißt es in dieser Vorlage - ich
kann es jetzt nur sinngemäß sagen, da ich
das Dokument nicht vor mir habe -: … in dem
auf Druck des BMF hin vom BMVg aktuali-
sierten Phasendokument. - Ist Ihnen irgend-
wie bekannt, was für ein Druck das war, den
das BMF da auf das BMVg ausgeübt hat,
und warum?

Zeuge Werner Gatzer: Welcher - - Ob
Druck in dem Sinne, kann ich nicht sagen;
das ist, wie gesagt, Schriftverkehr, der auf
Arbeitsebene, auf Referatsebene, stattge-
funden hat. Aber der Hintergrund - das kann
ich Ihnen sagen - ist derjenige, dass, wie von
mir vorhin gesagt, ohne dieses Phasen-
dokument, das ja aktualisiert werden sollte,
eine Entsperrung nach § 24 Bundeshaus-
haltsordnung nicht möglich gewesen wäre.
Dort ist klar geregelt, dass bestimmte Unter-
lagen vorgelegt werden müssten, und die
Entsperrung ist ja zwingende Voraussetzung
dafür, dass das Projekt auch in Angriff ge-
nommen werden kann. Ich kann jetzt nur
vermuten, dass die Kolleginnen und Kollegen
auf Arbeitsebene dem Ressort noch mal
gesagt haben: Also, wir brauchen dieses
Dokument, um entsperren zu können.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ist Ihnen aus dem BMF in ir-
gendeiner Art und Weise in den letzten an-
derthalb Jahren bekannt geworden, dass es
Probleme zwischen BMVg und Bundesrech-
nungshof gibt, was Zugang zu Dokumenten
Euro Hawk betreffend angeht?

Zeuge Werner Gatzer: Ja, uns ist, ich
glaube, Anfang 2012 oder in 2012 bekannt
geworden, dass es zwischen Bundesrech-
nungshof und Verteidigungsministerium hin-
sichtlich der Notwendigkeit der Vorlage von
Dokumenten unterschiedliche Auslegungen
gibt.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): War das BMF in die Klärung die-
ses Vorgangs in irgendeiner Art und Weise
eingebunden?

Zeuge Werner Gatzer: Ja, insofern, dass
wir dem Bundesministerium der Verteidigung
mitgeteilt haben, welche Rechtsgrundlagen
der Bundesrechnungshof hier hat: Art. 114
Grundgesetz oder § 95 Bundeshaushalts-
ordnung; dass der Bundesrechnungshof ein
umfassendes Auskunftsrecht hat; dass das
Ressort - in eigener Zuständigkeit dann -
entscheiden muss, wie es damit umgeht.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Also, ich habe Sie richtig ver-
standen: Sie haben dem BMVg mitgeteilt,
dass das Ressort in eigener Zuständigkeit
entscheiden muss?

Zeuge Werner Gatzer: Wir haben die
abstrakte Rechtslage dargestellt - - dass wir
gesagt haben: Es gibt ein umfassendes Aus-
kunftsrecht des Bundesrechnungshofs, und
das Ressort muss dann in eigener Zustän-
digkeit entscheiden, wie es mit diesem Aus-
kunftsrecht des Rechnungshofs umgeht.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Haben Sie von irgendwelchen
Überlegungen seitens des BMVg Kenntnis,
die Bundeshaushaltsordnung, ich sage mal,
diesen Vorgang betreffend zu präzisieren?

Zeuge Werner Gatzer: Die Bundeshaus-
haltsordnung zu ändern oder - -

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ja, zu ändern. Ich habe jetzt
„präzisieren“ verwandt. Aber - - Da in irgend-
einer Art und Weise oder deutlicher aufzufüh-
ren, welche Dokumente darunter fallen und
welche gegebenenfalls nicht.

Zeuge Werner Gatzer: Im Zusammen-
hang mit der Frage „geheimhaltungsbedürf-
tige Dokumente“ und dergleichen ist mir be-
kannt, dass das Bundesverteidigungsministe-
rium Überlegungen angestellt hat, die Vo-
raussetzungen - ich weiß nicht, ob die Bun-
deshaushaltsordnung - - oder jedenfalls an
einer geeigneten Stelle Neuregelungen
schaffen zu wollen. Dies hat aber in dem
Abstimmungsprozess - das kann man ja
nicht zwischen zwei Häusern machen - keine
Mehrheit gefunden.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das heißt, ein solches Vorhaben

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 807 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 111
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

wird nach Ihrem Kenntnisstand nicht weiter
verfolgt?

Zeuge Werner Gatzer: Nach meinem
Kenntnisstand ist das erledigt.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Gut. - Vielen Dank.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Dann frage ich die CDU/CSU: Weitere Fra-
gen? - Herr Kollege Silberhorn.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Ich will
noch mal nachfragen, was genau Gegen-
stand der Plausibilitätsprüfung des Entwick-
lungsvorhabens des Euro Hawk gewesen ist.
Man hat im Jahr 2007 einen Entwicklungs-
vertrag geschlossen. Damit blieb eine Ent-
scheidung über die Serienbeschaffung be-
wusst offen. Man hat mit dem Abschluss des
Entwicklungsvertrages wohl intendiert, bei
erfolgreicher Entwicklung die Serie zu be-
schaffen. Aber es liegt ja auch nahe, dass,
wenn man diese Entscheidung bewusst of-
fengelassen hat, man sich für den Fall einer
nicht wie erwartet erfolgten Entwicklung eben
auch eine Nichtbeschaffung offengehalten
hat.

Sehe ich es richtig, dass sich Ihre Plausi-
bilitätsprüfung hinsichtlich des Entwicklungs-
vertrages eben auch nur auf die Entwicklung
beziehen konnte, und zwar auch in dem Be-
wusstsein, dass es zu einer Serienbeschaf-
fung möglicherweise später nicht kommt?
Anders gefragt: Die Entscheidung über die
Serienbeschaffung - die bewusst offenge-
blieben ist im Jahr 2007; die jetzt erst, im Mai
2013, gefällt worden ist - ist unabhängig von
Ihrer Einschätzung gewesen, dass sich die
Entwicklung des Euro Hawk allein aus Sicht
des Bundesfinanzministeriums als finanzpoli-
tisch plausibel darstellt?

Zeuge Werner Gatzer: Schauen Sie,
Herr Silberhorn, die Frage ist jetzt für mich
ganz schwer zu beantworten, weil ich die
Plausibilitätsprüfung, die seinerzeit im Fi-
nanzministerium durchgeführt wurde, per-
sönlich nicht gemacht habe, sondern - - die
wurde auch nicht unter Beteiligung des zu-
ständigen Staatssekretärs, was auch nicht
notwendig war: Das sind Vorgänge, die bei
Beschaffungsvorhaben auf der Referats-
ebene gemacht werden. Welche Überlegun-
gen bei der Plausibilitätsprüfung seinerzeit

angestellt wurden, kann ich Ihnen aus un-
mittelbarer Erkenntnis nicht sagen. Ich habe
auch keine Hinweise in den Akten, welche
Einzelheiten jetzt dort im Rahmen der Plau-
sibilitätsprüfung angestellt wurden oder ein-
zelne Fragen.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Dann
will ich noch mal nachfragen, wer denn ge-
nau die Plausibilitätsprüfung in Ihrem Hause
vorgenommen hat. Sie sagen: „auf Referats-
ebene“; aber die Vorlage für den Vertrag ist
ja von Ihnen abgezeichnet worden.

Zeuge Werner Gatzer: Das ist richtig.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Wer
also hat die Plausibilitätsprüfung durchge-
führt, auf deren Grundlage Sie dann die
Vorlage abgezeichnet haben?

Zeuge Werner Gatzer: Ja, das zustän-
dige Referat der Haushaltsabteilung hat die
Prüfung auf der Grundlage des Vortrags des
Bundesministeriums der Verteidigung ein-
schließlich der Anlagen vorgenommen. Da-
raufhin ist diese 25-Mio.-Vorlage erstellt wor-
den und über meinen Schreibtisch bzw. ab-
schließend bei mir dann dem Haushaltsaus-
schuss zugeleitet worden. Das, was ich
habe, ist das Ergebnis der Plausibilitätsprü-
fung mit einem Vermerk, der einzelne Punkte
noch mehr heraushebt, aber nicht jetzt die
Einzelheiten zur Plausibilitätsprüfung.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Vielen
Dank. - Keine weiteren Fragen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Dann frage ich die SPD-Fraktion. - Keine
weiteren Fragen. FDP? - Herr Spatz.

Joachim Spatz (FDP): Ja, eine noch. Sie
sagten vorhin, bei 9 Millionen würden Sie
noch keine Nachfrage auslösen. Bei wie viel
Millionen würden Sie sie denn auslösen,
ungefähr?

Zeuge Werner Gatzer: Nein, ich habe die
im Moment - - Wenn ich das jetzt richtig ver-
standen - - Die 9 Millionen waren uns ja sei-
nerzeit auf Nachfrage mitgeteilt worden. Ich
habe jetzt nicht gesagt, bei 9 Millionen würde
ich - oder ich habe Sie falsch verstanden,
akustisch - keine Nachfrage stellen. Bei
9 Millionen - - ist uns mitgeteilt worden, dass

Drucksache 17/14650 – 808 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 112
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

dies ein beherrschbares Risiko sei. Insofern
haben wir - -

Joachim Spatz (FDP): Ab wann würden
Sie denn eine Neubewertung anregen?

Zeuge Werner Gatzer: Ich kann Ihnen
nicht sagen, ab wann.

Joachim Spatz (FDP): Denn die Zahlen
sind keine 9 Millionen, sondern ausweislich
der Haushaltsausschussvorlage allein 29 Mil-
lionen aufgrund der Zulassungsfragen und
insgesamt, mit anderen Kosten zusammen,
49 Millionen; das nur hier zur Vervollständi-
gung der Sachlage.

Zeuge Werner Gatzer: Die 9 Millionen
waren uns seinerzeit auf unsere Frage im
Zusammenhang mit der Vorlage 2009 mit-
geteilt worden mit dem Zusatz - ich zitiere
noch mal - „preisrechtlich noch nicht geprüft“.
Antwort:

Vorbehaltlich der Preisprüfung, die
in Amtshilfe für die Bundeswehr von
der US-amerikanischen DCMA
durchgeführt wird, beträgt die Grö-
ßenordnung der vor dem Abschluss
des 3. Änderungsvertrages entstan-
denen Kosten für zusätzliche Mus-
terzulassungsaktivitäten circa 9
Mio. ¼. Ich weise ausdrücklich dar-
auf hin, dass es sich insoweit um
eine Schätzgröße handelt, die
preisrechtlich nicht fundiert ist. Aus
...rechtlichen Gründen bitte ich, von
dieser Angabe keinen weiteren
Gebrauch zu machen.*

Das war im Zusammenhang mit der Vorlage
aus dem Mai 2009.

Joachim Spatz (FDP): Gut. Also, wie ge-
sagt: Der Herr Diller hat hier eine Vorlage
unterschrieben, da steht 29,22 Millionen und,
wie gesagt, dann gesamt 49,23 Millionen.

Zeuge Werner Gatzer: Ja gut; aber das
ist die Vorlage aus dem Mai 2009, die Herr
Diller unterschrieben hat, wo ich außer Haus
war, also insofern keine unmittelbaren Er-
kenntnisse damals bekommen habe. Die hat
29,23; aber das waren ja nicht nur die Mehr-

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-70 B BMVg zu BB 17-45,
HC I 4, Ordner 2, Blatt 79.

kosten im Zusammenhang mit den Zulas-
sungsaktivitäten.

Joachim Spatz (FDP): Gut, also insge-
samt 49- -

Zeuge Werner Gatzer: Na ja, dann - -

Joachim Spatz (FDP): Mir geht es ja nur
darum, dass hier nicht im Raum stehen
bleibt, es ginge um 9 Millionen; sondern hier
geht es darum: Es ging um einen Kosten-
zuwachs von 49 Millionen alles in allem - -
und dass man da schon vielleicht hätte da-
rauf kommen können, eine Neubewertung
anzuregen. Aber das ist eine Bewertungs-
sache; der müssen Sie sich ja nicht an-
schließen. - Danke schön.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön. - Dann die Linken. Herr Kolle-
ge Koch.

Harald Koch (DIE LINKE): Herr Staats-
sekretär, erinnern Sie sich noch an das Ab-
stimmungsverhalten der Fraktionen im
Haushaltsausschuss, als dort der Entwick-
lungsvertrag und einige der Änderungsver-
träge eingebracht wurden? Wie wurde dieses
Abstimmungsverhalten eingeschätzt, be-
gründet?

Zeuge Werner Gatzer: Also jetzt 2006
dann?

Harald Koch (DIE LINKE): Ja.

Zeuge Werner Gatzer: Da kann ich mich
nicht dran erinnern; müsste ich jetzt in den
Akten nachgucken, ob ich dazu irgendeinen
Hinweis finde. Kann ich mich nicht erinnern.
Ich vermute mal, ich bin gar nicht dabei ge-
wesen, weil das BMF im Haushaltsaus-
schuss in der Regel durch den Parlamenta-
rischen Staatssekretär vertreten wird.

Harald Koch (DIE LINKE): Alle außer der
Linksfraktion haben zugestimmt.

(Zurufe)

- Wir haben es auch begründet. Wir haben
schon damals auf Dinge hingewiesen, die
heute Tatsache sind.

Noch eine Frage an Sie als Haushalts-
experten, der insbesondere gut beurteilen
kann, für welche Projekte in den letzten Jah-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 809 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 113
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

ren Haushaltsmittel in welcher Größenord-
nung zur Verfügung standen. Also, wir haben
einmal recherchiert und nachgerechnet,
durch Proberechnung. Für 500 Millionen
hätte man eines der folgenden Projekte reali-
sieren können: Also mindestens 12 000,
wenn nicht sogar 55 000 Kitaplätze,

(Lachen des Abg. Joachim Spatz
(FDP))

Schulessen für 300 Schülerinnen und Schü-
ler fürs ganze Jahr.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege Koch, Sie müssen Fragen stel-
len.

Harald Koch (DIE LINKE): Ja, ich komme
ja auch zur Frage. Ich will das bloß mal sa-
gen, um was es hier geht etc.; wir können
noch mehrere nennen. - Also, wie bewerten
Sie das politisch? War der Versuch der Ent-
wicklung des Euro Hawk und der Erprobung
des ISIS für die Menschen wichtiger oder - -

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege Koch, Bewertungsfragen muss
der Herr Staatssekretär nicht beantworten.

Harald Koch (DIE LINKE): Ja, aber es
geht letztendlich auch um die Einordnung
des gesamten Projektes.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ja, dann stellen Sie die Frage so, -

Harald Koch (DIE LINKE): Ja.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
- dass er keine Antwort auf die Bewertung
geben muss.

Harald Koch (DIE LINKE): Die Frage
habe ich schon gestellt. Die Frage habe ich
schon gestellt: -

Zeuge Werner Gatzer: Herr Koch - -

Harald Koch (DIE LINKE): - Wie wird das
im Haus bewertet?

Zeuge Werner Gatzer: Herr Koch, ich
werde dazu keine Bewertung abgeben. Ich
bin beamteter Staatssekretär. Ich bin kein
Politiker. Ich bin zwar politischer Beamter,

aber werde zu dem, was Sie jetzt gerade
gesagt haben, keine Bewertung abgeben.

Harald Koch (DIE LINKE): Sie haben
auch keine Bewertung der politischen Be-
amten mitbekommen?

(Markus Grübel (CDU/CSU): Er ist
der politische Beamte!)

Zeuge Werner Gatzer: Welche poli-
tischen Beamten meinen Sie?

Harald Koch (DIE LINKE): Ja, zum Bei-
spiel die Staatssekretäre, die Parlamenta-
rischen, die Minister.

Zeuge Werner Gatzer: Die Politik hat
entschieden, dieses Projekt zu beschaffen.

Harald Koch (DIE LINKE): Gut. - Keine
Fragen mehr.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Die Linken haben keine weiteren Fragen
mehr? - Dann kommt Bündnis 90/Die Grü-
nen. Herr Kollege Lindner.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Vielen Dank. - Ich habe noch mal
eine Verständnisfrage zu dem Vorhalt, den
ich Ihnen vorhin gemacht habe. Ich habe Sie
so verstanden, dass Sie mir den Druck, also
dieses Wort „Druck“, so erklärt haben, dass,
damit eine 25-Millionen-Euro-Vorlage dem
Haushaltsausschuss zugeleitet werden kann,
gewisse Dokumente vorhanden sein müs-
sen, existieren müssen, weil sonst die Vor-
lage nicht zugeleitet werden kann. So habe
ich Sie vorhin verstanden.

Zeuge Werner Gatzer: Nein, da möchte
ich mich dann noch mal insofern korrigieren:
Die Vorlage ist der eine Tatbestand; die
Entsperrung der Haushaltsmittel nach § 24
Bundeshaushaltsordnung ist der andere Tat-
bestand. Die Entsperrung wird durch das
Bundesministerium der Finanzen vorge-
nommen. Dafür müssen noch bestimmte
Voraussetzungen gegeben sein.

Und ich kann jetzt nur vermuten anhand
dieser - - dass mit der Formulierung „indem
auf Druck“ dem Ressort gesagt wurde, dass
eine Entsperrung erst möglich ist, wenn auch
dieses aktualisierte Phasendokument vor-
liegt.

Drucksache 17/14650 – 810 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 114
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Denn meine Frage geht genau
an den Punkt ran. Das Dokument existierte ja
bereits, glaube ich, seit dem Jahr 2004 und
wurde dann im Jahr 2007 aktualisiert. Und
können Sie mir den Grund erklären, warum
es aktualisiert werden musste? Also, ist das
ein rechtlicher Grund, oder gab es da eine
inhaltliche Notwendigkeit dafür?

Zeuge Werner Gatzer: Ja, nein, der
Grund ist, dass jetzt ja mit der Vorlage an
den Haushaltsausschuss, der letztendlich der
Beschaffungsvorlage von, ich habe die Zahl,
460 Millionen Euro - - das Projekt ja in die
Phase gekommen ist, dass es angestoßen
werden soll, und das BMF der Auffassung
war, dass jetzt ein aktualisiertes Dokument
vorgelegt werden muss, weil eben das aus
2004 eben zwei Jahre zurückliegt.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Also, das ist generell so, dass
man Dokumente - -

Zeuge Werner Gatzer: Ja.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Okay. - Ich habe jetzt keine wei-
teren Fragen, aber die Kollegin Keul würde
jetzt weitermachen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, vielen Dank. - Zum Mai 2012, AGS, Glo-
bal Hawk, hätte ich jetzt noch mal eine
Frage: Können Sie sich da erinnern an den
Abstimmungsprozess im Haushaltsaus-
schuss, wie das gelaufen ist?

Zeuge Werner Gatzer: Nein.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Gab es da - -

Zeuge Werner Gatzer: Entschuldigung,
ich wollte Sie nicht unterbrechen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, wenn Sie gleich sagen, Sie können sich
nicht erinnern, -

Zeuge Werner Gatzer: Nein.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
- hat sich das erledigt. Also, mir war zu
Ohren gekommen, auch von den Haushäl-

tern, dass es da ja noch mal Rückfragen gab
und der Verteidigungsminister ja auch im
Haushaltsausschuss dann noch mal war, um
Fragen zu beantworten. Deswegen frage ich,
ob Sie da irgendwelche eigenen Erinnerun-
gen, irgendwas haben, was Sie dazu beitra-
gen können.

Zeuge Werner Gatzer: Nein, da habe ich
jetzt keine eigenen Erinnerungen. Ich ver-
mute auch mal - aber ich kann jetzt echt nur
vermuten, weil ich - - Ich bin selten im Haus-
haltsausschuss, weil, wie gesagt, der Parla-
mentarische Staatssekretär unser Haus ver-
tritt. Und ich müsste jetzt nachgucken, ob ich
da ausnahmsweise da gewesen bin. Aber
selbst wenn ich das jetzt feststellen würde:
Ich muss Ihnen sagen, ich habe keine eigene
Erinnerung an die Sitzung.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, das ist dann auch so. Das beantwortet ja
auch die Frage.

Also, ich habe Sie jetzt richtig verstanden,
um das zusammenzufassen: Sie geben im
Prinzip das, was vom Verteidigungsministe-
rium dann kommt an 24-Mio.-Vorlagen, mehr
oder weniger ungefiltert auch an den Haus-
haltsausschuss weiter und unterziehen das
Ganze nicht noch mal einer eigenen Prü-
fung? Also, ich denke zum Beispiel an die -
vorhin hat der Kollege das Beispiel beim
Einkaufen angesprochen - Gewährleistungs-
rechte und Ähnliches im Vertrag: Gehen Sie
da noch mal selber rein? Guckt da noch mal
irgendjemand im Finanzministerium darauf,
wie das mit den Gewährleistungsrechten ist,
oder verlässt man sich darauf, dass dann im
BMVg ausreichend geprüft wurde?

Zeuge Werner Gatzer: Also, es ist schon
mehr als eine reine Briefträgerfunktion, die
wir da ausüben. Die Berichte - - In der Regel
ist ja ein zusammenfassender Bericht seitens
des Ressorts den Unterlagen vorangestellt.
Diese Berichte und auch die Anlagen werden
in der Regel geprüft; aber eine Detailprüfung,
zum Beispiel des Vertrages über viele Tau-
send Seiten, geschieht nicht. Wenn Punkte in
Abweichung zu sonst üblichen Regelungen,
wie Vorausleistungen, auffällig sind, dann
wird hinterfragt, wie gesagt.

Und bei diesem Fall in 2006 hatte ich
Ihnen ja gerade schon einige Punkte, die uns
oder meinen Kollegen im Finanzministerium
wichtig waren, die dann noch mal hinterfragt
wurden, genannt, zum Beispiel: Wie ist das

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 811 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 115
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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mit der Umsatzsteuererhöhung ab 2007
geregelt? Auch die Frage, die es gab, zum
Thema „Verzicht auf Vertragsstrafe“ wurde
nachgefragt: Ist das zwingend erforderlich,
oder ist es auch möglich, einen Vertrag zu
schließen mit einer Vertragsstrafe und der-
gleichen? Aber es wird keine Detailprüfung
mehr vorgenommen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also, um das zu beurteilen, es guckt also
schon noch mal jemand -

Zeuge Werner Gatzer: Ja, ja.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
- auch in den Vertrag selber rein und guckt
sich auch die Vorschriften des Vertrages an,
ob da irgendwas auffällig ist?

Zeuge Werner Gatzer: Ja.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Das passiert an der Stelle schon.

Zeuge Werner Gatzer: Ja, genau. Das
passiert schon.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Vielleicht noch mal ganz allgemein zum Hin-
tergrund: Diese Pflicht, 25-Mio.-Vorlagen
dem Haushaltsauschuss vorzulegen: Wo
kommt das eigentlich her? Wo steht das? Wo
ist das verankert?

Zeuge Werner Gatzer: Das hat der
Haushaltsausschuss 1981 mal beschlossen -
ich weiß jetzt nicht, aufgrund welcher Motiva-
tion -, dass Beschaffungsvorhaben des Ver-
teidigungsministeriums damals auf 50 Millio-
nen DM, also bevor da Rechtsverpflichtun-
gen eingegangen werden, dem Haushalts-
ausschuss noch mal vorzulegen sind, und
seitdem ist das Usus.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also, das ist eine Vereinbarung zwischen
dem Haushaltsausschuss und dem Verteidi-
gungsministerium? Oder wie würden Sie
das - -

Zeuge Werner Gatzer: Vereinbarung
würde ich das nicht nennen. Das ist ein Be-
schluss des Haushaltsausschusses, dem
natürlich die Regierung Rechnung trägt.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Na ja, Sie haben ja vorhin zu Recht noch mal
auf die Ressortzuständigkeit verwiesen.
Deswegen frage ich das noch mal nach zum
besseren Verständnis. Ich bin keine Haus-
hälterin.

Zeuge Werner Gatzer: Ja.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
So. Also, da wird erst mal der Haushalt ver-
abschiedet, und dann hat jedes Ressort ja
erst mal sozusagen einen Spielraum, in dem
es autonom agieren kann. So. Und jetzt hat
der Haushaltsausschuss für dieses eine Mi-
nisterium sozusagen einen besonderen Be-
schluss gefasst. Gibt es so was auch für
andere Ministerien, oder gibt es sonst kein
Ministerium, was über 25 Millionen Anschaf-
fungen macht?

Zeuge Werner Gatzer: Also, jetzt hier in
dem Fall: Der Haushaltsauschuss hat das
seinerzeit nur für den Einzelplan 14, Vertei-
digungsministerium, beschlossen, und sie
haben es - - Haushaltsrechtlich auf andere
Art und Weise kann es sichergestellt werden,
dass der Haushaltsausschuss im Vollzug
noch mal beschäftigt werden will, zum Bei-
spiel durch qualifizierte Haushaltssperren.
Auch dann kann das Ressort ja nur handeln,
wenn diese Sperre aufgehoben wird.

Und wenn ich auf die Zuständigkeit und
die Eigenverantwortung des Ressorts ver-
weise, ist das zwischen den Ressorts der
Bundesregierung von mir gemeint gewesen.
Beschlüsse des Haushaltsausschusses
muss das Ressort natürlich beachten - oder
andere Beschlüsse.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Gut. Aber andere Ressorts sind ja im Prinzip
zufrieden. Die kriegen ihren Haushalt jähr-
lich, und im Rahmen dessen, was sie dort
haben, können sie frei agieren. Und das
BMVg muss eben jetzt aufgrund des Be-
schlusses zusätzlich - sozusagen eine zu-
sätzliche Kontrolle zu dem, was sonst üblich
ist - dann noch mal Verträge über 25 Millio-
nen vorlegen zur Genehmigung.

Zeuge Werner Gatzer: Ja.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt frage ich die CDU: Haben Sie noch

Drucksache 17/14650 – 812 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 116
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Fragen? - Nein. SPD? - Nein. FDP? - Nein.
Linke? - Kollege Koch.

(Markus Grübel (CDU/CSU): Jetzt
ausgerechnet er!)

Harald Koch (DIE LINKE): Nein, nein,
nein. Ach, ich verwende das im Wahlkampf,
Herr Grübel. Glauben Sie mir, das kommt
sehr gut an, wenn man dazwischenruft: Frei-
bier für alle! - Daran sieht man, welche Ein-
stellung hier teilweise vorhanden ist.

Herr Gatzer, ich habe nur eine Frage
noch: Sehen Sie bzw. das Haus Notwendig-
keiten, disziplinarisch oder strafrechtlich
gegen Mitarbeiter im Bundesfinanzministe-
rium vorzugehen wegen dem Schaden, der
hier angerichtet wurde?

Zeuge Werner Gatzer: Nein.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Keine weiteren Fragen mehr? - Dann kommt
Bündnis 90/Die Grünen. Herr Kollege Nouri-
pour.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Herr Staatssekretär, ist das - -
Sie haben ja völlig zu Recht - kennen ja die
Prozedur - beschrieben, dass Sie ja zum
Beispiel keine Rechtsprüfung eines Be-
schaffungsvertrages in Ihrem Hause vollzie-
hen. Also, gehen Sie davon aus, dass das
das federführende Ministerium macht?

Zeuge Werner Gatzer: Ja.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Und das ist im Falle vom Vertei-
digungsministerium dann die Rechtsabtei-
lung?

Zeuge Werner Gatzer: Kann ich nur
vermuten; es tut mir leid, Herr Nouripour.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ja, aber der Usus ist doch sozu-
sagen, dass die Rechtsabteilung des jeweils
zuständigen Hauses das macht?

Zeuge Werner Gatzer: Ja. Also, würde
ich jetzt vermuten, dass im Verteidigungs-
ministerium dann die Rechtsabteilung einge-
bunden wird. Ich vermute aber, dass auch
noch darüber hinaus andere Abteilungen bei
derartigen Maßnahmen eingebunden wer-
den, die darüberschauen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Gut. Das ist nicht geschehen,
haben wir jetzt die letzten Tage erfahren.
Das ist im Ministerium nicht passiert.

Ist das sozusagen normal, dass im Falle
eines Rechtsstreits nicht die Rechtsabteilung
eingeschaltet wird, sondern eine externe
Rechtsanwaltskanzlei? Ist das sozusagen
der übliche Weg? Würde das Ihr Haus so
machen?

Zeuge Werner Gatzer: Wir bedienen uns
auch in Einzelfällen externen Sachverstan-
des, also wir ziehen auch Anwaltskanzleien
zurate. Wir haben aber auch ein Justiziariat
im Finanzministerium, das Rechtsfragen
auch behandelt. Ich meine, hängt ja auch
davon ab, wenn es zu einer gerichtlichen
Auseinandersetzung kommt, ob ein Anwalts-
zwang ist oder nicht.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Es gibt - haben wir auch gelernt
die letzten Tage - eine Liste der relevantes-
ten Beschaffungsvorhaben, also der Katego-
rie A, und das sind dann die leitungsrele-
vanten Projekte, also, das sind diejenigen,
die dann auch bei der Leitung angesiedelt zu
sein haben, und derer gibt es 30. Das ist
auch dieselbe Liste, die dann, wenige Tage
bevor die sogenannte Reißleine gezogen
wurde, dem Kabinett vorgelegt wurde und
dann wahrscheinlich in Absprache auch mit
Ihrem Ministerium dann im Kabinett verab-
schiedet wurde.

Gibt es adäquat dazu einen in Ihrem
Hause bei den Zuständigkeiten - - dass es
sozusagen - - dass die Kategorie A im Ver-
teidigungsministerium eins zu eins umzuset-
zen ist in Ihrem Hause, dass das alles dem
Minister vorgelegt werden muss? Würde das
Sinn machen?

Zeuge Werner Gatzer: Jetzt bei Be-
schaffungsvorhaben? Bei Vorhaben dieser
Art?

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ja, ja, genau: der Bundeswehr.

Zeuge Werner Gatzer: Also, das - - Ja,
ja. Dass wir jetzt in meiner gut sieben-
einhalbjährigen Tätigkeit als Staatssekretär
für den Bundeshaushalt - - Dass wir einem
Minister, wenn es eskaliert, wenn es zum
Beispiel im Rahmen der Haushaltsaufstel-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 813 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 117
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

lung Fragen gibt, ob ein Projekt veranschlagt
werden soll im Haushalt, wie es veranschlagt
werden soll, in welcher Größenordnung es
veranschlagt wird, ob es überhaupt etatreif
und dergleichen - - Wenn es im Rahmen der
Haushaltsaufstellung dort unterschiedliche
Auffassungen gibt, beschäftigen sich auch
dann in diesem Prozess die jeweiligen
Minister damit.

Dass ich aber jetzt von mir aus mit einem
bestimmten Rüstungsvorhaben zielgerichtet
auf den Herrn Steinbrück oder Herrn
Schäuble zugegangen bin - was weiß ich, zu
Beginn der Legislaturperiode auf Herrn
Schäuble - und gesagt habe: Da ist A, B und
C - - zielgerichtet nicht. Dass man die Gele-
genheit nutzt, wenn jetzt zum Beispiel eine - -
das Thema, sei es in den Medien gerade
präsent oder auf andere Art und Weise sich
anbietet, dass man es dann anspricht, das ist
schon möglich; -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Also, es gibt nicht den Automa-
tismus.

Zeuge Werner Gatzer: - aber es gibt kein
formalisiertes Verfahren.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Gut. - Und es macht auch, wenn
ich es richtig verstanden habe, aus Ihrer
Sicht keinen Sinn, wenn das Ministerium für
Verteidigung ein Projekt mit A einstempelt,
dass Sie dann gleich damit zu Ihrem Minister
rennen, oder?

Zeuge Werner Gatzer: Nein.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Weil Sie sind ja federführend.

Zeuge Werner Gatzer: Genau.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Herzlichen Dank.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich sehe keine weiteren Fragen mehr. Dann
sind wir am Ende der Zeugenbefragung.

Herr Staatssekretär, ich darf Sie noch mal
darauf hinweisen, dass Ihnen nach Fertigung
des Protokolls dieses für mögliche Korrek-
turen vom Sekretariat zugesandt wird. Zuletzt
erinnere ich Sie daran, dass nach § 26
Abs. 2 PUAG der Untersuchungsausschuss

durch Beschluss feststellt, dass die Verneh-
mung des Zeugen abgeschlossen ist. Die
Entscheidung darf erst ergehen, wenn nach
Zustellung des Vernehmungsprotokolls zwei
Wochen verstrichen sind oder auf die Ein-
haltung dieser Frist verzichtet worden ist.

Herr Staatssekretär, ich bedanke mich für
Ihr Kommen und wünsche Ihnen alles Gute.

Zeuge Werner Gatzer: Danke schön,
Frau Vorsitzende.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich unterbreche die Sitzung. Wie lang müs-
sen wir eine Unterbrechung machen?

(Markus Grübel (CDU/CSU):
Fünf Minuten!)

- Fünf Minuten. - Gut, dann unterbreche ich
die Sitzung für fünf Minuten. Der Herr Minis-
terialdirektor Jansen ist auch schon da. Gut,
dann geht es weiter um fünf nach halb sechs.

(Unterbrechung von
17.29 bis 17.36 Uhr)

Drucksache 17/14650 – 814 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 118
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich setze die unterbrochene Sitzung fort.
Sehr geehrter Herr Dr. Jansen, ich be-

grüße Sie sehr herzlich im Namen des
Untersuchungsausschusses.

Wir kommen nun zur Vernehmung des
Zeugen Ministerialdirektor Dr. Paul Jansen,
Bundesministerium der Verteidigung.

Vernehmung des Zeugen
Dr. Paul Jansen

Herr Dr. Jansen, ich weise Sie darauf hin,
dass die Sitzung aufgezeichnet wird. Dieses
dient ausschließlich dem Zweck, die steno-
grafische Aufzeichnung der Sitzung zu er-
leichtern. Die Aufnahme wird später gelöscht.
Das Protokoll dieser Vernehmung wird Ihnen
nach Fertigstellung zugestellt. Sie haben
anschließend die Möglichkeit, Korrekturen
und Ergänzungen vorzunehmen.

Herr Dr. Jansen, Sie sind mit Schreiben
vom 28. Juni 2013 geladen worden. Das
Beweisthema ist Ihnen mit dem Untersu-
chungsauftrag und dem Beweisbeschluss
zugegangen. Der Beweisbeschluss ist Ihnen
und den Mitgliedern bekannt. Auf eine Ver-
lesung kann daher verzichtet werden. Die
erforderliche Aussagegenehmigung liegt den
Ausschussmitgliedern als Tischvorlage vor.

Herr Dr. Jansen, nach den Vorschriften
der Strafprozessordnung, die im Untersu-
chungsverfahren sinngemäß Anwendung
finden, und den Vorschriften des Gesetzes
zur Regelung des Rechts der Untersu-
chungsausschüsse des Deutschen Bundes-
tages - im Folgenden verwende ich die Ab-
kürzung PUAG - muss ich Sie zunächst be-
lehren. Sie sind als Zeuge verpflichtet, die
Wahrheit zu sagen. Ihre Aussagen müssen
daher richtig und vollständig sein. Sie dürfen
nichts weglassen, was zur Sache gehört, und
nichts hinzufügen, was der Wahrheit wider-
spricht.

Ich habe Sie außerdem auf die möglichen
strafrechtlichen Folgen eines Verstoßes
gegen die Wahrheitspflicht hinzuweisen.
Danach kann derjenige, der vor dem Unter-
suchungsausschuss uneidlich falsch aus-
sagt, gemäß § 153 des Strafgesetzbuches
mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu
fünf Jahren bestraft werden.

Nach § 22 PUAG können Sie die Aus-
kunft auf solche Fragen verweigern, deren
Beantwortung Sie selbst oder Personen, die
im Sinne des § 52 Abs. 1 Strafprozessord-

nung Ihre Angehörigen sind, in die Gefahr
bringen würde, einer Untersuchung nach
gesetzlich geordnetem Verfahren ausgesetzt
zu werden.

Sollten Teile Ihrer Aussage aus Gründen
des Schutzes von Dienst-, Privat- oder Ge-
schäftsgeheimnissen nur in einer nach der
Geheimschutzordnung des Bundestages
eingestuften Sitzung möglich sein, bitte ich
Sie um einen Hinweis, damit eine entspre-
chende Einstufung erfolgen kann.

Ich möchte in diesem Zusammenhang da-
ran erinnern, dass im Falle einer Einstufung
der Vernehmung mit einem Geheimhal-
tungsgrad VS-Vertraulich und höher ein
Wechsel des Sitzungssaales erforderlich
wird. Daher möchte ich Sie bitten, etwaige
Vernehmungsteile, die einer entsprechenden
Einstufung bedürfen, gesammelt am Ende
der Vernehmung zur Sprache zu bringen.

Nachdem ich Ihnen den Gegenstand der
Vernehmung erläutert, Sie zur Wahrheit er-
mahnt und belehrt habe, komme ich nun zur
Vernehmung zur Person. Herr Dr. Jansen,
bitte nennen Sie uns Ihren Namen, Ihren
Familienstand und Ihren Wohnort.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Frau Vorsit-
zende, mein Name ist Paul Jansen. Ich bin
verheiratet, Vater von drei Kindern und
wohnhaft in Bonn.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich komme nun zur Vernehmung zur Sache.
Herr Dr. Jansen, zunächst gebe ich Ihnen die
Gelegenheit, dem Ausschuss das im Zu-
sammenhang darzulegen, was Ihnen von
dem Gegenstand der Vernehmung bekannt
ist. Anschließend erhalten die Mitglieder des
Ausschusses in einer festgelegten Reihen-
folge das Wort. Sollten Teile Ihrer Aussage
aus Gründen des Schutzes von Dienst-
geheimnissen nur in einer höher eingestuften
Sitzung möglich sein, bitte ich Sie erneut um
einen Hinweis, damit eine entsprechende
Einstufung erfolgen kann. - Bitte schön, Sie
haben das Wort.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Vielen Dank,
Frau Vorsitzende. - Sehr geehrte Damen und
Herren Abgeordnete! Ich danke für die Mög-
lichkeit, eingangs einige zusammenhän-
gende Bemerkungen zum Thema machen zu
können. Ich will mich dabei kurzfassen und
bitte im Übrigen um Nachsicht, wenn ich
vielleicht zwischendurch das eine oder an-
dere Mal huste. Ich stecke mitten in einer

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 815 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 119
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Sommergrippe, wie Sie vielleicht auch an
meiner Stimme hören.

Mit Jahresbeginn 2008 wurde mir nach
Vorverwendungen als Referatsleiter und
Unterabteilungsleiter in diesem Bereich die
Leitung der damaligen Abteilung Haushalt
übertragen. Im Zuge der Umstrukturierung
des Bundesministeriums der Verteidigung im
Rahmen der Neuausrichtung der Bundes-
wehr sind dann die Aufgaben des Control-
lings hinzugekommen. Die zum 1. April 2012
auf dieser Basis neu aufgestellte Abteilung
mit zwei Unterabteilungen trägt die Bezeich-
nung Haushalt und Controlling, abgekürzt
HC.

Die aus sechs Referaten bestehende
erste Unterabteilung nimmt die Aufgaben der
Grundsatzangelegenheiten des Haushalts,
der Haushaltsaufstellung und des Haushalts-
vollzugs wahr. Als weitere Unterabteilung ist
HC II mit insgesamt fünf Referaten zuständig
für Controlling und Rechnungswesen sowie
Bundesrechnungshofangelegenheiten.

Als Leiter der Abteilung HC nehme ich für
das Ministerium die Funktion des Beauftrag-
ten für den Haushalt nach § 9 BHO wahr.
Dabei werde ich von der Unterabteilung I
unterstützt, in der die Referatsleiterinnen und
Referatsleiter Beauftragte für den Haushalt
für das ihnen zugewiesene Sachgebiet sind.

Bezüglich der bereits erwähnten Verant-
wortung für die Aufstellung und Ausführung
des Haushaltsplans will ich durch kurze Er-
läuterung der diesbezüglichen Verfahren die
haushaltsseitigen Aufgaben und Funktionen
vorstellen, dies insbesondere mit Blick auf
Entwicklungs- und Beschaffungsprojekte. Ich
verzichte hier auf Vollständigkeit der Dar-
stellung des Ablaufs der Haushaltsaufstel-
lung wie auch auf Ausführungen zu dem seit
2011 geänderten Verfahren des regierungs-
internen Top-down-Ansatzes und des im
Zuge der Neuausrichtung der Bundeswehr
entwickelten Integrierten Planungsprozesses.

Bei der Erstellung der Haushaltsanmel-
dung des BMVg melden die Bedarfsträger
unter Einbeziehung der jeweiligen Bewirt-
schafter ihren Finanzmittelbedarf bei den
Kapitelreferaten meiner Abteilung an und
begründen diesen im Einzelnen. Bewirt-
schafter sind dabei Referate in den übrigen
Abteilungen des Ministeriums, denen die
Haushaltsabteilung aus Gründen der enge-
ren Verbindung zur Fachseite einen Teil der
Aufgaben des Beauftragten für den Haushalt,
nämlich die Bewirtschaftung der rund 340
Titel des Einzelplans 14, übertragen hat. Die

Bewirtschafter überprüfen im Rahmen ihrer
abgeleiteten Haushaltsverantwortung die
Bedarfsmeldungen auf sachliche Notwendig-
keit sowie Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit
der geplanten Mittelverwendung und verän-
dern diese gegebenenfalls, bevor sie ihre
Anmeldung zum Haushalt und zur Finanz-
planung an die Kapitelreferate der Haus-
haltsabteilung weitergeben.

Im Bereich der Abteilung Ausrüstung, In-
formationstechnik und Nutzung, bis 31. März
letzten Jahres die Hauptabteilung Rüstung,
führt das zuständige Bewirtschafterreferat
hierzu im Vorfeld sogenannte Jahrespro-
grammverhandlungen für Entwicklung und
Beschaffung durch, in denen titelbezogen
sowohl alle neuen als auch laufende Projekte
auf Basis aktueller Erkenntnisse vorgestellt
und im Hinblick auf den Finanzbedarf für die
Haushaltsanmeldung bewertet werden. An
diesen Veranstaltungen nehmen die zustän-
digen Kapitelreferate teil und erhalten so
Informationen für ihre weitere Arbeit, bei-
spielsweise Vorabinformationen über abseh-
bar erforderlich werdende Unterrichtungen
des Verteidigungs- und Haushaltsausschus-
ses, insbesondere auch im Rahmen soge-
nannter 25-Millionen-Euro-Vorlagen.

Die auf dieser Basis von den Bewirt-
schaftern zugeleiteten Anmeldungen werden
von den Kapitelreferaten der Haushalts-
abteilung auf ihre Haushaltsreife geprüft, das
heißt unter anderem auch darauf, ob der
gemeldete Finanzbedarf begründet ist und im
jeweiligen Haushaltsjahr voraussichtlich
kassenwirksam werden wird. Insbesondere
neu angemeldete Projekte werden anhand
der bedarfsbegründenden Dokumente dahin
gehend untersucht, ob der angemeldete
Bedarf unter wirtschaftlichen, zeitlichen und
technischen Gesichtspunkten realisierbar ist.

Das Ergebnis aller dieser Prüfungen
spiegelt sich in dem Haushaltsvoranschlag
wider, den das BMVg dem Bundesministe-
rium der Finanzen übersendet und gleichzei-
tig dem Bundesrechnungshof zur Kenntnis
gibt. Das mit dem BMF erzielte Verhand-
lungsergebnis fließt in den Regierungsent-
wurf des Bundeshaushaltsplans und den
Finanzplan ein. Zum Regierungsentwurf
gehört insbesondere in Bezug auf Entwick-
lungs- und Beschaffungsvorhaben die Er-
stellung des Entwurfs der sogenannten Ge-
heimen Erläuterungsblätter zu dem Kap.
1416, „Militärische Beschaffungen“, und Kap.
1420, „Wehrforschung, wehrtechnische und
sonstige militärische Entwicklung und Erpro-

Drucksache 17/14650 – 816 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 120
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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bung“. In diesen werden, basierend auf
einem Beitrag des Bewirtschafterreferats und
in Abstimmung mit dem Bundesministerium
der Finanzen, die vorgesehenen Titelansätze
auf die voraussichtlich kassenwirksam wer-
denden Finanzbedarfe der bei dem jeweili-
gen Titel veranschlagten Vorhaben aufge-
schlüsselt. Dabei werden Veränderungen im
Finanzbedarf gegenüber dem Ansatz des
Vorjahres vorhabenbezogen explizit ausge-
wiesen und begründet.

Das Vorhaben Euro Hawk ist so erstmals
in die Geheimen Erläuterungsblätter des
Haushaltes 2005 aufgenommen worden und
bis zum aktuellen Haushalt 2013 in seinen
Haushaltsansätzen nachvollziehbar. Neben
weiteren vorbereitenden Unterlagen werden
gerade auch diese Geheimen Erläuterungs-
blätter dem Verteidigungsausschuss und
dem Haushaltsausschuss zu den Haushalts-
beratungen zugeleitet.

Mit Inkrafttreten des Haushalts beginnt
der Haushaltsvollzug mit der Zuweisung der
Ausgabemittel, der Verpflichtungsermächti-
gungen sowie der Planstellen und Stellen
durch das BMF. Diese werden sodann in
Verantwortung der Unterabteilung I weiter
auf die Ebene der Bewirtschafter in den je-
weiligen Abteilungen des BMVg verteilt. Die
Bewirtschaftungsbefugnis umfasst dabei das
Recht, im Rahmen der zugewiesenen Haus-
haltsmittel und der im Haushaltsplan zum
Ausdruck kommenden Zweckbestimmungen
selbstständig zu entscheiden, für welche
Maßnahmen und in welcher Höhe im Einzel-
nen Mittel verwendet werden. Dazu gehört
auch die Entscheidung zum Abschluss von
Verträgen, unbeschadet der Frage, ob diese
im Einzelfall der vorherigen parlamenta-
rischen Befassung bedürfen.

Die Bewirtschaftungsbefugnis beinhaltet
aber auch die Verpflichtung, zu überwachen,
dass die Haushaltsmittel wirtschaftlich ver-
wendet werden und zur Erfüllung der Aufga-
ben ausreichen. Zu beachten ist, dass die
Haushaltsmittelzuweisung lediglich eine Er-
mächtigung zur Verausgabung von Mitteln
oder zum Eingehen von Verpflichtungen
darstellt. Fällige Zahlungen werden entspre-
chend auf Basis von Kassenanordnungen
der Mittelbewirtschafter unmittelbar durch die
Bundeskasse ausgeführt.

Die Unterabteilung I überwacht den ge-
ordneten Vollzug des Haushalts und ist er-
mächtigt, bei Bedarf steuernd einzugreifen.
Dazu werden neben der kontinuierlichen
Bewertung der Einnahmen- und Ausgaben-

stände auf Kapitel- und Titelebene monat-
liche Besprechungen durchgeführt, in denen
insbesondere Auskünfte zum Stand der Be-
wirtschaftung einschließlich einer Prognose
zum Jahresende erteilt werden. Aufgrund
dieser titelbezogenen Betrachtung werden
Einzelvorhaben grundsätzlich nicht und,
wenn doch, allein unter dem Aspekt des Fi-
nanzbedarfs angesprochen.

Im Ergebnis sind die Aktivitäten in der
Haushaltsabteilung darauf ausgerichtet, ge-
gebenenfalls Steuerungsmaßnahmen recht-
zeitig zu ergreifen, um einen bedarfsgerech-
ten, zweckgebundenen sowie zeitgerechten
Gesamthaushaltsvollzug des Einzelplans 14
zu gewährleisten. Beispielhaft hierfür nenne
ich die Finanzierung der internationalen Ein-
sätze der Bundeswehr oder die Erwirtschaf-
tung von Einsparauflagen wie globale Min-
derausgaben. Auch die Steuerungsmaß-
nahmen beziehen sich stets auf die Titel-
ebene. Eine aktive Einflussnahme auf
dahinterliegende Vorhaben erfolgt haus-
haltsseitig nicht. Die Überwachung der ord-
nungsgemäßen Vertragsdurchführung - dazu
gehören auch die ordnungsgemäße Verwen-
dung der entsprechenden Haushaltsmittel -
ist Aufgabe des Mittelverwenders, im Falle
rüstungsinvestiver Vorhaben Aufgabe des
Bundesamtes für Ausrüstung, Informations-
technik und Nutzung der Bundeswehr.

Darüber hinaus erstellt die Haushalts-
abteilung im Rahmen von Rüstungsvorhaben
Beiträge zu Parlamentsvorlagen, die vom
Bundesministerium der Finanzen dem Haus-
haltausschuss zugeleitet werden. Bei diesen
Vorlagen handelt es sich um Instrumente der
parlamentarischen Kontrolle des Haushalts-
vollzuges, denen die bekannte Beschluss-
lage des Haushaltsausschusses zugrunde
liegt. Dabei ist zu unterscheiden zwischen
der Vorlage von Verträgen mit Verpflichtun-
gen über 25 Millionen Euro oder Vorlagen zu
Kostenüberschreitungen um mehr als
15 Prozent sowie sonstigen Vorlagen wie
Berichten oder Informationsvorlagen.

Im Falle des Euro Hawk waren dies die
25-Millionen-Euro-Vorlagen zunächst zur
Entwicklung eines Systems zur signalerfas-
senden luftgestützten weitreichenden Über-
wachung und Aufklärung vom 22. Dezember
2006, des Weiteren der dritte Änderungsver-
trag zur Entwicklung des Euro Hawk zur
Auslösung der zwei im Entwicklungsvertrag
vereinbarten Optionen sowie des ersten Ver-
trags über logistische Unterstützungsleistun-
gen für den Euro Hawk Full Scale Demons-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 817 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 121
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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trator vom 29. Mai 2009 und schließlich der
zweite Vertrag über Contractor-Logistics-
Support-Leistungen für den Euro Hawk Full
Scale Demonstrator vom 17. November
2011.

Gemäß den Regelungen des Customer
Product Management, das heißt den Verfah-
rensbestimmungen für die Bedarfsermittlung
und Bedarfsdeckung in der Bundeswehr,
erfolgt zudem eine haushaltsseitige Befas-
sung mit Rüstungsprojekten im Zusammen-
hang mit der Prüfung und Mitzeichnung be-
darfsbegründender Dokumente. Des Weite-
ren ist die Abteilung bei Vorlagen an die Lei-
tung des BMVg zu beteiligen, sofern in die-
sen haushaltsrelevante Aspekte enthalten
sind. Keiner Beteiligung der Abteilung HC
bedarf es allerdings, wenn sich die Projekt-
durchführung im Rahmen der Veranschla-
gung und der erteilten Bewirtschaftungs-
befugnis bewegt. Insoweit sind wir nicht kon-
tinuierlich und im Detail, sondern vielmehr
ereignisabhängig, nämlich bei wesentlichen
finanziellen Auswirkungen, in die Projekt-
durchführung einbezogen.

In der im letzten Jahr neu hinzugekom-
menen Aufgabe des Controllings unterstützt
die Unterabteilung HC II über mich die Lei-
tung des BMVg und dessen Geschäfts-
bereich bei der strategischen Steuerung. In
dieser Unterabteilung werden die Grund-
lagen dafür gelegt, zielgerichtete Führung,
orientiert an Wirkung und Wirtschaftlichkeit,
durch Controlling zu unterstützen und kon-
zeptionell zu unterlegen. Dazu wurden im
Zeitraum von Juli 2011 bis Juni 2012 die
Controllingprozesse Zielsetzung, Zielverein-
barung und Zielnachhaltung, beginnend bei
der Leitung des BMVg, ressortspezifisch
konzipiert. Auf dieser Grundlage implemen-
tieren die Abteilungen derzeit ein Controlling
zur Unterstützung ihrer eigenen strategi-
schen Steuerung. Der Einführungsprozess
soll im Geschäftsbereich bis 2015 abge-
schlossen sein.

Im Ergebnis liegen die Aufgaben meiner
Abteilung im Bereich des zentralen Control-
lings. Ein Projektcontrolling ist Aufgabe der
Fachabteilungen. Entsprechend liegt das
Controlling für das Projekt Euro Hawk in der
Zuständigkeit der Abteilung Ausrüstung,
Informationstechnik und Nutzung.

Darüber hinaus ist die Unterabteilung II
zentrale Ansprechstelle für den Bundesrech-
nungshof und die ihm nachgeordneten Prü-
fungsämter des Bundes. Dort werden die
Stellungnahmen in den das BMVg betreffen-

den Prüfungsverfahren sowie die Vor- und
Nachbereitung der Sitzungen des Rech-
nungsprüfungsausschusses koordiniert.
Beim Bundesrechnungshof ist im Wesent-
lichen die Abteilung IV mit fünf Referaten und
einem Teilreferat sowie zahlreichen Prü-
fungssachgebieten in den nachgeordneten
Prüfungsämtern des Bundes allein für den
Geschäftsbereich des BMVg zuständig.

Ausdruck einer hohen Prüfdichte in unse-
rem Ressort sind die durchschnittlich 100
Prüfungen pro Jahr, die der Bundesrech-
nungshof und die ihm nachgeordneten Prü-
fungsämter über alle Dienststellenebenen im
Geschäftsbereich durchführen. In aller Regel
verläuft die Zusammenarbeit problemlos.
Treten in Einzelfällen im Rahmen einer Prü-
fung Probleme auf, die vor Ort nicht gelöst
werden können, wenden sich die Prüferinnen
und Prüfer des Bundesrechnungshofs und
seiner Prüfungsämter an mein zentral für den
Geschäftsbereich BMVg eingerichtetes
Koordinierungsreferat. Nach Ermittlung des
zugrundeliegenden Sachverhaltes gelingt es
fast immer, die Prüfung nach entsprechender
Intervention im Sinne des BRH bzw. der
Prüfungsämter fortzusetzen.

Führt eine Prüfung zu einer Prüfungsmit-
teilung, wird diese üblicherweise meinem
zuständigen Referat in der Unterabteilung II
zugeleitet. Dieses koordiniert die weitere
Bearbeitung und antwortet unter Einschal-
tung der Kapitelreferate und gegebenenfalls
nach Befassung der Leitung dem Hof oder
dem Prüfungsamt. Insgesamt pflegen wir ein
ausgesprochen gutes und freundschaftliches
sowie kommunikatives Verhältnis zu den
Damen und Herren des Hofes und der Prü-
fungsämter.

Die Prüfung der Entwicklung des Systems
Euro Hawk markiert einen der überschau-
baren Fälle, in denen der Umfang der Prü-
fungs- und Erhebungsrechte wegen der
ITAR-Sperrvermerke zwischen dem Bundes-
rechnungshof und dem BMVg strittig war.
Insoweit verweise ich auf die recht ausführ-
liche Darstellung dieser Problematik unter
Ziffer 2.5 des Abschlussberichtes der Ad-
hoc-Arbeitsgruppe vom 5. Juni 2013, dort die
Seiten 56 ff. Ergänzend zu den dortigen
Ausführungen erlaube ich mir den Hinweis,
dass die Prüfer über 600 Unterlagen erbeten
haben, von denen ihnen mehr als 400 unver-
züglich bereitgestellt worden waren. Proble-
matisch gestaltete sich die Überlassung der
restlichen mit einem ITAR-Sperrvermerk
versehenen rund 200 Unterlagen. Diese

Drucksache 17/14650 – 818 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 122
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

wurden dem Bundesrechnungshof schließ-
lich am 23. Mai dieses Jahres nach ihrer
Einstufung als VS-Geheim und unmittelbar
im Anschluss auch dem Parlament zur Ver-
fügung gestellt.

Aus der seit Anfang 2011 laufenden Prü-
fung zum Thema Euro Hawk sind zwei an
den Haushaltsausschuss des Deutschen
Bundestages adressierte Berichte des Bun-
desrechnungshofes nach § 88 Abs. 2 BHO
hervorgegangen. Das sind zum einen der
Bericht vom 3. Juni dieses Jahres zur Ent-
wicklung des Systems Euro Hawk und zum
anderen der auf Bitte des Haushaltsaus-
schusses gefertigte Bericht vom 20. Juni
2013 über die Prüfung der zeitlichen Abfolge
und Höhe der beauftragten Änderungsver-
träge. Im Hinblick auf die Rolle meiner Ab-
teilung sind mir in diesem Zusammenhang
zwei Aussagen des Bundesrechnungshofs
von großer Wichtigkeit.

In seinem Anschreiben zum Bericht vom
3. Juni 2013 geht der Bundesrechnungshof
noch einmal auf die unterschiedliche Aus-
legung der Prüfungs- und Erhebungsrechte
ein, um dann festzustellen, dass er keine
Anhaltspunkte dafür gefunden habe, dass
das BMVg die Erörterung der Prüfungsrechte
betrieben habe, um Informationen zum Pro-
jekt Euro Hawk zu verbergen.

Der zweite Punkt. Im Anschreiben zum
zweiten Bericht vom 20. Juni stellt er heraus,
dass er keine Hinweise dafür gefunden habe,
dass die Projektleitung gezielt Leistungen mit
separaten Änderungsverträgen beauftragt
habe, um eine Unterrichtung des Parlaments
zu umgehen.

Dies zeigt - und damit komme ich zum
Ende meines Statements -, dass bei allem,
was im Nachhinein auch kritisch zum Vor-
haben Euro Hawk angemerkt werden kann,
die Rechte des Bundesrechnungshofes be-
achtet und gebotene Parlamentsbefassun-
gen vorgenommen wurden. - Ich danke
Ihnen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön, Herr Dr. Jansen. - Wir haben
für die Befragung ein Zeitbudget. Das
bedeutet für die CDU/CSU 23 Minuten, SPD
14, FDP 9, die Linke 7 und Bündnis 90/Die
Grünen ebenfalls 7 Minuten. - Ich gebe das
Wort dem Kollegen Grübel.

Markus Grübel (CDU/CSU): Herr
Dr. Jansen, nach welchen Kriterien und Ge-
sichtspunkten bewerten Sie Rüstungspro-

jekte? Ist da nur die Frage: Sind Haushalts-
vorkehrungen getroffen? Prüfen Sie: Ist es
wirtschaftlich sinnvoll? Prüfen Sie: Ist es
rüstungspolitisch geboten oder militärisch
erforderlich? Oder was prüfen Sie als Haus-
haltsabteilung?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Herr Abgeord-
neter, zunächst einmal ist es so, dass die
Entscheidung darüber, welche Rüstungs-
projekte seitens des BMVg angegangen
werden sollen, Sache des Generalinspek-
teurs und der Bundeswehrplanung - das ist
der alte Begriff für diesen Sachverhalt -, Sa-
che des Generalinspekteurs und der Ent-
scheidungen dort ist.

Die Haushaltsabteilung kommt dann ins
Spiel, wenn Phasenpapiere zu diesen Vor-
haben erstellt werden. Diese Phasenpapiere
prüfen wir über alle Veränderungen, die es in
den Abläufen und Prozeduren der letzten
Jahre und Jahrzehnte gegeben hat, intensiv
mit, und wir kommen dann ins Spiel, wenn
sich die Realisierung der Vorhaben so weit
konkretisiert, dass hierfür haushalterische
Vorkehrungen zu treffen sind.

Und hier prüfen wir im Rahmen unserer
Möglichkeiten die Frage der Wirtschaftlich-
keit. Frage der Haushaltsreife, das heißt: Ist
das Vorhaben tatsächlich so weit fortge-
schritten, dass es eine realistische Chance
hat, in einer bestimmten jährlichen Abfolge
auch realisiert zu werden?

Das heißt konkret: Wenn ein Vorhaben
Platz in den Geheimen Erläuterungsblättern
finden soll, dann will ich dort keine Wunsch-
vorstellungen einbringen, sondern es sollen
realisierbare Planungen sein. Dieses wird in
einem vielschichtigen Prozess unter Beteili-
gung der Abteilung Ausrüstung, Informa-
tionstechnik und Nutzung abgeklopft, bevor
dann am Ende das auf dem Tisch liegt, was
ich vorhin angesprochen habe: die Gehei-
men Erläuterungsblätter zu einem Haushalt.

Markus Grübel (CDU/CSU): Im Vorfeld
des Vertragsabschlusses, spätestens dann
im Jahr 2006, haben Sie da in Ihrer Abteilung
eine Risikobewertung durchgeführt, ob die
Risiken im Vertrag, insbesondere das Zulas-
sungsrisiko, angemessen verteilt sind?

Das war vor Ihrer Zeit als Abteilungsleiter.
Da waren Sie Unterabteilungsleiter Personal,
also nicht persönlich damit befasst, aber
vielleicht wissen Sie das aus den Unterlagen
Ihrer Abteilung.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 819 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 123
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Dr. Paul Jansen: Herr Abgeord-
neter, es ist in der Tat so. Ich mache es ein-
mal fest an der 25-Millionen-Vorlage und
deren Vorbereitung, über die das Parlament
ja dann 2006 entschieden hat: Im Vorfeld
läuft der Abteilung Haushalt üblicherweise
dann ein Entwurf der damaligen Abteilung
Rüstung zu - Grundlage für die Erstellung
unseres Beitrages zur 25-Millionen-Vorlage
des BMF. Dieses ist üblicherweise ein Mo-
ment, wo wir dann sehr intensiv mit der Ab-
teilung Rüstung das Gespräch suchen.

In dem konkreten Fall war es so, dass wir
eine sehr in die Tiefe gehende Fragenliste
entwickelt haben, die im Dialog mit der da-
maligen Abteilung Rüstung diskutiert haben
und auf dieser Basis dann unseren Beitrag
zur 25-Millionen-Vorlage gefertigt haben. Da
kamen alle diese Fragen, die Sie anspre-
chen, mit zum Vorschein.

Das Vorhaben selber stellt die Haushalts-
abteilung in einem solchen Moment nicht
infrage. Dann müssten - - Das wäre dann der
Fall, wenn wir bei der Prüfung feststellen
würden, dass die zugrundeliegenden Ver-
tragsentwürfe in einer Weise den Geboten
von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ent-
gegenstehen oder andere unter haushalte-
rischem Aspekt gravierende Schwachpunkte
aufweisen, dass wir dann sagen würden:
Liebe Abteilung Rüstung, das muss noch mal
mit dem potenziellen Auftragnehmer nach-
verhandelt werden. Der Vertrag, wie er hier
im Augenblick vorliegt, kann so nicht bleiben.

Das passiert allerdings hin und wieder
auch; aber ich kann mich an keinen Fall erin-
nern, wo die Abteilung Haushalt gesagt
hätte, nachdem also dieser weite Weg bis hin
zu einem Vertragsentwurf durchlaufen ist - -
dass das Vorhaben von uns dann noch mal
grundsätzlich infrage gestellt würde.

Markus Grübel (CDU/CSU): Sie sind
jetzt Abteilungsleiter Haushalt und Control-
ling, haben aber gerade hingewiesen auf das
Controlling, das in der Abteilung I, also Aus-
rüstung usw., stattfindet. Wie unterscheiden
sich die beiden Controllingverfahren?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Wir sind dabei,
im Bereich des Controlling etwas Neues zu
machen. Wir hatten bisher kein durchgehen-
des Controlling im Geschäftsbereich des
BMVg. Und der Gedanke, der mit dem Mas-
terplan Controlling - - Der Masterplan Con-
trolling ist entstanden im Zusammenhang mit
den elf Projekten, die der Minister zu Beginn

des Reformprozesses in Auftrag gegeben
hat. Das waren elf Projekte. Das elfte Projekt
hieß Steuerung und Controlling. Dieses ist
mir seinerzeit zugeschrieben worden.

Wir haben diesen Masterplan Controlling
entwickelt, der von der Leitung des BMVg bis
hin in den nachgeordneten Bereich ein
durchgehendes Controlling entwickelt, mit
einer klaren Trennung von Zuständigkeiten.
Dazu gehört, dass die Abteilungsleiter für
ihre jeweiligen Zuständigkeiten ein separates
Abteilungscontrolling entwickeln. Das ist im
Bereich Ausrüstung, Infrastruktur und Nut-
zung auch so angesetzt worden, dass die
bisherigen Controllingaktivitäten, die in dem
dortigen Bereich vorhanden sind, neu aufge-
setzt werden sollen. Es geht aber nicht um
eine Duplizierung.

Es geht nicht um eine Duplizierung. Das
heißt, das, was auf der Ebene des Abtei-
lungscontrollings an Erkenntnissen zusam-
mengetragen wird, wird nicht im zentralen
Controlling gewissermaßen noch mal nach-
gebetet, sondern summarisch in den Ergeb-
nissen aufgenommen. Konkret: Ein Vorha-
bencontrolling ist das zentrale Controlling
nicht.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wie gehen
Sie mit der Empfehlung Bundesrechnungshof
um: „Ein fachliches Controlling soll Projekt-
risiken bewerten, und zwar unabhängig von
den beteiligten Stellen“? So steht es im Be-
richt des Bundesrechnungshofes.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ich denke, die
Basisarbeit wird im originären Zuständig-
keitsbereich zu leisten sein. Dafür sind ge-
rade die größeren Vorhaben zu komplex, als
dass ein Externer - wie immer man jetzt
einen Externen definiert - hinreichend in die
Verästelungen der Vorhaben entsprechend
hineinschauen könnte und diese bewerten
könnte.

Aber ich hätte kein Problem damit, wenn
das in den zuständigen Abteilungen oder in
der Abteilung Ausrüstung, Informationstech-
nik und Nutzung so mitgetragen würde, dass
hier, in welcher Form auch immer, ergänzend
externer Sachverstand mit hinzugenommen
wird.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wir haben ja
bei der Anhörung der Zeugen aus der Indus-
trie zum Thema Kosten des Zulassungsver-
fahrens eine große Diskrepanz mitbekom-
men. Die Firma Northrop Grumman geht von

Drucksache 17/14650 – 820 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 124
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

maximal 193 Millionen Euro aus, während
das BMVg 500 bis 600 Millionen Euro an-
nimmt.

Können Sie diese Diskrepanz erklären,
bzw. haben Sie da eine Bewertung durch-
geführt, die das eine oder das andere bestä-
tigen kann? Und ist Ihre Bewertung einge-
flossen in die Bewertung des Hauses bzw.
der nachgeordneten Dienststellen WTD und
Bundesamt?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Nein. Als Haus-
haltsabteilung können wir weder die eine
noch die andere Zahl bzw. deren Entstehung
erklären. Aber die Darlegungen der Fach-
seite erscheinen mir plausibel. Die kritische
Distanz, die mein Kollege Selhausen zu den
Schätzungen der Industrie hat, kann ich auch
aus langjähriger Erfahrung ein Stück nach-
vollziehen.

Ich sage mal: Wenn es ein Angebot gäbe,
das keinerlei Ausweichmöglichkeiten und
Schlupflöcher enthalten würde und das da
sagt, für einen Betrag, wie Sie ihn gerade
genannt haben, wird diese Musterzulassung
garantiert, dann wäre das ein Wort. Aber ich
kann mir nicht vorstellen, dass die Industrie
sich zu einer solchen Aussage bereitfinden
könnte.

Markus Grübel (CDU/CSU): Das war
Thema der Anhörung: Thema Festpreis oder
Ähnliches.

Jetzt noch eine Frage. Es ist ja oft in den
Medien zu lesen, welcher Schaden entstan-
den ist, mit blumigen Worten, was da in den
Sand gesetzt worden wäre oder verschwen-
det wäre oder Ähnliches. Haben Sie mal eine
Bewertung, nachdem das Erprobungsverfah-
ren zu Ende geführt wird, über eine Scha-
denshöhe durchgeführt?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Gut, in dem Be-
richt der Ad-hoc-Arbeitsgruppe ist in dieser
Anlage C ja dargestellt: Wofür sind die Mittel
bislang verausgabt worden? Wir unterschei-
den ja hier die Ausgaben für das Luftfahr-
zeug und das andere eben für die ISIS-Ent-
wicklung und -Erprobung.

Der etwas größere Ausgabenteil bezieht
sich auf den Komplex ISIS, und dort ist ja
unzweifelhaft, dass wir die Erkenntnisse
dieser Entwicklung und Erprobung weiter
nutzen können - in welcher Form, wird zur-
zeit geprüft. Das Ergebnis steht noch nicht
fest, aber dass wir dieses ISIS-System nut-
zen werden, das steht fest. Insoweit würde

ich diesen Bereich aus einer potenziellen
Schadensbetrachtung herausnehmen.

Ob man den Rest als Schaden beziffern
muss oder als Schaden benennen muss - -
Jedenfalls haben wir für das Geld am Ende
nicht das, was wir gerne dafür bekommen
wollten. Wir haben sicherlich eine Menge
Erkenntnisse gewonnen, die über diesen
Vorgang hinaus weiter nutzbar sind und de-
ren Vorteilhaftigkeit sich schwer in Euro und
Cent beziffern lässt. Insoweit tue ich mich
etwas schwer, jetzt eine Zahl zu benennen
und der das Etikett „Schaden“ anzuheften.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Ich
würde gerne weiterfragen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege Silberhorn.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Vielen
Dank. - Wir haben im Rahmen dieses Unter-
suchungsausschusses erörtert, dass erst
nach Vertragsabschluss Klauseln über Ge-
währleistung und Schadensersatz in den
Vertrag aufgenommen worden sind. Sind Sie
in Ihrer Funktion als Leiter der Haushalts-
abteilung ebenfalls mit diesen Fragen befasst
gewesen, zumal ja damit auch fiskalische
Folgewirkungen eines Vertragsschlusses
geregelt werden können?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Herr Abgeord-
neter, das ist mir neu, dass nach Vertrags-
schluss der Vertrag - - Beziehen Sie sich
jetzt auf einen Änderungsvertrag?

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Im
Rahmen eines Änderungsvertrages.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Und was soll da
geändert worden sein?

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Es
wurden im Nachhinein Klauseln über Ge-
währleistung und Schadensersatz aufge-
nommen

(Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Frau Vorsitzende!)

in den Ursprungsvertrag.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Frau Kollegin Keul, Sie verstehen nicht,
oder? - Sie müssen beide ein bisschen lauter
sprechen.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 821 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 125
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Nein, nein. - Sie halten dem Zeugen ja jetzt
etwas vor, was hier im Ausschuss gesagt
worden sein soll. Das haben offensichtlich
nur Sie gehört. Vielleicht muss man dann
schriftlich was vorlegen. Ich teile das nicht,
was der Kollege gerade sagt, dass das hier
gesagt worden sein soll. Deswegen ist der
Zeuge auch verwirrt und muss ja irgendwie
auch wissen, was er dazu - -

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Dann einigen wir uns jetzt darauf, Herr
Dr. Jansen, und auch Sie, Herr Silberhorn,
dass Sie beide ein bisschen lauter sprechen,
damit wir uns nicht gar so sehr anstrengen
müssen.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ich will gerne
versuchen, es aufzuklären.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Und Ihre Behauptung: Vielleicht können Sie
noch genau sagen, wer das gesagt hat.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Wir ha-
ben mit dem ehemaligen Bundesverteidi-
gungsminister Dr. Jung darüber gesprochen,
dass erst auf seine Initiative Klauseln über
Gewährleistung und Schadensersatz aufge-
nommen worden sind.

(Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Von Anfang an! Im
ursprünglichen Vertrag!
Nicht nach Vertragsabschluss!)

- In den Vertrag 2007; okay. Entschuldigung,
falls hier ein Missverständnis entstanden sein
sollte.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ich kann mir
nicht vorstellen, dass wir im Nachhinein - -
Es wäre ja eine Vertragsänderung zulasten
des Bundes, wenn das der Fall wäre, was
Sie sagen. Das kann ich mir nicht vorstellen.
Und ich kann auch sagen, dass dieses die
Haushaltsabteilung mit Sicherheit nicht er-
reicht hat.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Darf ich
ergänzend fragen, ob es im Rahmen Ihrer
Zuständigkeiten auch Klauseln über Ver-
tragserfüllungsbürgschaften gibt? Es ist ja
andernorts Praxis, dass man die vertraglich
geschuldete Leistung nicht in vollem Umfang
bezahlt, sondern einen gewissen Prozentsatz
des Kaufpreises oder des vertraglichen Prei-

ses zurückbehält, um etwaige Gewährleis-
tungsforderungen damit sichern zu können.
Ist das im Rahmen Ihrer Zuständigkeiten im
BMVg üblich? Ansonsten würde ich anregen,
darüber nachzudenken.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Das ist meines
Erachtens gerade bei Entwicklungsverträgen
nicht üblich. Ich kann mich nicht erinnern,
dass wir eine solche Gestaltung schon hat-
ten.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Zum
Abschluss des Entwicklungsvertrages war ja
nach Auskunft vieler Zeugen hier bereits
zumindest bekannt, welches Risiko darin
bestehen könnte, dass die Entwicklung nicht
so erfolgreich verläuft, wie man sich das
gewünscht hat, mit entsprechenden Auswir-
kungen auf die Serienbeschaffung. Die Ent-
scheidung, die Serie nicht zu beschaffen, ist -
gehe ich recht in dieser Annahme? - im We-
sentlichen aus finanziellen Aspekten getrof-
fen worden, also aus einer Abschätzung über
mögliche Mehrkosten einer Fortführung oder
Beschaffung der Serie?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Herr Abgeord-
neter, ich kann Ihnen nicht folgen, wenn Sie
sagen, dass schon mit dem Abschluss des
Entwicklungsvertrages dieses Risiko, das
sich jetzt zeigt, absehbar gewesen wäre. Die
Einschätzungen seinerzeit zum Umgang und
zur Bewältigung des Themas „Musterprüfung
und Musterzulassung“ waren durchaus opti-
mistisch. Es wurde zwar auch als Herausfor-
derung gesehen, aber als eine Herausforde-
rung, die sehr wohl im gemeinsamen kon-
struktiven Vorgehen von Industrie und Amts-
seite zu lösen sein würde. Im Hintergrund
stand ja auch, dass der Global Hawk, auf
den der Euro Hawk luftfahrzeugseitig ja auf-
baut, schon viele Tausend Flugstunden hin-
ter sich hatte, dass er in den USA - -

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Ich
denke, ich kann es abkürzen. Vielleicht lag
hier ein Missverständnis vor. Ich wollte kei-
neswegs behaupten, dass man das hinterher
eingetretene Risiko im Vorhinein abgesehen
hat. Man war sich darüber bewusst, dass es
ein Risiko gibt; aber man hatte auch die Ein-
schätzung, dass das Risiko sich nicht reali-
sieren würde.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ja.

Drucksache 17/14650 – 822 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 126
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Inso-
fern wollte ich jetzt keinen falschen Eindruck
erwecken. Ich wollte nur die Frage stellen, ob
es im Wesentlichen finanzielle Aspekte ge-
wesen sind, die zu der Entscheidung geführt
haben, die Serie nicht zu beschaffen. Und
lag dieser Einschätzung auch eine Abschät-
zung darüber zugrunde, welche Kosten da-
raus entstehen, dass man nach einem alter-
nativen Trägersystem schauen muss?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Das Geld und
die zusätzlich entstehenden Ausgaben einer
Serie auf der Basis einer Musterzulassung
waren in der Tat der entscheidende Faktor
für die jetzt getroffene Entscheidung. Und
das heißt, wieder zugrunde liegt die Ein-
schätzung der Fachseite, die ja auch durch
die IABG, durch das Gutachten der IABG, im
Grundsatz bestätigt wird, dass wir eine halbe
Milliarde und mehr zusätzlich in die Hand
nehmen müssten, um den Euro Hawk in der
Serie zu realisieren. Und hier hat sich dann
in der Bewertung ein Missverhältnis zwi-
schen Kosten und Nutzen herausgestellt, das
dann zu der bekannten Entscheidung geführt
hat.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Der Vi-
zepräsident von Northrop Grumman, Herr
Pamiljans, hat heute hier geäußert, dass die
Serienbeschaffung des Euro Hawk das wir-
kungsvollste und kostengünstigste System
wäre. Wie bewerten Sie diese Einschätzung
aus Ihrer Sicht?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ich kann aus
Sicht dieses Zeugen gut nachvollziehen,
dass er das so sagt. Ich stelle auch über-
haupt nicht die Leistungsfähigkeit, die ab-
sehbar oder möglicherweise erreichbare
Leistungsfähigkeit, eines Euro Hawk infrage.
Aber der springende Punkt ist: Welches zu-
sätzlichen Mitteleinsatzes bedarf es, um die
Musterzulassung zu erreichen? Und wenn es
dann industrieseitig dieses eben schon von
mir angesprochene absolut wasserdichte
Angebot gäbe - nach dem Motto: da kommt
aber auch kein Cent mehr von der Seite
dazu -, dann hätten wir aus meiner Sicht eine
neue Lage. Nur wird es dieses Angebot nicht
geben.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt ist die Redezeit der CDU/CSU zu
Ende. - Die SPD. Herr Kollege Bartels.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Vielen
Dank. - Zunächst mal herzlichen Dank Ihnen,
dass Sie uns das hier ermöglichen, trotz der
Angeschlagenheit. Damit bleiben wir hier im
Plan, und Sie helfen uns sehr.

Vielleicht können Sie mir auch bei einer
Frage helfen, die mal zu klären ist, damit wir
es ein für alle Mal haben. Was ist jetzt der
Gesamtumfang der bis Ende 2013 vorgese-
henen Haushaltsmittel? In der Anlage C zum
Ad-hoc-Bericht gibt es ja eine Aufstellung
aus den Geheimen Erläuterungen. Ich habe
mir das auch mal zusammengerechnet - also
auch vorher schon, bevor wir das hatten -
und komme in dem Teil „Wehrtechnische
Entwicklung und Erprobung Breguet-Atlantic-
SIGINT-Nachfolge Euro Hawk“ auf zusam-
men 599 Millionen Euro, die bis 2011 ausge-
geben, 2012 bewilligt und 2013 veranschlagt
sind, also bis Ende 2013 vorgesehene Haus-
haltsmittel in dem Entwicklungsteil „SIGINT
Euro Hawk“ 599 Millionen Euro. Und in dem
Teil „Beschaffung von Flugzeugen, Euro
Hawk, Anfangsflugbefähigung, Full Scale
Demonstrator“ sind 89 Millionen Euro bis
Ende 2013 vorgesehen. Das ist sozusagen
das, was Stand jetzt - wir sind im Jahr 2013 -
haushaltsmäßig beschlossen ist. Macht zu-
sammen 688 Millionen Euro - nur damit wir
diese Zahl mal fassbar haben. Also, das ist
die, die ich immer gerne benutze, weil das ist
halt das vom Parlament beschlossene Geld
für den Euro Hawk. Ist das richtig?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Herr Abgeord-
neter, fast treffgenau. Ich kann Ihnen die
Zahl geben, die sich ergibt, wenn wir bei der
Planung so bleiben, dass der Full Scale De-
monstrator bis zum 30. September in der
Nutzung bleibt - bis zum 30. September; das
ist ja der vorgesehene Termin. Und dann
ergibt sich, dass wir bis jetzt 580 Millionen
Euro in der Entwicklung verausgabt haben.
Dazu kommen noch diese 5,2 Millionen, die
noch zusätzlich zu kontrahieren sind, also
etwa 585 Millionen in der Entwicklung. Und in
der Beschaffung sind es 83 Millionen. Wir
nehmen ja die letzten drei Monate nicht mehr
in dieser Betrachtung in Anspruch, sodass es
nicht 688, sondern 668 Millionen sind.

Dieses kontrastiert in der Entwicklung mit
dem, was in den Geheimen Erläuterungen
des laufenden Haushalts ausgebracht ist mit
711 Millionen. Also den 711 stehen 585 ge-
genüber. Und in der Beschaffung stehen ja
630 Millionen. Von den 630 Millionen sind
dann 83 Millionen verausgabt. Das heißt

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 823 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 127
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

umgekehrt: Die Beträge, die übrig bleiben - in
der Entwicklung 128 Millionen Euro, in der
Beschaffung in der 115-Millionen-Zeile
32 Millionen und die Serie mit 515 komplett,
das heißt 675 Millionen Euro -, sind freie
Planwerte, die für Neuausplanung zur Verfü-
gung stehen. Diese sind also nicht vertraglich
gebunden. Es sind freie Planwerte in Höhe
von 675 Millionen, die dann auch den Aus-
gangspunkt dafür bilden können, eine Alter-
nativlösung zu finden.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sind die
schon designiert für die Alternativlösung?
Oder könnten die - das wurde heute auch so
ein bisschen hin und her erörtert - auch ein-
gesetzt werden für die Entwicklung des Fu-
ture European MALE?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Gut, dem Euro
ist nicht anzusehen, wofür er verausgabt
wird. Theoretisch - das ist aber jetzt absolut
theoretisch; das betone ich - wäre man na-
türlich auch frei, zu sagen: Ich nehme diese
kompletten 675 Millionen für was ganz ande-
res - wofür auch immer; für was ganz ande-
res. Aber diese Fähigkeit ist hoch priorisiert.
Deswegen gehe ich davon aus, dass zur
Schließung dieser Fähigkeitslücke ein
Großteil oder der Großteil dieser Summe
eingesetzt werden wird.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wir hör-
ten, dass noch eine Zwischenentscheidung
beim Generalinspekteur zu treffen ist, weil
noch zwei Verträge für die letzten Tests ab-
geschlossen werden sollen. Ist das richtig?
Und um wie viel Geld geht es da?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Die zweite Zwi-
schenentscheidung steht schon länger im
Raum. Wir brauchen sie allerdings nicht, um
diese 5,2 Millionen, von denen ich gerade
vorhin sprach - - Das ist das, was wir noch im
Entwicklungsbereich unter Vertrag zu neh-
men haben, um bis zum September zu
kommen. Um diese 5,2 Millionen zu kontra-
hieren, brauchen wir die zweite Zwischen-
entscheidung nicht - gemessen und bezogen
auf die Kostenobergrenze, die wir mit der
Vorlage zum dritten Änderungsvertrag von
2009 haben. Das waren nämlich 514 Millio-
nen Euro. Von diesen 514 Millionen Euro aus
brauchen wir im Rahmen der 15-Prozent-
Grenze keine vorherige Erhöhung der Kos-
tenobergrenze, sondern wir sind in der Lage,
diese 5,2 Millionen noch so zu kontrahieren.

Wenn es allerdings dann mehr würde, sähe
es anders aus.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber gibt
es noch eine Zwischenentscheidung?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ich habe keine
andere Information.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Also,
dass es sie gibt, oder, dass es sie nicht gibt?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Sie ist in Be-
arbeitung. Mir entziehen sich die Gründe,
weshalb diese zweite ZE so lange läuft. Aber
ich gehe davon aus, dass es sie am Schluss
noch geben wird.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Dass es
sie geben wird, obwohl sie nicht mehr nötig
wäre wegen der 15-Prozent-Überschreitung
des Haushaltslimits?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Sie wäre unter
diesem Kriterium nicht zwingend notwendig.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ich habe
gerade mal gerechnet. Also 514 Millionen zu
jetzt 668: -

Zeuge Dr. Paul Jansen: Nein, nicht zu
668, -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): - Das wä-
ren ja noch 15 Prozent.

Zeuge Dr. Paul Jansen: - zu den 585.
Sie können jetzt nicht den Beschaffungs-
anteil mit hinzunehmen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aha.
Okay.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Zu den 585.
Und in den 585 sind die 5,2 bereits mit drin;
und diese Differenz ist weniger als 15 Pro-
zent.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja.
Okay. - Wir haben im Bericht der Ad-hoc-
Arbeitsgruppe auch an zwei Stellen Hinweise
darauf, dass im Jahr 2011 die Beschaffung
von Langläuferteilen für die Serie zunächst
vorgesehen war. Es gab eine Leitungsvor-
lage. Dann haben die Staatssekretäre -
beide, Wolf und Beemelmans - erklärt, sie

Drucksache 17/14650 – 824 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 128
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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haben da Rückfragen. Dann ist es wieder zur
Abteilung Rüstung gegangen und am Ende
in der Abteilung entschieden worden: Das
wird nicht verfolgt; jetzt keine Beschaffung
von Langläuferteilen. - Das war ja eigentlich
2011 sozusagen eine substanzielle Ent-
scheidung in dem Programm. Wer musste an
so was beteiligt werden? Sie zum Beispiel?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Wir sind in der
Tat beteiligt gewesen. Es ist klar, das wäre ja
eine 25-Millionen-Vorlage geworden, wenn
wir das gemacht hätten.

Dieses Thema hatte, wie viele Themen,
einen längeren Vorlauf; und hier hat sich
meine Abteilung früh positioniert in dem
Sinne, dass wir angesichts der bereits ent-
standenen Kostensteigerungen und Zeitver-
zögerungen im Programm und auch ange-
sichts der noch nicht vorliegenden Entschei-
dungen zu den strukturbestimmenden
Hauptwaffensystemen diese Entscheidung
tunlichst in dem Moment noch nicht treffen
sollten. Das war damals klare Position der
Abteilung Haushalt.

Und dieses - das kann ich auch mit Ent-
schiedenheit sagen - war vollkommen los-
gelöst vom Thema Zulassung. Das Thema
Zulassung und Musterprüfung spielte dabei
überhaupt keine Rolle.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sondern?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ja, wie ich
sagte: die schon entstandenen Kostensteige-
rungen im Programm und die Zeitverzöge-
rungen, die wir hatten. Das Programm hatte
ja auch nach dem dritten Änderungsvertrag
den zeitlichen Pfad, der mit dem dritten Än-
derungsvertrag vorgesehen war, schon wie-
der verlassen. Der dritte Änderungsvertrag
hatte ja die bis dahin aufgelaufene Verzöge-
rung gewissermaßen nachvollzogen.

Aber auch der Zusammenhang mit den
strukturbestimmenden Systemen, wo eben
noch nicht klar war, dass in der abschließen-
den Entscheidung des Ministers diese fünf
Euro Hawks gesetzt sind - -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wer hat
den Ausschlag gegeben, dann nicht einzu-
steigen - also, es ist ja unterhalb der Ebene
der Staatssekretäre geprüft worden -: Sie
oder Selhausen?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Moment, diese
Erwägungen waren Erwägungen meiner
Abteilung im Dialog mit der Rüstungsabtei-
lung.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Dann ist
dem Minister aber später, 2012, aufgeschrie-
ben worden bei einer Vorbereitung für den
BDSV, dass die Konsequenz jetzt ist: Zulauf
der Seriensysteme frühestens ab 2018. - Das
wäre also mit der Entscheidung, die 2011
getroffen wurde.

In der Entscheidung, keine Entscheidung
zu treffen, hatte man sich schon verabschie-
det davon, dass zu den zunächst mal ge-
planten 2015, 2016 die Serienflugzeuge
kommen sollten - also nach dem damaligen
Zeitplan. Nun war man auf 2018 plus, also
schon acht Jahre nach dem Auslaufen von
Breguet Atlantic. Das ist doch ein Problem.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ich muss das
noch etwas präzisieren. Ich sprach davon,
dass die Überlegungen zu den Langläufer-
teilen auch eine längere Zeit in Anspruch
genommen haben. Die Bedenken, die wir
damals vorgetragen hatten, waren Argu-
mentationen vor der Entscheidung über die
strukturbestimmenden Hauptwaffensysteme.

Gegen Ende 2011 war die Position und
hatten sich die Dinge insoweit geändert, als
wir ja dem Zulauf des Full Scale Demons-
trator entgegensehen konnten; und zu die-
sem Zeitpunkt hätte die Haushaltsabteilung
eine 25-Millionen-Vorlage zur Beschaffung
mitgetragen, wenn dann nicht die weiteren
Erkenntnisse, die zunächst nicht bei uns
aufgelaufen sind, dazu geführt hätten, dass
die Überlegungen eingestellt worden sind.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber Sie
haben das zunächst einmal angehalten, die
Langläuferteilbeschaffung, weil?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Das war der
Zeitraum 2010.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Nein,
2011.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Nein, nein, ich
rede von Ende 2010, Anfang 2011.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ach so.
Gab es da auch schon eine Diskussion da-
rüber?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 825 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 129
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Dr. Paul Jansen: Die Entschei-
dung zu den strukturbestimmenden Haupt-
waffensystemen fiel ja dann, wie ich meine,
im Mai 2011. Danach hatten wir eine neue
Situation.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ach so.
Können Sie das noch mal beschreiben,
Langläuferteile 2010: Was war das für eine
Diskussion? Das steht nämlich nicht in dem
Ad-hoc-Bericht. Insofern wären wir auf Sie
jetzt angewiesen.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Das war die
Diskussion, die gleiche Fragestellung, die
auch in 2011 auf dem Tische lag: Können
wir, sollen wir Langläuferteile in Auftrag ge-
ben, um einen früheren Zulauf der Serie,
wenn sie denn ausgelöst wird, möglich zu
machen und das zeitliche Gap zwischen der
Nicht-mehr-Verfügbarkeit der Breguet Atlan-
tic und der Nutzung der Serie zu verkür-
zen? - Das ist der Kerngedanke und war der
Kerngedanke hinter der vorgezogenen Be-
schaffung von Langläuferteilen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Da waren
Sie aber dagegen?

Zeuge Dr. Paul Jansen: In einer ersten
Phase. Am Ende nicht.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut. - Jetzt kommt die FDP. Herr Kollege
Spatz oder wer?

(Joachim Spatz (FDP): Nein!)

- Herr Kollege Krestel.

Holger Krestel (FDP): Ich möchte inhalt-
lich mal so ein wenig an die Fragen des Kol-
legen Silberhorn anknüpfen, und zwar: Wel-
chen Spielraum hat denn das BMVg bei Ver-
tragsstrafen, wenn man die in bestimmte
Verträge hineinverhandeln will, und bei be-
stimmten vertraglichen Garantien? Wie weit
können Sie da gehen? Und reizt man diesen
Spielraum am Ende auch wirklich aus? Denn
Sie befinden sich ja bei jeder Vertragsver-
handlung in einer ganz schlechten Position,
wenn dem möglichen Auftragnehmer von
vornherein klar ist: Am Ende unterschreiben
die sowieso, weil die das unbedingt be-
schaffen müssen.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ja, das sind
zwei wichtige Themen jedes Vertrages: Ver-
tragsstrafen, Garantien. Dieses ist Bestand-
teil des gesamten Verhandlungsbouquets,
das die zuständigen Kolleginnen und Kolle-
gen im Bundesamt für Ausrüstung, Informa-
tionstechnik und Nutzung dann zur Geltung
bringen müssen.

Und, Herr Abgeordneter, Sie haben na-
türlich recht: In dem Moment, in dem eine
Konkurrenzsituation nur eingeschränkt gege-
ben ist, ist es natürlich entsprechend schwie-
riger, hier durchgreifende Regelungen durch-
zusetzen.

Es ist immer auch eine Abwägungssache.
Ein Vertrag ist ein Geflecht kommunizieren-
der Röhren. Sie könnten gegebenenfalls, um
das Stichwort „Vertragsstrafen“ zu nehmen,
signifikante Strafen vereinbaren. Wenn der
Auftragnehmer dann im Gegenzug aber
einen höheren Ausgangspreis fordert, haben
Sie nichts gewonnen - nur um zwei Größen
eines Vertrages hier mal gegeneinander-
zustellen.

Das heißt, es muss am Schluss etwas
Ausgewogenes auf dem Tisch liegen, das
natürlich die gesetzlichen Bestimmungen und
die Vorgaben des Vergaberechts berück-
sichtigt und voll zur Geltung bringt. Aber es
wäre verkürzt, zu sagen: Ich konzentriere
mich bei der Bewertung der Qualität eines
Vertrages auf Einzelpunkte - ist eine signifi-
kante Vertragsstrafe drin, ja oder nein? - und
mache davon die Qualität des Vertrages
abhängig.

Es kann theoretisch sein, dass ein Ver-
trag ohne Vertragsstrafen günstiger und ins-
gesamt wirtschaftlicher ist als einer mit ho-
hen Sanktionen, wenn der Ausgangspreis
dafür vielfach höher ist.

Holger Krestel (FDP): Da möchte ich
aber noch mal nachfragen. Das kann natür-
lich sein. Aber so, wie Sie mir das jetzt be-
antwortet haben, ist dieses ganze Instrument
doch eigentlich ein reines Placebo. Denn mit
dem Argument kann ich ja alles begründen.
Dann verzichte ich doch am besten gleich
auf mögliche Vertragsstrafen für Verzöge-
rungen oder Nicht- oder Schlechtleistungen,
weil man ja immer in der Gefahr steht, dass
der Auftragnehmer dann einen höheren Preis
fordert

Und genauso - wir reden hier ja über sehr
komplexe Beschaffungen - steht man ja auch
immer in der Gefahr, dass irgendein Dritter
wie hier zum Beispiel die US Air Force be-

Drucksache 17/14650 – 826 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 130
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

stimmte Veränderungen an der Plattform
vornimmt und dies im Rückschluss - das war
ja hier eingetreten, wenn man mal den dritten
Änderungsvertrag liest - fast 30 Millionen
Mehrkosten für die Bundesrepublik verur-
sacht. Ist das nicht ein bisschen zu einfach
gedacht?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Gut, ich schicke
vorweg, ich bin kein Vertragsexperte, glaube
aber, wir müssen zunächst einmal unter-
scheiden: Bewegen wir uns im Bereich von
Entwicklungsverträgen, oder bewegen wir
uns im Bereich von Beschaffungsverträgen?

Das Instrument Vertragsstrafe ist primär
ein Instrument eines Beschaffungsvertrages.
Wenn wir geschützte Fahrzeuge ordern,
dann ist uns wichtig, dass die nach einem
festgelegten Zeit- und Lieferplan ausgeliefert
werden, und wenn sie es nicht werden, dann
kostet das für jedes Fahrzeug, das später
kommt, Geld. Das ist üblich, dass wir das
unabhängig von der allgemeinen Betrach-
tung vereinbaren, die ich vorhin angestellt
hatte, dass ein Vertrag ein Gesamtwerk ist,
dessen ökonomische Vorteilhaftigkeit natür-
lich von der Marktstärke der beiden ab-
schließenden Parteien abhängt.

Wenn Sie einen Monopolisten haben, mit
dem Sie kontrahieren müssen, dann ist Ihre
Chance, einen günstigen Preis zu erzielen,
schwächer - das ist das kleine Einmaleins
der Volkswirtschaftslehre -, als wenn Sie eine
Ausschreibung machen können und zehn
Mitbewerber haben, die Ihnen zehn ver-
schiedene Angebote, die Sie gegeneinander
abwägen können, auf den Tisch legen. Da ist
die Situation natürlich eine völlig andere.

Also, das Instrument Vertragsstrafe ge-
hört zur Basis der Beschaffungsverträge. Bei
den Entwicklungsverträgen ist das von der
Natur der Verträge etwas schwieriger umzu-
setzen.

Holger Krestel (FDP): Danke.

Joachim Spatz (FDP): Da möchte ja fast
als Erstes mal fragen, wie hoch die Vertrags-
strafen beim NH90 waren. Nein, die Frage
ziehe ich zurück.

Ich hätte nur noch eine andere Frage, und
zwar: Inwieweit ist es bei der Art Beschaf-
fungsprozessen, wo man zuerst, ich sage
mal, die technische Machbarkeit abprüft -
unter dem Stichwort „Risikominimierung“ ist
das ja offensichtlich gelaufen - systemimma-
nent, wenn man so vorgeht, dass man halt

gewisse Risiken eine gewisse Zeit einfach,
ich sage mal, mitlaufen hat, die dann zu
einem späteren Zeitpunkt letztendlich dazu
führen können, dass man ein Projekt auch
wieder verlassen muss? Was ist davon sys-
temimmanent, also auch unvermeidlich?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Gut, das Risiko
im Entwicklungsbereich liegt nun darin, dass
wir hier in der Regel technologisches Neu-
land beschreiten, und insoweit ist dieser Be-
reich natürlich risikobehaftet. Die Sorgfalt, die
vorher hineingesteckt wird, vorgeschaltete
Studien, die wir auch über vorgeschaltete F-
und T-Projekte zu Teilbereichen vorher ma-
chen, dienen insgesamt dazu, das Risiko
überschaubar und eingrenzbar zu machen,
sodass, wenn das Vorhaben dann insgesamt
gestartet wird, wir mit Fug und Recht davon
ausgehen dürfen: Das Ganze ist am Ende
von Erfolg gekrönt.

Ich nenne mal ein Beispiel: Bevor wir den
Puma beauftragt haben, sind natürlich im
Bereich von Forschung und Technologie
Technologiestudien zu einzelnen Kompo-
nenten gelaufen, um zu sehen: Ist das Ri-
siko, das wir insgesamt mit der Beschaffung
des Systems am Schluss eingehen würden,
überschaubar?

Das ist der Normalfall, dass es durch Stu-
dien vorher ein Stück Absicherung und Ver-
gewisserung gibt, dass wir in eine Entwick-
lung hineingehen können und hoffen dürfen:
Am Schluss haben wir auch das, was wir uns
erwarten, bei aller Restunsicherheit, die na-
türlich gerade bei komplexen, langlaufenden
Vorhaben vorhanden bleibt.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So, jetzt gebe ich der Linken das Wort. Herr
Kollege Koch.

Harald Koch (DIE LINKE): Herr Dr. Jan-
sen, als Sie Ihre Eingangsausführungen
machten und so regelrecht darstellten, wie
Haushaltsplanung und Controlling bei Ihnen
laufen, da wurde ich richtig munter. Das hatte
so wirklich den Anschein: Jetzt kommt hier
endlich Licht rein in die ganze Sache. Aber
ich denke mal, es war auch ein bisschen
sehr viel Theorie, weil Sie dann zwischen-
durch auch mal gesagt haben, dass Sie als
Haushalter keinen Einfluss haben auf die
Vorgänge hinter den finanziellen Vorgängen.

Sie sind Hauptabteilungsleiter.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 827 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 131
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Zeuge Dr. Paul Jansen: Abteilungsleiter.
Wir haben nur noch Abteilungsleiter.

Harald Koch (DIE LINKE): Ja, okay. In
welcher Runde nehmen Sie an Leitungs-
beratungen teil?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ja, wenn es
Leitungsrunden gibt. Es gibt Runden in kom-
pletter Besetzung mit sämtlichen Abtei-
lungsleitern; es gibt Runden beim zuständi-
gen Staatssekretär mit den diesem Staats-
sekretär zugeordneten Abteilungen; es gibt
alle möglichen Kombinationen von Zusam-
mentreffen von Abteilungsleitern. Es gibt
informelle Runden, wo ich mich mit dem
einen oder anderen Kollegen regelmäßig
bespreche. Also, da finden Sie ein ganz
breites Spektrum.

Harald Koch (DIE LINKE): Sind da auch
Runden, wo der Minister mit dran teilnimmt?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Es gibt auch
Runden mit dem Minister, ja.

Harald Koch (DIE LINKE): Wer ist der
zuständige Staatssekretär für Sie, für Haus-
halt?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Staatssekretär
Wolf.

Harald Koch (DIE LINKE): Herr Wolf. -
Bereiten Sie auch regelmäßig Informations-
material vor über den Stand der Haushalts-
inanspruchnahme oder Probleme im Control-
ling, und an wen?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Was den Haus-
haltsvollzug angeht, berichten wir üblicher-
weise zum Jahresende, es sei denn, auf der
Strecke dorthin sind Probleme erkennbar, die
des Zutuns der Leitung bedürfen. Aber wenn
es ein Haushaltsvollzug ist, von dem ich
sage, das kann ich im Rahmen des beste-
henden Instrumentariums unter den zu be-
achtenden gesetzlichen haushaltsrechtlichen
Rahmenbedingungen im Haushalt ausführen,
dann tue ich das und gebe hier keine regel-
mäßige Wasserstandsmeldung.

Harald Koch (DIE LINKE): Und Sie hät-
ten auch die Möglichkeit, dem Minister direkt
vorzutragen?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ich hätte theo-
retisch die Möglichkeit.

Harald Koch (DIE LINKE): Theoretisch.
Und praktisch?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Aber dafür gibt
es keinen - -

Harald Koch (DIE LINKE): Okay. - Sie
hatten vorhin schon etwas gesagt zu dem
Haushaltsgrundsatz Sparsamkeit, Wirtschaft-
lichkeit. Gibt es für dieses Projekt und auch
für die anderen Großprojekte Wirtschaftlich-
keitsberechnungen, in denen auch Risiko-
abwägungen enthalten sind? Könnten Sie
mir für dieses Projekt des Euro Hawk ein
solches Dokument zeigen, egal wie dick?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Für dieses Vor-
haben würde ich zunächst denken an das
Phasenpapier aus dem Jahre 2004, das
Ihnen vorliegt. Da ist das Vorhaben ja in der
ganzen Breite mit all seinen Aspekten be-
schrieben. Und alle Erwägungen, die bis
dahin angestellt worden sind, diese Fähigkeit
über den Euro Hawk zu lösen, sind dort an-
gestellt. Da finden Sie ja auch in der Gegen-
überstellung, was für Alternativen betrachtet
worden sind. Der Euro Hawk war ja nicht
alternativlos, sondern es gab andere Mög-
lichkeiten, diese Fähigkeitslücke, die sich
abzeichnen würde, wenn die Breguet Atlantic
ausgephast wird, zu schließen. Das ist alles
erwogen worden. Insoweit ist das, was Sie
sagen, eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung
unter dem Aspekt: Wir finden eine wirtschaft-
liche Gesamtlösung. - Dieses liegt vor.

Harald Koch (DIE LINKE): Das war
2006?

Zeuge Dr. Paul Jansen: 2004, meine ich.

Harald Koch (DIE LINKE): 2004. Weil
vorhin der Staatssekretär aus dem Bundes-
finanzministerium von diesem Phasendoku-
ment gesprochen hat im Rahmen des Haus-
haltsausschusses 2006.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Moment, das
kann sein. Entschuldigung, ich bin nicht
ganz - -

Drucksache 17/14650 – 828 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 132
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Harald Koch (DIE LINKE): Mit der Ent-
sperrung hängt das zusammen. Der Begriff
„Entsperrung“ ist gefallen.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ja.

Harald Koch (DIE LINKE): Ja, im Rah-
men dieser 25-Millionen-Vorlage des Haus-
haltsausschusses.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ja, doch, das
Phasendokument ist von 2006.

Harald Koch (DIE LINKE): Und das Pha-
sendokument ist im Bundesverteidigungs-
ministerium im Bereich Haushalt und Con-
trolling erarbeitet worden oder wo?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Nein, das Pha-
sendokument entsteht in der Zuständigkeit
des Generalinspekteurs, in der Zuständigkeit
dort, natürlich unter Beteiligung aller mit-
betroffenen Bereiche. Das ist ein Vorhaben,
das sehr breit abgestimmt worden ist, wo die
damalige Abteilung Rüstung genauso dabei
war wie die seinerzeitigen Inspekteure mit
ihren Führungsstäben. Alle waren da mitbe-
teiligt, und auch die Haushaltsabteilung hat
dieses Dokument mitgezeichnet.

Das ist auch das, was ich in meinem Ein-
gangsstatement sagte, dass wir diese Pha-
senpapiere natürlich unter dem Aspekt der
haushalterischen Gesichtspunkte mitprüfen.
Wir können davon nicht überrascht werden.

Harald Koch (DIE LINKE): Nun hatten
Sie schon gesagt, dass Sie kein Vertrags-
fachmann sind. Das sind viele von uns nicht.
Aber trotzdem muss man sich hin und wieder
mit Verträgen beschäftigen und hat dann
letztendlich seine Fachleute, die das einem
zuarbeiten können.

Inwieweit war nach dem Grundvertrag
vom 31.01.2007 die Zulassungsfähigkeit des
Euro Hawk als von der Auftragnehmerin zu
erbringender vertraglicher Erfolg geschuldet?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ja, das ist die-
ses weite Themenfeld: Wo fängt das Bemü-
hen an, Werkvertrag, Dienstleistungsver-
trag? - Das ist ja breit diskutiert worden. Hier
ist die Anwaltskanzlei, wie Sie wissen, ja
beauftragt, dieses abzuklopfen: Wo fängt das
eine an, und wo hört das andere auf? - Mehr
kann ich dazu nicht sagen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt kommen Bündnis 90/Die Grünen. Herr
Kollege Lindner.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Vielen Dank. - Herr Jansen, ich
will beim Thema Phasendokument mit mei-
ner Frage vielleicht noch mal weitermachen.
Es ist sowohl dargestellt in den Beweismit-
teln als auch der Zeuge Staatssekretär Gat-
zer hat ausgesagt, dass es ein Phasen-
dokument aus dem Jahr 2004 gibt, die „Ab-
schließende funktionale Forderung“. Dieses
Phasendokument ist dann im Rahmen der
25-Millionen-Euro-Vorlage im Jahr 2007 an
den Haushaltsausschuss aktualisiert worden.
Es heißt, auf Druck des BMF sei dies ge-
schehen, weil bei der Entsperrung des Titels
würde das BMF Wert darauf legen, dass die
Dokumente nicht älter als zwei Jahre seien.
Darauf will ich jetzt gar nicht näher im Detail
eingehen, sondern meine Frage ist: In die-
sem aktualisierten Phasendokument geht
dann das BMVg von einem höheren Risiko,
was Zulassungsfragen betrifft, aus. Als sich
da diese Risikoeinschätzung verändert hat,
wurde die irgendwie durch Ihre Abteilung
dann noch mal geprüft? Sind Sie an der
Stelle hellhörig geworden oder haben Grund
zur Nachfrage gesehen?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Jetzt bringen
Sie mich wieder an den Punkt: 2004 oder
2006? - Ich glaube, das Phasenpapier ist in
der Tat aus 2004. Mein erster Gedanke eben
war richtig. Das Phasenpapier ist von 2004,
und die erste Zwischenentscheidung ist von
2006. Und um diese Zwischenentscheidung
ging es. Hier sind der Betrag und der Ver-
tragswert festgehalten, mit dem das Vorha-
ben dann von Haushalts- und Verteidigungs-
ausschuss zur Kenntnis genommen worden
ist.

Das war ja ein knappes zeitliches Ren-
nen. Wir haben die Vorlage im Dezember an
das Parlament herangetragen, und am 31.
Januar 2007, am letzten Tag der Angebots-
bindefrist - es war zufällig ein Mittwoch -, hat
es dann die Zustimmung der Ausschüsse
gegeben.

In dem Moment, als wir unseren Beitrag
zur 25-Milllionen-Vorlage dem BMF zugelei-
tet haben, hatte er noch nicht die Zwischen-
entscheidung. Die war gerade in den letzten
Zügen der Billigung oder der Schlusszeich-
nung durch den Generalinspekteur. Das war
ganz wenige Tage nach Übersendung des

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 829 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 133
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Beitrags zur Vorlage an den BMF. Und wir
haben dann natürlich postwendend dem
BMF diese Zwischenentscheidung zur Verfü-
gung gestellt, weshalb er auch kein Problem
hatte, diese 25-Millionen-Vorlage zu finalisie-
ren. Also, das war ohnehin unterwegs.

Ich habe mir das noch mal angeschaut in
den Abzeichnungen, in den Unterschriften
unter diese Zwischenentscheidungen. Da
stehen ja immer eine Menge Unterschriften
drunter. Die zuständigen Abteilungsleiter
unterschreiben diese Zwischenentscheidun-
gen, und der Schlusszeichnende ist der Ge-
neralinspekteur. Alle Unterschriften waren
schon drunter; die des Generalinspekteurs
fehlte noch. Und die wurde dann sehr schnell
nachgezogen, sodass der BMF, ohne dass
er in der Bearbeitung Probleme bekommen
hätte, diese Zwischenentscheidung hatte.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich würde gerne noch einmal
darauf zu sprechen kommen. Sie haben
vorhin erwähnt, dass Ihre Abteilung Verträge,
Beschaffungen auf Wirtschaftlichkeit prüft.
Das Stichwort „Vertragsstrafe“ ist gefallen als
ein Aspekt von Wirtschaftlichkeit. Welche
Aspekte schauen Sie sich denn bei der Be-
urteilung sonst noch an? Gucken Sie sich an,
wie Regressansprüche ausformuliert sind in
den Verträgen? Schauen Sie sich an, welche
Leistungen geschuldet werden? Also, welche
Aspekte umfasst diese Wirtschaftlichkeits-
prüfung?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ja, alles, was
am Schluss die wirtschaftliche Tragfähigkeit
ausmacht. Das gilt auch etwa für Rücktritts-
rechte: Was habe ich für Rücktrittsrechte?
Wie sind die gekoppelt an Meilensteine? Die
Frage der Zuordnung von Zahlungen, Zah-
lungsmeilensteinen und Leistungserbringung.
All diese Aspekte werden in diese Prüfung
mit einbezogen. Und das kann dann durch-
aus dazu führen, wie ich eingangs schon
sagte, dass dann auch in der Vertragsver-
handlung noch einmal eine Runde nachzu-
ziehen ist, wenn wir der Meinung sind: In
dieser Form sollten wir diesen Vertrag uns
nicht parlamentarisch billigen lassen.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wenn ich mir das jetzt ganz
praktisch versuche vorzustellen: Es ist jetzt
vielleicht eine dumme Frage, aber auch wir
als Abgeordnete haben ja gelernt, dass sol-
che Verträge durchaus dicker sind. Wenn Sie

sich das anschauen, schaut sich Ihre Abtei-
lung, schauen sich das Juristen in Ihrer Ab-
teilung selbst an, den Vertrag, und lesen aus
dem Vertragstext dann heraus beispiels-
weise: „Okay, da ist ein Rücktrittsrecht ent-
halten oder nicht“? Oder vertrauen Sie auf
eine Einschätzung bzw. Bewertung des Jus-
tiziariats oder der Abteilung Recht? Wie läuft
das praktisch?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Wir haben die
Analysefähigkeit in der eigenen Abteilung.
Wir haben unsere eigenen Juristen, die das
prüfen. Und diese Punkte, die geben wir
höchstselbst - - Also, bei „höchstselbst“
meine ich jetzt nicht mich, sondern meine
Mitarbeiter gehen diese Punkte durch, klop-
fen die ab. Nur so finden wir dann eben auch
die eine oder andere - - in dem einen oder
anderen Fall Aufgreiftatbestände, dass wir
sagen: So sollten wir es nicht machen; wir
sollten versuchen, hier etwas Besseres für
das Ministerium zu erreichen.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Daraus schließe ich, dass Sie vor
Vertragsschluss, ich sage mal, eine Ex-ante-
Annahme haben, was im Vertrag geschul-
dete Leistung ist, was beispielsweise auch
unter „Bemühen“ fällt und was nicht. Gab es
eine solche Einschätzung, auch den Be-
schaffungsvertrag jetzt für den Full Scale
Demonstrator betreffend?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ich erwähnte,
dass wir, als der Beitrag der damaligen Ab-
teilung Rüstung zu dem Vorhaben Euro
Hawk kam im Jahre 2006, anhand dieses
Beitrages und des zugrundeliegenden Ver-
tragswerkes eine große Zahl an Fragen ge-
stellt haben - und das sind Punkte, wie wir
sie gerade angesprochen haben -, eine
große Zahl von Fragen, um uns zu vergewis-
sern zusammen mit der Abteilung Rüstung,
dass dieses Werk eines ist, das wir in dieser
Form tatsächlich umsetzen sollten.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So, jetzt kommt die CDU/CSU, Herr Kollege
Silberhorn.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Vielen
Dank. - Herr Dr. Jansen, Sie haben vorhin
deutlich gemacht, dass es maßgeblich finan-
zielle Gründe waren, die zu der Entschei-
dung geführt haben, die Euro-Hawk-Serie

Drucksache 17/14650 – 830 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 134
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

nicht zu beschaffen. Gab es in Ihrem Haus
auch andere, insbesondere militärische
Überlegungen, die zum Beispiel darauf ab-
gezielt haben, ungeachtet der Kosten in je-
dem Fall die Serie zu beschaffen, um die
Fähigkeit der Aufklärung und Nachrichten-
übermittlung herzustellen?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ich kann dazu
sagen, dass die Vorlagen, die dazu zuletzt
an die Leitung gegangen sind - ich meine,
das sei März gewesen -, dass die im breiten
Konsens der Leitung vorgelegt worden sind,
insbesondere auch - und darauf hat Staats-
sekretär Wolf ja ausdrücklich Wert gelegt -
mit dem entsprechenden Votum des Gene-
ralinspekteurs. Insoweit ist mir nicht bekannt,
dass Organisationsbereiche oder ein Organi-
sationsbereich gesagt hätte: Wir sind hier
dezidiert anderer Meinung. - Dass es im
konkreten Fall Einzelmeinungen geben
kann - mir ist jetzt aber keine geläufig, um
das auch direkt dazu zu sagen -, aber dass
es Einzelmeinungen geben kann, die ande-
rer Auffassung sind, das will ich nicht aus-
schließen.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Habe
ich Sie richtig verstanden, dass Sie damit die
Entscheidungssituation im Mai 2013 be-
schrieben haben?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ja.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Es gab
ja erste Hinweise auf Kostensteigerungen
bereits im Jahr 2011, und es liegen bis zur
Entscheidung, die Serie nicht zu beschaffen,
im Mai 2013 einige Monate, die möglicher-
weise auch Gegenstand von kontroversen
Debatten in Ihrem Hause gewesen sind, bis
man dann eben zu der von Ihnen beschrie-
benen einvernehmlichen Auffassung ge-
kommen ist. Also konkret nachgefragt:
Wurde von militärischer Seite, beispielsweise
von Teilstreitkräften, für die Serienbeschaf-
fung im Vorfeld der Entscheidungsfindung
optiert?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Mir ist das nicht
bekannt.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Ich will
in Erinnerung rufen, dass Generalinspekteur
Schneiderhan in seiner Zeugenvernehmung
hier im Untersuchungsausschuss vom Mon-

tag letzter Woche zu erkennen gegeben hat,
dass er bis heute der Auffassung ist, aus
militärischen Gründen wäre es vorzugswür-
dig, die Serie Euro Hawk zu beschaffen. Ich
darf also nochmals fragen: Gibt es ähnliche
Äußerungen, die Ihnen in Ihrer Funktion als
Leiter der Abteilung Haushalt seit 2011 be-
kannt geworden sind?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Da muss ich
jetzt zurückfragen: Seit 2011? Ich hatte ge-
rade Ihre Frage mit „Ist mir nicht bekannt“
dahin gehend beantwortet, dass Grundlage
dafür das Wissen darum ist, dass zusätzlich
600 Millionen Euro oder ein Betrag in dieser
Größenordnung plus/minus zusätzlich in die
Hand zu nehmen ist. Das heißt, eine ge-
sicherte Entscheidungsgrundlage: Diese
Mehrausgaben fallen an. - Da ist mir, wie ich
schon sagte, nicht bekannt, dass jemand
gesagt hätte: Die 600 Millionen legen wir
gerne noch auf den Tisch und vielleicht noch
ein weiteres Risiko, das kommt. Koste es,
was es wolle: Wir realisieren dieses Vorha-
ben so. - Das ist mir nicht geläufig.

Die Phasen vorher, wenn Sie von 2011
reden: In 2011 war in meiner Abteilung ab-
solut unbekannt, dass sich ein solches Risiko
aufbaut. Mir ist das auch zum Jahresende
2011 nicht bekannt gewesen, dass wir in
diese Größenordnung hineinkommen. Das ist
erst eine Erkenntnis, die dann 2012 gewach-
sen ist - und dies zunächst ja auch nicht als
unmittelbar drohendes Haushaltsrisiko, son-
dern unter der Überlegung: Man könnte viel-
leicht das ganze Problem dadurch lösen,
dass man zu einer Vorläufigen Verkehrszu-
lassung kommt. Dann hätten wir das Thema
der 600 Millionen nicht.

Aber nachdem dann das Thema der Vor-
läufigen Verkehrszulassung sich nicht als
das tragfähige Argument erwiesen hat, dann
steht man vor der Frage: Bin ich bereit, so
viel zusätzliches Geld in die Hand zu neh-
men, ohne die Sicherheit zu haben, dass es
das auch ist? Oder sage ich dann als Ge-
samtabwägung Kosten/Nutzen: „Dann müs-
sen wir andere Lösungen erwägen“?

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Können
Sie beziffern, welche Mittel von Ihrer Seite
aktuell oder zum jüngsten Zeitpunkt einge-
plant waren, um vier Euro-Hawk-Flugzeuge
als Serie zu beschaffen?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Das sind diese
515 Millionen Euro. Die stehen in den Ge-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 831 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 135
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

heimen Erläuterungen des Haushaltes 2013,
und zwar nicht so, dass diese Mittel bereits
kurzfristig hätten zur Verfügung gestellt wer-
den müssen, sondern die Serie wäre ja, bis
sie angelaufen wäre, noch ein wenig in die
Zukunft hineingegangen. Ich habe es jetzt
nicht ganz genau vor Augen, aber ich meine,
die ersten Mittel leicht anfangend mit dem
Jahr 2015, und dann 2016 - jedenfalls der
Löwenanteil dieser 515 Millionen im Nach-
finanzplanungszeitraum. Ich rede vom
46. Finanzplan, der bis 2016 geht. Aber die
Zeile steht in den Geheimen Erläuterungen
zum Beschaffungs- -

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Das
bedeutet: Die geschätzten Mehraufwendun-
gen für die Zulassung, für die Musterzulas-
sung der Serie, die auf bis zu 600 Millionen
beziffert werden und die Sie in dieser Höhe
auch für plausibel erachten, liegen jedenfalls
deutlich über den bislang veranschlagten
515 Millionen für den Erwerb dieser Flug-
zeuge.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Wenn ich ein-
mal davon ausgehe, dass die Vertragsver-
handlungen zur Beschaffung - ich rede jetzt
von einem potenziellen Fall, ich rede also im
Konjunktiv - der vier Euro Hawk tatsächlich
zu dem Ergebnis gekommen wären „515 Mil-
lionen Euro“ - das ist ja noch kein verhan-
delter Betrag, der dort steht, sondern es ist
ein erwarteter Betrag, zu dem wir hoffen
würden, eine Beschaffung zu kontrahieren -,
dann kämen diese 600 Millionen dazu. Ob
Sie jetzt genau in diesem Titel anfallen wür-
den, das ist jetzt hier nicht von Relevanz.
Aber im Ergebnis kämen die 600 zu den 500
dazu, wenn wir uns denn mal auf die 600
jetzt der Einfachheit halber so beschränken.
Wir wissen, dass diese 600 ein nicht so an-
zusehender Betrag sind, dass man sagen
könnte: Ja, genau das ist der Betrag.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Also,
ich habe bislang kein Flugzeug, sondern nur
ein Auto. Aber wenn ich Sie richtig verstan-
den habe, standen Sie vor der Entschei-
dungssituation, dass die Kosten für den TÜV
höher einzustufen sind als die Kosten für den
Erwerb des Fahrzeugs?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Gut, wenn Sie
das Beispiel so setzen wollen: Ja.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Haben
Sie denn in der Kostenschätzung auch mög-
liche Kosten für die Musterzulassung eines
alternativen Trägersystems berücksichtigt?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Dieses Thema
wird mit hineinspielen in die Alternativen-
betrachtung. Hier gibt es ja viele denkbare
Alternativen - oder jedenfalls doch einige
denkbare Alternativen. Und soweit es sich
um bemannte Luftfahrzeuge handelt, stellt
sich das Thema der Zulassung nicht. Ich
gehe nicht davon aus, dass es am Schluss
ein bemanntes Flugzeug sein könnte, das
erst noch zugelassen werden müsste. Diese
Variante, glaube ich, kann man ausschlie-
ßen. Aber - -

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Das
heißt, in dem Kostenvergleich steht auf der
einen Seite die Beschaffung der Euro-Hawk-
Serie zu veranschlagten 515 Millionen Er-
werbskosten zuzüglich Mehrkosten von bis
zu 600 Millionen für die Musterzulassung,
also insgesamt über 1,1 Milliarden Euro. Und
auf der anderen Seite stehen die Kosten für
ein alternatives Trägersystem gegebenen-
falls ohne Musterzulassung, wenn man auf
ein bemanntes Flugzeug zurückgreift, oder in
unbemannter Form mit einer Musterzulas-
sung.

Kommen Sie zum gegenwärtigen Stand
Ihrer Prüfungen zu dem Ergebnis, dass die
zu erwartenden Kosten für ein alternatives
Trägersystem niedriger liegen als die ad-
dierten 1,1 Milliarden Euro? Und inwieweit
können Sie die zu erwartenden Kosten eines
alternativen Trägersystems quantifizieren?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Herr Abgeord-
neter, das vermag ich im Augenblick nicht zu
beantworten. Die Alternativenbetrachtung ist
im Gange, und die Abteilung Haushalt und
Controlling ist in diesen Prozess nicht einge-
bunden. Aber um Ihre Frage zu beantworten,
bräuchten wir erst das zum Jahresende an-
gekündigte Ergebnis. Und es ist alles andere
als banal, hier eine seriöse Kostenbetrach-
tung verschiedener Varianten nebeneinan-
derzustellen. Das muss erst geleistet wer-
den. Das ist dabei, geleistet zu werden.
Einem Ergebnis kann ich nicht vorgreifen.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Sie ha-
ben vorhin, wenn ich Sie richtig verstanden
habe, davon gesprochen, dass 675 Millionen
Euro veranschlagte Haushaltsmittel für den

Drucksache 17/14650 – 832 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 136
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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ursprünglichen Zweck nicht mehr ausgege-
ben werden. Diese Mittel stünden dann für
ein alternatives Trägersystem zur Verfügung,
wenn sie entsprechend umgewidmet würden.

Zeuge Dr. Paul Jansen: So kann man
das betrachten. Wir hatten ja vorhin den
theoretischen Fall durchgespielt. Man könnte
die Mittel natürlich auch für andere Zwecke
verausgaben. Aber das ist der Betrag, der
Ausgangspunkt für eine Finanzierung dieser
Fähigkeitslücke ist. Dieses Geld steht so im
46. Finanzplan. Die Mittel geben wir nicht
mehr unter der bisher vorgesehenen Zweck-
bestimmung aus. Insoweit ist es richtig.

Die 675 Millionen, von denen - - Das ist
mir wichtig, das zu sagen: Das ist nicht Geld,
das kurzfristig eingeplant war, und das sind
begrenztere Beträge in den haushaltsnahen
Jahren. Die Masse des Geldes steht im
46. Finanzplan im Nachplanungszeitraum,
also in den Jahren ab 2017.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Können
Sie eine Aussage darüber treffen, ob ein
alternatives Trägersystem in diesem Finanz-
rahmen von 675 Millionen Euro nach Ihrer
jetzigen Kenntnis realisierbar sein könnte?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ich bin zuver-
sichtlich, dass das der Fall sein wird. Ich
sage eindeutig Ja.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Keine weiteren Fragen mehr? - Dann kommt
die SPD-Fraktion. Herr Kollege Bartels.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Herr Jan-
sen, die 600 Millionen sind ja erst geprüft
worden, nachdem die Entscheidung getroffen
worden ist, von den Staatssekretären oder
vom Minister gebilligt. Danach ist dann in
Auftrag gegeben worden bei der IABG eine
Studie, ob diese 600 Millionen plausibel sind.
Das ist dann etwas runtergerechnet worden,
also auf 594 Millionen wohl. Also BWB sagt:
„Das ist es wohl“, und IABG kommt dann zu
einem etwas niedrigeren Betrag - sagt aber:
„Das ist es dann auch“ - in vier Tagen. Ist
das plausibel? Kann man das in vier Tagen
prüfen, wenn man es jahrelang vorher nicht
geprüft hat?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Herr Abgeord-
neter, das kann ich nicht beurteilen. Ich weiß
nur, dass die IABG eine sehr angesehene

Institution ist, und ich kann mir nicht vorstel-
len, dass sie diesen Ruf, den sie sich erwor-
ben hat, durch eine leichtfertige Testierung
infrage stellt. Im Übrigen: Ich kann nicht be-
stätigen - einfach, weil ich es nicht sicher
weiß -, ob das IABG-Gutachten wirklich da-
nach beauftragt wurde.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja, ja.
Das steht in unseren Unterlagen.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ja?

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja. Wir
beziehen uns ja dann immer auf den Ad-hoc-
Bericht, der also vieles enthält und manches
nicht. Man hat ja auch gehört in den Tagen
danach aus dem Ministerium, vielleicht wäre
es günstig gewesen, wenn man so eine Ar-
beit, diese drei Wochen, wo man das zu-
sammengetragen hat, mal vorher gemacht
hätte. Nun hat man es hinterher und auch
inklusive der Studie über die 600 Millionen.
Das haben wir jetzt.

Also Frage an Sie - wenn es um Zahlen
geht: Wir hatten diese Mail von Herrn Sel-
hausen an das Büro von Herrn Beemelmans,
wo vor der dramatischen Kostenexplosion
gewarnt wird von 610 Millionen zuzüglich
451 Millionen auf 1,061 Milliarden Euro. Wir
hatten ihn das gar nicht so genau gefragt,
glaube ich, oder ich habe es ihn jedenfalls
nicht gefragt. Insofern habe ich es nicht be-
halten. Was sagen einem diese Zahlen?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Zunächst mal:
Diese Mail von Herrn Selhausen an das Büro
des Staatssekretärs, auf diese beziehen Sie
sich ja, -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja.

Zeuge Dr. Paul Jansen: - die kenne ich
nicht.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sollen wir
vorlegen? Wollen Sie es haben?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Müssen Sie
wissen. Ich kenne diese Mail nicht. Ich habe
sie nie gesehen. Ich weiß nicht, ob es ergie-
big ist, dass ich zu etwas Stellung nehme,
was - -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber
vielleicht sagen die Zahlen Ihnen was, die

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 833 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 137
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

darin genannt sind. Das ist MAT 17-73 zu BB
17-48, Ordner 1*, und da die schon mal vor-
gelegte - -

(Dem Zeugen wird ein Schriftstück
vorgelegt)

Das ist der mittlere Absatz.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Das war im Ja-
nuar 2012. Jetzt müsste ich dazu wissen: Wo
standen wir mit dem Entwicklungsvorhaben
im - - Das wäre ja der Stand des Haushaltes
2012.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Jetzt schaue ich
mal eben.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Die 610
sind dann vielleicht die, die jetzt 668 sind.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Die 668 waren
ja auch schon der Beschaffungsanteil. Die
CLS-Verträge sind ja da schon mit drin in
den 668.

Nein, ich kann die Zahlen nicht - -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Die Zah-
len sagen Ihnen so nichts.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Nein. Nein,
beide Zahlen nicht.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Alles
klar. - Dann zu der Diskussion 2010 über die
Langläuferteile. Gab es da Vorlagen?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Es gab nach
meinem Kenntnisstand keine Vorlage, die
einen finalen Status erreicht hat. Es gab Ab-
stimmungen zwischen den Abteilungen, aber
es gab keine Vorlage, soweit ich weiß.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das ist ja
eigentlich der Zeitpunkt - - Also, der Bundes-
rechnungshof sagt, 2009, spätestens 2011
hätte man eine Neubewertung vornehmen
können. Also, uns stellt sich das so dar: 2010
eigentlich, am 3. Februar 2010 war das
Problem in Deutschland bei dieser Bespre-
chung in Manching. Und dann kommt bei

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-73 BMVg zu BB 17-48,
Ordner 1, StS Beemelmans, E-Mail-Verkehr
22072011-29042013, Blatt 110.

Ihnen irgendwann später - ich nehme an,
später, nach Februar -

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): - das
Thema Langläuferteile, und Sie treffen eine
Entscheidung, nämlich nichts zu entschei-
den. Das ist ja eine Neubewertung auf der
mittleren Ebene. Richtig?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Nein. Ich hatte
vorhin in dem Zusammenhang sehr deutlich
gesagt: Das hatte nichts, aber auch gar
nichts mit dem, was da in Manching sich
entwickelt hat, zu tun. Davon hatte die Ab-
teilung Haushalt keine Kenntnis das gesamte
Jahr, nicht nur 2010, sondern auch 2011
über. Dieses war nicht maßgeblich.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Was
dachten Sie denn, woran die Verzögerungen
liegen, die für Sie ausschlaggebend waren?
Jetzt nicht - -

Zeuge Dr. Paul Jansen: Wir hatten ein-
fach festgestellt, dass wir Verzögerungen
haben. Das Vorhaben war in der Verzöge-
rung.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sie
wussten nicht, weshalb?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Nein, die
Gründe im Einzelnen nicht. Aber wir haben
festgestellt: Das Vorhaben ist in der Verzöge-
rung. Das Vorhaben hatte sich verteuert, und
die noch fehlende Entscheidung über die
strukturbestimmenden Waffensysteme hatte
uns dann zur Vorsicht geraten und gesagt:
Wir brauchen erst eine sichere Entschei-
dungsgrundlage, bevor wir einen solchen
Schritt haushaltsseitig mittragen. Das war in
2010 noch nicht der Fall.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Für diese
Entscheidung über die strukturbestimmenden
Hauptwaffensysteme ist natürlich genau das,
worüber wir jetzt reden, nicht ganz irrelevant:
Warum dauert das so lange? Kriegt man das
überhaupt hin? Gibt es Probleme, die nicht
zu lösen sind? Sie haben dem Minister sozu-
sagen den Spielraum erhalten, also nicht
schon Fakten geschaffen.

Drucksache 17/14650 – 834 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 138
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Zeuge Dr. Paul Jansen: Ja. Aber, wie
gesagt, das hatte mit dem Thema, das dann
später dominierend wurde und Grund für das
heutige Zusammensein ist, null und gar
nichts zu tun.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sie
wussten nur, dass es später kommt, aber
nicht, warum es später kommt.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das wis-
sen wir jetzt, dass es mit der Zulassung zu
tun hatte.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ja.

Rainer Arnold (SPD): Herr Jansen, Sie
sprachen vorhin von den Summen, die unter
Vertrag sind. Mich würde jetzt mal interessie-
ren: Wie ist das Geld abgeflossen? Können
Sie uns sagen: Wie viel wurde real bis Ende
2009 überwiesen und bis Ende 2010 über-
wiesen?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Die Zahlun-
gen - - Herr Abgeordneter, wenn ich Sie da,
weil ich mich möglicherweise dann ungenau
ausdrücke, auf den Ad-hoc-Bericht verwei-
sen darf. Da ist eine Zusammenstellung in
der Anlage C, wo wir die Zahlungen aufglie-
dern: Was ist 2007 gezahlt worden? Was ist
2008 gezahlt worden? Die einzelnen Jahres-
scheiben sind in dieser Anlage aufgeführt,
sodass Sie dann sehen, dass die Zahlungen
bis Dezember 2011 insgesamt 459 Millionen
waren, auf der ersten Seite, unten die fett
gedruckte Zeile: 459.

Rainer Arnold (SPD): Sie können sich
vielleicht denken, warum ich frage, weil der
Kollege Grübel immer sagt, die meisten Mit-
tel wären ja bis Ende 2009 bereits geflossen,
der Löwenanteil wäre Ende 2009 bereits
geflossen und ausgegeben gewesen. Kön-
nen Sie das teilen, die Einschätzung?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ja, diese Über-
sicht zeigt, dass wir in 2007 und in 2009 nun
maximale haushalterische Belastung hatten.
In diesen beiden Jahren sind jeweils über
100 Millionen ausgegeben worden.

Rainer Arnold (SPD): Ist das der Löwen-
anteil von 688?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Moment! Erst
mal nicht 688, sondern 668.

Rainer Arnold (SPD): Das ist natürlich
jetzt ganz entscheidend. Aber trotzdem
würde ich mal sagen - -

Zeuge Dr. Paul Jansen: Und die 668 ist
ja die hochgerechnete Zahl auf den 30. Sep-
tember, nicht auf den - -

Rainer Arnold (SPD): Wir nehmen Ihnen
schon ab, dass Sie was von Geld verstehen.
Ich würde einfach gern festhalten: Der größte
Teil oder der Löwenanteil wäre wahrschein-
lich mehr als die Hälfte.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Das ist mehr als
die Hälfte. Das ist knapp - - Das ist mehr als
die Hälfte.

Rainer Arnold (SPD): Das, was danach
kommt, ist mehr als die Hälfte, und was da-
vor ist, ist weniger als die Hälfte. So, damit
vielleicht mal dieses Thema ein für alle Mal
auch geklärt ist.

Das Zweite: Sie sagten, Sie waren an den
Vorlagen, wenn sie haushaltsrelevant sind,
beteiligt. Wie wurden Sie in die Entschei-
dung, die Serie nicht zu beschaffen, einbe-
zogen? Hat der Rüstungsdirektor mit Ihnen
gesprochen, und wann?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Zunächst mal
sagte ich, dass das Thema in der Weise
erstmalig an die Abteilung herangetragen
wurde, dass wir beteiligt wurden oder dass
uns zur Kenntnis gebracht wurde jene Vor-
lage vom 8. Februar 2012, die aber noch
unter der Überlegung stand: Lösen wir das
Problem mit der Vorläufigen Verkehrszulas-
sung? Dann hätte es haushalterisch insoweit
kein Problem gegeben. Die Frage, jetzt ge-
wissermaßen auf der Zielgeraden, die Ent-
scheidungsvorlagen, die Serie nicht weiter-
zuverfolgen - das ist die Vorlage etwa vom
21. Februar dieses Jahres, 21. Februar, die
Vorlage von Planung II 3, die haben wir mit
gezeichnet, genauso wie wenige Tage später
die Vorlage AIN V 5 vom 27. März und
schließlich auch die Vorlage vom 29. April,
also diese - -

Rainer Arnold (SPD): Und welche Kom-
munikation gab es vor dem 21. Februar, Ziel-
richtung: „Serie nicht zu beschaffen“? Also,

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 835 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 139
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

ich verstehe Sie richtig: Spätestens am
21. Februar war bei Ihnen klar, es gibt keine
Serie?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Diese haben wir
mit gezeichnet, und die Kernaussage heißt
ja:

Aufgrund der aktuellen Probleme …
ist damit zu rechnen, dass zeitnah
empfohlen wird, die Beschaffung
der EURO HAWK Serie nicht weiter
zu verfolgen.*

Diese Vorlage hatten wir mit gezeichnet.

Rainer Arnold (SPD): Und wurde im
Vorfeld dort verbal auch kommuniziert? Erin-
nern Sie sich an Gespräche Staatssekretär
und Rüstungsdirektor, oder flatterte das ein-
fach ins Haus?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Das ist mir nicht
geläufig, nein.

Rainer Arnold (SPD): Weil das war Ihre
erste Konkretisierung, die Befürchtungen.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ja.

Rainer Arnold (SPD): Der zweite
Punkt - -

Zeuge Dr. Paul Jansen: Die Information
davor ist eine Information vom 20. Dezember
2012; das ist auch eine Vorlage von AIN V 5,
eine Vorlage zur Information, die Staats-
sekretär Wolf dann der Abteilung HC zur
Kenntnis gegeben hat, wo wir also selber als
Abteilung nicht im nachrichtlichen Verteiler
enthalten waren. Die hat mir mein Staats-
sekretär sozusagen zur Kenntnis gegeben.

Rainer Arnold (SPD): Okay.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Das ist der De-
zember 2012. Insoweit ist das Thema - -

Rainer Arnold (SPD): Das reicht mir im
Augenblick.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ja.

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle dieses Zitats lautet: MAT 17-73 BMVg zu
BB 17-48, Ordner 11, StS Wolf, Blatt 97.

Rainer Arnold (SPD): Herzlichen Dank. -
Jetzt ist Geld frei. Ist es richtig, dass im
Haushalt in der mittelfristigen Planung für
größere Beginner - große Technologiepro-
jekte - keine Vorsorge ist? Also, dass aus
diesem Haushalt heraus - wenn er so ist, wie
vorgelegt - nichts neues Großes begonnen
werden kann?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Herr Abgeord-
neter, das ist nicht einfach mit Ja oder Nein
zu beantworten. Was heißt „größer“? Was
heißt - -

Rainer Arnold (SPD): Milliarde; Milliarde
plus.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ich kann nicht
sagen, dass das nicht vorstellbar ist. Das
kommt dann auf die zeitliche Staffelung -

Rainer Arnold (SPD): Ja, ist schon klar.

Zeuge Dr. Paul Jansen: - eines Vorha-
bens an. Wenn Sie sagen: „Ich will die Mil-
liarde im Finanzplanungszeitraum auch voll
finanzieren für ein neues Vorhaben, also
1 Milliarde in den nächsten drei Jahren“ -
ja? -, dann hätte ich Schwierigkeiten. Wenn
es aber darum ginge: „Wir fangen an, und die
Hauptlast kommt dann in den weiteren Jah-
ren nach dem Finanzplan“, dann würde ich
so eine Aussage nicht - -

Rainer Arnold (SPD): Wie viel Geld ist in
der mittelfristigen Finanzplanung nach dem
derzeitig gültigen Haushaltsplan für den Euro
Hawk vorgesehen, für den Beschaffungszeit-
raum dann der Serie?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Wir haben im
46. Finanzplan - wie gesagt, bis 2016 - diese
515 Millionen für die Beschaffung der Serie
drin, von denen ich sagte: Das meiste Geld
kommt allerdings in den Jahren nach 16.

Rainer Arnold (SPD): Gut. Diese Mittel
wären aber im Prinzip jetzt frei.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Diese sind neu
belegbar, sozusagen.

Rainer Arnold (SPD): Die sind belegbar.
Sie sollten einbezogen sein, wenn es Über-
legungen gibt: Welche Gespräche hat der
Rüstungsdirektor und die beiden Staats-

Drucksache 17/14650 – 836 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 140
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

sekretäre mit Ihnen über die Verwendung
dieser Mittel geführt?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Darüber hat es
kein Gespräch gegeben. Das wäre mir eine
zu isolierte Betrachtung. Wir haben eine Ge-
samtaufgabe, einen Einzelplan 14 in allen
seinen Ausgabenbereichen in Balance zu
bringen und dabei die einzelnen Ausgaben-
bereiche dann auch auszutarieren.

Insoweit kann es nicht darum gehen: Hier
habe ich genau das Geld für den Euro Hawk,
und dieses muss der Fähigkeit eins zu eins
wieder neu zugeordnet werden. - Das ist ein
komplexer simultaner Prozess.

Rainer Arnold (SPD): Darf ich mal
schnell unterbrechen, weil meine Zeit schon
abgelaufen ist. Einfach die Frage: Haben Sie
sich über diese frei gewordenen Mittel jen-
seits einer präzisen Eins-zu-eins-Zuteilung - -
Haben die genannten Herren mit Ihnen da-
rüber gesprochen?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Nein.

Rainer Arnold (SPD): Das ist nur das.
Das reicht mir schon.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut. - Jetzt kommt die FDP. Herr Kollege
Krestel.

Holger Krestel (FDP): Ich habe dazu
jetzt noch mal eine Nachfrage. Also, Sie ha-
ben dem Kollegen Arnold eben bestätigt,
dass die bereits ausgegebenen Mittel in
2009 - in Anführungsstrichen - nur knapp
über 15 Prozent waren.

Zeuge Dr. Paul Jansen: 50.

Holger Krestel (FDP): Ist das richtig?
(Rainer Arnold (SPD): Unter!)

Zeuge Dr. Paul Jansen: Nein, über 50.
(Zuruf des Abg. Rainer Arnold
(SPD))

Holger Krestel (FDP): Sie haben vorhin
schon mal „über“ gesagt; das habe ich auch
akustisch ganz gut mitbekommen.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Über.

(Zuruf des Abg. Rainer Arnold
(SPD))

- Eindeutig, ja. Das ergibt sich ja aus den
Beträgen, wenn ich die 100 - - Was war es - -

(Zuruf von der SPD: Das kann man
ja vielleicht einfach klären!)

Das ist einfach eine ganz simple,

(Zuruf des Abg. Rainer Arnold
(SPD))

eine ganz simple Rechnung.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Also, Moment, Moment, Herr Kollege Arnold!

Holger Krestel (FDP): Können Sie uns
hier mal zuhören, Herr Kollege Arnold?

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Moment!

Holger Krestel (FDP): Er hat gesagt:
über 50 Prozent.

Zeuge Dr. Paul Jansen: „Über“ habe
ich - - „Über 50“ habe ich - -

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter
Bartels (SPD))

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So. Jetzt, Herr Kollege Bartels, ist die FDP
dran.

(Dr. Hans-Peter Bartels (SPD):
Rechnen können wir aber selber!
Auch die FDP! - Weitere Zurufe von
der SPD)

Holger Krestel (FDP): Wir nehmen ja
auch die Informationen richtig auf.

(Zurufe von der SPD)

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So, Herr Jansen.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ja. Entschuldi-
gung. - Also, auf diese Frage - - Wenn ich
diese Beträge nehme, 108 Millionen, 78 Mil-
lionen - das sind 186 - und 126: Dann sind
das 312 Millionen. Wenn ich die beziehe auf
die 459, dann ist das natürlich eindeutig.

(Rainer Arnold (SPD): 665!)

- Ja, die 668 - - Das ist nicht ganz korrekt, so
vorzugehen, sondern hier sind ja die Beträge

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 837 – Drucksache 17/14650

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[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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noch drin, die wir noch ausgeben werden,
um das Entwicklungsergebnis mit einem
qualifizierten Abschluss zu haben. Das ist
das Geld, das wir bis zum 30.09. noch aus-
geben, ja? Wenn Sie es daran messen, dann
ist es halbe-halbe.

(Rainer Arnold (SPD): Plus
Mehrwertsteuer!)

- Ja.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege Krestel, Sie sind dran.

Holger Krestel (FDP): Ja, danke, dass
ich wieder reden darf. Die Kollegen von SPD,
die gestatten das jetzt auch, ja? Danke. -
Wenn wir dann bei knapp über 50 Prozent
bereits geflossenen Mitteln sind: Wie hoch ist
denn nun zusätzlich noch der Anteil von Mit-
teln, die spätestens nach Abschluss des
dritten Änderungsvertrages im Jahre 2009
zum Beispiel durch Verpflichtungsermächti-
gungen bzw. Festlegungen zwar noch auf
dem Konto waren bei Ihnen, aber nicht mehr
disponiert werden konnten, weil sie als Folge
des Vertrages später eh abfließen mussten?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Die Frage habe
ich jetzt nicht ganz verstanden. Ich kann
Ihnen - -

Holger Krestel (FDP): Ich kann sie noch
mal wiederholen und ein bisschen anders
formulieren, wenn Sie wollen.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ja.

Holger Krestel (FDP): Wir hatten in mei-
ner ersten Frage - da gab es ja mehrere Un-
terbrechungen - festgestellt, dass etwas
mehr als 50 Prozent der Mittel bereits geflos-
sen waren. Und wie hoch ist nun noch der
Teil von Mitteln, die bei Ihnen noch auf dem
Konto waren, die aber aus einer vertrag-
lichen Verpflichtung heraus später sowieso
noch fließen mussten und für Sie also nicht
mehr disponibel waren?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ja, gut, dieses
trennscharfe Bild kann ich Ihnen im Augen-
blick nicht liefern. Aber ich komme noch mal
zurück eben auf diese Anlage C im Ad-hoc-
Bericht. Da finden Sie auf der zweiten Seite
dieser Zusammenstellung ja auch unter der
Ziffer 4 - „Zahlungen bis Ende Mai 2013“,

aber auch Vorherzahlungen bis Ende De-
zember 2012 -: „offene Verpflichtungen“.

Und soweit hier bereits vertragliche Ver-
pflichtungen eingegangen waren, gibt es
keine Chance, diese Gelder zurückzuholen.
Das heißt: Auch im Augenblick, wenn ich
sage: „668“, dann ist dieses Geld noch nicht
komplett abgeflossen, aber es laufen Ver-
träge, als deren Folge wir am Ende des Ta-
ges auf die 668 - aus heutiger Sicht - kom-
men werden.

Und wie das trennscharfe Bild jetzt zum
Stand 2009 ist, kann ich - -

Holger Krestel (FDP): Ja, ja. - Ich wollte
es ja jetzt auch nicht auf den letzten Euro
genau wissen. Nur: Es stimmt also meine
Vermutung, dass zu den geflossenen Mitteln
von 50 Prozent plus x noch die Summe y
hinzuzurechnen wäre, -

Zeuge Dr. Paul Jansen: Absolut.

Holger Krestel (FDP): - die bei Ihnen
noch liegt, die aber aus vertraglicher Ver-
pflichtung heraus noch fließen musste?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Völlig klar.
Wenn ich mir die Situation des Jahres 2009
anschaue, da war der Basisentwicklungsver-
trag ja in voller Breite gültig. Und auch ohne
dass ich zusätzliche Leistungen kontrahiert
hätte in 2009, hätte ich das Geld, das ich mit
dem Entwicklungsvertrag des Jahres 2007 -
31. Januar 2007 - unter Verpflichtung ge-
nommen habe, weitestgehend zahlen müs-
sen. Welche Rückbehaltungsansprüche ich
da gehabt hätte, vermag ich nicht zu sagen.
Aber es wäre jedenfalls nicht die Masse des
Geldes gewesen.

Holger Krestel (FDP): Ich habe keine
weiteren Fragen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege Spatz auch nicht? - Dann keine
weiteren Fragen. Dann kommt jetzt die Linke.
Herr Kollege Schäfer.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Danke,
Frau Vorsitzende. - Ich fand die Fragen des
Kollegen Silberhorn sehr spannend. Der ist
jetzt gar nicht mehr da, oder ist er noch da? -
Schade. - Nur, die lagen mir auch auf der
Zunge.

Drucksache 17/14650 – 838 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 142
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Deshalb muss ich da einfach noch mal
nachhaken. Das knüpft ja auch an Ihre
Bemerkungen an, man habe jetzt was - -
also, das beendete, abgebrochene Projekt
Euro Hawk - - eine genauere Kosten-Nutzen-
Analyse gemacht und sei zu dem Ergebnis
gekommen: „Nein, an der Stelle geht es nicht
weiter“, und dann lapidar angefügt: Dann
muss man sich Alternativen überlegen.

Nun hat der Kollege Silberhorn ja zu
Recht gefragt: Wie sieht es denn mit der
Bewertung dieser möglichen Alternativen
aus? - Wenn ich eine Güterabwägung vor-
nehme, muss ich das ja genauso machen.
Nun wissen wir über die technischen Mach-
barkeitsstudien, sofern man das so benen-
nen kann, weil wir wissen ja, in welchen Zeit-
räumen die erstellt worden sind und wer sie
erstellt hat - - kommt ja noch ein weiterer
Punkt dazu.

Meine Frage ist jetzt einfach: Sie haben
erwähnt, ja, man muss jetzt in die Prüfung - -
oder man steigt - - ist in der Prüfung, aber
Sie seien, Ihre Abteilung sei nicht beteiligt.
Noch mal: Also, Sie waren bis dato nicht
damit befasst, eine ökonomische Kosten-
schätzung vorzunehmen - - mögliche Alter-
nativen. Beziehungsweise: Kennen Sie et-
was, dass ein Auftrag ausgelöst worden
wäre, also nicht nur eine technische Mach-
barkeitsstudie zu machen der verschiedenen
Optionen, sondern der ökonomischen Fol-
gen? Gibt es einen solchen Auftrag, oder
kennen Sie eine solche Studie, die Grund-
lage wäre für eine Bewertung, also der Kos-
ten-Nutzen - - dieser Alternativoption?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Herr Abgeord-
neter, es geht hier nicht um Studien, sondern
es geht, ich sage mal, um ganz normales
Geschäft. Wenn man im Rahmen des CPM
vor der Frage steht: „Ich will eine neue Fä-
higkeitslücke schließen“, dann trägt man die
Alternativen zusammen, und zwar in der
Verantwortung der Abteilung Ausrüstung,
Infrastruktur und Nutzung, die geeignet sind,
diese Fähigkeitslücke zu schließen, und
dann bewertet man sie. Das heißt, das
Thema Wirtschaftlichkeitsuntersuchung ist
zunächst eine Zuständigkeit des jeweiligen
Bedarfsträgers bzw. hier Bedarfsträgers und
Bedarfsdeckers. Hier wird die Abwägung in
der ersten Runde vorgenommen. Dass wir
da am Schluss mit beteiligt werden, davon
gehe ich aus. Aber das ist ganz normaler
Prozess, der jetzt - -

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Aber
ein solches Dokument gibt es bislang nicht?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Nein, nein.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Okay. -
Gut, dann deshalb noch einmal nachgefasst,
weil ich das vielleicht falsch gehört habe: Der
Kollege Silberhorn hat dann nachgefragt, ob
mit den freien Planmitteln - wir reden ja von
den 675 Millionen - dieses Alternativsystem
eventuell darstellbar sei. Nun meine ich, ge-
hört zu haben von Ihnen, dass Sie gesagt
haben: Ich denke, ja. Oder: Ich glaube, ja. -
Können Sie das noch mal bestätigen?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ja, ich gehe fest
davon aus.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Finden
Sie das nicht etwas kühn, wenn Sie gar nicht
wissen, auf welche Option sich das bezieht,
welche Leistungsparameter? Also, das ist
Ihre Annahme, dass Sie sagen, mit den
675 Millionen können wir sozusagen die Be-
schaffung dieses Alternativsystems, Ent-
wicklung und Beschaffung des Alternativ-
systems, bereitstellen?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Bis zum Beweis
des Gegenteils gehe ich davon aus, dass es
unter der Vielzahl von möglichen Lösungen

(Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wir tagen in zwei
Wochen noch!)

eine solche Lösung geben wird.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Okay,
danke. Das langt mir.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Keine weiteren Fragen mehr? - Dann Bünd-
nis 90/Die Grünen. Herr Kollege Lindner.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Vielen Dank. - Ich will noch mal
auf die 25-Millionen-Vorlagen zurückkommen
und noch mal einen Komplex erörtern. Wann
benennen Sie in einer 25-Mio.-Vorlage Risi-
ken? Also, benennen Sie überhaupt Risiken,
wenn Sie so eine Vorlage an den Ausschuss
geben? Wenn ja: Unter welchen Umständen,
was für Risiken sind das, oder wie groß müs-
sen solche Risiken sein?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 839 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 143
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Zeuge Dr. Paul Jansen: Das Risiko-
thema ist ein wichtiges Thema bei der Abfas-
sung unseres Beitrages zu einer 25-Millio-
nen-Vorlage. Dabei mussten wir versuchen,
einen einheitlichen Pfad zu steuern. Sie kön-
nen sich vorstellen: Wenn im Bundesamt für
Ausrüstung, Informationstechnik und Nut-
zung in der Verantwortlichkeit eines Projekt-
leiters eine Vorlage geschrieben wird, dann
hat der nicht den Erfahrungswert „Wie macht
sein Kollege nebenan es anders, wenn er die
entsprechende Vorlage schreibt“ oder den
Erfahrungswert eines weiteren Kollegen,
während für uns natürlich schon beginnend
in der Abteilung AIN, aber dann auch bei uns
in der Abteilung Haushalt und Controlling - -
Wir versuchen, hier nach durchgehenden
Kriterien, nach der gleichen Systematik, nach
einer vergleichbaren Systematik - das geht
nicht in jedem Fall auf; jeder Vorgang ist
anders - - aber wir versuchen hier aus einem
Guss eine Berichterstattung vorzunehmen.
Und dazu gehört, dass wir das Thema Ri-
siko, soweit es von Relevanz ist, in der Dis-
kussion mit der Abteilung AIN so abwägen,
dass wir uns hinterher einig sind: In der und
der Form findet es Eingang in die Vorlage.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie haben vorhin beim Thema
Controlling zwischen dem Zentralcontrolling
der Abteilung HC und dem Abteilungscon-
trolling unterschieden. Welche Informationen
kann denn die Hausleitung durch das Con-
trolling, also das Zentralcontrolling Ihrer Ab-
teilung, ablesen? Zu was ist das dienlich?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Wir entwickeln -
ich erwähnte den Zeithorizont - ein durch-
gängiges Controlling über die Entwicklung
eines Zielsystems, das dann kaskadierend
bis in die Abteilungen geht und dann in den
nachgeordneten Bereich. Was wir im Zen-
tralcontrolling bringen, sind, ich sage mal,
summarische Betrachtungen; es sind keine
Einzelfallbetrachtungen. Das heißt ganz kon-
kret, ein Vorhaben Euro Hawk ist nie Gegen-
stand eines Berichtes gewesen, der aus dem
Zentralcontrolling käme.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Generell, wenn Sie im Haus be-
richten: Wem berichten Sie, dem Staats-
sekretär oder dem Minister? Also, wenn Sie
eine Vorlage schreiben: An wen geht die in
der Regel?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Zum Controlling,
meinen Sie jetzt?

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Generell, wenn Sie als Abtei-
lungsleiter eine Vorlage an die Leitung des
Hauses schreiben: An wen schreiben Sie
dann?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ja, zunächst an
meinen Staatssekretär.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie berichten nicht dem Minister
also auf schriftlichem Wege, oder nur dann,
wenn er das von Ihnen anfordert, oder wie
muss ich mir das vorstellen?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Es gibt Auf-
träge, die heißen dann: Bitte Ministervorlage
zu dem und dem Thema. Das läuft dann über
den zuständigen Staatssekretär zum Minis-
ter. Ich nehme ein konkretes Beispiel: Wenn
die Haushaltsberatungen laufen und die Ab-
stimmungen mit dem BMF laufen, dann be-
richte ich selbstverständlich am Schluss dem
Minister über mein Verhandlungsergebnis
bzw. mache einen Vorschlag, wie es weiter-
gehen könnte.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich verstehe Sie richtig: Sie be-
richten dem Minister dann und nur dann,
wenn Sie dazu aufgefordert werden, unauf-
gefordert berichten Sie dem Staatssekretär?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Das kann man
so sagen, wobei hier eine gewisse Grauzone
ist. Ich bleibe bei dem Thema Haushaltsauf-
stellung. Das ist ein unmittelbar ministerrele-
vantes Thema, wenn wir am Schluss in der
Verhandlung sind: Wo landet der Regie-
rungsentwurf des nächsten Jahres? Und
dann kann es auch sein, dass ich die Vorlage
direkt über den Staatssekretär an den Mi-
nister adressiere.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Vielen Dank. - Der Kollege Nou-
ripour würde weitermachen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Herr Dr. Jansen, herzlichen Dank
für Ihre bisherigen Ausführungen und gute
Besserung!

Drucksache 17/14650 – 840 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 144
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Ich würde gerne wissen, ob es - - Sie ha-
ben ja vorhin gesagt, es gibt Runden, in de-
nen man auch mit dem Minister über zum
Beispiel Rüstungsvorhaben sprechen kann.
Das sind alles formelle Runden, oder gibt es
auch informelle Runden?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Noch mal, Ent-
schuldigung, ich habe die Frage - - Die Run-
den?

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Genau.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ich hatte nicht
von Rüstungsrunden - -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Nein, von Haushaltsrunden.
Dann habe ich es falsch verstanden. Erklä-
ren Sie es mir noch mal?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Wovon spre-
chen Sie jetzt, von den Vorlagen?

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Von Ihrer physischen Interaktion
mit dem Minister.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ich habe zu
Rüstungsthemen dem Minister nie etwas
vorgelegt.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Waren Sie bei dieser Rüstungs-
klausur zum Beispiel dabei?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Die des letzten
Jahres, von der so viel die Rede ist?

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Genau.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Bei der war ich
dabei, ja.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Und gab es auch andere Run-
den, bei denen das Thema unseres Untersu-
chungsauftrages tatsächlich auch stattgefun-
den hat?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Nein.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Die Überprüfung aller Rüstungs-

projekte, wie angekündigt: Inwieweit hat das
Ihre Arbeit betroffen?

(Ein Signal ertönt)

Zeuge Dr. Paul Jansen: Entschuldigung,
das ist gerade das - -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Inwieweit ist die Überprüfung
aller Rüstungsprojekte, wie sie angekündigt
wurde vom Minister, sozusagen in Berührung
mit Ihrer Arbeit gewesen?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Sie meinen
nicht die Festlegung der strukturbestimmen-
den Systeme? Die Festlegung der struktur-
bestimmenden Systeme - -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Nein, das meine ich nicht.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Die meinen Sie
nicht?

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Nein. Ich meinte - - Darf ich noch
mal? - Es ging darum, dass der Minister ja
angekündigt hatte zu Amtsantritt, dass er die
Rüstungsprojekte alle sich noch mal an-
schauen und neu bewerten will.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ja.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das meinte ich.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Das ist ohne
Beteiligung der Abteilung Haushalt erfolgt.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So, jetzt kommt die CDU/CSU. - Keine Fra-
gen mehr. SPD? - Herr Kollege Bartels.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Herr Jan-
sen, zur Frage der Kommunikation: Sie
kommunizieren natürlich im Wege von Lei-
tungsvorlagen mitzeichnend oder selbst vor-
legend. Wie muss man sich das vorstellen
auf dem Wege sozusagen der Entstehung
solcher Vorlagen? Gibt es da Rücksprachen
mit den Staatssekretären?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Nein, das wäre
ja schon ein Ausbrechen aus dem Prozess.
Also, wenn es eine normale Vorlage zu wel-
chem Thema auch immer ist, dann wird die

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 841 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 145
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auf Referatsebene abgestimmt, und üb-
licherweise ist es so: Wenn es eine Leitungs-
vorlage ist, dann kommt mein zuständiges
Referat über meinen Unterabteilungsleiter
auf mich zu. Das heißt, Leitungsvorlagen, die
also Zielrichtung Staatssekretär oder Minister
haben, die gehen in der Regel nicht nach
außen mit dem Bemerken „Die Abteilung
Haushalt zeichnet mit“, ohne dass ich sie
gesehen habe. Das heißt, mein Referat
schlägt mir vor: Wir sollten in der und der
Form uns zu der Vorlage einlassen, wir soll-
ten die und die Änderung einbringen. - Und
das erfolgt dann so, dass wir eine Abtei-
lungsposition dann in diese Mitzeichnung
einbringen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Nun wis-
sen wir ja, dass die Abteilungsleiter unter-
einander schon kollegial zusammenarbeiten;
das gibt ja nicht nur die Geschäftsordnung
her, sondern einfach der Sinn so einer Arbeit.
Wie ist Ihre Abstimmung da mit dem Abtei-
lungsleiter Rüstung? Also, trifft man sich
formell oder immer von Fall zu Fall, dass
etwas abgesprochen wird auf der Ebene der
Abteilungsleiter, weil irgendwas unklar ist?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Im Einzelfall,
wenn es die Situation gebietet, dann gibt es
auch diese unmittelbaren Kontakte. Es gibt
auch regelmäßige Kontakte mit der Planung.
Das ist ja im Rahmen des neuen integrierten
Planungsprozesses auch so angelegt, dass
Planung und Haushalt enger miteinander
verflochten werden, als das früher der Fall
war.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber das
ist ganz normal, nicht?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Das ist normal.
Aber das überholt keine Mitzeichnungsvor-
gänge. Also, wenn der Kollege Selhausen
mich anruft oder wenn wir uns sehen, dann
sprechen wir Themen an, die demnächst auf
uns zukommen könnten, aber in der Regel
nicht über laufende Mitzeichnungsvorgänge,
obwohl es auch hier natürlich der Fall sein
kann, dass eine Mitzeichnungsbemerkung
einer Abteilung von der federführenden Ab-
teilung nicht so mit Begeisterung gesehen
wird, sondern dass man dann noch mal
drüber diskutiert, bevor man die Vorlage
abschließend vorlagereif für die Staats-
sekretärsebene macht.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ich sage
mal ein Beispiel: Wenn so was passiert wie
2011, dass da formal es eine Vorlage gab für
die Beschaffung der Langläufer, da schrei-
ben die Staatssekretäre was drauf, also die
die Staatssekretäre auch beide erreicht hat,
die was draufschreiben, dann geht es zurück,
also, es werden Antworten generiert, man
macht eine Konferenz, an der Sie teilge-
nommen hatten am 24. November?

Zeuge Dr. Paul Jansen: 2011?

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): 2011.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Nein, nein.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Nicht. -
Und dann jedenfalls wird entschieden: Das
verfolgen wir nicht weiter. Also, die Staats-
sekretäre hatten das schon mal, dann krie-
gen sie aber das nicht wieder zurück nach
Klärung von Sachfragen, sondern dann
kommt gar nichts mehr. Erfahren die Staats-
sekretäre dann, dass sie nichts mehr krie-
gen?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Das habe ich
jetzt nicht verstanden.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Es gab
eine Leitungsvorlage.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ich kenne diese
Vorlage nicht. Ich habe davon gehört, dass
es sie gibt. Aber das ist vielleicht jetzt auch
nicht entscheidend, dass ich sie - -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sie haben
sie zurückgegeben, also nicht entschieden,
sondern zurückgegeben, -

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): - um
Dinge zu klären.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ja, und das
ist - -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Und dann
sind die Dinge nicht geklärt worden im Sinne
von: „Jetzt geben wir die Vorlage mit den
Antworten wieder zurück“, sondern man hat
es einfach auf sich beruhen lassen, nachdem
man geklärt hat: Das wollen wir nicht weiter-

Drucksache 17/14650 – 842 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

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verfolgen auf der Abteilungsleiterebene. -
Erfahren dann die Staatssekretäre davon?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Das kann ich
jetzt - -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja,
müssten sie davon erfahren?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ich kann mir ge-
rade diese Fallgestaltung noch nicht ganz
vorstellen. Wenn von der Staatssekretärs-
ebene entschieden ist: „Wir verfolgen das
nicht weiter“, oder - -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Nein,
nein. Die haben Fragen.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Wenn sie Fra-
gen haben, dann werden die Fragen beant-
wortet. Das wird auch im Büro des Staats-
sekretärs nachgehalten. Also, dass da ir-
gendetwas versandet, das kann ich mir nicht
vorstellen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Also,
dass nicht weiter verfolgt werden soll, muss
ankommen bei den Staatssekretären?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Wenn der
Staatssekretär darum gebeten hat, dass
irgendetwas gemacht wird, dann geht er
entweder davon aus, es wird gemacht, oder
er erfährt, warum es nicht gemacht werden
kann.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wir ha-
ben das in unseren Unterlagen nicht finden
können. Vielleicht ist es mündlich gesche-
hen? Kann es sein, dass das mündlich ge-
schieht?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ich weiß es
nicht.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wäre das
regelgerecht, wenn es mündlich geschieht?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ich kenne die-
sen Vorgang vom 24. November nicht,
weil - - Ich sagte schon: Die Haushaltsabtei-
lung hat während des gesamten Jahres 2011
von dem Vorgang keine Kenntnis.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wenn die
Bundesregierung in der Lage wäre, sozusa-

gen diese Informationen zu recherchieren,
wäre es natürlich ganz großartig, wenn wir
die bis morgen hätten: Ist das mal schriftlich
bei den beiden Staatssekretären wieder an-
gekommen, die Konferenz vom 24. Novem-
ber, eine Vorlage aus dem Oktober? Aber
„mündlich“ ist jedenfalls auch ein Prinzip,
oder ist das Prinzip nur „schriftlich“?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Sicherlich kann
ich meinem Staatssekretär auch - - und das
tue ich auch; ich sage ihm auch mündlich
etwas. Aber das ist jetzt eine generelle Aus-
sage. Zum Thema Euro Hawk habe ich nie
mit ihm darüber gesprochen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Noch mal
zu der Alternative. Wenn die, sagen wir mal,
2015 da sein soll, wann müsste die be-
schlossen werden? - Letztes Jahr?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Das kann
man - - Das hängt davon ab, was es für eine
Alternative ist. Wenn es etwas Marktverfüg-
bares wäre, dann wäre der Realisierungszeit-
raum natürlich kürzer. Wenn es andere Lö-
sungen sind, dann kann ich mir einen Zeit-
raum 2015 nicht vorstellen oder eine Reali-
sierung in 2015 nicht vorstellen. Das hätten
wir ja auch mit dem jetzigen System nicht
erreicht.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja, okay.

Rainer Arnold (SPD): Es gab auch schon
vor der Umstellung des Controlling-Verfah-
rens ein zentrales Controlling. Sind diese
Meldungen des Zentralcontrollings auch
immer bei Ihnen in der Abteilung angelangt?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Herr Abgeord-
neter, nein, es gab vorher kein zentrales - -

Rainer Arnold (SPD): Wer hat denn das
Controlling fürs Ministerium gemacht?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Es gab vor der
Neuausrichtung des Ministeriums zum
1. April letzten Jahres den Stab LC, Leitungs-
controlling. Das war ein Stabselement, das
aber eine ganz andere Form des Controllings
war und in dem Sinne nicht die Meldungen
bzw. die Berichte produzierte, die jetzt in
einer übergreifenden Betrachtung erstellt
werden.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 843 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 147
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Rainer Arnold (SPD): Okay. Aber meine
Frage bezieht sich nicht auf den Namen oder
so, -

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ja.

Rainer Arnold (SPD): - sondern: Sind
solche Meldungen bei Ihnen regelmäßig
dann auch über Ihren Tisch gegangen?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Diese Berichte,
die nur zu ausgewählten Bereichen produ-
ziert wurden, habe ich üblicherweise nicht
gesehen. Im Einzelfall habe ich mal einen
gesehen.

Rainer Arnold (SPD): Haben Sie zu Euro
Hawk welche gesehen?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Nein.

Rainer Arnold (SPD): Okay. - Waren Sie
in die Debatte mit dem Bundesrechnungshof
involviert, dass er zunächst oder lange Zeit
sogar bestimmte Unterlagen nicht erhalten
sollte, weil er eigentlich in der Äußerung von
manchen ein Dritter wäre und dies die Ver-
träge ausschließen?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ja, ich sagte es
ja schon in meinen Eingangsbemerkungen:
Wir haben eigentlich mit dem Hof breites
Einvernehmen, und in aller Regel verläuft die
Zusammenarbeit völlig problemlos. Jetzt ist
zufällig das Vorhaben Euro Hawk eines ge-
wesen, wo die Ausnahme mal eingetreten ist.
Wir hatten das Thema dieser ITAR-Sperr-
vermerke, und die Position, vor der das Haus
stand, war die: Wie bringen wir die überhaupt
nicht infrage gestellte Kompetenz des
Rechnungshofes, Zugriff auf alle Unterlagen
zu nehmen, mit Geheimhaltungsvorschriften
Dritter überein? Wir hatten hier diesen Fall,
wo die Güterabwägung zu treffen war, und
diese Güterabwägung haben wir zunächst
dahin gehend aufgelöst, dass nach Ein-
schaltung der Firma Northrop Grumman, die
ja diese Vorbehalte in die Vertragswerke mit
hineingebracht hat entsprechend den ameri-
kanischen Vorschriften - -

Rainer Arnold (SPD): Darf ich mal ge-
schwind unterbrechen, weil mir einfach auch
die Zeit davonläuft mit den 14 Minuten? Sind
Sie mir nicht gram. - Die Frage ist: Haben Sie
das auch so gesehen, dass der Rechnungs-

hof wie ein Dritter zu behandeln ist und dass
man ihm dies nicht geben kann? Wie war da
Ihre persönliche Haltung? Und anschließend,
falls der Gong gleich kommt: Von wem aus -
Sie sagten: „das Haus“; mich interessieren
Menschen - wurde die Debatte forciert oder
getrieben, dass der Rechnungshof keinen
Einblick erhält? Das muss ja jemand verfolgt
haben, weil es schon nachhaltig war und
lange gedauert hat.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Es ist zunächst
mal so: Wenn der Hof eine Prüfung macht,
dann geht er an die zu prüfende Einheit. Das
hat er hier gemacht, ist nach Koblenz gegan-
gen und hat da Hunderte von Unterlagen
gekriegt. Dann ging es um diese Status-
berichte wohl insbesondere, und da wurde
dann von den zuständigen Mitarbeitern ge-
sagt: Lieber Hof, wir können dir die Sachen
nicht rausgeben; wir machen uns strafbar.
Das ist strafbewehrt bis hin zu Konsequen-
zen persönlicher Art. Das heißt, die betroffe-
nen Mitarbeiter, die sich hier eines Ver-
gehens schuldig gemacht hätten, hätten ihr
Lebtag nicht mehr nach Amerika fahren kön-
nen, weil sie damit hätten rechnen müssen,
sofort verhaftet zu werden, nur um eine Fa-
cette anzusprechen. Die haben dann gesagt:
Wir versuchen die Kuh vom Eis zu bringen,
indem wir in Abstimmung mit dem Auftrag-
nehmer Schwärzungen vornehmen. Der Hof
kriegt die Berichte, aber geschwärzt. - Diese
Schwärzungen bezogen sich im Wesent-
lichen auf technische Beschreibungen, auf
Firmennamen, auf Bauteilnummern und
Bauteilbezeichnungen. Jetzt habe ich selber
nicht körperlich diese geschwärzten Berichte
gesehen und maße mir deswegen nicht an,
ob die Berichte deswegen unlesbar waren,
weil Bauteilnummern und Bauteilbezeich-
nungen geschwärzt waren. Aber es ist nicht
so, dass wir nichts herausgegeben haben,
sondern -

Rainer Arnold (SPD): Ja, ist schon klar.

Zeuge Dr. Paul Jansen: - das ist he-
rausgegangen, und das ist dann Gegenstand
einer Grundsatzdebatte geworden. Der Ab-
geordnete Lindner kann das bestätigen. Wir
haben dann in mehreren Berichterstatter-
gesprächen über dieses Thema gesprochen.
Es hat ein Gespräch gegeben auch zwischen
Staatssekretär Wolf und dem Präsidenten
des Bundesrechnungshofes Professor En-

Drucksache 17/14650 – 844 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 148
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

gels, wo wir uns auch einig sind: Wir lösen
das alles im gegenseitigen Einvernehmen.

Wir haben dann - im Februar dieses Jah-
res war das - eine Grundsatzvereinbarung
mit dem Bundesrechnungshof besprochen;
auch die war Gegenstand des Berichterstat-
tergesprächs. In der Folge haben wir gesagt:
Damit ist jetzt der Weg frei, um die Unter-
lagen herauszugeben. Das bestätigt der Hof
ja auch, dass wir von unserer Seite alles
getan haben, um zu sagen: Jawohl, das
machen wir. Dann hatten die Kollegen in
Koblenz aber immer noch Probleme, weil sie
einfach Sorge hatten, sie machen sich straf-
bar. Das ist nicht irgendwie eine Frage von
Lust und Laune, sondern die hatten wirklich
die Sorge, sie machen sich strafbar und
verstoßen gegen amerikanisches Recht.

Rainer Arnold (SPD): Machen die sich
strafbar Ihrer Meinung nach?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ja, das - - Sie
hätten es gemacht. Und dann ist am
Schluss - insoweit verkürze ich - das Ganze
durchgehauen worden, indem wir gesagt
haben: Jawohl, die Unterlagen werden jetzt
komplett auf den Tisch gelegt, ungeschwärzt,
aber dann als Geheim. - So hat der Hof diese
Unterlagen, die er ursprünglich geschwärzt
bekommen hat, dann ungeschwärzt bekom-
men, und diese Geheimsache ist ja auch
Ihnen zur Verfügung gestellt worden. Sie
haben ja auch die Möglichkeit, diese Unter-
lagen zu sehen. Das war am Schluss die
Lösung.

Wir haben das dann im Nachhinein der
amerikanischen Seite gesagt. Wir haben
gesagt: Es geht nicht weiter so, dass wir den
Bundesrechnungshof und das Parlament als
Dritte hier behandeln; die müssen dann unter
diesen restriktiven Bestimmungen des Ge-
heimvorgangs Zugang haben. - Das ist von
der amerikanischen Seite akzeptiert worden,
und wir sind jetzt dabei, eine Grundsatzver-
einbarung zu erarbeiten, sodass sich ein Fall
Euro Hawk hoffentlich dann nicht wiederholt,
wenn er in anderer Form relevant würde.

Rainer Arnold (SPD): Danke. Aber es ist
ja kein neues Verfahren, dass der Rech-
nungshof auch Akten unter - -

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Moment, Herr Kollege Arnold. Jetzt kommt
die FDP-Fraktion dran. - Keine Fragen. Dann
kommt die Linke. - Keine Fragen. Dann

kommen Bündnis 90/Die Grünen. Bitte
schön, Herr Kollege Nouripour.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Herr Dr. Jansen, ich will dort
weitermachen, wo ich aufgehört habe, näm-
lich bei der Rüstungsklausur. Könnten Sie
sich noch mal erinnern und uns erzählen, wie
das Thema Euro Hawk dort thematisiert
wurde?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Das Thema
Euro Hawk ist nicht als Thema Euro Hawk
nach meiner Erinnerung angesprochen wor-
den, sondern das war thematisch gegliedert,
diese Besprechung, und der Inspekteur der
Luftwaffe - oder der damals designierte In-
spekteur der Luftwaffe war es, glaube ich -,
General Müllner, hat vorgetragen zum
Thema UAV auch, und hier hat es aus mei-
ner Sicht, nach meiner Erinnerung keine
Thematisierung des Euro Hawk gegeben, die
bei mir auch Alarmglocken hätte angehen
lassen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wir haben vorhin über Vorlagen
gesprochen, und Sie haben ja beschrieben,
wie Sie sie an die Leitung des Hauses ge-
ben. Aber wie kommen die zustande? Also,
woher kommt der Auftrag, diese zu verfas-
sen?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Der Auftrag
einer Leitungsvorlage? - Ja, entweder aus
der Themenstellung selbst. Also, wenn ich
zum Haushalt diesen Anlass habe, dann
schreibe ich eine Leitungsvorlage aus eige-
nem Antrieb oder als Folge von Aufträgen,
die aus dem Leitungsbereich kommen, die
aus den Büros der Staatssekretäre kommen.
Viele Aufträge ergeben sich auch natürlich im
Zusammenhang mit parlamentarischen An-
fragen - -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wenn ich da noch mal nach-
haken darf: Gerade aus eigenem Antrieb, da
gibt es ja verschiedene Möglichkeiten, wie
man es sich vorstellen kann. Gibt es auch die
Möglichkeit oder gibt es auch Fälle, in denen
sozusagen ein informelles Gespräch mit der
Leitung des Hauses Sie dazu bringt, dass
Sie das einmal machen, was dann sozusa-
gen nicht auf offizielle Anweisung kommt,

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 845 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 149
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

aber dann trotzdem eine Vorlage wird, weil
Sie ein inoffizielles Gespräch geführt haben?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Moment. Das
informelle Gespräch jetzt vorher, oder?

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Vorher.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Das heißt -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Also, Sie sprechen mit dem
Staatssekretär - -

Zeuge Dr. Paul Jansen: - ein Szenario:
Ich spreche mit dem Staatssekretär und
sage: „Herr Staatssekretär, dazu würde ich
Ihnen gerne eine Vorlage machen“?

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Genau.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Das könnte ich
theoretisch, aber - - Doch, ich könnte es;
aber der Fall passiert nicht.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Warum nicht? Ist es sozusagen
eine Frage der Kultur oder Ihre eigene
Herangehensweise oder - -

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ja, aber warum
muss ich vorher sagen: „Ich schreibe Ihnen
was“?

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich würde gerne einen Vorhalt
machen, und zwar MAT 73, 2, Seite 229 f*.
Das ist der Sprechzettel des Ministers für ein
Treffen mit Abgeordneten der Koalition - das
Treffen fand statt am 14. März 2013 -, und
Sie haben es nachrichtlich erhalten und ab-
gezeichnet.

(Dem Zeugen wird ein Schriftstück
vorgelegt)

Zeuge Dr. Paul Jansen: Diese Vorlage,
Mitzeichnung der Referate, vom 6. März, ja?

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Genau.

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-73 BMVg zu BB 17-48,
Ordner 2, StS Beemelmans, Blatt 229 ff.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Für die Vorbe-
reitung?

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ja.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Und Ihre Frage
ist jetzt?

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Waren Sie bei diesem Gespräch
dabei?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Nein.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wissen Sie, wer die Formulie-
rung von „aktiv“ auf „reaktiv“ verändert hat?
„Die Zulassung des Euro Hawk gestaltet sich
als extrem schwierig und risikobehaftet“ oder
„äußerst schwierig“.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Das ist aus-
weislich dessen, was Sie mir hier vorlegen,
auf Staatssekretärsebene geschehen. Das
ist ja in Rot eingetragen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Genau. - Ich würde gerne
noch - - Noch mal zurück zu dem Thema.
Aber das sind ja sozusagen in
Anführungsstrichen Ihre Ansprechpartner im
Parlament, teilweise, die dort ja besprochen
werden, nämlich drei Haushälter der
Koalition, die - - Wissen Sie, ob dieses
Gespräch stattgefunden hat?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Das weiß ich
nicht sicher. Es kann sein, dass es nicht
stattgefunden hat.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ist das sozusagen Usus, dass
sensible Daten vom Minister in der Unter-
richtung gegeben werden ausschließlich für
die Koalitionsabgeordneten?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Das ist kein
Normalfall, sage ich mal.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das ist kein Normalfall?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ja.

Drucksache 17/14650 – 846 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 150
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Dann würde ich gerne noch mal
zur Frage des ISIS-Systems kommen. Sie
haben nämlich wortwörtlich vorhin gesagt:
Dass wir ISIS weiter nutzen werden, steht
fest. Wir haben von den Leuten, die mit dem
Projekt sehr eng auch technisch betraut sind,
gehört, dass man das erst Ende September
wissen kann. Wie lösen Sie den Widerspruch
auf?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ich sehe keinen
Widerspruch. Ich gehe optimistischerweise
davon aus, dass der qualifizierte Abschluss
dieses Systems die guten Ergebnisse auf
dem Weg bisher bestätigt. Im Augenblick
haben wir ja keinen Anhaltspunkt dafür, dass
diese abschließende Prüfung misslingen
wird.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie haben vorhin zum Thema
Controlling gesagt, dass die Beschaffungs-
projekte zu komplex seien für eine externe
Bewertung.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Nein.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Dann müssen Sie das bitte noch
mal erklären. Dann habe ich das falsch auf-
geschrieben.

Zeuge Dr. Paul Jansen: „Zu komplex“ im
Zusammenhang mit Controlling?

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das Zitat war: Die Beschaffungs-
projekte sind zu komplex für eine externe
Bewertung - falls ich es richtig mitgeschrie-
ben habe. Falls nicht, dann können Sie mich
ja gerne korrigieren.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Nein, das habe
ich - - Wir hatten von Externen gesprochen
ganz am Anfang. Ja, da hatten wir von Ex-
ternen - - Da war von Controlling - -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Genau.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Aber nicht die - -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ach so! Ich hatte es so verstan-

den, dass das Gespräch Controlling war.
Worum ging es denn dann?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Es ging darum,
dass Externe im Rüstungscontrolling
einen - -

(Markus Grübel (CDU/CSU): Es
ging um - also wenn es meine
Frage war - die Empfehlung des
Bundesrechnungshofs!)

- Ja.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Verstehe. Okay.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ja, das war die
Empfehlung des Bundesrechnungshofs, das
Fachcontrolling durch Externe zu verstärken.
Dazu hatte ich meine Position.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Es gab ja Studien, die alternative
Trägersysteme ins Spiel gebracht haben und
bewertet haben. Haben Sie diese Studien zu
Gesicht bekommen?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Damals in - -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wann haben Sie sie zu Gesicht
bekommen?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ich habe - - Ich
kann es einfacher machen: Ich habe keine
Studie gesehen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So, jetzt frage ich die CDU/CSU. - Nein. Die
SPD? - Danke. Die FDP? - Auch nicht.
Linke? - Nein. Bündnis 90/Die Grünen?

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Zwei, drei.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Dann Kollege Nouripour.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich würde gerne noch mal ver-
stehen: Wenn das alternative Trägersystem
dann feststeht - man weiß nicht genau, wann
das ist -, dann wird es ja zu etatisieren sein.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Ja.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 847 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 151
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wie viel Zeit brauchen Sie dann
dafür?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Nun, die erste
Chance dafür ist die Aufstellung des Haus-
haltes 2014, der zweite Regierungsentwurf,
der nach der Bundestagswahl dann erarbei-
tet werden wird. Jetzt kann man darüber
spekulieren: Ist das noch Ende des Jahres,
oder ist es im Januar?

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich dachte, der Haushalt wird
jetzt im September verabschiedet?

Zeuge Dr. Paul Jansen:Was?

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Entschuldigung.

Zeuge Dr. Paul Jansen: Nein, also auf-
grund des Wahljahres ist der Haushalt 2014
ja noch nicht abgefahren, sondern die Auf-
stellung des Haushaltes 2014 wäre theore-
tisch - theoretisch - erreichbar. Ich gehe aber
eher davon aus, dass es eine Frage des
Haushaltes 2015 ist, den wir ja auch dann
früh im nächsten Jahr beraten. - Ja, das ist
die Antwort.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich habe nur noch zwei Fragen-
komplexe. Das eine sind die weiteren Erpro-
bungen nach potenzieller Abnahme. Erste
Frage: Erwarten Sie eine problemlose Ab-
nahme Ende September vom Full Scale De-
monstrator?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Gut, dazu kann
ich als Haushälter wenig sagen. Ich glaube,
die Vorbehalte sind gemacht worden: Witte-
rungsbedingungen, die noch Probleme be-
reiten können, könnten. Nein, dazu habe ich
keine eigene Erkenntnis.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wenn das aber geschehen
sollte - Sie müssen mich noch mal korrigie-
ren, wenn das falsch ist -, habe ich es so
verstanden, dass es dann zumindest ange-
dacht war, weitere Erprobungen zu machen,
sogenannte Truppenerprobungen? Worum
geht es da? Es ging um Frühjahr und Som-
mer 2014, und da müsste man ja Folgever-

träge machen. Oder wird es das nicht mehr
geben?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Nachdem es - -
Was mein letzter Kenntnisstand ist, ist das
System dann mit Abschluss der Erprobung
beendet. Das ist mein letzter Kenntnisstand.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Und der letzte Bereich, nach dem
ich noch mal fragen wollte, sind die Mehr-
kosten. Wenn wir es richtig sehen, ist es ja
so: Das alternative Trägersystem steht noch
nicht fest und wird ja voraussichtlich be-
schafft werden müssen, vielleicht auch ent-
wickelt werden müssen. Es ist ja so, dass es
nicht ganz klar ist, ob das ISIS-System - Sie
sind optimistisch; das klingt schon mal gut - -
Aber die Frage der Integration, was die kos-
ten wird, die Wartungskosten, das ist ja alles
überhaupt noch gar nicht klar. Darüber hi-
naus sind ja auch Kosten entstanden bei der
Infrastruktur, bei der Ausbildung etc. pp., die
man ja möglicherweise auch komplett neu
tätigen muss. Wenn es so viele Variablen
gibt in der Rechnung, wie kommen Sie dann
dazu, zu sagen, dass Sie davon ausgehen,
dass man mit den 675 - waren es, glaube
ich - Millionen auskommt?

Zeuge Dr. Paul Jansen: Sicherheit kann
man nicht haben. Aber ich gehe bis zum
Beweis des Gegenteils davon aus, dass sich
unter der Vielzahl der Varianten auch eine
solche befindet, die dieses Kriterium erfüllt.
Sie haben völlig recht: Das Thema „Integra-
tion von ISIS“ wird sich bei einem neuen
Träger natürlich stellen. Also einfach nur -
untechnisch - ein Umklappen, das ist es nach
Lage der technischen Komplexität nicht. Aber
das sind Dinge, zu denen ich als Haushälter
wenig sagen kann.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Herzlichen Dank.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Damit sind wir am Ende der Zeugenbefra-
gung.

Herr Dr. Jansen, ich darf Sie nochmals
darauf hinweisen, dass Ihnen nach Fertigung
des Protokolls dieses für mögliche Korrektu-
ren vom Sekretariat übersandt wird. Zuletzt
erinnere ich Sie daran, dass nach § 26
Abs. 2 PUAG der Untersuchungsausschuss
durch Beschluss feststellt, dass die Verneh-

Drucksache 17/14650 – 848 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 152
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

mung des Zeugen abgeschlossen ist. Die
Entscheidung darf erst ergehen, wenn nach
Zustellung des Vernehmungsprotokolls zwei
Wochen verstrichen sind oder auf die Ein-
haltung dieser Frist verzichtet worden ist.

Herr Dr. Jansen, ich danke Ihnen für Ihr
Kommen und wünsche Ihnen alles Gute,
auch gesundheitlich, und einen guten Nach-
hauseweg.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nach
Abschluss der Vernehmung schließe ich die
Sitzung. Die nächste Sitzung des Untersu-
chungsausschusses beginnt morgen, den
30. Juli 2013, um 9 Uhr, in diesem Saal.
Einen schönen Abend noch!

(Schluss: 20.22 Uhr)

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 849 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 153
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Drucksache 17/14650 – 850 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 154
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 851 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 155
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Drucksache 17/14650 – 852 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 156
[6. Sitzung am 29.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 853 – Drucksache 17/14650

Deutscher Bundestag
17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als
2. Untersuchungsausschuss
gem. Art. 45 a Abs. 2 GG

Protokoll Nr. 7
(Sitzungsteil Zeugen-

vernehmungen, Öffentlich)
31. Juli 2013

Stenografisches Protokoll
- Endgültige Fassung* -

der 7. Sitzung
des Verteidigungsausschusses

als 2. Untersuchungsausschuss gem. Art. 45 a Abs. 2 GG
- zugleich 152. Sitzung des Verteidigungsausschusses -

am Dienstag, dem 30.07.2013, 9 Uhr
Paul-Löbe-Haus, Berlin

Vorsitz: Dr. h. c. Susanne Kastner, MdB (SPD)

Tagesordnung

Vernehmung von Zeugen, im Einzelnen:

- Staatssekretär Stéphane Beemelmans, Bundesministerium der Verteidigung
gemäß Beweisbeschluss 17-103

- Staatssekretär Rüdiger Wolf, Bundesministerium der Verteidigung
gemäß Beweisbeschluss 17-102

- General Volker Wieker, Generalinspekteur der Bundeswehr,
Bundesministerium der Verteidigung
gemäß Beweisbeschluss 17-107

Seite

1-188

* Hinweis:
Die Zeugen Stéphane Beemelmans, Rüdiger Wolf und Volker Wieker haben Einsicht in das Stenografische
Protokoll genommen. Die Korrekturwünsche der Zeugen Beemelmans und Wieker sind dem Protokoll als
Anlagen 1 und 2 beigefügt. Der Zeuge Wolf hat keine Korrekturwünsche übermittelt.

Drucksache 17/14650 – 854 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

II

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 855 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

III

Drucksache 17/14650 – 856 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

IV

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 857 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

V

Drucksache 17/14650 – 858 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

VI

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 859 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

VII

Drucksache 17/14650 – 860 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

VIII

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 861 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

IX

Drucksache 17/14650 – 862 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 1
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

(Beginn: 9.04 Uhr)

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Sehr geehrter Herr Staatssekretär, ich be-
grüße Sie im Namen des Ausschusses sehr
herzlich. Ich begrüße auch Sie, liebe Kolle-
ginnen und Kollegen, zur siebten Sitzung des
Untersuchungsausschusses, die zugleich die
152. Sitzung des Verteidigungsausschusses
ist. Ich begrüße sehr herzlich unseren Wehr-
beauftragten, Herrn Königshaus.

Ich komme nun zu dem einzigen Punkt
der Tagesordnung:

Vernehmung von Zeugen, im Ein-
zelnen:

- Staatssekretär Stéphane Bee-
melmans, Bundesministerium
der Verteidigung
gemäß Beweisbeschluss 17-103

- Staatssekretär Rüdiger Wolf,
Bundesministerium der Vertei-
digung
gemäß Beweisbeschluss 17-102

- General Volker Wieker, General-
inspekteur der Bundeswehr,
Bundesministerium der Vertei-
digung
gemäß Beweisbeschluss 17-107

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie Sie
der Tagesordnung entnehmen können, ste-
hen heute insgesamt drei Zeugenverneh-
mungen in öffentlicher Sitzung an.

Zunächst gebe ich einige allgemeine
Hinweise. Die zahlreichen Vertreter der Me-
dien weise ich darauf hin, dass keine Film-,
Ton-, Bild- und Fernsehaufnahmen gemacht
werden dürfen. Gleiches gilt für die auf der
Tribüne befindlichen Besucher. Ich darf Sie
daher bitten, sämtliche Film-, Ton- und Bild-
aufnahmegeräte aus dem Sitzungssaal zu
entfernen.

Die Vertreter der Medien und Besucher
weise ich darauf hin, dass die Benutzung von
Handys nicht gestattet ist. Die Handys müs-
sen während der gesamten Sitzung ausge-
schaltet bleiben. Auch andere Formen der
drahtlosen Kommunikation sind unzulässig.

Wir vernehmen die Zeugen in folgender
Reihenfolge: erstens Staatssekretär Bee-
melmans, Bundesministerium der Verteidi-
gung, zweitens Staatssekretär Wolf, Bun-
desministerium der Verteidigung, drittens
General Wieker, Generalinspekteur der Bun-
deswehr, Bundesministerium der Verteidi-
gung.

Ich werde nach der Vernehmung des
Zeugen Staatssekretär Beemelmans die
Sitzung für zehn Minuten unterbrechen, um
Ihnen Gelegenheit für Fotos und Presse-
erklärungen zu geben. Danach wird die Sit-
zung mit der Vernehmung des Zeugen
Staatssekretär Wolf fortgesetzt.

Für den Fall, dass Teile der Vernehmun-
gen als Geheim eingestuft werden, weise ich
bereits an dieser Stelle ausdrücklich auf die
Geheimschutzordnung des Deutschen Bun-
destages hin. Ich möchte zudem darauf hin-
weisen, dass nach § 7 der Geheimschutz-
ordnung des Deutschen Bundestages eine
entsprechende Beschlussfassung herbeige-
führt werden muss, wenn über Verschluss-
sachen der Geheimhaltungsgrade VS-Ver-
traulich und höher beraten wird.

Ich möchte in diesem Zusammenhang da-
ran erinnern, dass im Falle einer Einstufung
der Vernehmung mit einem Geheimhal-
tungsgrad VS-Vertraulich oder höher ein
Wechsel des Sitzungssaals erforderlich wird.
Daher bitte ich Sie, etwaige Vernehmungs-
teile, die einer entsprechenden Einstufung
bedürfen, gesammelt am Ende der Verneh-
mung zur Sprache zu bringen. Ein unter Um-
ständen erforderlicher eingestufter Verneh-
mungsteil wird im Sitzungssaal 2.300 des
Paul-Löbe-Hauses durchgeführt.

Ferner weise ich darauf hin, dass Vor-
halte aus eingestuften Akten nur in einer
ebenso eingestuften Sitzung zulässig sind.
Im Falle eines Vorhalts möchte ich daran
erinnern, dass die beigezogene Unterlage
dem Zeugen durch den Fragesteller vorzu-
legen ist. Ich bitte aber auch für das Protokoll
um eine klare Benennung der Fundstelle
mitsamt der MAT-Nummer.

Im Falle der Einstufung der Sitzung wird
die Wortprotokollierung grundsätzlich weiter-
geführt. Bestehen hiergegen Einwände? -
Das ist nicht der Fall. Dann ist eine durch-
gehende Wortprotokollierung beschlossen.

Dann kommen wir zu den Zeugenver-
nehmungen. Wir beginnen mit der Verneh-
mung des Zeugen Staatssekretär Beemel-
mans.

Vernehmung des Zeugen
Stéphane Beemelmans

Sehr geehrter Herr Staatssekretär, ich
weise Sie darauf hin, dass die Sitzung auf-
gezeichnet wird. Dies dient ausschließlich
dem Zweck, die stenografische Aufzeichnung
der Sitzung zu erleichtern. Die Aufnahme

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 863 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 2
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

wird später gelöscht. Das Protokoll dieser
Vernehmung wird Ihnen nach Fertigstellung
zugestellt. Sie haben anschließend die Mög-
lichkeit, Korrekturen und Ergänzungen vor-
zunehmen.

Herr Staatssekretär, Sie sind mit Schrei-
ben vom 27. Juni 2013 geladen worden. Das
Beweisthema ist Ihnen mit dem Untersu-
chungsauftrag und dem Beweisbeschluss
zugegangen. Der Beweisbeschluss ist Ihnen
und den Mitgliedern bekannt. Auf eine Ver-
lesung kann daher verzichtet werden. Ihre
erforderliche Aussagegenehmigung liegt den
Ausschussmitgliedern als Tischvorlage vor.

Herr Staatssekretär, nach den Vorschrif-
ten der Strafprozessordnung, die im Unter-
suchungsverfahren sinngemäß Anwendung
finden, und den Vorschriften des Gesetzes
zur Regelung des Rechts der Untersu-
chungsausschüsse des Deutschen Bundes-
tages - im Folgenden verwende ich die Ab-
kürzung PUAG - muss ich Sie zunächst be-
lehren. Sie sind als Zeuge verpflichtet, die
Wahrheit zu sagen. Ihre Aussagen müssen
daher richtig und vollständig sein. Sie dürfen
nichts weglassen, was zur Sache gehört, und
nichts hinzufügen, was der Wahrheit wider-
spricht.

Ich habe Sie außerdem auf die möglichen
strafrechtlichen Folgen eines Verstoßes
gegen die Wahrheitspflicht hinzuweisen.
Danach kann derjenige, der vor dem Unter-
suchungsausschuss uneidlich falsch aus-
sagt, gemäß § 153 des Strafgesetzbuches
mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu
fünf Jahren bestraft werden.

Nach § 22 PUAG können Sie die Aus-
kunft auf solche Fragen verweigern, deren
Beantwortung Sie selbst oder Personen, die
im Sinne des § 52 Abs. 1 Strafprozessord-
nung Ihre Angehörigen sind, in die Gefahr
bringen würde, einer Untersuchung nach
gesetzlich geordnetem Verfahren ausgesetzt
zu werden.

Sollten Teile Ihrer Aussage aus Gründen
des Schutzes von Dienst-, Privat- und Ge-
schäftsgeheimnissen nur in einer nach der
Geheimschutzordnung des Deutschen Bun-
destages eingestuften Sitzung möglich sein,
bitte ich Sie um einen Hinweis, damit eine
entsprechende Einstufung erfolgen kann.

Nachdem ich Ihnen den Gegenstand der
Vernehmung erläutert, Sie zur Wahrheit er-
mahnt und belehrt habe, komme ich nun zur
Vernehmung zur Person. Herr Staatssekre-
tär, bitte nennen Sie uns Ihren Namen, Ihren
Familienstand und Ihren Wohnort.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Frau
Vorsitzende, ich heiße Stéphane Beemel-
mans, bin verheiratet und wohne in Rade-
beul.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich komme nun zur Vernehmung zur Sache.
Herr Staatssekretär, zunächst gebe ich Ihnen
die Gelegenheit, dem Ausschuss das im
Zusammenhang darzulegen, was Ihnen von
dem Gegenstand der Vernehmung bekannt
ist. Anschließend erhalten die Mitglieder des
Ausschusses in einer festgelegten Reihen-
folge das Wort.

Sollten Teile Ihrer Aussage aus Gründen
des Schutzes von Dienstgeheimnissen nur in
einer höher eingestuften Sitzung möglich
sein, bitte ich Sie erneut um einen Hinweis,
damit eine entsprechende Einstufung erfol-
gen kann.

Bitte schön, Herr Staatssekretär, Sie ha-
ben das Wort.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Vielen
Dank, Frau Vorsitzende. - Sehr verehrte Frau
Vorsitzende! Meine sehr geehrten Damen
und Herren Abgeordnete! Ich bin seit dem
16. März 2011 der unter anderem für Rüs-
tung zuständige Staatssekretär im Bundes-
ministerium der Verteidigung. In dieser Funk-
tion trage ich Verantwortung für circa 1 200
Rüstungsvorhaben unterschiedlicher Art,
Größe, Umfang, Dauer und Kosten.

Von besonderer Bedeutung unter den
Beschaffungsvorhaben, mit denen ich seit-
dem befasst bin, war und ist für mich das
Thema Drohnen. Bei diesem Thema stand
zunächst allerdings mehr die Suche nach der
Nachfolgelösung für unsere Heron-1-Droh-
nen im Vordergrund als der Euro Hawk. Es
gibt aber einige sehr relevante Gemeinsam-
keiten beider Vorhaben wie etwa die Zulas-
sungsfrage für beide Drohnentypen.

Ich möchte im Folgenden auf drei As-
pekte näher eingehen: erstens die Risiko-
haftigkeit des gesamten Euro-Hawk-Vorha-
bens, zweitens den Umgang damit in meiner
Amtszeit, drittens die Information des Bun-
desministers.

Erstens: die Risikohaftigkeit des Euro-
Hawk-Vorhabens. Kennzeichnend für die
Mehrzahl unserer Rüstungsvorhaben ist,
dass sie technisch sehr anspruchsvoll sind.
Das ist so, weil sie durchweg zukunftswei-
sende Lösungen für den Bedarf unserer
Streitkräfte liefern sollen und damit das Be-
treten von technischem Neuland projekt-

Drucksache 17/14650 – 864 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 3
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

immanent ist. Die Ergebnisse bestätigen fast
immer unsere Erwartungen. Die Bundeswehr
besitzt am Ende eines Beschaffungsvorha-
bens anerkanntermaßen mit die weltweit
beste Ausrüstung. Der Weg dorthin ist aber
zumeist gekennzeichnet durch Schwierig-
keiten, die bei der Suche nach zukunftswei-
senden Lösungen unvermeidbar sind. Weil
dem so ist, bemühen wir uns seit jeher mit
unterschiedlichen Instrumenten um Risiko-
minimierung. Die für den Projektverlauf ein-
zukalkulierenden Hindernisse sollen, soweit
es geht, bereits im Vorfeld auf ein Mindest-
maß zurückgeführt werden.

Der Verlauf des Euro-Hawk-Projektes
spiegelt in vielfacher Hinsicht dieses Bemü-
hen des Rüstungsbereichs der Bundeswehr
wider. Für das Euro-Hawk-Projekt wurde von
Anfang an ganz bewusst der Weg über ein
zweistufiges Vertragsverfahren gewählt, das
heißt einen Entwicklungsvertrag und einen
nachgelagerten, vom Erfolg des Entwick-
lungsvertrages abhängigen Beschaffungs-
vertrag.

Die Bundeswehr wollte hier für die Trä-
gerplattform eine in Deutschland nicht ver-
fügbare Schlüsseltechnologie des 21. Jahr-
hunderts in die Bundeswehr einführen, mit-
tels eines Versuchsträgers die Vorgabe des
Customer Product Management 2001, CPM
2001, zur Risikominimierung umsetzen und
schließlich ein bisher auf dem Markt nicht
verfügbares Missionssystem ISIS in
Deutschland selbst entwickeln lassen. Dies
alles sollte dazu führen, eine mit dem Aus-
phasen der Breguet-Atlantic-SIGINT-Variante
in 2010 eingetretene Fähigkeitslücke in der
strategischen luftgestützten, signalerfassen-
den Aufklärung für die Bundeswehr und da-
mit auch für die Bundesregierung zu schlie-
ßen.

Im Ergebnis sollten in der ersten Stufe
dieses Verfahrens eine unbemannte US-
Global-Hawk-Plattform, Block 20, als Proto-
typ Euro Hawk beschafft werden, ein System
zur signalerfassenden, luftgestützten, weit-
räumigen Aufklärung in nationaler Verant-
wortung entwickelt, die Integration dieses so
entwickelten SIGINT-Missionssystems in den
Euro Hawk zu einem Full Scale Demonstra-
tor erfolgen und abschließend die Qualifizie-
rung aller Systemkomponenten - Träger und
Missionssystem - zur Vorbereitung der Se-
rienherstellung des Euro Hawk in der zweiten
Stufe des Verfahrens.

In dem Entwicklungsvertrag für diese
erste Stufe mussten zwangsläufig vier Risi-

ken eingegangen werden: erstens das Risiko
der Einführung einer in der Bundeswehr bis-
lang nicht vorhandenen Technologie, zwei-
tens das Risiko der Entwicklung eines neu-
artigen, zukunftsorientierten Missionssys-
tems, das nach unserer Information in dieser
Form weltweit noch nicht verfügbar ist, drit-
tens das Risiko der Integration von Plattform
und Missionssystem und viertens das Risiko
der Zulassung des Ganzen für die Verwen-
dung in der Bundeswehr.

Diese mehrdimensionalen Risiken einzu-
gehen, ist bei derart komplexen Projekten für
sich genommen nicht ungewöhnlich. Denn
selbst wenn wir über bereits eingeführte
deutsche oder europäische unbemannte
Plattformen vergleichbaren Typs verfügt
hätten oder verfügen würden, bliebe es so-
wohl bei dem Entwicklungsrisiko für das
SIGINT-Modul, beim Integrationsrisiko für die
Verknüpfung von SIGINT-Modul mit der
Plattform als auch beim Zulassungsrisiko für
das Ganze.

Neben diesen Risiken besteht bei einem
derart dimensionierten Projekt zudem ge-
nauso immanent ein Kostenrisiko. Trotz der
von mir beschriebenen Unwägbarkeiten wird
am Anfang eines solchen Projektes ein Preis
vereinbart und parlamentarisch gebilligt. Ein
solcher Kostenrahmen muss zwangsläufig
auf Kostenschätzungen zurückgreifen. Tech-
nologie der Zukunft im Hightechbereich -
hierüber reden wir hier - lässt sich in Preisen
der Gegenwart nur schwerlich genau beprei-
sen. Das heißt, die Inkaufnahme dieses
Kostenrisikos kann entweder Mehrkosten
und Nachträge im Haushalt oder, sofern man
Nachträge verwirft, das Scheitern des Pro-
jektes mit dem ersten Euro Überschreitung
von dem gebilligten Kostenrahmen bedeuten.

Um diesen Punkt zusammenzufassen:
Das Projekt Euro Hawk hat fünf bedeutende
Risiken: ein Einführungsrisiko für die unbe-
mannte Plattform, ein Entwicklungsrisiko für
das SIGINT-Modul, ein Integrationsrisiko für
das SIGINT-Modul auf der unbemannten
Plattform, ein Zulassungsrisiko für das
Ganze, also den sogenannten Full Scale
Demonstrator, ein Kostenrisiko im Hinblick
auf die von mir genannten anderen Projekt-
risiken.

Nicht nur wegen des Kostenrisikos, son-
dern auch insbesondere wegen des Ent-
wicklungsrisikos verwendet die Bundeswehr
für solche Entwicklungsverträge mit dem
Bundesverband der Deutschen Industrie
abgestimmte Musterverträge. Darin ver-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 865 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 4
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

pflichtet sich der Auftragnehmer üblicher-
weise zu einer Dienstleistung und nicht dazu,
ein konkret beschriebenes Werk auch tat-
sächlich im Sinne eines Werkvertrages zu
erbringen. Der Auftragnehmer kommt dann
seinen Verpflichtungen zur Durchführung der
Entwicklungsarbeit nach - ich zitiere -,

wenn er sich nach besten Kräften
bemüht, unter Ausnutzung des
neuesten Standes von Wissen-
schaft und Technik und unter Ver-
wendung der eigenen Kenntnisse
und Erfahrungen das bestmögliche
Ergebnis zu erzielen.

Das ist die sogenannte Bemühensklausel.
Im Euro-Hawk-Entwicklungsvertrag wurde

die Bemühensklausel für die beiden Bereiche
„Integrationsleistung“ und „Test“ vorgesehen.
Der Bereich „Test“ regelt dabei wesentliche
Aktivitäten zur Unterstützung der Musterzu-
lassung. Das bedeutet: Bezogen auf die In-
tegrationsleistung kann der Auftragnehmer
nicht etwas als Erfolg schulden, wenn das zu
integrierende Stück selbst noch nicht erfolg-
reich entwickelt ist. Bezogen auf die Muster-
zulassung kann der Auftragnehmer auch
nicht etwas als Erfolg schulden, was seiner
Einwirkung zumindest teilweise entzogen ist.
Dies betrifft einerseits die Dokumentations-
teile und sonstige Bauteile, die sich im Eigen-
tum amerikanischer Dienststellen befinden
und nicht der Auftragnehmer. Dies betrifft
andererseits aber auch die Aktivitäten, die
nur von den Prüfern der Bundeswehr erfüllt
werden können.

Bundesminister de Maizière hat im Rah-
men der Vorstellung des Berichts zum Euro
Hawk angekündigt, das Vertragswerk im
Hinblick auf die Möglichkeit der Geltendma-
chung von Ansprüchen umfassend juristisch
überprüfen zu lassen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren
Abgeordnete, ich habe deshalb diese Erläu-
terungen vorangestellt, weil ohne sie meines
Erachtens das Vorhaben als solches in sei-
ner Risikohaftigkeit nicht sachgerecht gewür-
digt werden kann. Die von mir beschriebenen
Risiken haben von Anfang an bestanden,
waren von Anfang an bekannt und sind aus
gut vertretbaren Gründen bewusst eingegan-
gen worden. Deshalb ist auch völlig zu Recht
die Beschaffung der Serie vom Erfolg der
Entwicklung abhängig gemacht worden.

Nicht um zu relativieren, aber zumindest
um in einen Kontext zu stellen: Die von mir
beschriebenen Risiken eines Entwicklungs-

vorhabens am Beispiel des Euro-Hawk-Vor-
habens wird man in ähnlicher Form in jedem
zivilen Entwicklungsvorhaben vergleichbarer
innovativer Dimension wiederfinden. Ob es
neue Medizinprodukte, Elektroautos oder die
nächste Generation von Hochgeschwindig-
keitszügen betrifft - alle diese zukunfts-
gerichteten Vorhaben bergen Wagnisse und
unternehmerische Risiken in sich.

Zweitens: der Umgang mit dem Vorhaben
in meiner Amtszeit. Ich möchte jetzt nicht
weiter auf den Verlauf des Projekts von An-
fang bis 2011 eingehen. Dieser ist meines
Erachtens umfassend in dem Ihnen vorlie-
genden Bericht der Ad-hoc-AG dargestellt.
Ich möchte Ihnen daher kurz skizzieren, was
seit meinem Dienstantritt als Staatssekretär
im BMVg im März 2011 aus meiner Sicht,
bezogen auf das Euro-Hawk-Projekt, ge-
schehen ist. Ich beschränke mich dabei auf
die Aspekte, die tatsächlich für das Vorhaben
von Bedeutung sind.

Nach der Vorlage über den erfolgreichen
Überflug des Full Scale Demonstrator nach
Manching am 21.07.2011 folgte eine erste
wichtige Vorlage der damaligen Rüstungs-
abteilung am 10.10.2011 zur Beschaffung
der Langläuferbauteile und zur Produktion
der vier Serienluftfahrzeuge ab Mitte 2013,
die ich in Abstimmung mit Herrn Staats-
sekretär Wolf zurückgewiesen habe. Diese
Vorlage hatte die Billigung des Vertrags-
schlusses zur Beschaffung der Langläufer-
bauteile und Beauftragung der Restentwick-
lung im zweiten Quartal 2012 sowie zur Pro-
duktion der vier Euro-Hawk-Serienluftfahr-
zeuge ab Mitte 2013 zum Inhalt.

Wir haben beide angesichts der uns ge-
meldeten Kostenfolgen entschieden, keine
Maßnahmen im Hinblick auf die zweite Stufe
des Euro-Hawk-Vorhabens - mithin der Be-
schaffung der Serie - einzuleiten. Wir haben
vielmehr um Präzisierung der Kostenschät-
zung gebeten. Diese Präzisierung wurde
dann nicht mehr erforderlich, da die Abtei-
lung AIN diese Anliegen nunmehr selbst
nicht weiter verfolgt hat und am 12. Septem-
ber 2012 mein Büro um Stornierung dieses
Auftrages gebeten hat.

Dieser Vorgang veranschaulicht meines
Erachtens eines unstrittig: Die Leitung hat im
Sinne der Risikominimierung daran festge-
halten, erst Sicherheit über den Abschluss
der Entwicklungsphase zu haben, bevor
kostenpflichtige Verpflichtungen aus der
zweiten Phase eingegangen würden.

Drucksache 17/14650 – 866 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 5
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Mitte Oktober 2011 folgte dann der Bei-
trag des BMVg zur 25-Mio.-Vorlage zum
zweiten Vertrag über Contractor-Logistics-
Support-Leistungen für den Euro Hawk, der
sogenannte CLS Teil 2, mit dem die Grund-
lage für die Unterstützung eines kontinuier-
lichen Flugbetriebes mit dem Full Scale De-
monstrator geschaffen wurde, die Herr
Staatssekretär Wolf schlussgezeichnet hat.

Mit Vorlage an mich vom 8. Februar 2012
wurden mir technische, zeitliche und finan-
zielle Risiken zur Erlangung einer Musterzu-
lassung berichtet und auf die nach meiner
Kenntnisnahme vorgesehene Erarbeitung
eines Lösungsvorschlages in Form einer
Leitungsvorlage unter Beteiligung der Füh-
rungsstäbe der Streitkräfte und der Luftwaffe
sowie der Abteilung Haushalt hingewiesen.
Damit wurde auch ganz konkret das in mei-
ner Einleitung dargestellte Kostenrisiko in
einem Zusammenhang mit den Gesamtkos-
ten des Vorhabens angesprochen. Erstmalig
wurde ich umfassend über die technischen
und finanziellen Risiken - zwischen 100 und
600 Millionen Euro geschätzte Mehrkosten
für die Musterzulassung -, die Mängel in der
Dokumentation, die Schwierigkeiten des
Zulassungsverfahrens und die Notwendigkeit
der Suche alternativer Zulassungswege in
Zusammenarbeit mit der Luftwaffe für die
Serienluftfahrzeuge informiert.

Diese Vorlage ist die Umsetzung einer
Ankündigung des AL Rü in seiner Mail vom
19.01.2012 an eine Referentin aus meinem
Büro, die bereits Gegenstand in diesem Aus-
schuss war. Der AL Rü kündigte darin an,
eventuell die Beschaffung von Langläufer-
bauteilen neu betrachten zu wollen. Insoweit
bestätigte Herr Selhausen nachträglich die
Entscheidung von Herrn Staatssekretär Wolf
und mir, diese im Oktober 2011 nicht zu billi-
gen.

Es folgten Vorlagen der Abteilung SE vom
15. Mai, 15. Juni und 8. August 2012, die auf
die Folgen der Verzögerung im Projekt für
die Schließung der Fähigkeitslücke abstellten
und in einen Studienauftrag an die IABG
mündeten. Dabei sollten kurzfristig verfüg-
bare Zwischenlösungen mit dem Ziel be-
trachtet werden, das SIGINT-Modul - ich
zitiere - „so früh wie möglich nutzen zu kön-
nen“; Zitat Ende. Sie waren erkennbar eine
Reaktion auf die durch die Nichtbeauftragung
der Langläuferbauteile und die Nichtgeneh-
migung der Beschaffung der Serienluftfahr-
zeuge entstandene Befürchtung einer späte-
ren Schließung der Fähigkeitslücke. Hierzu

teilte die Abteilung Planung mit Vorlage vom
8. Oktober den Staatssekretären mit, dass
die Ergebnisse der bei der IABG beauftrag-
ten Studie für Ende Dezember 2012 erwartet
würden.

Am 1. Oktober 2012 wurde ich dann von
der Abteilung AIN auf den damals verfolgten
Weg einer Vorläufigen Verkehrszulassung für
den Full Scale Demonstrator und auf die
fortgesetzte Prüfung eines alternativen Zu-
lassungsweges für die Serienluftfahrzeuge,
-flugzeuge hingewiesen, über den frühestens
Ende 2012 Aussagen getroffen werden
könnten. Hintergrund dieser Vorlage war
meine kurzfristige Bitte um einen Sach-
standsbericht zum Thema, nachdem mich
der neue CEO von Cassidian, Herr Gerwert,
am 27. September, also drei Tage davor, im
Rahmen eines Antrittsbesuches darauf auf-
merksam gemacht hatte, dass der Euro
Hawk an sich in Manching flugbereit sei, aber
mangels entsprechender Zulassungspapiere
nicht fliegen würde.

Ich habe auf dieser Vorlage damals
einerseits die Überprüfung des Zulassungs-
verfahrens insgesamt sowie dringende Klar-
heit über die Zulassungsfähigkeit ange-
mahnt, andererseits die angekündigten Vor-
lagen bis spätestens Ende 2012 anstatt frü-
hestens Ende 2012 - wie vorgeschlagen -
inklusive eines Vorschlages zum weiteren
Verfahren erbeten.

Am 19. Dezember 2012 wurde mir dann
berichtet, dass am 4. Dezember nunmehr
eine Vorläufige Verkehrszulassung mit Auf-
lagen für den Full Scale Demonstrator erteilt
worden sei und witterungsbedingt erst am
9. Januar 2013 mit dem Erprobungsflug-
betrieb begonnen werde.

Die von mir für Ende Dezember 2012 er-
betene Vorlage folgte mit Datum vom
20.12.2012 als sogenannte Informationsvor-
lage und wurde von mir am 7. Januar 2013 in
Übereinstimmung mit Staatssekretär Wolf mit
der Bitte um Erarbeitung einer umfassenden,
die Alternativen beleuchtenden Entschei-
dungsvorlage bis 31. März 2013 zurückver-
fügt.

Im Kern wurde die Leitung in dieser Vor-
lage darüber informiert, dass erstens wegen
des zu erwartenden Aufwandes für eine
Musterzulassung - Zitat: Kosten bis zu
600 Millionen Euro - diese als unrealistisch
zu bewerten sei, zweitens die Möglichkeit
einer alternativen Zulassung ebenfalls nicht
akzeptabel sei, drittens die Beschaffung der
Euro-Hawk-Serie daher nicht weiter zu ver-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 867 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 6
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

folgen sei, und schließlich - viertens - der
Betrieb des SIGINT-Moduls - Zitat - „auch auf
Basis einer alternativen Trägerplattform unter
Einhaltung des geplanten Kostenrahmens für
die Beschaffung mit beherrschbaren Risiken
realisierbar“ - Zitat Ende - sei. Dazu wurden
wir darauf hingewiesen, dass die Zukunft der
US Global Hawk nach wie vor unsicher sei,
was Folgen für eine langfristige wirtschaft-
liche Versorgung und Betreuung in der Nut-
zung haben würde.

Diese Vorlage stellte damit Folgendes
klar: Die Musterzulassung oder alternative
Zulassungsformen für die Serie sind unrea-
listisch aus einer Kombination aus Einfüh-
rungs-, Zulassungs- und Kostenrisiko. Das
SIGINT-Modul ist - vorbehaltlich einer erfolg-
reichen Sensorflugerprobung - leistungsfähig
und nutzbar, und es ist - ich betone - aus-
drücklich innerhalb des bislang vorgesehe-
nen Kostenrahmens auf eine alternative Trä-
gerplattform übertragbar und nutzbar, wobei
es sich hier auf die von mir vorhin erwähnte
Studie der IABG abstützte. Damit wurde aus-
gedrückt, dass unter Wechsel der Träger-
plattform die Fähigkeitslücke in der Signal-
erfassenden, luftgestützten, weiträumigen
Überwachung und Aufklärung im vorgesehe-
nen Kostenrahmen geschlossen werden
könne. Das ist deshalb wichtig, weil es mit
diesem Projekt genau darum ging, die durch
die Ausphasung der Breguet Atlantic im Juni
2010 entstandene Fähigkeitslücke zu schlie-
ßen.

Als Antwort auf eine Frage von Staats-
sekretär Wolf zur Notwendigkeit der Kündi-
gung der Serienbeschaffung teilte die Abtei-
lung AIN am 17. Januar 2013 mit, dass dies
mangels Vertrag nicht erforderlich sei, und
bestätigte die Absicht, bis zum Ende des
ersten Quartals 2013 eine abgestimmte Ent-
scheidungsvorlage vorzulegen. Staats-
sekretär Wolf bat in seiner Paraphe darum,
eine Information der Öffentlichkeit und der
Verteidigungs- und Haushaltsausschüsse
vorzusehen.

Die zum Ende des ersten Quartals 2013
erbetene Entscheidungsvorlage der Abtei-
lung AIN vom 27. März 2013 erreichte mich
mit einer von Herrn Staatssekretär Wolf er-
betenen ergänzenden Stellungnahme der
Abteilung AIN vom 29. April 2013 und nach
Billigung durch den Generalinspekteur am
6. Mai und Staatssekretär Wolf am 8. Mai am
10. Mai. Das war der Tag nach Christi Him-
melfahrt.

Ich habe noch am selben Tag diese Vor-
lagen beide gebilligt, soweit darin vorge-
schlagen wurde, die Serienbeschaffung der
Euro-Hawk-Serie nicht weiterzuverfolgen, die
Weiternutzung des SIGINT-Moduls anzu-
streben und dafür den Erprobungsflugbetrieb
bis zum 30.09.2013 fortzusetzen, dem Gene-
ralinspekteur bis Ende dieses Jahres Vor-
schläge zur Weiternutzung des SIGINT-Mo-
duls auf einer alternativen Trägerplattform
innerhalb des für die Beschaffung der Euro-
Hawk-Serie vorgesehenen Kostenrahmens
vorzulegen.

In der Vorlage vom 27. März 2013, die
mich, wie gesagt, am 10. Mai erreichte,
wurde auch erstmals das zusätzliche Kosten-
risiko durch die voraussichtliche Außer-
dienststellung der vergleichbaren US Global
Hawks mit 1 Milliarde Euro gegenüber unse-
ren bisherigen Planungen beziffert und zu-
dem die Leitung darüber informiert, dass eine
von den USA eigenständige Missionsplanung
auf der Basis eines exportfähigen Missions-
planungssystems sich um einige Jahre ver-
zögern würde.

Nicht gebilligt habe ich hingegen den ur-
sprünglich vorgeschlagenen Weiterbetrieb
des Full Scale Demonstrator für maximal vier
Jahre und zugleich um kurzfristige Aktualisie-
rung der vorgeschlagenen Informationen der
Verteidigungs- und Haushaltsausschüsse
gebeten. Bekanntermaßen kam uns hier eine
Presseinformation zuvor. Über diese Vorla-
gen habe ich am 13. Mai Herrn Bundes-
minister informiert und am 14. Mai dem Ver-
teidigungsausschuss schriftlich berichtet.

Das spiegelt die Praxis im BMVg wider,
dass Staatssekretäre ihren Bereich eigen-
verantwortlich führen, was insbesondere für
den Vollzug von einmal politisch beschlosse-
nen Projekten gilt. Der Verfahrenshergang
der letzten zwei Jahre ist ein nicht untypi-
sches Beispiel für große Entwicklungs- und
Beschaffungsvorgänge, in denen unerwar-
tete Probleme Nachsteuerungsbedarf nach
sich ziehen.

Dementsprechend sahen die Vorlagen
neben der Problemdarstellung auch zumeist
einen Lösungsvorschlag vor, und wo dies
nicht der Fall war, wurde dieser von Herrn
Staatssekretär Wolf oder von mir nachgefor-
dert und danach mit oder ohne Maßgaben
gebilligt. Dies erfolgte immer im Bestreben,
alles zu unternehmen, um die Fähigkeits-
lücke zu schließen. Nur deshalb haben wir
auf die einzelnen Unwägbarkeiten im Zulas-
sungsprozess mit der Suche nach alterna-

Drucksache 17/14650 – 868 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 7
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

tiven Zulassungswegen reagiert. Wir haben
immer nach der Lösung gesucht, die den
Kostenrahmen nicht sprengte. Wir waren
mithin permanent bestrebt, die Risiken zu
minimieren. Der Bundesrechnungshof hat in
seinem Bericht vom 3. Juni 2013 dies auch
ausdrücklich für die letzten zwei Jahre bestä-
tigt.

Drittens: zur Information des Ministers. Zu
dem von mir so dargestellten Hergang des
Euro-Hawk-Vorhabens bis zu den entschei-
denden Vorlagen vom 27. März bzw.
29. April 2013 ist der Minister von mir nur am
13. Mai 2013 befasst worden. Zu diesem
Zeitpunkt bedurfte es einer Grundsatz-
entscheidung zur Fortführung des Gesamt-
projekts Euro Hawk und SIGINT-Modul. Erst
als das Kostenrisiko so präzise beschrieben
war, dass eine Fortsetzung des Projekts
unter den ursprünglichen Bedingungen nicht
mehr realistisch war, haben wir in Zusam-
menarbeit aller betroffenen Abteilungen nach
neuen Wegen der Schließung der Fähig-
keitslücke gesucht. Ich habe erst diese ent-
scheidende Veränderung im Projekt an den
Minister weitergeleitet, der diese dann auch
ausdrücklich gebilligt hat.

Alle vorangegangenen Informationen zum
Projekt Euro Hawk, die in den letzten zwei
Jahren etwa im Rahmen von Besprechungen
oder Klausuren von mir auch gegenüber dem
Minister geäußert worden sind, hatten daher
auch immer nur die Qualität, wie sie bei all-
gemeinen Unterrichtungen von Sachständen
üblich zu erwarten ist: nicht mehr als allge-
meine Zwischenstände.

Vor Klärung der Grundsatzentscheidung
habe ich in Wahrnehmung meiner Verant-
wortung keine Veranlassung für eine direkte,
unmittelbare Befassung des Ministers gese-
hen. Der Minister hat dies vor dem Verteidi-
gungsausschuss kritisiert. Die Verantwortung
hierfür trage ausschließlich ich - ausschließ-
lich ich. Ich betone dies ausdrücklich, weil ich
auch in der Rückschau insoweit keinerlei
Holschuld des Ministers sehe.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,
wir haben in den letzten zwei Jahren alles
unternommen, um die Risiken zu minimieren
und die fortbestehende Fähigkeitslücke in
der strategischen luftgestützten signalerfas-
senden Aufklärung zu schließen. Wir sind
zuversichtlich, dass dies mit dem erfolgrei-
chen Abschluss der Erprobung des SIGINT-
Moduls weiterhin gelingen kann. Näheres
werden wir Ende des Jahres auf den Weg
bringen. Die mit dem Euro-Hawk-Projekt

gewonnenen Erkenntnisse fließen unter an-
derem auch in die seit August 2011 grund-
legende Neuausrichtung des Zulassungs-
wesens der Bundeswehr genauso ein wie in
die Überprüfung der Verfahren und Verant-
wortlichkeiten im Rüstungs- und Beschaf-
fungsprozess. - Vielen Dank für Ihre Auf-
merksamkeit.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön, Herr Staatssekretär. - Wir
haben ein enges Zeitbudget. Das heißt, wir
haben die sogenannte Berliner Stunde. Das
bedeutet für die CDU/CSU 23 Minuten, für
die SPD 14 Minuten, für die FDP 9 Minuten
und für die Linke und Bündnis 90/Die Grünen
je 7 Minuten.

Ich gebe das Wort dem Kollegen Grübel
von der CDU/CSU-Fraktion.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ja, Herr
Staatssekretär Beemelmans - -

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Entschuldigung, Herr Grübel. - Zur Ge-
schäftsordnung.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Nur ganz
kurz, da Sie ja einen Text vorbereitet hatten.
Wäre es möglich, den in Kopie zu bekom-
men? Ich meine, wir kriegen es sonst mor-
gen oder übermorgen als Protokoll, aber ich
würde sagen, das wäre natürlich auch jetzt
als Unterlage nicht schlecht. Ist das möglich?
Das ist die Frage. Es ist keine Forderung,
sondern eine Frage, ob das möglich ist.

(Markus Grübel (CDU/CSU): Das
haben wir von den anderen Zeugen
auch nicht verlangt!)

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Es ist von anderen Zeugen auch nicht ab-
verlangt worden.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Der
Zeuge kann ja sagen: Ja oder Nein.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Beemelmans, ich frage Sie: Sind Sie
bereit, das den Ausschussmitgliedern zur
Verfügung zu stellen?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Es gilt
das gesprochene Wort.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 869 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 8
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut. - Dann Herr Kollege Grübel.

Markus Grübel (CDU/CSU): Herr Staats-
sekretär Beemelmans, was Ihre Aufgabe im
BMVg angeht, gibt es ja den neuen Dresdner
Erlass. Wie unterscheidet sich Ihre Zustän-
digkeit nach dem Dresdner Erlass von dem
Vorgängererlass?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, ich bin nach dem Dresdner
Erlass zuständig für Rüstung, Personal, In-
frastruktur, Umweltschutz und Dienstleistung,
also wenn man so will, die ganzen - - also
nicht die Missionen, sondern das Personal,
die Hardware und die Software, Infrastruktur
und die Rüstungsgüter und zusätzlich noch
für die Neuausrichtung.

In der Vergangenheit war die Verteilung
der Zuständigkeiten in Teilen anders ge-
regelt. Vor dem Dresdner Erlass war ich nicht
zuständig für die Infrastruktur, Umweltschutz
und Dienstleistungen. Ich bin für das, was im
Zusammenhang mit dem Euro-Hawk-Vorha-
ben wichtig ist, auch nie zuständig gewesen
für das Thema Politik oder Haushalt, wiewohl
es nach dem Dresdner Erlass - zeitgleich
wurde auch das neue Organigramm des
BMVg in Kraft gesetzt - auch kleine Ver-
schiebungen zwischen der Rüstungsabtei-
lung und der Politikabteilung gegeben hat.

Markus Grübel (CDU/CSU): Jetzt gibt es
ja beim Euro Hawk ein vertraglich verein-
bartes vierteljährliches Berichtswesen, und
dann gibt es das übliche Projektcontrolling.
Bis zu welcher Ebene wurden diese Berichte
vorgelegt, bzw. wer wurde über die Ergeb-
nisse und dann - was jetzt hier besonders
interessant ist - über Probleme und Risiken
unterrichtet?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, soviel ich weiß - und das weiß
ich erst aus der Arbeit an dem Bericht der
Ad-hoc-Arbeitsgruppe -, wurden diese vier-
teljährlichen Berichte vom Projektleiter, dem
fachaufsichtführenden Referat, erst in der
Abteilung Rüstung und dann in der Abteilung
AIN vorgelegt, und dann wurde es irgend-
wann mal - ich weiß nicht, wann; 2012 wohl -
eingestellt, weil diese vierteljährlichen Be-
richte so lange erarbeitet wurden, dass,
wenn man sie bekam, der Stand schon fünf
Monate alt war. So habe ich es jetzt in Erin-
nerung von Herrn Selhausen.

Höher als die Abteilung Rü oder Abteilung
AIN sind diese Berichte nicht angekommen.
Wie hoch sie in der Abteilung AIN angekom-
men sind, das weiß ich nicht. Ich meine in
Erinnerung zu haben, dass sie bis zur Refe-
ratsleiterebene angekommen sind, aber
mehr - - von diesem Bericht. Und ich habe,
wie gesagt, erst mal im Zuge der Erarbeitung
des Ad-hoc-Arbeitsgruppenberichts jetzt
davon gehört.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wann ha-
ben Sie das erste Mal von unlösbaren Pro-
blemen im Zusammenhang mit dem Euro
Hawk erfahren?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Die
Frage hängt damit zusammen, wie man „lös-
bar“ und „unlösbar“ definiert. Die Bundes-
wehr rühmt sich des Spruches: „Einem deut-
schen Offizier ist nichts unmöglich“, wenn ich
das richtig in Erinnerung habe. Also dürfte es
da keine unlösbaren Probleme geben. Ich
würde sagen: Das ist dann, wenn der Auf-
wand, der betrieben werden muss, um das
Problem zu lösen, das verfolgte Ziel nicht
mehr rechtfertigt oder die Erreichung des
erfolgten Ziels nicht mehr rechtfertigt, und
das ist erstmalig in dieser Kombination, in
dieser - - richtiggehend - ich habe das darge-
stellt - mir im Zuge der Vorlage vom 20.10.
dargestellt worden, als eine Kombination
verschiedener Risiken zum Tragen kam.
Erstens. Die Zulassung kostet 600 Millionen
mehr, was eine Verdopplung der Projekt-
kosten bedeuten würde. Zweitens. Weil wir,
wenn die zulaufen würden, die Einzigen auf
der Welt sein würden, die eine Global Hawk
Block 20 führen würden, würde sich die Nut-
zung um 1 Milliarde verteuern gegenüber
dem, was wir ursprünglich geplant hatten.
Wir hatten mal irgendwie 1,4 Milliarden ge-
plant. Und drittens. Das Missionsplanungs-
system, was es uns ermöglichen würde,
autonom die Global Hawk zu fliegen, würde
sich auch noch verzögern um zwei Jahre.
Das heißt, wir würden auch noch zwei Jahre
länger - voraussichtlich - auf ein autonomes
Missionsplanungssystem warten müssen.

Diese Kombination von drei Risiken ha-
ben, wenn Sie so wollen, dazu geführt, dass
wir dafür keine vernünftige Lösung im Hin-
blick auf das angestrebte Ziel gesehen hat-
ten.

Markus Grübel (CDU/CSU): Sie selber
haben diese berühmte E-Mail vom 19. Ja-

Drucksache 17/14650 – 870 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 9
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

nuar 2012, die der Abteilungsleiter Rü an
eine Mitarbeiterin in Ihrem Büro geschickt
hat, angesprochen, wo insbesondere darauf
hingewiesen wurde, dass die Zulassung
deutlich teurer werden kann. Es ist zwar die
Einschränkung im Text, dass das eine erste
Einschätzung sei, dass sie nicht überprüft
und bewertet sei. Wurde Ihnen diese E-Mail
zur Kenntnis gegeben?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, ich kann mich daran nicht
erinnern. Ich möchte aber, um zu erläutern,
was dahintersteht, einfach unterstellen, dass
ich sie bekommen habe; denn ich möchte
keinem meiner Mitarbeiter irgendwie anlas-
ten, dass sie mir etwas nicht vorlegen. Ich
möchte das einfach mal unterstellen.

In dieser E-Mail sind, glaube ich, drei
Punkte, wenn ich das richtig in Erinnerung - -
erwähnt. Der Anlass dieser E-Mail ist ein
Gespräch, was am folgenden Tag der Mi-
nister mit Herrn Dr. Zoller und Herrn Gerwert
und mir führen sollte. Wenn ich das richtig in
Erinnerung habe, ist im ersten Teil der E-Mail
auf das Gespräch abgestellt, und da geht es
um Talarion.

Dann weist Herr Selhausen darauf hin,
dass er ganz neue Informationen habe, wo-
nach sich ein Kostenrisiko - ich glaube, wört-
lich heißt es - abzeichne

(Jan van Aken (DIE LINKE):
Explosion!)

- oder eine Kostenexplosion abzeichne;
danke, Herr Abgeordneter -, und dass er das
noch validieren wolle. Da wir ja schon im
Verfahren der Validierung waren und da er - -
oder bzw. mein Büro dann gesagt hat: „Wenn
die Validierung kommt, dann warten wir auf
die Validierung“, habe ich - unterstellt, ich
habe die gesehen - keinen Anlass gesehen,
darüber den Minister zu informieren. Jeden-
falls: Die Information an eine Referentin aus
meinem Büro über eine solche sich abzeich-
nende Kostenexplosion, die noch zu validie-
ren sei, ist jedenfalls höchstwahrscheinlich -
ich unterstelle es mal - bis zu mir gekommen,
ist aber jedenfalls nicht zum Minister ge-
kommen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wissen Sie
noch, wie Sie auf dieses Gespräch vorberei-
tet wurden oder sich vorbereitet haben? Also,
die E-Mail muss ja dann so spannend gewe-
sen sein, dass es nicht Teil der Vorbereitung
war.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das war
in der Tat nicht Teil der Vorbereitung; denn
es ging damals in dem Gespräch mit den
Herren Gerwert und Dr. Zoller, wenn ich das
richtig in Erinnerung habe, ausschließlich
oder fast ausschließlich nur um Talarion. Es
ging nicht um Euro Hawk. Es ging um den
Talarion. Das war ein Projekt, was in meiner
Amtszeit intensiv diskutiert wurde und nicht
beauftragt wurde, und weil es nicht beauf-
tragt wurde, auch immer wieder diskutiert
wurde. Also, wir bekamen immer wieder Be-
such, um genau an dem Projekt weiterzu-
arbeiten, an dem wir nicht weiterarbeiteten.

Markus Grübel (CDU/CSU): Es wird ja
immer wieder gesagt, auch geschrieben in
den Medien, dass die Serienbeschaffung
gestoppt wurde. Lag da jemals ein Vertrag
vor oder irgendein Vorvertrag, dass sozusa-
gen etwas zu stoppen war, oder wurde sozu-
sagen für die Serienbeschaffung kein Vertrag
unterschrieben oder Kaufvertrag nicht ge-
schlossen, oder wie müsste man das rich-
tigerweise formulieren?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Also, es
war von Anfang an klar, dass man den Ent-
wicklungsvertrag nur macht, um zu beschaf-
fen. Es war aber von Anfang an klar, dass
der Beschaffungsvertrag erst kommt, wenn
der Entwicklungsvertrag einen Erfolg hat,
und insoweit hat man von Anfang an, wenn
Sie so wollen, die Risikominimierung insoweit
betrieben, als man keinen Vertrag über die
Beschaffung getroffen hat. Das eine war mit
dem anderen gedacht, aber nicht juristisch
verknüpft im Sinne von, dass die Industrie
einen Anspruch hätte, in irgendeiner Form
ableitbar aus dieser Intention. Es war völlig
klar, weil man ein Projekt, ein Entwicklungs-
vorhaben dieser Größenordnung nicht
macht, wenn man nicht vorhat, es nachher
zu realisieren. Aber da hat in den Anfängen
des Vertrags die Bundeswehr auch schon die
richtige Brandmauer gesetzt und hat gesagt:
Das ist ein hochriskantes Vorhaben, und B
kommt nach A, aber erst, wenn man A aus-
buchstabiert hat.

Markus Grübel (CDU/CSU): Letztendlich
ist ja die Zulassungsproblematik ganz wichtig
gewesen für die Entscheidung, die am
Schluss getroffen wurde. Können Sie uns
beschreiben: Welche Leistungen, also nicht
die Geldleistungen, sondern welche tatsäch-
lichen Leistungen und Arbeiten müssen er-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 871 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 10
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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bracht werden, um die Zulassung zu errei-
chen?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Also,
darüber verfüge ich über keine eigenen Er-
kenntnisse. Ich weiß nur, dass es darum
geht - so habe ich das verstanden; ich bin
bekanntermaßen kein Techniker -, dass man
letztendlich alle Komponenten im Hinblick auf
ihre Sicherheit überprüft und das Zusam-
menwirken aller Komponenten wiederum so
überprüft, dass man feststellt, dass die Kom-
ponenten miteinander wiederum ein sicheres
Werkzeug geben, und dazu gehört zusätzlich
auch noch, dass man die richtigen Bedie-
nungsanleitungen und die richtigen Steue-
rungsinstrumente - - also eine umfassende
Überprüfung aller Bestandteile des Systems
mit dem Ziel, festzustellen, dass, wenn das in
der Luft ist, keines der Systeme dazu führt,
dass das nicht in der Luft bleibt, so untech-
nisch formuliert; also einen sehr umfassen-
den - - Das erklärt auch, warum - ich will jetzt
keiner Frage vorgreifen - auch die Muster-
zulassung irgendwann mal gesagt hat - so
habe ich es jedenfalls im Zuge der Erarbei-
tung des Ad-hoc-Berichts gelesen -, dass die
Musterzulassung des Prototypen einer Neu-
entwicklung gleichkäme, weil man offenkun-
dig davon ausging, wir müssen das komplett
auseinandernehmen und jedes einzelne Teil
noch einmal betrachten, wägen, wiegen, was
auch immer ein Zulasser damit macht.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wir hatten
gestern den Herrn Pamiljans da, und bis zum
Schluss hatte ich den Eindruck, er versteht
unsere Kultur der Zulassungsverfahren nicht,
weil er immer wieder gesagt hat, das sei
doch alles kein Problem mit der Zulassung
usw. Verstehen wir die Kultur des Zulas-
sungsverfahrens der Vereinigten Staaten,
also, wissen wir, was da anders ist? Und
wenn wir uns in Projekten bewegen, die Be-
zug zu den Vereinigten Staaten haben, ken-
nen wir deren Kultur?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Es hat
sich im Zuge, Herr Abgeordneter, dieses
Projektes, weil es auch anscheinend vorher
nicht bekannt war, herausgestellt für uns -
das haben wir, glaube ich, auch im Ad-hoc-
Bericht so beschrieben -, dass es eine an-
dere Zulassungsphilosophie in den USA gibt
im Verhältnis zu Deutschland. Die USA - so
habe ich das verstanden - sind angesichts
ihrer Einsatzdichte in einem derartigen Pro-

zess, dass sie entwickeln für den Einsatz
und, ich will nicht sagen, „train as you fight“,
sondern „test as you fight“ machen, während
wir - - übrigens etwas, was wir wahr-
scheinlich im Zweiten Weltkrieg auch so ge-
macht haben und nicht auch Musterprüfun-
gen, Stückprüfungen und Güteprüfungen
gemacht haben, aber was wir nicht mehr
machen, und zwar, ich weiß nicht, ich ver-
mute, seit Anfängen der Bundesrepublik
nicht mehr machen. Wir testen so, dass das
Rüstungsgut zulassbar ist auch für den all-
gemeinen Verkehr in Deutschland. Das hat
auch zu Debatten, wenn ich mich richtig er-
innere, im Verteidigungsausschuss einige
Male geführt über Fahrzeuge, die nach Af-
ghanistan gehen und StVZO-tauglich sein
müssen. Also, wir testen grundsätzlich alles,
was wir machen, im Hinblick darauf, dass wir
das in Deutschland bedienen können, wäh-
rend die Amerikaner, wenn sie etwas entwi-
ckeln, wo sie einen dringenden Bedarf ha-
ben, das so entwickeln, dass sie es praktisch
austesten im Einsatz.

Das hat dazu geführt, dass in der Tat - -
wenn das Ding irgendwie flugtauglich oder
einsatzfähig ist, dann wird es in den Einsatz
geschickt. Dann lernt man daraus, und man
arbeitet permanent an der Einsatzrealität an
dem Thema weiter. Das hat auch dazu ge-
führt, dass das also schon im Anfang nicht
zugelassen ist, dann nicht richtig dokumen-
tiert ist, weil permanent dran geschraubt
wird. Wenn man dann sagt: „Ich hätte gern
den Konstruktionsstand mitgeteilt“, dann
findet es sich in den Akten nicht. Das ist eine
andere Philosophie. Das ist eine Philosophie,
die davon ausgeht: Ich brauche das Rüs-
tungsgut jetzt und sofort, und das Handbuch
lese ich später oder schreibe ich später. -
Das war uns entweder nicht bekannt oder
haben wir so nicht gesehen. Das weiß ich
nicht; kann ich nicht beurteilen. Aber es ist
schon ein ziemlicher Unterschied.

Markus Grübel (CDU/CSU): Der Bundes-
rechnungshof hat in seinem Bericht ge-
schrieben - und meine Frage ist, ob Sie diese
Einschätzung des Bundesrechnungshofs
teilen -, dass in den vorvertraglichen Ver-
handlungen, also in den Jahren 2001 bis
2006, die Zulassungsproblematik von deut-
scher Seite nicht gesehen bzw. falsch einge-
schätzt wurde. Da ist dann das Wort für
diese Phase von „blauäugig“ gefallen. Teilen
Sie die Einschätzung, dass das damals - -
man sich intensiver hätte bemühen müssen,

Drucksache 17/14650 – 872 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 11
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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bevor man den Vertrag schließt, die Zulas-
sungsphilosophie der Vereinigten Staaten
genau zu untersuchen, um dann zum Ergeb-
nis zu kommen: „Das ist was völlig anderes,
und da kann man für die deutsche Zulassung
nicht drauf zurückgreifen“?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, Sie haben wahrscheinlich
bemerkt, dass ich in meiner Einleitung kei-
nerlei Vorwürfe in keinerlei Richtung gemacht
habe. Das Thema „blauäugig“ ist ein Thema,
was wir aufgegriffen haben mehr unter dem
Thema Lessons Learned.

Ich will mal ein Beispiel aus dem täglichen
Leben geben. Wenn man ein Auto kauft,
fragt man nicht nach der Gebrauchsanwei-
sung. Wenn man das überreicht bekommt,
dann macht der Verkäufer noch das Hand-
schuhfach auf, und da ist die Gebrauchs-
anweisung. Aber der normale Autofahrer
denkt, ich brauche nur den Zündschlüssel
und dann Gang einlegen und so was. Man
wird nachher darauf hingewiesen. Keiner
fragt nach der Gebrauchsanweisung.

Wir sind davon ausgegangen - das war ja
auch das Denken über diesen Vertrag -, man
würde einfach eine Type Certificate oder eine
amerikanische Zulassung umstempeln. Wir
sind nie davon ausgegangen, dass man vor-
her fragen muss, ob es die gibt. Und wir ha-
ben nachträglich erfahren, dass es die nicht
gibt. Wir sind davon ausgegangen, dass es
wahrscheinlich im Handschuhfach eine Do-
kumentation gibt und dass man die zugrunde
legen kann. Und es stellt sich nachher he-
raus, dass es diese nicht gibt oder nur in
Teilen gibt oder nur in Teilen beim Auftrag-
nehmer gibt, in anderen Teilen wiederum
gesperrt, sodass wir dann entsprechende
Abkommen mit den Inhabern dieser Doku-
mentation abschließen mussten. Also, ich
würde sagen: Wenn wir demnächst einen
Vertrag machen, gucken wir erst ins Hand-
schuhfach und fragen: Habt ihr dazu auch
wirklich eine Zulassung? Könnt ihr die zei-
gen? Und: Habt ihr dazu auch eine Doku-
mentation? Könnt ihr die zeigen?

Mir hat ein Unternehmer neulich angebo-
ten für ein vergleichbares Vorhaben, erst ein
noch mal vorgelagertes - - einen Zulas-
sungsvertrag zu machen, das heißt, wenn
man so will, eine qualifizierte Studie, indem
er die Zulassbarkeit als Vorvertrag beauftragt
bekommt, und erst wenn es zulassbar ist,
geht man in die Beschaffung als solches.
Wenn man so will, ein komplizierter interkon-

tinentaler Blick ins Handschuhfach. Aber, wie
gesagt, ich würde nicht gucken ins Hand-
schuhfach. Ich kriege das gezeigt, wenn ich
ein Auto beschaffe. Ich würde nicht gucken.
Ich würde sagen: Jetzt müssen wir gucken.
Also, das hat man damals gesagt, es gibt
eine Type Certificate, hier wird umgestem-
pelt, und es stellt sich heraus, es gibt nichts
zum Umstempeln. Ich will das nicht bewer-
ten. Es ist eine Feststellung, dass es so war.

Markus Grübel (CDU/CSU): Also, wenn
Sie „wir“ sagen, dann meinen Sie Ihre Vor-
gänger, also die Amtszeit Scharping, Struck.
Notbremse hätte man noch ziehen können in
der frühen Amtszeit Jung, wo der Vertrag
dann letztendlich unterschrieben wurde.

Dann die Risikoverteilung im Vertrag. Das
Risiko der Zulassung lag ja beim Auftrag-
geber, also bei der Bundesrepublik
Deutschland. Ist das eine übliche Risikover-
teilung, also dass sich der Auftragnehmer
zwar bemühen muss, aber letztendlich, wenn
das Bemühen viel Geld kostet, das Problem
beim Auftraggeber hängen bleibt?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Es ist
eine, ich weiß nicht, ob übliche - - Es ist aber
jedenfalls eine breit praktizierte Praxis. Ich
bin darüber seit langem, und zwar nicht nur
im fliegenden Bereich, sondern auch in ande-
ren Bereichen, mit den Unternehmen im
Gespräch, die da sehr deutlich dagegen
Vorbehalte erheben, weil sie sagen: Wenn
wir das Risiko tragen, dann sind wir nachher
pleite. Also müsst ihr das Risiko tragen; denn
ihr seid unser Markt. - Das ist die Argumenta-
tion. - Deshalb müsst ihr das Risiko tragen.
Wir haben außer euch keinen anderen Kun-
den, auf den wir das ausbreiten könnten.

Also, wenn Volkswagen einen neuen Wa-
gen entwickelt, dann verteilt es das Risiko
auf eine Vielzahl von Produkten und eine
Vielzahl von Kunden. Und die Unternehmer
sagen uns: Wir haben im Entwicklungsvor-
gang einen Kunden, Sie, der das beauftragt.
Wenn es scheitert, sind wir pleite; denn bei
der Dimension, das stemmt kein Unterneh-
men.

Deshalb wird auch sehr viel von dem In-
strument der Risikominimierungsstudie im
Vorfeld Gebrauch gemacht, dass man ver-
sucht, auf Studienbasis, mehr labormäßig,
die Risiken noch mal abzuwägen, um zu
sehen, ob es sich lohnt, das zu machen.
Also, ich will nicht sagen, dass es üblich ist.
Es ist aber eine letztendlich weltweit prakti-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 873 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 12
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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zierte Praxis aller Unternehmen, die über
keinen großen Markt verfügen im Rüstungs-
bereich: wollen für Neuentwicklungen, dass
der Kunde bei der Neuentwicklung ins Risiko
geht.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ist insofern
die Entwicklung Talarion eine Ausnahme?
Da hat doch die Bundesrepublik Deutschland
zunächst mal keinen Vertrag geschlossen -
oder nicht „zunächst mal“, sondern keinen
Vertrag geschlossen.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Die
Entwicklung Talarion ist ganz interessant.
Wir haben in der Tat keinen Vertrag ge-
schlossen, und wir haben deshalb so viele
Gespräche - darunter auch am 20. Januar
2012 - mit der Führung der Firma gehabt,
weil sie immer gesagt hat: „Wir sind jetzt ein
Risiko eingegangen. Jetzt muss auch der
Auftrag kommen“, und wir gesagt haben: Das
ist keine Begründung. Wenn ihr ein Risiko
eingeht, dann habt ihr eine Marktein-
schätzung gemacht. Wenn der Markt wir
sind, dann musstet ihr euch vorher mit uns
abstimmen, also einen Auftrag haben.

Das wiederum erklärt, warum sie sagen,
wenn sie einen Auftrag haben, sollen wir das
Risiko tragen; denn die Firma hat sehr inten-
siv bei uns lobbyiert oder geworben für das
Projekt, und wir haben das Projekt abge-
lehnt, weil wir gesagt haben: Dieses Projekt
ist so nicht sicher finanziert und so nicht si-
cher realisierbar. - Und das Argument, dass
die Firma Risiken eingegangen sei und Ent-
wicklungen finanziert, vorfinanziert habe,
habe ich gesagt, das ist das, was jedes Un-
ternehmen an sich in Deutschland macht.
Das ist nur bei Rüstungsunternehmen unüb-
lich, dass man ohne Markt, also ohne Kun-
den schon vorfinanziert. Aber in dem Fall
habe ich gesagt: Das muss sich vielleicht
auch mal ändern. Ihr müsst vielleicht auch
mal werben mit einem Produkt und nicht nur
mit einer Zeichnung eines Produktes, wo wir
dann die Dreidimensionalität überhaupt erst
finanzieren müssen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Sie haben ja
vorher gesagt, es wurde kein Kaufvertrag
geschlossen für die Serie. Also, die Serie
wird nicht gekauft. Da wurde nichts in dem
Sinne abgebrochen, sondern die Serie
wird - - oder der Vertrag wird erst gar nicht
geschlossen. Jetzt sagte uns gestern in der
Zeugenanhörung der Abteilungsleiter Haus-

halt - bzw. „Haushalt und Controlling“ heißt er
heute -, jetzt hat er 675 Millionen Euro im
Haushalt frei in den nächsten Jahren, die er
an sich ausgeben wollte für den Kauf der
Euro-Hawk-Überwachungsdrohne. Diese
675 Millionen Euro von der Größenordnung -
habe ich Sie da richtig verstanden? -, das ist
der Rahmen, in dem Sie untersuchen haben
lassen, ob es Alternativen als Trägersystem
gibt?

Zeuge Stéphane Beemelmans: So ist
es.

Markus Grübel (CDU/CSU): Dann Zulas-
sungsproblematik noch mal. Da gehen ja die
Kostenschätzungen weit auseinander. Da
haben wir auch gestern gelernt - - Ist meine
Fragezeit schon zu Ende?

(Zuruf: Ja!)

Da gehen die Kostenschätzungen weit
auseinander, also von 600 Millionen Euro
WTD 61/ML, in der Industrie sogar waren
mal 800 Millionen Euro. Ausreißer sozusa-
gen ist Northrop Grumman, die meinen, ma-
ximal 193 Millionen Euro. Auf meine Frage,
ob das denn ein Festpreis ist, hat er zwar in
die Richtung argumentiert. Aber sein Anwalt
wurde sehr unruhig. Von daher habe ich
persönlich jetzt - aber ich bin ja nicht in den
Vertragsverhandlungen mit der Industrie -
den Eindruck gewonnen, die 193 Millionen
sind eine grobe Hausnummer für das, was
sicher ist, und dann kommen noch Zusatz-
kosten hinzu für die unsicheren Teile, die
aber die eigentlich spannenden sind. Können
Sie mir sagen: Wie haben Sie sich ein Bild
gemacht, ob jetzt Pamiljans näher an der
Realität liegt oder die WTD 61 und Ihr Haus
sozusagen?

Zeuge Stéphane Beemelmans: In der
Tat hat Northrop Grumman ja unmittelbar
nach der Entscheidung - - Ich glaube, Pa-
miljans hat irgendwie am 15. oder 16. oder
17. Mai dieses Jahres mich angeschrieben
und dann dieses Angebot - in Anführungs-
zeichen - vorgelegt, wobei nicht klar ist, was
er da anbietet. Ich habe dann sofort hinter-
fragt: „Wie kann es sein, dass wir 600 Millio-
nen geschätzt haben?“ - die 600 Millionen
beruhten auf dem, was die WTD/ML mal
geschrieben hatte, entspricht einer Neuent-
wicklung des Produktes -, und habe sofort
um Stellungnahme gebeten. Da hat Herr
Selhausen vorgeschlagen - und ich habe

Drucksache 17/14650 – 874 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 13
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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zugestimmt -, dass wir die IABG beauftragen,
dazu eine Studie zu machen, eine Kurzstu-
die. Und die IABG hat dann praktisch unter-
sucht: Was ist alles erforderlich aus Sicht der
Musterprüfung, um eine Musterzulassung zu
erwirken? Was sind alle Dokumentations-
bestandteile? Hat dann in Rücksprache mit
der WTD festgestellt, was davon ist da, und
hat dann die Arbeitspakete mal - Stunden-
löhne oder dergleichen mehr - hochgerech-
net.

Ich muss sagen: Wir sind jetzt schon ein
paar Jahre in der Vertragsumsetzung. Es hat
nicht geklappt. Es fehlt immer wieder an et-
was. Dann steigt man aus. Dann kriegt man
noch ein kurzfristiges Sonderangebot - so
habe ich das verstanden -, weil man ein an-
deres Angebot - - weil die eigenen Leute
anderes geschrieben haben, und dann bin
ich nach der kaufmännischen Vorsicht ge-
gangen. Also, ich hätte natürlich sagen kön-
nen: Wir machen es zu dem Preis. - Aber es
war ausdrücklich kein Festpreis, und ich
ahnte schon, dass wiederum andere Zulas-
sungsphilosophien dahinterstehen. Und
wenn Sie sagen, der Anwalt hat auch so
geguckt, dann ahnte ich schon, dass sie
sagen: Für 193 mache ich das, was nötig ist,
und wenn ihr sagt, da ist noch was anderes
nötig, dann gibt es natürlich einen Aufpreis. -
Diese Missverständnisse in der Kommunika-
tion dann zwischen Güteprüfern, was sie
erwarten, und Auftragnehmer, was er denkt,
was die erwarten, plus Dolmetschen, das
Risiko war uns zu hoch.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön. - Jetzt kommt die SPD-Frak-
tion. Herr Kollege Bartels.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Herr
Staatssekretär, Sie haben in Ihrem Ein-
gangsstatement gesagt: Für das, was der
Minister in seiner mündlichen, schriftlichen
Erklärung Anfang Juni kritisiert hat, tragen
Sie ausschließlich die Verantwortung. Was
hat er denn da kritisiert?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Für
seine mangelnde Information trage ich die
Verantwortung - zum Vorgang.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sehen
Sie das auch so, dass das eine mangelnde
Information ist? Haben Sie ihn zu wenig in-
formiert?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich habe
ihn informiert, so, wie ich das für nötig hielt,
und ich habe erfahren, dass er mehr für nötig
hielt. Und dafür trage ich die Verantwortung.
So ist es. Er ist mein Chef.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Hat er
recht damit, dass er mehr brauchte?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Er ist
mein Chef, Herr Abgeordneter. Und insoweit:
Wenn er sagt, dass er mehr erwartet von mir,
dann muss ich das zur Kenntnis nehmen und
muss die Kritik annehmen und Besserung
geloben.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Hat er
auch intern geschimpft?

(Heiterkeit)

- Also, gab es Gespräche zwischen ihm und
Ihnen über dieses Problem?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Er hat
mich gefragt, ob ich ihn wirklich nur einmal
informiert habe, und ich habe gesagt: Ja,
zum Vorgang, ja. Und dann hat er seine Ge-
danken sich dazu gemacht und hat das ent-
sprechend kritisiert. Und das ist sein gutes
Recht.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sonst
sprechen Sie aber öfter mit ihm?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das ist
so, Herr Abgeordneter.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Täglich?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich
würde sagen, im Durchschnitt zweimal die
Woche.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Zweimal
die Woche nur?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Der
Minister ist viel unterwegs, und ich bin gele-
gentlich auch unterwegs, und da muss man
nicht täglich miteinander sprechen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber Sie
schicken auch E-Mails, zum Beispiel?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das
kann mal passieren.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 875 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 14
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

(Lachen bei Abgeordneten des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Also, es
gibt hier in den Akten - ich meine, es ist alles
nicht wichtig -: Lieber Herr Bundesminister,
die US Air Force hat entschieden, so und so,
Global Hawk nicht zu beschaffen. Liebe
Grüße, Beemelmans. - Also, das geht ja
auch schnell und formlos. Das machen Sie
auch? Das liest er auch?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Also, er
liest Mails?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Jeden-
falls habe ich die Erfahrung gemacht, dass,
wenn sie von mir kommen, ja.

(Heiterkeit)

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das
wollte ich hören, ja. - Und wenn man Sie
schnell erreichen will, dann ist es wahr-
scheinlich richtig, wenn Sie unterwegs sind,
dass man jemanden in Ihrem Büro, Ihre
Büroleiterin, dann anschreibt, also nicht, weil
man die Büroleiterin informieren will, sondern
weil man sicherstellen will, dass die Informa-
tion Sie erreicht. Richtig?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nur zum
Teil, Herr Abgeordneter. Mich kann man
immer erreichen. Da muss man nicht über
mein Büro gehen. Das ist einfach eine Ab-
wägung, wen man in meinem Büro oder mich
anschreibt. Das macht jeder anlassbezogen,
wie er will. Es gibt welche, die wollen nur mir
die Mail schicken, damit ich weiß, dass sie
an mich denken,

(Heiterkeit bei Abgeordneten der
CDU/CSU und der FDP)

und es gibt andere, die wollen lieber meine
deutlich sympathischeren Mitarbeiter anspre-
chen. Das macht jeder, wie er es macht.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ich habe
da viel Verständnis für. Aber zum Beispiel bei
dieser Mail vom 19. Januar 2012 schreibt ja
Herr Selhausen im ersten Satz an Ihre, ich
glaube, Büroleiterin, -

Zeuge Stéphane Beemelmans: Refe-
rentin.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): - Refe-
rentin, Frau Roespel: „Wie ich Ihnen soeben
erläuterte ...“ Wahrscheinlich haben die ge-
rade telefoniert.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Und dann
schickt er eine Mail hinterher. Ja, vermutlich
nicht genau für Frau Roespel, der er es eben
erläutert hat, sondern damit Frau Roespel
eine Unterlage hat, die sie dann weitergeben
kann.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, es gibt verschiedene Wege,
wie man kommuniziert. Das Formloseste ist
das Telefonieren.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Nein,
noch formloser: Sprechen.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja,
Sprechen, also Sprechen, so. Das geht per
Telefon oder im täglichen Gespräch oder wie
auch immer. Und das Formellste ist die Vor-
lage, und dazwischen gibt es die Mails. Und
bei den Mails gibt es natürlich unterschied-
liche Stufen: Mailt man den Chef an? Mailt
man die Büroleiterin an? Mailt man den Refe-
renten an? Mailt man die Sekretärin an? Das
kann jeder aussuchen, wie er will. Von Herrn
Selhausen, vermute ich, sind in den Akten
die verschiedensten Varianten überliefert.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber es
ist ja nicht seine Ebene. Herr Selhausen
muss ja nicht mit Ihrer Referentin sprechen.
Wahrscheinlich wollte er Sie informieren,
oder?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein,
Herr Abgeordneter, da täuschen Sie sich.
Herr Selhausen konferiert viel mit dieser
Referentin, weil sie die Rüstungsreferentin
ist, und bespricht im Vorfeld die Themen, die
an mich herangetragen werden sollen, oder
bespricht es ungefähr: Wie, meinen Sie, sieht
er das? - Im Sinne eines Vorcheckings. Das
ist durchaus die Praxis. Dafür gibt es eine
Rüstungsreferentin im Büro, die praktisch als
erster Anlaufpunkt für das Vorbereiten von

Drucksache 17/14650 – 876 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 15
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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entsprechenden Anliegen angesprochen
wird.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ist Herr
Selhausen da immer sehr alarmistisch und
sagt: „Oh, schlimm; da kommt was auf uns
zu; das ist wieder schiefgegangen; die Amis
wollen nicht und so“? Also, wenn er schreibt:
„dramatische Kostenexplosion“, ist es dann
schon was Besonderes?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das ist
sicherlich etwas Besonderes. Aber unter dem
Hinweis, den ich vorhin gemacht habe, dass
er selbst seine Mail zweifach eingeschränkt
hat, nämlich erstmals „abzeichnen“, also, das
ist noch kein Beweis, und zweitens, er will
das noch validieren, also, er gibt selbst zu,
dass er es noch überprüfen will mit seinen
Leuten, ist, glaube ich, die Mail so zu verste-
hen, dass er ankündigt: Es gibt da etwas,
was passieren könnte, und ich überprüfe
das. - Nichts anderes hätte er im Übrigen
auch erfahren, wenn er mich unmittelbar
angemailt hätte. Dann hätte ich gesagt: Ja,
bitte überprüfen Sie das.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ist das
eigentlich der schnellste Weg, wenn etwas
entschieden werden soll, dass man darauf
wartet, dass das sozusagen auf dem Dienst-
weg nach allen Prüfungen und Mitzeichnun-
gen dann irgendwie letztlich doch die Leitung
erreicht, oder hat die Leitung eine eigene
Funktion dabei?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, der Hinweis auf etwas sich
Abzeichnendes, was man noch überprüfen
muss mit seinen Experten, kann in Projekten
dieser Dimension nicht dazu führen, dass ich
dann im Hauruckverfahren sage: Sofort
stoppen! So geht das nicht. - Denn nach dem
Prinzip würden wir überhaupt kein Vorhaben
mehr zum Erfolg führen.

Man muss schon erwarten - und er selbst
erwartet es auch von sich; deshalb hat er es
auch angekündigt, und dafür haben wir auch
die Mitzeichnung; denn die Mitzeichnungen
sind nichts anderes als das Abchecken mit
allen Interessenvertretern im Hause, ob die
Information richtig ist und ob die daraus zu
schließenden Schlüsse richtig sind -, dass
man, wenn man eine dramatische Botschaft
hat, die dramatische Botschaft erst mal hin-
terfragt. Nichts anderes hat Herr Selhausen
getan. Er hat gesagt: Es könnte sein, dass

ich eine dramatische Botschaft habe; ich
überprüfe die. - Und die Überprüfung kam
zweieinhalb Wochen später.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Nein,
nein, er hatte eine dramatische Botschaft -
aber gut. Nach diesem Verfahren sind wir
halt jetzt dabei, dass eben am Ende doch
alles Geld ausgegeben ist, nur das Geld
nicht, was noch gar nicht beschlossen ist,
nämlich für die Serie. An dem Punkt wären
wir sonst jetzt auch.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, wenn Sie in die Kostentabelle
im Bericht der Ad-hoc-Gruppe schauen - ich
weiß nicht, ob das die Anlage C - -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wir ha-
ben das gestern ausführlich mit Herrn Jan-
sen getan.

Zeuge Stéphane Beemelmans: - dann
werden Sie feststellen, dass wir das meiste
Geld schon bis Ende 2012 ausgegeben hat-
ten.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Bis Ende
2012?

Zeuge Stéphane Beemelmans: 2011,
Entschuldigung. Bis Ende 2011 schon aus-
gegeben oder gebunden hatten. Ich korri-
giere mich: bis Ende 2011 ausgegeben oder
gebunden hatten. So. Das heißt, als die
Kostenexplosion kam - und wenn Sie in die
Tabelle gucken, dann hat sich 2012 fast
nichts entwickelt, außer dass die Verschie-
bungen zwischen „gebunden“ und Ist-Aus-
gaben sich gemacht haben; die Verpflichtun-
gen sind eingelöst worden - -

Noch mal: Das war kein Punkt, und die
entsprechende ausführliche Vorlage kam
dann am 8. Februar mit einem alternativen
Lösungsansatz, der genau diese Kosten-
explosion verhindern wollte. Also, ich meine,
die Kostenexplosion ist für sich genommen
erst dann ein Problem, wenn sie sicherlich
eintritt. Und Herr Selhausen hat am 8. Fe-
bruar eine Vorlage vorgelegt, um genau die
Kostenexplosion zu verhindern.

Solange ich an der Verhinderung einer
Kostenexplosion arbeite, gibt es diese Kos-
tenexplosion nicht, sondern es gibt die Be-
fürchtung einer solchen. Und die Suche nach
einer Lösung, um diese Kostenexplosion zu

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 877 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 16
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

umgehen, halte ich für absolut legitim. Denn
es geht uns ja um die Schließung der Fähig-
keitslücke im vorgesehenen Kostenrahmen.
Und das haben wir bis zuletzt untersucht.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja, das
haben Sie ja nun nicht geschafft. Aber Sie
sind dafür, dass man sich Zeit nimmt und
dass man Dinge gründlich prüft und erwägt
und mitzeichnet. Richtig?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich bin
dafür, dass man in solchen Angelegenheiten,
insbesondere dann, wenn man mit kurzfristi-
gen Entscheidungen nichts, aber auch gar
nichts erreicht - denn man muss rechtliche
Folgen erwägen, bei denen man am Ende
als Schadensersatz das zahlt, was man für
Leistungen gezahlt hätte -, fein abwägt. Und
zur feinen Abwägung gehört auch, die Infor-
mation zu überprüfen. Denn ich weiß nicht,
woher Herr Selhausen seine „Es zeichnet
sich ab“-Information hatte, möglicherweise
auch von einem, der ihn angemailt hat und
ihm gesagt hat: Wissen Sie, ich habe da was
gehört. - Das reicht nicht aus.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Nein,
nein. Das lag bereits gescannt als Doku-
menten-Scan - - Es ist ein Vermerk mit einer
Kostentabelle. Also, so ganz - - Es war ja
nicht nur die Mail, aber okay.

Also, Sie sind für Gründlichkeit.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Nun ist in
der Schweigephase, also in der Zeit, wo der
Ad-hoc-Bericht und die Erklärung des Minis-
ters erstellt wurden, in diesen drei Wochen
Schweigen, von Ihnen auch beauftragt wor-
den, diese Mehrkosten zu validieren: Stimmt
das eigentlich mit den 600 Millionen? Da
haben Sie in Auftrag gegeben am 22. Mai,
und die WTD hat erst noch mal präzisiert: Sie
geht jetzt von 596 Millionen aus. Also nicht
von 600 Millionen, sondern noch einmal prä-
zise. Und dann hat die IABG einen Auftrag
gekriegt, das zu untersuchen, ob das eigent-
lich stimmt, und ist dann auf 557 Millionen -
also, da würde ich auch sagen: gleiche Grö-
ßenordnung - gekommen, in vier Tagen. Das
Ergebnis lag Ihnen dann am 26. Mai vor. Sie
hatten offensichtlich das Bedürfnis sozusa-
gen: Es muss da noch was kommen; weil
sonst steht ja immer nur diese Zahl im Raum.

Ist das eine gründliche Prüfung? Also, wir
haben erlebt: Alternative Zulassungsverfah-
ren zu prüfen, dauert über ein Jahr, und dann
weiß man es immer noch nicht.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, wir haben die IABG gefragt,
ob sie sich das zutraut. Die IABG hat rekur-
rieren können auf die Vorarbeiten der WTD.
Die hat sich von der WTD die Unterlagen
geben lassen: Was ist da? Was fehlt? Was
war im Musterprüfprogramm enthalten? - Wir
haben die IABG gefragt, die eine sehr re-
nommierte und seriöse Einrichtung ist, ob sie
sich zutraut, das zu machen. Die IABG hätte
den Auftrag auch ablehnen können. Die
IABG hat gesagt: Wenn ich die Unterlagen
bekomme, um die zu überprüfen auf ihre
Plausibilität und Exaktheit und Notwendig-
keit, dann mache ich Ihnen dieses Kurzgut-
achten. Und das hat die IABG gemacht.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber es
ist schon ein rasantes Gutachten, nicht?
Also, in vier Tagen hätten wir viele andere
Dinge hier auch gerne geprüft gehabt. Also,
es hat ja alles immer unendlich lange ge-
dauert. Es wurde geprüft und hin und her
geschoben und noch mal eine Studie in Auf-
trag gegeben, bis alles Geld ausgegeben
war. Dieses hier ging jetzt sehr schnell. Also,
vertrauen Sie diesem schnellen Gutachten
genauso wie der Arbeit in Ihrem Haus?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich ver-
traue der Arbeit in meinem Haus und der
IABG.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Und dem
Schnellgutachten. - Zu den Langläuferteilen.
Sie haben ja dargestellt - das ergibt sich
auch aus unserer Aktenlage -: Es gab eine
Vorlage 2011, die auf Sie zulief, zur Be-
schaffung von Langläuferteilen zur Aus-
lösung der Serie. Das wäre sozusagen das
Präjudiz für die Serie gewesen, damit schon
2015 die Serie zulaufen kann, wenn das
nicht ausgelöst wird, erst ab 2018. Jetzt ha-
ben Sie gesagt: Das war uns nicht plausibel -
Staatssekretär Wolf auch -, haben nicht mit-
gezeichnet, Fragen gestellt. Die Fragen sind
erörtert worden in der Rüstungsabteilung,
und es ist dann von der Rüstungsabteilung
nicht weiterverfolgt worden, diese Vorlage
wieder hochzugeben. Ist Ihnen gemeldet
worden, dass das nicht weiterverfolgt wird?

Drucksache 17/14650 – 878 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 17
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Zeuge Stéphane Beemelmans: Das ist
uns gemeldet worden im Zusammenhang
mit - - Der Auftrag ist - das habe ich auch
erwähnt - auf Büroebene storniert worden.
Die Abteilung AIN hat gesagt, sie verfolgt
den Auftrag nicht weiter, weil sie tatsächlich
an der ersten Stufe weiterarbeitet. Das ist
uns gemeldet worden am 12.09.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): 12.09.
kann jetzt - - 12.09., wann?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Am
12.09.2012 ist uns gemeldet worden, dass
das nicht weiterverfolgt wird von der Abtei-
lung AIN. Ich schließe nicht aus, dass mir
das vorher mündlich gesagt wurde; aber zu
dem Thema haben wir dann nicht mehr ge-
sprochen. Aber am 12.09. hat die Abteilung
AIN darum gebeten, den Auftrag DV-tech-
nisch zu stornieren.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja. Wir
sprechen sozusagen von einer Vorlage aus
dem Oktober 2011.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Dann sind
Sie im September 2012 informiert worden,
dass das nicht weiterverfolgt wird, und zwi-
schendurch hat es Sie nicht interessiert?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, wenn eine Abteilung etwas
will und sie kriegt - -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Nein, Sie
wollen ja was als Ministerium.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein,
nein, nein, nein, nein. Wir wollen, dass exakt
gearbeitet wird. Wenn eine Abteilung etwas
im Vorgriff auf ein offenes Ergebnis fordert
und wir lehnen das ab und sagen: „Liefere
mir Kostenschätzungen nach“, dann hat es
die Abteilung in der Hand, ob sie einsieht: Ich
warte doch lieber, bis das Entwicklungs-
ergebnis da ist, und komme später mit mei-
ner Vorlage oder wie. Ich muss dann nicht
auch noch Vorlagen hinterherlaufen, an de-
nen ich erst einmal, für sich genommen, kein
Interesse habe.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Nein. Sie
haben die Vorlage ja nicht abgelehnt; Sie
haben Fragen formuliert.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja, und
diese Fragen sind - -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Diese
Fragen müssen Ihnen ja beantwortet werden.
Auf die Beantwortung müssen Sie ja warten,
weil sonst tritt eine Folge ein, nämlich dass
diese Fähigkeitslücke nicht geschlossen
wird.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Genau
so ist es.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): 2015
kriegen Sie es dann nicht.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Genau
so ist es. - Das hing aber damit zusammen,
dass 2015 die ursprüngliche Planung war
und wir schon einige Verzögerungen im Ent-
wicklungsvertrag hatten, und wir haben
uns - - Das hat sich ja noch weiter berechtigt.
Ab dem Februar 2012 war ja klar, dass es
Zulassungsprobleme gibt, und da war klar,
dass über eine Beschaffung von Langläu-
ferteilen nicht geredet werden kann und auch
nicht über eine Beschaffung der Serie, so-
lange die Zulassungsfrage nicht geklärt wird.
Von daher erübrigte sich diese Vorlage. Das
ist formalisiert storniert worden, aber sie er-
übrigte sich.

(Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Es
war aber ein Meilenstein!)

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut. - Jetzt gebe ich der FDP-Fraktion das
Wort. Das Wort hat der Kollege Spatz.

Joachim Spatz (FDP): Ja, Herr Staats-
sekretär, wir haben ja ganz am Anfang von
Ihnen schon gehört, was gewissermaßen bei
dieser Art von Beschaffungsvorgängen in-
härente Risiken sind und dass man die be-
wusst eingegangen ist. Was würde denn
eigentlich passieren, wenn wir das, was die
Ex-post-Besserwisser im Nachhinein zum
Maßstab machen - man hätte früher abbre-
chen können, müssen; man hätte nicht noch
x Gutachten einholen brauchen -, zum A-
priori-Maßstab bei Projekten insgesamt ma-
chen? Hätten wir dann eine Korvette? Hätten

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 879 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 18
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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wir einen Tiger? Hätten wir einen NH90?
Hätten wir einen Eurofighter?

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN: Hätten wir einen
Minister! - Weiterer Zuruf)

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, wir hätten alles das nicht.
Deshalb habe ich auch ausdrücklich in mei-
ner - -

(Heiterkeit bei der SPD und dem
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

- Also, das, was er gefragt hat, nicht das,
was als Seitenzwischenruf dazukam, also die
Projekte, nach denen Sie gefragt haben. -
Das habe ich ja in meiner Einleitung ausge-
führt:

Wir suchen immer das Neueste. Das
Neueste ist auch so, wie wir es suchen, auch
etwas, was es noch nicht gibt. Das gilt
sowohl für die Korvette wie auch für den
A400M wie auch für den Euro Hawk. Das
heißt, wir sind immer auf einem Zukunftspar-
kett unterwegs: Wir erarbeiten uns immer ein
Stück Zukunft. Und damit gehen wir immer
ein Risiko ein, weil das Stück Zukunft bislang
noch nicht entwickelt wurde, noch nicht Teil
der Gegenwart ist, und dieses ist inhärent
allen diesen Projekten, und es ist deshalb
auch inhärent allen diesen Projekten.

Und das erlebe ich seit zwei Jahren im
Verteidigungsausschuss, wo ich die Rüs-
tungsprojekte verteidigen darf: Keines dieser
Projekte ist tatsächlich so, dass es nicht zwi-
schendurch mal Schwierigkeiten gab. Am
Ende - und das war mein Hinweis - ist der
Nutzer zufrieden, sehr zufrieden mit dem
Projekt. Am Ende finden Sie immer nur be-
geisterte Nutzer, und auch im internationalen
Standard lässt sich das alles sehen. Bis da-
hin haben wir immer Phasen, in denen die
Erarbeitung der Zukunft tatsächlich in der
Gegenwart eine Stolperfalle ist.

Joachim Spatz (FDP): Das heißt, wenn
wir das zum Maßstab machen, was einige
fordern, hat das auch negative Folgen?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Dann
können wir nur Gegenwärtiges beschaffen.
Das hat eine negative Folge: dass wir tat-
sächlich auf dem Stand bleiben, der gerade
marktverfügbar ist, und jedenfalls nichts Zu-
kunftsfähiges entwickeln.

Joachim Spatz (FDP): Okay. - Jetzt aber
zu einem anderen Punkt: Der Bundesrech-
nungshof hat hier ausgesagt, dass die Fach-
aufsicht versagt habe. Das heißt also, diese
Grundlagenprobleme, haben wir eben be-
sprochen, sind ein Stück weit eben inhärent;
trotzdem gibt es ja offensichtlich noch Mög-
lichkeiten der optimierten Begleitung. Neh-
men Sie das ernst, und wenn ja, was wollen
Sie ändern, dass das so nicht mehr vorge-
worfen werden kann?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich
nehme das sehr ernst. Wir haben ja einen
Untersuchungsauftrag nach der Rede des
Ministers vor dem Verteidigungsausschuss
formuliert, und ich habe den Stab Organisa-
tion und Revision, der mir untersteht, beauf-
tragt, die ganzen Strukturen der Fachaufsicht
im BAAINBw und in der Abteilung AIN zu
untersuchen, und habe sie natürlich auch
gebeten, im Hinblick darauf, ob sich da Er-
kenntnisse auch für andere Abteilungen
ergeben, habe auch gleichzeitig darum ge-
beten, dass wir das Thema Fachaufsicht
interministeriell betrachten, weil es auch kein
spezifisches Thema für uns ist. Aber das ist
ein Thema, an dem wir tatsächlich arbeiten.

Wenn man zum Beispiel - ich glaube, der
Abgeordnete Grübel hatte die Frage gestellt -
Quartalsberichte deshalb nicht zur Kenntnis
nimmt, weil sie irgendwie mit fünf Monaten
Abstand zum Ereignis ankommen und des-
halb keine Grundlage für ein Controlling sind,
was ja vollkommen plausibel ist, wenn man
dann die abbestellt: Das ist nicht die richtige
Schlussfolgerung, einfach dann die Berichte
abzubestellen, sondern die richtige Schluss-
folgerung ist, ein vernünftiges, ein richtiges
Controlling einzurichten, und daran arbeiten
wir schon seit der Neuausrichtung des Rüs-
tungs- und Beschaffungssektors.

Joachim Spatz (FDP): Wie viele Katego-
rie-A-Projekte gibt es denn im Moment im
Bereich der Rüstung?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Soviel
ich weiß, sind es 31.

Joachim Spatz (FDP): Ist es vorstellbar,
dass in regelmäßigem Abstand der Minister
selber sich über diese Projekte unterrichten
lässt, quasi, um das Stichwort „Holschuld“
noch mal hier zu erwähnen?

Drucksache 17/14650 – 880 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 19
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das ist
insoweit vorstellbar, als der Minister selbst
angekündigt hat, dass er genau so etwas
machen möchte, eine regelmäßige Bericht-
erstattung, aber nicht im Sinne von Holen,
sondern er will organisieren, dass ihm regel-
mäßig gebracht wird. Und das will er, glaube
ich, dann irgendwann mal näher erläutern,
und wir sind dabei, die entsprechenden Pro-
jekte und Verfahren zu erarbeiten, um den
Minister über die wichtigen Vorhaben regel-
mäßig auf den Stand zu setzen.

Joachim Spatz (FDP): Regelmäßig und,
ich sage mal, anlassunabhängig, weil das ist
ja genau der Punkt dabei. - Sind Sie dann
auch dafür, dass das auch dann ans Parla-
ment weitergegeben wird?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Der
Minister hat das zugesagt; ich bin dafür.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der
CDU/CSU)

Joachim Spatz (FDP): Gut. Sehr schön.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich hätte
es vielleicht in anderer Reihenfolge sagen
müssen.

(Heiterkeit des Abg. Markus Grübel
(CDU/CSU) - Markus Grübel
(CDU/CSU): Genau!)

Joachim Spatz (FDP): Ja, aber das ha-
ben wir ja in dem anderen Fall auch gese-
hen: Sie haben entschieden, und der Minister
hat dann das abgenickt. - Ja, also, warum - -

(Heiterkeit bei Abgeordneten der
CDU/CSU, der SPD und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

- Ja, so ist es ja geschildert worden. Das ist
ja nur eine Wiedergabe dessen, was gesagt
worden ist.

Warum haben Sie nach der Vorlage von
Anfang Februar den Minister nicht unmittel-
bar informiert? Können Sie das, diese Amts-
auffassung, hier noch einmal hier deutlich
machen, damit auch jedem klar wird, wie das
bei Ihnen eben organisiert ist und gesehen
wird?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, ich habe zu dem damaligen
Zeitpunkt - - bin ich davon ausgegangen: Wir

versuchen, das Projekt zu retten, wie es be-
schlossen wurde, mit einer anderen Form der
Zulassung, unter Beteiligung der Luftwaffe.
Also, es ist eine Imponderabilie, die versucht
wird in Zusammenarbeit aller Beteiligten zu
klären und die letztendlich darin mündete,
eine Arbeitsgruppe zu gründen, die das be-
arbeitet.

Und ich habe damals für mich entschie-
den, dass die Gründung einer Arbeitsgruppe
zur Behebung einer Imponderabilie jetzt nicht
dem Minister gemeldet werden müsse; denn
in der Vorlage zeigte sich die Abteilung AIN -
oder Rü damals noch - zuversichtlich, mit der
Luftwaffe eine Lösung auch zu finden. Also,
man hat die Arbeitsgruppe nicht gegründet,
weil man eine Arbeitsgruppe gründen wollte,
sondern man hat sie gegründet, weil man
zuversichtlich war, mit der Luftwaffe einen
alternativen Weg der Zulassung zu finden
und damit zwar eine Kurve zu drehen, aber
recht bald wieder auf den Weg zu kommen.
Und da habe ich es für nicht angezeigt er-
achtet, den Minister darüber zu informieren.

Joachim Spatz (FDP): Also, das ist das,
was gelegentlich in der Diskussion so ge-
nannt wird, dass Probleme als lösbar gelten?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Genau
so ist es. Das Problem war da als lösbar
dargestellt, es wurde auch der Lösungsweg
dargestellt, und es wurde auch zugesagt,
darüber zu berichten, welche Lösung gefun-
den wird, und da bin ich davon ausgegan-
gen: Das ist ein kleiner Umweg, der gegan-
gen wird, und diese kleine Kurve, die muss
ich dem Minister nicht mitteilen.

Joachim Spatz (FDP): Jetzt läuft es ja
offenbar nicht so, sondern die Fähigkeits-
lücke besteht. Gibt es in Ihrem Hause einen
Schätzwert - ohne jetzt genau zu spezifizie-
ren, mit welcher Methode -, wie lang diese
Fähigkeitslücke noch besteht?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Dazu
kann ich Ihnen jetzt nichts sagen. Wir haben
diese Fähigkeitslücke jetzt, und sie wird da-
von abhängig sein, welche alternative Trä-
gerplattform in welchem Zeitraum unter In-
tegration des SIGINT-Moduls verfügbar sein
kann. Das ist Gegenstand der angekündigten
Erarbeitung von Alternativen für den Gene-
ralinspekteur. Das kann ich nicht prognosti-
zieren. Das wird für jede Lösung unter-
schiedlich sein, und dann hat die eine Lö-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 881 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 20
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

sung ein Jahr schnelleren Zulauf, aber
10 000 Fuß weniger Flughöhe, und die an-
dere Lösung hat Mehrkosten und kommt
langsamer. Das kann ich nicht abschätzen;
tut mir leid.

Joachim Spatz (FDP): Danke schön erst
mal.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön. - Ich gebe das Wort an die
Linke. Herr van Aken, bitte.

Jan van Aken (DIE LINKE): Vielen
Dank. - Ich habe eine Nachfrage zu Ihrem
Eingangsvortrag: Habe ich es richtig ver-
standen, dass Sie gesagt haben, die Außer-
dienststellung des Global Hawks würde bei
Ihnen 1 Milliarde Extrakosten verursachen?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja, das
nicht weitere Betreiben des Global Hawk
Block 20 durch die US Air Force wird Mehr-
kosten von voraussichtlich 1 Milliarde kosten,
weil wir uns dann nicht mehr auf die Ameri-
kaner in der Nutzung abstützen können. Es
werden dann Teile nur noch für uns gebaut,
es wird Logistik nur noch für uns vorgehalten,
und wir sind dann der einzige Nutzer von
Global Hawk Block 20 in der Welt.

Jan van Aken (DIE LINKE): Wo kommt
diese Zahl her? Ich habe sie bisher nicht
gesehen. Also, in welcher Vorlage ist Ihnen
das mit welchen Details übermittelt worden?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nach
meiner Erinnerung müsste sie in der Vorlage
vom 27. März drin sein.

Jan van Aken (DIE LINKE): 27. März
dieses Jahres?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja, so
habe ich das, glaube ich, auch gesagt.

(Der Zeuge blättert in seinen
Unterlagen)

- Ja.

Jan van Aken (DIE LINKE): Und haben
Sie diese Zahl von 1 Milliarde auch validieren
lassen, also ähnlich wie Sie diese 600 Mil-
liarden Zusatzkosten für die Zulassung
haben validieren lassen? Haben Sie auch
eine Kurzstudie bei der IABG - -

(Zurufe von der CDU/CSU:
600 Millionen!)

- Die 600 Millionen. - Haben Sie das auch
validieren lassen, oder haben Sie die Zahl
einfach so stehen lassen, die 1 Milliarde?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Die
habe ich so stehen lassen. Die erschien mir
auch im Hinblick auf die Nutzungsdauer, die
wir für den Global Hawk anstrebten, die,
glaube ich, 20 oder 30 Jahre war, durchaus
plausibel.

Jan van Aken (DIE LINKE): Mir erscheint
sie nicht plausibel. Aber mich wundert
eigentlich, dass Sie bei der einen Zahl, bei
den 600 Millionen für die Zulassung, sagen:
Na, das wollen wir jetzt mal prüfen. - Das ist,
finde ich, ein völlig richtiger Vorgang. Ich
finde auch, dass man so was in drei Tagen
prüfen kann. Also, wer seinen Job ordentlich
macht, der kann das in drei Tagen prüfen.
Aber so eine Zahl von 1 Milliarde, nur weil
die Amis die Dinger nicht weiterbeschäftigen,
kommt mir extrem hoch vor. Ich würde doch
sofort zur IABG laufen und sagen: Checkt
mal gegen, was die genauen Kosten sind!

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, der - - Also, danke für den
Hinweis, dass Sie das mit der IABG für plau-
sibel hielten. Ich habe das Gutachten mit der
IABG auch deshalb beauftragt, weil ich ja
angesichts des Angebots von Northrop
Grumman überprüfen wollte: „Was ist nun
wahr? Geht es für 190 oder geht es nicht für
190?“, weil es ja dieses formelle Schreiben
gab.

Was die 1 Milliarde anbelangt: Vielleicht
kann ich Ihnen, einfach um Ihnen die Grö-
ßenordnung zu geben, eine Parallelwertung
oder Parallelinformation geben. Ich habe mal
einen anderen Unternehmer, der uns Dreh-
flügler verkaufte, gefragt, wie das Ge-
schäftsmodell ist, wie viel er, wie er verkauft.
Und seine Antwort war: Der Drehflügler wird
dreimal verkauft, einmal in der Beschaffung
und zweimal in der Nutzung. - So, und wenn
Sie unterstellen, die Beschaffung der Euro
Hawk waren 515 Millionen für die Serie, für
die vier in der Serie, dann ist 1 Milliarde
plausibel. Die hatten wir auch eingeplant; wir
hatten 1,4 Milliarden eingeplant. Wenn Sie
aber nur noch ganz alleine sind - die Antwort,
die ich zu den Drehflüglern erhalten habe,
war nicht bezogen darauf, dass manufaktu-

Drucksache 17/14650 – 882 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

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rell für uns erarbeitet wird, sondern als Teil
einer Produkthalterfamilie, wenn man so
will -, dann erschien sie mir plausibel. Aber
letztendlich war schon ausreichend, dass die
Zulassung praktisch den Kostenansatz für
die Beschaffung schon mal verdoppelte.

Jan van Aken (DIE LINKE): Aber noch
mal: Ist es nicht eine Frage des Vertrages
am Ende? - Jetzt kann Ihnen jemand in die
Vorlage reinschreiben: Na ja, das wird wahr-
scheinlich 1 Milliarde mehr kosten. - Aber
dann würde ich doch sagen: Das wollen wir
doch mal sehen. - Also, vielleicht hat
Northrop Grumman ja ein Interesse daran,
diese vier Dinger trotzdem zu verkaufen.
Dann werden wir jetzt Vertragsverhandlun-
gen führen und gucken, ob wir es für die
1 Milliarde, die wir vorgesehen haben, be-
kommen, auf die 20 Jahre gesehen, oder
nicht. Das ist doch eine reine Frage von Ver-
tragsverhandlungen. Und wieso haben Sie
das nicht erst mal abgewartet, was da raus-
kommt?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, weil das ein Zusatzargument
war, um die Beschaffung nicht vorzunehmen.
Das Hauptargument war, dass für ein Ent-
wicklungsvorhaben, was sich in die Nähe der
650 Millionen bewegt hat, Zusatzkosten von
100 Prozent für die Zulassung uns schon
nicht akzeptabel erschienen, und dann vor
dem Hintergrund, dass wir auch noch nicht
mal die Missionsplanungssysteme zuverläs-
sig bekamen, und dann zusätzlich noch in
der Nutzung durch das bevorstehende
Alleinstehen mit dem Global Hawk Block 20
zusätzliche Kosten. Uns reichten schon die
600 Millionen Zusatzkosten für die Zulas-
sung.

Jan van Aken (DIE LINKE): Ach, das ist
das Kernargument, warum Sie sozusagen
die Reißleine gezogen haben: Das waren die
600 Millionen für die Zulassung. Der Rest ist
sozusagen Beiwerk; kommt auch noch dazu.
Aber der Hauptgrund sind die 600 Millionen
für die Zulassung.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ein
Rüstungsgut, was nicht mit vertretbarem
Aufwand in die Bundeswehr eingeführt wer-
den kann und wo ich 100 Prozent des vorge-
sehenen Preisansatzes noch mal zahlen
darf, um überhaupt die Zulassung zu be-
kommen, das ist zu viel.

Jan van Aken (DIE LINKE): Das finde ich
eine sehr wichtige Klarstellung. - Dann würde
ich jetzt gerne nämlich auf die Zulassung
kommen. Wissen Sie eigentlich, mit welcher
Zulassung die amerikanischen Global Hawks
fliegen?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nicht
wirklich, nein. Der Global Hawk hat, glaube
ich, immer noch kein Type Certificate. Die
Amerikaner fliegen mit und ohne Zulassung.
Also, da habe ich keine eigenen Erkennt-
nisse.

Jan van Aken (DIE LINKE): Nein, die
fliegen nicht ohne Zulassung; die haben na-
türlich eine Zulassung. Aber das verstehe ich
gar nicht. Das Erste, was ich gemacht habe,
als ich irgendwie gehört habe, der Euro
Hawk solle hier keine Zulassung bekom-
men - - habe ich geguckt: Wieso? Der fliegt
doch bei den Amerikanern. Wie machen die
das denn? - Das ist doch die erste Frage, die
Sie stellen.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja, Herr
Abgeordneter, die Amerikaner fliegen in aus-
schließlich gesperrten Gebieten. Soviel ich
weiß, ist der Global Hawk inzwischen auch
weitestgehend vom amerikanischen Luftraum
ausgesperrt, weil die Federal Aviation Ad-
ministration, glaube ich, FAA, sie nicht mehr
zulässt, mangels der entsprechenden Zulas-
sung. Sie haben, wenn man so will, eine
Luftwaffenzulassung, mit der sie über Irak
und Afghanistan fliegen, aber in den USA nur
noch in kontrollierten Räumen, die ziemlich
wüstenhaltig sind, wenn ich das richtig sehe,
aber nicht mehr über Städten, nicht mehr
über bewohntem Gebiet. Also, ich kann
Ihnen zu den unterschiedlichen Global Hawk
nicht sagen, welche Zulassung sie haben.
Sie haben sicherlich eine Luftwaffenzulas-
sung, wonach der entsprechende Luftwaf-
fenkommandeur sagt: „Damit kann ich flie-
gen“, aber jedenfalls nichts, was vergleichbar
mit unseren Anforderungen wäre.

Jan van Aken (DIE LINKE): Ja, da
möchte ich mal nachhaken. Also, das stimmt
tatsächlich. Sie haben diese Sondergeneh-
migung, die irgendein amerikanischer Gene-
ral unterzeichnet hat; damit fliegen sie seit
mehreren Jahren, auch im amerikanischen
Luftraum. Gibt es diese Möglichkeit in
Deutschland nicht auch?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 883 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 22
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Stéphane Beemelmans: Diese
Möglichkeiten gibt es; die sind geprüft wor-
den und verworfen worden.

Jan van Aken (DIE LINKE): Ja, da
möchte ich genauer drauf hinaus, weil Sie
haben das einfach so lapidar gesagt, dass
die alternativen Zulassungsmöglichkeiten
verworfen worden sind. Da hätte ich jetzt
gern Argumente gehört, warum. Es gab meh-
rere Wege; die sind im Detail ausgeführt
worden. Die klangen für mich alle logisch.
Aber ich habe nie ein Argument dagegen
gehört.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Die Ar-
gumente waren, soweit ich das weiß, dass
man damit einen regelmäßigen Betrieb - - mit
diesen Ausnahmegenehmigungswegen
einen regelmäßigen Betrieb nicht rechtferti-
gen kann; denn es geht darum, einen Betrieb
zu haben, bei dem man - so lassen wir auch
unsere Fahrzeuge zu - einfach losfahren
kann, untechnisch formuliert. Wenn ich aber
einen Betrieb habe, bei dem ich vielleicht
eine Woche vorher noch mal drei Anmeldun-
gen machen muss, das ist nicht der Betrieb,
den wir uns vorstellen. Es sollte um einen
regelmäßigen Betrieb gehen, und dieser
regelmäßige Betrieb war nach Auffassung
der an diesen Arbeitsgruppen beteiligten
Experten und Vertretern der unterschied-
lichen Abteilungen nicht möglich.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich gebe jetzt das Fragerecht an Bündnis
90/Die Grünen. Herr Kollege Nouripour.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Herr Staatssekretär, worüber
genau haben Sie den Minister nur einmal
und dann im Mai 2013 informiert?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich habe
den Minister im Mai 2013 über die Vorlagen
vom 27.03. und vom 29.04. informiert und
dazu ihm einen Vermerk geschrieben, der
die Ergebnisse beider Vorlagen zusammen-
fasst.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Gab es vorher Gespräche mit
dem Minister über die Zulassungsproblema-
tik oder andere Arten der Kommunikation,
von Skype bis transzendental?

(Heiterkeit)

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich freue
mich, dass Sie mir so viel zutrauen, Herr
Abgeordneter.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich tue es in dem Bereich schon.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Also, ich
habe es dem Abgeordneten Dr. Bartels
schon gesagt, dass ich mit dem Minister
selbstverständlich regelmäßig kommuniziere.
Es gab schon immer Kommunikation über
das Thema der Zulassung, weil uns beiden
dieses Thema auf den Nägeln brennt. Das
bezog sich aber in der Vergangenheit durch-
weg - um nicht zu sagen: immer; vielleicht
haben wir einmal den Euro Hawk angespro-
chen - auf das Thema Zulassungswesen in
der Bundeswehr. Und die entsprechenden
Beispiele, die wir vor Augen haben, waren
diejenigen, die wir auch im Verteidigungs-
ausschuss angesprochen haben: NH90,
Tiger, auch A400M, das waren - - und dann
eben Drohne, Nachfolgesysteme Heron 1.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Es gab ja eine Rüstungsklausur,
wenn ich mich recht entsinne, am 1. März
2012.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Dafür gab es eine Vorlage für
den Minister, die Sie selbst ja auch mit den
Worten versehen haben: „Sehr gute Vorbe-
reitung, hat BM ausdrücklich gelobt!“ *.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Dort steht ja zum Beispiel zum
Euro Hawk:

EUROHAWK FSD kann Fähig-
keitslücke nur ansatzweise schlie-
ßen. Kostensteigerungen stellen
Gesamtsystem zunehmend infrage.

Das war März 2012.

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle dieses Zitats sowie des folgenden Zitats
lautet: MAT 17-69 BMVg zu BB 17-32, Büro des
Ministers, Ordner 1, Blatt 124 ff.

Drucksache 17/14650 – 884 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 23
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege Nouripour, gibt es da eine MAT-
Nummer?

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Es gibt eine MAT-Nummer.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ja, bitte sagen Sie sie.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sehr gerne. Die MAT-Nummer
lautet: 69, 1, Seite 124 f. - Dann gibt es ja
das Treffen in Manching, wo Sie auch dabei
waren.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein, ich
war nicht dabei, Herr Abgeordneter.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie waren nicht dabei im Dezem-
ber 2012?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Dann habe ich es falsch verstan-
den. - Jedenfalls gibt es trotzdem eine Vor-
arbeit dort, eine Informationsmappe, die auch
über Ihren Schreibtisch gegangen ist -

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): - sehr deutlich -, in der klar drin-
steht:

... auf Grund der Zulassungspro-
blematik und weiterer Unsicher-
heiten auch hinsichtlich der Zukunft
der US Air Force GLOBAL HAWK
Flotte und der Missionsplanung
derzeit keine Grundlage gegeben
ist, um eine Entscheidung für eine
Serienbeauftragung zu befürworten
oder gar zu beschaffen.*

Das ging ja auch an den Minister, auch über
Ihren Schreibtisch.

Dann gibt es ja noch das Treffen mit den
Haushältern der Koalition, mit den Wehr-
haushältern der Koalition am 14. März. Wa-
ren Sie da dabei?

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle dieses Zitats lautet: MAT 17-54 BMVg zu
BB 17-62, Ordner 1, Blatt 15 f.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Da waren Sie auch nicht dabei. -
Aber auch das ist sozusagen über Ihren
Schreibtisch zum Minister gekommen.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Dort stehen ja auch sehr, sehr
klare Ding drin zum Thema: Zulassung ge-
staltet sich als extrem schwierig und risiko-
behaftet usw. usf. Gab es da Nachfragen
vom Minister, wenn er permanent irgendwel-
che Vorlagen bekommen hat Ihrerseits, in
denen die Zulassungsproblematik sehr, sehr
dramatisch dargestellt wurde?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, in allen drei Vorlagen bzw. in
der Rüstungsklausur am 1. März, in der Vor-
lage vom 10.12. und in der Vorlage zum Be-
richterstattergespräch steht jeweils drin, dass
eine Vorlage folgt und dass diese Vorlage
dann eine Lösung herbeiführen wird. In der
Rüstungsklausur wurde das Thema nach
meiner Erinnerung nur extrem kursorisch
angesprochen. General Müllner hat es da-
mals kurz angetippt, und Herr Selhausen hat
gesagt: Ja, wir sind im Gespräch miteinan-
der, wir finden eine Lösung. - Und dann war
es das. Das war praktisch ein ganz kurzes
Referieren des wesentlichen Tenors der
Vorlage vom 8. Februar.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wenn ich da nachhaken darf: Der
Minister hatte aber eine Vorbereitungsunter-
lage, in der drinstand, dass es ein Riesen-
problem geben kann und dass das Gerät,
was in Manching dann stehen würde, was ja
da noch gar nicht stand, dass das die Fähig-
keitslücke nur ansatzweise schließen könne,
und der Minister hat nicht nachgefragt?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Dem
Minister ist vorgetragen worden zu dem
Punkt, und es ist ihm vorgetragen worden,
dass wir derzeit an einer Lösung arbeiten.
Das ist genau der richtige Weg.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Okay. - Auch in den weiteren
Fällen, auch in - - Der fährt dann nach Man-
ching und spricht mit der Industrie, und er hat

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 885 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 24
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

in seiner Unterlage die Probleme dargestellt,
ziemlich präzise, und er fragt nicht nach?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nach
meiner Erinnerung - - also nach dem, was ich
gehört habe; ich habe keine Erinnerung, weil
ich ja nicht dabei war - - Nach dem, was ich
gehört habe, hat das Thema Euro Hawk in
Manching da keine Rolle gespielt, aber er
hat - - Auch in der Vorlage steht drin, dass es
als kritisch dargelegt wird und dazu eine
Vorlage erarbeitet wird zum Vorgang.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Auch noch mal jetzt: Wissen Sie
eigentlich, wie die Haushälter der Koalition
reagiert haben? Oder ist das überhaupt
Thema gewesen da? Wissen Sie das?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich bin
nicht Teilnehmer dieses Gesprächs gewe-
sen. Deshalb kann ich nicht sagen, ob es
angesprochen wurde oder wie die Reaktion
war.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wissen Sie, ob das Gespräch
überhaupt stattgefunden hat? Ist das normal,
dass in Ihrem Hause sozusagen ausge-
wählte MdBs unterrichtet werden, andere
nicht?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Es wer-
den die unterrichtet, die um eine Unterrich-
tung bitten, und manchmal bitten wir um eine
Unterrichtung.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Okay. Dann würde ich für meine
Fraktion bis in alle Ewigkeit darum bitten,
dass wir über potenzielle Probleme, die wir
nicht kennen, bitte unterrichtet werden mö-
gen im kleinen Kreise mit dem Minister. Ich
danke jetzt schon mal dafür.

Ich würde gern noch mal zurückkommen
zur Kategorie A. Sie haben vorhin gesagt, es
sind 31. Das ist ja quasi identisch mit der
Kategorie, die auch durchs Kabinett gegan-
gen ist im Mai, nämlich sozusagen die rele-
vantesten Waffensysteme der Bundesrepu-
blik. Ist das richtig?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das
kann ich nicht sagen. Da würde ich auch
noch nicht mal sicher sein, dass diese Kate-

gorie identisch ist mit denen. Das weiß ich
nicht.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Was bedeutet eigentlich die Ein-
stufung in diese Kategorie konkret für den
Minister und für irgendeine Rolle, die der
doch irgendwann mal haben muss bei ir-
gendeinem Beschaffungswesen?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich
glaube, die Kategorisierung bedeutet, dass
etwas leitungsrelevant ist. Leitungsrelevant
heißt nicht: der Minister.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sondern?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Zur
Leitung gehören laut Dresdner Erlass der
Minister, die Staatssekretäre und der Gene-
ralinspekteur der Bundeswehr.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Was ist denn die Rolle von einem
Minister, außer: „Ja, wir wollen etwas grund-
sätzlich“, und am Ende sagen: „Ja, hiermit
bin ich glücklich, dass es gekommen ist“,
oder: „Ich bin unzufrieden und bin unglück-
lich, dass es nicht gekommen ist“? Was ist
die Rolle von einem Minister in einem Be-
schaffungswesen solcher Größenordnung?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Der Mi-
nister gibt die Richtlinien der Politik der Bun-
deswehr vor und führt die Bundeswehr und
hat dementsprechend - - Er gibt die Richt-
linien und hat dafür auf allen Stufen Perso-
nen, die das umzusetzen haben.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön. - Jetzt die CDU/CSU-Fraktion.
Herr Kollege Grübel.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ja, Herr
Staatssekretär Beemelmans, noch mal zu
den Haushaltssituationen. Nachdem jetzt die
Serie nicht gekauft wird, sind ja 675 Millionen
Euro frei, die seither in den Geheimen Er-
läuterungen für Euro Hawk vorgesehen wa-
ren. Ist gesichert, dass das für die signal-
erfassende Aufklärung, also für eine Alter-
native, freigehalten wird, oder gibt es da Be-
gehrlichkeiten oder sogar ganz konkrete
Vorstellungen, dass das anderweitig verwen-
det wird, also immer eingeschränkt, dass

Drucksache 17/14650 – 886 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 25
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

natürlich der Deutsche Bundestag der Sou-
verän ist in der Frage und jederzeit sagen
kann: „Wir möchten die Prioritäten anders
setzen“? Aber mal vonseiten des Hauses:
Sind die 675 Millionen Euro, die jetzt frei
sind, auch vorgesehen für alternative Träger-
systeme mit dem deutschen Aufklärungs-
system ISIS, signalerfassende Aufklärung?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, ich will nicht ausschließen,
dass, wenn bei uns irgendwo Geld liegt, das
Begehrlichkeiten weckt und dass diese Be-
gehrlichkeiten auch artikuliert werden. Der
eine oder andere hat schon in der Zeitung
gelesen oder geschrieben, was man damit
alles machen könnte. Aber wir haben klarge-
stellt, dass wir nach Alternativen suchen und
bis Ende des Jahres dem Generalinspekteur
dazu einen Vorschlag machen.

Der Generalinspekteur hat, soweit ich
mich erinnere, auch im Verteidigungsaus-
schuss klar gesagt, dass es eine Fähigkeits-
lücke gibt, die von großer Bedeutung für ihn
ist und die er geschlossen haben möchte. In
dem Sinne ist aus Sicht der Leitung völlig
klar, dass dieses Geld, sofern - der Einwand
ist natürlich völlig richtig - der Souverän nicht
selbst eine Begehrlichkeit auf das Geld ent-
wickelt - - Wir wollen damit die Fähigkeits-
lücke schließen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Dann haben
wir ja jetzt auch den Bericht Bundesrech-
nungshof, der Empfehlungen ausspricht, im
Wesentlichen vier Empfehlungen. Wie gehen
Sie mit den Empfehlungen um, oder wie geht
das Haus mit den Empfehlungen um? Wer-
den die umgesetzt? Werden die geprüft?
Wird das zur Seite gelegt mal und - -

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich habe
die vier Empfehlungen jetzt nicht im Kopf
präsent, aber wir prüfen grundsätzlich die
Empfehlungen des Bundesrechnungshofes
im Hinblick darauf, ob wir sie umsetzen kön-
nen oder nicht.

Markus Grübel (CDU/CSU): Dann hat
der Kollege Nouripour gerade gefragt nach
dieser Liste, die dem Kabinett vorgelegt
wurde. Da geht es ja wohl um die Groß-
geräteliste.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja.

Markus Grübel (CDU/CSU): Können Sie
da mal sagen: Wie kommt es dazu, dass
diese Großgeräteliste dem Kabinett vorgelegt
wurde ohne einschränkenden Vermerk?
Wann wurde die geschrieben? Wurde die vor
der Entscheidung, Euro Hawk nicht zu kau-
fen, geschrieben - also liegt der Grund da? -
und dann nicht mehr verändert?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, die Großgeräteliste war Teil
der Arbeiten zur Neuausrichtung. Der Minis-
ter hatte darum gebeten, einerseits ihm zu
erarbeiten: Was sind die strukturbestimmen-
den Großgeräte, die die Bundeswehr nach
der Neuausrichtung haben und nutzen will? -
Das ist deshalb von Bedeutung, weil hinter
allen diesen Großgeräten verbergen sich
Organisationsstrukturen. Jeden Eurofighter
kann man mal Infrastruktur mal Personal
nehmen. Jeden Hubschrauber kann man mal
Infrastruktur mal Personal, jedes Schiff kann
man mal Infrastruktur mal Personal nehmen.
Und diese Liste ist damals erarbeitet worden
im Jahr 2011. Sie war, wenn man so will,
schon die Auseinandersetzung der Bundes-
wehr mit dem, was sie hatte, mit dem, was
sie wollte, mit dem, was zulaufen sollte, mit
dem, was nicht zulaufen sollte. Aus der sind
auch Vertragsverhandlungen abgeleitet
worden, die ich dann führen durfte mit ein-
zelnen Unternehmen, um Beschaffungs-
umfänge zu reduzieren.

Diese Liste hat sich, von zwei kleinen
Abweichungen, die es dann zwischendurch
noch im Jahr 2011 gegeben hat, dann nicht
mehr verändert und ist praktisch in diesem
Bericht, der dem Kabinett vorgelegt wurde - -
Im, ich glaube, Mai oder April 2013 ist sie
praktisch referiert worden als eine der
Grundlagen der Neuausrichtung. Um diese
Großrüstungsvorhaben oder Großgeräte
organisiert sich die Bundeswehr herum. Sie
ist nicht verändert worden. Sie war sowieso
immer aus Sicht des Ministers eine Ober-
grenze. Wir haben das immer als die Ober-
grenze für Großgeräte - - Und bei den Droh-
nen, bei allen Drohnen, die da erwähnt sind,
ob es nun Nachfolgemodell Heron ist oder
Euro Hawk, stehen da kleine Sternchen da-
hinter mit einer Fußnote mit dem Hinweis,
dass das irgendwie in der Beschaffung ist
oder angestrebt ist, oder dergleichen mehr.

Aber es war, wenn man so will, das Refe-
rieren, weil es in diesem Bericht, den wir dem
Kabinett vorgelegt haben, um einen Bericht
über den Stand der Neuausrichtung ging - -

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 887 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 26
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Es ging um das Referieren eines Standes,
der 2011 beschlossen wurde mit den ent-
sprechenden Umsetzungsständen seitdem.
Geschrieben wurde das anderthalb Wochen
oder zwei Wochen vorher, bevor die Ent-
scheidung getroffen wurde, in einem völlig
separaten Bearbeitungsstrang. Ich habe
jedenfalls nicht geschaltet, dabei zu sagen:
Aus dieser Vorlage leitet sich dieser Bericht
ab, weil ich diesen Bericht zwei Wochen
vorher schon dem Bundeskanzleramt zuge-
leitet hatte und, wenn man so will, diese Ta-
belle für mich abgebucht hatte, weil sie refe-
riert eine Entscheidung des Ministers vom
Jahr 2011.

Markus Grübel (CDU/CSU): Also, mehr
oder weniger eine statische Verweisung, also
keine aktuelle Liste, Stand der Rüstungsvor-
haben, sondern Liste: Wie ist die Bundes-
wehr dimensioniert? - Okay.

Jetzt möchte ich Ihnen mal ein Zitat vor-
tragen aus der Zeugenanhörung des Zeugen
Rudolf Scharping, 22. Juli 2013. Für das
Protokoll: Das Zitat findet sich auf Seite 41.
Ich zitiere wörtlich:

Wenn Sie mit den Leuten mal in der
Challenger da durch die Gegend
fliegen müssen, weil da irgendwo
ein Termin ist - ich weiß nicht wo,
im Baltikum oder in Südeuropa

- Anmerkung Grübel: Mallorca -
oder sonst irgendwo -, dann haben
Sie doch die Gelegenheit, im Flug-
zeug oder gegebenenfalls auch …
beim abendlichen Rotwein über
viele Dinge zu reden, die sich ver-
mutlich nicht in Akten niederschla-
gen.

Ist das Arbeitsweise eines Ministeriums, auf
Zufallsinformationen in der Challenger ange-
wiesen zu sein? Oder wie organisieren Sie
zum Beispiel für sich, dass Sie unterrichtet
werden?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich
würde sagen, diese Form der Arbeit ist ganz
praktisch für den Beifang, aber nicht für den
Hauptfang. Der Hauptfang muss schon einen
ordentlichen Weg eingehen, weil nur dann
gewährleistet ist, dass das auf Herz und Nie-
ren geprüft wird.

Das Prickelnde der Information in der
Challenger oder beim Glas Rotwein ist, dass
eine eigene Atmosphäre geschaffen wird und
alle potenziellen Mitwisser um den Sachver-

halt nicht dabei sind. Ich kralle mir den Chef,
erkläre ihm was vertraulich in einer gemüt-
lichen Runde und hoffe, dass damit die In-
formation in meinem Sinne dort ist. Und
wenn er darauf eingeht oder reinfällt, dann
habe ich meine Punkte im Verhältnis zu an-
deren gemacht, für die das absolut unfair ist,
weil sie entweder nicht Challenger fliegen
dürfen oder nicht zum Glas Rotwein mit dem
Minister eingeladen werden. Das ist für ein
systematisches Arbeiten an sich hoch ab-
träglich. Das ist für Beifänge von Leuten, die
sagen, was man ja auch macht, was wir alle
auch machen - - Einfach für eine Überprü-
fung, für ein Stimmungsbild, für einen Hin-
weis aus dem Bauch der Bundeswehr ist das
mal ganz gut. Das ersetzt nie eine Vorlage.
Und so bürokratisch das Mitzeichnen auch
wirkt, so wichtig ist es, weil es das Anliegen
transparent macht und derjenige, der das
Anliegen hat, bestehen muss mit offenem
Visier gegenüber seinen Kollegen und sa-
gen: Ich beabsichtige, dem Minister Folgen-
des zu sagen. - Und die Mitzeichnung gibt
den anderen die Chance, zu sagen: Nein,
das ist aber nicht richtig.

Ich glaube also, das kann, das darf je-
denfalls nicht die ausschließliche Arbeits-
weise sein. Und wir arbeiten jedenfalls so,
und so arbeitet auch der Minister, dass er an
sich - - Genau aus dem Grunde, weil diese
By-the-way-Informationen oft ja auch nur
halb sind oder nur die Meinung des Informie-
renden widerspiegeln oder eine Beeinflus-
sung möglicherweise zum Sinne haben, sagt
der Minister immer: Bitte, wenn es wichtig ist,
eine saubere Vorlage dazu. Und das ist auch
der Hintergrund, warum diese Mail ja für
mich nicht die Bedeutung hat, weil die sau-
bere Vorlage danach kam, und ich den
Minister auch darüber nicht informiert habe,
weil bei solchen Informationen der Minister
mir sofort gesagt hätte: Beemelmans, Vor-
lage. - Und wenn ich die Antwort weiß, dann
arbeite ich an der Vorlage.

Markus Grübel (CDU/CSU): Für die
CDU/CSU-Fraktion wird der Kollege Jürgen
Hardt die Befragung fortsetzen.

Jürgen Hardt (CDU/CSU): Herzlichen
Dank. - Herr Staatssekretär, der gesamte
Rüstungsprozess ist im Rahmen der Neu-
ausrichtung der Bundeswehr ja erneuert
worden. Das Projekt Euro Hawk, also Platt-
form plus Missionssystem, ist ja noch unter
alten Bedingungen gestartet und entwickelt

Drucksache 17/14650 – 888 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 27
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

worden. Könnten Sie uns kurz schildern,
welche zentralen Punkte dazu geführt haben,
diesen Prozess neu zu strukturieren? Und
können Sie uns sagen, ob aus Ihrer Sicht
bestimmte Unzulänglichkeiten, die wir beim
Euro Hawk jetzt beobachten, durch einen
anders strukturierten, so wie jetzt neu struk-
turierten Rüstungsprozess möglicherweise
zu vermeiden gewesen wären?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, wenn man eine fundamentale
Unterscheidung zwischen dem neuen und
dem alten Prozess betrachten möchte, dann
ist es, dass im neuen Prozess grundsätzlich
von Anfang an alle am Projekt Interessierten
zusammen beteiligt sind - alle; mit wechseln-
den Federführungen, aber alle sind dabei -,
während man in der Vergangenheit doch
sehr intensiv eine Art verfahrensmäßiges
Pingpongspiel praktiziert hat zwischen Be-
darfsträgern und Bedarfsdeckern. Der eine
schrieb eine Forderung auf, und der andere
musste dann irgendwie ein Papier machen,
wie er das erfüllen könnte, und dann ging es
hin und her. Jetzt sind von Anfang an alle an
dem Projekt Interessierten dabei, ob es nun
die Planer sind, ob es nun die Haushälter
sind, ob es nun die Beschaffer sind und ob
es nun am Ende die Nutzer sind.

Das, glaube ich, bringt eine ganz neue
Transparenz in das Projekt rein. Jeder ist
gezwungen, nicht ein Papier zu machen, das
er alleine losschickt und in den Raum wirft,
sondern jeder ist gezwungen, seine Argu-
mente abzuwägen gegen die Argumente des
anderen. Und ich erhoffe mir davon sehr viel;
denn wenn ich in einem Kreis unter Kollegen
ehrlich sagen muss, warum ich das Projekt
mit welchen Elementen haben will, dann
können die anderen mir sagen, warum sie
das Projekt ohne welche Elemente für richtig
halten. Und dann kommen wir zu, glaube ich,
sachgerechteren Anforderungen schon im
Anfang.

Und ein zweiter wesentlicher Bestandteil
ist: Dadurch, dass alle von Anfang an dabei
sind, kann man sich tief in die Augen
schauen, wenn nachträglich die Nachträge
kommen. Das ist das Thema Design Freeze,
dass man dann nicht im Laufe eines Projek-
tes - - Und die meisten dieser Projekte, weil
sie Entwicklungsprojekte sind, zeichnen sich
durch eine große Dauer aus. Und das führt
immer dazu, dass sich dann Entwicklungen
parallel ergeben, die man noch haben
möchte. Das ist in dieser integrierten Pro-

jektteamstruktur jetzt sehr viel schwieriger.
Und mit der Genehmigung von wesentlichen
Abweichungen durch den Generalinspekteur
wird es noch schwieriger werden, im Projekt-
verlauf Veränderungen zu machen, die das
Projekt entweder verteuern oder verkompli-
zieren oder bestenfalls beides.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Keinerlei Fragen mehr von der CDU/CSU-
Fraktion?

(Markus Grübel (CDU/CSU): In
dieser Runde!)

- In dieser Runde. - Dann die SPD-Fraktion.
Kollege Arnold.

Rainer Arnold (SPD): Herr Staatssekre-
tär, seit wie vielen Jahren sind Sie schon
Begleiter, Vertrauter des Ministers in ver-
schiedenen Funktionen?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich weiß
jetzt nicht, ob das Untersuchungsgegenstand
ist, aber ich beantworte es mal vorsichts-
halber: Mit Unterbrechungen seit September
1999, wenn ich mich richtig entsinne.

Rainer Arnold (SPD): Dann fällt Ihnen
also jetzt nach 13 oder 14 Jahren auf, dass
der Minister, wenn es um Kommunikation
geht, andere Erwartungen an Sie hat, als Sie
ihm bieten. Das fällt Ihnen nach 14 Jahren
jetzt auf. Nie vorher aufgefallen?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, ich war in den 14 Jahren nicht
immer in gleicher Funktion tätig. Und der
Minister hat kritisiert, dass er nicht hinrei-
chend informiert wurde. Und ich werde mein
Verhalten entsprechend anpassen.

Rainer Arnold (SPD): Der Minister hat
nicht nur kritisiert, sondern hat öffentlich per-
sonelle Konsequenzen in den Raum gestellt.
Hat er da Sie gemeint?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, wir haben mindestens eins
gemeinsam: dass wir beide das nicht zu ent-
scheiden haben.

Rainer Arnold (SPD): Haben Sie ihn ge-
fragt, ob er Sie gemeint hat? Haben Sie ihm
Ihre Versetzung in den Ruhestand angebo-
ten nach so einem Vorgang?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 889 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 28
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich bin
nicht sicher, dass ich darauf antworten muss.
Ich glaube es nicht. Nein, das sind, glaube
ich, Gespräche, die mehr die Privatsphäre
betreffen.

Rainer Arnold (SPD): Es betrifft natürlich
nicht die Privatsphäre. Es betrifft eine öffent-
liche Aussage des Ministers, personelle Kon-
sequenzen behalte er sich vor.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja, das
ist - -

Rainer Arnold (SPD): Diese müssen Sie
vielleicht nicht beantworten, Herr Staats-
sekretär, -

Zeuge Stéphane Beemelmans: Genau
so ist es.

Rainer Arnold (SPD): - weil keine Ant-
wort auch eine Antwort ist.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein, -

Rainer Arnold (SPD): Das akzeptiere ich
ja.

Zeuge Stéphane Beemelmans: - keine
Antwort ist keine Antwort.

Rainer Arnold (SPD): Aber Privatsphäre
ist es nicht.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Privat ist es nicht.

Rainer Arnold (SPD): Privat ist es defini-
tiv nicht.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Doch.

Rainer Arnold (SPD): Machen wir doch
einfach weiter. - Sie sagten vorhin, der Herr
Gerwert hätte - - Nein, ich würde noch mal
das andere Thema aufrufen, das E-Mail noch
mal. Ist das E-Mail an Ihren Referenten ein-
fach so hereingeschneit? Oder gab es einen
Anlass für Herrn Selhausen, das E-Mail zu
schreiben?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Der An-
lass für Herrn Selhausen, das E-Mail zu
schreiben, war - das steht in der Betreff-
zeile -, dass am nächsten Tag ein Gespräch

von Herrn Minister mit den Herren Dr. Zoller
und Gerwert war und er zum Thema Talarion
noch was ergänzen wollte, weil Talarion das
Thema des Gespräches war, und dann in
einem zweiten Absatz praktisch noch seinen
allgemeinen Warnhinweis gegeben hat für
den Fall, dass ich es hätte ansprechen wol-
len.

Rainer Arnold (SPD): Aber wenn man
ein Papier bekommt zur Vorbereitung eines
Ministergespräches, ist es wahrscheinlich für
das Ministergespräch schon relevant.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Es ist
kein Papier für die Vorbereitung des Minis-
tergespräches. Das Papier für die Vorberei-
tung des Ministergespräches war eine or-
dentliche Vorlage an den Minister zur Vorbe-
reitung dieses Gespräches. Dieses war aus-
drücklich nicht Gegenstand der Vorbereitung
des Ministergespräches.

Rainer Arnold (SPD): Dieses E-Mail
hatte ja aber auch noch eine Anlage, in der
die ganze Problematik des Euro Hawk schon
ziemlich deutlich aufgeführt ist. Dann frage
ich mal andersrum: Wenn Sie oder Ihr
Minister Gespräche mit der Wirtschaft führen,
spricht man dann über die klaren Dinge, oder
sucht man gerade das Gespräch über Pro-
bleme, wenn man schon redet?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Wenn
ich das richtig in Erinnerung habe, hatte da-
mals, weil es eine große Abfolge von Ge-
sprächen gab, die Firma darum gebeten, den
Minister noch mal auf das Thema aufmerk-
sam machen zu wollen - wahrscheinlich, weil
ich selbst sehr kritisch zu dem Vorhaben
stand -, und hat das als Thema angemeldet.
Es ist üblich, dass man zu einem solchen
Gespräch ein Thema anmeldet und über
dieses Thema dann spricht.

Rainer Arnold (SPD): Also das Thema
Euro Hawk war angemeldet, ja?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das
Thema Talarion war angemeldet, Herr Ab-
geordneter. Das habe ich noch mal gesagt.
Das habe ich gerade vorhin gesagt. Deshalb
ist auch die Mail von Herrn Selhausen erst
mal: Betreff „Gespräch des Ministers mit
EADS“, erstens Talarion. Und dann gibt er
diese Zusatzinformation.

Drucksache 17/14650 – 890 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 29
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Rainer Arnold (SPD): Aber ich meine, so
oft trifft sich ja der Minister nicht mit der
Spitze von Cassidian. Und meine naive Vor-
stellung - wir reden ja als Abgeordnete auch
mit der Spitze von Cassidian - ist, dass man
die Dinge, wo man Fragen hat, wo es Pro-
bleme gibt, doch anspricht. Ist das nicht die
Vorgehensweise, die Sie ansonsten ma-
chen? Spricht man auch mit der Wirtschaft
nur formal über die Tagesordnung, und über
andere Probleme schweigt man? Ist das
normales Arbeiten bei Ihnen?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein,
Herr Abgeordneter. Es gibt immer Verschie-
denes. Aber das Thema Euro Hawk war
nach meiner Erinnerung da nicht Gegen-
stand. Es gab auch zu dem Zeitpunkt ja kei-
nen Anlass dazu.

Rainer Arnold (SPD): Bei Ihnen und
beim Minister macht es nicht klick, wenn man
mit der Rüstungswirtschaft über Talarion
redet, dass man auf der anderen Seite ein
Projekt hat, das Probleme macht, auch eine
Drohne ist, und dass das möglicherweise
was miteinander zu tun haben könnte?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, deshalb ist bei dem, was Sie
fragen, die Zeitfolge wichtig. Wir reden über
den 19. Januar. Die erste Vorlage, die ich
bekommen habe, die Probleme beschrieben
hat zum Thema Euro Hawk, ist vom 8. Fe-
bruar, also von zweieinhalb Wochen später.
Die erste Information, die ich möglicherweise
zu dem Thema bekommen habe, war diese
Mail - unterstellt, ich habe sie gesehen.

Rainer Arnold (SPD): Von welchem Jahr
reden Sie gerade?

Zeuge Stéphane Beemelmans: 2012,
Herr Abgeordneter. Vorher gab es dazu
keinerlei Anlass. Es gibt da auch keinen An-
lass für den Minister, wenn er den Chef von
EADS und Cassidian sieht - und das sind oft
eng getaktete Termine, eine Stunde oder
eine Dreiviertelstunde -, dann alle Vertrags-
verhältnisse, die wir haben, im Sinne von
„Das könnten wir auch noch mal ansprechen“
oder dergleichen mehr anzusprechen.

Rainer Arnold (SPD): Ich meine, Sie wa-
ren ja alle relativ neu im Amt. War Ihnen
überhaupt bewusst, welche Konsequenzen

der Verzicht auf eine Musterzulassung für die
Serienbeschaffung hat?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das war
mir zu dem Zeitpunkt weder bewusst noch
bekannt, Herr Abgeordneter.

Rainer Arnold (SPD): Aber Ihnen war
bekannt, dass es keine Musterzulassung
gibt?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das war
mir auch nicht bekannt.

Rainer Arnold (SPD): Dann haben Sie
Ihre Vorbereitungen für das Jahr 2011 zur
Rüstungsklausur wahrscheinlich nicht gele-
sen.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Die
Rüstungsklausur ist am 1. März 2012, also
zwei Monate nach der Mail, Herr Abgeord-
neter.

Rainer Arnold (SPD): Und wann haben
Sie die Langläuferteile zurückgewiesen?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Die ist
vom 10. Oktober 2011. Und die habe ich
zurückgewiesen nicht wegen Zulassungs-
problemen, sondern wegen ungenauer Kos-
tenschätzungen.

Rainer Arnold (SPD): Meine Mitarbeiter
suchen gerade, weil wir haben Unterlagen,
dass Sie früher erfahren haben, dass es
keine Musterzulassung gibt, dass man auf
die VVZ geht. Und meine Frage ist: Wenn
man keine Musterzulassung, sondern eine
VVZ hat, klickt es da, dass das ein Problem
für die Serienbeschaffung ist?

(Henning Otte (CDU/CSU): Das
kann nicht behauptet werden! Das
ist kein korrektes Vorgehen!)

- Ich glaube, Sie haben gerade nicht das
Wort, Kollege.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Er legt es ja vor, mit einer MAT-Nummer.
Nicht so nervös!

(Henning Otte (CDU/CSU): Ich bin
nicht nervös! Er hat hier ordentlich
vorzugehen!)

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 891 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 30
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Rainer Arnold (SPD): Aber Sie haben
nicht das Wort. Die Ausschussvorsitzende
kann mich abbremsen. Ganz gelassen!

Meine Frage - ich beziehe mich jetzt aus-
schließlich darauf -: Wenn Sie erfahren, dass
es keine Musterzulassung gibt, ist Ihnen
dann klar, dass das Konsequenzen für die
Serie hat?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich weiß
jetzt nicht, auf welches Dokument Sie sich
beziehen.

Rainer Arnold (SPD): Auf gar keines. Ich
mache jetzt nur die Frage.

(Lachen bei der CDU/CSU)

- Ich mache jetzt nur die Frage. Das steht mir
doch zu.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, so abstrakt kann mir über-
haupt nichts klar sein. Wenn man mir dabei
vorschlägt, wir verzichten auf die Musterzu-
lassung und suchen eine alternative Lösung,
wie das am 8. Februar vorgeschlagen wird,
dann ist das ausreichend.

Rainer Arnold (SPD): Und wenn Sie zur
Vorbereitung der Rüstungsklausur im Jahr
2012 ein Papier bekommen und mir und den
anderen Kollegen hier erklären, Sie sagen
dem Minister nichts, weil Sie eine abschlie-
ßende geprüfte Erklärung wollen, ist die
Frage: Ist es für Sie normal, dass zwischen
Januar 2012 und einer abschließenden Klä-
rung eineinhalb Jahre vergehen? Ist das der
normale Zeitablauf, wenn es irgendwo Pro-
bleme gibt? Man macht weiter, als ob nichts
wäre, beim Projekt und wartet, bis es eine
abschließende Klärung gibt, eineinhalb Jahre
lang, ohne dass man das Gefühl hat, man
muss vorher mit jemand reden?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, es hat eine Vielzahl von Vor-
gängen gegeben. Über die habe ich vorge-
tragen. Die erste wichtige Vorlage, wo die
Probleme dargestellt waren, war am 8. Fe-
bruar. Da wurde eine Arbeitsgruppe gegrün-
det. Dann waren in der Mitte des Jahres ein
paar Vorlagen zum Thema: Wie lange wird
die Fähigkeitslücke noch bestehen, und su-
chen wir eine Alternative mit Beauftragung
der IABG? - Dann kam im Oktober der Hin-
weis, dass man eine Vorläufige Verkehrszu-
lassung für den Prototypen erwirkt habe und

dass man noch an der Lösung der Zulas-
sungsfragen für die Serie arbeite. Und dazu
kam am 20.12.2012 die Vorlage, die ich am
7. Januar gesehen habe, der Hinweis, dass
man es nicht mehr packt und da nach Alter-
nativen sucht.

Rainer Arnold (SPD): Und auf dieser
ganzen Zeitphase haben Sie nie gedacht, es
wäre ein Punkt da, dass man sehr ernsthaft
möglicherweise eine Neubewertung - der
Rechnungshof hat ja gesagt, spätestens im
Jahr 2011; möglicherweise schon im Jahr
2009; da waren Sie nicht zuständig, aber
spätestens im Jahr 2011 - - eine Neubewer-
tung tatsächlich auch vornimmt, anstatt wei-
ter zu untersuchen und weiter zu entwickeln,
als ob nichts wäre?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, solange ich ein Projekt zum
Abschluss führen kann und solange mir die
Arbeitsebene sagt: „Wir haben einen Weg,
von dem wir glauben, er führt uns zum Ab-
schluss des Projektes“, halte ich es für ab-
solut legitim, dass wir an dem Abschluss des
Projektes arbeiten.

Rainer Arnold (SPD): Also, ich gehe jetzt
mal nicht auf Detaildokumente ein. Wenn ich
die umfangreichen Akten lese, dann sehe ich
eigentlich nichts, wo die Arbeitsebene sagt:
„Das Projekt wird gelingen“, sondern ich
sehe immer massive Bedenken, was Zulas-
sung, aber auch was finanzielle - - Also, Risi-
ken werden immer als sehr hoch beschrie-
ben in den ganzen Dokumenten. Ich ver-
stehe nicht so recht, wie Sie diesen Opti-
mismus haben.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Sie
müssen die Vorlagen auch so lesen, wie der
Tenor da beschrieben ist, Herr Abgeordneter,
und da steht dann immer drin: Wir sind aber
unterwegs, einen alternativen Zulassungs-
weg zu untersuchen und zu prüfen. - Das ist
immer der Hinweis darauf, dass man genau
das Kostenrisiko des Normalweges nicht
eintreten lassen möchte.

Rainer Arnold (SPD): Und für Sie ist es
auch nicht relevant, wenn eine Musterzulas-
sung nicht erfolgt oder wenn die Langläufer-
teile nicht gekauft werden oder wenn Sie gar
Alternativen untersuchen lassen, dass ir-
gendwann mal ein Punkt ist, wo das Parla-

Drucksache 17/14650 – 892 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 31
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

ment auch einen Anspruch darauf hat, über
ein Projekt, von dem Sie ihm eigentlich im-
mer nur recht positiv berichtet haben - Stich-
wort: Überführungsflug - - dass es Zeit wäre,
das Parlament dann doch mal ein bisschen
in diese Probleme einzubeziehen? Ist das
auch nicht Ihre Meinung, Ihre Aufgabe? Wer
soll das tun?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, ich habe, als eine festste-
hende Entscheidungslage dastand, unmittel-
bar das Parlament unterrichtet. Also,
schneller kann ich mir das nicht vorstellen.
Unmittelbar, einen Tag nachdem der Minister
das überhaupt erfahren hat, habe ich den
Bericht an den Verteidigungsausschuss ge-
schickt, wo ich berichtet habe, wie der Stand
ist. Und wenn ich es richtig in Erinnerung
habe, ist zu diesem Projekt im Rahmen der
Unterlagen, die wir schicken zum Haushalts-
aufstellungsverfahren, regelmäßig auch im-
mer ein Steckbrief zum Euro Hawk dabei
gewesen, wo drinstand: „Langläuferteile
verschieben sich, weil … “ und so was. Aber
ich habe tatsächlich, einen Tag nachdem ich
den Minister unterrichtet habe, schon den
Verteidigungsausschuss unterrichtet.

Rainer Arnold (SPD): Also, wir werden
von Ihnen erst dann informiert, wenn Sie was
entschieden haben, nicht, wenn Probleme
aufschlagen? Probleme sind ja objektiv 11
und 12 aufgeschlagen.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, die Probleme sind nicht ob-
jektiv in 11 aufgeschlagen, sondern sie sind
in 12 aufgeschlagen. Ich muss das noch mal
sagen: Am 8. Februar 2012 kam die Vorlage,
und sie sind damals jeweils mit einem Lö-
sungsweg zum Umgang mit diesem Problem
vorgestellt worden.

Rainer Arnold (SPD): Also, wir hatten ja
viele Rüstungsprojekte in den letzten Jahren,
wo es Probleme gab. Die standen nie im
Grundsatz in der Frage, ob man sie weiter
beschafft. Da waren immer Lösungswege
aufgezeigt. Wir wurden aber immer infor-
miert, wenn es Probleme gab, und zwar teil-
weise mit Stapeln von Unterlagen. Ich kann
Ihnen die ganze Liste zeigen.

Wir wurden immer informiert, nur beim
Euro Hawk nicht. War er nicht wichtig? Kate-
gorie 1, Herr Staatssekretär, bedeutet doch,
wenn wir das richtig gelernt haben: Die

Spitze des Ministeriums muss sich über den
Status des Projektes informieren lassen.
Also, nicht nur eine passive Rolle - muss
informiert werden -, sondern nach CPM heißt
Kategorie 1: muss sich informieren lassen.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Auch zu
dem Punkt, Herr Abgeordneter, hat der
Minister im Ausschuss vorgetragen und hat
gesagt, dass er genau diesen Punkt jetzt
überprüfen will und über eine regelmäßige
Berichterstattung des Ausschusses - -

Rainer Arnold (SPD): Also haben Sie da
Fehler gemacht, wenn das damals nicht
stattgefunden hat? Oder jemand Fehler ge-
macht?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein.
Das bin dann ich natürlich.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ich über-
nehme mal, suchend nach offiziellen Doku-
menten - -

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Das ist - fürs Protokoll - der Kollege Bartels.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wir sind
jetzt beim Ad-hoc-Bericht der Arbeitsgruppe,
die hier von Herrn Selhausen angewiesen
wurde zur Aufklärung dieser Dinge, gelandet,
Seiten 52, 53. Ich habe die MAT-Nummer
nicht im Kopf, aber der Ad-hoc-Bericht ist
sozusagen das Basisdokument dieses Aus-
schusses.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Wir brauchen schon die MAT-Nummer.

(Zuruf: Das hat keine
MAT-Nummer!)

- Keine MAT-Nummer? - Gut.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Dafür gibt
es keine, aber den hat jeder.

Also, die Langläuferteile. Und Sie hatten
ja Fragen geäußert. Dazu gab es dann eine
Besprechung, und dazu heißt es hier:

… am 24. November 2011 trug der
Projektleiter EURO HAWK dem
Abteilungsleiter Rüstung auf dessen
Frage zum Sachstand des Projek-
tes EURO HAWK vor, dass aus
seiner aktuellen Sicht

- 24. November 2011 -

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 893 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 32
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

die Musterzulassung für die EURO
HAWK Serie nur mit zeitlichem und
finanziellem Mehraufwand zu errei-
chen sei. … Vor diesem Hinter-
grund wies Abteilungsleiter Rüstung
am 26. November 2011 an, die Ak-
tivitäten zur Beschleunigung der
Serie anzuhalten.*

Übrigens, da hätten wir eine Entscheidung
am 26. November, nicht erst im September
2012, wo Ihnen irgendwas gemeldet worden
ist.

Ist Ihnen das denn gar nicht gemeldet
worden? Also, Sie haben am - was war das
hier? - 11. Oktober eine Vorlage bekommen,
haben was draufgeschrieben, Staatssekretär
Wolf auch. Und dann haben Sie sich nicht
mehr informiert, oder ist Ihnen diese Ent-
scheidung vom Rüstungsabteilungsleiter
aufgrund von Zulassungsproblemen nicht
mitgeteilt worden?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein,
über die Entscheidung von ihm bin ich nicht
informiert worden.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber Sie
sind doch Rüstungsstaatssekretär.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das ist
so.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So, jetzt gebe ich der FDP-Fraktion, Herrn
Kollegen Spatz, das Wort.

Joachim Spatz (FDP): Ja, wir hatten ja
vorhin philosophiert über die Rolle des
Ministers in solchen Beschaffungsvorgängen.
Sind Sie der Meinung, dass er der Umset-
zungsverantwortliche ist oder gar der Chef-
controller bei solchen Vorgängen?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein, ich
glaube, damit wäre er - - Das ist nicht seine
Aufgabe. Nein.

Joachim Spatz (FDP): Zum Thema
Problembehandlung im Jahr 2012. Sie haben
ja gesagt, dass die Probleme beschrieben,
aber als lösbar dargestellt worden sind von
der Arbeitsebene. Was würden Sie von einer

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-2 BT HA zu BB 17-93,
Ordner 1, Blatt 498.

politischen Leitung halten, die entgegen dem
Lösbarkeitstenor ein Projekt stoppt?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich
glaube, sie würde mindestens so viel Kritik
ernten wie eine, die sich auf die Lösung von
lösbaren Problemen einlässt. Ich glaube, das
wäre verheerend.

Joachim Spatz (FDP): Besten Dank. -
Keine weiteren Fragen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Keine weiteren Fragen. - Dann kommt die
Linke. Wer fragt da? - Herr van Aken, bitte.

Jan van Aken (DIE LINKE): Gut, ich ma-
che mal da weiter, wo wir vorhin aufgehört
hatten. Sie hatten ja gesagt, dass der Haupt-
grund für die Reißleine jetzt im Mai die Zu-
lassungsfrage war. Wir haben festgestellt,
dass in Amerika ja schon lange mit einer
Ausnahmegenehmigung operiert wird. Da-
rauf sagten Sie: Na ja, aber einen regelmä-
ßigen Betrieb können Sie damit nicht auf-
rechterhalten.

Stellt sich mir natürlich die Frage - - Ich
meine, die Amerikaner führen Krieg überall in
der Welt. Überall fliegt der Global Hawk. Die
machen ziemlich regelmäßigen Betrieb - für
meine Begriffe viel zu regelmäßig. Das geht
bei denen mit einer Ausnahmegenehmigung.
Wieso nicht bei Ihnen?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Wir sind
gehalten, uns an unsere Regeln zu halten.
Und unsere Regeln haben wir aus gutem
Grund für uns festgelegt. Und ich will nicht
philosophieren darüber, welche Regeln die
Amerikaner wann, wie, wo anwenden, aber
ich halte es für sachgemäß, dass wir uns an
unsere Regeln halten.

Jan van Aken (DIE LINKE): Wenn ich die
Unterlagen richtig verstanden habe, gab es
mindestens zwei alternative Zulassungs-
wege, die auch den Regeln entsprechen.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja.

Jan van Aken (DIE LINKE): Das sind an-
dere Regeln, aber es sind auch regelhafte
Ausnahmezulassungen, die es gibt.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja.

Drucksache 17/14650 – 894 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 33
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Jan van Aken (DIE LINKE): Also, inso-
fern verstehe ich Ihre Antwort jetzt gar nicht.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Doch;
denn es ist - - Man hat Regel-Ausnahme-
Verhältnisse. Wenn man aber die Ausnahme
der Ausnahme nimmt, dann ist es für die
Regel nicht mehr brauchbar. Das ist einfach
eine juristische Herangehensweise. Deshalb
gibt es Regel- und Ausnahme-Verhältnisse,
damit man einen Regelbetrieb nach der Re-
gel betreibt und nur ausnahmsweise von der
Ausnahme Gebrauch macht. Wenn man die
Ausnahme aber - und dann auch noch die
Ausnahme der Ausnahme - zum Regelbe-
trieb nutzt, missbraucht man die Regel, in-
soweit man sich auf die Ausnahme abstützt.

Jan van Aken (DIE LINKE): Es redet ja
niemand über eine Regel. Ich rede nur über
Ausnahmeregelungen, nämlich für einen
Zeitraum von zwei, drei, vier Jahren. Ich
stelle mir doch die Frage: Warum haben Sie
nicht gesagt: „Okay, wir kriegen die Muster-
zulassung nicht, okay, wir können nicht
dauerhaft auf 30 Jahre mit einer Ausnahme-
regelung operieren, aber warum nicht, um
die Fähigkeitslücke zu schließen, jetzt erst
mal für zwei, drei, vier, fünf Jahre?“? Ich ver-
misse völlig irgendwelche Überlegungen in
diese Richtung.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Also, ich
habe dazu keine Überlegungen angestellt,
sondern die Überlegungen haben die ent-
sprechenden Zuständigen in der Abteilung
AIN und in der Luftwaffe getroffen, und die
haben gesagt: Wir können - das hat auch
eine haftungsrechtliche Seite - einen Regel-
betrieb unter Ausnutzung dieser Ausnahme-
regelungen nicht verantworten. - Diese Aus-
sage habe ich zur Kenntnis zu nehmen, weil
ich wiederum nicht der Verantwortliche bin
für den Betrieb und auch nicht die Haftung
übernehme.

Jan van Aken (DIE LINKE): Wissen Sie,
was ich mich die ganze Zeit frage? Ich finde
diese Entscheidung von Ihnen am 10. Mai
2013, die Reißleine zu ziehen, das Projekt zu
stoppen, vollkommen unlogisch. Wir haben
jahrelang gehört, wie drastisch die Fähig-
keitslücke ist. Jetzt, durch Ihre Entscheidung
vom 10. Mai dieses Jahres, besteht diese
Fähigkeitslücke noch mindestens zehn Jahre
weiter fort. Sie haben 600 Millionen Euro
mindestens komplett in den Sand gesetzt,

und Sie werden eine doppelte Summe der
Rüstungsindustrie noch hinterherwerfen
müssen, um ein Nachfolgeprojekt zu finan-
zieren.

Das heißt, Sie haben etwas entschieden,
nur weil Sie nicht vielleicht auch noch mal für
zwei, drei Jahre eine Ausnahmegenehmi-
gung erteilen wollen. 600 Millionen in den
Sand zu setzen, das doppelte Geld noch mal
auszugeben und zehn Jahre zu warten, das
erschließt sich für mich nicht. Ich finde es
nicht logisch.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, ich bin leider gezwungen,
vielfach zu widersprechen.

Jan van Aken (DIE LINKE): Dann tun Sie
es.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Erstens.
Wir haben nicht auf zehn Jahre auf eine Fä-
higkeitslücke verzichtet.

Zweitens. Wir haben nicht 600 Millionen
in den Sand gesetzt; denn die Frage des
Schadens ist noch zu klären und wird erst
am Ende geklärt werden müssen, und wenn
das SIGINT-Modul erfolgreich ausgetestet
wird, ist schon diese Zahl nicht richtig.

Drittens. Es geht hier darum, nicht zehn
Jahre nach der Ausnahmeregel zu leben.
Sondern es geht darum, fünf Systeme 20 bis
30 Jahre zu betreiben, und zwar sicher zu
betreiben. Und da ist es schon eine Frage,
ob wir uns an die Regeln und Vorschriften,
die wir selbst gesetzt haben, über den siche-
ren Flugbetrieb eines Luftfahrzeuges halten
oder ob wir Ausnahmeregeln zugrunde neh-
men, die man für einen Überführungsflug, für
einen Übungsflug mal nutzen kann, aber
nicht für einen regelmäßigen Flug nutzen
kann. Das halte ich schon für einen ziemlich
erheblichen Unterschied.

Jan van Aken (DIE LINKE): Erst noch
mal: Die 600 Millionen - das haben wir jetzt
im Laufe dieses Untersuchungsausschusses
gelernt - sind wirklich in den Sand gesetzt;
denn alle sagen zwar immer: „Na ja, ISIS
haben wir ja, das ist ja die Hälfte“; ISIS ha-
ben wir aber nicht. Das haben wir gestern
gerade gehört: Wenn das jetzt zehn Jahre
irgendwie im Schrank liegt, dann ist es auch
nix mehr wert.

Aber das ist jetzt gar nicht meine Frage.
Meine Frage ist eigentlich: Was hat eigentlich
Herr Wieker gesagt, als er hörte, das Projekt

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 895 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 34
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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ist weg? Also, hat Herr Wieker, dem diese
Fähigkeitslücke ja offensichtlich wirklich sehr
zu schaffen macht, gejubelt? Hat er Wider-
spruch eingelegt?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Also,
Herr Abgeordneter, ich kann nicht beurteilen,
was Sie in diesem Ausschuss alles wie er-
fahren haben, weil ich nicht dabei war. Je-
denfalls würde mich wundern, dass Sie er-
fahren haben, dass man das ISIS-System
nicht nutzen kann.

Jan van Aken (DIE LINKE): Das habe ich
so nicht gesagt. Sie müssen mich schon
korrekt zitieren.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Sie ha-
ben gesagt, dass man es in den Schrank
legen kann und wegwerfen kann, also die
600 Millionen weg sind. Das bestreite ich.

Was der Generalinspekteur zu dem
Thema gesagt hat - - Er hat die entscheiden-
den Vorlagen ja mitgezeichnet, ausdrücklich
mitgezeichnet; denn der Staatssekretär Wolf
hatte am 27.03. auf die Vorlage geschrieben:
„An den Generalinspekteur mit der Bitte um
Stellungnahme“, wenn ich das richtig so in
Erinnerung habe, und der Generalsinspek-
teur hat die Vorlage vom 29. April 2013 aus-
drücklich persönlich mitgezeichnet.

Jan van Aken (DIE LINKE): Na ja, das
glaube ich Ihnen gerne, dass er mitgezeich-
net hat. Aber die Frage war ja: Was hat er
gesagt? Hatten Sie ein Gespräch mit ihm
darüber? Hat er gesagt: „Das ist jetzt aber
scheiße, weil wir brauchen das Zeug, wir
brauchen das seit zehn Jahren eigentlich
ganz dringend, die Breguet Atlantic fliegt seit
2010 nicht mehr“? Hat er irgendwas gesagt?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Der Ge-
neralinspekteur kann mit einer Fähigkeit, die
er nicht betreiben kann, nichts anfangen.
Wenn ihm ein Luftfahrzeug hingestellt wird,
zu dem die Luftwaffe sagt: „Ich kann das
nicht betreiben, weil ich es nach den Vor-
schriften nicht betreiben kann“, dann hat der
Generalinspekteur von dieser Fähigkeit
überhaupt nichts. Und deshalb hat der Gene-
ralinspekteur zugestimmt, dass wir nach
Alternativen suchen, weil es dem General-
inspekteur nicht um den Euro Hawk geht,
sondern es geht ihm um die Fähigkeit. Und

deshalb suchen wir nach Alternativen, die wir
dem Generalinspekteur vorschlagen wollen.

Und es steht in diesen Vorlagen - ich wie-
derhole mich -, dass die damaligen Beteilig-
ten an der Erarbeitung dieser Vorlagen - das
waren alle zuständigen Abteilungen - gesagt
haben: Im geplanten Kostenrahmen sind
Alternativen darstellbar. - Und da hat der
Generalinspekteur gesagt: Das will ich lieber
haben als eine Fähigkeit, von der mir die
Luftwaffe oder die AIN oder die Juristen sa-
gen: „Du kannst sie aber nicht betreiben -
ausnahmsweise am 32. Februar, aber sonst
nicht.“

Jan van Aken (DIE LINKE): Gut, dauert
zwar noch zehn Jahre, aber das ist eine an-
dere Frage.

Haben Sie eigentlich mit der Industrie - -

Zeuge Stéphane Beemelmans: Zehn
Jahre bestreite ich noch einmal, Herr Ab-
geordneter.

Jan van Aken (DIE LINKE): Ich habe die
IABG-Studie auch gelesen. Ich kann doch
Zahlen lesen. Also, insofern - - 2023. Wir
haben heute 2013. Wenn ich jetzt durch-
rechne, sind es zehn Jahre.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das
hängt aber nach meiner Erinnerung von dem
Typ der Plattform ab, welche man nimmt.

Jan van Aken (DIE LINKE): Ja, gucken
Sie sich alle an.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So, jetzt gebe ich Bündnis 90/Die Grünen
das Wort. Das Wort hat die Kollegin Keul.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, vielen Dank. - Herr Beemelmans, wie Sie
sich denken können, würde ich jetzt gerne
mit Ihnen hier den Vertrag diskutieren. Das
kann ich nicht, weil ausgerechnet der Ver-
trag, aus dem sich die Risikoverteilung zwi-
schen Bund bzw. Steuerzahler und Industrie
ergibt, geheim ist.

Sie haben aber im Eingang Ihres State-
ments gleich zu Beginn und ungefragt Ihre
Rechtsauffassung dazu geäußert. Sie haben
gesagt: Das ist ein Entwicklungsvertrag, da
trägt das Risiko immer der Bund. Weil wenn
die Industrie das Risiko tragen müsste, dann
wäre sie ja pleite. - Und deswegen würde

Drucksache 17/14650 – 896 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 35
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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dies in diesem Vertrag auch immer - und
dann haben Sie wieder die Bemühensklausel
zitiert - vereinbart. Übrigens haben das die
Zeugen Stein und Selhausen im Prinzip ge-
nauso in ihren Einlassungen gemacht.

Jetzt frage ich mich: Ist diese Ihre fest-
stehende Rechtsauffassung, dass die Indus-
trie nicht für die fehlende Musterzulassungs-
fähigkeit haftet, der Grund, dass Sie den
Vertrag auch 2012 niemals Ihren Juristen im
Haus, niemals der Rechtsabteilung im BMVg
zur Prüfung vorgelegt haben?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Frau
Abgeordnete, diese Frage hat sich mir da-
mals nicht gestellt, weil wir auf der Suche
waren nach einem alternativen Lösungsweg,
vom dem die Abteilung AIN fachlich sagte:
„Den kann ich abbilden, den kann ich mit
allen Beteiligten umsetzen“, und sich juristi-
sche Fragen in dem Zusammenhang über-
haupt nicht gestellt haben außer das, was ich
gegenüber dem Abgeordneten van Aken
jetzt geäußert habe über die Frage: „Wie legt
man die ZDv 19/1 und die entsprechende
Ausnahmeregelung aus?“, aber nicht zum
Thema Vertrag, Vertragserfüllung.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sie haben sich also zu keinem Zeitpunkt
gefragt, wer diese zusätzlichen Kosten für
die fehlenden Dokumente und Nachweise zu
tragen hat? Für Sie war immer klar, das hat
auf jeden Fall der Bund zu tragen?

Zeuge Stéphane Beemelmans: So ist
mir das jedenfalls immer dargelegt worden.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Das ist Ihnen so dargelegt worden, oder ha-
ben Sie diese Rechtsauffassung, die Sie hier
selber als Ihre eigene Rechtsauffassung
geäußert haben, mal anhand des Vertrages
überprüft?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Diese
Überprüfung habe ich im Zuge der Arbeiten
an der Ad-hoc-Arbeitsgruppe gemacht, als
der ganze Hergang vor mir aufbereitet wurde
seit 2000, und da hat sich diese Frage für
mich gestellt.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also, warum hat die sich nicht 2012 schon
gestellt, als klar war: „Wir prüfen jetzt die
Zusatzkosten für eine Zulassung“? Dann

frage ich mich doch: Wer muss denn diese
Kosten im Zweifelsfall tragen?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Frau
Abgeordnete, wenn die Fachabteilung der
Auffassung ist, dass etwas geschuldet ist,
dann sagt sie mir das.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ach so.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja, das
ist so. Und in dem konkreten Fall hat sie mir
das nicht gesagt, sondern gesagt: Wir su-
chen eine alternative Lösung. Wir schaffen
die Lösung aus folgenden fachlichen Grün-
den nicht, und wir suchen nach einer Lösung,
um so schnell wie möglich eine Zulassung
hinzubekommen.

Fragen von Ansprüchen oder Nichtan-
sprüchen gegenüber den Unternehmen wur-
den in dem Zusammenhang nicht gestellt.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Dann frage ich mich ja: Aus Ihrer Sicht ist
das also völlig überflüssig, dass der Minister
jetzt beschlossen hat, eine Kanzlei zu beauf-
tragen? Denn warum sollte er die beauftra-
gen? Also, Sie kennen ja das Ergebnis
schon. Sie haben ja offensichtlich keinerlei
Zweifel, wie diese Prüfung der Kanzlei aus-
gehen wird.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein,
Frau Abgeordnete, der Minister hat eine
Überprüfung durch eine unabhängige
Rechtsanwaltskanzlei angekündigt oder an-
gewiesen, um noch mal von dritter Seite sich
darlegen zu lassen, ob unsere Rechtsauffas-
sung die richtige ist oder nicht und ob sich
möglicherweise - das kann mit der Bemü-
hensklausel zusammenhängen, kann auch
mit anderen Gründen zusammenhängen -
Ansprüche noch ergeben könnten von uns.
Er hat das völlig ergebnisoffen über das -
wenn man so will - ganze Vertragskompen-
dium und seine Umsetzung vorgelegt.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Warum halten Sie denn eine Anwaltskanzlei
für unabhängiger als die Rechtsabteilung des
BMVg? Also, eine Kanzlei ist grundsätz-
lich - - Anwälte sind ja grundsätzlich nicht
unabhängig, sondern immer dem Auftrag-
geber verpflichtet und interessengebunden.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 897 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 36
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Warum soll das unabhängiger sein, als wenn
die eigenen Leute eigene Ansprüche prüfen?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Also, wir
haben diese - - Der Minister hat diese Unter-
suchung angewiesen: Bei uns werden diese
Projekte juristisch überprüft von der Rechts-
abteilung des BAAINBw. Wir haben da auch
Juristen, die den Sachverstand schon seit
Jahrzehnten haben, die also Vertragsjuristen
sind. Diese Kompetenzen sind in der Rechts-
abteilung des BMVg nicht abgebildet, weil
das nicht deren Aufgabe ist. Und er hat
angewiesen, das über eine Rechtsanwalts-
kanzlei zu machen. Und ich finde die Ent-
scheidung richtig.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Gut, der Bundesrechnungshof sieht das an-
ders.

Herr Beemelmans, wir sind uns im Klaren,
dass diese Bemühensklausel, die Sie am
Anfang Ihres Eingangsstatements zitiert ha-
ben, dass das § 1 der Allgemeinen Bedin-
gungen für Entwicklungsverträge mit Indus-
triefirmen - abgekürzt ABEI - ist. Richtig?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Und wenn dann in dem Vertrag mit der
EuroHawk GmbH an verschiedenen Stellen
steht: 㤠1 Abs. 1 ABEI findet keine Anwen-
dung“, dann bedeutet das, dass für diesen
Bereich die Bemühensklausel keine Anwen-
dung findet. Richtig?

Zeuge Stéphane Beemelmans: So ist
das.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Und wenn in dem Vertrag steht, dass in dem
Bereich Musterzulassung der § 1 Abs. 1
ABEI keine Anwendung findet, dann bedeu-
tet das, dass die Bemühensklausel für die
Musterzulassung keine Anwendung findet
und die Zulassungsfähigkeit von der Industrie
geschuldet ist. Richtig?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Frau
Abgeordnete, Sie wissen so gut wie ich, dass
ich Ihnen geschrieben habe - ich weiß nicht,
ich glaube, Mitte Juni - und Ihnen die
Rechtsauffassung des Amtes mitgeteilt habe.
Die Ableitung ist zugegebenermaßen sehr
kompliziert, um auf die Bemühensklausel zu

den Themen Test und Integration zu kom-
men, aber das ist unsere Auffassung, und
zwar seit - - Die ist möglicherweise im Ver-
trag nicht sehr klar formuliert, aber sie ent-
spricht auch der Praxis der Vertragsparteien
seit Anfang des Vertrages; denn anders lässt
sich auch nicht erklären, warum Northrop
Grumman uns ein Angebot macht, die Zulas-
sung doch noch zu bekommen für einen
zusätzlichen Betrag; denn das ist auch deren
Auffassung.

Also, ich habe Ihnen das geschrieben.
Das müsste auch in den Akten sein, die
Rechtsauffassung des Amtes zum Thema
Bemühensklausel in der Ableitung der ver-
schiedenen Vertragsebenen. Auswendig
kann ich es nicht mehr.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also, Herr Beemelmans, dass die Industrie
Ihnen ein Angebot macht und sagt: „Damit
wir den Vertrag erfüllen, brauchen wir mehr
Geld“, daraus schließen Sie, dass dann wohl
offensichtlich das so richtig sein muss?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein, ich
schließe daraus, dass sie genau davon aus-
gehen - so wie wir auch davon ausgehen -,
dass es Teil des Bemühens war und kein
geschuldeter Erfolg. Und deshalb bieten sie
ja - -

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Aber warum beauftragt der Minister dann
eine Anwaltskanzlei, wenn Sie da so sicher
sind?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Der
Minister beauftragt eine Anwaltskanzlei, um
eine umfassende Überprüfung aller Möglich-
keiten, die sich uns ergeben könnten, zu
veranlassen - aller Möglichkeiten. Das ist
nicht nur Bemühensklausel.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So, jetzt kommt die CDU/CSU, der Kollege
Grübel.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ja, nur noch
kurz. - Also, wenn ich morgen eine Zeitungs-
überschrift schreiben müsste, dann würde ich
schreiben: Staatssekretär entlastet Minister.
Linke kämpft für Aufklärungsdrohne Euro
Hawk.

Weil Ihre Einlassungen, Herr Kollege van
Aken, sind, wenn man jetzt mal die Drohnen-

Drucksache 17/14650 – 898 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 37
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

hysterie, die da alleweil herrscht, sieht, er-
staunlich.

(Jan van Aken (DIE LINKE): Wir
wollen aufklären!)

- Okay. Wir wollen auch aufklären.

(Zuruf: Auch mit Drohnen!)

- Über Aufklärungsdrohnen. Das sehen wir
genauso. Und das ist ja das Interessante.

Jetzt aber wieder ernst. Bei der Anhörung
des Zeugen, des ehemaligen General-
inspekteurs Wolfgang Schneiderhan, ist die-
ser berühmte Satz, den es in der Bundes-
wehr immer wieder gab, „Melden macht frei“,
gefallen. Herr Staatssekretär, können Sie
mal sagen: Ist das die Verantwortungskultur,
die im Ministerium gepflegt wird, dass je-
mand, statt auf seiner Ebene Verantwortung
zu tragen, dann halt mal nach oben meldet,
oder wie schätzen Sie das ein?

Ich war mir bei ihm nicht ganz sicher, ob
er das als Tatsache dargestellt hat oder als
Tatsache mit kritischem Unterton. Jedenfalls
ist der Satz so gefallen: Melden macht frei.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, das ist nicht die Philosophie,
die wir im Zuge der Neuausrichtung praktizie-
ren wollen, sondern das ist genau und ge-
rade auch im Rüstungsprozess der Sinn des
Ganzen, dass wir mehr Verantwortung dele-
gieren und diese Verantwortung wahrge-
nommen wird.

Wer meldet, macht sich frei von Verant-
wortung und von den Folgen und von der
Arbeit letztendlich. Und der sagt es, und der
da oben hat es gewusst. Und wenn der da
oben es gewusst hat und nicht gehandelt
hat, dann kann man auch noch eine Hol-
schuld daraus ableiten und eine Weisungs-
schuld und eine Handelnsschuld und eine
Aufrüttelnsschuld und dergleichen mehr.

Das ist auch genau das, was wir nicht als
Philosophie brauchen, weshalb ich in meiner
täglichen Praxis, wenn einer mir etwas mel-
det, frage, was er unternimmt, um das zu
lösen; denn ich gehe nicht davon aus, dass
man einfach dem Vorgesetzten etwas meldet
und dann sagt: Dann ist jetzt der Vorgang
erledigt.

Dieses schuldbefreiende oder verant-
wortungsbefreiende Melden - „Das Kind hast
du jetzt“ - ist ein bisschen die Ballabgabe:
Dann muss ich nicht mehr laufen. - Und das
kann nicht Sinn der Sache sein.

Jedenfalls das neue CPM und die neue
Führungskultur, die wir praktizieren wollen,
sollen genau das verhindern. Ob es das noch
gibt?

Markus Grübel (CDU/CSU): Wenn ich
jetzt auf Sie zu sprechen komme: Sie haben
ja mit den anderen Verantwortlichen gesagt:
„Wir untersuchen alternative Zulassungsver-
fahren“ - obwohl das auch nicht zum Erfolg
geführt hat -, „wir suchen alternative Platt-
formen“, und dann haben Sie den Minister
beteiligt, wo es um die Entscheidung ging,
die Entscheidung zu billigen, die Erprobung
zu Ende zu führen und dann aber Euro Hawk
nicht zu kaufen. Lag das dann dieser Philo-
sophie zugrunde? Sie sind nach dem Dresd-
ner Erlass verantwortlich, Sie sind auch im
Sinne der Definition Leitung, und Sie melden
dem Minister sozusagen dann, wenn Sie alle
Alternativen geprüft haben und für sich zu
einer Entscheidung kommen können.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Genau
so ist es, Herr Abgeordneter. Der Minister hat
mir eine Verantwortung anvertraut. Die ist im
Dresdner Erlass umschrieben. Er gibt mir die
Vorgaben. Die ergeben sich - das habe ich
gesagt - aus verschiedenen Weisungen; die
Großgeräteliste ist eine solche, Neuausrich-
tung und dergleichen mehr. Die habe ich
umzusetzen in meinem Verantwortungs-
bereich. Und ich melde dem Minister Vollzug,
oder ich melde ihm relevante Abweichungen.

Jetzt würde ich an diesem Vorgang mit-
teilen, ich hätte ihm früher melden müssen,
dass Abweichungen absehbar sind. Das
habe ich nicht getan. So. Das ist eine Lektion
für mich. Aber grundsätzlich erwartet der
Minister von mir, dass ich das, was er beauf-
tragt hat, umsetze und eben in due time,
irgendwie in der richtigen Zeit, melde, dass
es gelaufen ist, und nicht, dass ich ihn mit
Wasserstandsmeldungen bombardiere, der-
gestalt, dass ich gerade noch arbeite oder
wieder arbeite oder dergleichen mehr oder
an einer Lösung suche oder eine Arbeits-
gruppe gegründet habe. Das halte ich nicht
für die richtige Arbeitsweise.

Aber noch mal: In dem Punkt - muss ich
natürlich selbstkritisch feststellen - hätte er
sich eine Information früher gewünscht. Das
ist so, und da muss ich mich jetzt entspre-
chend anders aufstellen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Dann haben
wir in dieser Runde keine Frage.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 899 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 38
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön. - Dann kommt die SPD-Frak-
tion. Das Wort hat der Kollege Arnold.

Rainer Arnold (SPD): Herr Staatssekre-
tär, ich nehme noch mal auf, was Sie gerade
sagten. Sie sind jetzt schon der Auffassung:
Wenn es Abweichungen gibt, muss der
Minister in Kenntnis gesetzt werden, oder
wenn Abweichungen absehbar sind. - Das
waren Ihre Worte gerade, ja?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich habe
gesagt, dass ich ihm eine relevante Abwei-
chung gemeldet habe; denn ich habe ihm
gemeldet, das Projekt wird weiter betrieben.
Und das Projekt hatte zwei wesentliche
Komponenten: Global Hawk, SIGINT. Und
das wird jetzt weiter betrieben mit SIGINT
und einer alternativen Plattform.

Rainer Arnold (SPD): Meine Frage war
eine andere. Ich will auf etwas anderes hi-
naus.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Und
meine Ergänzung war, der Minister hätte sich
eine frühere Information gewünscht. Das
heißt, ich müsste ihn in Zukunft tatsächlich
über die Absehbarkeit relevanter Abwei-
chungen auch informieren.

Rainer Arnold (SPD): Sind Sie nicht der
Auffassung, dass in diesem Papier, das der
Minister spätestens an der Rüstungsklausur
auch an ihn adressiert zur Vorbereitung
hatte, sichtbar ist, dass Abweichungen wahr-
scheinlich kommen?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Dieser
Auffassung bin ich ausdrücklich nicht.

Rainer Arnold (SPD): Dann müsste man
dieses Papier doch irgendwie mal öffentlich
machen. Das geht wahrscheinlich. Weil dann
haben wir eine völlig andere Art, Texte zu
lesen. Gut.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, dieses Papier war ja eine
Vorbereitung, und darüber ist zu sprechen
gekommen. Und das haben die Beteiligten
übereinstimmend festgehalten: Sie suchen
nach einer Lösung. Und das ist genau die
Information, die der Minister braucht. Der
Minister muss nicht anweisen, eine Lösung

zu suchen, wenn ihm gesagt wird: Es wird
eine Lösung gesucht.

Rainer Arnold (SPD): Der Minister
müsste allerdings bei so einem wichtigen
Projekt dann gelegentlich ungeduldig wer-
den. Das müsste er schon und nicht nach
anderthalb Jahren dann hier kritisieren, dass
seine Nachgeordneten im Grunde genom-
men ihn nicht informiert haben. Aber gut.

Ich würde noch mal ganz gerne über den
Stopp des Projektes reden. Sie haben zu-
nächst diesen Stopp verfügt.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich habe
die Vorlage abschließend gezeichnet.

Rainer Arnold (SPD): Sind Sie zustän-
dig, und ist das Ihre Kompetenz, diese Ent-
scheidung zu treffen?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich bin
zuständig, weil ich der Rüstungsstaats-
sekretär bin, und habe die Entscheidung
getroffen, die Alternativen jetzt zu suchen
und die Serienbeschaffung nicht weiter zu
betreiben, und habe das dem Minister zur
Billigung gegeben. Wenn er das nicht gebil-
ligt hätte, hätte ich das korrigiert.

Rainer Arnold (SPD): Er hat es vier Tage
später dann zur Billigung bekommen.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich habe
am Freitagabend, dem 10. Mai, den Vermerk
bearbeitet, und der Minister hat ihn am
13. Mai von mir bekommen, am Montag.

Rainer Arnold (SPD): Sie haben mit dem
Minister über das Thema, dass Sie das jetzt
stoppen werden und was er davon hält, nicht
gesprochen?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das ist
mir nicht erinnerlich. Nein.

Rainer Arnold (SPD): Bitte?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das ist
mir nicht erinnerlich. Nein. Ich habe ihn je-
denfalls nicht am Wochenende angerufen.

Rainer Arnold (SPD): Also, das ist auch
nicht Ihre Verfahrensweise zwischen Minister
und Ihnen, dass man vor so einer wichtigen
Entscheidung dann tatsächlich auch mal das

Drucksache 17/14650 – 900 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 39
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Gespräch sucht, sondern man legt es auf
den Tisch und fertig? Das habe ich ein biss-
chen anders beobachtet von außen in den
letzten 15 Jahren.

Zeuge Stéphane Beemelmans: So
lange beobachten Sie mich schon?

Rainer Arnold (SPD): Nein, Sie nicht.
Aber die Kommunikation zwischen Ministern
und deren Umfeld habe ich ein bisschen
beobachtet.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ent-
schuldigung, ich nehme das zurück.

Rainer Arnold (SPD): Ich saß auch
manchmal in der Challenger, wissen Sie? -

(Holger Krestel (FDP): Ach!)

Gut.
Ist es für Sie auch der normale Vorgang,

dass die beteiligten Unternehmen das dann
aus der Zeitung erfahren?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das ist
nicht ganz richtig. In der Tat hat - - Also, ich
habe das hinterfragt, als ich den Vorwurf
erfahren habe; denn der Vorwurf, dass sie es
aus der Zeitung erfahren haben, habe ich
wiederum auch aus der Zeitung erfahren.
Einen Tag später stand in der Zeitung, dass
Northrop Grumman sagt, sie hätten es in der
Zeitung erfahren. Ich habe das hinterfragt.
Zumindest für den Teil Cassidian kann ich
sagen, dass ich schon im März, glaube ich,
2013 bei einem Gespräch mit Herrn Gerwert
ihn darauf hingewiesen habe, dass es ganz
schwierig wird.

Rainer Arnold (SPD): Das ist doch was
anderes, als wenn Sie dann tatsächlich stop-
pen, -

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja - -

Rainer Arnold (SPD): - weil ja Konse-
quenzen auch für die Beschäftigten bei
Cassidian - - Das sind 80, 90 Arbeitsplätze,
an diesem Missionssystem hängend. Inte-
ressiert einen Unternehmer vielleicht nicht.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, genau das Missionssystem
wird ja weiter geprüft und wird ja weiter er-
arbeitet und soll ja - -

Rainer Arnold (SPD): Gut, da kommen
wir noch drauf. Das wird in den nächsten fünf
Jahren nicht gebaut. Das wissen Sie so gut
wie ich.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein,
Herr Abgeordneter, das weiß ich nicht. Da
wissen Sie mehr als ich.

Rainer Arnold (SPD): Das müssen Sie
mir schon erklären, wie Sie das machen. Das
müssen wir dann - - Da freue ich mich drauf.
Machen wir noch.

Ich würde gern als Erstes noch mal über
das Jahr 2011 reden, nämlich die Entschei-
dung, zu keinen Langläufern zu kommen.
Zunächst sagten Sie: Das hat nichts damit zu
tun, dass es Zulassungsschwierigkeiten gibt.
Richtig ist ja aber schon, dass am
08.02.2010 entschieden wurde: keine Mus-
terzulassung, sondern VVZ. Nun ist es ein
Versäumnis, wenn man Sie dort nicht infor-
miert hat; das ist klar. Hat es irgendwelche
Konsequenzen und Lehren, dass man Sie da
nicht informiert hat? Ist doch schon eine
richtungsweisende Entscheidung, eine VVZ
zu machen statt Musterzulassung.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, das ist Teil der Überprüfung
der Aufsichts- und Berichtswege in der Bun-
deswehr und im Rüstungsbereich; denn
wenn ich das richtig sehe, hat auch Herr
Selhausen davon nichts erfahren. Also das
ist Gegenstand der Überprüfung, die der
Stab „Organisation und Revision“ derzeit
betreibt, um zu wissen, wie - -

Rainer Arnold (SPD): Gut. Also es war
nicht in Ordnung, dass Sie die Information
nicht hatten.

Nun haben Sie aber im Jahr 2011 die
Langläufer gestoppt, weil Sie Risiken für die
Serie gesehen haben; sonst hätten Sie es ja
nicht gestoppt.

Zeuge Stéphane Beemelmans: So ist
es.

Rainer Arnold (SPD): Wenn Sie Risiken
für die Serie - -

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich habe
nicht Risiken für die Serie gesehen, ich habe
die Kostenschätzung für unklar gehalten und

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 901 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 40
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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habe gesagt: Wir wollen doch lieber erst
wissen, ob das Ganze funktioniert.

Rainer Arnold (SPD): Ist das ein Unter-
schied?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das ist
ein relevanter Unterschied, wenn ich - -

Rainer Arnold (SPD): Ist das kein Risiko,
wenn man es nicht bezahlen kann?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Wenn
ich nicht genau beziffern kann, um welche
Kosten es geht, dann billige ich auch nicht
den Vertragsabschluss.

Rainer Arnold (SPD): Gut, also Sie nen-
nen es nicht Risiken, aber Sie haben ge-
merkt - -

Zeuge Stéphane Beemelmans: Kosten-
risiko nenne ich das.

Rainer Arnold (SPD): Ja, gut, es gab ein
Kostenrisiko.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja.

Rainer Arnold (SPD): Wäre es dann
nicht wirklich an der Zeit gewesen, tatsäch-
lich auch eine Revision des Projektes zu
machen und damals, wenn Sie diese Kosten-
risiken sehen, die sich ja nachher leider be-
stätigt haben, Alternativen zu untersuchen?
Wir reden ja nicht nur über Geld; wir reden
auch über die Zeit der Fähigkeitslücke bei
der Truppe. Und sie wird ja desto länger,
desto weiter man das laufen lässt.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja, Herr
Abgeordneter, die Fähigkeitslücke wird aber
nicht kürzer geschlossen, wenn ich mehr
Geld ausgebe. Es muss auch zielgerichtet
sein. In dem Zusammenhang war die Kos-
tenschätzung in den Verträgen, die in Aus-
sicht gestellt oder die geschlossen werden
sollen über die Beschaffung der Langläufer-
teile und über die Beschaffung der Serie,
Herrn Wolf und mir einfach zu unklar.

Rainer Arnold (SPD): Und das wäre für
Sie kein Anlass gewesen zu sagen: „Mo-
ment, jetzt machen wir mal eine Revision,
wie es der Rechnungshof ja auch gefordert

hat, und schauen mal genauer in alle Details
des Projektes rein“?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein,
Herr Abgeordneter, weil zu dem Zeitpunkt
stand das ja auch überhaupt nicht an. Außer
dass der Überführungsflug erfolgreich ge-
laufen war, hatte ich keine Informationen
darüber, dass es Probleme gab. Ich habe,
wenn ich das richtig in Erinnerung habe, ich
glaube, am 12. Oktober, also zwei Tage
nachdem - - oder praktisch zeitgleich, wie ich
den Vermerk bekomme, habe ich Manching
besucht. Und da stand in meinen Unterlagen
auch nichts anderes drin, als dass das Pro-
jekt gut läuft und dass ich die exzellente Zu-
sammenarbeit aller Beteiligten loben sollte ...
(akustisch unverständlich) keinerlei Anteile.

Rainer Arnold (SPD): Wenn Sie Kosten-
risiken erkennen, hat das ja häufig nicht nur
eine Kalkulation als Grundlage, sondern
technische Probleme, Veränderungen. Wir
kennen das ja auch von den Rüstungspro-
jekten. Wäre das nicht ein Punkt gewesen,
mal hartnäckig nachzufragen: Leute, was ist
mit dem Projekt los?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich
habe - -

Rainer Arnold (SPD): Auch die Techni-
ker. Also wenn ich in Manching bin, zu sa-
gen: Jetzt habe ich die Leute vor mir sitzen,
jetzt frage ich doch mal.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, ich habe deshalb gesagt: Bitte
die Kostenschätzung präzisieren! - Denn es
ging um Beschaffung in der Zukunft. Und für
diese Beschaffung in der Zukunft waren uns
die Preise zu unscharf, und da habe ich da-
rum gebeten, dass dies präzisiert wird.

Rainer Arnold (SPD): Also das war für
Sie nicht eilig?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Es war
auch nicht eilig, weil wir in dem Verfahren - -
Wenn es eilig gewesen wäre, hätte ich sofort
eine Kostenschätzung bekommen. Wir waren
noch in dem Verfahren der Entwicklung des
Prototyps.

Rainer Arnold (SPD): Aber wir sind uns
schon einig: Gerade weil es ein Entwick-

Drucksache 17/14650 – 902 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 41
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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lungsprojekt ist, muss man es ja sehr eng
begleiten. Da sind wir uns schon einig.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Wir sind
uns einig, dass ein Entwicklungsprojekt von
den Zuständigen eng begleitet werden muss,
ja.

Rainer Arnold (SPD): Und Sie sind zu-
ständig?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich bin
zuständig als Staatssekretär, aber nicht als
Projektverantwortlicher.

Rainer Arnold (SPD): Aber es gibt ja
eine unteilbare Verantwortung. Das haben
viele Verteidigungsminister bei ihrem Rück-
tritt zu Protokoll gegeben. Das ist nicht mein
Zitat. - Sie brauchen keine Antwort dazu
geben.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich bin
nicht Verteidigungsminister.

Rainer Arnold (SPD): Nur damit wir das
nicht so trennen: die einen und die anderen.
Nur deshalb.

Herr Staatssekretär, ich würde ganz
gerne noch über das ISIS-System reden. Ich
weiß, dass wir nicht offen reden können,
welche Teile jetzt getestet wurden. Vielleicht
müssen wir das irgendwann unter Geheim
nachholen. Aber können Sie sagen, wie viel
Prozent oder wie viele Teile getestet und wie
viele Teile nicht getestet werden bis Ende
September?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, darüber kann ich Ihnen nichts
sagen, weil ich das nicht weiß. Was ich weiß,
ist, dass mir berichtet wird, dass die Tro-
ckenerprobung im Jahr 2011 so weit erfolg-
reich war, dass man die Erprobungsflüge zur
Bestätigung in der Luft machen wollte. Und
was ich bislang höre, ist, dass die Flüge so-
wohl vom Flugverhalten des Euro Hawk wie
auch von den Testergebnissen des ISIS-
Moduls gut laufen. So, das weiß ich. Mehr
weiß ich nicht. Welche Teile jetzt wann, wie,
wo, was funken, das kann ich nicht sagen.

Rainer Arnold (SPD): Ist das ISIS-Sys-
tem zertifiziert? Oder muss es noch zertifi-
ziert werden?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Wenn
ich das richtig weiß, soll das am Ende der
Flüge zur Erprobung zertifiziert werden.

Rainer Arnold (SPD): ... (akustisch un-
verständlich) haben wir noch gesagt, es wird
nur qualifiziert, nicht zertifiziert.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja, das
ist jetzt - - Darüber kann ich mich jetzt - -
Dazu weiß ich nichts ... (akustisch unver-
ständlich)

Rainer Arnold (SPD): Ist vielleicht schon
eine wichtige Frage für einen zuständigen
Rüstungsstaatssekretär, der uns gegenüber
sagt: Am Ende werden wir ein ISIS-System
haben, das wir verwenden können.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja, das
ist - -

Rainer Arnold (SPD): Das ist nicht ganz
unwichtig. Das müssen Sie dann mal nach-
fragen.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, da brauche ich nicht nachfra-
gen, weil das wird mir in jeder Vorlage, seit-
dem wir das Problem haben, auch genau so
mitgeteilt. In jeder Vorlage steht drin, dass
wir davon ausgehen, dass das ISIS funktio-
niert bis zum 20.10., dass es tatsächlich in
den Labortests erfolgreich war und dass jetzt
die Erprobungsflüge erforderlich sind. Und
seit diesem Jahr wird darüber berichtet, dass
die Erprobungsflüge stattfinden und das
funktionieren wird.

Ich kann den Unterschied jetzt zwischen
Qualifizierung und Zertifizierung nicht sagen.
Ich vermute, die Qualifizierung ist der interne
Test, und Zertifizierung ist dann in der Kom-
bination mit der Plattform. Aber ich bin da
überfragt.

Rainer Arnold (SPD): Gut. - Wie viele
Flüge werden gemacht? Und wie viele waren
ursprünglich geplant?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das
habe ich nicht im Kopf. Ich glaube, acht oder
neun. Ich habe es aber nicht im Kopf.

Rainer Arnold (SPD): Es sind sieben
gemacht. Ursprünglich waren 15 geplant. -
Ist es richtig, wie wir aus den Unterlagen

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 903 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 42
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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entnehmen, dass der gesamte Bereich der
Operationsnachweise jetzt im Augenblick gar
nicht getestet wird - Operationsfähigkeit des
Systems -, sondern dass eigentlich die
Datenkommunikation und die Integration
getestet wird, nur die bringt nichts? In einem
neuen Gerät hilft uns diese Integration nichts.
Also bleibt nur die Datenkommunikation im
Prinzip über. Aber der operationelle Nach-
weis wird im Augenblick mit den sieben Flü-
gen nicht erreicht.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, dazu kann ich Ihnen nichts
aus eigenen Erkenntnissen sagen. Ich gehe
davon aus, dass das Richtige zurzeit geprüft
wird.

Rainer Arnold (SPD): Ja, wie können Sie
uns dann immer wieder erzählen und auch
der Minister: „Wir haben ja noch nicht so viel
Geld verloren, weil wir dieses so tolle System
haben“, wenn Sie am Ende nicht mal wissen:
Was haben wir denn nachher?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, weil das genau so in den
Vorlagen steht. Es steht genau so in den
Vorlagen, dass wir bis zum Ende der Erpro-
bung am 30.09. ein funktionsfähiges ISIS-
Modul haben werden.

Rainer Arnold (SPD): Aber Sie können
es doch nicht klären jetzt in meinen Fragen.
Und wenn Vorlagen so unbestimmt sind und
wir Erfahrung haben, dass man schlecht
informiert wurde in den letzten Jahren, ist
das dann kein Anlass, mal eine Vorlage zu
nehmen und den Leuten zu sagen: Leute,
was ist jetzt wirklich los? Wie schaut es denn
aus? - Das steht in der Vorlage, und damit ist
es gut. Ist das Ihre Vorgehensweise da?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, bei dem Punkt habe ich kei-
nen Anlass, zu zweifeln; denn der Vorgang
ist jetzt nun hinreichend transparent in der
Bearbeitung, als dass ich volles Vertrauen
habe. Das ist der wichtigste.

Rainer Arnold (SPD): Gut, Sie haben
keinen Anlass, zu zweifeln. Deshalb machen
Sie jetzt die Aussage: Ende September ist
dieses System komplett getestet und funk-
tionsfähig.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Davon
gehe ich aus, denn das habe ich als Maß-
gabe angewiesen.

Rainer Arnold (SPD): Sie gehen davon
aus. Sie sagen - -

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja, ich
habe das genau so angewiesen in der Vor-
lage vom 29.03.

Rainer Arnold (SPD): Schade, dass das
gerade Ende September ist; aber wir werden
uns sicherlich auch da noch begegnen, in
welcher - - Gut.

Wie kommen Sie zur These, dass dieses
ISIS-System schnell irgendwo eingesetzt
werden kann? Wenn ich die bisher vorge-
legten Alternativen anschaue - bemanntes
Flugzeug: technische Probleme, Antennen;
muss auch wieder zertifiziert, zugelassen
werden, wenn man das Flugzeug umbauen
muss; oder gar die EADS-Alternative, eine
Drohne mit mittlerer Höhe, Zieljahr 2023,
erfahrungsgemäß mit diesem Konzern, wenn
es gut läuft, 25 -, heißt das doch: So oder so
wird dieses ISIS-System in nächster Zeit in
irgendeinem Regal landen. Es wird nicht
weiterproduziert im Augenblick. Oder ist das
falsch?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, das ist Gegenstand der Un-
tersuchung, welche alternativen Plattformen
verfügbar sind. Wir haben im Verteidigungs-
ausschuss darauf hingewiesen, dass diese
Untersuchung absolut produkt- oder platt-
formoffen durchgeführt wird. Also jede Platt-
form, die denkbar ist, wird betrachtet. Ich
habe in den letzten Tagen gehört, dass jetzt
auch diese Plattform betrachtet wird: Future
European MALE. Diese gibt es schlichtweg
nicht. Das ist das Projekt, was ich - darüber
habe ich im Verteidigungsausschuss auch
einige Male berichtet - versuche, als Tala-
rion-Nachfolgemodell auf den Weg zu brin-
gen. Das gibt es schlichtweg nicht. Also ich
würde mich sehr wundern, wenn in der Vor-
lage, die für den Generalinspekteur erarbeitet
wird, dieses Projekt überhaupt auftaucht, weil
ich das zurzeit nicht für eine realistische
Plattform erachte, weil es die einfach nicht
gibt, sondern es geht um die Schließung der
Fähigkeitslücke. Also brauchen wir uns über
etwas, was es nicht gibt, was nicht projektiert
ist, nicht beauftragt ist, was 2023 möglicher-
weise zuläuft, wenn es irgendwann mal vor-

Drucksache 17/14650 – 904 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 43
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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her beauftragt wird, nicht den Kopf zerbre-
chen. Das ist für mich derzeit keine realisti-
sche Alternative.

Rainer Arnold (SPD): Also, Herr Staats-
sekretär, dann kommen nur Flieger infrage - -

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege!

Rainer Arnold (SPD): Lassen Sie mich
wenigstens einen Halbsatz machen; das
haben andere auch gemacht.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Nein, nein, nein! Es ist durch.

Rainer Arnold (SPD): Gut, wir sehen uns
ja wieder. Das ist okay.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt kommt die FDP, der Kollege Krestel.

(Zuruf von der FDP: Keine Fragen!)

- Die FDP hat keine Fragen. - Dann kommt
die Linke. Herr van Aken, bitte.

Jan van Aken (DIE LINKE): Ich möchte
noch mal auf Ihre Entscheidung vom 10. Mai
zurückkommen. Ich hatte das eben ja gefragt
mit: Warum denn nicht mal für ein paar Jahre
wenigstens eine Übergangslösung? Meine
Erinnerung trügt mich nicht; ich habe noch
mal nachgeschaut. In dem Bericht der Ad-
hoc-Arbeitsgruppe - keine MAT-Nummer,
Frau Vorsitzende -, den der Verteidigungs-
minister am 5. Juni vorgelegt hat, da wird
noch mal der Ablauf jetzt in diesem Frühjahr
geschildert. Und auf Seite 44 steht noch mal
genau, wie die Vorlage für Sie - da steht:
„Sts-Vorlage vom 27. März“ - aussah. Da
sind vier Punkte genannt. Den fünften lasse
ich mal weg. Die ersten drei haben Sie so am
10. Mai auch verabschiedet. Aber hier steht
unter Punkt 4 - das ist Ihnen am 27. März
vorgelegt worden in dieser Staatssekretärs-
vorlage -:

Der Betrieb des ... Full Scale De-
monstrators ... soll - zunächst für
maximal vier Jahre begrenzt - ...
fortgeführt werden ...*

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-2 BT HA zu BB 17-93,
Ordner 1, Blatt 490.

Von den vier Punkten haben Sie dann am
10. Mai diesen vierten Punkt rausgestrichen.
Ich verstehe nicht, warum. Was ist zwischen
dem 27. März 2013 und dem 10. Mai 2013
passiert, dass Sie sagen: Jetzt wird das alles
komplett und in aller Hektik und sofort einge-
stellt?

Zeuge Stéphane Beemelmans:
Die - - Ich habe beide Vorlagen gleichzeitig
bekommen; denn die erste Vorlage war An-
lass - auf Weisung von Herrn Staatssekretär
Wolf - einer Überprüfung und einer Mitzeich-
nung durch den Generalinspekteur. Ich habe
dann beide Vorlagen zusammen bekommen.
Und ich habe in Übereinstimmung mit bei-
den - Staatssekretär Wolf und dem General-
inspekteur - entschieden, dass wir diesen
Ersatzflugbetrieb mit dem Full Scale De-
monstrator nicht machen würden für vier
Jahre. Dahinter standen einerseits die Kos-
tenfrage und andererseits die Tatsache, dass
das, solange wir über das Missionsplanungs-
system nicht autonom verfügen können,
auch keinen eigenen Nutzen hatte. Wir ha-
ben ja die Flugerprobung nur deshalb fort-
geführt, um das ISIS-System zu Ende zu
führen; aber wir haben uns entschieden,
dieses Systeme jetzt nicht in der Nutzung zu
haben, weil wir damit nicht hinreichend auto-
nom handeln können. Und die Kostenfrage
natürlich.

Jan van Aken (DIE LINKE): Herr Bee-
melmans, ganz am Anfang, heute Morgen,
habe ich Sie gefragt: Was war der Grund für
die Reißleine? Da haben Sie mir hier wörtlich
gesagt: Der Hauptgrund war die Zulassung,
der Rest kam nur dazu. Jetzt sagen Sie
plötzlich: Na, der Grund, warum wir den nicht
in diesen vier Jahren weiterbetreiben, ist,
dass wir die Missionsplanung nicht haben. -
Jetzt müssen Sie sich mal einigen, was
eigentlich Ihr Grund war, warum Sie das
gecancelt haben.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein,
Herr Abgeordneter, das ist wiederum nicht
richtig. Sie haben mich gefragt, warum ich
die Ziffer 4 gestrichen habe, und ich habe
Ihnen gesagt, warum ich die Ziffer 4 gestri-
chen habe. Und die Ziffer 4 ist autonom. Das
ist der Flugbetrieb des Demonstrators für
weitere vier Jahre zu bestimmten Kosten.
Und da habe ich gesagt: Das macht auch
wiederum keinen Sinn. Denn wir haben ge-
sagt: Wir steigen aus dem System aus, so-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 905 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 44
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

bald wir die Erprobung des SIGINT beendet
haben.Wir steigen aus dem System aus, weil
wir die Zulassung nicht für finanzierbar halten
im Verhältnis zu den ursprünglichen Kosten,
weil die Nutzung von fünf Systemen in der
Zukunft zu teuer sein würde und weil - das
habe ich ausdrücklich auch gesagt - das
Missionsplanungssystem uns nicht hinrei-
chend verfügbar ist.

Das wiederum ist ein weiterer Grund, wa-
rum wir den Full Scale Demonstrator nicht
betreiben; denn in Ziffer 4 geht es darum, ob
man den Full Scale Demonstrator zur
Schließung der Fähigkeitslücke mal für sich
genommen betreibt, vier Jahre lang. Und da
haben wir gesagt: Keine richtige Zulassung
zum Betrieb, keine autonome Missionspla-
nung und hohe Nutzungskosten - das macht
keinen Sinn, weil das wiederum Geld ver-
braucht, was wir in Alternativen stecken kön-
nen.

Jan van Aken (DIE LINKE): Ja, da bin ich
ganz bei Ihnen. Aber das bräuchte man nicht
erst im Jahre 2013 zu beschließen, dass das
ganze Ding Geld verbraucht, das man wo-
anders nutzen könnte. Das hätte man auch
schon 2007 so entscheiden können. Das
wäre natürlich meine Option gewesen.

Ich will auch noch mal fragen: Haben Sie
im März 2013 mit Herrn Gerwert geredet?
Das haben Sie gerade eben gesagt.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja.

Jan van Aken (DIE LINKE): Was für ein
Anlass war das? War das telefonisch oder
direkt Auge in Auge? Wo? Wann? Welcher
Termin? Wissen Sie das noch genau?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich habe
es nicht mehr genau im Kopf, was da das
Thema war. Es war wahrscheinlich nicht
Euro Hawk, sondern es war, wenn ich das
richtig in Erinnerung habe, Eurofighter.

Jan van Aken (DIE LINKE): Aber Sie wa-
ren in Manching, oder er war in Berlin? Oder
wie war das?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein, er
war bei mir.

Jan van Aken (DIE LINKE): Und da ha-
ben Sie ihm gesagt: „Mit dem Euro Hawk

wird ganz schwierig“? Oder was genau ha-
ben Sie ihm da gesagt?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich habe
ihn nach meiner Erinnerung darauf hingewie-
sen, dass wir da Probleme mit der - - dass es
schwer sein wird, die Serienbeschaffung zu
rechtfertigen.

Jan van Aken (DIE LINKE): Den Termin
von dem Treffen wissen Sie nicht mehr?

Zeuge Stéphane Beemelmans: 21. März
nach meiner Erinnerung.

Jan van Aken (DIE LINKE): 21. März.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Da war -
nur, um es wieder einzuordnen - - Da lief die
Frist für die Vorlage, die seit dem 20. De-
zember 2012 in der Mache war, die eben bis
zum Ende des Quartals eine Entscheidungs-
vorlage vorlegen sollte mit Alternativen - -
Die war schon in der Mache.

Jan van Aken (DIE LINKE): Ja, ja. Aber
das wundert mich jetzt. Eben gerade hatten
wir ja auch diese Vorlage gesehen; da war ja
Termin 27. März drauf. Aber Sie wussten
schon am 21. März, dass es ganz, ganz
schwierig wird.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das
wusste ich deshalb, Herr Abgeordneter, weil
in der Vorlage vom 20. Dezember 2012
schon drinsteht, dass eine Beschaffung der
Serie nicht rechtfertigbar war. Nur, damals
war das eine sogenannte Informationsvor-
lage. Und dann haben Herr Wolf und ich
übereinstimmend gesagt: Wir wollen eine
richtige Vorlage, wo uns das formell zur Billi-
gung vorgelegt wird, mit Alternativen. - Das
heißt, schon im Dezember 2012 hatte die
AIN so etwas angekündigt, und wir haben
damals gesagt: Bitte eine umfassende Vor-
lage unter Würdigung aller Alternativen und
aller Optionen bis Ende März. - Deshalb:
Diese Information war bei mir im Kopf schon
vorhanden und in der Vorbereitung auch.

Jan van Aken (DIE LINKE): Haben Sie
denn mit Herrn Gerwert über Alternativen
geredet? Die Cassidian baut ja das ISIS-
System. Wenn die sagen: „Es wird ganz,
ganz schwierig“, ist ja die nächste Frage:

Drucksache 17/14650 – 906 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 45
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Okay, was machen wir jetzt mit ISIS? - Ha-
ben Sie das mit ihm besprochen?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich habe
mit Herrn Gerwert über Alternativen nicht
gesprochen. Ich rede über Alternativen erst
mit meinen Leuten.

Jan van Aken (DIE LINKE): Gut. - Dann
möchte ich jetzt mal zu einem anderen Kom-
plex kommen, und zwar zur Frage der Ein-
satzszenarien. Kennen Sie das Einsatzkon-
zept für den Euro Hawk, das Einsatzkonzept
der Bundeswehr aus dem Jahre 2007?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein,
das kenne ich nicht.

Jan van Aken (DIE LINKE): Dann kann
ich Ihnen sagen, dass in diesem Einsatzkon-
zept unter anderem drinsteht: Sonderein-
sätze - -

(Es ertönt das Zeichen für das Ende
der Fragezeit)

- Dann machen wir das nachher geschlossen
weiter. Ich mache hier Schluss und komme in
der nächsten Runde darauf zurück.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön. - Dann gebe ich der Kollegin
Brugger das Wort.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Vielen Dank, Frau Vorsitzende. -
Herr Staatssekretär, Sie haben ja vorhin sehr
plastisch aus Ihrer Sicht noch mal dargestellt,
was die Unterschiede zwischen der amerika-
nischen und der deutschen Zulassung sind.
Und Sie betonen ja auch immer wieder die
Lessons Learned aus dem Projekt Euro
Hawk. An der Stelle wundere ich mich im-
mer, woher wir eigentlich die Gewissheit
haben, dass im Rahmen der NATO bei AGS
nicht genau die gleichen Zulassungspro-
bleme wieder auftauchen werden, wenn es
um die Beschaffung des Global Hawk geht,
weil da kam ja die Antwort relativ prompt:
Deutschland steht da zu seinen Zusagen,
und wir halten an dem Projekt fest.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Frau
Abgeordnete, das ist jetzt nun nicht wirklich
mein Kompetenzbereich. Wir gehen aber
davon aus, dass die Italiener die Zulassung
nach ihren Regeln vornehmen. Soviel ich
weiß, machen die Italiener die Zulassung für

NATO AGS. Und da habe ich jetzt nichts
Gegenteiliges gehört. Aber wir sind gegen-
über der NATO in einer Verpflichtung, und
bislang haben wir von denjenigen, die die
Zulassung machen sollen, keinerlei Hinweise
bekommen oder keine Hinweise, jedenfalls
soviel ich weiß, dass sie da Probleme sehen,
die Zulassung zu erwirken. Das Projekt läuft
da.

Aber es ist nicht mein Kompetenzbereich.
Also das, was ich gesagt habe, ist das, was
ich so gerade noch weiß.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das heißt, Sie haben keine
Kenntnis davon, dass die Italiener sich im
Rahmen der NATO auch darüber beschwert
haben, dass die Dokumentation durch
Northrop Grumman nicht vollständig sei und
Probleme bereite.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich habe
so etwas auch gehört, ja. Aber das ist jetzt
nicht, dass ich vertiefte Kenntnisse da hätte.
Ich habe das gehört, weil ich das irgendwo
gelesen habe.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aber es geht ja durchaus auch
um die Bereitstellung mehrerer Systeme
auch von deutscher Seite und sozusagen um
eine Beschaffungsentscheidung, die ja auch
schon positiv beschieden wurde vom Vertei-
digungsausschuss. Sehen Sie da jetzt keinen
Anlass, noch mal gezielt nachzufragen und
noch mal zu schauen, ob hier nicht die glei-
chen Probleme drohen?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Diese
Beschaffungsentscheidung ist, soviel ich
weiß, noch nicht getroffen für diese Beistel-
lungen, die wir jetzt treffen wollen. Die Be-
schaffungsentscheidung, die Sie meinen, ist
die Beteiligung an NATO AGS. Das ist etwas
anderes. Die Beteiligung an NATO AGS ist
eine kostenseitige Beteiligung. Wir hören von
diesen Problemen; aber ich habe noch nicht
gehört, dass die Italiener sagen: Das wird
nichts.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wurden denn vor dieser Ent-
scheidung, sich an diesem System zu betei-
ligen, die Partner darüber informiert, was die
deutschen Erfahrungen mit dem Euro Hawk
sind?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 907 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 46
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Stéphane Beemelmans: Wir ha-
ben - das haben wir auch berichtet im Bericht
der Ad-hoc-Arbeitsgruppe - unmittelbar nach
unserer Entscheidung auch die NATO unter-
richtet.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das heißt, vor der Entscheidung
haben Sie darüber mit den Partnern nicht
gesprochen.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Vor der
Entscheidung bestand aus unserer Sicht
dazu kein Anlass. Denn es ist - noch mal -
eine Frage der Abwägung. Wir könnten auch
600 Millionen ausgeben.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wurde denn im Vorfeld, als es
um die Entscheidung im Bundestag im letz-
ten Jahr ging in Bezug auf AGS, darüber
gesprochen, ob man nicht eigentlich an der
Stelle vielleicht mal die Parlamentarier und
Parlamentarierinnen über die Fragen, die
beim Euro Hawk aufgetaucht waren, infor-
mieren müsste?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nach
meiner Einschätzung bestand dazu kein An-
lass, weil wir auch über unterschiedliche
Systeme nachdenken. Das eine ist ein Glo-
bal Hawk Block 40, und das andere ist ein
Global Hawk Block 20. Aber ich gebe offen
zu, dass ich dazu nicht mehr weiß.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Dann würde ich gern - - Nein,
anders: Insgesamt den Bundestag nicht zu
unterrichten - - Sie haben ja gerade be-
schrieben, wie Ihnen zum ersten Mal die
Probleme berichtet wurden, als E-Mails ein-
getrudelt sind. War es eigentlich eine be-
wusste Entscheidung, diese Information den
Parlamentariern nicht zur Kenntnis zu geben,
oder haben Sie da den Bundestag einfach
vergessen?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Sie mei-
nen die Mail vom 19. Januar 2012?

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Zum Beispiel.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Frau
Abgeordnete, da ich den Minister nicht infor-
miert habe, weiß ich nicht, warum ich das

Parlament informieren soll. Ich habe die Ent-
scheidungslage oder die Informationslage als
unsicher betrachtet und habe auf die Vor-
lagen gewartet. Und als die Vorlagen kamen,
stand drin: Wir bilden eine Arbeitsgruppe zur
Herbeiführung einer Alternative. - Das halte
ich als etwas, was in der Mehrzahl der Pro-
jekte irgendwann mal an irgendeiner Stelle
stattfindet, für nicht zwingend kommunika-
tionsbedürftig.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Vor dem Hintergrund würde mich
aber auch interessieren - - Da bin ich wieder
bei dieser Sitzung mit den Koalitionshaus-
hältern. Da gab es ja diese Sprechempfeh-
lung für den Minister, die ja auch über Sie
und Herrn Wolf lief. Da wurde ja sozusagen
die entsprechende Passage zur Zulas-
sungsfähigkeit von sozusagen dem, was der
Minister aktiv von sich aus vortragen sollte, in
die reaktive - - also mit der Überschrift „re-
aktiv“ versehen, und sozusagen damit sollte
es nur auf Nachfrage genannt werden. Was
war der Hintergrund dieser Entscheidung?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das
kann ich nicht sagen. Ich weiß auch nicht, ob
ich das war oder Herr Wolf das war. Das
habe ich jetzt nicht im Kopf, wer von uns
beiden das war. Ich kann Ihnen das nicht
sagen. Das weiß ich nicht.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie wissen nicht, ob Sie das
selbst geändert haben?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein. Da
Sie da zweimal Rot haben müssten, weiß ich
nicht, ob ich das war. Ich glaube - - Ich weiß
es nicht.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Dann bin ich vorhin bei Ihrem
Eingangsstatement ein bisschen darüber
gestolpert, weil Sie ja immer davon spre-
chen, dass wir jetzt die Alternativen prüfen,
wo das Aufklärungssystem ISIS eingesetzt
werden kann, und dass wir damit dann natür-
lich auch die Fähigkeitslücke schließen. So-
weit mir bekannt ist, schließen auch alle Al-
ternativen, die wir ja jetzt diskutieren, eben
nicht die Fähigkeitslücke. Es handelt sich
eben um andere Systeme, die nicht die glei-
chen Anforderungen erfüllen, was die Flug-
höhe angeht, was die Frage „Einsatz bei

Drucksache 17/14650 – 908 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 47
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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bestimmtem Wetter“ angeht. Also wie kom-
men Sie zu der Aussage, dass wir diese
Fähigkeitslücke an der Stelle schließen kön-
nen, auch wenn wir sogar schnell ein ande-
res Trägersystem verfügbar hätten?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Frau
Abgeordnete, ich komme zu der Aussage,
weil das die Aussage ist, die Grundlage mei-
ner Entscheidung war. Das ist die Aussage,
die sich in den Unterlagen fand. Die stützt
sich auf die Studie der IABG; und es ist mir
wörtlich aufgeschrieben worden - ich habe es
vorhin zitiert -, dass Alternativen im vorgege-
benen Kostenrahmen möglich sind. Dass bei
Alternativen möglicherweise die eine oder
andere Einschränkung oder Verbesserung im
Verhältnis zum Euro Hawk sein wird, ergibt
sich aus der Tatsache, dass die Alternative,
wenn sie kein Euro Hawk ist, etwas anderes
ist und eben entsprechend etwas mehr oder
etwas weniger kann. Die sind halt unter-
schiedlich.

Das wird eben in einer schönen Matrix
dem Generalinspekteur vorgelegt werden,
und der Generalinspekteur wird dann auf der
Basis abschätzen und abwägen, welche
Alternative am ehesten, am besten die Fä-
higkeitslücke schließt. Denn eine Alternative,
die wir nicht bezahlen können oder nicht
bezahlen wollen, schließt ja die Fähigkeits-
lücke nicht, und dann muss ich andere neh-
men. Und da ist jede Alternative, die die Fä-
higkeitslücke schließt, eine bessere Alter-
native als eine, die sie nicht schließt oder nur
ein Loch in den Haushalt reißt.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke. - Jetzt hat die CDU/CSU-Fraktion das
Wort.

Markus Grübel (CDU/CSU): In dieser
Runde keine weiteren Fragen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Keine weiteren Fragen. - SPD-Fraktion. Herr
Kollege Arnold.

Rainer Arnold (SPD): Herr Staatssekre-
tär, wir wurden vorhin ja durch die Klingel
unterbrochen. Einfach noch mal ein bisschen
zu ISIS, weil, ein bisschen zugespitzt, man in
der Öffentlichkeit den Eindruck hat: Das ISIS
ist jetzt da, und man schraubt es unter einen
neuen Flieger. - Wir sind uns schon einig,
dass viele der Tests, egal unter welcher

Plattform, noch mal neu gemacht werden
müssen und das technisch komplex ist.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Wir sind
uns einig, dass das ISIS etwas Bestimmtes
kann und das natürlich nur kann, wenn es
integriert ist in die Plattform, die es trägt, und
dass es dementsprechend für jede Alter-
native, wie auch jetzt beim Euro Hawk, ein
Integrationsrisiko gibt und dieses abgewogen
werden muss.

Rainer Arnold (SPD): Nun reden wir
doch mal über die Alternativen. Sie sagten -
das war der Grund, warum ich noch einen
Zuruf machen wollte -, die Alternativen wer-
den ja noch geprüft. Nun haben Sie ja vorhin
gesagt, Sie vertrauen der Firma IABG. Ist
das richtig? Haben Sie das gesagt?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das
habe ich gesagt, ja.

Rainer Arnold (SPD): Nun hat diese
Firma Ihnen einen Vorschlag gemacht, der
deutlich macht: Exakt diese europäische
bzw. die deutsche Entwicklung auf Talarion-
Basis von EADS ist der Vorschlag. Heron
scheidet aus, was ich nachvollziehen kann,
wenn man es genau anschaut; es ist schlüs-
sig. Und sie machen diese mittlere Drohne
zum Vorschlag im Vergleich zu einem be-
mannten Flugzeug. Ist das richtig?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das
weiß ich nicht. Ich habe diese Studie selbst
nicht gesehen. Maßgeblich ist ja nicht diese
Studie, sondern maßgeblich ist diese Studie
nur insoweit, dass sie gesagt hat: Es ist
machbar. - Maßgeblich werden sein die Vor-
lagen, die die zuständigen Abteilungen - ich
vermute: AIN, Planung und Haushalt - ma-
chen werden, um dem Generalinspekteur
das volle Portfolio mit Abwägung von Kosten,
Risiken, Chancen vorzulegen. Und dazu
gehört natürlich die Frage: Wann Zulauf, ab
wann ist die Fähigkeitslücke geschlossen?
Und dann kriegt ein System, was Sie ab
2023 möglicherweise, wenn man es bis da-
hin entwickelt hat - - natürlich in so einer
Matrix das entsprechende Malus.

Rainer Arnold (SPD): Jetzt haut es mich
aber doch fast vom Stuhl. Es wird eine Stu-
die in Auftrag gegeben; Sie reden gegenüber
der Öffentlichkeit von Alternativen. Und jetzt

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 909 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 48
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

höre ich, dass Sie die Studie nicht gesehen
haben.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich habe
die Studie nicht gesehen.

Rainer Arnold (SPD): Die liegt vor seit
Dezember, die Folgestudie, wenn ich es
richtig in Erinnerung habe, seit Februar. Hat
Sie das nicht interessiert, von dieser wichti-
gen Firma, -

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter - -

Rainer Arnold (SPD): - als Rüstungs-
staatssekretär nicht interessiert, welche Va-
rianten?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, die Entscheidung über die
Variante treffe nicht ich, sondern die trifft der
Generalinspekteur nach Vorlage einer quali-
fizierten Empfehlung aller zu beteiligenden
Abteilungen. Diese hat noch nicht stattgefun-
den. Diese wird bis Ende des Jahres be-
arbeitet.

Rainer Arnold (SPD): Bitte schon bei den
Fragen bleiben. Meine Frage war nicht: Wer
trifft die Entscheidung? Meine Frage war: Hat
Sie als Rüstungsstaatssekretär dieses Er-
gebnis dieser Firma, die Sie schätzen, nicht
interessiert? Das ist die Frage.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, für mich reicht in dem Zu-
sammenhang für die Entscheidung, die zu
treffen war, die Aussage, dass es eine Alter-
native gibt und dass man die jetzt näher un-
tersucht; weil das stand auch immer drin,
dass diese Alternativen jetzt näher unter-
sucht werden. Diese Alternativen müssen
dann unter Beteiligung unserer Experten, die
ja eine andere Sicht der Dinge haben mög-
licherweise als die IABG, weil auch Nutzer
dabei sind, untersucht werden. Und das ist
tatsächlich bis Ende des Jahres angewiesen.

Rainer Arnold (SPD): Also als Parla-
mentarier hätte mich das sehr interessiert,
muss ich Ihnen sagen. Ich bedauere auch,
dass wir es nicht erfahren haben. Warum?
Weil wir mit internationalen Kollegen auch
reden und weil es ja letztlich eine hochpoli-
tische Frage ist, auch mit Blick auf NATO-

Fähigkeiten, wenn wir auf eine niedrigere
Höhe gehen, und, und, und.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Gut.

Rainer Arnold (SPD): Also, da habe ich
andere Vorstellungen.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Gut.
Aber Herr Abgeordneter, darüber können wir
jetzt nur spekulieren; -

Rainer Arnold (SPD): Ja, ja.

Zeuge Stéphane Beemelmans: - denn
ich habe weder Höhen- noch Tragflächen-
größen noch Kostengröße da.

Rainer Arnold (SPD): Ja, ich helfe Ihnen
ja jetzt ein bisschen, damit Sie nicht spekulie-
ren müssen, Herr Staatssekretär.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Danke.

Rainer Arnold (SPD): Da helfe ich Ihnen
ja gerne bisschen. - Diese Studie kommt zum
Ergebnis: Heron scheidet aus; ich sage mal:
aus nachvollziehbaren - so viel verstehe ich
inzwischen von der Thematik -, schlüssigen
Gründen. Bleibt ein bemanntes Flugzeug
oder diese Neuentwicklung MALE EADS.
Und die wird empfohlen.

Nun stellt sich beim bemannten - - Also,
alle beide können natürlich nicht das Spek-
trum von Euro Hawk abdecken; das ist ein
deutlicher Qualitätsverlust, einfach aufgrund
der Höhe; das wissen wir alle. Nun sagen Sie
aber, dies könnte man zu den für Euro Hawk
vorgesehenen Kosten realisieren. Auf wel-
cher Basis kommen Sie zu dieser Einschät-
zung?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das
steht in den mir zur Verfügung stehenden
Vorlagen genauso drin, die Antwort.

Rainer Arnold (SPD): Und das glauben
Sie, was da drin steht?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das ist
mir so vorgetragen worden. Warum soll ich
daran zweifeln?

Rainer Arnold (SPD): Kann ich Ihnen
sagen, warum Sie zweifeln sollen, Herr
Staatssekretär: Weil bei der Entscheidungs-

Drucksache 17/14650 – 910 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 49
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

findung zum Euro Hawk exakt festgelegt
wurde, dass der Euro Hawk und ein unbe-
manntes System deutlich günstiger ist als ein
bemanntes Flugzeug.

Deshalb würde ich zweifeln, wenn mir
heute jemand erzählt, ein bemanntes Flug-
zeug kostet - die sind ja nicht billiger gewor-
den in den letzten Jahren, vermute ich doch -
jetzt genauso viel wie der vorgesehene Euro
Hawk. Da passt doch was nicht zusammen.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter - -

Rainer Arnold (SPD): Deshalb sollten
Sie zweifeln.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, da eine vollkommen ergeb-
nisoffene Prüfung angewiesen ist, die eben
nicht sich beschränkt auf die zwei Alterna-
tiven, die Sie benannt haben - - Denn ich
kann mir selbst noch weitere Alternativen
vorstellen.

Rainer Arnold (SPD): Die müssen Sie
mir jetzt erklären, ob es noch welche gibt.
Das interessiert mich schon sehr.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Es gibt
jede Menge Alternativen. Es gibt andere
Formen von Flugzeugen als die, die im Ge-
spräch waren. Es gibt Global Hawks Block
40, es gibt eine Vielzahl anderer Alternativen.
Es gibt ausdrücklich - - Das war auch
Thema, Herr Abgeordneter, im Verteidi-
gungsausschuss, dass die Überprüfung ab-
solut ergebnisoffen ist. Das war auch eine
Forderung, glaube ich, auch aus dem - -

Rainer Arnold (SPD): Aber langsam. Es
gibt entweder Drohnen - da sind wir uns
einig, ja?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja.
Oder - -

Rainer Arnold (SPD): Da scheidet Heron
aus, -

Zeuge Stéphane Beemelmans: Oder
Flugzeuge.

Rainer Arnold (SPD): - aus technischen
Gründen, oder gibt es Flugzeuge. So. Und
wenn man den Drohnenweltmarkt anschaut,

haben wir soeben mit Euro bzw. mit Global
Hawk was ausgeschieden - wie wir das er-
zählt bekommen haben: auch Block 40, weil
er ganz anders ist, weil man neu beginnen
müsste mit der Integration.

Jetzt sagen Sie, man macht vielleicht
doch Block 40. Kann man ja drüber reden,
wäre technisch besser, möglicherweise,
wenn man es zugelassen kriegt. Und dann
gibt es Flugzeuge. Und von der Integration
ist es relativ Wurst, welches Flugzeug. Man
muss integrieren und hat immer ein Zulas-
sungsproblem, weil auch außen am Flieger
viel geändert werden muss durch die Senso-
rik und Antennen. So.

Und wenn man eine dieser Varianten
wählt, wie kommen Sie dann zur Aussage,
dass das ISIS-System nicht in ein Regal
gelegt wird und dort mindestens 5 - wenn es
eine Drohne wird, 15 - Jahre - - sondern dass
man das früher machen kann? Das müssen
Sie mir jetzt auch erklären, warum das
schneller geht.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, ich wiederhole mich: Ich habe
das schon erklärt, weil das genauso die
Grundlage für meine Entscheidung war. Das
steht genauso in den Vorlagen seit dem
20.12.2012 drin, dass man zu vertretbaren - -
zu Kosten, die im Kostenrahmen sind, eine
Alternative finden wird.

Rainer Arnold (SPD): Wie kommen Sie
zu diesem Kostenrahmen? Einfach noch mal
hören.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, weil das genauso in den Vor-
lagen -

Rainer Arnold (SPD): Weil es drinsteht.

Zeuge Stéphane Beemelmans: - vom
20.12.2012 drinsteht.

Rainer Arnold (SPD): Nach all den Er-
fahrungen jetzt der letzten Jahre, Herr
Staatssekretär, mit exakt dieser Problematik,
sagen Sie hier immer noch, man schreibt
Ihnen etwas auf, und dann glauben Sie das,
obwohl ich Ihnen doch gerade ein Beispiel
genannt habe, dass irgendwas nicht stimmen
kann. Das kann doch nicht stimmen!

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 911 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 50
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, wenn ich jede Vorlage, die mir
aufgeschrieben wird, einfach nicht glaube,
weiß ich nicht, zu welcher verfahrensmäßi-
gen Lösung ich komme.

Rainer Arnold (SPD): Okay. - Also, Sie
haben sich mit den Alternativen bisher nicht
befasst.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein,
weil auch dazu kein Anlass bestand.

Rainer Arnold (SPD): Sie haben sich mit
den Alternativen nicht befasst; ich stelle das
nur noch mal fest.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Weil
dazu kein Anlass bestand, und weil ich ge-
nau - - auch im Parlament; und wir haben es
auch im Ausschuss genauso auch vertreten.
Wir würden auch dem Ausschuss dazu be-
richten, bis Ende des Jahres eine Alterna-
tive - - eine Darstellung der Alternativen vor-
zulegen.

Rainer Arnold (SPD): Sie sagten, dass
Sie erst vor wenigen Tagen - ich glaube,
vorhin haben Sie gesagt: vier, fünf Tage -
informiert wurden über Talarion als Option.

Zeuge Stéphane Beemelmans:
FEMALE.

Rainer Arnold (SPD): Entschuldigung,
FEMALE.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das
habe ich irgendwie in der Zeitung gelesen,
dass das jetzt im Gespräch ist.

Rainer Arnold (SPD): Ja, ja, also haben
Sie das gelesen. Sie waren aber schon mit
Herrn Gerwert zusammen und haben über
Drohnen gesprochen?

Zeuge Stéphane Beemelmans: So ist
es.

Rainer Arnold (SPD): Vor uns liegt ein
Schreiben, das Gespräch soll in erster Linie
der Vorstellung von Herrn Gerwert dienen,
und er möchte sich daneben persönlich für
die Unterstützung beim Projekt Future MALE
bedanken bei Ihnen.

MR Andreas Conradi (BMVg): Könnten
wir da vielleicht mal - -

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege, wir brauchen die MAT-Nummer
dieses Schreibens.

MR Andreas Conradi (BMVg): Ja.

Rainer Arnold (SPD): MAT 73 zu BB 48,
Ordner 2.* - Das Schreiben geht auch noch
weiter.

MR Andreas Conradi (BMVg): Seite?

Rainer Arnold (SPD): Solange das zu-
getragen wird - -

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Welche Seite ist das?

Rainer Arnold (SPD): Auf der Seite steht
keine Seite. Demnach ist es hier 1 - - Einmal
steht sie unten, ja. 101.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
101.

Rainer Arnold (SPD): 101.

MR Andreas Conradi (BMVg): Frau Vor-
sitzende, ich schlage sonst vor, dass wir dem
Staatssekretär das auch zur Verfügung stel-
len.

Rainer Arnold (SPD): Und dort geht es
auch - - Ja, ja, er kriegt es. Er kriegt es.

(Dem Zeugen werden Unterlagen
vorgelegt)

Dann geht es weiter, dass dort auch über
ungelöste luftrechtliche Probleme berichtet
wird und dass die Entscheidung, auf einen
Serienstand zu kommen, auf unbestimmte
Zeit verschoben wird. Also, es war eine Vor-
bereitung für das Gespräch mit Herrn Ger-
wert zum Thema Euro Hawk. Und Sie sagen
mir, Sie haben mit Herrn Gerwert gar nicht
gesprochen darüber? Haben Sie die Vorlage
damals gelesen?

(Der Zeuge liest in den Unterlagen)

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-73 BMVg zu BB 17-48,
Ordner 2, StS Beemelmans, Blatt 101.

Drucksache 17/14650 – 912 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 51
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt lassen wir ihn erst - - Herr Kollege Ar-
nold, ich habe die Zeit angehalten.

Rainer Arnold (SPD): Lassen wir ihn le-
sen, ja. … (akustisch unverständlich) das
Ganze, ja?

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ja.

Rainer Arnold (SPD): Ja, ist okay.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich bin ja dabei!

Rainer Arnold (SPD): Die Ausschussvor-
sitzende hat es in der Hand. Ist alles okay.

Zeuge Stéphane Beemelmans:Was war
noch mal die Frage?

Rainer Arnold (SPD): Die Frage war:
Nachdem Sie diese Vorlage hatten, als Ge-
sprächsvorbereitung mit Herrn Gerwert, ob
Sie auch über Euro Hawk mit ihm gespro-
chen haben, nachdem das doch einen gro-
ßen Raum in dieser Vorlage hier einnimmt.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Daran
kann ich mich nicht erinnern. Das weiß ich
nicht. Kann sein, kann auch nicht sein.

Rainer Arnold (SPD): Aber hätten Sie mit
ihm darüber reden sollen, wenn Sie so eine
Gesprächsvorbereitung haben? Weil das ja
ein aktuelles Problem ist.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Also,
das will ich nicht ausschließen. Aber das
kann ich jetzt - - Ich würde lügen - das darf
ich ja nicht -, wenn ich Ihnen sagen würde,
dass ich das jetzt bewusst angesprochen
habe. In den Gesprächen ging es vornehm-
lich darum, dass er seine Tätigkeit übernahm
und er natürlich das Thema MALE und ILA
und dergleichen mehr ansprechen wollte. Ob
wir darüber gesprochen haben, das kann ich
nicht ausschließen. Das weiß ich nicht.

Rainer Arnold (SPD): Hat sich Herr Ger-
wert bei Ihnen bedankt für die Unterstützung
MALE, wie in der Vorlage an Sie angekündigt
wurde?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das war
Gegenstand - - Ich bin - - Wahrscheinlich hat
er mir in irgendeiner Form gesagt, dass er
möchte, dass wir weiter gut zusammen-
arbeiten, und dass er sich freut, dass wir in
der Vergangenheit gut zusammengearbeitet
haben. So ungefähr sicherlich.

Rainer Arnold (SPD): Wann wurde Ihnen
bekannt, dass das Missionsplanungssystem
von den Amerikanern nicht geliefert wird und
wir zurückgreifen müssen auf deren Tech-
nik - zunächst nicht geliefert wird - und wohl
bis zum Jahr 2017/18 auf die Missionspla-
nungen der amerikanischen Partner ange-
wiesen sind?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nach
meiner Erinnerung wurde mir das mit der
Vorlage, glaube ich, vom 27.03. gesagt. Ich
habe es vorhin erwähnt; ich blättere gerade
in meinem Sprechzettel.

(Der Zeuge blättert in seinen
Unterlagen)

- Ja, in der Vorlage vom 27.03.

Rainer Arnold (SPD): War das für Sie
eine technische oder eine politische Frage?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich habe
vorher nach meiner Erinnerung nicht davon
gewusst, dass wir tatsächlich da in einer Art
Zwitterstellung der Steuerung dieses Sys-
tems sind, sondern bin davon ausgegangen,
dass wir dieses System beschaffen und die-
ses System dann bei uns ist und von uns aus
vollumfänglich gesteuert wird. Und das habe
ich da bei der Gelegenheit erfahren und war
dann auch Gegenstand unserer Gespräche
im Zuge der Erarbeitung des Ad-hoc-Berich-
tes.

Rainer Arnold (SPD): Haben Sie den Mi-
nister darüber informiert?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Daran
kann ich mich nicht erinnern.

Rainer Arnold (SPD): Sie haben meine
eigentliche Frage nicht beantwortet. War das
für Sie eine technische oder eine auch poli-
tische Frage, dass aus Amerika Missionspla-
nung betrieben wird?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 913 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 52
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das war
für mich eine Frage, ob wir diese Fähigkeit
für uns verfügen oder nicht verfügen. Das ist
eine - - Das können Sie bewerten, wie Sie
wollen. Aber ich gehe davon aus, dass, wenn
wir etwas steuern, wir das alleine steuern
wollen.

Rainer Arnold (SPD): Also ist es schon
ein politisches Problem.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Schon
ein technisches Problem auch.

Rainer Arnold (SPD): Auch, ja. Aber
schon auch ein politisches. Gut. - Letzte
Frage meinerseits, dann macht der Kollege
Bartels weiter. Ihr Minister hat ja das Thema
Drohnen insgesamt sehr stark im Fokus.
Planungsstab gibt es nicht mehr. Haben Sie
ihn beraten, oder wer hat ihn nach Ihrem
Kenntnisstand beraten, dies so zu forcieren,
also amerikanische Kampfdrohne oder israe-
lische möglicherweise zu beschaffen, und
und und?

MR Andreas Conradi (BMVg): Frau Vor-
sitzende, ich will gern darauf hinweisen: Wir
sind beim Entwicklungsvorhaben Euro Hawk,
nicht bei der Frage von Kampfdrohnen und
der Drohnenpolitik.

Rainer Arnold (SPD): Ja, aber, Herr
Conradi, die Frage ist doch, ob, wenn man
eine andere Drohne beim amerikanischen
Partner kauft, man nicht dran denken muss,
dass das eine Projekt Zulassungsprobleme
hat, und dann für sich -

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ja, Herr Kollege Arnold - -

Rainer Arnold (SPD): - vielleicht überle-
gen müsste, ob das andere auch ein Pro-
blem hat. Also insofern - -

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege Arnold!

MR Andreas Conradi (BMVg): Das ist
völlig richtig, Herr Arnold, aber danach haben
Sie gerade nicht gefragt.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege, Herr Kollege!

Rainer Arnold (SPD): Ich frage dann an-
ders. Ich frage gerne anders.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ja, fragen Sie bitte so, dass es auch - -

Rainer Arnold (SPD): Ich frage gerne
anders. Also, Ihr Minister hat ja das Thema
Drohnen sehr stark forciert. Haben Sie ir-
gendwann mal darüber gesprochen, dass die
Problematik beim Euro Hawk betrachtet wer-
den müsste, wenn man möglicherweise er-
wägt, andere amerikanische Drohnen zu
beschaffen?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Über
das Thema Zulassung habe ich hin und wie-
der mit dem Minister gesprochen, weil das
ein Thema war, was uns beide intensiv treibt,
für alle Sorten von Luftfahrzeugen. Und ob
wir das besprochen haben, nachdem die
Entscheidung getroffen wurde, wo ich gesagt
habe: „Das hat natürlich Konsequenzen“ - -
Und wenn ich es richtig in Erinnerung habe,
hat der Minister das natürlich auch im
Ausschuss gesagt: Das hat Konsequenzen
für weitere zukünftige Beschaffungsvorha-
ben. Dass man aus den Erfahrungen, die
man mit einer Partei gemacht hat, die Lehren
zieht und nicht bei der gleichen Partei ein
vergleichbares Flugobjekt noch mal ordert,
das haben wir sicherlich besprochen. Ich
schließe aber nicht aus, dass wir es erst
besprochen haben, nachdem die Entschei-
dung des 15. Mai gefallen ist.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön. - Jetzt frage ich die FDP-Frak-
tion. - Hat keine weiteren Fragen. Dann die
Linke. Herr van Aken.

Jan van Aken (DIE LINKE): Ja, ich
möchte noch mal auf das Einsatzkonzept zu
sprechen kommen, das Sie ja nicht kennen,
was mich auch wundert. Aber wenn ich jetzt
höre, dass Sie erst aus der Zeitung erfahren
haben, dass Talarion auch, oder FEMALE
jetzt, als Alternative im Gespräch ist, wundert
mich auch nicht, dass Sie das Einsatzkon-
zept nicht gesehen haben.

Aber wissen Sie denn, dass das Einsatz-
konzept der Bundeswehr beinhaltet, dass der
Euro Hawk auch für andere Ressourcen
eingeplant war, dort eingesetzt zu werden?

Drucksache 17/14650 – 914 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 53
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich habe
gehört, dass es für ressortübergreifende
Einsätze gedacht werden kann, ja - genutzt
werden kann, ja.

Jan van Aken (DIE LINKE): Was, glau-
ben Sie, verbirgt sich hinter dem Wort „res-
sortübergreifend“?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Hinter
dem Begriff „ressortübergreifend“ verbirgt
sich, dass man eine Fähigkeit im Dienst der
Bundesre- - die für die Bundesregierung
beschafft wird - - in den Dienst der Bundes-
regierung stellt.

Jan van Aken (DIE LINKE): Wer könnte
da einen Bedarf haben? Sozialministerium?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das
glaube ich eher nicht.

Jan van Aken (DIE LINKE): Sondern?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich ver-
mute, einen solchen Bedarf könnte das Bun-
desinnenministerium haben oder das - - ja,
das Bundesinnenministerium. Aber das ist
eine Vermutung.

Jan van Aken (DIE LINKE): Sie waren ja
selbst im Bundesinnenministerium. Ist Ihnen
in Ihrer Zeit dort der Euro Hawk mal über den
Tisch gekommen?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein.

Jan van Aken (DIE LINKE): Also, es gab
keine Anfragen, es gab keine Befassung
damit?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein.

Jan van Aken (DIE LINKE): Waren Sie in
Ihrem Job im Bundesinnenministerium mit
Frontex befasst?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja.

Jan van Aken (DIE LINKE): Ist Ihnen be-
kannt, dass der Euro Hawk mit seinen Fähig-
keiten bei Frontex vorgestellt worden ist?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein.

Jan van Aken (DIE LINKE): Sie waren ja
auch vier Jahre im Bundeskanzleramt.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja.

Jan van Aken (DIE LINKE): Ist Ihnen dort
im Bundeskanzleramt der Euro Hawk begeg-
net?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein,
nicht nach meiner Erinnerung.

Jan van Aken (DIE LINKE): Ist Ihnen be-
kannt, dass es für den Bundesnachrichten-
dienst ein Briefing über den Euro Hawk gab?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein.

Jan van Aken (DIE LINKE): Gut. - Dann
wissen Sie das leider auch nicht. - Dann
möchte ich noch mal auf einen ganz anderen
Punkt kommen, und zwar noch mal auf den
Besuch des Ministers de Maizière in Man-
ching. Dazu gab es ein Briefing. Haben Sie
dieses Briefing gesehen? Ich weiß, Sie wa-
ren nicht mit in Manching; Sie haben die
Gespräche nicht mit geführt. Aber haben Sie
das Briefing gesehen?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein, ich
habe nur die Vorlage gesehen, die ich abge-
zeichnet habe.

Jan van Aken (DIE LINKE): Ja, das
meine ich damit.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ob
da - - Die habe ich gesehen, ja. Natürlich.

Jan van Aken (DIE LINKE): Ist Ihnen
aufgefallen, dass dort verschiedene Gründe
genannt wurden, warum sich der Euro Hawk
verzögert hat?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja, das
ist mir sicherlich damals aufgefallen. Ich
habe auch, glaube ich, einige Striche am
Rand gemacht und so.

Jan van Aken (DIE LINKE): Was haben
Sie in dem Moment gedacht, als Sie gesehen
haben, dass ein Grund für die Verzögerung
zum Beispiel daran lag, dass Teile von der
NSA, der US-amerikanischen NSA, verzögert
geliefert wurden?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 915 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 54
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Stéphane Beemelmans: Da habe
ich mir überhaupt nichts bei gedacht; denn
die NSA ist eine staatliche Einrichtung der
USA. Ob da die US Air Force, die NSA oder
eine andere Einrichtung etwas uns liefern
muss, das hat für mich keinerlei Konnotation
gehabt. Das ist derjenige, der es hat. Und
wenn derjenige, der es hat, es liefern muss,
vertraglich, und es nicht liefert, ist das so.

Jan van Aken (DIE LINKE): Erinnern Sie
sich an die ursprüngliche Argumentation bei
der Außerdienststellung der Breguet Atlantic
und bei der ursprünglichen Argumentation für
den Euro Hawk, was so die zentralen Argu-
mente waren? Abgesehen davon, dass die
zu alt waren, aber war da nicht auch immer
das Problem im Raum, dass die ganzen Da-
ten der Breguet erst mal direkt an die Ameri-
kaner gingen, und es darum ging, auch ein
SIGINT-System „for German eyes only“ zu
entwickeln?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Also, da
ich damals mich damit nicht befasst habe,
müsste ich höchstens mit Wissen aushelfen,
das ich aus der Erarbeitung des Ad-hoc-Be-
richtes habe. Das habe ich ja bekannter-
weise erst Ende Mai, Anfang Juni gehabt.
Also, ich habe da keine eigenen Erkennt-
nisse aus dem, was damals gedacht wurde.

Jan van Aken (DIE LINKE): Das heißt, zu
dem Zeitpunkt, als Sie mit dem Euro Hawk
befasst waren, als Sie das Briefing - Sie
nennen es den Vermerk - für den Besuch
von de Maizière in Manching gesehen ha-
ben, war Ihnen gar nicht bekannt, dass es
eine ganz zentrale Frage gewesen ist, dass
man ebendiese Daten in Deutschland erfas-
sen wollte, nicht immer über den Umweg der
Amerikaner?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Mir war
bekannt, dass wir uns ja über ein exportfähi-
ges Missionsplanungssystem mit den Ameri-
kanern unterhalten; denn das, was sie da
haben, ist wiederum aus deren Sicht recht-
lich betrachtet nicht exportfähig, jedenfalls
sperren sie es wiederum für den Export. Und
damit kann man es nur mitnutzen, aber nicht
selbst proprietär haben, und deshalb war das
Gespräch - - oder gingen unsere Bemühun-
gen dazu, ein exportfähiges System zu ha-
ben.

Jan van Aken (DIE LINKE): Ja, da habe
ich mich, glaube ich, nicht ganz korrekt aus-
gedrückt. War Ihnen klar, dass das Bedürfnis
der Bundeswehr oder der Bundesregierung
auch war, dass man eigene Daten erfasst,
die eben nicht über die Amerikaner gehen?
„German eyes only“, haben wir gestern hier
von Herrn Gerwert immer gehört irgendwie;
deswegen sollte Cassidian das ISIS selbst
entwickeln.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das ist
immer unser Bestreben gewesen, ein Sys-
tem zu haben - und das ist bei jedem System
so unser Bestreben -, was wir proprietär ha-
ben.

Jan van Aken (DIE LINKE): Gut, wenn
das das Ziel war, klingeln bei Ihnen nicht alle
Alarmglocken, wenn Sie dann lesen, dass
die Verschlüsselungstechnik für dieses Sys-
tem ausgerechnet von der NSA kommt? Da
ist es doch sofort vorbei mit „German eyes
only“.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Es
wurde da berichtet, wenn ich das richtig in
Erinnerung habe, in dieser Vorlage, über
Probleme, die sich ergeben aus der Export-
fähigkeit dieses Missionsplanungssystems,
und da kommt es mir darauf an: „Wie kriegen
wir die Lösung, dass wir ein exportfähiges
Produkt bekommen?“, und nicht, wer der
Eigentümer des Produktes ist, was wir mit
ihm unter Vertrag haben. Es ist ja so, dass
wir über ein, glaube ich, Foreign-Military-
Sales-Abkommen schon die Mitnutzung hat-
ten dieses Produktes. Es ging also darum:
Wie kommen wir jetzt zu einer Lösung, die
uns zur eigenen Nutzung zur Verfügung
steht?

Jan van Aken (DIE LINKE): Ja, aber
trotzdem stellen sich ja auch wichtige recht-
liche Fragen. Wenn Sie jetzt wissen - und
das wussten Sie -, dass die NSA die Ver-
schlüsselung liefert; wenn Sie jetzt davon
ausgehen - das können Sie -, dass sozusa-
gen die Daten, die das ISIS im Euro Hawk
erfasst, dann auch mitgelesen werden kön-
nen von der NSA, dann hat das doch ganz
weitreichende rechtliche Folgerungen. Haben
Sie da jemals drüber diskutiert im Ministe-
rium, drüber nachgedacht?

Drucksache 17/14650 – 916 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 55
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Stéphane Beemelmans: Unser
Bestreben war immer, ein System zu haben,
was wir in der Endausbaustufe alleine betrei-
ben. Dahin geht das Bestreben.

Jan van Aken (DIE LINKE): Ist die Ant-
wort Ja oder Nein? Also haben Sie drüber
diskutiert, dass die Amis jetzt alles mitlesen
können, was wir da erfassen, oder - -

Zeuge Stéphane Beemelmans: Wir ha-
ben nicht in dem Sinne darüber diskutiert,
dass wir das kritisch betrachtet haben, son-
dern dass wir gesagt haben, genau den
Punkt wollen wir am Ende des Verfahrens
überwinden.

Jan van Aken (DIE LINKE): Ich finde das
deswegen fahrlässig, weil Sie haben ja selbst
gesagt: Im Moment fliegt der Full Scale De-
monstrator, im Moment erfasst er Daten. -
Das ist kritisch innerhalb Deutschlands dis-
kutiert worden. Da gibt es ja auch Möglich-
keiten, dass das alles gelöscht werden soll -
kann man jetzt davon halten, was man will -,
dass sozusagen keine deutschen Daten über
Handygespräche usw., die bei den Probeflü-
gen jetzt erfasst werden - - dass die sofort
gelöscht werden. Das nützt uns doch aber
gar nicht, wenn sie gleichzeitig schon mitge-
schnitten worden sind von der NSA. Also
kann ich davon ausgehen, dass bei den
Testflügen jetzt Daten aus Deutschland er-
fasst worden sind, die Sie von der Bundes-
wehr vielleicht löschen, die aber trotzdem
woanders gespeichert werden?

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege, es hat nicht unmittelbar mit
dem Untersuchungsgegenstand zu tun.

(Zuruf von der CDU/CSU: Über-
haupt nicht! Das ist jetzt alles
Ihre Fantasie!)

Jan van Aken (DIE LINKE): Also, Frau
Vorsitzende - -

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Bitte, jetzt - - Herr Staatssekretär, Sie dürfen
antworten.

MR Andreas Conradi (BMVg): Ich muss
jetzt mal darauf hinweisen, dass das sehr
spekulativ ist.

Jan van Aken (DIE LINKE): Das ist nicht
spekulativ. In den Dokumenten - ich habe die
Vorlage gemacht - steht es drin, dass die
Verschlüsselungstechnik aus der NSA
kommt. Der Zeuge sagt, er weiß, dass die
Verschlüsselungstechnik von der NSA
kommt. Er sagt, sie haben nicht drüber de-
battiert. Wir wissen, dass die Flüge stattfin-
den. Ich möchte wissen, was mit meinen
Handydaten in der letzten Woche passiert ist,
die vom Euro Hawk erfasst worden sind. Ich
möchte wissen, ob die Amis meine Handy-
daten von der letzten Woche jetzt abgezogen
haben oder nicht. Das finde ich eine völlig
einfache Frage.

(Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE):
Er kann sagen, er weiß es nicht!)

- Er kann sagen, er weiß es nicht, was er ja
den ganzen Tag sagt; aber ich will es wissen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Staatssekretär, wollen Sie antworten?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich kann
dazu definitiv nichts sagen. Wir erfassen
Testdaten, die wir selbst auslegen, und ich
gehe davon aus, dass es die Daten sind, die
wir erfassen; Punkt.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Dann kommt jetzt Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Kollege Lindner.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Vielen Dank, Frau Vorsitzende. -
Herr Staatssekretär, es geht mir noch mal
um MAT 69, Ordner 1*, um die an Sie ge-
richtete Vorlage zu Vorbereitung der Rüs-
tungsklausur am 01.03.2012. Ist Ihnen be-
kannt, ob Herr Bundesminister de Maizière
sich diese Unterlagen, die in der Vorlage
enthalten sind, angeschaut, gelesen hat?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich gehe
davon aus, weil ich sonst nicht draufge-
schrieben hätte, Minister hat die Vorberei-
tung sehr gelobt; so ungefähr sinngemäß
habe ich geschrieben.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Haben Sie denn mit dem Minister
auch in irgendeiner Art und Weise im Vorfeld

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-69 BMVg zu BB 17-32,
Büro des Ministers, Ordner 1.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 917 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 56
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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oder Umfeld der Rüstungsklausur über das
Thema Euro Hawk bzw. Zulassungspro-
bleme von Drohnen dann gesprochen?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Kann ich
mir nicht vorstellen.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Es ist ja nun so, dass der Herr
Minister im Laufe seiner Tätigkeit als Minister
doch das Thema Drohnen, sei es bewaffnet,
unbewaffnet, MALE oder HALE, auch öffent-
lich vorantreibt, diskutiert, ja auch eine Initia-
tive für eine europäische Harmonisierung von
Zulassungsfragen gestartet hat. Hätten Sie
es da nicht für angebracht gehalten, mit dem
Minister über die auftretenden, darin be-
schriebenen Zulassungsprobleme bei Euro
Hawk zu sprechen?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, zum damaligen Zeitpunkt ging
ich davon aus, dass wir diese Probleme einer
Lösung zuführen und dass das jetzt genau
auch in der Rüstungsklausur dem Minister so
mitgeteilt war. Dann hat der Minister das,
was er zu dem Augenblick vielleicht hätte
wissen wollen, auch beantwortet bekommen:
Es gibt ein Problem, und dieses wird gelöst.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich will zu dem Gespräch mit den
Haushaltsberichterstattern der Koalition
kommen, MAT 73, Ordner 2*. Sie waren bei
diesem Gespräch nicht anwesend. Habe ich
das richtig in Erinnerung?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das ist
richtig.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Und Sie können sich auch nicht
erinnern, ob Sie oder Herr Staatssekretär
Wolf die Sprechempfehlung von aktiv auf
reaktiv geändert haben am - -

Zeuge Stéphane Beemelmans: Kann ich
mich nicht erinnern.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Okay. - Wer legt denn die Ta-
gesordnung fest für solche Gespräche mit
Haushaltsberichterstattern der Koalition, das

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-73 BMVg zu BB 17-48,
Ordner 2, StS Beemelmans, Blatt 229 ff.

Ministerium oder die Berichterstatter oder
beide?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das ist
im Zweifel ein iterativer Prozess.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Okay. - Ich würde gerne dem
Zeugen einen Vorhalt machen, Frau Vorsit-
zende, und bitten, die Zeit zu stoppen. Es
geht einmal um MAT 73, Ordner 0.*

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Das ist nicht eingestuft, Herr Kollege?

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das ist nicht eingestuft, Frau
Vorsitzende. - Okay, haben wir. Und dann
würde ich der Einfachheit halber Ihnen auch
noch weitere Dokumente übergeben:
MAT 73, Ordner 0, einmal auf Seite 25 ff.
und der Seite 37 ff. sowie aus MAT 17-50,
Ordner 4 und 5**, einmal die Seite aus dem
Ordner 5, 62, und einmal die Seite 4, 92.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Alles nicht eingestufte Vorlagen?

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das sind VS-NfD-Vorlagen aus
dem Geschäftsbereich des Bundesministe-
rium der Verteidigung, und wie ich ja in die-
sen Sitzungen gelernt habe, darf ich in öf-
fentlicher Sitzung daraus zitieren.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut.

(Dem Zeugen werden Schriftstücke
vorgelegt)

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich warte selbstverständlich mit
meiner Frage, will nur für die Kolleginnen und
Kollegen erläutern, worum es geht, was das
für Vorlagen sind. Es ist einmal eine Vorlage,
die an Herrn Staatssekretär Beemelmans
gerichtet wurde, weil der Kollege Florian
Hahn sich an das Bundesministerium der

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-73 BMVg zu BB 17-48,
Ordner 0, StS Beemelmans, E-Mail-Verkehr
22062012-27032013.

** Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-50 BMVg zu BB 17-31,
Ordner 4, Ordner 5.

Drucksache 17/14650 – 918 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 57
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Verteidigung im Dezember 2012 gewandt hat
und um einen Sachstandsbericht zum Thema
Euro Hawk bat. Es ist zum anderen eine an
Herrn Staatssekretär - ich bin mir nicht si-
cher, ob sie an den Herrn Parlamentarischen
Staatssekretär Schmidt oder an Sie direkt
gerichtet ist, auf jeden Fall ging das über
Ihren Tisch -, eine Vorlage, die eine schriftli-
che Frage von mir betrifft aus dem Januar
2013, die ich an die Bundesregierung gestellt
habe, wie es denn sich mit der Serienbe-
schaffung zu Euro Hawk verhält, und dazu
habe ich dann noch die Bezüge Nummer 3
und 4, auf die in der Vorlage Bezug genom-
men wird, der Vollständigkeit halber vorge-
legt.

Herr Beemelmans, kann ich fragen, oder
möchten Sie noch lesen?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Unbe-
dingt.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich kann fragen, gut, vielen
Dank. - Es geht mir jetzt erst mal darum: Der
Kollege Hahn hat um einen Sachstands-
bericht im Dezember 2012 gebeten. Es ist
ein Antwortentwurf dann enthalten. In diesem
Antwortentwurf werden Fragen der Zulas-
sung und Fragen der Serienbeschaffung
überhaupt nicht erwähnt. Warum denn nicht?

(Der Zeuge blättert in den
vorgelegten Schriftstücken)

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, dafür müsste ich die Frage
haben, die der Abgeordnete Hahn gestellt
hat. Die habe ich nicht.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Es heißt ja im Vermerk auf der
Seite 25 in unserem Materialordner - ich
zitiere -:

Das Büro von Herrn Florian Hahn,
MdB, bat um einen Sachstand zum
Thema „Global Hawk“. Nach Rück-
sprache wurde gebeten, einen ent-
sprechenden Sachstand zum
Thema „Euro Hawk“ entgegen der
ursprünglichen Bitte vorzulegen.

Ich verstehe zumindest den Teil dieses Ver-
merks so, als dass der Kollege darum gebe-
ten hat, einen Sachstand zu dem Projekt zu
bekommen, und ich würde gerne von Ihnen
wissen, ob nicht dann zu diesem Zeitpunkt

zumindest die Zulassungsproblematik und
eine Prüfung von Alternativen und zumindest
die offene Frage, ob eine Serienbeschaffung
stattfindet, hätten erwähnt werden müssen.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das
weiß ich nicht; das kann ich nur beantworten,
wenn ich weiß, in welche Richtung seine
Frage abzielte. Es kann sein - das ist aber
Spekulation -, dass seine Frage abzielte:
Wann gehen die ersten Flüge endlich los.

(Zuruf von der CDU/CSU: Genau
so war es!)

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Gut. - Dann möchte ich zu mei-
ner schriftlichen Frage kommen. In den Be-
zügen 3 und 4 - - Das sind ja Staatssekre-
tärsvorlagen, wo Alternativen geprüft werden
sollen, wo Herr Staatssekretär Wolf fragt, ob
man einen Vertrag zur Serienbeschaffung
kündigen müsse, ob der schon geschlossen
sei. Im Antwortentwurf an mich und dann
auch in der veröffentlichten Antwort wird
wiederum nicht erwähnt, dass man Alterna-
tiven prüft im Januar 2013, und auch nicht -
ich glaube, das ist Bezug 3 oder Bezug 4 -
eine Äußerung, dass auf Arbeitsebene weit-
gehend - ich zitiere jetzt sinngemäß - Kon-
sens bestehe, dass die Serienbeschaffung
mit extrem hohen Risiken verbunden sei.
Halten Sie das auch vor dem Hintergrund,
dass in der Sprechempfehlung für den Herrn
Minister mit den Haushaltsberichterstattern
der Koalition Thema Zulassung zumindest im
reaktiven Teil erwähnt ist, für eine angemes-
sene und transparente Information des Par-
laments?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, in dem Schreiben wird aus-
drücklich darauf hingewiesen - ich zitiere -:

Der Prozess der Zulassung des
ersten unbemannten Luftfahrzeugs
dieser Größenordnung in Europa
hat sich als deutlich aufwändiger
und zeitintensiver herausgestellt als
erwartet. Dies hat zu Verzögerun-
gen geführt, die sich auch auf die
Planungen zur Beschaffung der
Serieluftfahrzeuge

- da fehlt ein „n“ -

ausgewirkt haben. Eine Entschei-
dung zum weiteren Vorgehen zur

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 919 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 58
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Serienbeschaffung EURO HAWK
wird derzeit erarbeitet.

Das spiegelt den damaligen Bearbeitungs-
stand wider.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Also, ich verstehe Sie richtig,
dass Sie es nicht für angemessen halten,
den Fragesteller darauf hinzuweisen, dass
auch alternative Trägerplattformen geprüft
werden bzw. dass das Ministerium überlegt,
auf eine Serienbeschaffung zu verzichten?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ange-
sichts der Tatsache, dass dazu keine Ent-
scheidung getroffen war, halte ich es für rich-
tig.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Warum war es dann richtig, aus-
weislich zumindest der Sprechempfehlung
des Herrn Ministers aus dem März 2013, die
Abgeordneten der Koalition an dieser Stelle
dann doch weitergehend zu informieren?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich kann
zu dem Gespräch selbst überhaupt nichts
sagen, weil ich nicht teilgenommen habe,
und ich weiß auch nicht, was tatsächlich
dann auch gesprochen oder nicht gespro-
chen wurde.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wir haben ja, die Kollegin Brug-
ger hat das ja auch gefragt, gehört - dazu
gäbe es auch eine Vorlage, die ich Ihnen
vorlegen könnte; Sie haben aber ja auch
bestätigt, dass Sie davon Kenntnis bekom-
men haben -, dass es jetzt bei der Zulassung
von NATO AGS Probleme gibt, was die Do-
kumentation betrifft. Die italienische Seite hat
ausweislich einer Vorlage der Abteilung Poli-
tik Ihres Hauses da auch Dokumente zu-
rückgeschickt. Würden Sie es für geboten
halten angesichts der Transparenz, die der
Herr Minister beim Vorstellen des Berichts
der Ad-hoc- Arbeitsgruppe ja gegenüber dem
Parlament dann jetzt versprochen hat - -
würden Sie das für was halten, was aktiv
gegenüber dem Parlament kommuniziert
werden müsste, dass jetzt bei NATO AGS
anscheinend Dokumentationsprobleme die
Zulassung betreffend auftreten?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Wir ha-
ben, soweit ich weiß - aber, wie gesagt, nur

das, was ich als Wissen habe oder als Wis-
sen aufgegriffen habe -, von den Italienern so
etwas gehört. Wir wissen nicht, wie der Be-
arbeitungsstand ist; wir wissen auch nicht,
welche Qualität diese Probleme haben, wie
umfangreich die sind. Ich glaube, dass es
verfrüht wäre, darüber zu informieren, weil
ich nicht weiß, auf welchem Wege die Italie-
ner sich derzeit bewegen, was die Zulassung
anbelangt, ob es da auf einem kritischen
Pfad ist oder nur, dass sie jetzt Nachforde-
rungen haben und auf die Erfüllung ihrer
Nachforderungen warten.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Vielen Dank.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Staatssekretär, bevor ich die nächste
Runde eröffne, will ich Sie erst mal fragen,
ob sie eine kleine Pause brauchen. Dann
mache ich nämlich fünf Minuten Pause.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich habe
nichts dagegen, gegen fünf Minuten Pause.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut, dann machen wir jetzt fünf Minuten
Pause. Wir fahren fünf nach halb eins dann
fort.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Gerne.
(Unterbrechung von
12.29 bis 12.36 Uhr)

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröff-
net.

Ich gebe das Wort der CDU/CSU-Frak-
tion. - Da ist kein Bedarf. Dann gebe ich das
Wort der SPD-Fraktion. Kollege Bartels.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Herr
Staatssekretär, ist es für Sie eine Aufgabe
gewesen, haben Sie es so verstanden, Rüs-
tungsthemen eigenverantwortlich zu be-
arbeiten, sodass der Minister sich nicht damit
beschäftigen muss?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich habe
es als meine Aufgabe betrachtet, Rüstungs-
themen so zu bearbeiten, dass, wenn die
Befassung des Ministers erforderlich ist, die
Sachen so gut aufbereitet sind, dass er seine
Entscheidung dann darauf treffen kann, ja.

Drucksache 17/14650 – 920 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 59
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber erst,
wenn sozusagen eine abschließende Ent-
scheidung zu treffen ist?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Erst,
wenn es sauber aufbereitet ist, ja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das sieht
der Minister aber heute anders?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Der
Minister sieht das sicherlich so, dass er die
Sachen gut aufbereitet haben möchte, und er
hat zu verstehen - - Er hat gesagt, dass er
sich mehr Informationen gewünscht hätte,
und das ist so.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Kann
man das operationalisieren, also sozusa-
gen - -

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das
kann man.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Was hät-
ten Sie tun müssen?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich hätte
ihm wahrscheinlich die Vorlage des
20.10.2012 zeigen müssen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD):
20.10.2012 - ja, das ist spät. - Sie haben ja in
diesem Dokument, das dem Kabinett am
8. Mai, nein, am 10. Mai vorlag zur Neuauf-
stellung, nein, zur Reform der Bundeswehr
mit den 30 Hauptwaffensystemen der Bun-
deswehr, sogar zweimal den Global Hawk
drinstehen, also die Plattform, die zu zertifi-
zieren in Deutschland so schwierig ist, nicht
nur den Global Hawk in der Euro-Hawk-Ver-
sion, sondern auch den Global Hawk in der
IMINT-Version. Wir haben alle mal gefragt,
die hier so vorbeigekommen sind, ob sie von
dem IMINT-Projekt etwas gehört haben; aber
eigentlich kennt das niemand. Wer hat das
denn eigentlich verfolgt? Also, da steht es ja
drin.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Soviel
ich weiß, ist das IMINT-Projekt Teil des
NATO-Projektes AGS im Sinne einer, soviel
ich weiß - ich sage vielleicht etwas Fal-
sches -, Beistellung, die Deutschland in Aus-
sicht gestellt hat als etwas, was Deutschland
beschaffen würde und in Zukunft beistellen

würde oder zur Verfügung stellen würde für
eine NATO-Fähigkeit. So habe ich den
Sachverhalt verstanden, aber nicht etwas,
was wir tatsächlich konkret in der Beschaf-
fung haben, sondern etwas, was wir politisch
in den Raum gestellt haben und in Aussicht
gestellt haben.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): In dieser
gleichen Liste gibt es ja auch die Flotten-
dienstboote als wichtige Waffensysteme. Die
sind mal zur Ausmusterung vorgesehen
gewesen und auf wundersame Weise 2011
wieder in die Flottenplanung reingekommen.

MR Andreas Conradi (BMVg): Frau Vor-
sitzende, die Flottendienstboote sind, glaube
ich, nicht Gegenstand der Untersuchung.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Na ja - -

(Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Erst mal die Frage
stellen lassen!)

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Die Flot-
tendienstboote sind die Horchboote der Ma-
rine mit der gleichen Aufgabe, wie sie die
Luftwaffe mit den SIGINT-Euro-Hawks erfül-
len soll. Also, es ist eine SIGINT-Aufgabe.
Sozusagen der Zusammenhang ergibt sich,
glaube ich, unmittelbar. Die Außerdienst-
stellung - nach meiner Information - war vor-
gesehen, weil eine andere, bessere Fähigkeit
jetzt kommt, die das mit abdecken kann.
2011 sind sie wieder reingekommen in die
Flottenplanung. Waren Sie beteiligt an dieser
Entscheidung?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, soviel ich weiß, sind erstens
die Flottendienstboote nicht auf dieser gro-
ßen Liste drauf. Zweitens - -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber in
der Flottenplanung sind sie drin.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja, in
der Hauptwaffenplanung, in der Planung sind
sie drin. Sie sind aber nicht die struktur-
bestimmenden Waffensysteme, gehören
nicht zu den strukturbestimmenden Waffen-
systemen der Bundeswehr entsprechend
dieser Liste.

Ob ich beteiligt war an der Entscheidung
der Verlängerung der Flottendienstboote, das

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 921 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 60
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

kann ich Ihnen jetzt nicht sagen, das habe
ich nicht in Erinnerung. Tatsächlich ist es
aber so - wenn ich mich richtig erinnere, ha-
ben Sie den Zusammenhang hergestellt, und
er wurde dann auch veröffentlicht, und wir
haben dazu auch, glaube ich, eine Anfrage
beantworten dürfen -, dass es sich hier um
unterschiedliche Fähigkeiten handelt. Sie
haben zwar beide SIGINT in der Fähigkeit,
im Titel drin; aber es handelt sich um unter-
schiedliche Fähigkeiten, weshalb es keinen
Konnex dergestalt gibt, dass, wenn wir die
Drohnen hätten, wir auf die Flottendienst-
boote verzichten würden, sondern es ist,
wenn ich das richtig in Erinnerung habe, die
Lesart des Generalinspekteurs, dass wir
beides brauchen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber der
Generalinspekteur - ich habe danach gefragt,
als wir ihn hier hatten - Schneiderhan, der
damals Generalinspekteur war, hat diesen
Zusammenhang auch erinnern können, und
jedenfalls zeitlich ergibt es sich so.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Aber ich
erinnere mich daran, weil ich von unserem
Generalinspekteur, dem jetzigen, weiß, dass
wir beides getrennt voneinander wollten, sich
also der Zusammenhang wiederum so nicht
stellt: nicht das eine, weil das andere nicht,
oder das eine, wenn das andere wohl oder
wie auch immer, sondern beide.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Noch mal
zu der Alternative. Das Gutachten, das Sie
selbst ja nicht gelesen haben, das unter-
sucht, welche Alternativen möglich sind,
enthält an der Stelle FEMALE, also das von
Ihnen ja immer diskutierte - da haben Sie
sich ja viel mit beschäftigt in Ihrer Amtszeit -

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): - Projekt
einer EADS-Drohne, eine Bewertung, die im
Unterauftrag der Firma Cassidian gegeben
worden ist; so steht es in dem Gutachten.
Halten Sie es für normal, dass eine Firma
sozusagen ihr eigenes Projekt begutachtet? -
Sie kommt zu dem Schluss, dass es gut ge-
eignet ist.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich weiß
nicht, auf welcher Basis man FEMALE an-
ders betrachten könnte als auf der Basis von

entsprechenden Papieren von Cassidian,
weil es FEMALE schlicht und ergreifend nicht
gibt.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja, nur,
sie haben es selbst betrachtet.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Sie ha-
ben es selbst betrachtet, weil sie möglicher-
weise einen Hinweis bekommen haben.
Möglicherweise hat man FEMALE betrachtet
oder betrachten lassen, weil wir natürlich
über das Thema auch deshalb intensiv
nachdenken, weil wir über die denkbaren
Einsatzszenarien eines solchen Drohnen-
systems auch nachdenken und wir dann die
IABG gebeten haben - so könnte ich mir das
vorstellen -, das auch mit zu betrachten. Aber
ich habe dazu keine eigenen Erkenntnisse.
Wie gesagt - ich habe es vorhin gesagt -, ich
habe mich gewundert, dass FEMALE mit
betrachtet wird. Aber da ich selbst angewie-
sen habe, dass eine völlig ergebnis-, pro-
dukt- und markenunabhängige Untersuchung
erfolgt, kann auch ein zukünftiges Projekt mit
betrachtet werden.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sie müs-
sen sich nicht an alle Unterlagen erinnern,
die Sie gesehen oder gezeichnet haben.

Noch mal zurück zu der Entscheidung
des Rüstungsabteilungsleiters vom 26. No-
vember 2011 - das ist eine wichtige Ent-
scheidung -, nicht einzusteigen in die Serien-
beschaffung. Das ist sozusagen eine Neu-
bewertung des Projekts, wenn man so will,
die der Rechnungshof ja gefordert hat. Das
ist nicht bei Ihnen angekommen - richtig? -
zu dem Zeitpunkt.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Der
zweite Teil ist richtig: dass es nicht bei mir
angekommen ist.

Der erste Teil ist meines Erachtens nicht
richtig, Herr Abgeordneter. Das ist nicht eine
Neubewertung des Projektes, sondern Herr
Selhausen hat sich in dem Augenblick ge-
dacht: Ich habe die Botschaft der Staats-
sekretäre verstanden. Bevor ich mich mit
denen über Kostenschätzungen streite und
neue Kostenschätzungen in Auftrag gebe
und dergleichen mehr, schließe ich erst mal
die erste Phase ab. Die Botschaft habe ich
verstanden.

Drucksache 17/14650 – 922 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 61
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber Sie
hätten das wissen müssen?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Also, ich
hätte das sicherlich auch gern gewusst.
Wenn er mir gesagt hätte: „Ich werde deine
Fragen nicht beantworten, weil ich die Frage
zurückziehe, die Grundfrage zurückziehe“,
wäre das auch gut gewesen. Das hat er auch
getan, am 12.09.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja, fast
ein Jahr später; okay.

Also, ich fasse mal so kurz zusammen:
Herr Selhausen hat sich bei uns beschwert
im Ausschuss oder eben kritisiert, dass er
nicht informiert worden ist über die Aufgabe
des Ziels der Musterzulassung im Jahr 2010,
Februar 2010, durch den Projektleiter Herrn
Knöpfel. Sie, Herr Beemelmans, sagen - und
kritisieren das -, Sie haben keine Information
von Herrn Selhausen bekommen über den
Stopp des Serieneinstiegs im November
2011, und sagen - -

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein,
Herr Abgeordneter, ich habe nicht gesagt,
dass ich das kritisiere. Ich kritisiere das nicht;
denn wenn einer von mir etwas will und er
bekommt es zurück mit Fragen, dann hat er
es in der Hand, ob er das, was er will, von
mir auch kriegt; er muss nur die Fragen be-
antworten. Wenn er die Fragen nicht beant-
wortet, gehe ich davon aus, dass er es nicht
will. Von daher kritisiere ich das nicht.

Herr Selhausen hat für sich das Projekt
abgeschlossen. Ich könnte mir gut vorstellen,
dass die Tatsache, dass es ein Jahr später
storniert wurde, damit zusammenhängt, dass
irgendeine elektronische Wiedervorlage
schon zum fünfzigsten Mal blinkte - Staats-
sekretärsvorlage, bitte erledigen - und man
gesagt hat: Wir müssen endlich mal diesen
Blinker abschalten und den Auftrag stornie-
ren. - Aber ich habe Herrn Selhausen nicht
kritisiert.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Okay, Sie
kritisieren das nicht; aber Sie sind nicht in-
formiert worden von Herrn Selhausen zum
Stopp des Serieneinstiegs im November
2011, und Herr de Maizière kritisiert - -

Zeuge Stéphane Beemelmans: Zum
Stopp des Ansinnens, Herr Abgeordneter -
ich muss noch mal korrigieren -, in die Ver-

tragsverhandlungen einzusteigen zur Vorbe-
reitung der Serienbeschaffung. Er wollte die
Erlaubnis haben, jetzt mit Northrop - - mit der
EuroHawk GmbH Verhandlungen aufzuneh-
men mit dem Ziel, 25-Mio.-Vorlagen zu ma-
chen, die ihm dann erlauben würden, die
Langläuferteile zu beschaffen, und dann
weitere Verhandlungen aufzunehmen mit
dem Ziel, -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das ist
schon klar, ja.

Zeuge Stéphane Beemelmans: - eine
25-Mio.-Vorlage über die Beschaffung der
Serie zu machen. Diese Erlaubnis hat er
nicht bekommen, und er hat intern entschie-
den, dass er auch nicht mehr weiter daran
arbeitet.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ist schon
klar. Es ging um den Einstieg in die Serien-
beschaffung.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Genau
so ist es.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Da sind
wir ja einig. Also, November 2011: Entschei-
dung, nicht in die Serie einzusteigen, ent-
schieden durch den Rüstungsabteilungsleiter
und realisiert - -

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein,
Herr Abgeordneter, es tut mir leid: Entschei-
dung, nicht die Vorbereitungshandlungen
zum Einstieg - - denn der Einstieg hätte hier
im Ausschuss erst genehmigt werden müs-
sen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das ist
schon klar, ja. Aber auf der Ebene muss es
ja losgehen. Wir beschließen es ja nicht aus
eigener Vollkommenheit. Und Herr de Mai-
zière - wenn Sie mich sozusagen diesen
Dreischritt machen lassen - beschwert sich
nun wiederum, dass Sie ihn nicht hinreichend
informiert haben. Also, Selhausen ist durch
Knöpfel nicht informiert worden über 2010,
Sie nicht durch Selhausen über 2011 - Sie
kritisieren das nicht -, und de Maizière ist
nicht informiert worden über was auch immer
wann auch immer, aber jedenfalls durch Sie.
Ist das für Rüstungsprojekte eigentlich üb-
lich?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 923 – Drucksache 17/14650

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Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein,
Herr Abgeordneter, das ist nicht üblich. Ich
habe vorhin gesagt: Wir haben 1 200 Rüs-
tungsprojekte. Wenn wir jede Veränderung in
einem Rüstungsprojekt bis nach oben durch-
kommunizieren würden, würde der Minister
geschätzt 400 Mitteilungen in der Woche
bekommen, weil zu jedem dritten dieser
Projekte eine Mitteilung dieser Art kommen
würde. Das kann nicht Aufgabe sein, son-
dern das ist - - Der Abgeordnete Spatz hatte
das, glaube ich, gefragt, die Frage, ob es
eine neue Kultur der Verantwortung geben
solle. Es muss das Relevante kommuniziert
werden, und das Relevante ist in der Tat in
dem Punkt von Herrn Knöpfel an Herrn Sel-
hausen nicht kommuniziert worden, und der
Minister hat gesagt, dass ihm Relevantes
von mir nicht kommuniziert wurde. Den Vor-
wurf ziehe ich mir an. Das ist aber nicht
typisch für Rüstungsprojekte. Ich möchte
daraus nicht ableiten, dass der Rüstungs-
sektor irgendwie unter Kommunikationsdefi-
ziten leidet. Das ist nicht so.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Herr Sel-
hausen hat angegeben - ich zitiere mal aus
seiner Befragung - Protokoll, Seite 82 -:

... wenn sich ein Thema für mich
ergibt, dann lasse ich mir einen
Termin bei Staatssekretär Beemel-
mans geben, den ich regelmäßig
kurzfristig erhalte, um ihn dann
mündlich zu informieren über Sach-
verhalte, die er wissen muss.

Zeuge Stéphane Beemelmans: So ist es
auch richtig.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das
heißt, das ist eine kollegiale Zusammen-
arbeit. Es war kein Problem in der Zusam-
menarbeit, sondern Sie haben so zusam-
mengearbeitet, nur an dieser Stelle nicht?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Wir ha-
ben so zusammengearbeitet. Herr Selhausen
hat wie alle meine Abteilungsleiter, die mir
unmittelbar unterstellt sind, einen Anspruch
darauf, mit mir zu reden oder mit mir reden
zu können. Wenn Herr Selhausen anruft, ist
es eine Frage von Tagen, dass er einen
Termin bekommt, und eine Frage von Stun-
den, dass er ein Telefonat bekommt - maxi-
mal Stunden.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): War Herr
Selhausen jemand, der den Minister über
Drohnen - - Also, der Minister hat ja viel über
Drohnen gesprochen. Es gab Bundestags-
reden, es gab Reden an anderer Stelle zur
Zukunftsfähigkeit der Luftwaffe, zu Kampf-
drohnen im Besonderen. Wie hat sich der
Minister darüber informiert? Also, hat Herr
Selhausen dabei eine Rolle gespielt, haben
Sie dabei eine Rolle gespielt?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Wir ha-
ben alle dabei eine Rolle gespielt; denn das
Thema Drohnen ist nicht nur in der Bundes-
wehr, sondern überhaupt in der Öffentlichkeit
und unter unseren Partnern ein großes
Thema. Das ist überall dort ein Thema, wo
man in Sicherheitskreisen unterwegs ist. Da
gibt es eine Vielzahl von Tagungen, Sympo-
sien, Runden, in denen dieses Thema ange-
sprochen wird. Da gibt es eine Vielzahl von
Informationsquellen, von Eigenrecherche
über Informationen von den verschiedenen
Abteilungen. Ich kann das jetzt nicht zuord-
nen, wer und wann wie. Ich gehe aber davon
aus, dass jeder, der in irgendeiner Form mit
Rüstungsvorhaben zu tun hat - und das sind
viele in unserem Hause -, an irgendeiner
Stelle an den Minister zu dem Thema Infor-
mationen weitergetragen hat zu irgendeinem
Zeitpunkt - ohne Zweifel.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So, ich frage die FDP. - Keine weiteren Fra-
gen. - Dann kommt die Linke. Kollege
Schäfer.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Danke,
Frau Vorsitzende. - Herr Staatssekretär
Beemelmans, ich will auch über die Zukunft
reden, genauer gesagt über die Konsequen-
zen der Regierungsentscheidung vom Mai
dieses Jahres. Was passiert denn jetzt mit
dem Full Scale Demonstrator? Also, wir ha-
ben ja viele Drohnen - zu viele -, die vom
Himmel fliegen. Aber der fliegt ja, der Flug-
körper.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, das ist Gegenstand der Un-
tersuchung. Der gehört uns, und es wird Teil
der Untersuchung sein, was wir aus ihm ma-
chen.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Also,
Sie müssen ihn auch vertraglich überneh-

Drucksache 17/14650 – 924 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 63
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

men, wenn diese Probeflüge jetzt erfolgreich
gelaufen sind?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja, es
ist Gegenstand unserer Untersuchung, was
wir damit machen.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Nun
haben Sie ja die weitere Nutzung kategorisch
ausgeschlossen; den Punkt 4 haben Sie ja
nicht übernommen. Da frage ich mich schon:
Was kann denn damit geschehen, außer
dass er deponiert wird in Manching? Oder
wollen Sie ihn verkaufen?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, ich habe den Punkt 4 abge-
lehnt, so wie er vorgeschlagen wurde, in
diesem isolierten Kontext. Ich habe gesagt:
Wir beschaffen nicht, die Serie nicht, also
vier weitere nicht, und behalten den einen
und betreiben den einen, weil das nicht wirt-
schaftlich wäre und weil das den Aufwand
nicht lohnt, sondern wenn wir etwas anderes
nehmen, eine alternative Plattform, investie-
ren wir all unsere Kraft in die alternative
Plattform.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Ja,
aber das ist immer noch keine Antwort auf
die Frage: Was soll denn jetzt mit diesem
Flugkörper passieren?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Die
Antwort habe ich Ihnen schon gegeben, Herr
Abgeordneter: Das ist Gegenstand der Un-
tersuchung.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Aber
eine weitere Nutzung, sozusagen auch mis-
sionsbedingt, käme nicht in Betracht, oder
doch?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das ist
Gegenstand der Untersuchung. Es ist nicht
ausgeschlossen, es ist aber auch nicht fest-
gelegt.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Weil
Sie haben sich ja bezogen auf die Frage
Zulassung, und die Heron fliegt ja auch mit
Vorläufiger Verkehrszulassung. Das wäre
also durchaus möglich?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Genau
so ist es. Nur, die Heron fliegt im Einsatz.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Ja, und
könnte dieser Global/Euro Hawk nicht dafür
verwandt werden?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das ist
Gegenstand der Untersuchung. Dem will ich
nicht vorgreifen. Ich bin dafür auch nicht
derjenige, der das zu entscheiden hätte,
sondern das muss dann derjenige, der die
Fähigkeit dann besitzt, machen; das muss
auch die Luftwaffe und der Generalinspek-
teur entscheiden.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Nun
haben Sie hier im Verteidigungsausschuss
auch vorgetragen, diese Ihre Entscheidung
sei natürlich Ergebnis einer Güterabwägung.
Das ist klar; Kosten-Nutzen-Vergleich, auch
was jetzt dieser Einstieg in die Serie bedeu-
tet: ja oder nein? Es ist aber immer auch
verknüpft gewesen mit der Frage: Was
kommt danach? Was hätte man, wenn man
also die Entscheidung trifft, nicht in die Serie
einzusteigen? Was kommt danach? Das
heißt, das ist Bestandteil dieses Packages.

Dann frage ich Sie: Was haben Sie sich
denn da bislang vorlegen lassen? Sie haben
sich auf die IABG-Studie bezogen. Wenn ich
es richtig sehe, ist das eine technische
Machbarkeitsstudie, dass man sagt: Es geht,
also ISIS geht bei anderen Plattformen. Ha-
ben Sie sonst noch weitere Studien da in
Auftrag gegeben, ausgelöst, sich vorlegen
lassen? Oder bezieht sich Ihre Güterabwä-
gung in diesem Punkt ausschließlich darauf,
dass Sie sagen: „Es geht“?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, der Gegenstand der Vorlagen
war: Unter Abwägung aller Kostenrisiken und
der Zulassungsrisiken, die zwar bepreist
sind, aber wo man sich natürlich dann auch
fragen kann: „Werden die 600 Millionen am
Ende stimmen?“, schlagen wir vor, einge-
denk der Tatsache, dass wir über eine Studie
überprüft haben, dass es alternative Platt-
formen im Kostenrahmen gibt, von der Serie
abzusehen. - Und das ist genau der Punkt.
Also, es ist eine, wenn Sie so wollen, ge-
mischte Güterabwägung, die sich darauf
stützt, dass es eine Alternative gibt. Wenn es
diese Alternative nicht gegeben hätte, wäre
die Entscheidung wahrscheinlich anders
ausgefallen. Dadurch aber, dass Gegenstand
der Vorlage ausdrücklich war: „Es gibt Alter-
nativen“ - das haben wir schon genau so, wie
Sie es gemacht haben, im Sinne einer

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 925 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 64
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Machbarkeitsstudie vorläufig untersucht oder
untersuchen lassen -, können wir guten Ge-
wissens nicht beschaffen, weil wir etwas
anderes bekommen können, und dann spa-
ren wir uns die Mehrkosten.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Aber
diese alternative Beschaffung im Kostenrah-
men, worauf stützen Sie sich an der Stelle?
Es geht nicht um die technische Machbarkeit,
sondern „im Kostenrahmen“.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Die Al-
ternative im Kostenrahmen ist genau Gegen-
stand der Vorlage; genau so ist es dargelegt
worden. Das ist ein zusammenhängender
Satz. Ich könnte den zitieren, nur würde ich
dann nach der MAT-Nummer gefragt wer-
den, und die habe ich nicht. Ich habe nur
meine eigene Registratur hier.

(Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie werden nicht nach
der MAT-Nummer gefragt!)

Aber da steht in einem Satz so drin, dass
im vorgesehenen Kostenrahmen eine alter-
native Plattform möglich ist.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): In die-
sem Rahmen gibt es ja sozusagen das Do-
kument von EADS/Cassidian. Halten Sie es
für Zufall, dass dort dieses Projekt MALE
vorgeschlagen wird mit einem Kostenrahmen
von 750 Millionen und gleichzeitig von Ihnen
und anderen immer auch vertreten wird: „Wir
haben ja 675 Millionen Euro freie Planmittel,
die wir dann alternativ einsetzen können“?
Halten Sie das für Zufall?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich ver-
traue da auf keine Zufälle. Ich würde auch für
das Projekt FEMALE keine 750 Millionen
glauben.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Aber
das ist doch die einzige Zahl, die dort in
Rede ist -

Zeuge Stéphane Beemelmans: Deshalb
habe ich hier auch - -

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): - im
Kostenrahmen. Das ist die einzige Zahl, die
ich bei den Unterlagen gefunden habe, dass
diese Firma selber sagt: 750 Millionen für
FEMALE.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, ich habe vorhin auch schon
meine Zweifel daran geäußert, dass das
Projekt dasjenige wäre, was im Kostenrah-
men sein könnte. Der Vorläufer von FEMALE
sollte bestenfalls anderthalb Milliarden kos-
ten. Wenn der Nachfolger des Vorläufers
irgendwie die Hälfte kostet, würde mich das
extrem wundern, und es ist in der Tat dann
nicht im Kostenrahmen.

Ich halte das weder für einen Zufall noch
für keinen Zufall. Ich kann das nicht zuord-
nen zu dem Thema. Ich habe meine Zweifel,
dass das eine realistische Alternative ist.
Andererseits habe ich gesagt: Es wird jede
Alternative untersucht. - Es würde mich nur
schwer wundern, dass diese Alternative
tatsächlich im Kostenrahmen ist. Das hätte
ich Mühe zu glauben.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Ich
lese das in dem Bericht der Ad-hoc-Arbeits-
gruppe aber ein bisschen anders. MAT 8*,
dort steht:

Auswirkungen auf MALE Überbrü-
ckungslösung

Da steht:

... MALE-Komponente ... Zu dem
Zeitpunkt waren keine geeigneten
Systeme marktverfügbar.

Dann heißt es:

Derzeit werden für die MALE UAS
Überbrückungslösung verfügbare
Systeme untersucht und Lösungs-
vorschläge erarbeitet.

Welches sind denn die verfügbaren Sys-
teme, die untersucht werden sollten oder
worden sind?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, das betrifft aber wiederum
nicht den Euro Hawk. Das betrifft die Nach-
folge Heron. Die verfügbaren Systeme, die
es zurzeit gibt, sind jedenfalls - wie soll ich
sagen? - in unserem Einzugsbereich der
Heron TP und die Predatoren.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Aber
Sie würden auch sagen: „FEMALE ist kein -
auch auf absehbare Zeit kein - verfügbares
System“?

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3, Ord-
ner 1, Blatt 64.

Drucksache 17/14650 – 926 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 65
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Stéphane Beemelmans:
FEMALE ist kein verfügbares System.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Okay.
Aber es ist sozusagen in diesem Package
mit dabei. Dass es untersucht worden ist, ist
ja auch interessant.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich habe
zugegeben, dass ich die Studie nicht gese-
hen habe, und ich habe auch meine Zweifel
daran, dass FEMALE jetzt - also unter dem
Gesichtspunkt „verfügbar“ - das Richtige
wäre, weil ich weiß, dass FEMALE nicht
existent ist, dass es Projektskizzen dazu gibt.
Aber ich habe auch gleichzeitig klargestellt:
Ich bin für eine absolut ergebnisoffene Un-
tersuchung. Aber da wird FEMALE natürlich
in die Untersuchung einfließen mit „verfügbar
ab 2023 - voraussichtlich“. Das ist ein Punkt,
der in der Gesamtabwägung zu betrachten
ist.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So, ich gebe jetzt Bündnis 90/Die Grünen
das Wort. Wer will? - Frau Kollegin Keul.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Dann will ich da gleich mal weitermachen,
Herr Beemelmans. Also, Sie haben uns ja
vorhin geschildert, dass Sie immer darauf
gedrängt haben, es möge ein Lösungsvor-
schlag erarbeitet werden, bevor Sie es vor-
legen, also auch Ende 2012 noch mal Druck
gemacht haben: Es müssen jetzt hier ir-
gendwie die Alternativen und die Lösungen
geprüft werden. - Dann wird das geprüft, und
das BAAINBw gibt etwas in Auftrag, und es
legt dann auch noch im März, sozusagen
auch binnen der von Ihnen gesetzten Frist,
ein Gutachten vor, was zu dem Ergebnis
kommt, dass FEMALE die geeignete Platt-
form für den Euro Hawk ist, und Sie wissen
das nicht, es ist Ihnen nicht vorgelegt wor-
den? Also, Sie haben vorhin gesagt, Sie
hätten das aus der Zeitung erfahren. Wie
kann das sein? Empört Sie das nicht, dass,
wenn Sie die ganze Zeit darauf drängen,
dass Ihnen das vorgelegt, dass das erstellt
wird, Sie dann in Unkenntnis gelassen
werden?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Frau
Abgeordnete, in den Vorlagen, die ich be-
kommen habe, steht drin, dass es Alterna-
tiven gibt im Kostenrahmen. Ich kann mir

schlicht nicht vorstellen, dass FEMALE das
ist - denn das ist nicht im Kostenrahmen
darstellbar -, und ich glaube auch nicht - -
Und in den Gesprächen, die ich geführt habe
zu dem Thema, war FEMALE nie ein Grund -
ich habe das tatsächlich vor ein paar Tagen
in der Zeitung gehört -, sondern man hat mir
immer erzählt davon, dass man - - oder wir
haben immer über den A319 gesprochen,
über andere Luftfahrzeuge, also bemannte
Luftfahrzeuge. Im Ausschuss war Thema, ob
man nicht den anderen Global Hawk Block
40, sofern er in der Dokumentation besser
verfügbar ist, nimmt. Aber FEMALE habe ich
in der Tat erst vor ein paar Tagen in der Zei-
tung gelesen, und ich kann mir nicht wirklich
vorstellen, dass das der Vorschlag ist.

Im Übrigen: Ich warte noch auf den Vor-
schlag. Es ist so, wie der Abgeordnete
Schäfer gesagt hat: Das ist mehr so eine
technische Machbarkeitsstudie. - Aber
wenn - - Nein, ich will nicht spekulieren, weil
ich sie nicht gelesen habe. Ich beende das.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also, Sie kennen diese Studie bis heute,
auch jetzt in diesem Moment, gar nicht? Ver-
stehe ich Sie richtig?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das ist
mir ja gestern Abend im Bett leider eingefal-
len, dass ich sie nicht kenne, ja.

(Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Und was haben Sie
dann gemacht?)

- Ich habe mich umgedreht, Herr Abgeord-
neter.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Dann würde ich doch dem Zeugen die Gele-
genheit geben - dann doch dringend, da wir
dauernd davon sprechen -, sie jetzt zur
Kenntnis zu nehmen, und sie ihm vorlegen,
wenn die Zeit auf der Stoppuhr angehalten
wird.

(Markus Grübel (CDU/CSU): Die ist
aber sehr umfangreich!)

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja,
ich - -

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Nein, es gibt eine ganz schlanke Zusam-
menfassung.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 927 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 66
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Zeuge Stéphane Beemelmans: Frau
Abgeordnete, ich - - Noch mal: Aus meiner
Sicht kommt es darauf an, dass wir eine Un-
tersuchung des Hauses erbeten haben, und
diese Untersuchung des Hauses - und das
ist auch vom Minister im Verteidigungsaus-
schuss angekündigt worden - ist für Ende
des Jahres terminiert. Die soll abwägen, die
Lösung, die wir dann tatsächlich vorschlagen
wollen, zu beschaffen, und diese wird abge-
wogen nach allen Regeln der Kunst. Da wird
die Studie ein Gegenstand sein. Aber zu der
Studie werden auch Meinungen der Luft-
waffe, Meinungen der AIN, Meinungen der
Planung, Meinungen der Führung Streit-
kräfte, die Meinung des Generalinspekteurs -
vielleicht werde ich gefragt - dann einfließen,
um zu sagen: Was ist unter Abwägung aller
Bedingungen die Lösung, die wir dem Par-
lament vorschlagen wollen? Da ist die Studie
ein Element. Aber sie ist ein Zwischenschritt,
der zur Stützung des Vorgangs, der voriges
Jahr passiert ist, wo die Abteilung SE sich
nach Alternativen und nach Zwischenalter-
nativen erkundigt hat, in Auftrag gegeben
worden ist. Sie ist aber nicht die Grundlage
der Entscheidung, die wir Ende des Jahres
treffen werden.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also, wer hätte Ihnen das denn vorlegen
müssen? Herr Stein als Präsident des - - und
Auftraggeber hier? Oder wer wäre derjenige
gewesen, der hätte sagen müssen: „Hier,
das braucht der Staatssekretär für seine
Vorlage“?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Frau
Abgeordnete, die Studie ist - davon gehe ich
aus - getreulich in ihrem Wesensgehalt zu-
sammengefasst in dieser einen Ziffer, die ich
jetzt zitiert habe, ein paarmal zitiert habe, mit
genau dem Tenor, den Herr Abgeordneter
Schäfer genannt hat, dass es nämlich um die
technische Machbarkeit geht, und das ist da
zusammengefasst. Da keinerlei Entschei-
dung getroffen wurde, außer dass es stützt
die Entscheidung, ihn nicht zu beschaffen,
muss ich auf das Ergebnis der Studie nicht
näher eingehen, weil die Studie wiederum
keine Beschaffungsentscheidung macht. Sie
hat nur gestützt die Entscheidung der Nicht-
beschaffung des Euro Hawk, die im Übrigen
auf der Basis einer Vielzahl auch anderer
Gründe getroffen wurde.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, gut; aber wir sind uns im Klaren darüber,
dass eine alternative Plattform hier die
Schlüsselfrage ist für die weitere Nutzung der
SIGINT?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ohne
Zweifel.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ohne Zweifel. - Ich habe noch mal ein paar
Fragen zu der Vorlage, die Ihnen vorhin ge-
macht worden ist - ich glaube, von der SPD -,
vom 25. September 2012 - ich glaube, das
liegt Ihnen noch vor -, -

Zeuge Stéphane Beemelmans: Leider
wieder einkassiert.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
- wo angekündigt wird, dass Herr Gerwert
sich für Ihren Einsatz für FEMALE bedanken
wird. Das habe ich noch nicht ganz verstan-
den. Können Sie noch mal darlegen: Was
genau ist Ihr Einsatz für FEMALE gewesen,
für den man sich hätte bedanken können?
Also, es heißt ja wörtlich: „persönlich für die
Unterstützung“ beim FEMALE-Projekt. Was
ist das für eine Unterstützung bis dahin ge-
wesen?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das ist
das genau, weshalb es ein Jahr vorher ge-
genteilige Gespräche über meine Unterstüt-
zung gab zum Thema Talarion. Ich habe von
Anfang an gesagt, dass das Thema Talarion
nicht Erfolg versprechend ist in der Konstruk-
tion, in der es ist, und habe von Anfang an
gesagt: Wir müssen, wenn wir ein solches
Projekt machen, ein europäisches Projekt
bauen. - FEMALE ist an sich das europäi-
sche Projekt. Es ist nicht der Talarion, son-
dern es ist etwas Vergleichbares, aber nicht
abgestützt nur auf ein oder zwei Partner, die
wir bislang hatten, sondern abgestützt auf die
relevanten Partner in Europa. Und dafür
habe ich mich - dazu habe ich auch im Ver-
teidigungsausschuss berichtet - intensiv seit
meinem Amtsantritt eingesetzt, weil ich ver-
hindern wollte, dass wir erneut zu einer
„Frontenstellung“ - in Anführungszeichen -
kommen, wie wir sie zwischen dem Euro-
fighter und dem Rafale haben. Genau das
war mein Bestreben, und deshalb habe ich
gesagt: Wir machen kein Projekt, was so
wahrgenommen wird, als ob es zwingend

Drucksache 17/14650 – 928 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 67
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

dann ein zweites Parallelprojekt geben muss,
sondern wir versuchen, ein gemeinsames
Projekt zu machen. - Und deshalb hat - -

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also, wenn ich Sie jetzt an der Stelle unter-
brechen darf: Also, im Prinzip, technisch und
von den Fähigkeiten usw., sind Talarion und
FEMALE eigentlich das Gleiche, nur dass -

Zeuge Stéphane Beemelmans: Kann
sein.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
- die europäischen Staaten, die sich daran
beteiligen, andere sind.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Kann
sein, muss aber nicht sein; aber es ist ähn-
lich. Das ist die Plattform MALE. Das ist das,
was in Europa zurzeit nichteuropäisch exis-
tiert. Denn alle europäischen Staaten, die in
der Kategorie etwas haben, haben entweder
israelische Drohnen oder amerikanische
Drohnen, also umgewandelte Heronen oder
Predatoren. In dieser Kategorie wie auch in
den höheren Kategorien ist Europa bislang
technisch nicht vertreten. Die großen euro-
päischen - - und Rüstungsunternehmen,
Luftfahrtunternehmen möchten gerne in
diese Kategorie wieder einsteigen. Das war
das Projekt Talarion. Dazu gab es Parallel-
projekte in Frankreich. Und ich habe von
Anfang an gesagt, dass ich anstrebe, dass
wir keinen - - nicht wieder zwei Projekte ma-
chen, weil ich das für einen ruinösen und
keinen - -

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also, wenn das - - Dann ist - - Habe ich das
richtig verstanden? Bei FEMALE ist sozusa-
gen Talarion plus Frankreich im Boot?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Plus
Frankreich plus Italien plus Spanien plus
England, wenn die Lust haben, plus jeder,
aber unter Ausschluss eines Konkurrenz-
projektes in Europa.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut. - Jetzt frage ich die CDU/CSU. - Nein.
Die SPD? - Kollege Arnold.

Rainer Arnold (SPD): Herr Staatssekre-
tär, eins verstehe ich jetzt nicht: Sie sagten
mir, Sie glauben zunächst mal Ihrer Vorlage,

dass der Kostenrahmen bei einer Alternative
einzuhalten ist - zitiere ich richtig sinn-
gemäß? -, und gleichzeitig sagen Sie aber,
Sie glauben nicht, dass die IABG recht hat
und dass dieses FEMALE, um die Kosten - -
zu machen ist. Das glauben Sie nicht?

Zeuge Stéphane Beemelmans: So ist
das.

Rainer Arnold (SPD): Die beiden Zahlen
sind aber identisch.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das
ist - - Das kann ich nicht überprüfen, -

(Lachen des Abg. Rainer Arnold
(SPD))

- und in den Vorlagen, die ich habe, -

Rainer Arnold (SPD): Ja, aber - -

Zeuge Stéphane Beemelmans: - Herr
Abgeordneter, ist von der FEMALE kein Wort
die Rede.

Rainer Arnold (SPD): Ich sage Ihnen
jetzt einfach: Die Zahlen von IABG entspre-
chen dem bisherigen Kostenrahmen. Die
glauben Sie nicht, aber Ihrer Vorlage glauben
Sie, obwohl es dieselben Zahlen sind. Ich
verstehe es nicht mehr.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, nein. Ich habe genau - - Das
habe ich genau nicht gesagt. Ich habe ge-
sagt: Ich glaube der Aussage, dass man im
Kostenrahmen etwas findet. - Ich habe nur
gesagt: Ich glaube nicht, dass es FEMALE
ist. - Aber in meinen Vorlagen ist von
FEMALE nicht die Rede.

Rainer Arnold (SPD): Wäre das jetzt
nicht Grund, so einer Sache einfach mal
richtig nachzugehen, mit den ganzen Leuten
mal zu reden und zu sagen: „Wie kommt ihr
dazu, was ist die Basis und, und, und?“ und
nicht einfach zu warten, bis eine neue Vor-
lage - -

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, Sie können davon ausgehen,
dass ich das Thema FEMALE jetzt angehen
werde, weil mich das auch überrascht hat.
Aber das ist nie Gegenstand der Vorlagen

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 929 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 68
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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gewesen, dass man hier über FEMALE
nachdenken muss.

Rainer Arnold (SPD): Das liegt seit De-
zember auf dem Tisch des Hauses, dieses
Gutachten, seit Dezember letzten Jahres. Es
ist fast wieder Dezember; aber gut.

Dann - was mich auch ein bisschen er-
staunt hat, Herr Staatssekretär -: Ursprüng-
lich war ja geplant, die Testreihe komplett
durchzuziehen, also diese 15 Flüge zu ma-
chen, und danach über die Serienbeschaf-
fung zu entscheiden. Nun ging es plötzlich
doch ganz schnell, vielleicht sogar hoppla-
hopp. Hat das auch was mit einem poli-
tischen Druck zu tun und den Fragen, die da
plötzlich entstanden sind parlamentarisch
und in der Öffentlichkeit, dass wir jetzt doch
so „schnell“ entschieden haben - „schnell“ in
Anführungszeichen?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich ver-
stehe nicht, worauf Sie hinauswollen, Herr
Abgeordneter. Sie können nicht gleichzeitig
mir sagen, dass wir zu langsam und zu
schnell sind. Das ist das Ergebnis eines
durchdachten Prozesses, der sich seit
20. Dezember 2012 herauskristallisierte. Da
haben wir damals gesagt: Eine Informations-
vorlage ist nicht ausreichend. Ihr müsst uns
sagen: Was wollt ihr wirklich? - Das kam im
März. Das war ein Prozess, der jetzt gereift
war, und Prozesse, die gereift sind, müssen
dann auch mal zum Abschluss gebracht
werden. Das hat nichts mit „hopplahopp“ zu
tun. Sie haben mir vorhin noch vorgeworfen,
dass der Prozess seit Januar 2012 ging, und
jetzt sagen Sie: Dann geht es auf einmal
schnell. - Nein, es ist ein Ergebnis eines Pro-
zesses, in dem alle denkbaren Alternativen
untersucht wurden, alle denkbaren Alterna-
tiven im Projekt, später noch Alternativen
zum Projekt, und als die Entscheidung reif
war, also die Erkenntnisdichte so war, dass
wir die Risiken im Projekt hinreichend präzise
dargestellt haben und die Möglichkeiten einer
alternativen Planung aufgezeigt bekommen
haben, haben wir entschieden.

Rainer Arnold (SPD): Aber, Herr Staats-
sekretär, Sie haben doch eigentlich gar
nichts entschieden, weil - - Der Vertrag für
die Serie muss nicht entschieden werden,
weil es gar keinen gab. Sie haben eigentlich
nur entschieden, aus 15 Testflügen sieben
zu machen. Sie haben keine Nachfolge - -

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein,
Herr Abgeordneter, ich habe schon entschie-
den.

Rainer Arnold (SPD): Ich war jetzt auch
noch nicht ganz fertig, Herr Staatssekretär.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ent-
schuldigung.

Rainer Arnold (SPD): Ich bitte Sie auch,
mich ausreden zu lassen.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja, Ent-
schuldigung.

Rainer Arnold (SPD): Sie haben keine
Nachfolge entschieden. Sie bringen jetzt
selbst sogar den Global Hawk 40 ins Ge-
spräch. Was ist denn wirklich entschieden
worden?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Wir ha-
ben entschieden, die Serie nicht zu be-
schaffen, und das ist ja schon immer Gegen-
stand des Projektes gewesen. Das Projekt
bestand aus zwei Stufen, und ich darf noch
mal in Erinnerung rufen, dass schon im Ok-
tober 2011 die Abteilung Rü an der zweiten
Stufe arbeiten wollte. Dieses Projekt ist ja
nicht gemacht worden, damit man einen De-
monstrator kriegt, sondern es ist immer ge-
macht worden, damit man die Serie - - und
wir haben entschieden: Wir werden diese
Serie nicht beschaffen. - Das ist eine sehr
gravierende Entscheidung, selbst wenn kein
Vertrag dahintersteht - eine sehr gravierende
Entscheidung. Wir haben entschieden, dass
wir aber den Demonstrator so lange betrei-
ben, wie das SIGINT auserprobt ist, und wir
haben entschieden, dass wir nach alterna-
tiven Plattformen suchen. - Das halte ich für
drei doch sehr maßgebliche Entscheidungen.

Rainer Arnold (SPD): Das sind aber
Teile, nämlich - - Operationsfähigkeiten des
SIGINT werden ja nicht mehr auserprobt.
Man kann ja jetzt nicht plötzlich in 7 Flügen
das Gleiche machen, was man in 15 konnte;
das ist ja auch klar. Und die 15 waren vorge-
sehen, um das SIGINT auszuerproben, und
dann stand die Frage, ob man dann noch
eine operationelle Basis - - wo man auch
bestimmte Nutzen hat; aber gut.

Letzte Frage von mir - dann machen
meine Kollegen weiter -: Wurde im Ministe-

Drucksache 17/14650 – 930 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 69
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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rium zwischen Ihnen und dem Minister mal
darüber gesprochen, dass es vielleicht auch
eine gute und kluge Arbeitsteilung ist, die ja
nicht immer sehr angenehmen Rüstungs-
themen möglichst fern vom Schreibtisch des
Ministers zu halten? Gibt es dort Indikatoren,
dass das eine überlegte Vorgehensweise ist?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Also, die
richtige Antwort darauf haben, glaube ich,
der Abgeordnete Grübel und der Abgeord-
nete Spatz mit dem Hinweis auf den Dresd-
ner Erlass gegeben. Das ist die Grundlage
für unsere Zusammenarbeit.

Rainer Arnold (SPD): Also ist das schon
auch mit Teil der Überlegung, Rüstungsthe-
men von ihm fernzuhalten?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein, es
ist Teil von der Überlegung, dass Staats-
sekretäre Verantwortung zu übernehmen
haben.

Rainer Arnold (SPD): Ulli?

Ullrich Meßmer (SPD): Ja.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege Meßmer.

Ullrich Meßmer (SPD): Herr Staats-
sekretär, irgendwie komme ich mit ein paar
Dingen noch nicht klar. Wenn jetzt, mal un-
terstellt, am 30. September der Erprobungs-
flug mit dem System, mit ISIS, abgeschlos-
sen ist, wo kommt das System dann hin?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das
System ist dann auserprobt und ist dann
Grundlage für die Einfügung und Integration
in eine der Alternativen, soweit wir diese
entschieden haben. Das ist - -

Ullrich Meßmer (SPD): Wem gehört das
System?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Recht-
lich ist es vermutlich ein Demonstrator, den
wir dann abnehmen, und wenn wir den ab-
genommen haben, dann besitzen wir den.
Wir hätten sowieso im Zuge der Serien-
beschaffung noch vier weitere davon be-
schaffen müssen; so stelle ich mir das vor.
Also, ich vermute, dass dieses eine System
uns gehört.

Ullrich Meßmer (SPD): Es wird uns ge-
hören und wird wo stehen? In Manching
oder - -

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das
kann ich Ihnen nicht sagen. Das ist ein gro-
ßer Kasten - -

Ullrich Meßmer (SPD): Wird das inte-
griert stehen?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das
kann - - Das wird - - Ja, das kann integriert
im Euro Hawk drinstehen; denn ich habe - -
Es macht keinen Sinn, den da rauszumontie-
ren. Aber es geht ja darum, dass wir diese
Fähigkeit ausgetestet haben. Wenn diese
Fähigkeit die Anforderungen erfüllt, die wir an
sie gestellt haben, dann haben wir sie. Es
fehlt uns dann die Plattform, die wir da auch
betreiben können. Und dann müssen wir,
wenn wir eine Plattform entschieden haben,
über die Integration noch mal nachdenken.
Das ist aber dann der kleinere Schritt.

Ullrich Meßmer (SPD): Also, mal unter-
stellt - - Ich will jetzt nicht darüber reden, was
für Bauteile das sind, wo die sind. Also, der
steht da. Sie haben mit dem Herrn Gerwert
geredet, und Sie sprechen eben selber da-
von, dass vier Systeme möglicherweise ja
dann noch beschafft worden sind, und es hat
seitens der Industrie, seitens Cassidian kei-
nen Hinweis darauf gegeben, was für einen
Zeitraum die brauchen, bis sie Klarheit be-
kommen, um so was zu schaffen. Also, im-
mer wenn ich unterwegs bin, kriege ich im-
mer gesagt: Wenn wir bestimmte Fähigkeiten
einmal haben und die nicht weiterpflegen,
weiterentwickeln - - Das ist ja nicht so wie bei
Ikea, wo man dann Billy aus dem Regal ab-
holen kann, sondern da hat man ja Inge-
nieure, da hat man Techniker, da hat man
Monteure, die das ganze System brauchen.
Die werden ja nicht - - sein.

Also, zwei Fragen. Einmal: Haben Sie
wirklich nicht darüber geredet? Und der
zweite Punkt ist: Jetzt sage ich mal, für so
einen Zyklus, um so eine Fähigkeit vorzu-
halten, um so eine Produktion zu machen,
wird ja ein bestimmter Zeitraum längstens bei
Cassidian vorhanden sein; sagen wir mal,
zwei oder drei Jahre. Sind Sie denn sicher,
dass Sie bis dahin Klarheit haben über die
alternativen Träger und wann die kommen?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 931 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 70
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, die Frage hat sich zwischen
uns in der Tat nie gestellt, und wenn sie sich
gestellt hätte, hätte ich natürlich Herrn Ger-
wert auch geantwortet, dass er ja Teil des
Konsortiums ist, das die Zulassung des Euro
Hawk mit uns betreiben wollte.

Ich glaube, dass wir uns einig waren - und
wir wollen es auf jeden Fall, weil das die
Fähigkeitslücke ist, die wir haben; wir haben
ja nicht eine Fähigkeitslücke Global Hawk
Block 20, wir haben eine Fähigkeitslücke im
SIGINT-Bereich -, dass wir das zu Ende er-
proben, weil das eine einzigartige Entwick-
lung ist. Beschafft wird es sowieso im Zuge
der Beschaffung der Plattform, und wenn die
Plattform eine andere wird, dann wird Herr
Gerwert sagen: Dann muss ich aber die an-
dere Plattform mir erst mal angucken und
dann integrieren. - So ist es.

Ullrich Meßmer (SPD): Also - -

Zeuge Stéphane Beemelmans: Aber
dafür muss ich wissen, ob das SIGINT das
hält, was es verspricht, und das erproben wir
zurzeit. Wenn es das hält, dann haben wir
das einmal, und die Beschaffung von vier
weiteren oder fünf weiteren, wenn man eine
Redundanz hat oder dergleichen mehr - das
weiß ich nicht -, ist jetzt natürlich Teil dieser
Entscheidung, nicht zu beschaffen. Die steht
jetzt „on hold“. Es wird aber angestrebt von
uns - das war die Frage, die mir vorhin ge-
stellt wurde -, die Fähigkeitslücke zu schlie-
ßen; ich glaube, der Abgeordnete Grübel
hatte gefragt. Wir schließen diese Fähig-
keitslücke. Das heißt, wir werden dann, wenn
es klappt, vier Plattformen beschaffen, auf
die wir vier weitere ISISe drauftun.

Ullrich Meßmer (SPD): Und diese Er-
wartungshaltung haben Sie auch gegenüber
Cassidian kommuniziert?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Diese
Erwartung - - Ich habe zu dem Thema über-
haupt nichts gegenüber Cassidian kommuni-
ziert, weil Cassidian weiß, dass wir zurzeit in
der ersten Stufe des Vertrages sind - - des
Vorhabens sind und die erste Stufe, nämlich
den Entwicklungsvertrag oder den Entwick-
lungsteil, erst abschließen, bevor wir da in
die Beschaffung gehen.

Ich muss vielleicht eine kleine Klammer
machen. Ich habe mir überlegt, über welche
Vorlagen ich mit EADS-Firmen in den letzten

zwei Jahren gesprochen habe. Ich bin auf
sechs gekommen, große Vorhaben. Da ist
Euro Hawk das kleinste. Das heißt, auch im
Fokus des Vorstandsvorsitzenden von Cas-
sidian stehen gelegentlich auch andere Vor-
haben, die volumenmäßig, finanzvolumen-
mäßig um ein Vielfaches höher sind als die-
ses Vorhaben. In der Tat haben wir deshalb
über die Probleme, die sich ergeben könn-
ten - auf die Sie vielleicht angesprochen
werden; das will ich überhaupt nicht aus-
schließen -, dass man jetzt nur ein ISIS ge-
baut hat und nicht vier weitere baut und dass
soundso viele Manntage deshalb irgendwie
freifallen oder so was, nicht gesprochen.

Ullrich Meßmer (SPD): Nein, meine
Sorge ist eigentlich die - um das zu sagen -,
dass, wenn Sie die Träger haben und in fünf
Jahren sagen: „Wir wollen ISIS einbauen“,
Sie das in der Konfiguration gar mehr be-
kommen können bei Cassidian, weil es die
Linie, das Produkt nicht mehr gibt.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein,
diese Sorge brauchen Sie sich nicht zu ma-
chen, Herr Abgeordneter, weil die Suche
nach Alternativen immer die Kombination von
Plattform und ISIS ist. Das heißt, die Voraus-
setzung ist, dass das eine Plattform ist, die
zulassungsfähig ist, und dass ein ISIS darauf
integrationsfähig ist. Das ist die Vorausset-
zung.

Rainer Arnold (SPD): Darf ich noch eine
Frage hier nachreichen? Sie sprachen - - das
ist so eine Kiste, ISIS. Ihnen ist schon be-
kannt, dass das nicht irgendwie eine Box ist,
die man irgendwo anbringt, sondern ein tief
integriertes System, -

Zeuge Stéphane Beemelmans: Selbst-
verständlich, Herr Abgeordneter.

Rainer Arnold (SPD): - aus vielen Stel-
len, bestehend aus vielen Teilen?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja, Herr
Abgeordneter.

Rainer Arnold (SPD): Das macht die
Komplexität der Integration, glaube ich, deut-
licher als der Begriff „eine Kiste, die man
woanders hintut“.

Drucksache 17/14650 – 932 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 71
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Stéphane Beemelmans: Genau
deshalb, Herr Abgeordneter, habe ich auch
zu Beginn gesagt, dass eines der vier grund-
sätzlichen Risiken eines solchen Projektes
neben dem Kostenrisiko das Integrations-
risiko ist.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Jetzt von
mir Fragen. - Die Industriekontakte Northrop
Grumman und EADS haben sich ja gestern
ein bisschen beklagt darüber, dass mit ihnen
niemand gesprochen hat. Haben Sie ver-
trauensvolle Kontakte zu diesen Firmen? Mit
der einen arbeiten Sie ja auch in Zukunft
weiter zusammen.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich
habe, wenn ich das richtig abschätze, von
den letzten - - von meinen zweieinhalb
Dienst-, Amtsjahren hier keine richtig tief-
gehenden Kontakte zu Northrop Grumman
gehabt und habe tiefgehende Kontakte zu
Cassidian, weil wir eine Vielzahl - und EADS
überhaupt, EADS und den Töchtern - von
Projekten mit ihnen haben. Ich arbeite mit
jedem vertrauensvoll, der vertrauensvoll mit
mir zusammenarbeitet.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ich habe
hier vorliegen einen Vermerk, MAT 17-50 zu
BB 31, Ordner 3*, von AIN V 5 zum Thema
Zulassbarkeit der Euro-Hawk-Serie vom
3. Januar 2013 - also keine Gefahr mit Da-
ten; das ist spät. Da heißt es in Punkt 2 - -
Also, hier wird Bezug genommen auf eine
Ausarbeitung der - - Oder wollen wir es dem
Zeugen auch vorlegen?

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ja, klar.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ich weiß
nicht: Kennen Sie den Vermerk?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ging der
Vermerk an mich?

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Der ging
an Herrn Abteilungsleiter Ausrüstung, Infor-
mationstechnik usw.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Dann
kenne ich den auch so oder so nicht.

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Eine Fund-
stelle lautet: MAT 17-2 BT HA zu BB 17-93,
Ordner 1, Blatt 488.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja,
manchmal gehen ja Dinge auch weiter.

(Michael Brand (CDU/CSU): Vorle-
gen, damit er ihn mal lesen kann!)

Zeuge Stéphane Beemelmans: Sie kön-
nen ihn mir vorlegen, aber ich habe den nicht
gekannt.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja,
okay. - Aber ich sage Ihnen nur mal - - weil
es geht gar nicht um den Wortlaut. Also, in
den Kernaussagen unter 2 heißt es:

Eine Aussage zu einer belastbaren
und konkreten Handlungsoption für
einen alternativen Zulassungsweg
wird nicht getroffen. Vielmehr wurde
empfohlen, die Bewertung mit dem
Ziel eines abschließenden Ergeb-
nisses bis zum I. Quartal 2014 fort-
zuführen.

Also, die WTD 61 empfiehlt im Januar
2013, im Januar dieses Jahres, immer noch
weiter die alternative Zulassung zu prüfen bis
erstes Quartal 2014. Ich meine, die sind gar
nicht ergebnisorientiert - also, sie sagen
nicht, wenn man denn weiß, ob es klappt
oder nicht, dann ist es ja gut -, sondern die
sind zeitorientiert. Also, es wäre gut, wenn
man bis erstes Quartal 2014 weiterprüfen
könnte. Was sagt Ihnen das? Warum hat die
WTD 61 hier ein anderes Interesse, das Inte-
resse, dass es möglichst lange dauert?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, das kann ich beim besten
Willen nicht beurteilen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das
müsste Sie ja beunruhigen, wenn das so ist,
oder?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein.
Projektmitarbeiter haben immer ein Inte-
resse, im Projekt zu bleiben, und finden Be-
endigungen von Projekten immer grundsätz-
lich sehr viel schlimmer als Fortsetzungen
des Projektes. Also, das Projekt ist irgendwie
auch - - ich will nicht sagen „sinnstiftend“,
aber es ist das, was man auf dem Tisch hat,
und wenn man jahrelang daran gearbeitet
hat, will man weiterarbeiten. Die Hinweise,
die Sie jetzt nicht zitiert haben, sowohl von
dem Unterabteilungsleiter AIN V wie auch
von dem stellvertretenden AL AIN und dem

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 933 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 72
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

AL AIN sind eineindeutig; die sind eineindeu-
tig. Die sagen: Jetzt reicht es aber. - Und das
entspricht, glaube ich, auch dem Tenor, den
ich hier herausgehört habe: dass man doch
irgendwie nicht schon lange geprüft hatte.
Und sagen wir mal so: Diese Empfehlung
steht ja auch im klaren Widerspruch zu der
Vorlage vom 20. Dezember 2012, die emp-
fahl, aus dem Projekt auszusteigen. Also,
von daher: Ich kann mir das nicht erklären,
warum das - - außer dass man, wenn man
einmal ein Projekt liebgewonnen hat, das
zum Abschluss führen will. Das finde ich
wiederum legitim, aber nicht zu jedem Preis
und zu jeden Kosten.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt kommt die FDP. Herr Kollege Spatz.

Joachim Spatz (FDP): Herr Staats-
sekretär, waren Sie überrascht von der Fest-
stellung, dass Sie eigentlich gar nichts ent-
schieden haben, die eben gerade gemacht
worden ist?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein, ich
glaube, mit vergleichbaren Worten hat das
der Abgeordnete Arnold mir schon mal vor-
gehalten.

Joachim Spatz (FDP): Ah ja. - Wenn
man unterstellt, die Arnold‘sche These
stimmt, dass Sie eigentlich nichts entschie-
den haben, warum sitzen wir dann eigentlich
hier? Haben Sie da eine Vorstellung?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich
glaube, weil der Abgeordnete Arnold es nicht
abwarten kann, am 30.09 mich wiederzu-
sehen, und mich vorher wiedersehen wollte.

Joachim Spatz (FDP): Alles klar.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Also,
das braucht nicht ins Protokoll zu kommen,
Herr Abgeordneter. Ich verstehe die Frage
schon.

(Heiterkeit)

Joachim Spatz (FDP): Das war schon
okay, und entsprechend war auch meine
Zielrichtung. - Danke schön. Ich habe keine
weiteren Fragen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt kommt die Linke. Herr Kollege Schäfer.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Es ist
ein bisschen auffallend bei den verschiede-
nen Terminen, die in Rede standen in unse-
ren MAT-Unterlagen und dem - - also, Ihr
Antrittsbesuch bei Herrn Gerwert, der Termin
vom Minister im Januar 2012, dass es immer
heißt: Ja, Talarion - also im Gespräch mit
EADS/Cassidian - war ein Thema, aber Euro
Hawk eigentlich nicht, unter „ferner liefen“.

Ich will noch mal in dem Zusammenhang
auf diese Mail zurückkommen vom 19. Ja-
nuar 2012. Also, das ist die MAT 73 zu
BB 48, Ordner 1*, also diese Mail von Herrn
Selhausen an Ihr Büro. Die enthält ja, wenn
man so will, zwei Teile, die quasi auch ge-
genübergestellt werden - man muss es als
Gegenüberstellung lesen -, also zum einen
diese dramatische Kostenexplosion bei Euro
Hawk. Aber der erste Abschnitt, dass noch
unzureichend gewürdigt sei, ein neues An-
gebot von Cassidian für eine Drohne Tala-
rion, Talarion-Nachfolge - - Und da lese ich
den Satz - das ist ein sehr emphatischer
Absatz -:

Auf der Plus-Seite von Talarion
steht zweifellos, dass hier erstmals
bei Entwicklungsbeginn ein UAV
konstruiert wird mit der Zielsetzung
einer Zulassung zum Flug im zivilen
Luftraum!

Also, es wird ja sehr nahegelegt, zu sagen:
Das ist es doch eigentlich.

Jetzt einfach meine Frage an Sie: Sie
konnten es ja nicht mehr direkt verwenden
oder der Minister auch nicht, aber ist denn
sonst was - - Das ist ja kein ganz bedeu-
tungsloser - - sondern es ist ja mit sehr viel
Nachdruck von dem Rüstungsdirektor gesagt
worden: Hier ist sozusagen etwas, was wir
verfolgen sollten, das andere eher nicht,
weil - das schreibt er ja auch - die Zulassung
nicht gegeben ist. - Was ist denn aus dieser
Mail geworden? Also, zu dem zweiten Teil
haben Sie sich schon geäußert, was die
Kosten - - Aber zu dem ersten Teil - - Was ist
denn aus der Mail geworden?

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-73 zu BB 17-48, Ordner 1,
StS Beemelmans, E-Mail-Verkehr 22072011-
29042013, Blatt 110.

Drucksache 17/14650 – 934 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 73
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, der erste Teil ist nicht wirklich
überraschend, weil der spiegelt wider, was in
der Vorlage ist, und der spiegelt wider, was
immer Grundlage unserer Gespräche zu
Talarion war. Ich habe immer gesagt gegen-
über Cassidian, gegenüber Herrn Dr. Zoller
und später Herrn Gerwert: Das Projekt wird
es nur geben, erstens, wenn es ein europäi-
sches Projekt gibt, und zweitens, wenn es
eine Zulassung im zivilen Luftraum bekommt,
und drittens, wenn es einen Mehrwert ge-
genüber bisherigen Produkten vergleichbarer
Klassen gibt. Also, ich habe gesagt: Ich will
nicht 2020 oder 2025 etwas entwickelt be-
kommen, was es 2013 bei den Amerikanern
zu kaufen gibt. - Also, es muss europäisch
sein, es muss einen Mehrwert, zukunftstech-
nischen Mehrwert haben gegenüber dem,
was vorhanden ist, und es muss die Zulas-
sung zum zivilen Luftraum haben. Deshalb
gibt es auch Projekte, die laufen, wo Cassi-
dian sich beteiligt - bei der Europäischen
Verteidigungsagentur und bei der Europäi-
schen Kommission -, um genau die Bedin-
gungen für Zulassungen im zivilen Luftraum
zu erörtern.

Und zum ersten Teil Ihrer Frage: warum
sie sich dafür interessieren und nicht so sehr
für Euro Hawk. Ganz einfach, wenn Sie sich
den Business Case anschauen: Der Talarion
war nach Kostenreduzierungsstudien, die
man glaubt oder nicht glaubt, 1,2 Milliarden
wert, und der Anteil von Cassidian am Euro-
Hawk-Projekt ist ungefähr die Hälfte; das
waren 600 Millionen. Das ist eine andere
Dimension. Der Talarion war der Einstieg in
die Drohnentechnologie für den Konzern.
Das heißt, 1,5 Milliarden oder 1,2 Milliarden
sollten wir zahlen. Aber das hätte einen
Markt geöffnet. Also, da ist es vom Interesse
eines CEO schon unterschiedlich, ob man
ein Modul zu einem anderen System beiträgt
oder ob man die Plattform erarbeitet und
integrativ verkauft.

Dieser erste Absatz findet sich so oder in
anderer Form in der Vorbereitung für den
Minister. Der war, wenn man so will, eine
Wiederholung dessen, was uns schon be-
kannt war. Der Informationsgehalt für mich
war - unterstellt, ich habe die Mail gesehen,
was ich ja unterstelle - nicht neu.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Ja, das
haben Sie ja jetzt auch schon mehrfach ge-
sagt; das ist richtig. Also, das bezieht sich
jetzt aber zunächst mal auf die rhetorische

Ebene. Sie haben sozusagen Statements in
dieser Weise abgegeben, politische Ab-
sichtserklärungen. Sind denn daraus prakti-
sche Handlungen erfolgt?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Die
praktischen Handlungen - also, das hat jetzt
nichts mit dem Projekt Euro Hawk zu tun;
aber ich will gerne dazu etwas sagen - haben
gemündet in zwei Absichtserklärungen -
Letters of Intent - mit Frankreich, die zurzeit
einer Umsetzung harren. Es gibt zurzeit kei-
nen richtigen Pfad, wie man da zueinander
kommen könnte, weil Frankreich sich auch
entschieden hat, im Zuge des Mali-Einsatzes
kurzfristig amerikanische Drohnen zur Er-
schließung von deren Fähigkeitslücke mehr
zu kaufen, als neue zu entwickeln. Aber ich
bin dran an dem Thema. Es gibt eine Viel-
zahl von Ländern, die mir gegenüber schon
zugesichert haben, dass sie mitmachen wür-
den unter der Voraussetzung, dass es ein
europäisches Projekt gibt.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Aber
man liegt jedenfalls nicht falsch, dass - das
ist ja jetzt auch schon zweimal gefragt wor-
den - sich dieser Dank von Herrn Gerwert für
Ihre Unterstützung von FEMALE vom
25.09.12 genau darauf bezieht, dass Sie -
wenn ich es richtig sehe - am 12.09.2012
diese Vereinbarung mit Frankreich über ge-
meinsame Entwicklung und Beschaffung von
UAV/MALE erzielt haben?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das ist
in der Tat so aus einer Konfliktsituation, in
der auch die Unternehmen waren - - Also,
die Entwicklungsgeschichte von Eurofighter
und Rafale ist eine Konfliktgeschichte zwi-
schen zwei Unternehmen. Die ist aufgelöst
worden. Die ist im Übrigen auch jetzt besie-
gelt worden beim letzten Luftfahrtsalon von
Le Bourget, wo die Unternehmen sich jetzt
zusammengesetzt hatten. Was ich gerne als
zweite Stufe einer Regierungszusammen-
kunft gemacht hätte - - haben sich jetzt die
großen europäischen Unternehmen zusam-
mengesetzt und haben gesagt: Wir müssen
jetzt ein solches Projekt machen. - Also, das
ist einen Schritt weitergegangen unterneh-
mensseitig, leider nicht regierungsseitig.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Aber
Sie würden nach wie vor sagen, das sind
zwei auch völlig unterschiedliche Dinge?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 935 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 74
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Wir
versuchen ja, herauszufinden, was Grund-
lage Ihrer Entscheidung - neben der ganzen
Frage Unterrichtung innerhalb der Regie-
rung, Unterrichtung des Parlaments -, was
also die Grundlage der Entscheidung ist. Sie
würden nach wie vor sagen, das hat über-
haupt nichts miteinander zu tun?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Die zwei
Vorgänge sind völlig unterschiedlich. Das
sind unterschiedliche Fähigkeiten zwischen
einem FEMALE - heißt es jetzt - oder früher
einem Talarion - praktisch bei uns ein He-
ron 1 - und dem, was der Euro Hawk gekonnt
hätte, völlig unterschiedliche, die sich kreu-
zen - das habe ich auch gesagt - an be-
stimmten Themen - unbemannte Luftfahrt,
Zulassung, Rechtsrahmen und dergleichen
mehr -, aber die tatsächlich von der Fähig-
keitsseite - was wollen wir damit machen? -
völlig unterschiedliche Themen sind.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt gebe ich von Bündnis 90/Die Grünen
der Kollegin Brugger das Wort.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Vielen Dank, Frau Vorsitzende. -
Herr Staatssekretär, Sie haben ja schon
mehrfach dargestellt, dass Sie über das
Thema Zulassung generell mit dem Minister
mehrfach gesprochen haben, eher mit dem
Schwerpunkt Fahrzeuge.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Luftfahr-
zeuge, bemannte Luftfahrzeuge. Entschuldi-
gung.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Bitte?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Be-
mannte Luftfahrzeuge.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Bemannte Luftfahrzeuge. Auch
Fahrzeuge hatten Sie ja vorhin erwähnt. Ging
es da jetzt dann auch um den Euro Hawk?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein,
also daran kann ich mich nicht erinnern. Der
Euro Hawk spielte in dem Zusammenhang
keine Rolle, denn ich habe mit dem Minister

angefangen, über das Thema Zulassung zu
reden, im Jahr 2011, als entsprechende
Probleme bemerkbar wurden im Zulassungs-
verfahren bei den Drehflüglern. Der Minister
selbst ist, wenn ich das richtig sehe, auf Zu-
lassungsfragen gekommen im Bereich der
Fahrzeuge und hat gesagt: Da müssten wir
doch irgendwann mal zu einer Veränderung
der Philosophie kommen, dass nicht jedes
Land irgendwie selbst zulässt, sondern viel-
leicht Kompetenzzentren für Zulassung zu
machen. - Deshalb sind wir gemeinsam dann
auch europäisch initiativ geworden. Aber das
war immer ausgehend von den Problem-
fällen, die gerade auf dem Tisch lagen, und
das waren bei mir ganz besonders die Pro-
jekte NH90, Tiger und A400M, die alle eines
gemeinsam haben - anders als der Euro
Hawk jetzt -: dass das europäische Projekte
sind mit jeweils nationalen Zulassungen, wo
also gemeinsam produziert und getrennt
zugelassen wird, was in jeglicher Hinsicht
unwirtschaftlich und ineffektiv ist.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Und Sie sind dann auch nicht auf
die Idee gekommen, sozusagen in dem
Rahmen den Euro Hawk auch noch mal als
ein Projekt zu benennen, das ja auch bei der
Frage der Zulassung eventuell Schwierig-
keiten aufweisen könnte?

Zeuge Stéphane Beemelmans: In der
ersten Initiative, die wir gestartet haben - da
hat der Minister, wenn ich mich richtig erin-
nere, ich glaube, es muss 2012 gewesen
sein, an Lady Ashton geschrieben -, ging es
um Zulassungen im Luftverkehr überhaupt.
Da ging es um alle Luftfahrzeuge, weil wir die
Probleme bei allen Luftfahrzeugen haben. Er
hat jetzt vor einem Monat oder zwei Mona-
ten - vor zwei Monaten - an Lady Ashton
erneut geschrieben und gesagt, er möchte
bitten, dass diese Initiative, die schon sehr
fruchtet und für die wir viel Lob bekommen
haben, weil es tatsächlich viel Bewegung in
die Zulassungsverfahren, in die Angleichung
von Zulassungsverfahren gebracht hat - - hat
er gebeten, das auch noch zu fokussieren
über unbemannte Luftverkehre. Ich glaube,
vor ein paar Tagen muss Lady Ashton uns
geantwortet haben, dass sie das eine sehr
gute Idee findet und dass das Teil irgendwie
des Europäisches Rates für Verteidigung im
Dezember werden soll und dass das jetzt ge-
sondert betrachtet wird.

Drucksache 17/14650 – 936 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 75
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Aber das ist ein Thema, was vom Minister
und von mir sehr prominent betrieben wird;
der Minister in seinen Kreisen. Ich war in der
Luftfahrtausstellung in Le Bourget auf dem
Podium eines hochkarätig besetzten Zulas-
sungssymposiums, wo praktisch die Groß-
unternehmen der europäischen Luftfahrt
zusammensaßen und wo wir gesagt haben,
wir können uns nicht mehr leisten, dass wir
europäische Projekte in der Produktion ma-
chen und in der Zulassung unterschiedliche
Vorschriften haben. Das läuft aber; das ist
ein Prozess - das ist der sogenannte EMAR-
Prozess oder MAWA-Prozess -, der läuft seit
Jahren, und dem wollen wir einfach ein biss-
chen Fahrt geben.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Dann würde ich jetzt gerne noch
mal zum Thema Lessons Learned speziell in
Bezug auf AGS noch mal zwei Fragen stel-
len. Wie unterrichten wir denn jetzt konkret
die Partner über die Erfahrungen, die wir mit
dem Euro-Hawk-Projekt gemacht haben?
Weil Sie hatten das vorhin so gesagt: Na ja,
es ist ja noch alles sozusagen noch nicht
ganz in trockenen Tüchern, aber wir haben ja
durchaus auch schon mehrere Hundert Mil-
lionen für die Beschaffung der gemeinsamen
Global Hawks bewilligt. - Und Sie hatten ja
auch zugegeben, dass Ihnen bekannt ist,
dass die Italiener durchaus auch schon an-
gesprochen haben, dass es dort Probleme
bei der Zulassung gibt.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Wenn
ich das richtig in Erinnerung habe - aber das
wird er Ihnen, glaube ich, ungefragt gleich
auch erzählen, wenn er dran ist -, hat Herr
Staatssekretär Wolf an den Stellvertretenden
NATO-Generalsekretär Vershbow geschrie-
ben und ihm gesagt: Da gibt es ein Thema,
über das wir uns mal unterhalten müssten.
Das Thema der Zulassung von Drohnen ist
bei uns ein ganz großes Thema, und wir
würden gerne darüber in einen Diskurs ein-
treten. - Der Stellvertretende Generalsekretär
Vershbow hat darauf geantwortet, und in den
entsprechenden Gremien ist es von uns ein-
gebracht worden.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Okay.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Aber
das muss Ihnen Herr Wolf genau sagen, weil
er ist der Autor und der Treiber dieses Teils.

Das ist sein Bereich. Aber ich habe es natür-
lich auch irgendwie gelesen.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ja, das ist mir bekannt. Aber ich
frage auch Sie nach AGS, weil ich komme
jetzt auf eine Frage zurück, die ich Ihnen im
Rahmen des Ausschusses schon gestellt
habe. Da konnten Sie und auch Staats-
sekretär Wolf sich nicht so genau dran erin-
nern, worum es sich da handelt, und haben
mir zugesagt, dass Sie mir die Frage dann
noch mal - - dann dem noch mal nachgehen
wollen und die Frage dann noch mal beant-
worten wollen. Es geht um einen Spiegel-
Artikel vom 3. Juni. Dort geht es um das Jahr
2012. Ich lese das ganz kurz vor:

In einer schriftlichen Unterrichtung
der Staatssekretäre Wolf und Bee-
melmans vom 29. April zum Stand
des Drohnenprojekts heißt es unter
der Überschrift "Kenntnis Dritter":
"Keine Detailkenntnisse erhalten
werden unsere Partner über die
Erfassungsergebnisse und damit
über die tatsächliche Leistungs-
fähigkeit des Gesamtsystems." Das
Papier ist als "Verschlusssache -
nur für den Dienstgebrauch" einge-
stuft, darunter steht der Zusatz:
"Nur Deutschen zur Kenntnis".

Sind Sie dem noch mal nachgegangen?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Schulde
ich Ihnen da eine Antwort? Also jetzt nicht
heute. Haben wir noch eine offene Schuld
aus dieser parlamentarischen Anfrage?

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Nein, nicht aus der parlamenta-
rischen Anfrage, sondern Sie waren ja
mehrfach im Verteidigungsausschuss zum
Thema Euro Hawk.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Dann
bitte ich um Nachsicht, dass ich - - Ich
glaube, dass es in der Zuständigkeit von
Herrn Wolf ist, aber der Sache gehe ich
gleich nach. Ich habe nicht in Erinnerung,
dass wir Fragen offengelassen hätten. Aber
der Sache gehe ich nach. Ich kann sie jetzt
nicht aus dem Kopf beantworten, aber wenn
ich Ihnen etwas schulde, kriegen Sie es.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Okay, sehr schön. Danke.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 937 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 76
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Und als Letztes vielleicht noch mal die
Frage - da bin ich ja ein bisschen drüber
gestolpert -, diese Kategorie „Lösbarkeit“.
Was macht ein „lösbares“ Problem zu einem
„unlösbaren“ Problem?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Wenn
der Aufwand zur Lösung den Ertrag nicht
mehr rechtfertigt.

(Henning Otte (CDU/CSU): Das ist
schon gefragt worden!)

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Okay.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Frau Keul.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Beemelman, ich versuche gerade noch
mal - -

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich sage
aber, dass ich Beemelmans heiße, auch fürs
Protokoll. Sie vergessen immer ein s am
Ende.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Darf ich die Frage jetzt trotzdem noch stellen,
auch wenn die Uhr jetzt piept, ja?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja klar.
War meine Schuld.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ich glaube, Sie haben, wenn ich Sie richtig
verstanden habe, vorhin gesagt, als Sie
diese - wir sind uns ja einig - weitreichende
Entscheidung getroffen haben, die Serie
nicht zu bestellen, dass Sie da das auf der
Grundlage gemacht haben, dass Sie sagen,
es gibt eine Alternative im Kostenrahmen,
und wenn es keine Alternative im Kosten-
rahmen gegeben hätte, dann hätten Sie die
Serie bestellt. Habe ich das richtig verstan-
den, oder habe ich da irgendwie - -

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein,
Frau Abgeordnete, dann hätten wir eine an-
dere Entscheidungsgrundlage gehabt. Dann
hätten wir tatsächlich eine andere Abwä-
gungsform gehabt, denn diese Abwägung
war: 600 Millionen Mehrkosten, 1 Milliarde in
der Nutzung mehr und das Problem, dass wir
das Missionsplanungssystem noch nicht

haben, gegen die Aussicht, für die 600 und
paar versprengte Millionen, die im Haushalt
vorgesehen sind für die Beschaffung der
Serie für eine Alternative. Das ist die Abwä-
gung. Wenn dieser Teil der Abwägung weg-
gefallen wäre, hätte es eine andere Ent-
scheidungsgrundlage gegeben. Ich kann
jetzt nur spekulieren, wie wir dann entschie-
den hätten, aber das macht keinen großen
Sinn.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ich habe das immer noch nicht verstanden.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Dann frage ich die CDU/CSU. - Nein. Die
SPD?

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Haben
Sie eigentlich den Eindruck, Herr Staats-
sekretär, dass zu viel Lärm um nichts ge-
macht wird um dieses Drohnen-Projekt?

(Markus Grübel (CDU/CSU): Frag
mich mal! - Joachim Spatz (FDP):
Bitte eine ehrliche Antwort!)

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich
würde natürlich gerne die Antwort an den
Abgeordneten Spatz weitergeben.

Ich kann Ihre Fragen verstehen. Ich kann
sicherlich nur in Teilen verstehen, was da-
raus geworden ist.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Was öf-
fentlich daraus geworden ist?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Oder was
aus dem Projekt geworden ist?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein,
was öffentlich daraus geworden ist. Die Be-
deutung des Themas angesichts des Sach-
verhalts erschließt sich mir nicht, aber ich
verstehe, dass Sie Fragen dazu haben. Ich
bin auch gerne bereit, die zu beantworten.
Das mache ich.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Also Sie
halten das Thema für weniger bedeutsam.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich halte
das für sehr bedeutsam. Ich halte den Um-
gang damit für nicht unbedingt dem Thema
passend. Aber das ist meine persönliche

Drucksache 17/14650 – 938 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 77
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Meinung. Ich bin Beamter. Ich muss - - Ich
arbeite.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Im März
2013 hat es ja zum ersten Mal Presse-
berichte darüber gegeben, dass das Projekt
offenbar scheitert.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Nun lesen
ja Minister, Staatssekretäre und andere Zei-
tungen, und es gibt Pressespiegel, die vor-
gelegt werden. Haben Sie eine Erinnerung:
Ist das ein Thema gewesen in einer Kolle-
giumssitzung oder in anderen Gesprächen,
dass darüber in der Presse berichtet wird?
Und der Minister muss es ja irgendwie mit-
gekriegt haben. Wir werden ihn das morgen
fragen, aber vielleicht wissen Sie es.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Also, ich
kann mich nicht erinnern, dass wir jetzt Pres-
seauswertung gemacht hätten.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Na, im
Pressespiegel wird es gewesen sein. Der
wird ja direkt beigezogen.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Garan-
tiert ist es im Pressespiegel gewesen. Wenn
wir uns darauf einigen, dass wir nicht sagen,
welcher Artikel das war, dann will ich das
auch gerne zugestehen. Aber dass wir das
besprochen hätten, das weiß ich nicht.

Im Übrigen hätte ich, wenn ich darauf an-
gesprochen worden wäre, immer gesagt: Ja,
wir haben die Vorlage, die bis Ende März
kommt, und da wird es bearbeitet werden.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber Sie
sind nicht darauf angesprochen worden?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Kann ich
mich nicht erinnern.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Nicht vom
Minister? - Nein?

Der Minister hat ja in seiner Amtszeit et-
liche Gespräche geführt mit Amtskollegen,
mit denen es auch das Thema Drohnen je-
denfalls objektiv gibt: Mit dem amerikani-
schen Verteidigungsminister - in der Zwi-
schenzeit sind es mehrere gewesen -, mit
dem französischen - da ist auch eine Erklä-
rung hinterher verabschiedet worden, dass

man gemeinsam Drohnen beschaffen will -,
mit dem britischen Amtskollegen. Wie wir
sozusagen das sorgfältige Arbeiten in Ihrem
Hause kennen und soweit Sie dafür verant-
wortlich sind, wird natürlich der Minister
schriftlich umfassend auf seine internationa-
len Kontakte vorbereitet.

Nun haben wir in den Unterlagen, die uns
zugänglich sind, immer nur Fehlanzeigen.
Also, zum Thema Euro Hawk hat es in den
transatlantischen Gesprächen nichts gege-
ben und europäisch auch nicht, obwohl die
Zulassungsprobleme natürlich etwas gewe-
sen wären, was man, wenn man über andere
Drohnen reden will, hätte thematisieren müs-
sen.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, das haben wir deshalb nicht
gemacht, weil das Thema in diesen Gesprä-
chen - jetzt ganz allgemein formuliert, ohne
dass ich auf ein genaues Gespräch eine
konkrete Aussage machen würde - Drohnen
der Kategorie MALE war, denn da haben wir
ein gemeinsames Anliegen. Sowohl Frank-
reich als auch Deutschland suchen nach
Nachfolgelösungen für Heron 1 bzw. Har-
fang. Die Briten suchen nach keiner Ersatz-
lösung, weil sie ihre Predatoren haben, und
mit den Amerikanern muss man zu dem
Thema reden, weil die Predatoren nur dann
nach Deutschland oder Frankreich kommen,
wenn sie eine Exportgenehmigung bekom-
men, und man wissen will, unter welchen
Bedingungen.

Das ist immer dieses Thema gewesen,
und das Thema der Zulassung ist ein Thema,
was tatsächlich mit allen europäischen Part-
nern besprochen wird, weil viele von denen
das Problem haben, dass sie ihre Drohnen
zurzeit im Einsatz auswärts haben und über
den Tag danach, wenn im Rahmen der
Rückführung sie ihre Drohnen nach Hause
bringen, angesichts einer gewachsenen - -
ich will nicht sagen „Betroffenheit“, also eines
gewachsenen Interesses an der Frage: Wie
zugelassen sind diese Luftfahrzeuge für den
allgemeinen Luftverkehr?

Also, es war ein Thema. Euro Hawk ist
kein Thema mit Frankreich, und es ist auch
kein Thema mit Großbritannien. Wir sind ja
singulär zurzeit mit dieser Fähigkeit, mit die-
sem Projekt, oder wären singulär gewesen.
Es ist ein Thema gewesen über NATO AGS,
nicht der Euro Hawk. Da waren aber keine
Zulassungsfragen Thema, soweit ich das
absehen kann. Also, es macht durchaus

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 939 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 78
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Sinn, dass Sie die Fehlanzeige bekommen
haben. Ich kann mir nämlich nicht vorstellen,
was der Minister über Euro Hawk mit den
Franzosen besprochen hätten, denn das
Zulassungsthema für sich genommen ist
nicht abgeleitet von Euro Hawk, sondern ist
abgeleitet vom Thema „unbemannte Luft-
fahrt“, ganz allgemein.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ah ja.
Also, in vielen internationalen Gesprächen
hat Minister de Maizière auch Zulassungs-
thematik Drohnen diskutiert, und ihm wurde
für diese Gespräche nichts mitgeteilt aus
seinem eigenen Hause über konkrete Zulas-
sungsprobleme, die Ihnen bekannt sind. Ist
das korrektes Arbeiten?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, ich habe gesagt, dass das
Thema Zulassungswesen dem Minister am
Herzen liegt.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Warum
haben Sie das so getrennt?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich habe
keinen Anlass gesehen, das zusammenzu-
führen; denn das Thema Zulassungswesen
betreiben wir seit 2011, und das Problem
Euro Hawk ist nachher gekommen. Also, an
dem Thema Zulassungswesen sind sowohl
der Minister als auch ich schon länger dran,
als es uns bekannt ist, dass es ein Zulas-
sungsproblem beim Euro Hawk gibt. Also,
das ist einfach die historische Herangehens-
weise.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Na ja, der
Abteilung Rüstung war es 2011 natürlich
bekannt. Deshalb -

Zeuge Stéphane Beemelmans: Dessen
ungeachtet.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): - hat ja
Herr Selhausen die Entscheidung getroffen.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Deshalb
habe ich ja auch gesagt, dass das Thema
Zulassung sowohl für den Minister wie auch
für mich sich auf Zulassung im internationa-
len Luftverkehr bei internationalen Projekten
im internationalen Luftraum beschränkt und
sich nicht auf ein bestimmtes Modell eines
bestimmten Luftfahrzeuges beschränkt. Des-

halb hat er auch zu einem bestimmten Luft-
fahrzeug als solchem keine - - jedenfalls ist
mir nicht erinnerlich, dass er etwas bekom-
men hat zum Euro Hawk. Das brauchte er
auch nicht; denn die Beispiele, die wir für
Zulassungsprobleme im militärischen Luft-
verkehr oder bei militärischen Luftfahrzeugen
haben, sind hinreichend da. Ich muss nicht
noch - -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das ist ja
ein schöner Hinweis, sozusagen aber das - -
Wenn man ein eigenes Beispiel hat, ist es
doch noch viel besser, als andere Beispiele
zu suchen, was für Probleme es geben kann.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Wir ha-
ben eigene Beispiele hinreichend.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Warum ist
ihm das vorenthalten worden?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Weil wir
hinreichend eigene Beispiele haben, über die
man das Thema der europäischen - - der
Harmonisierung von Zulassungsregeln be-
sprechen kann.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Nein,
nein, solche Drohnen haben wir ja noch gar
nicht. Aber diese haben wir, und da gibt es
Zulassungsprobleme. Warum wird darüber
nicht geredet, wenn der Minister auf interna-
tionalen Konferenzen und in bilateralen Ge-
sprächen mit seinen Amtskollegen über Zu-
lassungsprobleme bei Drohnen redet?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Weil wir
Probleme über Zulassungsfragen nicht nur
bei Drohnen haben, sondern - ich wiederhole
mich noch einmal - bei Luftfahrzeugen aller
Art haben.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Kann es
sein, dass der Minister, wenn er kritisiert,
dass er nicht genug einbezogen worden ist,
auch das schade findet, dass er das nicht
gewusst hat, als er mit seinen Kollegen
sprach? Vielleicht hätten die sich auch über
einen Hinweis gefreut, zum Beispiel bei
NATO AGS.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Zu
NATO AGS bestand kein Anlass, darauf
hinzuweisen, weil, als wir die Probleme hat-
ten - - oder als wir unsere Entscheidung

Drucksache 17/14650 – 940 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 79
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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getroffen haben, dass wir diese Probleme
nicht als lösbar betrachten und den Aufwand
nicht gerechtfertigt halten, haben wir die
NATO informiert, um sie darauf - - vorzuwar-
nen, damit es da nicht zu den gleichen Kos-
tensteigerungen kommt, die wir dann wiede-
rum zu einem Drittel hätten tragen müssen.
Und zu den anderen Themen sind wir im
Gespräch mit unseren Partnern über die
Frage, wie man internationale luftverkehrs-
rechtliche Standards gemeinsam schaffen
kann, um Zulassung zum allgemeinen Luft-
raum zu erwirken für alle Arten von Projek-
ten, und wie man Zulassungsverfahren har-
monisieren kann. Das ist ein Petitum des
Ministers, ich will nicht sagen: seit Anfang
seiner Amtszeit, aber fast seit Anfang seiner
Amtszeit. Und das bezog sich - - Aber dafür
haben wir Beispiele genug, die eben nicht
den Euro Hawk - - wo wir nicht den Euro
Hawk brauchen als weiteres Beispiel, son-
dern es gibt genügend Beispiele für Zulas-
sungsprobleme im internationalen Verkehr.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das wäre
nun ein eigenes Beispiel. Also, es hört sich
ein bisschen so an, als ob Sie entscheiden,
was ein Problem ist, und wenn Sie es noch
nicht entschieden haben, dass es ein Pro-
blem ist, dann ist es kein Problem. Also, Sie
sind doch aber heute der Meinung, dass es
ein Problem ist seit, sagen wir mal, mindes-
tens 2010, oder?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Also,
seit 2010 bin ich keiner Meinung, weil ich da
nicht im Amt war.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber Sie
können ja rückschauend betrachten. Jetzt
haben Sie ja Aktenkenntnis.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich habe
jetzt Aktenkenntnis, und es gibt ein Problem,
dass 2010 eine Entscheidung getroffen
wurde, die nicht nach oben kommuniziert
wurde. Aber dass es Probleme bei der Zu-
lassung zum allgemeinen Luftverkehr von
Drohnen gibt, das weiß ich, seitdem ich über
Drohnen nachdenke.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber
auch, weil Sie das Euro-Hawk-Problem ja
kennen.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein,
Herr Abgeordneter, das weiß ich - -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ach so,
weil Sie es nicht kennen.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein,
Herr Abgeordneter, das weiß ich, seitdem ich
mich um die Nachfolgelösung Heron 1 küm-
mere und man mir hier aufgeschrieben hat,
dass der Heron 1 in Deutschland nicht zulas-
sungsfähig wäre. Seitdem weiß ich das, und
seitdem weiß ich, dass es kritische Fragen
gibt im Zuge, weil eben das, was bei der
unbemannten Luftfahrt fehlt, der Faktor
Mensch, der auch noch die Sichtbarkeit hat
für die Entscheidung - - dass das nur über-
brückt werden kann mit bestimmten Regula-
rien, bestimmten Mechanismen. Und das
weiß ich, seitdem ich am Heron 1 arbeite, an
der Nachfolge.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber
dann ist die Holschuld doch auch bei Ihnen.
Wenn Sie bei anderen Drohnenprojekten
über diese Probleme nachdenken und sa-
gen: „Das ist da ein Problem“, und Sie haben
noch ein Drohnenprojekt, dann fragen Sie
doch mal: „Wie läuft’s denn da eigentlich?“,
selbst wenn es Ihnen noch nicht gemeldet
sein sollte.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das
habe ich - -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das ist
doch Ihre Holschuld, oder?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das
habe ich gefragt, sobald mir das gemeldet
wurde. Wenn Sie - - Ich habe keine Veran-
lassung gesehen, das vorher zu fragen. Es
ist mir ja, als ich das erste Mal mit dem Euro
Hawk konkret konfrontiert wurde - das war
die vorgezogene Serienbeschaff- - war erst
mal der Überführungsflug. Da habe ich ein-
fach eine fröhliche Erfolgsmitteilung bekom-
men, und dann bin ich nach Manching ge-
gangen und habe da noch eine Erfolgsrede
zu halten gehabt. Da war von Problemen
keine Rede, sondern, man sei auf gutem
Wege, und auf der Grundlage hatte ich kei-
nen Anlass, nachzufragen. Dessen unge-
achtet bin ich - -

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 941 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 80
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Fühlen
Sie sich denn jetzt ein bisschen schlecht
informiert?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein, ich
bin an dem Thema Zulassung für Drohnen,
unabhängig vom Euro Hawk, sowieso schon
dran.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Nein,
aber dass Sie sozusagen diese Erfolgsrede
da noch halten mussten. Herr Selhausen
sagt ja schon, der Überführungsflug habe
ihm - hat er im Verteidigungsausschuss ge-
sagt - gezeigt, dass es Probleme gibt.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Wenn
ich - - Wenn er andere Erkenntnisse gehabt
hätte, als er sie mir vorgelegt hat, wäre ich
schlecht informiert. Ich habe aber keinerlei
Hinweise darauf, dass er andere Erkennt-
nisse hat.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Vielleicht
können wir die MAT-Nummer noch mal sa-
gen, Protokoll des Verteidigungsausschus-
ses, Selhausen-Aussage, Überführungsflug
ist sozusagen erster Hinweis für ihn. Nur für
das Protokoll; schließt sich keine Frage an.
Sie wussten nichts - -

(Zuruf: 24. April!)

- Nein, die MAT-Nummer.

(Zuruf: MAT 1!)

- Okay. Das Protokoll hat es.* - Keine Fragen
mehr.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Keine Fragen mehr. - Kollege Meßmer.

Ullrich Meßmer (SPD): Ich wollte nur
gerne noch mal nachfragen zu den Untersu-
chungen. Sie haben jetzt mehrfach betont,
dass es alternative Beschaffungen gibt im
bisherigen Kostenrahmen. Bezieht sich das
nur auf die Trägerplattform oder auf das Ge-
samtsystem?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das be-
zieht sich nach meiner Kenntnis auf das Ge-
samtsystem.

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-1 zu BB 17-92, Blatt 408.

Ullrich Meßmer (SPD): Zweite Frage
dann in dem Zusammenhang. Wenn dieser
Kostenrahmen bei dieser, wie Sie es nennen,
ergebnisoffenen Untersuchung - ergebnis-
offen heißt, es geht in jede Richtung - dazu
kommt, es geht in diesem Gesamtsystem
Kosten nicht, was heißt das dann?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Dann
heißt das, dass wir, da wir so oder so eine
Vorlage an das Parlament machen, eine
Vorlage mit einem entsprechenden Vor-
schlag machen werden.

Ullrich Meßmer (SPD): Danke schön.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Keine weiteren Fragen mehr? - Dann frage
ich die FDP. - Nein. Dann die Linke. - Kollege
Schäfer.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Ich
habe noch eine Nachfrage zu dem Punkt,
den ich zuletzt angesprochen habe. Da geht
es noch mal um diese MAT 73*, also diese
Vorlage für Sie zum Gespräch 27.09. mit
Herrn Gerwert, also dieser Text vom
25.09.2012, wo diese Danksagung an Sie
drin ist. Da ist auf der Seite 2 auch die
Rede - in Anführungszeichen - von einem
„zerrütteten“ Verhältnis zwischen den Mut-
terhäusern. Es geht um Euro Hawk. Ich habe
es leider jetzt zu spät gesehen, weil man - -
Sonst hätte man es gestern auch die Indus-
trievertreter fragen sollen. Aber meine Frage
ist jetzt an Sie - das war jetzt zur Vorberei-
tung Ihres Gesprächs mit dem Chef von
Cassidian -: Ist das zur Sprache gekommen?
Weil das klingt ja nach dramatischen Auswir-
kungen in der Tat, was auch die Kooperation
bei dem Projekt anbetrifft. Das klingt nach
möglicherweise einem Scheitern schon zu
dem Zeitpunkt. Und da habe ich einfach eine
Nachfrage, welche Rolle das in dem Ge-
spräch gespielt hat.

Ich mache aber da gleich schon eine
Vormerkung, weil man könnte sagen: Da
geht es ja sozusagen um halt industrielle
Auftragnehmer. Die haben ein Problem. So
what? - Aber es geht um ein deutsch-ameri-
kanisches Rüstungsprojekt. Und immer,
wenn es so etwas gibt, was auch immer eine
symbolhafte Bedeutung hat, wird das zum

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 73 BMVg zu BB 17-48, Be-
weismittelordner 11, StS Wolf, Blatt 254.

Drucksache 17/14650 – 942 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 81
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Thema gemacht, bilateral, international, in
der NATO. Also, ich knüpfe da zu dem
Thema an, was der Kollege Bartels auch
angesprochen hat. Ich verstehe es nicht,
dass offensichtlich nach Ihrer Auskunft das
konkrete Thema, das gemeinsame Rüs-
tungsprojekt, nie thematisiert wurde, sondern
allgemein hat man über Zulassungsfragen
geredet. Also, wenn die Amerikaner bei
Meads aussteigen, ist das ein Thema, bilate-
ral. Da werden auch Parlamentarierdelega-
tionen losgeschickt, die also sozusagen dann
mit den Amerikanern sprechen: Was ist da
los? Können wir da zusammenkommen? -
Beim Thema Euro Hawk scheinbar, da hat
man den Eindruck, ist absolute Funkstille.
Kann doch irgendwie nicht wahr sein.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, der - - ich habe jetzt nicht
genau im Kopf - -

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Das ist
in Anführungszeichen drin in dem Text. Des-
halb habe ich es noch mal gefragt.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Wahr-
scheinlich werde ich es angesprochen ha-
ben. Da er der neue Chef war, hat er mir
dann gesagt - - wird er mir geantwortet ha-
ben - so vermute ich das -: Da gehe ich mal
ran und kümmere mich drum. - In dem Pro-
jekt haben ja Northrop Grumman und Cassi-
dian eine gemeinsame GmbH gegründet,
und dann stoßen dann unterschiedliche Kul-
turen - - und der eine verkauft nur die Platt-
form und der andere nur das System, und
gemeinsam schaffen sie die Integration. Da
muss man irgendwie seine - - Der eine muss
seine Bücher aufmachen oder seine
Konstruktionspläne, damit der andere darin
sich einknüpfen kann und andocken kann.
Ich vermute, dass es auf der Ebene da sein
kann. Ich will nicht ausschließen, dass ich es
angesprochen habe. Wenn es da so drin-
stand, habe ich es höchstwahrscheinlich
angesprochen, ja. Jedenfalls ist mir von
Herrn Gerwert nicht im Nachhinein berichtet
worden, dass das zerrüttete Verhältnis wei-
terhin zerrüttet ist; denn wenn ich das richtig
sehe, haben beide Unternehmen wieder zur
Eintracht gefunden.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Also,
es hat jedenfalls auf Ihrer Seite dann auch
keine besonderen Aktivitäten ausgelöst, dass
man also, nachdem Sie es angesprochen

haben - - Ihrer Erinnerung nach gesagt ha-
ben: „Okay, dem müssen wir jetzt auf der
politischen Ebene im transatlantischen Ver-
hältnis“ - und darum geht es ja - „nach-
gehen“?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das
halte ich, Herr Abgeordneter, für etwas über-
höht; denn es geht um atmosphärische Stö-
rungen zwischen zwei Unternehmen, die sich
wahrscheinlich in der Führung einer GmbH
ausgewirkt haben und nicht um etwas Trans-
atlantisches. Jedenfalls habe ich den Ver-
merk damals nicht so verstanden, dass ich
dann als Nächstes meinen Kollegen im US
Ministry of Defense irgendwie anrufen soll,
um ihm zu sagen, Northrop Grumman arbei-
tet nicht mit Cassidian gut zusammen, son-
dern ich habe das beim Chef von Cassidian,
beim neuen, platziert, und der hat mir
höchstwahrscheinlich gesagt: Okay, wenn
Sie da Probleme sehen; ich rede mit dem
neuen Partner, wir klären das.

Jedenfalls in der Nachfolge ist mir das
nicht bewusst geworden. Und wenn ich das
richtig aus der Medienberichterstattung heute
früh gelesen habe, sind beide in der Sache
relativ einträchtig gestern hier aufgetreten.
Also, die Harmonie scheint wiederhergestellt
zu sein.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege Koch.

Harald Koch (DIE LINKE): Herr Staats-
sekretär, ich komme noch mal auf die Erpro-
bungsflüge und das System ISIS zu spre-
chen. Ich will auch die Gelegenheit nutzen,
Sie dazu zu befragen. Wir haben ja nun mit-
bekommen auch in den Zeugenvernehmun-
gen, dass dort Daten eingesammelt werden,
mit eingesammelt werden, die zum Fernmel-
deverkehr zählen, Mobilfunk zum Beispiel.
Wer ist in Ihrem Hause, im Ministerium ins-
gesamt, für diese Erprobungsflüge verant-
wortlich?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Für die
Erprobungsflüge ist sicherlich die Abteilung
AIN zuständig, für die Frage des Abtestens,
ob die Fähigkeit erbracht wird oder nicht
erbracht wird, sicherlich eine der militä-
rischen Abteilungen, weil es - - der AIN geht
es um die Vertragserfüllung. Die Nutzerseite
muss sagen, ob das, was der Zweck der
ganzen Entwicklung ist, tatsächlich auch da
erfüllt wird.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 943 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 82
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Harald Koch (DIE LINKE): Aber die erste
Abteilung ist Ihrem Verantwortungsbereich
als - -

Zeuge Stéphane Beemelmans: Die Er-
probungsflüge, soweit es hier in einem Ent-
wicklungsvorhaben stattfindet, die Tatsache,
dass geflogen wird und wie geflogen wird
und dass da Testreihen gemacht werden,
wird sicherlich vom BAAINBw federführend
gemacht werden, und damit ist es von der
Abteilung AIN.

Harald Koch (DIE LINKE): Nun gibt es ja
den Artikel 10, Post- und Fernmeldegeheim-
nis. Warum haben Sie hier nicht den Daten-
schutzbeauftragten des Bundes oder der
zuständigen Länder, wo die Probeflüge
stattfanden, mit einbezogen?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das
Thema ist wiederum Gegenstand verschie-
dener parlamentarischer Anfragen schon
gewesen und ist, soviel ich weiß, auch Ge-
genstand von ein oder zwei Gesprächsgän-
gen in der G-10-Kommission gewesen. Das
wiederum ist in der Zuständigkeit von
meinem Kollegen Staatssekretär Wolf drin.
Und wir haben - wenn ich das richtig in Erin-
nerung habe - immer wieder dargelegt, dass
genau die Vermutung, die Sie äußern, nicht
der Sinn des Euro Hawk ist und genau das
nicht von uns gemacht wird.

Harald Koch (DIE LINKE): Sind Sie auch
der Meinung, dass das kein Verstoß gegen
das Datenschutzgesetz ist?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Selbst-
verständlich. Das ist auch kein Thema.

Harald Koch (DIE LINKE): Sie sind
selbstverständlich der Meinung - -

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege Koch, das ist eine Bewertungs-
frage.

Harald Koch (DIE LINKE): Ich habe sie
ihm auch gestellt. - Danke schön.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Keine weiteren Wortmeldungen mehr? -
Kollege Schäfer.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Nur ein
Punkt; der ist hier so ein bisschen unterge-
gangen. Der spielt aber insgesamt doch eine
große Rolle. Das ist die Unterrichtungspraxis
des Parlaments in der Öffentlichkeit. Sie
haben in Ihrer ersten Einlassung am Anfang
gesagt - - Da haben Sie sich dezent selbst-
kritisch geäußert, indem Sie gesagt haben:
Ja, mein Chef hat das ja auch kritisiert, dass
ich nicht mal in ein paar Punkten ihn unter-
richtet habe. - An welchen Knotenpunkten
der Entwicklung von Euro Hawk - seit Ihrer
Amtszeit - hätte denn - aus der Nachschau -
das Parlament unterrichtet werden sollen?
Oder gibt es da keinen, sagen Sie: „Das war
alles in Ordnung“?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich halte
die Unterrichtung des Parlaments, die wir ja
anlassbezogen fortlaufend machen als Re-
aktion auf Ihre Fragen und von uns aus im-
mer dann, wenn es eine wesentliche Ver-
änderung des Sachverhalts gibt - - Die we-
sentliche Veränderung ist meines Erachtens
erst eingetreten mit der Entscheidung vom
10. Mai 2013. Dessen ungeachtet hat der
Minister klargestellt, dass er jetzt nicht nur
über eine regelmäßige Berichterstattung
anlasslos - wie Herr Abgeordneter Spatz
gesagt hat - im Haus entscheiden möchte,
sondern dass er daraus abgeleitet auch eine
ebenso anlasslose Unterrichtung des Vertei-
digungsausschusses anstrebt. Darüber sind
wir dabei, die entsprechenden Formate zu
erarbeiten.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt frage ich Bündnis 90/Die Grünen. - Frau
Kollegin Keul.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, Herr Beemelmans, ich habe Ihre Antwort
auf meine vorherige Frage immer noch nicht
verstanden. Also, Sie haben vor der Ent-
scheidung gestanden, die Serie zu bestellen
oder nicht zu bestellen, und haben geprüft:
Gibt es im Kostenrahmen von 600 Millionen
Euro eine Alternative? Wenn es die gibt,
bestellen wir die Serie nicht. Und hätte es
keine gegeben, hätte man die Serie bestellen
müssen. - Habe ich das richtig verstanden?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein,
Frau Abgeordnete. Hätte es keine gegeben,
hätte es eine andere Entscheidungsgrund-
lage gegeben. Und da kann ich Ihnen nicht
sagen, wie wir entschieden hätten; das ist

Drucksache 17/14650 – 944 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 83
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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spekulativ. Sondern es war Teil, seit dem
20. Dezember 2012, dass man eine umfas-
sende Entscheidung erst treffen kann, wenn
man über die Konsequenzen der Entschei-
dung im Hinblick auf die Fähigkeitslücke -
und Herr Staatssekretär Wolf hat in seiner
Paraphe auf dem Vermerk vom 27.03. an
den Generalinspekteur ausdrücklich darauf
hingewiesen, was es mit der Fähigkeitslücke
auf sich hat - - Und da war eine Gesamt-
abwägung. Und in dieser Gesamtabwägung
von Mehrkosten bei Fortführung und den
Kosten bei Umsteigen haben wir uns für Um-
steigen entschieden. Hätte es keine Kosten-
schätzung für Umsteigen gegeben - und die
war ja ausdrücklich beauftragt worden, diese
Kostenschätzung für Umsteigen -, hätten wir
eine andere Entscheidungslage gehabt, und
dann hätten wir anders entschieden. Ich weiß
nicht, wie wir entschieden hätten. Darüber zu
spekulieren, verbietet sich, glaube ich.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Aber ich verstehe immer noch nicht - wir
reden ja jetzt hier schon Stunden darüber -:
Es gibt doch auch bis heute keine Alternative
im Kostenrahmen, die vorliegt. Also, was soll
denn diese Alternative gewesen sein? Das
habe ich nach wie vor nicht verstanden.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Es
gibt - -

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sie prüfen doch immer noch. Wie konnten
Sie dann die Entscheidung schon treffen,
und dann sagen Sie uns aber: „Ja, aber die
Alternativen prüfen wir noch“?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Frau
Abgeordnete, es gibt eine Studie, in der uns
Alternativen aufgezeigt wurden, und, wie der
Abgeordnete Schäfer richtig dargestellt hat,
die technische Machbarkeit von Alternativen
dargelegt wurde, und diese - -

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Entschuldigung, aber das ist ja die, die Sie
nicht kennen, nicht wahr?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Die-
jenige, die zusammengefasst ist in beiden
Vorlagen, in einer entsprechenden Ziffer, die
sagt: Wir haben das studiert und untersucht,
und wir müssen das jetzt vertieft untersu-
chen, nämlich das Ergebnis der Studie spie-

geln an unseren Erfahrungswerten. Und auf
den Hinweis auf die mögliche Alternative
haben wir die Entscheidung gestützt, ja.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Aber das ist doch genau die Studie, nach der
ich Sie vorhin gefragt habe, -

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja, so
ist es.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
- bei der als Alternative herauskommt: Nur
das Produkt FEMALE von der Firma Cassi-
dian kommt ernsthaft in Betracht als alterna-
tive Trägerplattform. Also, dann war das Ihre
Entscheidungsgrundlage, die Serie nicht zu
bestellen - - war FEMALE. Sehe ich das rich-
tig?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein,
Frau Abgeordnete, das sehen Sie nicht rich-
tig, denn FEMALE ist mit keinem Wort in der
Vorlage erwähnt, sondern in der Vorlage ist
nur erwähnt, dass es Alternativen gibt, im
Kostenrahmen. Und weil wir wissen, wir
könnten etwas anderes haben, haben wir
beauftragt, das jetzt vertieft zu untersuchen:
Was von dem, was wir haben könnten, wol-
len wir jetzt als Alternative haben? Denn das,
was wir bislang vorhatten haben zu wollen,
ist unwirtschaftlich.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Aber Herr Beemelmans, Entschuldigung, ich
kann das nicht nachvollziehen. Sie sind der-
jenige, der da sitzt und diese Entscheidung
treffen muss, die Serie nicht zu bestellen,
und Sie kriegen eine Vorlage, in der heißt es:
Es gibt eine Alternative im Kostenrahmen.
Und diese Aussage ist für Sie ja so wichtig,
dass Sie darauf Ihre Entscheidung stützen.
Und Sie fragen aber nicht nach, was das
denn für eine Alternative sein soll?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Die ver-
tieft zu betrachten ist und die einer geson-
derten Überarbeitung oder Erarbeitung be-
darf. Das ist ja der Gegenstand.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, aber Sie haben nicht gefragt, was das für
eine Alternative ist?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich hätte
auch keine Alternative geglaubt, die in zwei

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 945 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 84
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Monaten wie jetzt im Vermerk herausge-
kommen wäre, wo wir gesagt hätten: Also,
da steigen wir aus, und da haben wir jetzt
das andere. - Sondern das ist Gegenstand
einer vertieften Untersuchung. So viel Zeit
muss sein.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Aber, ich meine, Sie hätten ja, weil Sie ja
diese Entscheidung eigenverantwortlich, wie
Sie uns ja gesagt haben, als Staatssekretär
treffen wollten - - nicht vielleicht mal wenigs-
tens die Zusammenfassung dieser Studie,
auf die Sie sich berufen - - Also, das sind fünf
Seiten. Wenn man da reingeguckt hätte,
hätte man gesehen: Es geht um FEMALE.
Also - -

Zeuge Stéphane Beemelmans: Frau
Abgeordnete, wenn Sie mir daraus einen
Vorwurf machen wollen, gerne. Ich habe die
Aussage in ihrer Abstraktheit akzeptiert, mit
dem Hinweis, dass das jetzt vertieft zu unter-
suchen ist. Und das haben wir sehr transpa-
rent auch im Verteidigungsausschuss ge-
macht, dass die jetzt bis Ende des Jahres
vertieft untersucht werden.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also, dann war die Studie, die Sie nicht
kannten, aber Entscheidungsgrundlage für
Sie, die Serie nicht zu bestellen?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein. Im
Vergleich zu - ich wiederhole mich leider -
den 600 Millionen Mehrkosten für die Zulas-
sung, der geschätzten Milliarde Mehrkosten
für die Nutzung und dem nicht vorhandenen
Missionsplanungssystem. Das ist ein ganzes
Bündel an Pros und Kons, die irgendwie
miteinander abzuwägen waren.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Würden Sie jetzt rückblickend sagen, Sie
hätten sich vor dieser Entscheidung vielleicht
doch noch näher damit befassen müssen?
Würden Sie das vielleicht im Nachhinein als
zu dünn betrachten, oder machen Sie sich da
Vorwürfe, dass Sie sich die Alternativen da
nicht noch näher angeschaut haben?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ob ich
Ihnen verrate, ob ich mir Vorwürfe mache,
weiß ich nicht. Muss ich das? Nein.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Es ist eine Frage. Wenn Sie sich keine ma-
chen, können Sie die Frage mit Nein beant-
worten.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein.
Frau Abgeordnete, ich stehe zu der Ent-
scheidung. Die ist nicht nur von mir so ge-
troffen, sondern die ist im Hause fein abge-
wogen, und ich bin zuversichtlich, dass wir
nicht nur das ISIS zu Ende austesten werden
und ein gutes Missionssystem bekommen,
sondern auch eine gute alternative Plattform
bekommen. Und insoweit harre ich der
Dinge, die jetzt kommen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Jetzt würde ich gerne noch einmal zu den
Gesprächen mit Herrn Gerwert zurückkom-
men; den hatten wir hier auch schon als
Zeugen. Vielleicht vorab die Frage: Wie oft
haben Sie denn überhaupt mit Herrn Gerwert
direkt Gespräche geführt?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Da gibt
es eine Liste. Das haben Sie irgendwie auch
noch schriftlich erbeten. Ich weiß nicht. Ein
Dutzend, 20-mal vielleicht.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ach ja. Gut. Ja, das reicht mir.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das be-
kommen Sie auch noch schriftlich.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also, Sie hatten ja uns vorhin auch erklärt,
dass Sie bei Anschaffungen und Entwicklun-
gen grundsätzlich immer die Zulassung im
allgemeinen Verkehr prüfen, weil „das ma-
chen wir grundsätzlich immer schon so“. Ich
glaube, Sie haben sogar gesagt: seit Beste-
hen der Bundesrepublik. Jetzt hat uns ges-
tern Herr Gerwert gesagt, dass für ihn von
Anfang an klar war - also auch zum Zeitpunkt
des Vertrages; da habe ich extra noch mal
nachgefragt -, dass der Euro Hawk keine
zivile Luftfahrtzulassung jemals bekommen
kann, weil das gar nicht möglich wäre, und
so einen Vertrag hätte er auch nie unter-
schrieben.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja, das
bezieht sich auf das Thema Kategorie 2 und
Kategorie 3, und das bezieht sich auch da-
rauf, dass die Notwendigkeit dafür nicht ge-

Drucksache 17/14650 – 946 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 85
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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sehen ist, wenn man im kontrollierten Luft-
raum - - oberhalb des Luftraums hochgeht,
dann muss man das oben nicht mehr haben.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, aber Sie hatten uns doch vorhin geschil-
dert - das habe ich mir hier so mitgeschrie-
ben, dass Sie das gesagt haben -: Wir prüfen
immer; wir streben immer die Zulassung im
allgemeinen, also im zivilen, Verkehr an.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Weil wir
unsere Geräte so ausrichten, dass sie am
allgemeinen Verkehr teilnehmen. Wenn ich
aber mit einem Gerät am allgemeinen Ver-
kehr nicht teilnehme, dann brauche ich es
nicht.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also haben Sie beim Euro Hawk nicht darauf
gedrängt?

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Frau Kollegin, es tut mir leid. Ich muss die
CDU fragen. - Nein. Die SPD? - Nein. Die
FDP? - Nein. Die Linke? - Herr Kollege Koch.

Harald Koch (DIE LINKE): Herr Staats-
sekretär, habe ich Sie vorhin richtig verstan-
den, dass Sie meinten, das ISIS ist für die
Erfassung von Mobilfunktelefonatdaten nicht
ausgelegt?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das
ISIS ist ausgelegt darauf, Fernmeldeverkehre
von unseren Gegnern zu erfassen. Das ist
nicht auf das ausgelegt, was Sie denken.

Harald Koch (DIE LINKE): Also, ich lese
Ihnen jetzt einmal was vor zur Auslegung
und zu den Fähigkeiten des ISIS.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege Koch, aus was lesen Sie vor?
Von was lesen Sie vor?

Harald Koch (DIE LINKE): Ich lese aus
der Presse vor.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ja, dann sagen Sie, dass Sie aus einem
Presseartikel zitieren.

Harald Koch (DIE LINKE): Das kann jetzt
im Grunde genommen jeder elfjährige Com-
puterfreak Ihnen vorerzählen. Ich brauche es

nicht vorzulesen. Ich kann es Ihnen auch so
sagen: In einer Höhe von mindestens 15 Ki-
lometern kann dieses Gerät, dieses ganze
System, im Umkreis von 400 Kilometern -
wenn es also über Mitteldeutschland fliegt
fast bis hoch nach Flensburg und nach
Süden runter bis Augsburg - alle Funksignale
aufsammeln, die stark genug sind, von die-
sem Sensorensystem erfasst zu werden.
Dazu zählen auch Mobilfunkverbindungen.

Sie haben vorhin bestätigt, dass Sie als
Staatssekretär auch für diese Erprobungs-
flüge zuständig sind. Unabhängig jetzt von
parlamentarischen Anfragen frage ich Sie
trotzdem, ob Sie sich dessen bewusst sind,
dass also unter Ihrer Verantwortung even-
tuell gegen den Datenschutz verstoßen
wurde. Und hätten Sie nicht doch den Daten-
schutzbeauftragten einbeziehen müssen,
zumindest zur Klärung - -

(Henning Otte (CDU/CSU): Das ist
nicht Untersuchungsauftrag!)

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege Koch, das ist nicht Inhalt des
Untersuchungsauftrages.

Harald Koch (DIE LINKE): Doch, das ist
Inhalt.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Nein, das ist nicht Inhalt.

Harald Koch (DIE LINKE): Das ist Inhalt,
das ist Inhalt.

(Henning Otte (CDU/CSU): Nein!)

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich lasse diese Frage so nicht zu.

Harald Koch (DIE LINKE): Doch, doch.
(Jan van Aken (DIE LINKE): Frau
Kastner, das geht so nicht! Wir ha-
ben einen Untersuchungsauftrag
beschlossen! Da haben wir 14
Punkte! Wenn Sie sich den Punkt 2
des Unter- -)

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege van Aken, ich unterbreche die
Sitzung. Ich bitte den Zeugen, den Saal zu
verlassen, die Gäste auch, und dann machen
wir eine Beratungssitzung. Bitte schön.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 947 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 86
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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(Unterbrechung des Sitzungsteils
Zeugenvernehmung, Öffentlich:
14.10 Uhr - Folgt Sitzungsteil
Beratung)

(Wiederbeginn des Sitzungsteils
Zeugenvernehmung, Öffentlich:
14.21 Uhr)

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Die unterbrochene Sitzung wird fortgeführt.

Fortsetzung der Vernehmung des
Zeugen Stéphane Beemelmans

Das Wort zu einer Frage hat der Kollege
Koch.

Harald Koch (DIE LINKE): Herr Beemel-
mans, bevor ich die Frage stelle, die ich
eigentlich noch stellen wollte: Ist es so, dass
wir in einer nichtöffentlichen Sitzung Ihnen
Fragen stellen könnten, die Sie dann beant-
worten könnten?

(Lachen bei der CDU/CSU und der
FDP - Zuruf von der CDU/CSU: Das
darf nicht wahr sein!)

Ja, es gibt ja jetzt einige Fragen, wo Sie, es
ist schon ein bisschen her, ausgewichen
sind. Also, ich persönlich hatte den Eindruck,
dass Sie das vielleicht aus Geheimnis-
schutzgründen gemacht haben, wie jetzt
auch zu den Fähigkeiten des ISIS-Systems.
Es ist die Frage, ob Sie dann bereit wären,
solche Fragen in einer geheimen Sitzung zu
beantworten.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich bin
deshalb ausgewichen, weil ich dazu selbst
nicht der Fachmann bin.

Harald Koch (DIE LINKE): Okay. -
Jetzt - -

Zeuge Stéphane Beemelmans: Also, ich
würde durch Anwendung parlamentarischer
oder sonstiger Folterinstrumente nicht zu
besseren Erkenntnissen kommen.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der
CDU/CSU)

Harald Koch (DIE LINKE): Wir betrach-
ten das nicht als Folter.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich auch
nicht.

Harald Koch (DIE LINKE): Haben Sie im
Hause darüber sich beraten, wenn ja, den
Datenschutzbeauftragten mit einzubeziehen,
und wenn Sie zu dem Ergebnis gekommen
sind, nein, warum?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Dazu
kann ich Ihnen überhaupt nichts sagen, weil
die Frage der Nutzung des Systems nicht in
meine Zuständigkeit fällt und ich Ihnen da
nichts Richtiges und höchstens Falsches
sagen könnte. Ich weiß es nicht.

Harald Koch (DIE LINKE): Aber wenn
Sie für die Erprobungsflüge verantwortlich
sind, dann sind Sie auch verantwortlich für
das, was mit dem Gerät, mit dem System
gemacht wird, dann müssen Sie sich doch
dafür mal interessieren.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja, das
tue ich auch. Aber der - - Diese Debatten
sind geführt worden. Sie haben ja auch zu
den entsprechenden parlamentarischen
Antworten - darauf habe ich vorhin hingewie-
sen - und auch zu entsprechenden Ge-
sprächsthemen, glaube ich, wenn ich das
richtig sehe, in der G-10-Kommission geführt,
wo Staatssekretär Wolf, wenn ich das richtig
in Erinnerung habe, die Antworten gegeben
hat, die dazugehören: dass es keinesfalls
unsere Absicht ist, irgendetwas zu erfassen,
all das, was wir erfassen, was nicht Gegen-
stand der Erprobung ist, selbstverständlich
umgehend gelöscht wird.

Harald Koch (DIE LINKE): Also, Sie mei-
nen - -

Zeuge Stéphane Beemelmans: So habe
ich die Antworten in Erinnerung; aber soviel
ich weiß, hat sie Staatssekretär Wolf gege-
ben.

Harald Koch (DIE LINKE): Also, so wie
ich Sie jetzt verstanden habe, kann dazu
Herr Staatssekretär Wolf mehr sagen.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Er ist je-
denfalls derjenige, der zu den Punkten in den
entsprechenden Kommissionen des Bun-
destages Rede und Antwort gestanden hat.

Drucksache 17/14650 – 948 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 87
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Harald Koch (DIE LINKE): Gut. - Danke
schön.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Keine weiteren Fragen mehr von den Lin-
ken? - Dann die Grünen. Frau Kollegin Keul.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Es sind noch ein paar kleine Fragen übrig
geblieben. - Noch mal zu dem Gespräch mit
Herrn Gerwert: Der hat als Zeuge hier zu
dem Thema „Verschlüsselungstechnik“ und
„German eyes only“ gesagt, sein Unterneh-
men sei sicherlich in der Lage, eine eigene
Verschlüsselungstechnik zu entwickeln; dann
müsste er halt nur mal einen Auftrag kriegen.
Da ging es ja darum, dass die Verschlüsse-
lungstechnik dazu führt, dass die Amerikaner
die Informationen kriegen. Wird in Ihrem
Hause geprüft, einen solchen sozusagen
nationalen Auftrag für die Verschlüsselungs-
technik zu vergeben?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Also, bei
dem konkreten Sachverhalt ist mir das nicht
bekannt. Aber das finde ich nicht ungewöhn-
lich, dass ein Unternehmer sagt, er ist auch
gerne bereit, weitere Teile des Auftrages
selbst zu übernehmen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Na ja, ich frage nur deshalb, weil wir uns ja
einig sind, dass dieses „for German eyes
only“, das Nationale, ja eigentlich Kern der
ursprünglichen ISIS-Entwicklung war, dass
man endlich was Eigenes haben wollte, wo
man nicht von den Amerikanern abhängt,
und nun - -

Zeuge Stéphane Beemelmans: Und das
ist bei ISIS, Frau Abgeordnete, auch tatsäch-
lich so. Das Problem ist die Schnittstelle zur
Plattform.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Hm. - Sie hatten vorhin - das sind jetzt unter-
schiedliche Fragenkomplexe - die Status-
berichte noch mal erwähnt, anfangs; es ist
schon ein paar Stunden her. Die sind ja ab
Mitte 2011 im BMVg abbestellt worden, ha-
ben Sie vorhin, glaube ich, wörtlich gesagt.
Jedenfalls konnten wir ja auch sehen, dass in
den Statusberichten keine Bewertung des
BMVg mehr drin ist. Wer hat denn diese
Statusberichte abbestellt, und wer ist dafür
verantwortlich?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Wenn
ich den Bericht der Ad-hoc-Arbeitsgruppe
richtig in Erinnerung habe oder die Debatten
im Verteidigungsausschuss, wo das ein
Thema war, dann ist das von dem zuständi-
gen fachaufsichtführenden Referat so ge-
schehen, weil die mit diesen Berichten nichts
mehr anfangen konnten.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also Herr Selhausen, ja?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein,
noch nicht mal Herr Selhausen, sondern,
wenn ich das richtig in Erinnerung habe, der
zuständige Referatsleiter.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Aber Sie haben vorhin ja auch gesagt, dass
das wohl ein Fehler ist, weil das Controlling
nicht besser ist - es sei ganz oft so -; Con-
trolling sei sicher nicht der richtige Weg. - Hat
es da mal eine Rückmeldung gegeben?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich habe
gesagt, dass, wenn etwas veraltet ist, darauf
zu verzichten, für sich genommen richtig ist,
wenn man eine vernünftige Alternative dafür
implementiert. An dieser Implementierung
einer vernünftigen Alternative wird derzeit
gearbeitet. Es ist nur so, dass das fachauf-
sichtführende Referat entschieden hat,
quartalsmäßige Berichte, die einen fünf Mo-
nate alten Stand berichten, nicht mehr zu
erbitten, sondern sich an der Arbeit an einem
neuen Controlling-System zu beteiligen, an
dem jetzt gearbeitet wird.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Und bis das erarbeitet ist, verzichtet man
also ganz auf Controlling?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Bis es
erarbeitet wird, gehe ich davon aus, dass das
fachaufsichtführende Referat sein Controlling
mit anderen Mitteln versieht.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Was sind denn das für Mittel?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Regel-
mäßige Statusberichte, Jour fixes und was
man alles so im Zuge eines Projektes macht.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Aber die regelmäßigen Statusberichte hatte

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 949 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 88
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

man doch gerade abbestellt. Also, das ver-
stehe ich jetzt nicht.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Berichte
auf anderem Wege, nicht die Statusberichte
in so einem formalisierten Verfahren, son-
dern halt, dass man regelmäßig eine andere
Form eines Berichtes bekommt und er in
einen Verteiler integriert wird, und eben Jour
fixe, Projekt-Jour-fixe und dergleichen mehr.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, ja.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Es gibt
nicht nur die schriftliche Form der Unterrich-
tung.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Belassen wir es mal dabei. - Kommen wir
mal zum Thema Abnahme. Jetzt ist es ja so,
dass durch den Zeitplan ausgerechnet - ich
weiß nicht, ob das Zufall ist oder ob man das
nicht verhindern konnte - eine Woche nach
der Bundestagswahl die entscheidende Ab-
nahme des Gesamtwerkes erfolgen muss.
Wie laufen denn die Vorbereitungen in Ihrem
Haus für diese Abnahme? Denn wenn wir
abnehmen, müssen wir ja auch prüfen, ob
wir teilweise vielleicht Mängel rügen oder
teilweise die Abnahme ablehnen wegen
Einschränkungen. Wer bereitet das vor?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das - -
Ich gehe davon aus, dass das BAAINBw
macht, das dieses Projekt federführend be-
treut. Das, die Abnahme, wird nicht in unse-
rem Haus erfolgen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sie gehen davon aus. Haben Sie da schon
mal nachgefragt, wie die sich auf die Ab-
nahme vorbereiten?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein.
Ich gehe davon aus, dass sie sich auf die
Abnahme vorbereiten, wie das BAAINBw
sich auf die Abnahme der 1 200 anderen
Rüstungsvorhaben vorbereitet, nämlich nach
den Regeln der Kunst, wie sie immer Ab-
nahmen machen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Nun handelt es sich aber bei diesem Projekt
nicht um „1 200 andere“, sondern um eins
von 30 leitungsrelevanten Vorhaben der Ka-

tegorie 1 A, zu einem Wert, wo man immer-
hin schon mal in Vorleistung gegangen ist,
mit 600 Millionen. Und wir sitzen ja auch
immerhin hier, sodass dieses Ding ja eine
gewisse Bedeutung hat.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja, Frau
Abgeordnete. Aber die Abnahme ist nicht so
zu verstehen, dass es in der logischen Se-
kunde zwischen dem 30. September 2013
und dem 1. Oktober 2013 zu erfolgen hat,
sondern dass die Abnahme ein Prozess ist.
Man bekommt das Produkt hingestellt und
gesagt: „Das erfüllt jetzt die Anforderungen“,
und dann gibt es die entsprechenden Ab-
nahmeuntersuchungen. Das ist jedenfalls
nicht so in einer logischen juristischen Se-
kunde zu machen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Das ist schon klar.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Aber ich
gehe davon aus, dass das BAAINBw das
sehr sorgfältig untersucht.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also, werden Sie jetzt dann auch in der
nächsten Zeit, wenn es bisher noch nicht
geschehen ist, mit dem BAAINBw wegen der
Abnahme dieses Euro Hawks und den weite-
ren Abnahmeprüfungen dann mal kommuni-
zieren oder sich auseinandersetzen?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich
werde gerne Ihre Anregung aufnehmen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Das ist erfreulich. - Dann hatten wir vorhin
die Frage: Was passiert nach der Abnahme
eigentlich jetzt mit dem Flugzeug? Also, das
steht ja jetzt in Manching. Angenommen, wir
nehmen es teilweise ab: Besteht die Mög-
lichkeit, vielleicht ISIS abzunehmen und das
Flugzeug zurückzuweisen? Was würde dann
mit dem Flugzeug passieren?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Frau
Abgeordnete, ich habe vorhin gesagt: Das
wird Teil der Entscheidungsvorlage sein, die
wir dann im Zuge der Beendigung der Erpro-
bungsflugbetriebe bekommen werden.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also, es gibt ja im Prinzip nur eine Garage für
dieses Flugzeug, die wir für mehrere Millio-

Drucksache 17/14650 – 950 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 89
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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nen in Jagel, Schleswig, ja schon gebaut
haben. Kann ich davon ausgehen, dass das
dann sozusagen da zwischengeparkt wird?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein,
Frau Abgeordnete, davon können Sie nicht
ausgehen. Sie können davon ausgehen,
dass wir das entscheiden werden, wenn die
entsprechenden Untersuchungen beendet
sind. Denn es muss ja nicht zwingend ge-
parkt werden; es kann ja auch genutzt wer-
den.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also, genutzt werden? Ja, wie? Mit was für
einer Zulassung? Mit der vorläufigen Zulas-
sung? Mit der VVZ? Oder wie meinen Sie
das?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Mit die-
ser Zulassung - - Das ist alles Gegenstand
der Untersuchung. Es ist einfach zu früh,
jetzt zu entscheiden, was wir am 30.09. mit
dem Euro Hawk machen werden.

(Michael Brand (CDU/CSU):
Nachvollziehbar, ja!)

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Na ja, so lange ist das ja jetzt nicht unbedingt
hin.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das ist
nicht so lange hin; aber ich sehe keinen An-
lass, jetzt darüber zu spekulieren. Ich möchte
erst die Abnahme haben und möchte wissen,
dass wir die Tests erfolgreich abgeschlossen
haben, und dann wird sicherlich in dem Be-
richt über die Qualifizierung und die Ab-
nahme vom ISIS-Missionssystem ein Hin-
weis enthalten sein, was man jetzt vorzu-
nehmen gedenkt.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Und ich bin dann so weit mit meinen Fragen
durch und würde an den Kollegen Lindner
abgeben.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Bitte schön. - Also, ich frage jetzt erst die
CDU/CSU. - Nein. Die SPD? - Nein. Die Lin-
ken? - Nein. Dann bitte schön, Herr Kollege
Lindner.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Vielen Dank, Frau Vorsitzende. -

Herr Beemelmans, das Begriffspaar, um das
sich ja dieser Ausschuss teilweise dreht, ist
„lösbar“ und „unlösbar“ von Problemen. Ist
das eine im Bundesministerium der Verteidi-
gung übliche Klassifikation von Problemen?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich halte
sie für eine zutiefst menschliche, rational
begründbare Klassifikation.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Führen Sie eine solche Klassifi-
kation auch bei anderen Problemen als aus-
schließlich bei Problemen der Musterzulas-
sung des Euro Hawk durch?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja, es
gibt immer einen Punkt, an dem ich sage:
Das lohnt nicht mehr. - Das würde ich auch -
so viel verrate ich - im privaten Bereich so
machen.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aber Sie werden mir zustimmen,
dass die Begriffe „lösbar“ und „unlösbar“ in
Vorlagen Ihres Hauses in der Regel nicht
auftauchen. Zumindest ist es mir nicht gelun-
gen, diese Worte da jetzt zu finden.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Weil in
den Vorlagen meines Hauses diese Begriffe
zwar nicht zusammengeführt werden, son-
dern in einem Sachzusammenhang sind. Es
wird oben das Problem dargelegt und unten
die Lösung, und dann wird daran gearbeitet.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie haben vorhin ausgeführt auf
Nachfrage der Kollegin Brugger, dass Sie
das Problem der Musterzulassung des Euro
Hawk für unlösbar hielten oder als unlösbar
eingeschätzt haben, weil der - ich zitiere es
jetzt sinngemäß - zu erwartende Ertrag nicht
mehr in einem vernünftigen Verhältnis zu den
Kosten, zusätzlichen Kosten, die entstehen
würden, stand. Habe ich das so richtig ver-
standen?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das bedeutet dann, dass ja Un-
lösbarkeit eine Beurteilungsfrage ist.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja,
selbstverständlich.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 951 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 90
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wer nimmt in Ihrem Haus sonst
solche Beurteilungen vor, welche Stufe der
Hierarchie?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Diese
Beurteilungen nehmen alle vor, die am Pro-
jekt arbeiten, und legen dann praktisch ihre
Beurteilungen dem nächsten Vorgesetzten
vor, wenn es darum geht, dann eine Verän-
derung oder Anpassung am Projekt vorzu-
nehmen. Wenn Sie an dem konkreten Bei-
spiel das nachprüfen wollen, dann haben
diese Abwägung alle beteiligten Abteilungen,
der Generalinspekteur und zwei Staats-
sekretäre genauso getroffen.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Die Kollegin Keul hat ja eben
nachgefragt - -

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ent-
schuldigung, der Minister hat es gebilligt. Ich
vergaß.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ja. - Die Kollegin Keul hat ja
eben nachgefragt wegen Alternativen. Sie
haben gesagt: Hätten Sie nicht Kenntnis
gehabt, dass es Alternativen geben könnte,
die man im Rahmen des Kostenrahmens
realisieren kann, hätten Sie eine andere Ent-
scheidungssituation gehabt. Würde das dann
auch implizieren, dass auf einmal die Pro-
bleme mit dem Euro Hawk von unlösbar auf
lösbar umschwenken in dieser anderen Ent-
scheidungssituation, oder würden Sie dann
immer noch sagen, die Unlösbarkeit, also die
von Ihnen so beurteilte Unlösbarkeit, ist un-
abhängig von der Alternativenfrage?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich habe
gesagt: Es hätte eine andere Entschei-
dungslage gegeben. Und diese andere Ent-
scheidungslage wäre gewesen: Ist uns die
Schließung der Fähigkeitslücke so viel wert,
dass wir 600 Millionen Mehrkosten für die
Zulassung und 1 Milliarde Mehrkosten für die
Nutzung haben, was wiederum dazu führen
würde, inzidenter, dass andere Fähigkeits-
lücken nicht geschlossen werden können?
Das wäre das Thema der Abwägung gewe-
sen. Da hätte dann der Generalinspekteur
praktisch uns sagen müssen: Ich verzichte
zugunsten der Schließung dieser Fähig-

keitslücke auf geschätzt 1,6 Milliarden Mittel
zur Schließung anderer Fähigkeitslücken.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wann haben Sie zum ersten Mal
das Problem um die Serienbeschaffung des
Euro Hawk als unlösbar betrachtet? Und sind
Sie der Auffassung gewesen, dass es unlös-
bare Probleme sind, um in dieser Diktion zu
bleiben?

(Markus Grübel (CDU/CSU): Habe
ich auch schon gefragt!)

- Einfach nur zur Sicherheit noch mal, weil
ich eine Frage gern anschließen möchte, und
das - -

Zeuge Stéphane Beemelmans: Also,
Herr Abgeordneter, berichtet in der Vorlage
wurde es mir am 20.12.2012. Da haben wir
hinterfragt: Was sind die Alternativen? - Ich
würde sagen, für mich ist der entscheidende
Punkt gewesen, als auch noch spezifiziert
wurde, was in der Vorlage vom 20.12. nach
meiner Erinnerung nicht der Fall war - - Aber
in der Vorlage vom 29.04.2013 erst spezifi-
ziert wurden die Mehrkosten durch die Ein-
stellung der Global Hawk Block 20 - Nutzung
durch die Amerikaner -, als dann die Milliarde
noch dazukam und zusätzlich die Informa-
tionen über die Verzögerung des Missions-
planungssystems. Da habe ich gesagt: Das
ist zu viel. - Das war für mich der Punkt.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das Problem wurde dann von
unlösbar irgendwann unlösbarer. Ab wel-
chem Punkt informieren Sie den Minister?
Informieren Sie den Minister bei unlösbaren
Problemen, oder informieren Sie ihn erst,
wenn noch was dazukommt?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich habe
den Minister informiert, als ich eine Entschei-
dungslage gesehen habe, in der das, was er
beauftragt hatte, in der Form, in der er es
beauftragt hatte, nicht realisierbar war. Er hat
beauftragt, den Euro Hawk auf der Basis
Global Hawk Block 20 mit ISIS zur Schlie-
ßung der SIGINT-Fähigkeitslücke zu realisie-
ren, und als eines der zwei wesentlichen
Elemente nicht mehr unter vertretbarem
Aufwand realisiert werden konnte, habe ich
den Minister informiert.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie haben jetzt eben gesagt, mit

Drucksache 17/14650 – 952 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 91
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

der Vorlage vom 20.12.2012 und danach
noch mit einer Information über Global Hawk
hat sich für Sie das Problem als unlösbar
dargestellt. Heißt das aber dann, dass in der
Vorlage zur Gesprächsvorbereitung des
Herrn Ministers mit Haushältern der Koalition
im März 2013 dann nicht von unlösbaren
Problemen die Rede sein muss, oder sind
ihm die Probleme dann falsch dargestellt
worden, wenn der Herr Minister ausführt,
dass ihm vor dem 13.05. das nie als unlösbar
dargestellt worden sei?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich habe
Ihnen gesagt, dass für mich der Punkt, an
dem sich das entschieden hat, gefallen ist,
als ich noch zusätzlich die Milliarde Mehr-
kosten in der Nutzung und die Missionspla-
nungssysteminformation bekommen habe.
Das ist zeitlich nach der Vorlage für das Be-
richterstattergespräch für den Minister.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Also, Sie würden sagen, im De-
zember 2012, wenn ich Sie jetzt richtig ver-
standen habe, war es dann doch nicht un-
lösbar, weil wenn Sie - -

Zeuge Stéphane Beemelmans: Im De-
zember 2012 zeichnete sich ab, dass - - Aber
die Informationen waren tatsächlich noch
nicht vollständig da, weil es noch um die
Frage der Alternativen ging, und auch, ob ich
eine zu vertretbarem Aufwand vorhandene
Alternative habe, spielt eine Rolle im Ver-
gleich zu der Alternative, die ich bislang ver-
folgt habe. Das ist die Frage, die Frau Abge-
ordnete Keul gestellt hat. Wenn ich weiß,
dass ich eine sehr viel günstigere Alternative
betreiben kann, macht das die ursprünglich
verfolgte Alternative natürlich noch ungünsti-
ger.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Danke schön.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Sind noch weitere Fragen da? CDU? - Nein.
SPD? - Nein. FDP? - Nein. Linke? - Nein. -
Dann, bitte schön, Kollege Nouripour.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Herr Staatssekretär, im Solda-
tengesetz § 10 Abs. 2 steht, dass Vorge-
setzte eine Pflicht zur Dienstaufsicht haben.
Gilt das auch für den Minister?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja, dann
vermute ich, gegenüber seinen unmittelbaren
Untergebenen. Aber das ist eine Rechts-
frage, die ich aus dem Ärmel jetzt nicht so
schütteln kann.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie wissen nicht, ob - -

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich bin
auch nicht Soldat. Mir gegenüber wahr-
scheinlich nicht, aber da gibt es andere Pa-
ragrafen aus dem Beamtenrecht, und der
Minister ist der Inhaber der Befehls- und
Kommandogewalt, und ich vermute, dass er
die Dienstaufsicht delegiert, aber auch prak-
tiziert. Aber ich bin da kein Rechtsexperte
auf - -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aber im Soldatengesetz steht
nicht - - Wenn ich es richtig verstanden habe,
sind Sie Jurist, aber im Soldaten- - Dann
kann ich Ihnen sagen: Im Soldatengesetz
steht nicht, dass der IBuK seine Dienstauf-
sicht zu delegieren hat, sondern dass er eine
Pflicht hat, sie auszuüben.

Mich würde noch mal interessieren - wir
haben vorhin das angefangen, und dann war
die Redezeit auch zu Ende -: Können Sie
noch mal erklären, was die Rolle eines Mi-
nisters ist bei einer Kategorie 1, leitungsrele-
vanten Beschaffungsvorhaben?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, im CPM ist davon die Rede,
dass die Vorhaben, die in der Kategorie 1
oder A eingestuft sind, von besonderer Be-
deutung und dementsprechend leitungsrele-
vant sind und dementsprechend - das ist der
Sinn dieser Einstufung - ein besonderes
Interesse der Leitung zu unterstellen ist und
dementsprechend so zu verfahren ist, dass
die Leitung informiert ist. Das ist, wenn man
so will, auch ein Hinweis an die Projektleiter,
dass sie, wenn ein Projekt in dieser Katego-
rie eingestuft ist, wegen der besonderen
Relevanz, die sich im Zweifel aus dem finan-
ziellen Umfang des Projektes ableiten wird,
verpflichtet sind, immer zu bedenken, dass,
was auch immer geschieht, das ein Thema
für die Leitung ist. Das verstehe ich aber als
einen Hinweis an die Projektleiter, entspre-
chend die Leitung im Blick zu haben, wenn
sie wesentliche Maßnahmen in diesem Pro-
jekt treffen.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 953 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 92
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich möchte meine Frage wieder-
holen, weil Sie sie nicht beantwortet haben:
Was ist denn die Rolle eines Ministers bei
einer Kategorie-A-Beschaffung? Nicht die der
Leitung.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, der CPM ist keine Aufgaben-
beschreibung für den Minister.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich frage nicht nach dem CPM,
ich frage nach den Usancen.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das ist
trotzdem - - Sie beziehen sich auf den CPM.
Der CPM gibt - -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Nein.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Doch,
haben Sie. Denn es gibt im Soldatengesetz
nicht Kategorie 1, sondern die Kategorie 1 ist
eine Kategorie aus dem CPM, und da wer-
den die Rüstungsprojekte in verschiedene
Kategorien eingestuft, und aus diesen Kate-
gorien ergeben sich für den Bearbeiter unter-
schiedliche Handlungsmaximen oder Hin-
weise darauf, dass das Projekt wegen der
besonderen Tragweite im Lichte der Leitung
ist und dementsprechend der Leitung sehr
sorgfältig zu berichten ist.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das heißt, formal wäre es völlig
in Ordnung, wenn zum Beispiel ein A400M
oder was auch immer und wie viel Geld auch
immer jetzt in ein Projekt, in ein Beschaf-
fungsvorhaben gesteckt werden würde kom-
plett ohne Beteiligung des Ministers?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das
wäre gerade formal nicht korrekt. Denn ich
habe ja darauf hingewiesen, dass dieses
genau die Handlungsmaximen für den Pro-
jektleiter darstellt, dass er tatsächlich - -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Die Leitung. Ich frage ja aber
nach dem Minister, also, wenn Sie jetzt - -

Zeuge Stéphane Beemelmans: Die
Leitung sind laut dem Dresdner Erlass der

Minister, die Staatssekretäre und der Gene-
ralinspekteur.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ja, also wäre es in Ordnung,
man könnte ein größeres Beschaffungsvor-
haben tätigen ohne den Minister nach den
formalen Regeln, die Sie gerade beschrieben
haben?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das
halte ich für ausgeschlossen. Der CPM regelt
die Verfahren, die zur Anwendung kommen
im Projekt vom Beginn bis zum Ende. Aber
am Anfang des Projektes ist eine politische
Entscheidung bei diesen Dimensionen; die
wird nicht ohne Minister getroffen. Das trifft
auch - -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aber das ist dann politisch, nicht
formal?

Zeuge Stéphane Beemelmans: So ist
das.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Gut. - Der Minister hat ja gesagt,
dass die Entscheidung, die sogenannte
Reißleine zu ziehen, eine falsch entstan-
dene, aber richtige Entscheidung gewesen
wäre. Was ist da jetzt falsch gewesen?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich ver-
mute, der bezieht sich darauf, dass ich ihn
nicht hinreichend informiert habe, aber das
müssen Sie ihn selbst fragen. Aber ich unter-
stelle, dass es eine andere Formulierung
dafür ist, dass ich ihn nicht hinreichend in-
formiert habe.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Es ging ja auch um früher. Wir
haben ja im Ausschuss - - Ich persönlich
habe Sie im Ausschuss noch mal gefragt,
wann Sie denn hätten informieren können.
Daraufhin haben Sie ja sinngemäß geant-
wortet: Na ja, hätte ich die Vorlage, als sie
fertig war, eine Woche vorher reingegeben,
hätte sie ja den Minister genauso schnell
erreicht, weil da waren ja Feiertage dazwi-
schen.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja.

Drucksache 17/14650 – 954 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 93
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Also, was haben Sie dann falsch
gemacht?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das be-
zieht sich - aber die Frage, Herr Abgeordne-
ter, habe ich schon beantwortet - darauf, ob
ich nicht eine frühere Vorlage dem Minister
schon hätte zur Kenntnis geben müssen.
Und ich habe gesagt: Bei Lichte betrachtet
hätte ich ihm wahrscheinlich die Vorlage des
20. Dezembers 2012 schon geben müssen.
Die Frage habe ich aber, glaube ich, schon
beantwortet.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Habe ich richtig verstanden, dass
Sie von der Zahl 600 Millionen bereits am
8. Februar 2012 wussten? Habe ich Sie vor-
hin richtig verstanden?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Diese
Zahl ist - - Im Vermerk vom 8. Februar 2012
ist enthalten, dass es Kostenschätzungen
von 100 bis 600 Millionen gebe über die
Mehrkosten.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wieso gibt es dann auf die
Nachfrage vom Kollegen Leutert der Linken,
der expressis verbis gefragt hatte: „Inwieweit
ist mit Kostensteigerungen zu rechnen und
wenn ja, in welcher Höhe?“, keinerlei Zah-
len? Und das ist vom 8. Juni 2012, fünf Mo-
nate später.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Auf wel-
che Frage beziehen Sie sich da, Herr Ab-
geordneter?

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Der Kollege Leutert hat diese
Frage formuliert, wie ich sie gerade gestellt
habe.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein,
Herr Abgeordneter, auch darauf habe ich
schon mehrfach hingewiesen, dass eine
Kostenschätzung für den Fall, dass man
weiter so macht wie bisher, eintreten würde,
weshalb man alternative Zulassungsformen
untersuchte. Und diese alternativen Zulas-
sungsformen hatten gerade zum Ziel, diese
Kostenfolge nicht auftreten zu lassen. Und
solange ich diese suche, muss ich nicht sa-
gen, es wird 600 Millionen mehr kosten,

wenn ich eine mit 0 Millionen Mehrkosten
suche.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wir haben ja gelesen von einem
Vermerk, in der Süddeutschen zitiert. In die-
sem Vermerk schreibt Abteilungsleiter Sel-
hausen:

Der Minister erwartet bekannter-
maßen zum 31. März 2013 … eine
Entscheidungsvorlage mit klarer
Ansage zur Zulassungsfähigkeit.

Verstehe ich das richtig, dass der Minister
schon wusste, dass es sozusagen auf eine
Entscheidung zugeht? Er wusste über die
Problematik, und er wollte bis zum
31. März - - Dieser Vermerk ist jetzt vom
Januar. Er wollte in den zwei Monaten da-
nach bis Ende März eine Entscheidungsvor-
lage haben, nach der er dann entscheiden
kann, ob das Projekt jetzt fortgesetzt wird
oder nicht. Richtig?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein,
Herr Abgeordneter. Ich habe den Vorgang so
in Erinnerung, dass Herr Selhausen da mit
mir gesprochen hat und ich ihm gesagt habe:
Jetzt muss es aber kommen; wir brauchen
jetzt eine Lösung. - Und er hat das dann,
wenn ich das richtig in Erinnerung habe, zur
Verschärfung des Eindruckes auf seine Mit-
arbeiter auf Minister ausgeschrieben. Aber
gemeint war wahrscheinlich ich.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Sind Fragen aus der Runde? - Bitte schön,
Herr Kollege Nouripour.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ist das Usus, dass ein Abtei-
lungsleiter, um seine Mitarbeiter - - Wie ha-
ben Sie es noch mal genannt?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ent-
schuldigung, ich habe das nicht verstanden.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Noch mal: Wie war die Formulie-
rung genau? Er hat es getan, um seine Mit-
arbeiter - -

Zeuge Stéphane Beemelmans: Auf die
Dringlichkeit des Anliegens hinzuweisen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ist das normal, dass dann der

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 955 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 94
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Minister quasi in Haftung genommen wird,
um Mitarbeiter auf die Dringlichkeit von Din-
gen hinzuweisen, obwohl der Minister davon
überhaupt nichts weiß, dass sozusagen
seine Name, seine Unterschrift im ganzen
Haus rumgegeben wird?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Der
Minister wird damit nicht in Haftung genom-
men, sondern es wird die Bedeutung des
Ansinnens klargestellt.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das heißt, es ist durchaus Usus,
dass in einer Abteilung, wenn jemand was
Schnelleres braucht, er den anderen sagt:
“Der Minister will das“?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das ist
nicht eine Frage des Usus, Herr Abgeordne-
ter. Das ist so, dass man sich oft irgendwie
eine andere - - Man verleiht dem Vorgang
eine andere Bedeutung, indem man sagt:
Das will der Minister. - Und dann hat man
möglicherweise mit dem Büroleiter gespro-
chen oder so. Das ist nicht unüblich.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie haben vorhin ja von Ihrer
Entscheidung gemeinsam mit Staatssekretär
Wolf vom Oktober 2011 gesprochen. Habe
ich es richtig verstanden, dass Sie gesagt
haben, dass Selhausen diese Entscheidung
nachträglich bestätigt?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich habe
gesagt, dass sich die Richtigkeit unserer
Entscheidung faktisch durch seine Mail vom
19. Januar in meinem Büro nachträglich be-
stätigt hat; denn er hat gesagt, man müsse
jetzt die Bestellung von Langläuferteilen ganz
neu betrachten. Und das hatten wir selbst
schon im Oktober gemacht.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aber die Entscheidung, die Sie ja
vorher gefällt haben, war also sozusagen
nicht - -

Zeuge Stéphane Beemelmans: Aus an-
deren Gründen. Da haben Sie schon recht.
Aus anderen Gründen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Klar, aber ohne das Heranziehen
seiner Expertise.

Zeuge Stéphane Beemelmans: So ist
es.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Die Rüstungsklausur, über die
wir gesprochen haben: Könnten Sie noch
mal sagen, wann das Thema Euro Hawk
thematisiert wurde von wem?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Wenn
ich mich richtig erinnere, hat - ich weiß nicht,
ob es nach Teilstreitkräften sortiert war; aber
ich glaube, es war nach Teilstreitkräften sor-
tiert - jeder einfach sein Fähigkeitsprofil für
die Zukunft dargestellt. Und da hat der da-
malige Generalmajor Müllner vorgestellt, wie
sich die Luftwaffe aufstellen will und was sie
für Fähigkeiten in Zukunft hat und worum sie
sich artikulieren möchte. Und da kam das
Thema auf Euro Hawk. Und da hat der nach
meiner Erinnerung gesagt: Und da gibt es
auch ein Problem mit der Zulassung. - Und
da hat Herr Selhausen eingeworfen: Und da
sind wir dabei, das zu klären.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Okay. - Der Minister hat ja bei
Amtsantritt angekündigt, er werde alle Be-
schaffungsvorhaben überprüfen. Das setzt
doch voraus, dass er das tut, wenn er das
sagt. Richtig?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Der
Minister hat angekündigt, dass er das tut,
und hat damit Vizeadmiral Nielson beauf-
tragt, der ein eigenes Projekt im Rahmen der
elf von ihm, vom Minister, beschlossenen
Projekte im Zuge der Neuausrichtung hatte.
Und da war das Ziel, einerseits die Groß-
beschaffungsvorhaben und in einer zweiten
Stufe die weiteren Beschaffungsvorhaben im
Hinblick auf ihre Notwendigkeit zu überprü-
fen. Und rausgekommen ist die Großgeräte-
liste, die heute schon thematisiert wurde.
Und rausgekommen ist dann auch ein Be-
richt von Admiral Nielson, in dem er darauf
hingewiesen hat, wie viel man noch ändern
kann und wie wenig man ändern kann.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aber als diese Überprüfung an-
gestoßen wurde, war ja in vielen Bereichen
auch des Amtes bekannt, dass es die Zulas-
sungsprobleme gibt.

Drucksache 17/14650 – 956 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 95
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein,
Herr Abgeordneter, weil diese Überprüfung
angestoßen wurde im Zuge der Beauftra-
gung der Projekte zur Neuausrichtung, und
das ist - ich habe das nicht mehr im Kopf; an
sich müsste ich das - irgendwie April oder
Mai 2011 erfolgt, zu einem ganz frühen Sta-
dium der Neuausrichtung. Wenn ich mich
richtig erinnere, hatten die Projektleiter im
Zuge der Neuausrichtung, glaube ich, bis
30.09. - und Admiral Nielson hat möglicher-
weise bis 31.12.2011 - Zeit gehabt, einen
Bericht abzugeben. Da hat der Euro Hawk,
außer dass er in die Großgeräteliste aufge-
nommen wird, weil er als ein funktionieren-
des Projekt verstanden wurde von allen,
keine Rolle gespielt, auch nicht die Zulas-
sungsfrage.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das ist ein wenig verwunderlich,
wenn man sieht, wie sozusagen gerödelt
wurde bei WTD 61, wie bei den Amerikanern
immer wieder gerungen wurde, wie der
Rechnungshof zum Ergebnis kommt, spä-
testens 2011 hätte man das alles neu be-
werten müssen.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, das ist Ihre Bewertung. Der in
dem Plan - - Bis wir angefangen haben am 8.
Februar 2012 angesichts der dann von der
WTD auch gemeldeten Probleme in der Zu-
lassung und des Hinweises, die Musterzu-
lassung käme einer Neuentwicklung gleich,
was auch diese 600 Millionen begründen
würde, war der Euro Hawk ein Projekt im
Werden und damit ein Großgerät im Sinne
der Neuausrichtung der Bundeswehr.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie haben eingangs von fünf
Risiken oder fünf Risikotypen gesprochen, -

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): - die es gegeben hat, von denen
ja vier dann am Ende jetzt quasi ausge-
schlossen werden konnten. Und die Zulas-
sungsfrage war dann am Ende entscheidend.
Habe ich richtig verstanden?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich habe
gesagt, dass es bei Entwicklungsvorhaben
typischerweise diese fünf Risiken gibt.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Meine Frage ist: Mit welchen
dieser fünf Risikotypen müssen wir von vorne
anfangen uns zu beschäftigen, wenn eines
Tages die alternative Plattform tatsächlich
entschieden ist?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Bei der
alternativen Plattform müssen wir uns - je
nach Plattform - auf jeden Fall mit dem Inte-
grationsrisiko beschäftigen, der Integration
des SIGINT-Moduls, des ISIS in die Platt-
form. Wir müssen uns beschäftigen unter
Umständen - das hängt davon ab, welche Art
von Plattform wir haben - mit dem Einfüh-
rungsrisiko in die Bundeswehr. Wenn es eine
bemannte Plattform ist, die wir möglicher-
weise schon kennen, ist das Risiko nicht
gegeben, weil wir sie kennen. Und wir müs-
sen uns - die bisherigen Unterlagen sagen
etwas Gegenteiliges - vielleicht mit einem
Kostenrisiko - das weiß ich nicht - auseinan-
dersetzen und unter Umständen für das Ge-
samtsystem natürlich wieder mit dem Zulas-
sungsrisiko.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Also, im Moment müssen wir uns
nicht beschäftigen?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Im Mo-
ment müssen wir uns dann nicht beschäfti-
gen. Das ist aber Teil der Abwägung. Denn
im Rahmen der Abwägung über die ver-
schiedenen Alternativen wird natürlich auch
ein Punkt sein: Was davon ist zulassbar? -
Etwas, was nicht zulassbar ist, ist keine Al-
ternative.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Okay. Das bedeutet jetzt ja,
wenn ich es richtig verstehe - es sei denn,
man nimmt einen A319 -, dass so ziemlich
bei allen anderen Plattformen, die infrage
kämen, quasi alle Überlegungen, was die
Risiken betrifft, von neuem anfangen.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Bei
einem A319 hätten Sie kein Einführungs-
risiko, weil es ein eingeführtes Muster in der
Bundeswehr ist.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aber dafür haben Sie ja Personal
und damit weniger Schutz für sie.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 957 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 96
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das
kommt in die Abwägung. Sie haben dafür
natürlich ein Integrationsrisiko. Sie haben
vielleicht kein Kostenrisiko - je nachdem, wie
es dargestellt ist -, weil Sie das System be-
herrschen. Und ein Zulassungsrisiko haben
Sie nicht. Dafür müssen Sie Personal vor-
halten und haben eine geringere Flughöhe.
Das ist alles Teil der Matrix, Herr Abgeord-
neter, die wir noch vorlegen werden.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege Nouripour, ich frage Sie nur der
Ordnung halber, wie viele Fragen Sie noch
haben. Der Herr Staatssekretär müsste näm-
lich dann wahrscheinlich mal wieder eine
Pause haben.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich kann das nicht genau sagen.
Ich gehe davon aus, dass wir sehr bald fertig
sein können.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Staatssekretär, wollen Sie noch eine
Pause?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein,
nein. Wenn wir bald fertig sind, ist es ja eine
fröhliche Perspektive.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Dann frage ich die CDU/CSU. - Nein. Die
SPD? - Kollege Bartels.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wo wir
jetzt ja doch noch so gut zusammensitzen,
habe ich noch mal nachgeschlagen.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Da ha-
ben Sie mich missverstanden, Herr Ab-
geordneter.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ihre
Ausführungen lassen mir keine Ruhe. Sie
hatten ja bei den Zulassungsfragen, über die
ja so viel gesprochen wurde, auch vom
Minister, gesagt: Aber HALE und MALE, das
ist doch was ganz anderes, und insofern
musste HALE ja gar nicht beim Minister lan-
den, wenn er über MALE sprechen will. -
Jetzt habe ich hier noch mal nachgeguckt. In
der Unterrichtung zu der Rüstungsklausur -
die Sie ja besonders gut fanden, der Minister
auch; wo es auch dicke Ausrufezeichen am
Rand gibt - sind unter dem Punkt TOP 2 -

UAVs/Drohnen - SAR-Tech MALE, Euro
Hawk und NATO AGS abgehandelt. Und
nachdem Euro Hawk abgehandelt ist, heißt
es:

Kritische Punkte: Problem für alle
UAS,

- also alle Drohnen -

Schwierigkeiten bei Musterzulas-
sung. Wenn diese nicht mit einem
vertretbaren Aufwand erreichbar,
muss Betrieb auf Basis Vorläufiger
Verkehrszulassung oder innerhalb
Flugbeschränkungsgebieten geprüft
werden.(?)

Das ist doch genau für alle Drohnen das
gleiche Problem. Und hier haben Sie ein
konkretes Problem mit Ihrer einzigen Drohne,
für die das ein wirkliches Problem ist. Wollen
Sie den Minister dann nicht behelligt haben
bei all den Gesprächen, die er darüber ge-
führt hat? Wollen Sie das noch mal korrigie-
ren?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein,
Herr Abgeordneter, das will ich nicht korrigie-
ren; denn die Gespräche, die der Minister
führt, sind ja auch gesprächspartnerabhän-
gig. Und ich muss ja mit jemandem, den es
nichts angeht, nicht ein Thema ansprechen,
sondern ich versuche immer, eine gemein-
same Gesprächsgrundlage zu finden. Und
wenn einer nur ein MALE hat und mit mir ein
MALE machen soll, dann spreche ich mit ihm
über ein MALE. Und dass das Problem mög-
licherweise auch beim HALE besteht, das
muss ich ihm nicht noch zusätzlich sagen,
wenn ich gemeinsam die Lösung beim MALE
anstrebe. Wenn der Minister mit seinem
französischen Kollegen spricht, dann können
sie sich gegenseitig die Zeit klauen und über
Systeme, die sie nicht gemeinsam haben,
sprechen. Aber ich glaube, die Zeit von
Ministern ist sinnvoll angewendet, wenn sie
über das Thema sprechen, das sie beide
eint.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wenn der
Minister selbst das weiß.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Davon
gehe ich aus.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ach so,
davon gehen Sie jetzt doch aus, dass er das
weiß.

Drucksache 17/14650 – 958 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 97
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Stéphane Beemelmans: Weil,
wie ich Ihnen gesagt habe, der Minister über
das Thema Zulassung - -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Euro
Hawk.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Um den
Euro Hawk geht es nicht, Herr Abgeordneter.
Ich habe - noch mal - jetzt mehrmals gesagt,
dass das Thema, das ich mit dem Minister
besprochen habe über Zulassung, getrieben
war von den Projekten, die wir hatten:
Nachfolge Heron und die Luftfahrzeuge und
Drehflügler. Und darüber haben wir intensiv
gesprochen. In dieser Vorlage steht drin,
dass es das Problem auch beim Euro Hawk
gibt. Aber das ist dann auch mündlich abge-
handelt worden zwischen Herrn Selhausen
und General Müllner, dass das Problem der
Zulassung des Euro Hawk gelöst wird in
einer entsprechenden Arbeitsgruppe.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber es
ist hier richtig dargestellt. Es ist ein Problem
für alle UAVs, MALE und HALE, so wie es
hier steht: Problem für alle UAVs, Schwierig-
keiten bei Musterzulassung.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich er-
gänze: Es ist ein Problem für alle Luftfahr-
zeuge. - Ja, jedes Luftfahrzeug braucht eine
Zulassung.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Haben wir
da Probleme?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich habe
das mehrfach ausgeführt, Herr Abgeordne-
ter. Mehrfach habe ich jetzt ausgeführt, dass
das Thema schon von Anfang an bei uns in
der Leitung war, ob es der A400M, der NH90
und der Tiger war.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber die
lassen wir ja alle zu.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nach
einem problematischen Verfahren. Das ist
genau das Thema. Deshalb lohnt es, darüber
zu diskutieren.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege Arnold.

Rainer Arnold (SPD): Jetzt wundere ich
mich schon. Sind die Probleme, die dort auf-
getreten sind, beim Tiger zum Beispiel oder
beim A400M vergleichbar mit den Proble-
men, die wir bei den Drohnen haben?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, die Antwort auf diese Frage,
glaube ich, kennen Sie, weil wir über das
Thema der Zulassung der Tiger und NH90
hinreichend oft im Ausschuss gesprochen
haben, sehr oft, und ich das oft beschrieben
habe. Und das war ein Thema über einein-
viertel Jahr. Und dahinter stand auch die
Erkenntnis, die sowohl der Minister als auch
ich recht bitter fanden, dass das gleiche
Luftfahrzeugmuster, von einem Land zuge-
lassen, 15 Monate früher in Afghanistan zum
Einsatz kommt als von einem anderen. Und
das war das, was uns getrieben hat.

Rainer Arnold (SPD): Würden Sie mir
aber schon zustimmen, dass es beim Tiger
um einen Kabelbaum ging, also ein Problem,
das lösbar ist und dann auch gelöst wurde,
und in Folge beim aktuellen Tiger Personal
fehlt und das insofern was ganz anderes ist
als bei der HALE, wo es um sehr grundsätz-
liche Dinge geht?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein,
Herr Abgeordneter, darauf habe ich nicht
abgezielt. Ich habe abgezielt auf das Thema
„Wie wird zugelassen?“, nicht über Kabel-
baum. Das ist nicht mein Thema, sondern:
Wie wird zugelassen? Wie sind die Zulas-
sungsverfahren? Wie sind die internationalen
Standards? Wie sind die Regularien? Um
das geht es mir. Das habe ich jetzt aber auch
ein paar Mal ausgeführt.

Rainer Arnold (SPD): Ich habe heute
schon ein paarmal wahrgenommen, dass bei
Ihnen bestimmte Dinge einfach nicht zu-
sammengehören.

(Dr. Hans-Peter Bartels (SPD):
Tiger und HALE, aber HALE und
MALE nicht!)

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ist die SPD-Fraktion fertig? - Die FDP? -
Nein. Die Linken? - Nein. Dann kommt der
Kollege Nouripour.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wenn ich da gleich anknüpfen

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 959 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 98
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

darf: Wenn der Minister weiß, dass es grund-
sätzliche Probleme gibt bei Zulassungen von
unbemannten Flugobjekten, ist er dann über-
rascht gewesen von der Euro-Hawk-Ent-
scheidung?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich
glaube, das müssen Sie den Minister selbst
fragen, ob er überrascht war, dass es - -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das machen wir. - Dann habe ich
eine andere Frage. Wie kommt es dann,
dass Sie und die Leitung des Hauses dann -
jetzt haben wir ja mehrfach gehört, wer das
alles ist - immer erklärten: „Na ja, bei AGS
machen wir weiter mit, das ist kein Problem“?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Auch
darauf habe ich schon geantwortet, Herr
Abgeordneter. Weil wir bei AGS über andere
Luftfahrzeugmuster reden und weil wir bei
AGS selbst nicht für die Zulassung zuständig
sind und wir deshalb jetzt nicht irgendwie
entscheiden oder referieren können, was das
für die Zulassung der Global Hawk Block 40
von AGS zuständige Land Italien machen
wird.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Die sind aber schon 90 Prozent
baugleich, Block 20 und Block 40. Richtig?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Das
weiß ich nicht, ob es 90 Prozent baugleich
ist. Das würde ich jetzt nicht bestätigen wol-
len. Das glaube ich nicht.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wer wertet denn eigentlich die
Erprobungsergebnisse von ISIS aus?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ich gehe
davon aus, das BAAINBw in Zusammen-
arbeit mit den Nutzern.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wir haben vom Amt gehört, das
sind diejenigen, die das hergestellt haben.

(Henning Otte (CDU/CSU): Dann
wissen Sie es ja!)

Und die werden dann auch die sein, die Er-
gebnisse vorlegen? Und das ist dann ent-
scheidend für die Abnahme oder nicht?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, die Auswertung der - - Also,
ich weiß es nicht selbst. Aber selbstverständ-
lich wird die Auswertung der Ergebnisse des
ISIS im Hinblick auf die Vertragskonformität
und für den Verwendungszweck von uns
vorgenommen werden.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie haben vorhin gesagt - ich
zitiere -: „Das Problem ist die Schnittstelle
zur Plattform.“ Hier ging es um „German
eyes only“.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Ja.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Die Frage ist gestellt worden. - Ist
das sozusagen die Bestätigung, was wir die
Tage gelesen haben in den Medien, dass es
quasi eine Line of Communication gibt für
Steuerung des Systems?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein,
Herr Abgeordneter, das ist die Bestätigung
dafür - ich bin dazu nicht aussagekräftig -,
dass, wenn ich ein System habe, was von
woanders gesteuert wird, und ich darin ein
System integriere, was von hier aus ge-
steuert wird, dann läuft die Kommunikation
zwischen beiden Systemen irgendwo mit
einer Schnittstelle. Und diese Schnittstelle
öffnet das eine System für das andere.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie haben vorhin gesagt zum
Thema Full Scale Demonstrator und was
nach der Abnahme damit geschieht, Sie
können nicht bestätigen, dass es geparkt
wird. Sie haben gesagt: Vielleicht wird es
genutzt. - Wofür?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, auch das beantworte ich
Ihnen - das habe ich der Abgeordneten Keul
schon gesagt -, wenn wir die Entscheidung
dazu vorbereitet haben.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ja, aber wie kommt es denn,
dass Sie diese Frage erst beantworten kön-
nen, wenn Sie die Entscheidung getroffen
haben und alle relevanten Fakten vor sich
liegen haben, aber die Frage, ob ISIS weiter
verwendbar ist, jetzt schon beantworten

Drucksache 17/14650 – 960 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 99
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

können, obwohl Sie die Fakten erst Ende
September bekommen?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Herr
Abgeordneter, ich habe darauf hingewiesen,
dass es bei ISIS so aussieht, dass die Erpro-
bung erfolgreich sein wird. Mehr habe ich
nicht gesagt. Und ich gehe davon aus oder
habe das auch so gelesen, dass es integrier-
bar ist in etwas anderem, und wenn sich das
bestätigt, dann wird ISIS weiter genutzt wer-
den können.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Also, kann man dazu sagen, Sie
gehen davon aus, dass potenzielle Probleme
bei der Nutzung von ISIS lösbar aussehen?
Ist das das Wort, was man auch dafür neh-
men könnte?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Nein,
Herr Abgeordneter, ich habe bislang von
keinen Problemen bei ISIS gehört. Deshalb
muss ich auch nicht Nichtprobleme mit lösbar
oder unlösbar - - Nichtprobleme sind nicht
Probleme. Die haben keine eigenen Katego-
rien.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aber wenn die Nichtprobleme
sozusagen von denjenigen kommuniziert
werden, die sie hergestellt haben?

Zeuge Stéphane Beemelmans: Die
Kommunikation mit mir zu diesem Vorhaben
erfolgt über die zuständige Fachabteilung.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Herzlichen Dank.

Stellvertretender Vorsitzender Dr. Karl
A. Lamers: So, vielen Dank. - Dann darf ich
fragen, ob es weitere Wortmeldungen im
Rahmen der Berliner Stunde gibt.
CDU/CSU? - Nicht der Fall. SPD?

(Rainer Arnold (SPD): Wir sind
durch!)

FDP?
(Joachim Spatz (FDP): Nein!)

Die Linke? - Bündnis 90/Die Grünen? - Dann
ist die Vernehmung abgeschlossen.

Herr Zeuge, ich darf Sie nochmals darauf
hinweisen, dass Ihnen nach Fertigung des
Protokolls dieses für mögliche Korrekturen
vom Sekretariat übersandt wird.

Des Weiteren bin ich nach § 26 Abs. 3
PUAG gehalten, Sie zum Ende der Verneh-
mung darauf hinzuweisen, dass der Untersu-
chungsausschuss durch Beschluss feststellt,
dass die Vernehmung des Zeugen abge-
schlossen ist. Die Entscheidung darf erst
ergehen, wenn nach Zustellung des Ver-
nehmungsprotokolls zwei Wochen verstri-
chen sind oder auf die Einhaltung dieser Frist
verzichtet worden ist.

Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen für
Ihr Kommen und wünsche Ihnen alles Gute.

Zeuge Stéphane Beemelmans: Danke.
(Markus Grübel (CDU/CSU): Herr
Vorsitzender, ich hätte noch eine
Frage, nicht an den Zeugen, son-
dern an den Vorsitzenden!)

Stellvertretender Vorsitzender Dr. Karl
A. Lamers: Bitte.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wäre es
möglich, dass wir den ersten Teil des Proto-
kolls schon heute Abend bekommen, um uns
auf den morgigen Tag vorzubereiten?

Stellvertretender Vorsitzender Dr. Karl
A. Lamers: Da muss ich das Sekretariat
fragen, ob das geht. Also, wir klären das ab
im Gespräch mit den Stenografen, und dann
gibt es die Antwort.

Ich unterbreche jetzt die Sitzung für eine
halbe Stunde.

(Zurufe: Oh! Warum denn
so lange?)

- Weil Arbeiten hier oben am Bau gemacht
werden müssen. Da hat es wohl durchgereg-
net.

Jetzt gibt es Gelegenheit für Fotos und
auch für Presseerklärungen. - Danke schön.

(Unterbrechung von
15.04 bis 15.31 Uhr)

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 961 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 100
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So, dann bitte ich die Fernsehkameras,
Journalisten, Fotografen, den Raum zu ver-
lassen. - Danke schön.

Herr Staatssekretär, ich begrüße Sie sehr
herzlich im Namen des Untersuchungsaus-
schusses. Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir setzen die unterbrochene Sitzung fort.
Wir kommen nun zur Vernehmung des Zeu-
gen Staatssekretär Rüdiger Wolf.

Vernehmung des Zeugen
Rüdiger Wolf

Herr Staatssekretär, ich weise Sie darauf
hin, dass die Sitzung aufgezeichnet wird.
Dies dient ausschließlich dem Zweck, die
stenografische Aufzeichnung der Sitzung zu
erleichtern. Die Aufnahme wird später ge-
löscht. Das Protokoll dieser Vernehmung
wird Ihnen nach Fertigstellung zugestellt. Sie
haben anschließend die Möglichkeit, Kor-
rekturen und Ergänzungen vorzunehmen.

Herr Staatssekretär, Sie sind mit Schrei-
ben vom 27. Juni 2013 geladen worden. Das
Beweisthema ist Ihnen mit dem Untersu-
chungsauftrag und dem Beweisbeschluss
zugegangen. Der Beweisbeschluss ist Ihnen
und den Mitgliedern bekannt. Auf eine Ver-
lesung kann daher verzichtet werden. Die
erforderliche Aussagegenehmigung liegt den
Ausschussmitgliedern als Tischvorlage vor.

Herr Staatssekretär, nach den Vorschrif-
ten der Strafprozessordnung, die im Unter-
suchungsverfahren sinngemäß Anwendung
finden, und den Vorschriften des Gesetzes
zur Regelung des Rechts der Untersu-
chungsausschüsse des Deutschen Bundes-
tages - im Folgenden verwende ich die Ab-
kürzung PUAG - muss ich Sie zunächst be-
lehren. Sie sind als Zeuge verpflichtet, die
Wahrheit zu sagen. Ihre Aussagen müssen
daher richtig und vollständig sein. Sie dürfen
nichts weglassen, was zur Sache gehört, und
nichts hinzufügen, was der Wahrheit wider-
spricht.

Ich habe Sie außerdem auf die möglichen
strafrechtlichen Folgen eines Verstoßes
gegen die Wahrheitspflicht hinzuweisen.
Danach kann derjenige, der vor dem Unter-
suchungsausschuss uneidlich falsch aus-
sagt, gemäß § 153 des Strafgesetzbuches
mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu
fünf Jahren bestraft werden.

Nach § 22 PUAG können Sie die Aus-
kunft auf solche Fragen verweigern, deren
Beantwortung Sie selbst oder Personen, die

im Sinn des § 52 Abs. 1 Strafprozessordnung
Ihre Angehörigen sind, in die Gefahr bringen
würde, einer Untersuchung nach gesetzlich
geordnetem Verfahren ausgesetzt zu wer-
den.

Sollten Teile Ihrer Aussage aus Gründen
des Schutzes von Dienst-, Privat- und Ge-
schäftsgeheimnissen nur in einer nach der
Geheimschutzordnung des Bundestages
eingestuften Sitzung möglich sein, bitte ich
Sie um einen Hinweis, damit eine entspre-
chende Einstufung erfolgen kann.

Ich möchte in diesem Zusammenhang da-
ran erinnern, dass im Falle einer Einstufung
der Vernehmung mit einem Geheimhal-
tungsgrad VS-Vertraulich und höher ein
Wechsel des Sitzungsaals erforderlich wird.
Daher möchte ich Sie bitten, etwaige Ver-
nehmungsteile, die einer entsprechenden
Einstufung bedürfen, gesammelt am Ende
der Vernehmung zur Sprache zu bringen.

Nachdem ich Ihnen den Gegenstand der
Vernehmung erläutert, Sie zur Wahrheit er-
mahnt und belehrt habe, komme ich nun zur
Vernehmung zur Person. Herr Staatssekre-
tär, bitte nennen Sie uns Ihren Namen, Ihren
Familienstand und Ihren Wohnort.

Zeuge Rüdiger Wolf: Mein Name ist
Rüdiger Wolf. Ich bin verheiratet, und mein
Dienstsitz ist Berlin.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich komme nun zur Vernehmung zur Sache.
Herr Staatssekretär, zunächst gebe ich Ihnen
die Gelegenheit, dem Ausschuss das im
Zusammenhang darzulegen, was Ihnen von
dem Gegenstand der Vernehmung bekannt
ist. Anschließend erhalten die Mitglieder des
Ausschusses in einer festgelegten Reihen-
folge das Wort. Sollten Teile ihrer Aussage
aus Gründen des Schutzes von Dienstge-
heimnissen nur in einer höher eingestuften
Sitzung möglich sein, bitte ich Sie erneut um
einen Hinweis, damit eine entsprechende
Einstufung erfolgen kann.

Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort.

Zeuge Rüdiger Wolf: Frau Vorsitzende,
herzlichen Dank. - Ich war im Zeitraum des
Untersuchungsgegenstandes im Verteidi-
gungsministerium in unterschiedlichen Funk-
tionen mit Entwicklungs- und Beschaffungs-
vorhaben, also auch mit dem Vorhaben Euro
Hawk, befasst. Ich bin von 1997 bis ins Jahr
2002 als Unterabteilungsleiter für den Mate-
rialhaushalt zuständig gewesen, ab Dezem-

Drucksache 17/14650 – 962 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 101
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

ber 2002 bis 2007 als Abteilungsleiter Haus-
halt und ab dem 1. Januar 2008 bis ein-
schließlich Februar 2010 als Staatssekretär
insbesondere für die Bereiche Haushalt und
Rüstung. Seit Februar 2010 bin ich als
Staatssekretär nunmehr zuständig im We-
sentlichen für den Haushalt, für die Politik, für
die Streitkräfte und die Einsätze.

Der ab Seite 6 des Berichts der Ad-hoc-
Arbeitsgruppe zum Euro Hawk geschilderten
Chronologie folgend, war ich verbunden mit
der durch den Generalinspekteur im August
2002 unterzeichneten Systemfähigkeitsforde-
rung und deren Vorlage zur Billigung an den
zuständigen Staatssekretär im August 2004.

In meine Verantwortung als Abteilungs-
leiter Haushalt fiel neben der bedarfs-
gerechten Veranschlagung des beabsichtig-
ten Vertragsabschlusses für das Entwick-
lungsvorhaben - und das war erstmals zum
Haushalt 2005 - die finale Bearbeitung des
Beitrags des Verteidigungsministeriums zur
Vorlage des Bundesministeriums der Finan-
zen vom Dezember 2006, mit der die Zu-
stimmung des Haushaltsausschusses des
Deutschen Bundestages zum Vertragsab-
schluss eingeholt werden sollte. In der Folge
oblag mir die bedarfsgerechte Fortschrei-
bung des Vorhabens im jeweiligen Haushalt
bzw. Finanzplan.

Als zuständiger Staatssekretär für Rüs-
tung und Finanzen in der Zeit von Januar
2008 bis Februar 2010 habe ich inhaltlich
den Beitrag des Verteidigungsministeriums
zur Vorlage des Bundesministeriums der
Finanzen zum dritten Änderungsvertrag so-
wie zum Vertrag über den ersten Teil logis-
tische Unterstützungsleistungen zur Bera-
tung im Haushaltsausschuss des Deutschen
Bundestages im Juni 2009 verantwortet.

Seit Februar 2010 war ich für Rüstungs-
vorhaben zwar nicht mehr zuständig, habe
aber als für den Haushalt zuständiger
Staatssekretär den Vorlagebeitrag an das
Bundesministerium der Finanzen zu Teil 2
der logistischen Unterstützungsleistungen
verantwortet, die durch den Haushaltsaus-
schuss im Dezember 2011 zustimmend zur
Kenntnis genommen wurden. Wiederum die
bedarfsgerechte Veranschlagung des Vorha-
bens in den folgenden Haushaltsjahren 2012
und 13 sowie den jeweiligen Finanzplänen
fiel ebenfalls in meine Zuständigkeit.

Weder anlässlich der Beratungen der ge-
nannten Vertragsentwürfe im Haushaltsaus-
schuss noch anlässlich der ressortinternen
bzw. regierungsinternen Verhandlungen

noch im Rahmen der parlamentarischen
Beratungen zur Aufstellung der jeweiligen
Regierungsentwürfe oder im Rahmen des
Haushaltsvollzugs wurde ich auf Probleme
im Vorhabenverlauf aufmerksam gemacht,
die, wie später geschehen, eine Beendigung
des Entwicklungsvorhabens ohne Eintritt in
die Serie nahegelegt hätten.

Als für die Streitkräfte zuständiger Staats-
sekretär informierte mich die für das militä-
rische Nachrichtenwesen zuständige Abtei-
lung SE als militärischer Bedarfsträger des
Aufklärungssystems mit Vorlage vom
15. Juni 2012 über die aus ihrer Sicht not-
wendige Betrachtung und Bewertung mög-
licher Zwischenlösungsvarianten zur kurzfris-
tigen Schließung der Fähigkeitslücke, da die
Verfügbarkeit - aus Sicht der Abteilung SE -
des Euro-Hawk-Serienluftfahrzeuges und
des hochgerüsteten Euro-Hawk-Demonstra-
tors vor dem Jahre 2019 nicht mehr wahr-
scheinlich sei. Dies hat mich zu der Weisung
veranlasst, zusammen mit den Abteilungen
AIN und Planung kurzfristig verfügbare, mit-
tel- und langfristig nutzbare Zwischenlösun-
gen zu prüfen und zu bewerten.

Bei Verfügbarkeit eines solchen Systems
wäre als Alternative aus Sicht des militä-
rischen Bedarfsträgers der Abbruch des
Entwicklungsvorhabens in die Prüfung mit
einzubeziehen. Hierzu wurde durch den zu-
ständigen militärischen Bedarfsträger eine
Studie für erforderlich gehalten, was ich am
17. August 2012 dann auch gebilligt habe.
Das heißt, es ging bei dieser Entscheidung
gerade nicht um die Beendigung des Vorha-
bens wegen erkannter, mit einem angemes-
senen zeitlichen, technischen und finanziel-
len Aufwand nicht lösbarer Risiken, sondern
um die Schließung einer durch Verzögerung
befristeten Fähigkeitslücke. Dass bei posi-
tivem Prüfergebnis auch zu entscheiden
gewesen wäre, ob die Zwischenlösung auch
als Dauerlösung anstelle des risikobehafte-
ten Entwicklungsvorhabens geeignet gewe-
sen wäre, wäre eine mögliche Folge, aber
das war nicht das Ziel der Untersuchung
gewesen. Im Übrigen wäre sie dann auch
nicht in meine Zuständigkeit gefallen.

Ein Votum für die Beendigung des Ent-
wicklungsvorhabens lag auch nicht anlässlich
der Entscheidung zur Beteiligung am NATO-
Vorhaben Alliance Ground Surveillance -
oder abgekürzt AGS - vor.

Der Haushaltsausschuss billigte auf Vor-
lage des Finanzministeriums vom 25. März
2009, die wiederum auf einem Beitrag des

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 963 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 102
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Verteidigungsministeriums beruhte, den Ab-
schluss einer Programmvereinbarung über
die deutsche Beteiligung an diesem luftge-
stützten Radarsystem der NATO zur weit-
räumigen Aufklärung und Bodenüberwa-
chung.

Der Vorlage des Bundesministeriums der
Finanzen vom 24. April 2012 zur deutschen
Zustimmung zum Beschaffungsvertrag AGS
stimmte der Haushaltsausschuss in seiner
Sitzung am 23. Mai 2012 zu.

Weder anlässlich der Entscheidung im
Jahre 2009 zum Abschluss der Programm-
vereinbarung noch im Mai 2012 bestand
Grund, aus den Erkenntnissen im Vorhaben
Euro Hawk auf vergleichbare Risiken im
Vorhaben AGS zu schließen. Beide Vorha-
ben sind trotz prinzipieller Ähnlichkeiten des
Trägersystems - die basieren beide auf dem
System Global Hawk - nicht miteinander
vergleichbar.

Zum einen aus technischen Gründen:
Euro Hawk basiert auf dem Entwicklungs-
stand Block 20, AGS auf dem System Global
Hawk Block 40. Und bereits 2007 wurde die
Beschaffung von AGS auf dieser Basis,
nämlich Block 40, als sogenannte Commer-
cial-off-the-shelf-Lösung, also als „von der
Stange zu kaufen“, vereinbart. Insofern ent-
hält die Beschaffung des AGS-Systems kein
Entwicklungsrisiko. Euro Hawk basiert nicht
nur auf einem geringeren technischen Reife-
grad, sondern wurde zur Integration des Auf-
klärungsanteils ISIS wie auch zur Anpassung
an NATO-Standards einer Anpassentwick-
lung unterzogen.

Zum anderen aber ergibt sich der Unter-
schied - und das ist viel entscheidender - aus
Verfahrensgründen. Euro Hawk ist ein natio-
nales Vorhaben mit gegenüber AGS unter-
schiedlichen Aufklärungssystemen. Es wird
in Deutschland stationiert und unterliegt na-
tionalen luftverkehrsrechtlichen Bestimmun-
gen.

AGS dagegen ist ein „NATO-owned and
operated system“. Es wird in Sigonella in Ita-
lien stationiert und unterliegt italienischen
Zulassungsvorschriften. Das heißt, die NATO
allein verantwortet die Beschaffung, den
Betrieb und den Einsatz des AGS. Es kommt
hinzu, dass die Vereinigten Staaten sich mit
einem Anteil von über 40 Prozent an der
Beschaffung beteiligen. In Sigonella betrei-
ben Italien und die USA bereits unbemannte
Drohnen, unter anderem durch die USA auch
die Global Hawk Block 40 mit einer italie-
nischen militärischen Luftverkehrszulassung.

Dieses Thema der unterschiedlichen
Verfahren ist auch Gegenstand intensiver
Diskussionen in der Berichterstattergruppe
des Haushaltsausschusses des Deutschen
Bundestages vor Abschluss bzw. vor Ein-
bringung der Programmvereinbarung in den
Haushaltsausschuss des Deutschen Bun-
destages gewesen und von mir dort ausführ-
lich dargelegt.

Unabhängig von dieser fehlenden Ver-
gleichbarkeit beider Systeme und der Be-
schaffungsverfahren wurde noch im März
2012 im Bundesministerium das Risiko der
Musterzulassung der Serie des Euro Hawk
über alternative Zulassungen als beherrsch-
bar eingestuft und die Einrichtung einer Ar-
beitsgruppe zur Erarbeitung eines Verfah-
rens mit dem Ziel der Erteilung einer Ver-
kehrszulassung auf Basis der Verkehrszu-
lassung der US Air Force für den Global
Hawk und einer Sicherheitsbewertung durch
die Wehrtechnische Dienststelle 61 vorge-
schlagen.

Hieraus wird meines Erachtens zweierlei
deutlich: Die Beschaffungsvorhaben Euro
Hawk und AGS sind weder technisch noch
verfahrensseitig miteinander vergleichbar.
Dies wird auch aus dem derzeitigen Pro-
grammstand AGS in der NATO deutlich.
Nach NATO-Darstellung wird dort nach heu-
tigem Kenntnisstand im italienischen Zulas-
sungsverfahren kein über das normale Maß
hinausgehendes Risiko gesehen. Allerdings
steht das Zulassungsverfahren dort noch am
Anfang. Das Verteidigungsministerium hat
die NATO gleichwohl um engste Begleitung
des Programms unter Einbeziehung der
deutschen Erfahrungen aus dem Euro Hawk
gebeten.

Unabhängig von dieser fehlenden Ver-
gleichbarkeit beider Systeme ergab sich zum
Zeitpunkt der parlamentarischen Entschei-
dung zu AGS kein Hinweis im Programm-
stand Euro Hawk, der die Notwendigkeit der
Information des Parlaments begründet hätte.

Über den beabsichtigten Nichteintritt in
die Serie wurde stattdessen, wie im Bericht
des Bundesrechnungshofs vom Juni 2013 ja
auch erwähnt, erstmals am 20. Dezember
2012 im Rahmen einer Vorlage, die wegen
des unmittelbaren Haushaltsbezugs wie auch
wegen meiner Verantwortung für Planung,
Einsatzfragen und Fähigkeiten der Streit-
kräfte - - über mich an den zuständigen
Staatssekretär informiert. Mit der Begrün-
dung, zur Musterzulassung der Serie seien
zusätzliche Haushaltsmittel von bis zu 600

Drucksache 17/14650 – 964 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 103
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Millionen Euro erforderlich, wurden der
Nichteintritt in die Serie und mehrere Hand-
lungsoptionen in Bezug auf den Weiter-
betrieb des Demonstrators betrachtet und
bewertet.

Erst mit Vorlage vom 27. März 2013, nach
Vorliegen der Ergebnisse weiterer Untersu-
chungen zu alternativen Plattformen, wurde
der Nichteintritt in die Serie, wie am 20.12.
informiert worden war, zur Entscheidung
gestellt. Dies war in der Vorlage mit nicht
unerheblichen Aufwendungen für den even-
tuellen Weiterbetrieb des Demonstrators
verbunden.

Da erkennbar der Generalinspekteur der
Bundeswehr als Verantwortlicher für die
Streitkräfte nicht beteiligt worden war, ver-
anlasste ich am 10. April 2013 dessen Be-
wertung der Handlungsalternativen, insbe-
sondere des vorgeschlagenen zeitlich be-
fristeten Weiterbetriebs zur Gewinnung von
Aufklärungsergebnissen aus militärischer
Sicht. Im Rahmen einer Kosten-Nutzen-Ab-
wägung lehnte der Generalinspekteur durch
den Abteilungsleiter Planung am 29. April
2013 einen Weiterbetrieb zur Gewinnung von
Aufklärungsergebnissen ab, befürwortete
aber einen Weiterbetrieb zur abschließenden
Entwicklung von ISIS.

Auf dieser Grundlage vermerkte ich am 8.
Mai 2013 gegenüber dem Staatssekretär für
Rüstungsfragen, der Entscheidungsvorlage
der Abteilung AIN zu folgen, nicht in die Be-
schaffung der Serie einzutreten, aber die
Entwicklung des Systems ISIS mit dem Trä-
gersystem qualifiziert abzuschließen und
diese Absicht gegenüber den zuständigen
Ausschüssen des Deutschen Bundestags zu
kommunizieren. Und so wurde dann durch
Staatssekretär Beemelmans am 10. Mai
auch entschieden.

In diesem Zusammenhang wurde wieder-
holt die Frage des Schadens durch die Be-
endigung des Entwicklungsvorhabens und
Nichteintritt in die Serie gestellt. Hierzu
möchte ich drei Anmerkungen oder Feststel-
lungen machen. Der Schließung der Fähig-
keitslücke durch ein unbemanntes Luftfahr-
zeug auf der Grundlage des US Global Hawk
mit einer zu entwickelnden elektronischen
nationalen Aufklärungssensorik wurde - un-
geachtet der bekannten Risiken in der tech-
nischen Entwicklung wie auch im Rahmen
der Muster- und Verkehrszulassung - im
Laufe der Amtszeit dreier Verteidigungs-
minister und mindestens zweier General-
inspekteure höchste Priorität eingeräumt.

Der Euro Hawk wurde nach den Verfah-
rensregelungen des CPM 2001 konzipiert.
Über einen Demonstrator sollte das insbe-
sondere sich aus der neuen Technologie
bestehende Entwicklungsrisiko minimieren
und vermeiden lassen, um nicht in eine risi-
kobehaftete Beschaffungsphase einzutreten.
Die Ziele des Demonstrators waren deswe-
gen dreifach: ein Nachweis der technischen
Entwicklung eines SIGINT-Aufklärungssys-
tems, ein Nachweis dessen Integrations-
fähigkeiten in das unbemannte Luftfahrzeug
und ein Nachweis der Musterzulassungs-
fähigkeit der Serienluftfahrzeuge als Grund-
lage für die Beschaffung einer Serie von
insgesamt fünf Flugsystemen.

Selbst wenn man dies Ganze bei der Be-
urteilung eines Schadens außer Acht ließe,
fällt es mir schwer, einen finanziellen Scha-
den zu definieren, der sich ja nur über den
Zeitpunkt der Entscheidung zur Beendigung
des Entwicklungsvorhabens definieren und
konkretisieren ließe. Eine zentrale Frage in
diesem Zusammenhang lautete für mich
also: Wann war unter Berücksichtigung der
hohen Priorisierung des Vorhabens durch die
militärische Leitung des Ministeriums eines
der erkannten technischen wie rechtlichen -
und damit auch nicht zuletzt finanziellen -
Risiken als nicht oder nicht mehr mit ange-
messenem Aufwand beherrschbar zu be-
werten?

Aus meiner Sicht nachvollziehbar wurden
gerade wegen der militärischen Bedeutung
alle rechtlichen Möglichkeiten wie techni-
schen Alternativen untersucht. Schließlich -
und darauf kommt es mir an - gab für mich
nicht allein die geschätzte Höhe des in die
Musterzulassung der Serie zu investierenden
Betrages von bis zu 600 Millionen Euro den
Ausschlag, sondern - und ich wiederhole:
das ist für mich der ausschlaggebende Punkt
gewesen - die fehlende Beherrschbarkeit des
Musterzulassungsprozesses. Das heißt, es
wäre selbst nach weiteren erheblichen In-
vestitionen am Ende eine erfolgreiche Mus-
terzulassung der Serie nicht sicher gewesen.

Sehr viel näher, meine sehr geehrten
Damen und Herren Abgeordneten, liegt für
mich deswegen die Definition eines Scha-
dens infolge des nicht erfolgreichen Ab-
schlusses des Entwicklungsvorhabens durch
die weiterhin nicht geschlossene Fähigkeits-
lücke für die deutschen Streitkräfte. Dies ist
aber kein finanzieller Aspekt.

Ich fasse insofern noch einmal zusam-
men: Zur Schließung der Fähigkeitslücke

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 965 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 104
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

wurde wegen fehlender marktverfügbarer
Lösungen ein der Beschaffung vorgeschal-
tetes Entwicklungsvorhaben gewählt. Tech-
nische, rechtliche und finanzielle Risiken
wohnen einem solchen Entwicklungsvorha-
ben naturgemäß inne. Sie waren erkannt und
insbesondere über die Entwicklung eines
Demonstrators als beherrschbar eingestuft.
Entsprechend der hohen militärischen Prio-
rität der Fähigkeit wurden intensiv alle Mög-
lichkeiten eines positiven Abschlusses des
Entwicklungsvorhabens unter Ermöglichung
des Eintritts in die Serienbeschaffung ge-
prüft. Meine Bewertung zur Beendigung des
Entwicklungsvorhabens dem Grunde wie
dem Zeitpunkt nach orientierte sich an der
Einschätzung der fehlenden Beherrschbar-
keit des Musterzulassungsverfahrens für die
Serienbeschaffung und des damit in unmit-
telbarem Zusammenhang stehenden finan-
ziellen Risikos. Oder kurz gefasst: Am Ende
der Entwicklung stand die Frage: Eintritt in
die Serienbeschaffung - ja, nein? Und wegen
der unlösbaren Musterzulassungsprobleme
habe ich für ein Nein votiert.

Frau Vorsitzende, dies beendet meine
Einleitung.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön, Herr Staatssekretär. - Wir be-
fragen Sie jetzt nach einem Zeitbudget. Da
stehen der CDU/CSU 23 Minuten, der SPD
14 Minuten, FDP 9, der Linken und Bünd-
nis 90 je 7 Minuten zur Verfügung. - Das
Wort hat der Kollege Grübel für die CDU/
CSU.

Markus Grübel (CDU/CSU): Das Wort
hat die Kollegin Strenz.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Das Wort hat die Kollegin Strenz, CDU/CSU-
Fraktion.

Karin Strenz (CDU/CSU): Herzlichen
Dank für Ihre Ausführungen, Herr Staats-
sekretär. Dennoch würde ich Sie bitten, noch
einmal zu erläutern, wie gemäß Dresdner
Erlass Ihre Zuständigkeit im BMVg ist und
wie sich dies konkret auf das Projekt Euro
Hawk auswirkt.

Zeuge Rüdiger Wolf: Frau Abgeordnete,
nach dem Dresdner Erlass und den Organi-
sationsweisungen hierzu bin ich zuständig
nicht für die Fragen der Rüstungsvorhaben,

also der einzelnen Vorhaben, sondern für die
Fragen der Rüstungspolitik, das heißt der
politischen Grenzen und Rahmenbedingun-
gen der durch die Rüstungshauptabteilung,
die Rüstungsabteilung zu treffenden Ent-
scheidungen. Ich bin weiterhin zuständig für
den Haushalt, wie ich schon sagte, für die
Politikabteilung, für die Rechtsabteilung, für
die Einsätze und die dem Generalinspekteur
zugewiesenen Abteilungen.

Karin Strenz (CDU/CSU): Haben Sie in
Ihren Vorverwendungen Warnhinweise be-
züglich des Projektes Euro Hawk erhalten,
und, wenn ja, wie sind Sie damit umgegan-
gen?

Zeuge Rüdiger Wolf: Ja, es gab Warn-
hinweise, wie ich sie in meinem Eingangs-
statement beschrieben hatte, insbesondere
was die Risikoschilderung anging, insbeson-
dere im Rahmen des Zulassungsverfahrens.
Das war mir bekannt. Das war mir sowohl am
Anfang bekannt, das war mir aber auch ins-
besondere ab dem Jahre 2012 wieder be-
kannt. Dazwischen gab es eine kurze Zeit, in
der ich lediglich über die Haushaltsaufstel-
lung das Projekt verfolgt habe. Diese Warn-
hinweise waren aber nie Warnhinweise im
Sinne einer roten Ampel, sondern sie waren
immer Warnhinweise maximal, würde ich das
nennen, im Sinne einer gelben Ampel: Hier
liegt ein Risiko vor. Das Risiko wird von uns
aber als beherrschbar angesehen, und des-
wegen gibt es hier keinen Grund zum Ein-
greifen.

Karin Strenz (CDU/CSU): Wieso wurde
man seitens des BMVg von den Entwicklun-
gen überrascht angesichts der vertraglich
vereinbarten vierteljährlichen Berichte, die es
gab, und des doch üblichen Projektcontrol-
lings?

Zeuge Rüdiger Wolf: Frau Abgeordnete,
derartige Berichte sind mir nie vorgelegt wor-
den. Ich kann deswegen nicht sagen, dass
ich von der Entwicklung insofern überrascht
wurde, als ich Ihnen ja beschrieben hatte,
dass ich bis einschließlich des Jahres 2009
über das Vorhaben durchaus im laufenden,
insbesondere parlamentarischen Beratungs-
verfahren der Vorlagen an das Parlament
unterrichtet worden bin, dass die dort ge-
schilderten Risiken wiederholt - ich wieder-
hole es - als beherrschbar angezeigt worden
sind. Eine gewisse Überraschung war die

Drucksache 17/14650 – 966 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 105
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Vorlage im Februar 2012, die mich durch
Herrn Beemelmans erreichte, indem zum
ersten Mal das Thema erwähnt wurde, dass
die Musterzulassung sich so nicht erreichen
ließe, dass man vielmehr ein neues Zulas-
sungsverfahren über die Luftwaffe durch
Übernahme der Zulassung durch die US Air
Force übernehmen wollte und dass sich aus
dem Musterzulassungsverfahren selbst ein
finanzielles Risiko in einer Größenordnung
von bis zu 600 Millionen aufbaute. Dies war,
wenn Sie so wollen, eine Überraschung, aber
sie war Überraschung durch eine Leitungs-
vorlage und nicht durch die Berichterstattun-
gen, die gegebenenfalls an das Ministerium
erfolgt sind.

Karin Strenz (CDU/CSU): Können Sie
mir sagen, wer dann die Berichte verfasst hat
und wem sie vorgelegt wurden und wie die
Unterrichtung vonstattenging?

Zeuge Rüdiger Wolf: Frau Abgeordnete,
das kann ich Ihnen nur aufgrund des Akten-
studiums nennen, nicht aus eigener Zustän-
digkeit oder eigenem Wissen. Berichte über
Vorhabenstände wurden im Rahmen der
jeweiligen Zuständigkeiten durch die nach- -
also in diesem Fall durch das BAAINBw an
die Hauptabteilung oder an die Abteilung AIN
gemeldet, an die Leitung nur in dem Sinne,
wie ich das in meinem Eingangsstatement
beschrieben habe.

Karin Strenz (CDU/CSU): Mich interes-
siert Ihre Bewertung zum CPM. Sind Sie der
Meinung, dass das von Bundesminister
Scharping eingeführte CPM in diesem Be-
reich unzulänglich war?

Zeuge Rüdiger Wolf: Zunächst mal darf
ich einführen: Es war zu diesem Zeitpunkt
ein absolutes Novum. Deswegen löste die-
ses CPM 2001 auch als Entwicklungs- und
Beschaffungsverfahren den vormaligen so-
genannten Allgemeinen Umdruck 220 ab, der
über Jahre hinweg in der Kritik stand, dass er
den Risiken, die sich aus Entwicklungs- und
Beschaffungsvorhaben ergeben könnten,
nicht gewachsen sei. Es war also eine Re-
aktion auf diese Kritik, und diese Reaktion
hat, wie ich glaube, schon auf jeden Fall den
richtigen Weg beschritten; denn ich hatte
Ihnen beschrieben: Durch die Einschaltung
eines Demonstrators wurden nicht unerheb-
liche Risiken, die wir im Vorfeld bei Entwick-
lungsvorhaben kannten, ausgeschaltet bzw.

begrenzt und minimiert. Also, der finanzielle
Schaden war bei einem abgebrochenen oder
bei einem zu beendenden Entwicklungsvor-
haben durch einen Einzeldemonstrator nicht
so groß, wie wenn wir gleich in eine mit Risi-
ken behaftete Serienbeschaffung eingetreten
wären.

Also, ich würde das so bewerten: Der
CPM 2001 war ein Schritt auf jeden Fall in
die richtige Richtung. Viele der Vorschriften,
die sich darin befinden, finden sich auch im
CPM 2010 wieder, der erlassen wurde, aber
auch in dem novellierten CPM.

Karin Strenz (CDU/CSU): Und dennoch
kann ich feststellen, dass Unzulänglichkeiten
zu erkennen waren. Sonst hätten Sie die
Konsequenzen nicht daraus gezogen.

Zeuge Rüdiger Wolf: Das ist völlig rich-
tig.

Karin Strenz (CDU/CSU): Ich übergebe
weiter an den Herrn Grübel.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Kollege Grübel.

Markus Grübel (CDU/CSU): Herr Staats-
sekretär Wolf, teilen Sie die Einschätzung
des Bundesrechnungshofs - einmal hier ge-
äußert durch Frau Ministerialrätin Bauch,
aber auch in seinem Bericht -, dass im vor-
vertraglichen Verhältnis, bei den vorvertrag-
lichen Beratungen in den Jahren 2001 bis
2006 die Zulassungsprobleme nicht erkannt
bzw. nicht in vollem Umfang erkannt wur-
den? Damals ist ja in dem Zusammenhang
dieses Wort „blauäugig“ gefallen, das dann
durch die Medien ging, allerdings mit weniger
klarer zeitlicher Zuordnung.

Zeuge Rüdiger Wolf: In der Retrospek-
tive würde ich sagen: Ja. Es ist sicherlich so,
dass sich aus den Akten ergibt, dass die
Annahmen beim Vorvertragsabschluss, was
in einem solchen Zulassungsverfahren not-
wendig sein sollte, und die Annahme, das
werde der Auftragnehmer schon wissen - -
die war sicherlich ein Problem in den Ver-
handlungen. Ich will jetzt aber nicht so weit
gehen, Herr Abgeordneter, dass ich sage:
Das ist ein, wie auch immer geartetes, Ver-
schulden, sondern hier sind die Sachbe-
arbeiter davon ausgegangen: Das machen
wir nicht zum ersten Mal, das wird ein kom-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 967 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 106
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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petenter Industriepartner, wie das ja Northrop
Grumman oder auch EADS waren, sicherlich
wissen müssen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ein Zeuge,
nämlich der frühere Leiter der WTD 61, Herr
Walter Storz, hat gesagt, in seiner Zeit bei
der NATO, im Jahre auch rund um das Jahr
2000, hätte man damals schon um Zulas-
sungsproblematiken gesprochen. Ist das
dann in der Schärfe nicht nach Berlin durch-
gedrungen oder nach Bonn?

Zeuge Rüdiger Wolf: Ob sich das jetzt
auf das konkrete Projekt bezieht, weiß ich
nicht, Herr Abgeordneter. Was ich jedenfalls
weiß, ist, dass das Thema Zulassung und
Zulassungsprobleme, seitdem ich Verant-
wortung im Verteidigungsministerium trage,
ein Problem ist. Und das gilt nicht nur für
Luftfahrzeuge, sondern generell für alle Be-
schaffungsvorhaben oder Entwicklungsvor-
haben, die einen solchen Zulassungsprozess
durchlaufen müssen. Und das sind die
meisten.

Markus Grübel (CDU/CSU): Im Vertrag
ist ja die Risikoverteilung ziemlich klar ge-
regelt, nämlich das Risiko der Zulassung
trägt der Auftraggeber. Also, mögliche Mehr-
kosten durch Zulassungsverfahren hat der
Auftraggeber zu tragen. Der Auftragnehmer
muss sich bemühen, aber wenn das Bemü-
hen nicht ausreicht, dann ist es Sache des
Auftraggebers. Halten Sie diese Risikover-
teilung auch für die Zukunft für sachgerecht?

Zeuge Rüdiger Wolf: Die Risikovertei-
lung bei Entwicklungsverträgen ist grund-
sätzlich ein Problem. Wenn man das Risiko
ausschließlich auf den Auftragnehmer ver-
teilen will, bedeutet das in aller Regel, da die
Auftragnehmer nicht so breit gesät sind, die
für derartige Dinge in Betracht kommen, dass
das Risiko, das der Auftragnehmer eingeht,
entsprechend bepreist wird. Dass man sich
gleichwohl diesem Thema stellen muss, wie
man zu einer vernünftigeren Risikoverteilung
bei Entwicklungsprojekten kommt, das hat
sich letztlich auch schon aus dem Vorhaben
A400M ergeben.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ich frage da-
rum, weil, wenn man das Risiko je zur Hälfte
aufteilen würde, dann würde man ja aus der
Art und insbesondere aus den Preisver-

handlungen schließen können, wie der Auf-
tragnehmer das Risiko einschätzt. Man hat
den leisen Verdacht, mancher Auftragneh-
mer kennt das Risiko und ist heilfroh, dass
der Auftraggeber das Risiko trägt, weil er
sozusagen weiß, dass da Risiken im System
sind. Und es gibt ja wohl wenig Rüstungs-
vorhaben, die ohne Risiko für den Bundes-
haushalt durchgeführt wurden.

Zeuge Rüdiger Wolf: Das ist eine Be-
wertung, der kann ich mich anschließen.
Richtig ist, dass man das natürlich erkennen
kann. Ich will vielleicht aber aus der Erfah-
rung mit dem Vorhaben A400M mal sagen:
Hier hat der Auftragnehmer ein erhebliches
Risiko, nämlich die vollständige Vertrags-
erfüllung, übernommen und auch strafbe-
wehrt übernommen. Also insofern war das
genau so ein Vertrag, wie Sie ihn beschrei-
ben, wie der öffentliche Auftraggeber ihn
stellen sollte. Aber es hat sich auch dort er-
wiesen, dass sich auch solche Verträge nicht
unbedingt durchsetzen lassen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Herr Staats-
sekretär, wie gehen Sie bzw. geht das Haus
mit den jüngsten Empfehlungen des Bundes-
rechnungshofs um? In dem Bericht sind ja
auch Empfehlungen gemacht worden. Wie
gehen Sie zunächst mal formal damit um?
Und gibt es auch schon Ergebnisse, dass
man Anregungen, Empfehlungen umsetzt?

Zeuge Rüdiger Wolf: Anregungen, Herr
Abgeordneter, des Bundesrechnungshofs,
sind - auch wenn das jetzt etwas humoris-
tisch klingt - im Verteidigungsministerium -
und das meine ich ernsthaft - immer will-
kommen, insbesondere wenn es sich um
allgemein gültige Anregungen handelt, die
sich nicht unmittelbar nur auf ein einziges
Projekt beziehen, sondern Verfahrensabläufe
und Verfahrensoptimierungen vorschlagen.
Alle Anregungen des Bundesrechnungshofs
im Zusammenhang mit der Optimierung ins-
besondere von Verfahren, zur Verbesserung
auch insbesondere der Wirtschaftlichkeit im
Projekt werden von uns sehr ernst genom-
men und auf ihre Umsetzbarkeit intensivst
geprüft.

Ich gebe allerdings auch zu: Nicht jeder
dieser Vorschläge passt auf die besonderen
Verhältnisse, die sich aus Verfahren im Ver-
teidigungsministerium ergeben. Aber Sie
können sicher sein, dass wir alle Erfahrun-

Drucksache 17/14650 – 968 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 107
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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gen und alle Hinweise des Bundesrech-
nungshofs ernsthaft aufnehmen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Haben Sie
Erkenntnisse, wie Sie mit dem - - oder wie
sehen Sie die Anregung, ein unabhängiges
Fachcontrolling durchzuführen?

Zeuge Rüdiger Wolf: Das Verteidi-
gungsministerium bemüht sich seit, ich
glaube, dem Jahre 2000/2001 um ein Con-
trollingsystem innerhalb des Ministeriums,
insbesondere aber auch des nachgeordne-
ten Bereichs, insbesondere innerhalb eines
Controllingsystems in den Fachabteilungen
und hier der Abteilung AIN. Es hat sich da-
rüber hinaus als Gegenstand der Neuaus-
richtung für die Einführung eines Leitungs-
controllings unter strategischen Zielsetzun-
gen entschieden.

Ein unabhängiges Fachcontrolling, was ja
wahrscheinlich auf eine externe Beteiligung
angeht, haben wir bisher noch nicht als für
das Verteidigungsministerium optimal ange-
sehen. Aber es wird sicherlich gleichwohl im
Rahmen der Umsetzung der auch von dem
Minister angekündigten Konsequenzen mit
zu prüfen sein. Also wenn wir uns die Opti-
mierung des CPM noch mal anschauen, ob
nicht doch weitere Stellschrauben da sind,
die man drehen muss, dann wird das Fach-
controlling mit eine Rolle spielen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Dann noch
eine letzte Frage. Man beschafft ja jetzt die
Serie Euro Hawk nicht; und im Haushalt, in
der Haushaltsplanung - das ergibt sich aus
den geheimen Erläuterungen - sind somit
675 Millionen Euro frei geworden. Ist das
Geld tatsächlich reserviert für die Alternative
signalerfassende Aufklärung, mal unabhän-
gig davon, dass wir als Deutscher Bundestag
natürlich die Hoheit hätten bzw. haben? Das
„hätten“ nehme ich wieder zurück. Hat das
Ministerium - - Oder gibt es da Begehrlich-
keiten? Oder gibt es da dringende Vorhaben,
die Sie jetzt vor die signalerfassende Aufklä-
rung schieben, wenn die Mittel jetzt - erheb-
liche Mittel, 675 Millionen Euro - kurz-/
mittelfristig frei werden?

Zeuge Rüdiger Wolf: Herr Abgeordneter,
ich hatte Ihnen beschrieben, dass dem Vor-
haben signalerfassende Aufklärung eine
erhebliche Bedeutung im Verteidigungs-
ministerium beigemessen wurde und wird.
Und die Entscheidungen, die jetzt anstehen

und die getroffen worden sind, bilden diese
hohe Priorität ab. Ich gehe davon aus, dass,
wenn es einen entsprechenden Realisie-
rungsvorschlag gibt, der sich innerhalb die-
ses Finanzrahmens bewegt, der dafür zu-
ständige Generalinspekteur an dieser seiner
Priorisierungsentscheidung festhalten wird.

Aber - Sie haben es völlig zu Recht be-
schrieben - dies ist Gegenstand der dann
jetzt anstehenden Haushaltsberatungen,
insbesondere in der Regierung, zum zweiten
Regierungsentwurf nach der Wahl bzw. des
neu konstituierten Bundestages, der uns
dann diesen Haushalt auch abnehmen muss.
Aber ich gehe davon aus, dass ja, wenn es
mit diesen Bedingungen - es wird entspre-
chend ein Vorhaben vorgestellt, der General-
inspekteur priorisiert es - - Ja, dann wird
dieses Geld dafür eingesetzt.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Keine weiteren Fragen mehr?

(Markus Grübel (CDU/CSU): Keine
Zeit mehr!)

Dann gebe ich der SPD-Fraktion, dem Kolle-
gen Arnold das Wort.

Rainer Arnold (SPD): Herr Staatssekre-
tär, für welche Fehler im Prozedere über-
nehmen Sie die Verantwortung?

Zeuge Rüdiger Wolf: Ich erkenne keine
Fehler, Herr Abgeordneter Arnold.

Rainer Arnold (SPD): Ihr Vorgänger, der
hier saß, hat welche erkannt und hat dafür
die Verantwortung übernommen. Sie erken-
nen keine?

Zeuge Rüdiger Wolf: Herr Abgeordneter,
ich weiß nicht, was mein Vorgänger für Feh-
ler anerkannt hat. Aber Sie haben mich nach
meinen Fehlern gefragt.

Rainer Arnold (SPD): Ich wollte es ja
auch von Ihnen hören. Das ist alles in Ord-
nung.

Sie haben selbst davon gesprochen, dass
es ein Entwicklungsvertrag mit nicht un-
erheblichen Risiken war. Sie haben den ja
doch über eine lange Wegstrecke begleitet.
Wie haben Sie so einen Entwicklungsvertrag
dann begleitet? A-Kategorie, 30 Projekte,
aber Entwicklungsvertrag ist ja noch mal was
Besonderes.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 969 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 108
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Zeuge Rüdiger Wolf: In der Zeit, in der
ich für Rüstungsfragen zuständiger Staats-
sekretär war: indem ich die dazu für die Lei-
tung erforderlichen Vorlagen zur Kenntnis
genommen habe bzw. entschieden habe. In
dem Maße, wie ich die jeweiligen Parla-
mentsvorlagen zu verantworten hatte: indem
ich die Parlamentsvorlagen auf ihre Schlüs-
sigkeit hin überprüft habe und die dortige
Risikoeinschätzung und Risikobewertung
eben auf Schlüssigkeit hin überprüft habe. Im
Rahmen meiner Haushaltsverantwortung, die
ja teilweise auch mit eine Verantwortung für
diese Vorlagen war, exakt in der gleichen
Weise. Das heißt, ich habe die Vorlagen, die
mich dazu erreicht haben, auf ihre Sachlich-
keit hin geprüft, ich habe sie auf ihre Schlüs-
sigkeit hin überprüft, ich habe sie geprüft, ob
sie alle Aspekte aus meiner Sicht enthielten,
von denen ich glaubte, dass sie sie enthalten
müssen.

Ich hatte Ihnen beschrieben, die eine oder
andere Vorlage musste an die Haushalts-
abteilung gegeben werden, weil sie dort nicht
mit geprüft worden war, und die anderen
Vorlagen an den Generalinspekteur, weil es
in dessen Zuständigkeit lag, zu entscheiden,
welcher Alternative er zuneigt. Das war
meine Aufgabe. So habe ich dieses Vorha-
ben begleitet.

Rainer Arnold (SPD): Haben Sie außer-
halb der Vorlagen auch mal irgendwo noch
nachgehakt, weil es ja ein Entwicklungsver-
trag mit nicht unerheblichen Risiken ist?

Zeuge Rüdiger Wolf: Es bestand für
mich aufgrund der Vorlagen und der Kennt-
nisstände, die ich hatte, kein Grund zur
Nachfrage, Herr Abgeordneter.

Rainer Arnold (SPD): Wann haben Sie
zum ersten Mal - Sie sagten es zwar schon -
von ernsten Problemen gehört?

Zeuge Rüdiger Wolf: Jetzt weiß ich
nicht, wie Sie „ernste Probleme“ bezeichnen.
Für mich begann eine neue Weichenstellung,
wenn Sie so wollen, mit der Vorlage vom
Februar 2012, indem ich erfuhr, dass wir von
der bisherigen Verfahrensweise, eine Mus-
terzulassung zu erreichen, abweichen woll-
ten - das war eine Ankündigung, eine Infor-
mationsvorlage - und die Verantwortung
mehr auf die Luftwaffe übertragen im Zulas-
sungsverfahren vor dem Hintergrund eines
nunmehr bezifferten Risikos im Rahmen der

Erstellung der Musterzulassung bis zu 600
Millionen ohne Übernahme einer Garantie,
dass man damit auch zum Erfolg kommt.
Das war für mich eine Veränderung.

Rainer Arnold (SPD): Was haben Sie
dann getan als Reaktion auf diese Verände-
rung?

Zeuge Rüdiger Wolf: Ich habe gesehen,
was Herr Beemelmans getan hat, und das
hat mir genügt. Herr Beemelmans hatte die
entsprechenden Konsequenzen aus dieser
Vorlage gezogen. Ich habe für meinen Teil
nur noch, was bis dahin nicht geschehen
war, den Inspekteur der Luftwaffe und den
Abteilungsleiter Haushalt an diesem neuen
Stand beteiligt.

Rainer Arnold (SPD): Und diese Konse-
quenzen von Staatssekretär Beemelmans
waren?

Zeuge Rüdiger Wolf: Überprüfung der
beschriebenen Problematiken und, wenn ich
mich recht erinnere, Vorlage einer Lösung
bis spätestens Ende 2012.

Rainer Arnold (SPD): Nun sagt uns der
Rechnungshof, man hätte im Jahr 2009,
spätestens im Jahr 2011, weil es ein Ent-
wicklungsvertrag war, im Grunde genommen
eine Revision machen müssen und das ge-
samte Projekt wirklich auf den Prüfstand
stellen müssen. Wie bewerten Sie diese
These des Rechnungshofes?

Zeuge Rüdiger Wolf: Zum einen: Es ist
eine retrospektive, im Lichte der Erkennt-
nisse, die wir jetzt aktuell haben, getroffene
Bewertung.

Zum anderen: Ich hatte Ihnen ja be-
schrieben, noch im Jahre 2009 sind wir mit
einem dritten Änderungsvertrag in das Par-
lament gegangen. Dieser dritte Änderungs-
vertrag zu dem Vorhaben wurde durch das
gesamte Haus, das heißt, durch alle rele-
vanten Abteilungen, durch den General-
inspekteur - - Und wenn ich mich nicht irre,
war auch der Rechnungshof beteiligt bei
dieser Vorlage bzw. wurde beteiligt durch
den Haushaltsausschuss. Niemand hat zu
diesem Zeitpunkt ein Risiko als nicht be-
herrschbar oder das Verfahren als revisions-
trächtig angesehen und beurteilt, auch der
Bundesrechnungshof damals nicht.

Drucksache 17/14650 – 970 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 109
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Rainer Arnold (SPD): Wir haben dann
Sommer 2012, und dort gab es ja dann einen
Vermerk von Ihnen, Herr Staatssekretär, auf
den Sie schreiben:

Es bleibt bei meinem Auftrag v.
29.06.12/Bezug 2, Möglichkeiten
des Abbruchs zu untersuchen und
mit dem Ergebnis der Studie zu
bewerten. Ich halte weitere Investi-
tionen in ein so risikobehaftetes
Verfahren für mehr als problema-
tisch.*

Hat das etwas ausgelöst? Wenn ja, was?

Zeuge Rüdiger Wolf: Das war die Reak-
tion auf meine Weisung, die ich Ihnen be-
schrieben hatte, vom Juni auf eine Vorlage
der Abteilung SE, zu einer Zwischenlösung
zu kommen. Und ich wollte unter jeden Um-
ständen vor weiteren Investitionen in das
Vorhaben die Ergebnisse dieser Vorlage
abwarten, die dann Ende 2012 uns auch
erreicht hat.

Rainer Arnold (SPD): Ist dieses Ergebnis
der Zwischenlösung identisch mit dieser Stu-
die um Alternativen?

Zeuge Rüdiger Wolf: Herr Abgeordneter,
ich habe mir die Studie - - Die Studie hat mir
nicht selber vorgelegen. Aber die Vorlage,
die dann im Dezember bzw. im März erstellt
worden ist, ging auf diese Untersuchungs-
ergebnisse ein. Ja.

Rainer Arnold (SPD): Und Sie haben
dieses Ergebnis dann im Dezember nicht
angeschaut?

Zeuge Rüdiger Wolf: Die Studie selber
nein. Die Studie diente ja - - Sie war Ar-
beitsmaterial für das Votum der Vorlage, die
ich dazu bekommen habe.

Rainer Arnold (SPD): Und wann haben
Sie die Vorlage dazu bekommen?

Zeuge Rüdiger Wolf: Wie ich eben
schon sagte: Sie floss in diese Vorlage der
Abteilung AIN vom Dezember 2012 bzw.
März 2013 ein.

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-73 BMVg zu BB 17-48,
Beweismittelordner 20, StS Wolf, Blatt 164.

Rainer Arnold (SPD): Und was wurde
dort empfohlen als Alternative?

Zeuge Rüdiger Wolf: Da wurden keine
Alternativen empfohlen, weil es offensichtlich
keine Alternativen gab. Die Vorlagen, die im
Dezember bzw. im März erstellt worden wa-
ren, zeigten eine alternativlose Beendigung
der Entwicklung unter Verzicht auf den Ein-
tritt in die Serie, gaben allerdings zwei poten-
zielle Möglichkeiten zur Nutzung des De-
monstrators mit auf den Weg, nämlich den
Demonstrator für eine gewisse Zeit zu nutzen
als Träger des ISIS-Aufklärungssensoren-
Pakets bzw. als zweite Option die Nutzung
als Aufklärungssystem selbst für die Dauer
von vier Jahren.

Rainer Arnold (SPD): Das verstehe ich
jetzt nicht, wenn dieses Schreiben, diese
Bewertung sagt, es gibt keine Alternativen.
Erste Frage: Die Studie hat ja drei Alterna-
tiven untersucht, zwei als denkbar und eine
als Empfehlung gehabt. Wie können Sie sich
erklären, dass dann in ein Papier dies nicht
einfließt, obwohl man diesem Institut ja
durchaus vertraut?

Zeuge Rüdiger Wolf: Herr Abgeordneter,
ich muss es noch mal wiederholen: Ich
kenne diese Studie nicht. Warum die nicht
eingeflossen ist, kann ich Ihnen deswegen
auch nicht sagen.

Rainer Arnold (SPD): Wäre es gut ge-
wesen, wenn Sie die angeschaut hätten?

Zeuge Rüdiger Wolf: Das weiß ich nicht.

Rainer Arnold (SPD): Ich meine, zu dem
Zeitpunkt war ja klar, dass das Entwick-
lungsprojekt in schwierigem Fahrwasser ist.
Kommt da nicht ein Punkt, wo ein Staats-
sekretär sagt: „Jungs, jetzt brauche ich mal
alle Informationen auf den Tisch und nicht
immer nur selektive“?

Zeuge Rüdiger Wolf: Herr Abgeordneter,
ob das jetzt eine selektive Vorlage war oder
nicht, das weiß ich nicht; das bewerten Sie
jetzt so. Ich habe eine Vorlage bekommen,
die unter Auswertung aller Erkenntnisse -
davon gehe ich aus; ich traue meinen Mit-
arbeitern - alle Möglichkeiten ausgewählt hat
und zu einer entsprechenden Einschätzung
kam.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 971 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 110
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Rainer Arnold (SPD): Und Sie sind dann
davon ausgegangen, Euro Hawk ist alterna-
tivlos?

Zeuge Rüdiger Wolf: Die Entscheidung,
die vorgeschlagen wurde, war alternativlos.

Rainer Arnold (SPD): Die Entscheidung,
das Projekt zu stoppen.

Zeuge Rüdiger Wolf: Wie ich in meinem
Eingangsstatement schon sagte: Ja.

Rainer Arnold (SPD): Gibt es zum Pro-
jekt selbst dann Alternativen? Was wurde
dazu gesagt?

Zeuge Rüdiger Wolf: In diesen Vorlagen
gab es zu dem Projekt selbst keine Aussage
über Alternativen, sondern die Weisung, die
dann anschließend erteilt worden war durch
den Kollegen Beemelmans, bestand, wenn
ich mich recht erinnere, darin, auf der
Grundlage des Aufklärungspakets ISIS nach
Alternativen zu suchen, und zwar bis zum
Ende des Jahres 2013.

Rainer Arnold (SPD): Nun sind Sie ja für
Einsatz zuständig, und ursprünglich war ja
geplant, diesen Demonstrator auf der vor-
handenen Systematik mit ISIS zu testen und
gleichzeitig auch operationell so einzusetzen,
dass im ersten Schwung auch in der Test-
phase Informationen gesammelt werden
können. Was war da vorgesehen? In wel-
chem Einsatz und wo? Und warum findet das
nicht statt?

Zeuge Rüdiger Wolf: Herr Abgeordneter,
ich habe ausdrücklich, weil hierzu die Mei-
nung des Generalinspekteurs das für mich
entscheidende Votum war, die Meinung des
Generalinspekteurs eingeholt. Und der Ge-
neralinspekteur hat sich - bewusst, wie ich
annehme - gegen eine solche operative Nut-
zung des Demonstrators ausgesprochen. Es
wurde kein Einsatzszenario oder Einsatz-
spektrum dabei geprüft, sondern bewusst
gegen den operativen Einsatz - - Das lag
unter anderem auch am Kosten-Nutzen-Ver-
hältnis; denn ein Weiterbetrieb des De-
monstrators hätte, wenn ich das recht im
Kopf habe, über 52 Millionen Euro per anno
gekostet.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ich über-
nehme mal. - Der Minister hat ja in seiner
Erklärung davon gesprochen, dass es eine
richtige Entscheidung war zum richtigen
Zeitpunkt, die fehlerhaft zustande gekommen
sei. Was war denn da fehlerhaft?

Zeuge Rüdiger Wolf: Mir ist nicht in Er-
innerung, dass der Minister gesagt hat, sie
sei fehlerhaft zustande gekommen. Mir ist
allerdings in Erinnerung, dass der Minister
gesagt hat, es sei die richtige Entscheidung
zum richtigen Zeitpunkt gefasst worden.
Dass eine richtige Entscheidung fehlerhaft
zustande gekommen ist, erschließt sich mir
also im Moment auch nicht, sodass ich nicht
erkennen kann, dass es so ist. Ja.

(Abg. Dr. Hans-Peter Bartels (SPD)
blättert in seinen Unterlagen)

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ich kann
es nachher noch mal vorhalten, also richtig -
richtig - fehlerhaft.

Aber es wurden personelle Konsequen-
zen in Aussicht gestellt: Wofür eigentlich?

Zeuge Rüdiger Wolf: Herr Abgeordneter,
Sie stellen mir eine Frage, die ich Ihnen nicht
beantworten kann. Also, ich gehe davon aus,
dass der Herr Minister sie Ihnen morgen
beantwortet.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sie sind
Teil der Leitung des Hauses. Ist darüber
gesprochen worden?

Zeuge Rüdiger Wolf: Nein, Herr Ab-
geordneter.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Müsste
mit Ihnen darüber gesprochen werden, oder
macht das der Minister dann in eigener Ent-
scheidung oder mit anderen?

Zeuge Rüdiger Wolf: Herr Abgeordneter,
wenn ich selbst betroffen bin, dann müsste er
wahrscheinlich mit mir darüber sprechen.
Wenn ich nicht selbst betroffen bin, muss er
das nicht.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Hat er mit
Ihnen gesprochen?

Zeuge Rüdiger Wolf: Nein.

Drucksache 17/14650 – 972 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 111
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Was sich
uns darstellt als Meilensteine sozusagen des
Scheiterns dieses Projektes, ist - vielleicht
können Sie es ein bisschen mit nachvollzie-
hen, weil wir wollen ja immer überschaubar
bleiben -: Februar 2010 die Besprechung in
Manching - es wird nicht mehr angestrebt die
Musterzulassung -; dann Juli 2011 der
Überführungsflug, wo uns Rüstungsstaats-
sekretär Selhausen sagt, da sei ihm sozusa-
gen deutlich geworden, es gibt massive
Probleme; Oktober, November 2011 die Ent-
scheidung am Ende nur der Rüstungsabtei-
lung, aber nachdem Sie eine Vorlage gese-
hen hatten, zum Einstieg in die Serienbe-
schaffung, das jetzt nicht zu machen; 24. und
26. November 2011 Entscheidung Abtei-
lungsleiter Selhausen; dann 19. Januar die
E-Mail an Staatssekretär Beemelmans mit
dem Begriff „drastische Kostenexplosion“,
eine Mail von Abteilungsleiter Selhausen an
das Büro von Herrn Beemelmans; dann die
Vorlage und die Diskussion am 1. März in
der Rüstungsklausur; und dann schließlich
Dezember, Januar das Vorlageverfahren,
das am Ende in die Leitungsvorlage mün-
dete, die Sie und Staatssekretär Beemel-
mans gezeichnet haben.

Sind das die Big Points sozusagen, an
denen sich was verändert hat, oder gibt es
noch andere?

Zeuge Rüdiger Wolf: Kann ich nicht sa-
gen, Herr Abgeordneter Bartels. Sie zitieren
Vorgänge aus den Jahren 2010 und 2011 im
Bereich der Abteilung AIN, für die ich zu dem
Zeitpunkt nicht mehr zuständig war. Ich kann
Ihnen auch nicht - - Sie hatten in Ihrer Frage
eingebunden eine Vorlage aus dem Jahre
2011, auf die ich etwas entschieden hätte.
Das habe ich nicht in Erinnerung, dass da
etwas von mir entschieden worden ist. Also,
ich kann Ihnen nur - -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sie haben
das zurückgegeben mit Fragen. Das war die
Vorlage zum Einstieg in die Serienbeschaf-
fung, Langläuferteile.

Zeuge Rüdiger Wolf: Ach so, Entschul-
digung. Ja, das ist korrekt. Das hat jetzt nicht
unmittelbar etwas mit dem Euro Hawk -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Doch, das
war ja Euro Hawk.

Zeuge Rüdiger Wolf: - ja, nicht Euro
Hawk - oder mit den Musterzulassungspro-
blemen zu tun, sondern hatte etwas mit der
Frage zu tun: Investieren wir zum jetzigen
Zeitpunkt aufgrund der bekannten Schätz-
werte, die hierfür über die Kosten nur vorla-
gen, schon über eine Beschaffung? Und mir
erschien der Zeitpunkt falsch gewählt, weil
die Schätzwerte keine belastbare Grundlage
für eine Beschaffungsentscheidung von
Langläuferteilen für die Serie enthielten.

Das waren die Fragen, die ich gestellt
hatte. Herr Beemelmans hat sie aufgegriffen.
Diese Fragen sind dann von der Rüstungs-
hauptabteilung - oder damals AIN; ich bitte
um Nachsicht -, wenn ich das richtig sehe, so
umgesetzt worden - so hat es mir jedenfalls
die Haushaltsabteilung berichtet -, dass man
von einer entsprechenden Beschaffung zu-
nächst absah.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut. - Jetzt kommt die FDP-Fraktion. Herr
Kollege Spatz.

Joachim Spatz (FDP): Herr Staats-
sekretär, wir haben ja erfahren, dass durch
dieses besondere abgestufte, sage ich mal,
Projektierungs- und dann Beschaffungsver-
fahren Risiken wie Genehmigungsfragen
nicht mit allererster Priorität, sondern erst
einmal die technischen Fragen abgearbeitet
worden sind.

Nichtsdestoweniger haben wir von Herrn
Storz erfahren, dass, ich sage mal, rund um
das Jahr 2001 - er sprach von Fachkreisen,
auf NATO-Ebene - die Themen der Zulas-
sung - er sagte das unter dem Begriff: „Wie
kriegen wir die Dinger legal in die Luft?“ - mit
entsprechender Offenheit - man könnte auch
sagen Ratlosigkeit, weil man noch keine
Lösung hatte - besprochen worden sind.

Nachdem man bereits im Jahr 2004 Ab-
stand genommen hat von der Teilnahme am
allgemeinen Luftverkehr - - Also verglichen
mit dem, was man in den Gutachten mal
wollte, hat man schon die erste Restriktion
ganz gleich in Kauf genommen und dann
auch im weiteren Fortgang - endgültiges
Ende dann 2010 - auch das Thema, ich sage
mal, Musterzulassung völlig hintangestellt.

Hätte nicht im Laufe dieser Diskussionen
irgendeiner auf die Idee kommen können:
„Leute, eine schöne Idee, das Nachfolge-
projekt für die Atlantic unbemannt zu ma-
chen; aber Wiedervorlage in 15 Jahren,
wenn Zulassungsfragen, europäische Har-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 973 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 112
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

monisierungsfragen und auch das Thema
Sense and Avoid System geklärt sind“?

Zeuge Rüdiger Wolf: Es ist schwierig für
mich, im Nachhinein zu beurteilen - - Oder:
Es ist nicht schwierig, in der Retrospektive zu
beleuchten, dass es möglicherweise Anlass
gegeben hätte, schon sehr früh das Risiko
mehr zu hinterfragen.

Aus der damaligen Aktenkenntnis heraus
allerdings muss ich noch einmal ausdrücklich
darauf hinweisen: Man war sich sehr wohl
dieses Risikos bewusst. Man ist aber davon
ausgegangen, und dies nach Anhörung aller
Fachkräfte - - Und insofern bin ich, wenn Sie
mir das erlauben, ein wenig erstaunt, wenn
durch Fachleute gesagt wird: Wir kannten
das Risiko in der NATO schon und haben
schon immer darüber gesprochen. - Es ist
aber offensichtlich nicht so in die Entschei-
dungsfindung mit eingeflossen, wie das mög-
licherweise notwendig gewesen wäre. Je-
denfalls zum damaligen Zeitpunkt haben im
Bundesministerium der Verteidigung alle mit
der Sache befassten Kräfte das Risiko auch
der Musterzulassung als durchaus be-
herrschbar angesehen.

Joachim Spatz (FDP): Sie haben das ja
eben schon angesprochen. Es gibt dann
gerade auch von Parlamentariern immer so
diese Ex-post-Weisheit. Wenn man das jetzt
einmal zugrunde legt, was andere, ich sage
mal, dem Hause abverlangen an früherer
Einstellung des Projektes, wenn wir das zur
Grundlage nähmen, hätten wir dann einen
Eurofighter, einen Tiger, einen NH90?

Zeuge Rüdiger Wolf: Ich glaube, nein.
Es geht immer darum - und das Verteidi-
gungsministerium wird insbesondere bei
solchen Projekten, die es uns wert sind ein
Entwicklungsverfahren durchzuführen und
die für die Streitkräfte von so großer Bedeu-
tung sind, dass wir so viel Geld investieren - -
Wir werden dann immer, solange es einen
angemessenen Mittelaufwand gibt, versu-
chen, ein Vorhaben, ein Entwicklungsprojekt
auch zum Erfolg zu führen.

Es ist dann irgendwann ein Zeitpunkt er-
reicht, wo man bewertet: Hier steht der Mit-
telaufwand in keinem Verhältnis mehr. Aber
die Projekte, die Sie benannt haben, sind so
wichtig für die Bundeswehr, dass wir - zu
Recht, wie ich glaube - erhebliche Mittel auf-
gewandt haben, um sie zu einem Erfolg zu
führen.

Joachim Spatz (FDP): Das heißt also,
wenn Sie schneller gehandelt hätten, hätten
Sie, ich sage mal, gemessen an dieser all-
gemeinen Leitlinie es an Sorgfalt mangeln
lassen?

Zeuge Rüdiger Wolf: So sehe ich das.
Ich darf das vielleicht für mich persönlich
sagen. Deswegen haben wir uns so intensiv
auch bemüht, den A400M zu einem erfolg-
reichen Vorhaben zu bringen.

Joachim Spatz (FDP): Ich habe da noch
mal eine Abgrenzungsfrage, weil doch auch
bei dem einen oder anderen Interview von
Kollegen durcheinandergebracht werden die
Zulassungsfragen von Euro Hawk oder
HALE-Projekten und Zulassungsfragen von,
ich sage mal, mittelhoch fliegenden Drohnen.
Können Sie vielleicht noch mal hier eindeutig
klarmachen, was da der Unterschied ist und
warum auch erklärbar ist, dass vielleicht
auch die politische Leitung diese Dinge nicht
vermischt?

Zeuge Rüdiger Wolf: Ich will es versu-
chen, obwohl nicht zuständig, Herr Abgeord-
neter. Der entscheidende Punkt, an dem
Euro Hawk scheitert, ist die Musterzulas-
sung, ist die Bestätigung der Sicherheit des
Luftfahrzeuges. Der zweite Teil, der immer
wieder angesprochen wird, die Verkehrszu-
lassung, kann durchaus konditioniert erfolgen
und ist auch für den Euro Hawk konditioniert
erfolgt und wird sicherlich auch für jede an-
dere, insbesondere MALE-Drohne konditio-
niert erfolgen. Aber das hängt immer davon
ab: Wofür brauchen wir diese Drohnen?

Wenn wir den Euro Hawk so hätten flie-
gen können, wie wir das konzipiert hatten,
dann wäre der Euro Hawk in einem be-
grenzten Luftraum, der vorher gesperrt wor-
den wäre, auf eine bestimmte Höhe geflogen
und dort in einem Bereich, in dem sich nor-
malerweise kein ziviles Luftfahrzeug aufhält,
geflogen worden.

Bei der MALE-Drohne ist es etwas ande-
res. Die MALE-Drohne wird in einem Höhen-
band fliegen, in dem durchaus die Möglich-
keit besteht, dass sich dort zivile Flugzeuge
befinden. Dann muss man auf diese Beson-
derheit anders reagieren. Das heißt, man
wird dann den Luftraum, wenn man ihn im
Inland fliegen will, weiter sperren müssen,
und wenn man ihn im Einsatz fliegen will, ihn
eben nicht in Deutschland starten und in den
Einsatz bringen, wird man ihn dann - eine

Drucksache 17/14650 – 974 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 113
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

MALE-Drohne wohlgemerkt - ins Einsatz-
gebiet oder in die Nähe des Einsatzgebietes
bringen und dort erst zum Einsatz bringen.

Joachim Spatz (FDP): Besten Dank. Ich
habe keine weiteren Fragen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Dann gebe ich das Wort der Linken. Kollege
Schäfer.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Danke,
Frau Vorsitzende. - Wir haben uns den Auf-
trag gegeben - den Untersuchungsauftrag
unter 8. und 9. -, auch zu untersuchen, wel-
che Informationen aus dem Bereich des
Bundesministeriums der Verteidigung wann
aus welchem Anlass weitergegeben/nicht
weitergegeben wurden. 9. heißt:

Wurden in diesem Zusammenhang
Informationen zurückgehalten, ver-
ändert oder nicht weitergeleitet?
Falls ja: Wie kam es hierzu und wer
trägt hierfür die Verantwortung?

Sehe ich das richtig, Herr Staatssekretär
Wolf: Wenn es aus dem Kreis des Parla-
ments, speziell des Haushaltsausschusses,
haushaltsrelevante Fragen gibt, wichtige
Rüstungsprojekte betreffend, dann sind Sie
im Benehmen mit dem Parlamentarischen
Staatssekretär für die Beantwortung zustän-
dig?

Zeuge Rüdiger Wolf: Ja.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Okay. -
Dann hat die Bundesregierung ja - Frage
Unterrichtungspraxis gegenüber dem Parla-
ment - verwiesen auf die Beilagen 1 bis 10
zur Anlage G zum „Bericht der Ad-hoc Ar-
beitsgruppe EURO HAWK“, MAT 8, also
sozusagen auf diese Anlage.

Darin findet sich als ein wichtiger Beleg,
also für die Unterrichtung des Parlaments,
eine Berichtsanforderung des Abgeordneten
Michael Leutert zum Thema „Mittelverwen-
dung Unbemannte Flugobjekte (UAV, Droh-
nen)“, die also dann ausgereicht worden ist
über das Finanzministerium; ist klar. Der Text
ist überschrieben: „Beitrag des Bundes-
ministeriums der Verteidigung zur Berichts-
bitte MdB Leutert zum Thema Mittelverwen-

dung für Unbemannte Flugobjekte (UAV,
Drohnen)“* mit Datum 8. Juni 2012.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Können Sie die - - Herr Kollege Schäfer - -

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Wir
können das auch vorlegen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Können Sie es vorlegen, ja?

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Ja, ja.
Ich lese das mal vor und gebe es dann dem
Zeugen, ja?

Da ist gefragt worden:

Wie ist der Umsetzungsstand der
jeweiligen Vorhaben zu bewerten?

Gab es bei der Umsetzung der Vor-
haben Probleme? (zeitliche Ver-
zögerungen ...)

Ist mit Kostensteigerungen im UAV-
Programm zu rechnen und wenn ja,
in welcher Höhe?

Dann antworten Sie - ich bringe es Ihnen
gleich rüber; ich zitiere -:

Das Programm steht unmittelbar vor
dem Beginn der Sensorflugerpro-
bung in Manching. Die Erprobung
von neuem Luftfahrtgerät ist natur-
gemäß risikobehaftet. Daher kön-
nen für das EURO HAWK-Pro-
gramm ggf. weitere Verzögerungen
und weitere Zusatzkosten nicht
ausgeschlossen werden. Deren
Höhe ist aufgrund des Risiko-
charakters derzeit nicht abschätz-
bar.

Ich lege Ihnen den Text jetzt einfach noch
mal vor, damit Sie einen Blick drauf werfen.

(Dem Zeugen wird ein Schriftstück
vorgelegt)

Weil meine Frage - Sie werden es er-
ahnen - lautet natürlich, ob also diese Aus-
kunft gegenüber dem Parlament Ihrer Mei-
nung nach vollständig, sachgerecht und
wahrheitsgemäß ist.

(Der Zeuge liest in dem vorgelegten
Schriftstück)

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3, Ord-
ner 1, Blatt 86 f.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 975 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 114
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Rüdiger Wolf: Ja.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Ja? -
Sie haben vorhin sich eingelassen dergestalt,
dass Sie gesagt haben, ja, im Februar 2012
diese Vorlage für die Rüstungsklausur, das
sei eine gewisse Überraschung für Sie ge-
wesen, weil es dort eine Schätzung von
600 Millionen Euro gibt. Das heißt, Sie
kannten eine Hausnummer.

Zeuge Rüdiger Wolf: Herr Abgeordneter,
Sie haben völlig zu Recht darauf hingewie-
sen, dass es sich um eine Schätzung han-
delte.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Ja, die
ist auch gefragt worden.

Zeuge Rüdiger Wolf: Ja, ja. Und diese
Schätzung war - und ich wiederhole es noch
mal - an den Kollegen Beemelmans im Rah-
men einer Vorlage gegangen, und der Kol-
lege Beemelmans hatte darum gebeten,
diese Schätzung wie auch die gesamte Vor-
lage auf ihre inhaltliche Berechtigung zu
prüfen und bis Ende des Jahres 2012 zu
melden.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Also
noch mal: Sie würden, wenn der gleiche Fall
eintritt, genau so wieder das Parlament un-
terrichten, weil Sie ja sagen, es sei genau
richtig, diese Antwort? Es sei vollständig,
wahrheitsgemäß, sachgerecht?

Zeuge Rüdiger Wolf: Ja.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Gut,
das kann ich gut so stehen lassen. - Zu
Ihrem Vermerk vom 17. August 2012, wo Sie
also sagen, Abbruch Euro Hawk möglicher-
weise ins Auge fassen, keine weiteren Inves-
titionen: Aufgrund eines Hinweises der Ab-
teilung SE hätte ich gern mal nachgefragt,
weil wir haben ja in dem Kontext bei Euro
Hawk, bei allem, immer zu tun mit dem Bun-
desamt, BAAINBw, mit dem Rüstungsdirek-
tor und seiner Abteilung AIN und mit der
WTD 61, mit der Zulassungsstelle. Und jetzt
kommt sozusagen eine völlig andere Abtei-
lung ins Spiel, die einen Hinweis gibt, dass
also mit der Deckung der Fähigkeitslücke
frühestens 2019 zu rechnen sei. Können Sie
diesen Vorgang einfach noch mal genauer
qualifizieren?

Zeuge Rüdiger Wolf: Gern, Herr Ab-
geordneter. Zu einem Vorhaben wie dem
Euro Hawk kommt es ja nur, weil es einen
militärischen Bedarf gibt. Diesen militäri-
schen Bedarf begründet - wir nennen ihn
fachlich den militärischen Bedarfsträger -
schlussendlich der Generalinspekteur. Die
Abteilung SE ist die Abteilung, in der dieser
militärische Bedarf für ein militärisches Auf-
klärungssystem wie den Euro Hawk mit sei-
nen Aufklärungssensoren begründet wird
und für die es auch beschafft wird. Also mit
anderen Worten: Das ist der militärische
Organisationsbereich, der mit dem Euro
Hawk danach, wenn er denn eingeführt wor-
den wäre, gearbeitet hätte.

Dieser militärische Bedarfsträger, die
Abteilung SE, wird in alle Maßnahmen im
Zusammenhang mit der Entwicklung und
Beschaffung mit eingebunden; denn sie ist ja
der militärische Bedarfsträger und muss
deswegen auch die Informationen haben, die
die Abteilung AIN im Rahmen der Bedarfs-
deckung auch hat. Und sie hat aufgrund
dieser Hinweise aus der Abteilung AIN ge-
schlussfolgert: Die Fähigkeit, die ich unbe-
dingt brauche, also die Streitkräfte unbedingt
brauchen, wird entgegen unseren ursprüng-
lichen Erwartungen nicht 2014, sondern erst
2019 die Streitkräfte erreichen. Daraufhin hat
die Abteilung SE, die in meinen Zuständig-
keitsbereich gehört, mir eine Vorlage ge-
schrieben im Juni 2012, in der sie diese Be-
fürchtung „Ich kriege meine Fähigkeit nicht
rechtzeitig“ artikuliert hat und mich gebeten
hat, anzuweisen - das habe ich dann auch
getan -, eine Zwischenlösung zu untersu-
chen. So ist diese Vorlage entstanden, Herr
Abgeordneter.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Diese
Abteilung kommt jetzt sozusagen im gesam-
ten Kontext nur das eine Mal vor? Die haben
also auch vorher keine Hinweise gegeben?
Sind die danach auch noch mal involviert in
den Vorgang, also diese Abteilung?

Zeuge Rüdiger Wolf: Nein, im Zusam-
menhang mit der Gesamtproblematik, die
den Ausschuss interessiert, ist diese Abtei-
lung nach meinem Dafürhalten weiterhin
nicht involviert.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Also
auch nicht, als später sozusagen - - Es gibt
ja dann die Bemühungen „alternative Zulas-
sung“, „alternative Plattform“. Ist die Abtei-

Drucksache 17/14650 – 976 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 115
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

lung dort auch noch mal einbezogen gewe-
sen, bei den Erstellungen sozusagen, den
Erwägungen „alternative Plattform“, die im-
mer auch die Frage beinhalten: Ab wann ist
diese Fähigkeitslücke zu decken?

Zeuge Rüdiger Wolf: Die Abteilung SE
wird auf jeden Fall zu beteiligen sein, wenn
an der Fähigkeit, die im Rahmen dieser Al-
ternativüberlegungen ausgesucht werden
soll, wenn an dieser Fähigkeit irgendwelche
Abstriche vorgenommen werden sollten.
Dann wird man diese Abteilung SE fragen,
ob sie mit diesen Abstrichen der Fähigkeits-
beschreibung einverstanden ist oder nicht.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt gebe ich der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen, Frau Kollegin Brugger, das Wort.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ja, vielen Dank, Frau Vorsit-
zende. - Herr Staatssekretär, ich würde da
gleich anknüpfen. In den Alternativen, die ja
auch diskutiert und vorgestellt wurden, geht
es ja einerseits um bemannte Plattformen,
einerseits um unbemannte Plattformen der
Kategorie MALE. Sind es aus Ihrer Sicht
Abstriche an dieses Fähigkeitsprofil, was die
Lücke abdecken soll?

Zeuge Rüdiger Wolf: Frau Abgeordnete
Brugger, ich kenne diese Alternativen nicht,
von denen Sie sprechen.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Interessant.

(Zuruf von der CDU/CSU: Er ist ja
auch nicht zuständig!)

Fühlen Sie sich - also Ihr Kollege Bee-
melmans war das - in der Lage, jetzt schon
eine Bewertung vor Beendigung der Erpro-
bungsflüge in Bezug auf ISIS abzugeben?

Zeuge Rüdiger Wolf: Ich bin zum einen
dafür nicht zuständig, und zum anderen
würde ich mich dazu auch nicht in der Lage
sehen.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Es wurde ja viel über lösbare und
unlösbare Probleme gesprochen. Können
Sie diese Kategorie „unlösbares Problem“
definieren? Wann wird ein lösbares Problem
zu einem unlösbaren Problem aus Ihrer
Sicht?

Zeuge Rüdiger Wolf: Ob ich es Ihnen
jetzt abstrakt definieren kann, da tue ich mich
schwer. Aber ich kann es Ihnen konkret be-
schreiben: In dem Moment, in dem man mir
sagt, dass eine Musterzulassung auch bei
600 Millionen Euro nicht sicher ist, ist es ein
unlösbares Problem.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Für Sie - und das hatten Sie vor-
her gesagt - - Nur noch mal zur Klarstellung,
weil der Kollege Beemelmans an der Stelle
auch gesagt hat, dass für ihn eher die Kos-
ten - - und im Verhältnis zum Nutzen aus-
schlaggebend waren, zu sagen: Es handelt
sich jetzt hier um ein unlösbares Problem. -
Bei Ihnen war es die Frage, eben Unsicher-
heit, ob sich dieses Problem Zulassung am
Ende wirklich lösen lässt. Ich habe Sie so
richtig verstanden?

Zeuge Rüdiger Wolf: Ich hätte jetzt ein
anderes Wort als Unsicherheit genommen;
aber im Prinzip haben Sie Recht.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Was ist denn aus Ihrer Sicht die
Rolle des Ministers bei Rüstungsprojekten
der Kategorie 1?

Zeuge Rüdiger Wolf: Wenn Sie, Frau
Abgeordnete, mir sagen würden, was Rüs-
tungskategorie 1 ist?

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Also die relevantesten Rüstungs-
projekte, zu denen ja auch der Euro Hawk
gehört.

Zeuge Rüdiger Wolf: Dann muss ich an
der Stelle sagen: Mir ist diese Einstufung in
Rüstungskategorien nicht geläufig. Es gibt im
Verteidigungsministerium nach meiner Erin-
nerung keine Einstufung von Vorhaben in
Rüstungskategorien. Es gibt Einstufungen in
„relevant“ und „weniger relevant“. Das ist die
jeweilige Zuständigkeit des beamteten
Staatssekretärs, seine Vorhaben bzw. seine
Probleme in die Kategorie „relevant“ oder
„nicht relevant“, „ministerrelevant“ oder „nicht
ministerrelevant“ einzustufen. Das kann sehr
unterschiedlich sein, und das bewertet si-
cherlich jeder Staatssekretär auch unter-
schiedlich.

Zu dem Verfahren, um das es hier geht,
also dem Euro Hawk, gab es aus meiner

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 977 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 116
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zuständigkeit zu keinem Zeitpunkt eine Re-
levanz, den Minister einzuberufen. Ich will
auch gerne mal kurz versuchen, es zu er-
läutern. Den Minister erreichen nach meinem
Dafürhalten schon - und zwar nicht nur die-
sen Minister, sondern generell jeden Minis-
ter - zahlreiche Vorlagen, die ihn über
Sachstände informieren sollen. Also, ich
würde mal behaupten: Rund 60 Prozent aller
Vorlagen an den Minister sind Informations-
vorlagen. Der verschwindend geringste Anteil
sind sogenannte Entscheidungsvorlagen.
Ministerrelevant ist in aller Regel nur eine
Vorlage, die den Minister um eine Entschei-
dung bittet, weil sie nur der Minister treffen
kann. Und wenn ich den Euro Hawk in diese
Kategorien einteile, dann habe ich aus mei-
ner Zuständigkeit, als für den Haushalt, für
die Streitkräfte im Einsatz Zuständiger, kei-
nen Grund, den Minister in eine - - diese Ent-
scheidung in eine Kategorie einzuordnen, die
sagt: Hier muss der Minister entscheiden.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Dann sehen Sie auch keine Hol-
schuld des Ministers in Bezug auf dieses
Projekt? Auch das war ja etwas, was letzte
Woche auch in der Vernehmung der Zeugin
des Bundesrechnungshofes eine Rolle ge-
spielt hat. Da ist ja dieser Begriff auch sehr
prominent aufgetaucht.

Zeuge Rüdiger Wolf: Ich habe ein Pro-
blem mit dem Begriff „Holschuld“. Ich kenne
ihn aus dem juristischen Sprachgebrauch,
und da ist es eine Verpflichtung, eine ver-
tragliche Verpflichtung. Aber aus dem poli-
tischen Bereich her kenne ich diesen Begriff
„Holschuld“ nicht. Ich kann damit nichts an-
fangen.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Haben Sie denn mit dem Minister
jenseits des offiziellen Dienstweges über das
Projekt Euro Hawk und die sich anbahnen-
den Probleme gesprochen, also Stichwort
„Flurfunk“?

Zeuge Rüdiger Wolf: Nein.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Haben Sie selbst jenseits des
offiziellen Dienstweges Kenntnisse oder In-
formationen in Bezug auf die Probleme er-
halten? Der Zeuge Schneiderhan hat zum
Beispiel letzte Woche ausgesagt, dass es

natürlich auch dazugehört, sich über infor-
melle Kanäle da auch die entsprechende
Information zu beschaffen.

Zeuge Rüdiger Wolf: Es ist richtig, dass
man über alles Mögliche zu jedem Zeitpunkt
mit allen möglichen Menschen spricht. Aber
ich habe keine relevante Information zum
Thema Euro Hawk erhalten. Das versichere
ich Ihnen: Hätte ich, auf welche Weise auch
immer, Informationen zum Thema Euro
Hawk erhalten, die mich in meiner Bewertung
über den Euro Hawk hätten - - die diese Be-
wertung geändert hätten, dann kann ich
Ihnen versichern, dass ich sie dann auf jeden
Fall in den Entscheidungsprozess des Mi-
nisteriums eingeführt hätte.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich habe vorher mit großem Inte-
resse gelauscht, als Sie erzählt haben, was
die großen Unterschiede sind zwischen der
Beschaffung des Global Hawk im Rahmen
von AGS und jetzt der nationalen Beschaf-
fung des Euro Hawk. Ich würde Ihnen gern
eine Frage stellen; ich habe sie Ihnen auch
schon im Verteidigungsausschuss gestellt,
da konnten Sie und Staatssekretär Beemel-
mans nicht antworten und haben mir ver-
sprochen, dass Sie die Antwort nachliefern.
Und zwar beziehe ich mich auf einen Artikel
aus dem Spiegel vom 3. Juni und auf die
Passage:

In einer schriftlichen Unterrichtung
der Staatssekretäre Wolf und Bee-
melmans vom 29. April zum Stand
des Drohnenprojekts heißt es unter
der Überschrift „Kenntnis Dritter“:
„Keine Detailkenntnisse erhalten
werden unsere Partner über die
Erfassungsergebnisse und damit
über die tatsächliche Leistungs-
fähigkeit des Gesamtsystems.“ Das
Papier ist als „Verschlusssache -
nur für den Dienstgebrauch“ einge-
stuft, darunter steht der Zusatz:
„Nur Deutschen zur Kenntnis“.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Frau Kollegin Brugger, aus welchem Papier
zitieren Sie jetzt?

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das war jetzt aus dem Spiegel.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ach so, danke schön.

Drucksache 17/14650 – 978 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 117
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

(Zuruf von der CDU/CSU: MAT-
Nummer! - Heiterkeit bei der
CDU/CSU)

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Vom 3. Juni. Können Sie sich
mittlerweile an diese Unterrichtung erinnern?

Zeuge Rüdiger Wolf: Allein deswegen,
weil es sich bei dieser Art von Zitat im Spie-
gel um das Zusammenfügen von zwei Ereig-
nissen handelt, die nichts miteinander zu tun
haben. Bei diesem Zitat, um das es hier ging,
ging es um eine Beschreibung der Aufklä-
rungssensorik ISIS und dass aus dieser Auf-
klärungssensorik ISIS Dritten keinerlei Daten
zugänglich gemacht werden sollten, nur
Deutschen zur Kenntnis. Also mit anderen
Worten: Dieses Zitat aus dem Spiegel, ein-
gebaut in das Thema Euro Hawk, beschreibt
einen völlig anderen Sachzusammenhang,
nämlich die Frage: Erhalten unsere Verbün-
deten oder wer auch immer, Dritte, Kenntnis
von unseren Aufklärungsergebnissen aus
ISIS? Das ist die Fundstelle. Wie der Spiegel
dies beides zusammengebracht hat, kann ich
Ihnen nicht sagen.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ist Ihnen bekannt, dass Italien
sich im Rahmen der NATO über Northrop
Grumman beschwert hat, dass es dort eben
auch, was die Teile angeht, was die Doku-
mentation der einzelnen Teile des Global
Hawk angeht, Probleme gibt?

Zeuge Rüdiger Wolf: Ja, das ist mir be-
kannt; das ist vorgetragen über das entspre-
chende NATO-Gremium. Es gibt das NATO-
Gremium des Board of Directors, in dem sitzt
ein Mitarbeiter des Verteidigungsministe-
riums, der hat dies gemeldet. Gleichzeitig
aber haben sowohl der Direktor des Board of
Directors, also der Verantwortliche der
NAGSMA, wie auch der stellvertretende Ge-
neralsekretär darauf hingewiesen, dass es
sich dabei um normale - ich habe es jetzt
nicht zitierfähig im Kopf - Vorgänge handelt,
die innerhalb der NATO und innerhalb der
NAGSMA, also der zuständigen Agentur, das
Problem - - also kein zusätzliches Problem
aufwerfen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön. - CDU/CSU-Fraktion. Herr
Kollege Grübel.

Markus Grübel (CDU/CSU): Herr Staats-
sekretär, 2009 im ersten Halbjahr wurde der
sogenannte dritte Änderungsvertrag ge-
schlossen. Der dritte Änderungsvertrag war
noch mal eine große Nachforderung bzw.
eine große Kostensteigerung, rund 50 Millio-
nen Euro, rund 10 Prozent der damaligen
Summe. Der Bundesrechnungshof hat ge-
sagt, bevor der dritte Änderungsvertrag hätte
abgeschlossen werden dürfen, hätte eine
Neubewertung des Projekts, Erprobungs-
projekts Euro Hawk, durchgeführt werden
müssen. Wie stehen Sie zu dieser Einlas-
sung des Bundesrechnungshofs?

Zeuge Rüdiger Wolf: Ich bin überrascht,
Herr Abgeordneter, weil, wenn ich mich an
die Vorgänge um den dritten Änderungsver-
trag und die damit verbundene 25-Mio.-Vor-
lage an den Haushaltsausschuss richtig erin-
nere, ist diese 25-Mio.-Vorlage sehr intensiv
diskutiert worden; auch die Gründe für die
Verzögerung sind sogar in der 25-Mio.-Vor-
lage, wenn ich das richtig im Kopf habe, zi-
tiert. Sie waren dem Bundesrechnungshof
mit anderen Worten zugänglich. Sie waren
überhaupt jedem, der sich mit der 25-Mio.-
Vorlage beschäftigt hat, zugänglich. Sie ha-
ben, wie ich schon sagte, weder im Hause
selber - denn wir haben die Vorlage erstellt -
noch außerhalb des Hauses zu irgendwel-
chen Nachfragen Anlass gegeben.

Also, wenn mir jemand jetzt im Nach-
hinein sagt: „Das hätte dich spätestens zu
einer Revision veranlassen müssen“, dann
frage ich mich: Warum hat man mir diese
Information oder diesen Hinweis oder diese
Anregung nicht schon anlässlich der Bera-
tung gegeben?

(Michael Brand (CDU/CSU): Gute
Frage!)

Markus Grübel (CDU/CSU): Sagen Sie
das jetzt im Blick auf mich als Parlamentarier
oder im Blick auf den Bundesrechnungshof?
Weil der Bundesrechnungshof hat das ge-
sagt, nicht ich.

Zeuge Rüdiger Wolf: Ich werde immer
den Bundesrechnungshof meinen, Herr Ab-
geordneter.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU)

Markus Grübel (CDU/CSU): Okay; dann
kann ich mit der Antwort leben.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 979 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 118
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Seit längerer Zeit ist bei der NATO und
auch im EU-Rahmen im Gespräch, ein ge-
meinsames Zulassungsverfahren zu entwi-
ckeln, weil die verschiedenen nationalen
Zulassungsverfahren doch bei Projekten, die
mehrere Länder betreffen, jedes Mal zu er-
heblichen Problemen führen. Wie weit sind
da die Überlegungen, bzw. wie ist da der
Stand?

Zeuge Rüdiger Wolf: Ich bin informiert,
dass Minister de Maizière wie auch Kollege
Beemelmans auf zwei Ebenen dieses Thema
international diskutieren und angeregt haben
zur intensiven Diskussion - das ist zum einen
im Rahmen der Europäischen Union und
zum anderen im Rahmen der NATO -, um
über die Fragen der Angleichung oder Ver-
gleichbarkeit oder Übernahme von Zulas-
sungen von Drittstaaten, NATO-Partnern
oder EU-Staaten, zu diskutieren, mit anderen
Worten: entweder die Vorschriften anzuglei-
chen oder aber zu Möglichkeiten zu kom-
men, die jeweiligen nationalen Zulassungen
international bzw. - - dann anzuerkennen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Keine weite-
ren Fragen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut. - Dann kommt die SPD-Fraktion. Herr
Kollege Arnold.

Rainer Arnold (SPD): Herr Staatssekre-
tär, gab es ein Übergabegespräch, als Herr
Beemelmans in der Funktion Rüstung Ihr
Nachfolger wurde?

Zeuge Rüdiger Wolf: Wir haben uns si-
cherlich über die Zuständigkeitsverteilung
unterhalten, ja, aber es hat keine detaillierten
Übergabegespräche im Sinne von Pro-
grammübergaben, wenn Sie das meinen,
gegeben.

Rainer Arnold (SPD): Also, ich meine:
Über Projekte gab es kein Gespräch?

Zeuge Rüdiger Wolf: Nein.

Rainer Arnold (SPD): Hat Staatssekretär
Beemelmans, der ja dann sehr, sehr neu war
in dieser nicht ganz einfachen Materie, dann
in Folge nach einzelnen Projekten gefragt,
Ihren Rat eingeholt, oder lief das immer nur
formell?

Zeuge Rüdiger Wolf: Also, ich hatte den
Eindruck, dass der Kollege Beemelmans sich
in einer sehr großen und sehr intensiven
Anstrengung in die neue Zuständigkeit ein-
gearbeitet hat, und ich habe auch keinen
Grund gesehen, weil ich ja die tägliche Arbeit
kenne mit ihm, dass es da zu irgendwelchen
Nachfragen - - oder was auch immer not-
wendig war. Sicherlich haben wir uns über
viele Dinge untereinander ausgetauscht, kein
Problem, aber nicht in dem Sinne, dass er
jetzt gesagt hat: „Gib mir mal einen Rat-
schlag“, oder so.

Rainer Arnold (SPD): Also, er hat schnell
alles begriffen und gewusst?

Zeuge Rüdiger Wolf: Das war mein Ein-
druck und ist mein Eindruck, ja.

Rainer Arnold (SPD): Ist das üblich, dass
das so schnell geht? Ich meine, Sie sind ja
schon lange im Haus.

Zeuge Rüdiger Wolf: Ich käme jetzt auf
die Idee und würde Ihnen sagen: Es ist mir
nicht anders ergangen, als ich die Rüstung
übernommen habe. Aber ich halte das für, ja,
für gute Arbeit.

Rainer Arnold (SPD): Dann noch mal zu
den Alternativen. Uns wurde hier ja jetzt ge-
sagt, die Alternativen bewegten sich - da gibt
es eine Vorlage - im Kostenrahmen von Euro
Hawk. Kennen Sie diese Aussage auch?

Zeuge Rüdiger Wolf: Nein. Ich hatte jetzt
schon mal Gelegenheit zu sagen: „Ich kenne
Alternativen nicht“, und deswegen weiß ich
auch nicht, -

Rainer Arnold (SPD): Gut.

Zeuge Rüdiger Wolf: - ob sie sich im
Kostenrahmen bewegen.

Rainer Arnold (SPD): Halten Sie das als
für den Haushalt Verantwortlicher für realis-
tisch, dass sich diese Alternativen im Euro-
Hawk-Rahmen bewegen? Wie würden Sie - -

Zeuge Rüdiger Wolf: Jetzt hat die Haus-
haltsverantwortung, Herr Abgeordneter,
nichts mit der Bewertung „realistisch“ zu tun.
Also, ich müsste Rüstungsverantwortlicher
sein, um sie für realistisch zu halten oder

Drucksache 17/14650 – 980 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 119
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

nicht. Als Haushälter warte ich auf die Fakten
und auf eine schlüssige Begründung, wie
man mit einer bestimmten Alternative die
Fähigkeit, die die Streitkräfte gefordert ha-
ben, ganz oder teilweise erfüllen kann, und
wenn das der Fall ist, wenn ich das vorliegen
habe, dann schaue ich, ob die dafür erforder-
lichen Mittel vorhanden sind oder nicht. Der
Entscheidende, der mir das Votum geben
muss: „Das ist das, was die Streitkräfte be-
nutzen können“, ist der Generalinspekteur.

Rainer Arnold (SPD): Nein, meine Frage
war ja nur nach Ihrer Einschätzung. Ich
meine, Sie wollen ja als Haushaltschef nicht
in Abenteuer rutschen, vermute ich doch
zumindest - zumindest haben wir das so
beobachtet in den letzten Jahren -, und in-
sofern die Frage - es geht ja um Ihr Haus
und auch um Ihren Titel -: Halten Sie das für
realistisch in der gleichen Summe?

Zeuge Rüdiger Wolf: Ich muss es wie-
derholen: Ob es realistisch ist, kann ich nicht
beurteilen. Was ich allerdings beurteilen
kann, ist, Herr Abgeordneter, dass ich, wenn
der Generalinspekteur eine Fähigkeit von
dem Hause fordert, alles tun werde, um sie
zu erfüllen, soweit dies mit dem durch den
Deutschen Bundestag gebilligten Haus-
haltsmittelansatz möglich ist.

Rainer Arnold (SPD): Ihr Abteilungsleiter
hat sich mit der Frage ja offensichtlich be-
fasst, Haushaltsabteilung, und hält es für
realistisch.

Zeuge Rüdiger Wolf: Gut zu hören. -
Entschuldigung.

Rainer Arnold (SPD): Immer interessant
bei uns; finde ich auch.

Also, das beschäftigt uns natürlich schon
deshalb, weil man eigentlich Euro Hawk des-
halb genommen hat, weil bemannte Plattfor-
men deutlich teurer sind - war ja unstrittig -;
kann es ja schier nicht sein, dass die jetzt
plötzlich billiger oder gleich teuer sein sollen.
Und ich kann mir eines auch nicht erklären:
dass eine unbemannte Plattform, die man
jetzt neu entwickeln müsste, dann plötzlich
auch nicht teurer wird als ein Produkt von der
Stange, das man in den USA kauft. Irgend-
was passt nicht zusammen. Sehen Sie das
auch so?

Zeuge Rüdiger Wolf: Wenn man kurz-
fristig eine unbemannte Plattform haben will
und es ist kurzfristig keine unbemannte
Plattform verfügbar, dann wird es nicht ge-
hen. Ob kurzfristig eine unbemannte Platt-
form für ISIS verfügbar ist, mittelfristig oder in
welcher Zeit auch immer, für welchen Auf-
wand, kann ich nicht sagen. Ich würde es
natürlich begrüßen, wenn das so wäre. Ich
muss allerdings auch damit rechnen, dass
man mir andere Alternativen, also zumindest
bemannte Plattformen, anbietet.

Rainer Arnold (SPD): Aber Sie kennen
den Markt für unbemannte schon auch,
weltweit?

Zeuge Rüdiger Wolf: Nein.

Rainer Arnold (SPD): So viele sind es ja
nicht. Insofern - - Na ja.

Dann komme ich mal zu dem Thema
„Projekte relevant oder nicht relevant“, damit
wir das geklärt haben. Uns hat der Rech-
nungshof gesagt, CPM hätte eine Kategori-
sierung, und da gäbe es eine Kategorie A,
relevant: müssen sich der Minister und die
Leitung des Hauses vorlegen lassen. Meinen
Sie jetzt, wenn Sie sagen relevant/nicht rele-
vant dasselbe, oder ist das eine andere Art
der Klassifizierung?

Zeuge Rüdiger Wolf: Meine Klassifizie-
rung war eine andere. Das war eine Klassifi-
zierung aus meinem - - aus meiner, da die
Frage, glaube ich, an mich gerichtet war:
Was berichten Sie dem Minister und was
berichten Sie - -

Rainer Arnold (SPD): Okay; es ist Ihre
individuelle dann. Verstehe ich das jetzt rich-
tig?

Zeuge Rüdiger Wolf: Ganz genau.

Rainer Arnold (SPD): Diese CPM-Klas-
sifizierung kennen Sie nicht?

Zeuge Rüdiger Wolf: Nicht so aus dem
Kopf, nein.

Rainer Arnold (SPD): Nach der aber
Euro Hawk in Kategorie A ist - das scheint ja
unstrittig zu sein -, also damit leitungsrele-
vant.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 981 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 120
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Rüdiger Wolf: Herr Abgeordneter,
das kann ich Ihnen nicht bestätigen; weiß ich
nicht.

Rainer Arnold (SPD): Gut. - Dann rele-
vant/nicht relevant aus Ihrer eigenen Ka-
talogisierung: Haben Sie dann den Euro
Hawk für relevant oder nicht relevant einsor-
tiert? Da war ja in Ihrer Zeit dann, als es ge-
klärt werden musste.

Zeuge Rüdiger Wolf: Er war zu unter-
schiedlichen Zeitpunkten relevant, Herr Ab-
geordneter. Er war jedes Mal für mich rele-
vant, wenn eine Leitungsentscheidung erfor-
derlich wurde. Das war also in den Zeit-
punkten der Fall, als ich die Vorlagen an den
Haushaltsausschuss des Deutschen Bun-
destages verantworten musste, und das war
zu den Zeiten der Fall, als ich informiert
wurde über die Tatsache, dass möglicher-
weise das Programm nicht so beendet wer-
den kann, wie wir uns das alle gewünscht
haben.

Rainer Arnold (SPD): Herr Staatssekre-
tär, ich meine, das ist ja logisch: Wenn der
Minister eine Entscheidung treffen muss, ist
es immer relevant für ihn. Es hat sich vorhin
bei Ihnen so angehört, als ob Sie auch sor-
tiert hätten: Projekte relevant, A; Projekte
weniger relevant, B. - Habe ich das falsch
verstanden, oder - -

Zeuge Rüdiger Wolf: Ich hatte darauf
hingewiesen, dass es für mich oberstes Prin-
zip ist: Wenn der Minister eine Entscheidung
treffen muss in einem Vorhaben, die nur er
treffen kann, dann ist es ministerrelevant.
Aber ob es in der Ebene darunter informa-
tionsrelevant ist - und ich hatte beschrieben,
dass den Minister eine Menge von Informa-
tionen erreichen - oder ob es da genügt,
dass der Staatssekretär die entsprechenden
Maßnahmen trifft, das ist davon gut zu unter-
scheiden.

Rainer Arnold (SPD): Aber wenn der
Minister mit der Wirtschaft spricht, wäre Euro
Hawk schon relevant aus Ihrer Sicht, also mit
der beteiligten Wirtschaft?

Zeuge Rüdiger Wolf: Also, wenn der
Minister mit der Wirtschaft über ein Vorha-
ben, das von dieser Wirtschaft gemacht
wird - - Also, jetzt mal konkret: -

Rainer Arnold (SPD): Ja, okay.

Zeuge Rüdiger Wolf: - Also, wenn er mit
EADS spricht, dann ist das Thema Euro
Hawk für den Minister relevant, ja.

Rainer Arnold (SPD): Okay. - Wenn der
Minister auf internationaler Ebene über
Drohnen spricht, ist dort Euro Hawk rele-
vant?

Zeuge Rüdiger Wolf: In dieser Allge-
meinheit nein. Wenn der Minister internatio-
nal über Drohnen spricht, dann spricht er
über die Fähigkeit Drohne, aber nicht über
ein einzelnes Projekt, es sei denn, er würde
tatsächlich auf der Tagesordnung ein kon-
kretes Projekt haben; dann wäre der Euro
Hawk logischerweise relevant.

Aber in aller Regel spricht der Minister
über die Fähigkeit unbemannter fliegender
Plattformen und deren Einsatzmöglichkeiten
im Gesamteinsatzspektrum von Streitkräften.
Da spielt jetzt das einzelne Projekt - - Da
spielen natürlich Aufklärungsdrohnen eine
Rolle, Kampfdrohnen eine Rolle, die Kombi-
nation von beidem, HALE- oder MALE-Droh-
nen. Das alles spielt eine Rolle als Fähig-
keitsbeschreibung, aber ein konkretes Pro-
jekt nur, wenn es auf der Tagesordnung
steht.

Rainer Arnold (SPD): Wenn wir aber aus
diesem Projekt heraus international Beiträge
leisten sollen und das in der Planung mit drin
ist, dann muss es doch relevant sein? Ich
rede jetzt noch gar nicht von Global Hawk,
sondern nur von unseren Beigestellten.

Zeuge Rüdiger Wolf: Ich muss jetzt ge-
stehen, ich kriege Ihre Frage in keinen Zu-
sammenhang. Sie hatten mich ja gefragt,
inwieweit der Euro Hawk für den Minister bei
internationalen Gesprächen relevant ist.

Rainer Arnold (SPD): Wir wollten ja auch
international zwei Dinge tun: Global Hawk
mitfinanzieren und weitere Fluggeräte - ich
habe die Zahl nicht im Kopf -

(Zuruf)

- vier Stück Global Hawk -, international bei-
stellen. Und dann ist doch klar, welche Frage
kommt; ich sage sie Ihnen noch. Wenn man
dann Erfahrungen hat, spätestens an dem
Zeitpunkt, dass es erhebliche Probleme gibt

Drucksache 17/14650 – 982 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 121
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

mit der Zulassung, dann muss es doch ir-
gendwo ticken, dass das - nicht so, wie Kol-
lege Spatz meint - alles nichts miteinander zu
tun hat, sondern dass es vielleicht schon
relevant ist für solche Gespräche.

Zeuge Rüdiger Wolf: Jetzt habe ich es
verstanden.

Rainer Arnold (SPD): Ja.

Zeuge Rüdiger Wolf: Der Minister ist von
mir im Zusammenhang mit AGS nicht auf
eine Relevanz im Zusammenhang mit Euro
Hawk vorbereitet worden. Bei dem Vorha-
ben, das Sie ansprechen, bei dem AGS-Vor-
haben, hatte ich in meiner Einleitung ver-
sucht deutlich zu machen, warum wir im
Prinzip das AGS-Projekt der NATO, das Be-
schaffungsprojekt NATO - - nichts mit dem
Euro-Hawk-Projekt zu tun hat, sodass die
Zulassungsprobleme nationaler Art mit dem
Projekt AGS der NATO unmittelbar nichts zu
tun haben. Die vertragliche Verpflichtung zur
Herstellung der Zulassungsreife, also der
Zulassung des Global Hawk AGS, trifft Italien
nach italienischem Zulassungsrecht. Das
sind zwei verschiedene Paar Schuhe, und
vor diesem Hintergrund ist zu AGS von mir
der Minister nicht vorbereitet worden: Hier
gibt es Zulassungsprobleme bei Euro Hawk.

Der zweite - -

Rainer Arnold (SPD): Aber dies - -

Zeuge Rüdiger Wolf: Wenn ich das kurz
noch sagen darf: Der zweite Bereich, da geht
es um die Frage der Beistellungen, und die
Beistellungen, Herr Abgeordneter, die wir bei
der Prager Erklärung, beim Prager Gipfel -
2002, glaube ich, ist das gewesen -, zuge-
sagt haben, dass wir sie machen werden, die
entsprechend in den NATO-Plan eingegan-
gen sind - - bei diesen Beistellungen handelt
es sich nicht um konkrete Luftfahrzeuge,
sondern - das hatte ich gesagt - um Fähig-
keiten, Luftfahrzeuge, die das Spektrum des
Global Hawk erfüllen sollen. Einzelne Luft-
fahrzeuge sind da in dieser Erklärung der
Beistellung nicht genannt. Im Verteidi-
gungs- -, im Bundeswehrplan - -

Rainer Arnold (SPD): Könnte es sein,
dass Sie sich irren, bevor wir es weiter ver-
tiefen? In der Kabinettsvorlage steht:

Unbemanntes Luftfahrzeug Global
Hawk, nationale Beistellung. (?)

Zeuge Rüdiger Wolf: Ja. Das weiß ich
nicht - -

Rainer Arnold (SPD): Hieß die ursprüng-
liche Planung sechs, Obergrenze vier?

Zeuge Rüdiger Wolf: Herr Abgeordneter,
wie der Begriff Global Hawk da reingekom-
men ist, kann ich Ihnen nicht sagen, weil in
unseren Planungen steht kein Global Hawk,
sondern eine entsprechend -

Rainer Arnold (SPD): Aber das ist doch
Ihre Planung.

Zeuge Rüdiger Wolf: - bitte, das möchte
ich noch sagen dürfen - dem Luftfahrzeug
Global Hawk Fähigkeit, steht da drin. Des-
wegen ist es hier vielleicht in der Kabinetts-
vorlage verkürzt dargestellt. Aber gemeint ist:
das dem Fähigkeitsspektrum Global Hawk
entspricht.

Ich will es noch mal versuchen auch an
einem Beispiel deutlich zu machen: In unse-
ren Planungen ist diese Fähigkeit für das
Jahr jenseits 2023 vorgesehen. Wer heute
schon in einem Plan zu dieser Fähigkeit
einen Namen schreibt, der kann das nur tun,
um zu verdeutlichen, was für eine Art von
Fähigkeit wir meinen, aber er kann nicht das
Vorhaben meinen; denn im Jahre 2023, ver-
mute ich mal, werden wir andere entspre-
chende Fähigkeiten haben, die anders hei-
ßen und die anders konstruiert sind.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Also, ich
muss widersprechen. Alle uns vorliegenden
Dokumente, hier Ihr Dokument, die Kabi-
nettsvorlage, die Planungsdokumente der
Luftwaffe - also, nicht Planungsdokumente;
das, was die uns so erzählen - - Also, ich war
im März bei der Luftwaffe und habe hier Fo-
lien mitbekommen - das ist alles nicht einge-
stuft -; da steht: Ab 2018 US HALE IMINT
Global Hawk.

Zeuge Rüdiger Wolf: Herr Abgeordneter,
Sie sehen bereits an der Jahreszahl, dass
die Unterlagen, die Sie da offensichtlich zitie-
ren, nicht die aktuellen Unterlagen sind. Ich
hatte Sie darauf hingewiesen, dass nach
unseren Planungen die Beistellungen auf der
Basis der Fähigkeit Global Hawk frühestens

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 983 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 122
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

ab 2023 sich im aktuellen Plan wiederfinden,
und ich wiederhole: Wenn wer auch immer
mit dieser Beistellung den Begriff Global
Hawk verbindet, dann tut er dies nur, weil er
die Fähigkeit beschreibt, aber nicht, weil er
das konkrete Projekt nennt.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Also, das
kann ich mir - - Dies hier ist eine sehr kon-
krete Zeitleiste vom März dieses Jahres - das
ist ja noch nicht so lange her -, und wir reden
ja über Dinge, also: Ab wann weiß man
was? - Da steht auch schon Full Scale De-
monstrator Euro Hawk ab 2013 und US
HALE SIGINT Euro Hawk/Alternative 2019.
Das wusste ich schon, weil das - - Also, wir
hatten ja die Antwort aus Ihrem Hause, dass
der Euro Hawk vermutlich nicht kommt; in-
sofern korrekt hier im März dargestellt: Euro
Hawk oder Alternative. Da steht die Alterna-
tive; bei „Global Hawk“ steht Global Hawk.

Zeuge Rüdiger Wolf: Herr Abgeordneter,
ich kann jetzt nur noch mal versuchen, an
Sie zu appellieren: Wer heute für das Jahr
jenseits von 2023 die Beschaffung eines
Global Hawk fordert, -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): 18.

Zeuge Rüdiger Wolf: - der würde sich
völlig grob fahrlässig verhalten. - Bitte?

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): 18.

Zeuge Rüdiger Wolf: Ja, deswegen sage
ich ja: Diese ist längst überholt.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Na ja, wie
die Kabinettsvorlage.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut. - Jetzt kommt die FDP. Der Kollege
Spatz.

Joachim Spatz (FDP): Ja, Herr Staats-
sekretär, ich habe eigentlich nur eine Frage:
Es wurde ja gerade noch das Thema „AGS
wird in Italien gegebenenfalls zugelassen“
besprochen. Wie sieht das denn dann aus
mit, ich sage mal, der allgemeinen europäi-
schen Zulassbarkeit? Immerhin, in § 1 c Luft-
verkehrsgesetz unter Punkt 4 steht ja drin,
dass Luftfahrzeuge, die in Mitgliedstaaten
der Europäischen Union eingetragen sind,
bei uns automatisch fliegen dürfen.

Zeuge Rüdiger Wolf: Herr Abgeordneter,
da kann ich Ihnen jetzt bedauerlicherweise
nichts zu sagen. Diese europäischen Zulas-
sungsvorschriften sind mir in der Weise nicht
geläufig, dass ich darüber jetzt eine verbind-
liche Rechtsauskunft abgeben könnte. Rich-
tig ist aber, dass im Zusammenhang mit der
Diskussion um die Teilnahme am Luftverkehr
im Zusammenhang mit Euro Hawk wir uns
tatsächlich den Kopf zusammen mit der
deutschen Gesellschaft für Flugsicherung
zerbrochen haben, wie man mit einem sol-
chen UAV im deutschen Luftraum umgehen
kann. Wir haben uns damals eben diese
Überlegung vorgestellt, dass es möglich ist,
ihn in diesem gesperrten Luftraum zu bewe-
gen, so wie ich Ihnen das vorhin vorgetragen
habe.

Joachim Spatz (FDP): Ja, ich habe die
Frage ja auch deshalb gestellt, weil es hier
um die Teilnahme am allgemeinen Luftver-
kehr geht. Das heißt, umso leichter müsste
es doch möglich sein, wenn man diese Kate-
gorie-2-Geschichte betreibt, also Aufstieg im
gesperrten Luftraum und dann in diesem, ich
sage mal, horizontal gesperrten Luftraum
agieren und wieder Abstieg im gesperrten
Luftraum. Wäre das dann nicht eine Möglich-
keit, gegebenenfalls als eine der Alternativen
auch zu prüfen, ob dann, ich sage mal, der
Block 40 Global Hawk für uns als Träger-
plattform auch zur Verfügung stünde?

Zeuge Rüdiger Wolf: Wird in diesem Zu-
sammenhang auf Alternativen hin zu prüfen
sein, Herr Abgeordneter.

Joachim Spatz (FDP): Ja, besten Dank. -
Ich habe sonst weiter keine Fragen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön. - Dann die Linke. Herr Kollege
Schäfer.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Ich will
noch mal nachfragen, weil ja viele Sätze
gesagt worden sind, die man dann nicht
mehr so richtig einordnen kann. Deshalb
möglichst knapp und präzise, vielleicht sogar
in einem Satz: Warum - definitiv - ist denn die
Entscheidung getroffen worden, dieses Pro-
jekt Euro Hawk nicht fortzusetzen? Was war
der ausschlaggebende Punkt?

Drucksache 17/14650 – 984 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 123
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Zeuge Rüdiger Wolf: Ich hatte Ihnen ge-
sagt: Der ausschlaggebende Punkt war der,
dass eine Musterzulassung sich nicht errei-
chen ließ. Es gab selbst eine Unsicherheit
beim Einsetzen von bis zu 600 Millionen
Euro für die Herstellung dieser Musterzulas-
sung.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Danke.
- Dann auch noch mal nachgefragt, was jetzt
die Grundlage dieser Entscheidung war, also
kein Einstieg in die Serienbeschaffung. Sie
sagen: Das war alternativlos - dass man das
beenden musste, aus diesem Grund, den Sie
eben erwähnt haben -, und jetzt schauen wir
mal, welche Alternativen sich auftun. Ich
versuche, mich da reinzuversetzen. Man hat
festgestellt: Wir haben eine Fähigkeitslücke.
Man braucht also sozusagen ein Element,
um diese Fähigkeitslücke möglichst bald zu
beenden. Jetzt haben Sie erst mal nichts. Sie
haben den Demonstrator, wo man aber sagt:
Wir wollen den eigentlich - - wissen nicht
genau, was man damit macht; möglicher-
weise machen wir gar nichts damit. Wir brau-
chen jetzt Alternativen.

Ich verstehe das nicht. Gerade unter
haushalterischen Gesichtspunkten müsste
man doch also in die Überlegungen einbe-
ziehen: Wenn man da Schluss macht, gibt es
eine greifbare Alternative, die erreichbar ist,
und was kostet die gegebenenfalls? Finden
Sie nicht auch, dass sozusagen die Basis
dieser Entscheidung auch hätte sein müssen
eine haushalterische Abschätzung, was die
Alternativen anbetrifft?

Zeuge Rüdiger Wolf: Herr Abgeordneter,
die Entscheidung wurde zunächst einmal
getroffen, weil dieses Entwicklungsprojekt
nicht zu dem erwünschten Erfolg geführt
hätte, nämlich keine Musterzulassung für die
Serie, und damit wäre die Serienbeschaffung
auf dieser Grundlage des Euro Hawk nicht
möglich gewesen. Deswegen wurde das
Vorhaben am Ende seiner Entwicklung nicht
in eine Serienbeschaffung umgesetzt, son-
dern gestoppt. Die Konsequenz aus einer
gestoppten Entwicklung ist die Überlegung:
Gibt es eine andere Möglichkeit als das, was
wir entwickeln wollten? Die darf - und das
war die Entscheidung - nicht mehr kosten als
das, was für die Serie eingestellt gewesen
wäre. Und genau danach handeln wir.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Und
dafür wurde ja auch dann der Auftrag aus-

gelöst - zeitlich sehr eng geschnürt -, diese
Studie vorzulegen. Wer hat denn den Auftrag
erteilt, diese Studie über Alternativplatt-
formen zu erstellen, wie wir wissen, innerhalb
kürzester Zeit?

Zeuge Rüdiger Wolf: Ich will versuchen,
jetzt zwei Dinge nicht durcheinanderzubrin-
gen.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Es
geht mir um die alternative Zulassung.

Zeuge Rüdiger Wolf: Es gab zum einen
meine Entscheidung aus dem Juni.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Die
meine ich nicht.

Zeuge Rüdiger Wolf: Die meinen Sie
nicht, sondern die jetzt aufgrund der Beendi-
gungsentscheidung getroffene Entscheidung:
„Entwickelt Alternativen“? - Das war die Ent-
scheidung des Kollegen Beemelmans.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Ich
finde es nur merkwürdig an der Stelle - - Sie
haben gesagt - die IABG ist ja damit beauf-
tragt worden -, Sie kennen die Studie nicht.
Können Sie das noch mal bestätigen?

Zeuge Rüdiger Wolf: Die Studie, die
Grundlage meines Untersuchungsauftrages
war, kenne ich nicht. Inwieweit jetzt eine
Studie beauftragt worden ist, um Alternativen
zu entwickeln, das weiß ich nicht.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Also,
da waren Sie nicht mit im Boot sozusagen?

Zeuge Rüdiger Wolf: Bei der Entschei-
dung des Kollegen Beemelmans, -

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Ja, die
Studie zu beauftragen - -

Zeuge Rüdiger Wolf: - Alternativen zu
berechnen oder gegebenenfalls Studien - ich
weiß noch nicht mal, ob er eine Studie be-
auftragt hat - - Jedenfalls weiß ich, dass er
entschieden hat - und das ist für meine Zu-
ständigkeit von entscheidender Bedeutung -,
dass er gesagt hat: Ich will die Fähigkeits-
lücke, die der Generalinspekteur definiert
hat, so schnell wie möglich durch eine alter-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 985 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 124
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

native Plattform mit ISIS gefüllt sehen. Und
diese Entscheidung trage ich mit.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Nun
hat Herr Beemelmans ja vorhin mehrfach
gesagt und bestätigt, es handele sich sozu-
sagen um eine technische Machbarkeitsstu-
die, also, geht das, oder geht das nicht, dass
man ISIS sozusagen in einen anderen Flug-
körper integrieren könne, hat damit ja auch
eingeräumt, sozusagen eine genaue finan-
zielle, wirtschaftliche Grundlage, also Kos-
tenschätzungen dieser Varianten, gebe es
nicht. Wäre es nicht angezeigt gewesen,
dass Sie sozusagen beteiligt worden wären
und aus Ihrer Warte für diese Alternative eine
vergleichbare Studie hätten erstellen lassen
müssen?

Zeuge Rüdiger Wolf: Für mich ist von
entscheidender Bedeutung, Herr Abgeord-
neter, dass ich weiß, wie viel Geld dafür zur
Verfügung steht, und ich weiß, dass im
Haushalt kein Euro oder Cent mehr zur Ver-
fügung steht, als für die Beschaffung der
Serie des Euro Hawk zur Verfügung gestan-
den hätte. Dies ist die finanzielle Obergrenze
für alle zu findenden Alternativlösungen. Für
jeden Cent, der bei dieser Alternativlösung
eingespart wird, bin ich dankbar. Für jeden
Cent, den sie mehr kosten sollte, werde ich
Schwierigkeiten im Haushaltsaufstellungs-
verfahren bzw. im Haushalt haben.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Ja, gut,
die Frage ist, glaube ich, schon gestellt wor-
den; also wenn Sie jetzt die Signale dann auf
Neustart stellen, ob das realistisch ist, zu
sagen: „Wir können im Rahmen dieser 675
Millionen, also sozusagen der frei werdenden
Planmittel, diese Alternativlösung bereitstel-
len“, lasse ich mal dahingestellt sein. Aber
das ist sozusagen hier Ihre Aussage: „Wir
kriegen das hin; was anderes ist auch gar
nicht zu machen“, obwohl Sie einräumen,
dass man darüber noch nichts Genaues
weiß.

Zeuge Rüdiger Wolf: Herr Abgeordneter,
diese Aussage habe ich nicht getroffen. Ich
habe nicht gesagt: Wir kriegen das hin. Ich
habe darauf hingewiesen, dass es einen
Untersuchungsauftrag gibt und dass die da-
für vorgesehene finanzielle Obergrenze der
Haushalt bietet. Jetzt warte ich ab, ob mir
jemand - und hoffentlich zuständiger - den
Vorschlag macht, mit welcher Alternative ich

die vom Generalinspekteur geforderte Fähig-
keit für das Geld, was im Haushalt steht,
bekomme.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Wenn
dieser Vorschlag dann also deutlich über
dieser Marge liegt, was machen Sie dann?
Dann verzichten Sie auf die Deckung der
Fähigkeitslücke?

Zeuge Rüdiger Wolf: Das ist spekulativ;
das kann ich Ihnen nicht sagen. Das hängt
davon ab, wie die Priorisierung insofern er-
folgt. Letztlich wird mir der Haushaltsaus-
schuss - mit anderen Worten: der Deutsche
Bundestag - das Plazet geben müssen, ob
ich das darf oder nicht, sollte ich mich dafür
entscheiden bzw. das Haus sich dafür ent-
scheiden.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Hätten
Sie denn Möglichkeiten der Umschichtung?

Zeuge Rüdiger Wolf: Nach dem jetzigen
Zeitpunkt sehe ich die nicht.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So, jetzt Bündnis 90/Die Grünen. Die Kolle-
gin Keul.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, vielen Dank. - Herr Wolf, ich würde gerne
zu Beginn noch mal chronologisch durch-
gehen, inwiefern Sie mit dem Euro Hawk
befasst waren. Dann können wir uns viel-
leicht ein paar Fragen sparen, zu denen Sie
dann gar nichts sagen können.

Der Zeitpunkt vor Januar 2007, also die
Gespräche im Vorfeld des Vertragsschlus-
ses, welche Art von Zulassungen möglich
sind: Haben Sie davon was mitgekriegt?
Waren Sie da involviert?

Zeuge Rüdiger Wolf: Nein, Frau Abge-
ordnete.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Und beim Vertragsschluss im Januar 2007:
Inwiefern waren Sie dort mit dem Vertrag
befasst?

Zeuge Rüdiger Wolf: Der Vertrag, also
die dafür erforderlichen parlamentarischen
Papiere, um den Vertrag dem Haushaltsaus-
schuss vorzulegen, diese Vorlage stammt
aus meiner Abteilung.

Drucksache 17/14650 – 986 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 125
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Dass der ehemalige Minister Jung bei dem
Vertrag darauf gedrängt hat, dass dort Ge-
währleistung vereinbart wird: Haben Sie da-
von etwas mitgekriegt?

Zeuge Rüdiger Wolf: Nein, Frau Abge-
ordnete.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Dann wäre der nächste Zeitpunkt Februar
2010. Ich glaube, da ist schon gesagt wor-
den: Diese Gespräche zum Euro Hawk, die
da in Manching geführt worden sind, sind
nicht nach oben gemeldet worden; das
wurde, glaube ich, gesagt. Haben Sie davon
Kenntnis bekommen oder nicht?

Zeuge Rüdiger Wolf: Ab Februar 2010
war ich für diese Fragen nicht mehr zustän-
dig, Frau Abgeordnete.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Gut, also von diesem Gespräch haben Sie
dann auch auf keinem anderen Wege ir-
gendwas erfahren?

Zeuge Rüdiger Wolf: Nein, ich glaube,
das habe ich der Aktenlage entnommen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Okay. - Bei der Einweisung des jetzigen
Ministers - ich glaube, März 2011 wurde ge-
nannt - in die aktuellen Rüstungsprojekte:
Waren Sie dabei anwesend?

Zeuge Rüdiger Wolf: Ja.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Können Sie das vielleicht aus Ihrer Erinne-
rung noch einmal schildern? Denn da haben
uns schon andere Zeugen geschildert, wie
das gelaufen sein soll. Also, wir haben ge-
hört, dass dort zehn ausgewählte wichtige
Projekte dem Minister vorgestellt wurden.
Können Sie sich daran erinnern, ob der Euro
Hawk dabei war?

Zeuge Rüdiger Wolf: Ich kann mich nicht
daran erinnern, dass zehn ausgewählte Pro-
jekte vorgestellt worden sind. Ich erinnere
mich, dass in dieser Sitzung durch die In-
spekteure der Teilstreitkräfte ihre jeweiligen
Zuständigkeiten vorgestellt worden sind und
die aus deren Sicht interessanten Projekte.
Das Thema Euro Hawk war ein Bestandteil

des Vortrags des Inspekteurs der Luftwaffe,
der, wenn ich mich da recht erinnere, zur
Aufklärungssystematik insgesamt vorgetra-
gen hat, also verschiedenste Aufklärungs-
systeme, bemannte und unbemannte Platt-
formen in der Verantwortung der Luftwaffe,
vorgestellt hat und dabei auch den Euro
Hawk erwähnte.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also, der Zeuge Selhausen hat uns gesagt,
dass dort zehn ausgewählte wichtige Pro-
jekte vorgestellt werden können. Aber Sie
können sich daran nicht erinnern?

Zeuge Rüdiger Wolf: Also, wenn ich
mich - - Ich muss tatsächlich mit Nichtwissen
sagen: Ich kann mich nicht erinnern, erstens,
dass wir zehn Projekte vorgegeben hätten,
und, zweitens, dass es tatsächlich zehn
Projekte waren. Vielleicht waren es zehn
Projekte. Kann ich nicht sagen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Die Rüstungsklausur im März 2012. Zu dem
Zeitpunkt hatten Sie ja dann erstmals tat-
sächlich auch schon Kenntnis von den
Problemen beim Euro Hawk. Ihre Kenntnisse
von diesen Problemen, haben Sie die dann
zeitgleich mit Ihrem Kollegen Beemelmans
durch die gleiche Vorlage erfahren? Ist das
richtig?

Zeuge Rüdiger Wolf: Also, wenn ich es
genau nehme: nicht ganz zeitgleich. Die
Vorlage richtete sich ja nicht an mich, son-
dern an Herrn Beemelmans, und Herr Bee-
melmans verfügte auf dieser Vorlage, wenn
ich recht sehe, unter anderem auch zu mei-
ner Kenntnis. Ich habe also ein paar Tage
später davon erfahren.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ein paar Tage später. - Und wer von Ihnen
beiden wäre jetzt derjenige, der gegebenen-
falls das dem Minister weitergeben müsste,
wenn man denn entscheidet, es weiterzu-
geben? In wessen Zuständigkeit würde das
dann fallen? Oder sind Sie beide als Staats-
sekretäre gehalten, wenn Sie etwas für
ministerrelevant halten, es weiterzuleiten?

Zeuge Rüdiger Wolf: Im Rahmen unse-
rer jeweiligen Kompetenz, ja: Herr Kollege
Beemelmans sicherlich als der für dieses
Projekt Verantwortliche, ich mit Sicherheit,

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 987 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 126
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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wenn ich daraus ein haushalterisches Pro-
blem gesehen hätte. Wenn ich also erkannt
hätte: „Hier tut sich ein finanzielles Risiko
auf, was den Haushalt belasten wird in nicht
unerheblicher Größenordnung“, wäre das
auch meine Verantwortung gewesen, dem
Minister vorzutragen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Aber das haben Sie nicht gemacht, weil Ihrer
Ansicht nach das damals nicht haushalts-
relevant war, oder wie verstehe ich das?

Zeuge Rüdiger Wolf: Haushaltsrelevant
war das selbstverständlich als ein Risiko;
aber es war kein eingetretenes oder nicht
beherrschbares Risiko. Mit anderen Worten:
Es führte nicht zu unmittelbarem Haushalts-
mittelmehrbedarf. Das war auch an dem Tag,
wenn ich das recht sehe, nämlich das Risiko,
ein Teil einer kurzen Intervention zwischen
Herrn Selhausen und Herrn Müllner als In-
spekteur der Luftwaffe, in der beschrieben
wurde: Wir haben ein Zulassungsproblem,
aber es ist beherrschbar. Und genau mit
diesem Satz wurde beschrieben, dass es
kein ministerrelevantes Thema war.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Danach hätte ich Sie jetzt als Nächstes ge-
fragt; das wurde uns auch so ähnlich ge-
schildert. Also, daran können Sie sich erin-
nern, dass der Inspekteur der Luftwaffe et-
was vortragen wollte zum Euro Hawk und
dann Selhausen gesagt hat: „Wir haben das
auf dem Schirm; wir lösen das“?

Zeuge Rüdiger Wolf: Nein, nein, so war
das nicht. Der Herr Müllner wurde nicht etwa
durch Herrn Selhausen unterbrochen, son-
dern der Herr Müllner trug einen Verfahrens-
stand vor. Und wenn Sie - das werden Sie ja
in den Akten haben - die Vorlage vom Fe-
bruar 2012 richtig in Erinnerung haben, dann
steht da ja nicht nur drin, dass sich da ein
Risiko bei der Musterzulassung auftut, son-
dern da steht ein Lösungsweg drin, wie man
es lösen will. Und dieser neue Lösungsweg,
der bringt die Luftwaffe ins Spiel, nämlich
über die Frage: Könnte die Luftwaffe nach
den Sondervorschriften, die für die Luftwaffe
gelten - so wie sie auch für die anderen, US
Air Force und wen auch immer, gelten -,
eventuell diese Zulassung herbeiführen?
Weil das die Luftwaffe natürlich mit ins Spiel
brachte, trug der Inspekteur dazu vor und hat
entsprechend durch Herrn Selhausen den

Kommentar erhalten darüber: „Das ist be-
herrschbar“, und er teilte offensichtlich diese
Auffassung.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Das war mir bisher noch nicht so klar. Also
auf der Rüstungsklausur wurde über diese
alternative Zulassung, über den Inspekteur
der Luftwaffe, gesprochen?

Zeuge Rüdiger Wolf: Missverständnis,
Frau Abgeordnete: Ich habe nur gesagt: Der
Inspekteur der Luftwaffe ist nicht unterbro-
chen worden. - Ich wollte Ihnen damit nur
erklären, warum der Inspekteur der Luftwaffe
dies vorgetragen hatte: da aus dem Februar
die Zulassungsvariante „über den Inspekteur“
eingebracht worden war. Sonst wäre es die
Zuständigkeit von Herrn Selhausen gewe-
sen, zu dem Thema Zulassung vorzutragen,
wenn er es denn für relevant gehalten hätte.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Wie lange ist denn diese Option noch auf
dem Tisch gewesen? Wann ist die denn
endgültig verworfen worden?

Zeuge Rüdiger Wolf: Kann ich jetzt auf
ein Datum nicht fest sagen; aber es muss
dann ja spätestens bis Ende Dezember 2012
als ein Lösungsweg verworfen worden sein.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Wissen Sie, warum? Hat da jemand mit
Ihnen darüber gesprochen?

Zeuge Rüdiger Wolf: Es gab, wenn ich
das recht erinnere, eine Bewertung der Mög-
lichkeiten der ZDv 19/1, insbesondere auch
durch die Rechtsabteilung, hinsichtlich der
Beschreitbarkeit eines Ausnahmeverfahrens.
Wenn ich das recht in Erinnerung habe, hat
die Abteilung R - ich kann Ihnen jetzt aber
nicht mehr sagen, zu welchem Zeitpunkt -
darauf hingewiesen, dass die Ausnahmevor-
schrift eine Ausnahmevorschrift für Einzel-
fälle ist, aber nicht für eine Dauernutzung.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Die CDU/CSU hat keine Fragen mehr. Die
SPD? - Kollege Bartels.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wann,
Herr Staatssekretär, ist erstmals von einer
alternativen Trägerplattform die Rede gewe-
sen?

Drucksache 17/14650 – 988 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 127
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Zeuge Rüdiger Wolf: Nach meinem Er-
kenntnisstand die zitierte Vorlage vom
15. Juni 2012, in der die Abteilung SE, wie
ich ja schon zitiert hatte, darauf hingewiesen
hat, dass sie eine Zwischenlösung braucht
für die voraussichtliche Verzögerung des
Projekts bis 2019. Daraufhin habe ich als
Erster, glaube ich, das Wort „Alternativ-
lösung“ als Zwischenlösung, über eine Wei-
sung, dies zu untersuchen, ins Spiel ge-
bracht.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Von Rü
oder von der Luftwaffe?

Zeuge Rüdiger Wolf: Das war ich, und
zwar aufgrund einer Vorlage der Abteilung
SE. Mein Untersuchungsauftrag richtete sich
an AIN und Planung, weil die - AIN für die
Bedarfsdeckung, Planung für die Frage der
Fähigkeitsabdeckung - die Zuständigen wa-
ren, die Alternativen hätten untersuchen
sollen. Ich glaube, mich recht zu erinnern:
Die Vorlage, die dann Ende oder Anfang
2013 darauf hinwies: „Es gibt keine Alterna-
tiven“, war eine Doppelkopfvorlage AIN/
Planung.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das weist
ja ein bisschen darauf hin, dass man da je-
denfalls mit der alternativen Zulassung nicht
mehr sehr optimistisch war, auch wenn das
erst später eingestellt wurde. Wir haben eine
Vorlage, aus der hervorgeht, dass die
WTD 61 noch vorgeschlagen hat, bis ins
erste Quartal 2014 weiter die alternative Zu-
lassung zu prüfen. Können Sie sich vorstel-
len, warum das aus Sicht der WTD zwei
Jahre lang geprüft werden soll?

Zeuge Rüdiger Wolf: Herr Abgeordneter,
zwei Dinge sollten wir nicht durcheinander-
bringen: die alternativen Plattformen, die
aufgrund meiner Weisung untersucht wur-
den, und der parallel dazu weiterlaufende
Auftrag, alternative Zulassungsverfahren zu
untersuchen. Diese Untersuchungen waren
ja der Grund, jedenfalls ein wesentlicher
Mitgrund, weswegen es zu der Verzögerung
im Projekt kam, die wiederum dann die Ab-
teilung SE veranlasste, mich zu bitten, zu
alternativen Plattformen, also alternativen
Lösungsmöglichkeiten, einen Untersu-
chungsauftrag zu erteilen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Also, die
Soldaten haben schon Druck gemacht und
gesagt: „Das dauert jetzt alles zu lange, wir
müssen alternative Trägerplattformen unter-
suchen“?

Zeuge Rüdiger Wolf: So ist es.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sie haben
dann ja prüfen lassen - diese Studien, die Sie
selbst nicht kennen, aber das Ergebnis -, ob
in dem Kostenrahmen, der jetzt noch zur
Verfügung steht, weil die Serie ja nicht beim
Euro Hawk beschafft wird, sondern was an-
deres beschafft werden kann, eine Alterna-
tive möglich ist. Die Antwort war Ja, geprüft
beides von der IABG. Die IABG hat die
600 Millionen Mehrkosten geprüft. Die IABG
hat dann sehr schnell, in drei Tagen, geprüft,
dass Mehrkosten in Höhe von 600 Millionen
plausibel sind, hat dann auch die alternativen
Plattformen geprüft und hat die Antwort ge-
geben: Ja, man kann innerhalb des Kosten-
rahmens diese Plattform beschaffen. - Wenn
die Antwort nicht Ja gewesen wäre, was
hätte das für eine Auswirkung gehabt auf
Ihre Entscheidung?

Zeuge Rüdiger Wolf: Herr Abgeordneter,
ich muss jetzt in meine eigenen Gedanken
ein wenig Ordnung bringen. Sie hatten da-
rauf hingewiesen, dass die IABG den Mehr-
bedarf infolge der Musterzulassung geprüft
hat, die bis zu 600 Millionen Euro, die diese
Musterzulassung kosten solle. Dies - richtig -
hat die IABG geprüft.

Sie haben dann darauf hingewiesen, die
IABG habe Studien zu alternativen Plattfor-
men erstellt.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Genau.

Zeuge Rüdiger Wolf: Ich wiederhole
mich: Ich kenne keine Studien der IABG,
schon gar keine mit dem Ergebnis, das Sie
beschreiben, dass es nämlich solche alter-
nativen Plattformen gibt. Ich kenne nur -
dritter Teil - einen Auftrag vom Kollegen
Beemelmans, bis Ende 2013 alternative Stu-
dien - - Plattformen durchzuführen. Mög-
licherweise werden dafür auch Studien er-
stellt; die kenne ich aber nicht.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das
heißt, Sie geben jetzt hier zu Protokoll, Sie
wissen nicht, ob für das Geld, was jetzt zur

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 989 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 128
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Verfügung steht, innerhalb dieses Finanz-
rahmens eine alternative Plattform möglich
ist? Das wissen Sie nicht, können Sie ja noch
nicht wissen, wenn Sie diese Studien nicht
kennen und die auch nicht entscheidungs-
relevant sind.

Zeuge Rüdiger Wolf: Ich warte auf einen
Vorschlag zu einer Alternative, der sehr gut
durchdacht ist, weil er die entsprechende
Fähigkeit abbilden muss - die wird vom Ge-
neralinspekteur bewertet -, und dann werde
ich die Frage stellen: Ist dies mit dem Haus-
haltsmittelansatz, der für dieses Vorhaben
Serie Euro Hawk vorgesehen ist, vereinbar,
ja oder nein?

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das ist ja
eine wichtige Aussage, auch für unsere
Freunde aus den Nochkoalitionsfraktionen,
die ja sagen: Das Geld ist jetzt quasi schon
umgewidmet. - Das ist es nicht. Also, Sie
wissen noch gar nicht, ob Sie für dieses
Geld - - Also die Studien, die wir kennen,
sind nicht Entscheidungsgrundlage für Sie.
Sie wissen noch nicht, ob Sie was für das
Geld kriegen.

Zeuge Rüdiger Wolf: Herr Abgeordneter,
es hat noch keine bewertbare Vorlage an
den Generalinspekteur oder an die Leitung
des Hauses gegeben, die das Ergebnis, das
wir Ende 2013 erwarten, bereits in irgend-
einer Weise vorwegnimmt. Ich habe dazu
nichts.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Okay.
Gut, das zu wissen. - Dann - - Ach so, nein,
wir haben ja - - Die sind in den Unterlagen - -
Also dass es solche Studien gibt, wissen Sie
spätestens jetzt, nicht?

Zeuge Rüdiger Wolf: Ich glaube Ihnen
alles, Herr Abgeordneter.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wenn der
Minister sich informiert, liest er denn Unter-
lagen, liest er die durch? Schriftlich ist ja
wichtig.

Zeuge Rüdiger Wolf: Herr Abgeordneter,
ich weiß jetzt nicht, welche Antwort Sie von
mir erwarten; aber seien Sie versichert: Ich
habe wirklich fundierte Indizien dafür, dass
der Minister seine Unterlagen sehr akribisch
liest, ja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das war
ja exakt die Antwort, die wir natürlich erhofft
haben von Ihnen - - und auch hoffen, dass
der Minister das tut. Er informiert sich außer-
dem, nehme ich an, auch über die Presse, er
liest auch das, was sozusagen das Tages-
aktuelle ist?

Zeuge Rüdiger Wolf: Davon gehe ich
aus.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Hat im
März 2013 dieses Thema „Euro Hawk wird
wohl nicht kommen“, was ja in etlichen Zei-
tungen war, auch in Funkmedien zu verfol-
gen war und vermutlich dann ja auch im
Pressespiegel des Ministeriums, der auch
das Auslaufen der Gorch Fock gegebenen-
falls festhält - - ist ihm das zur Kenntnis ge-
kommen, wissen Sie das? Ist darüber mal
gesprochen worden?

Zeuge Rüdiger Wolf: Letztere Frage:
Nein. Erstere Frage: Ich vermute stark; aber
ich kann das nicht beantworten.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber
wenn so was über mehrere Medien läuft,
über mehrere Tage auch, dann gehen Sie
auch davon aus: „Das kriegt der Minister
mit“, oder ist er da sozusagen ein bisschen
autonom?

Zeuge Rüdiger Wolf: Herr Abgeordneter,
das ist jetzt spekulativ. Bitte, ich kann das
nicht beantworten.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ich
schulde Ihnen noch die richtig richtig falsche
Formulierung, Bundespressekonferenz an
dem Tag der Erklärung, der vielen Erklärun-
gen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Hat das eine MAT-Nummer?

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Nein. Ich
zitiere es einfach wörtlich - es ist sozusagen
eine öffentliche Äußerung des Ministers in
der Bundespressekonferenz -:

Die Entscheidung zum Euro Hawk
ist und bleibt also richtig. Sie ist
auch zum richtigen Zeitpunkt er-
folgt.



Drucksache 17/14650 – 990 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

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Ein richtiges Ergebnis, das mit
einem fehlerhaften Verfahren zu-
stande gekommen ist …

Was ist das fehlerhafte Verfahren?

Zeuge Rüdiger Wolf: Jetzt weiß ich
nicht, ob das eine Ausschriftung dessen ist,
was der Minister wörtlich gesagt hat. Ich
kann Ihnen nicht erklären, was er damit ge-
meint hat, und ich wiederhole: Ein fehlerhaf-
tes Verfahren im Sinne von Nichtanwendung
der Verfahrensbestimmungen kann ich so
nicht erkennen, es sei denn, der Minister
bewertet bestimmte Teile im Verfahren als
fehlerhaft; das ist sein gutes Recht.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Es ist
also keine rechtliche Bewertung, sondern
allenfalls eine politische Bewertung dieses
Ministers?

Zeuge Rüdiger Wolf: Dem Minister lag
zu diesem Zeitpunkt der Bericht der Ad-hoc-
Arbeitsgruppe vor. Er hat ihn genauestens
untersucht, und er hat ihn genauestens be-
wertet, und das ist seine Bewertung - wenn
es eine Ausschriftung dessen ist, was er
gesagt hat.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Darf ich
gerade noch mal den Bericht der Ad-hoc-
Arbeitsgruppe heranziehen: Wir hatten vorhin
diese eine Frage „2011 Beschaffung erste
Elemente der Serie“, und Sie sagten: „Das
hatte noch nichts zu tun mit der Musterzulas-
sung“; jedenfalls ist das bei Ihnen so nicht
angekommen. In dem uns vorliegendem
Bericht der Ad-hoc-Arbeitsgruppe wird von
Herrn Selhausen oder seiner Arbeitsgruppe
zusammengefasst:

In der Besprechung am 24. No-
vember 2011 trug der Projektleiter
EURO HAWK dem Abteilungsleiter
Rüstung auf dessen Frage zum
Sachstand des Projektes EURO
HAWK vor, dass aus seiner aktuel-
len Sicht die Musterzulassung für
die EURO HAWK Serie nur mit zeit-
lichem und finanziellem Mehrauf-
wand zu erreichen sei. Hinzu käme,
dass die US-Firma nur sehr zöger-
lich qualifizierte Informationen und
Unterlagen für die deutsche Mus-
terzulassung der Serie bereitstelle.
Vor diesem Hintergrund wies Ab-
teilungsleiter Rüstung am 26. No-
vember 2011 an, die Aktivitäten zur

Beschleunigung der Serie anzu-
halten.*

Also ursächlich - es ist kein anderer Grund
genannt - für das Anhalten der Beschaffung
der Serienteile ist die problematische Mus-
terzulassung.

Zeuge Rüdiger Wolf: Herr Abgeordneter,
das kann ich Ihnen nicht aus eigenem Wis-
sen bestätigen. Sie haben ja meine Paraphe
zitiert, und wenn Sie meine Paraphe zitieren,
dann erkennen Sie mein Motiv dafür, diese
Vorlage nicht zur Entscheidung zuzulassen.
Dieses, mein Motiv hat offensichtlich auch
Herr Beemelmans so gesehen und die Vor-
lage zurückgewiesen. Ob dann in der Folge
das von Ihnen zitierte Gespräch stattfand,
das also quasi meine Bemerkung erledigte,
weil es aus anderen Gründen zu keiner Be-
schaffung der Langläuferteile kommen
konnte, das kann ich nicht sagen, weil bei
diesem Entscheidungsvorgang - Selhausen
mit seinem Referatsleiter - war ich nicht zu-
gegen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber Sie
haben sozusagen keinen Anlass, daran zu
zweifeln, dass diese Darstellung jetzt richtig
ist, dass aufgrund der Musterzulassungs-
probleme damals die Serienbeschaffung
gestoppt wurde? So steht es ja hier. Sie ha-
ben keinen anderen Erkenntnisstand. Das
muss dann stimmen, oder?

Zeuge Rüdiger Wolf: Nein. Wenn ich
keinen anderen Erkenntnisstand habe, heißt
das nicht, dass das stimmen muss. Aber es
deckt sich so ziemlich mit dem, was ich in
Kenntnis habe; denn auf meine Bitten, hier
zu einer fundierteren Preisbestimmung zu
kommen, ist keine weitere Reaktion erfolgt.
Stattdessen ist gar keine Vorlage erfolgt.
Also gehe ich davon aus, es waren vielleicht
meine Überlegungen; aber vielleicht waren
es auch andere.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ich ver-
stehe schon, warum Sie jetzt nicht unum-
wunden sagen wollen, dass es eine richtige
Darstellung ist, weil das natürlich heißt: Im
November 2011 waren die Musterzulas-
sungsprobleme so deutlich erkennbar, dass

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-2 BT HA zu BB 17-93,
Ordner 1, Blatt 498.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 991 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 130
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

man damals nicht in die Serienbeschaffung
einsteigen wollte. - Jetzt müssen Sie ein
kraftvolles Nein sagen.

Zeuge Rüdiger Wolf: Nein, Herr Ab-
geordneter, ich sage weder Ja noch Nein,
weil ich diesen Teil des Gesprächs nicht als
meine Erkenntnis bestätigen kann. Sie zitie-
ren den, und ich stelle fest: Jawohl, das steht
so da drin. That’s it. Meine Motivlage, diese
Vorlage anzuhalten, war damals jedenfalls
eine andere.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber das
ist die gegenwärtig geltende, offizielle Linie
des Hauses. Also, Sie vertreten keine andere
Linie?

Zeuge Rüdiger Wolf: Ich wiederhole: Ich
vertrete keine andere Linie. Sie fragten mich
nach der Richtigkeit dieses Satzes, der da
drin steht. Die Richtigkeit dieses Satzes kann
ich Ihnen aus eigenen Erkenntnissen nicht
bestätigen. Wenn Sie wissen wollen, ob das
stimmt, müssen Sie Herrn Selhausen fragen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Also, wir
hatten ja schon mit Herrn Beemelmans ge-
sprochen, ob die Nachricht zeitnah bei ihm
angekommen ist - bei ihm nicht, bei Ihnen ja
auch nicht -, dass hier gestoppt wurde. Rich-
tig, oder haben Sie 2011 noch die Nachricht
bekommen von der Entscheidung von Herrn
Selhausen?

Zeuge Rüdiger Wolf: Nein.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wann
haben Sie die bekommen?

Zeuge Rüdiger Wolf: Wenn ich recht er-
innere, jedenfalls nicht im unmittelbaren Zu-
sammenhang. Ich habe keinen - - da ich ja
keinen Rückläufer auf diese Vorlage erhalten
habe bzw. keine neue Vorlage zu diesem
Thema.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): War das
ein Fehler?

Zeuge Rüdiger Wolf: Ich hatte auf dieser
Vorlage verfügt, dass ich diese Beschaffung
der Langläuferteile für nicht haushaltsreif
erachte, weil die Stückzahl, weil die entspre-
chenden Zahlen für mich nur auf Schätzun-
gen beruhten und sich nicht tatsächlich

ernsthaft belegen ließen. Dies sollte vermei-
den, dass es in der Konsequenz dieser Vor-
lagen überhaupt zu einer Beschaffungsvor-
lage kommt. Dies ist vermieden worden;
denn ich habe keine gekriegt.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber das
war keine Entscheidung von Ihnen, sondern
Sie haben sozusagen Fragen gestellt. Ent-
schieden hat am Ende der Abteilungsleiter
Rüstung?

Zeuge Rüdiger Wolf: Manche Dinge, die
die Leitung anregt, erledigen sich durch Zeit-
ablauf, ja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Gilt das
auch für den Minister? Regt er gelegentlich
etwas an?

Zeuge Rüdiger Wolf: Auch das darf ich
Ihnen versichern: Der Minister gibt zahlreiche
Anregungen, ja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wenn ich
jetzt frage, ob er im Zusammenhang mit Euro
Hawk Anregungen geben hat, würden Sie
mir dazu was sagen können, oder ist das
geheim?

Zeuge Rüdiger Wolf: Das ist in diesem
Ausschuss schon gar nicht geheim. Der
Minister hat mir in Sachen Euro Hawk keine
Anregungen gegeben.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Weil er
keine Informationen hatte, ja?

Zeuge Rüdiger Wolf: Vermutlich.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja. - Vie-
len Dank.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Keine weiteren Wortmeldungen mehr von der
SPD-Fraktion? - Nein. Dann gebe ich jetzt
der FDP, dem Herrn Spatz - - Auch nicht. Die
Linke? Wer macht bei den Linken weiter? -
Der Kollege Schäfer.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Ein
Vorhalt: Das ist MAT - - Können Sie es - -
Kann ich es gerade noch mal sehen?

(Dem Zeugen werden Unterlagen
vorgelegt)

Drucksache 17/14650 – 992 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 131
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Das ist - - MAT 78 - - MAT 87 - - Ordner 87.
Ist das angekommen?

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Welche MAT-Nummer ist das?

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Welche
MAT-Nummer war das?

(Zuruf: Das ist MAT 78, Ordner 87,
Seite 422!)

- Ach so, ja. 17-52, Ordner 87 - ich habe es
jetzt, ja -, und zwar vom 09.01.2013 von der
Abteilung AIN V 5, Thema „Vertiefte Unter-
suchung alternativer Trägerplattformen für
das integrierte SIGINT Missionssystem ISIS“,
und da ist die Rede davon mit Bezug - - Da
gibt es eine Staatssekretärsvorlage der
Rüstungsabteilung eben vom 20.12. - 20.12.;
davon war schon öfter die Rede -, die zur
Kenntnis genommen worden ist, und hier
steht:*

Mit Bezug haben Sts Wolf am
4. Januar 2013 und Sts Beemel-
mans am 7. Januar 2013 zur
Kenntnis genommen, dass die Be-
schaffung der EURO HAWK Serie
nicht mehr weiterzuverfolgen ist und
der Betrieb des für EURO HAWK
national entwickelten integrierten
SIGINT Systems ISIS auch auf Ba-
sis einer alternativen Trägerplatt-
form unter Einhaltung des geplan-
ten Kostenrahmens für die Be-
schaffung mit beherrschbaren Risi-
ken realisierbar ist. Eine weitere
Sts-Vorlage mit einem konkreten
Vorschlag zur weiteren Vorgehens-
weise soll zusammen mit den verifi-
zierten und eingehender geprüften
Untersuchungsergebnissen zu al-
ternativen Trägerplattformen bis
31. März 2013 vorgelegt werden.
Dazu wird das BAAINBw beauf-
tragt, die Ergebnisse der technisch-
wirtschaftlichen Untersuchung zur
Integration des ISIS in die ermittel-
ten, alternative Trägerplattformen
Airbus A319 und Heron TP unter
den dortigen Randbedingungen mit
ergänzenden, möglichst belast-
baren Daten zu hinterlegen und wie
folgt zu vertiefen: ... Marktsichtung
... Einholen von Kostenschätzungen
für die Life-Cycle Cost inklusive ...

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-78 BMVg zu BB 17-52,
AIN V 5, Ordner 87, Blatt 422.

usw.
Nun lese ich den Text so, dass - - Sie ha-

ben erst mal zur Kenntnis genommen, nicht
entschieden. Sie haben erst mal zur Kenntnis
genommen, die Serie soll nicht mehr weiter-
verfolgt werden, die Beschaffung der Serie
soll nicht mehr weiterverfolgt werden, und
man versucht, im bestehenden Kostenrah-
men eine Alternative zu entwickeln. Dazu
wird eine Studie beauftragt, die dann in eine
weitere Staatssekretärsvorlage mündet:
Bericht, Vorlage des Berichts bis zum
15. März 2013, förmlicher Zwischenbericht.

Nun bin ich erstaunt über Ihre Ausführun-
gen vorhin, weil Sie gesagt haben: Ja, das
hat der Kollege Beemelmans möglicherweise
in Auftrag gegeben. - Sie kennen also auch
diese Studie nicht. Das hat also auch keine
Rolle gespielt für Ihre Entscheidung, auf
Basis einer Staatssekretärsvorlage dann zu
sagen: „Die Serie wird - - Also, wir steigen
nicht ein in die Beschaffung der Serie“, weil
den Text lese ich so - und ich bitte Sie, das
einfach zu beantworten, wie Sie es sehen -,
dass hier Bedingungen formuliert worden
sind, bevor die Entscheidung der Staats-
sekretäre fällt. Bedingung ist - so, wie ich es
hier lese - diese Studie, von der Sie sagen,
Sie kennen sie nicht. Das kriege ich nicht
zusammen.

Zeuge Rüdiger Wolf: Ich will versuchen,
es zu erklären, Herr Abgeordneter. Also,
diese Sachverhaltsdarstellung von „Betreff“
bis einschließlich „vorgelegt werden“ ist exakt
die Umsetzung dessen, was Herr Beemel-
mans bzw. ich auf die Vorlage vom 20.12.
entschieden haben, als man uns nämlich zur
Kenntnis gab, es gibt ein erhebliches Kosten-
risiko bei der Musterzulassung und dass der
Eintritt in die Serie nicht mehr gemacht wer-
den sollte.

Wie das dann umgesetzt worden ist - -
„Dazu wird BAAINBw ...“; das ist der Folge-
satz. Der ist weder durch Herrn Beemelmans
noch durch mich - ich muss vorsichtig sein;
aber jedenfalls nicht durch mich - in Gang
gesetzt worden - der befindet sich auch nicht
auf unserer Entscheidungsdokumentation -,
sondern wie unsere Weisung, nämlich zu
einer Entscheidungsvorlage zu Ende März
2013 zu kommen, umgesetzt worden ist, das
entzieht sich meiner Kenntnis.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Ich
lese einfach den Text, und ich will es wissen,
weil hier steht: „Eine weitere Sts-Vorlage mit“

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 993 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 132
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

diesen Untersuchungsergebnissen soll „bis
31. März 2013 vorgelegt werden. Dazu wird
BAAINBw hiermit beauftragt ...“. Also, sozu-
sagen: Es gibt ja einen Zusammenhang
zwischen der Beauftragung und der Staats-
sekretärsvorlage für Ende März.

Zeuge Rüdiger Wolf: Ja, aber der ist
nicht von mir hergestellt, sondern von dem
Referat AIN V 5, und bezieht sich nicht auf
eine von mir erteilte Vorgabe in Bezug auf
das, was untersucht werden sollte. Ich habe
auch keine Ahnung, wie die Dinger zustande
gekommen sind. In der Vorlage vom März
2013 ist dieser Untersuchungsauftrag auch
überhaupt nicht abgearbeitet - denn da steht
nichts drin von einer Untersuchung von He-
ron oder Airbus -, sondern der führte über-
haupt erst - und ich wiederhole das noch mal
gerne -, diese Vorlage vom März 2013, die
von uns beauftragt worden war, zu einer
Umsetzung durch den Kollegen Beemel-
mans, indem jetzt ohne Vorgabe bestimmter
Lösungsvarianten vorgegeben worden ist, bis
Ende des Jahres zu alternativen Modellen
vorzutragen.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Sie
wissen konsequenterweise deshalb auch
nicht, inwieweit zu den hier genannten alter-
nativen Trägerplattformen, also Airbus und
Heron TP, dieses Future European MALE
gekommen ist?

Zeuge Rüdiger Wolf: Nein.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Okay,
danke.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Bitte schön, Herr Kollege Koch.

Harald Koch (DIE LINKE): Danke, Frau
Vorsitzende. - Herr Staatssekretär, wir hatten
ja schon im Ausschuss jetzt die letzten Tage
und heute auch den Bezug hergestellt, was
dieses ISIS-System alles kann von der tech-
nischen Seite her, und unter anderem auch
da das Thema Datenschutz berührt. Wie ist
denn Ihr Kenntnisstand? Welche Daten kön-
nen rein technisch mit ISIS aufgefangen
werden? Nur Funksignale, also Abstrahlun-
gen eigener oder fremder militärischer Ein-
heiten, oder zum Beispiel auch Funkkommu-
nikation, auch nicht leitungsgebundene
Funkkommunikation?

Zeuge Rüdiger Wolf: Herr Abgeordneter,
ich kann gerne den gleichen Kenntnisstand
wieder vortragen, wie ihn auch das Parla-
mentarische Kontrollgremium und die G-10-
Kommission des Deutsches Bundestages
haben. Beide Kontrollinstanzen - -

MR Andreas Conradi (BMVg): Ja,
aber - - Entschuldigung, aber ich glaube, das
sollten wir dann nicht in öffentlicher Sitzung
machen. Darauf hatten wir uns doch vorhin
verständigt.

Zeuge Rüdiger Wolf: Doch, das geht -
Entschuldigung, das übernehme ich gerne -,
weil ich jetzt nicht Informationen ausplau-
dere, die geheim sind, sondern ich wollte
damit nur gesagt haben: Es handelt sich um
Informationen, die auch dem Parlamenta-
rischen Kontrollgremium und der G-10-
Kommission vorgelegt worden sind, die aber
durchweg offen sind, weil mit dem Vorhaben
Euro Hawk keine irgendwie gearteten nach-
richtendienstlichen oder sonst irgendwelche
Dinge verbunden sind.

Das Vorhaben Euro Hawk ist als ein Auf-
klärungssystem zu verstehen, und zwar als
ein militärisches Aufklärungssystem. Ent-
sprechend orientieren sich die Fähigkeiten,
die mithilfe dieses Aufklärungssystems, also
insbesondere der Sensorik, verbunden sind.
Das Vorhaben Euro Hawk und seine Aufklä-
rungskonstruktion ist ausdrücklich nicht vor-
gesehen, um Mobilfunkdaten - weil das,
glaube ich, klang etwas technisch von Ihnen
ausgesagt - aufzufangen, sondern es dient in
erster Linie zur Aufklärung von Radarstrah-
len, von Strahlungen, die sich aus Radar-
stellungen, aus dem Absenden von Signalen,
von Waffenstationen und so etwas ergeben.
Darauf ist das Vorhaben ausgerichtet.

So ist es auch der G-10-Kommission des
Deutschen Bundestages gezeigt worden. Die
haben sich das Vorhaben extra angeguckt,
und es ist extra in einer zweimaligen Sitzung
durch die G-10-Kommission des Deutschen
Bundestages überprüft worden. Dabei ist
dann, um potenzielle, ausdrücklich nicht von
dem Vorhaben erfasste Möglichkeiten, tech-
nische Möglichkeiten - Zufallsfunde genannt -
zu vermeiden oder bzw. zu korrigieren, ein
Vorhaben vereinbart worden, das sicherstellt,
dass also solche Daten, wenn sie sich denn
zufällig - ich nenne das mal, wenn Sie mir
das erlauben, ein wenig burschikos - in das
System verirren, dann sofort ausgefiltert
werden - das ist die technische Maßnahme -

Drucksache 17/14650 – 994 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 133
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

und im Anschluss durch den Auswerter im
Beisein eines Rechtsberatungsoffiziers der
Bundeswehr vernichtet werden, und darüber
wird ein Vernichtungsprotokoll geschrieben.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Die Zeit war um. - Bündnis 90/Die Grünen.
Frau Kollegin Keul.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Vielen Dank. - Wir waren stehen geblieben
beim Februar 2012, bei dem Vermerk, mit
dem erst Herr Beemelmans und dann Sie ja
über die Lage in Kenntnis gesetzt worden
sind. Wenn man sich diesen Vermerk vom
8. Februar anguckt, dann stellt man fest - ich
weiß nicht, ob Sie den jetzt noch mal brau-
chen; aber vielleicht erinnern Sie sich so -:
Auf Seite 3 haben Sie handschriftliche Ver-
merke an den Rand geschrieben, die von
Ihnen sind.

Zeuge Rüdiger Wolf: Ja.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sie erinnern sich. - Auf der Seite wird darge-
legt, was die Industrie alles für Nachweise
und Qualifikationsnachweise nicht erbringt
und scheinbar nicht erbringen kann. Dann
haben Sie daneben geschrieben: „und
scheinbare Selbstverständlichkeiten sind
nicht Gegenstand des Vertrages oder?“*
Also, haben Sie sich an der Stelle darüber
gewundert, warum oder ob diese Nachweise
nicht Gegenstand des Vertrages sind?

Zeuge Rüdiger Wolf: Ja, ich habe mich
geärgert, ja. Sonst hätte ich diese Kommen-
tierung - - Das ist nicht meine Art. Ich
schreibe ungern Kommentierungen in Vorla-
gen, die mich auch nur nachrichtlich ereilen;
aber das hat mich geärgert, ja.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Diesen Ärger kann ich sehr gut nachvollzie-
hen. Wie haben Sie diesem Ärger Ausdruck
verliehen? Wem haben Sie diesen Ärger
mitgeteilt?

Zeuge Rüdiger Wolf: Die Situation war
so, wie sie ist. Nach der ursprünglichen Ver-
trags - - oder nach der Vertragsgestaltung
sind offensichtlich bestimmte Teile, die im

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-50 BMVg zu BB 17-31,
Ordner 3, Blatt 145.

Nachhinein als sinnvoller erschienen wären,
nicht in den Vertrag aufgenommen worden.
Ich hatte ja eingangs erwähnt, dass bei Ver-
tragsschluss offensichtlich Auftragnehmer
wie möglicherweise auch Auftraggeber -
wahrscheinlich eher Auftraggeber - davon
ausgegangen sind, dass Zulassungsverfah-
ren insbesondere der Bundeswehr diesen
Firmen bekannt sind. Dann war es logisch,
diese in der Vorlage genannten Dinge nicht
als Leistungsverpflichtung in den Vertrag
aufzunehmen. Im Nachhinein hat sich ge-
zeigt, dass dies möglicherweise nicht ganz
sauber war.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sie haben jetzt immer gesagt: „Offensichtlich
hat man ...“, „Offensichtlich hat man ...“. Ha-
ben Sie, nachdem Sie sich hier geärgert
haben, selber mal in den Vertrag reingeguckt
und selbst sich ein Bild davon gemacht, was
da drinsteht?

Zeuge Rüdiger Wolf: Die Bewertung war
ja schon in dem Vermerk enthalten, welche
Schwierigkeiten sich da offensichtlich erga-
ben. Ob die in dem Vertrag nun zweifelsfrei
geklärt waren oder nicht, ergab sich aus der
Vorlage selbst eigentlich schlüssig scheinbar
nicht; denn es bestand ein Streit zwischen
dem Auftragnehmer und dem Auftraggeber
aus diesem Vertrag hinsichtlich der Ver-
pflichtungen zur Zulassung.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also, dass ein Streit bestünde, wäre mir neu.
Bisher haben uns alle, die damit befasst
waren - also Herr Stein, Herr Selhausen,
Herr Beemelmans -, immer gesagt: Für uns
stand völlig außer Frage, dass selbstver-
ständlich die Industrie dieses Risiko nicht zu
tragen hat, und deswegen haben wir es auch
gar nicht geprüft.

Zeuge Rüdiger Wolf: Es ging mir jetzt
bei meiner Antwort auch nicht um die Frage
der Einschätzung des Risikos, sondern es
ging um die Feststellung der Tatsache, dass
zwischen dem Auftraggeber und dem Auf-
tragnehmer über die zu liefernden Unterla-
gen zur Zulassung und über die Zulassungs-
verfahren der Bundeswehr Einvernehmen
bestand. Das war aber offensichtlich nicht
der Fall.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 995 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 134
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Über das Verfahren, richtig. Aber über die
Haftungsfrage hatte bis zu diesem Zeitpunkt
noch keiner nachgedacht, und deswegen
frage ich Sie, da Sie der Erste sind, der an
der Stelle offensichtlich Ärger auch geäußert
hat, dass dies nicht vertraglich vereinbart ist,
wie Sie damit weiter umgegangen sind. Wäre
es nicht jetzt vielleicht auch der Zeitpunkt
gewesen, zu sagen: Es sollte vielleicht jetzt
jemand an der Stelle mal prüfen: Wie ist das
eigentlich mit den Nachweisen? Sind die
nicht verpflichtet, die zu bringen? - Ist da
niemand auf die Idee gekommen?

Zeuge Rüdiger Wolf: Also, um es noch
mal zu sagen: Es geht mir nicht um die Haf-
tungsfragen, sondern es ging mir um die
Schilderung in der Vorlage, dass es be-
stimmte Punkte gab, von denen wir annah-
men, dass sie völlig unstreitig Vertrags-
gegenstand sind, aber offensichtlich nicht
waren. Bei dieser Feststellung bedarf es
keiner Prüfung mehr im Vertrag, ob das nun
tatsächlich so ist oder nicht, sondern es ging
jetzt um die Frage, was sich aus dem Vertrag
für Konsequenzen ergaben. Die waren durch
die Abteilung AIN und durch das BAAINBw
zu prüfen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Na ja, aber wenn Sie - - Wir sprechen doch
schon über das Gleiche. Wir sprechen über
diese Vorlage der Qualifikationsnachweise,
die hier fehlten, und da sagen Sie: Die sind
nicht Gegenstand des Vertrages. - Und da
wäre doch jetzt die Frage: Müsste jetzt spä-
testens nicht in diesem Moment irgend-
jemand mal prüfen, ob die nicht tatsächlich
doch Gegenstand des Vertrages sind?

Zeuge Rüdiger Wolf: Frau Abgeordnete,
wenn wir uns jetzt noch weiter über dieses
Papier unterhalten, wäre ich Ihnen sehr
dankbar, wenn wir uns wirklich dann über
den Wortlaut unterhalten würden. Hier wird
nicht über die Haftung gesprochen, sondern
hier wird über die Streitpunkte zwischen dem
Auftragnehmer und dem Auftraggeber ge-
sprochen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Gut. - Dann würde ich dem Zeugen gern die
Gelegenheit geben, da noch mal einen Blick
drauf zu werfen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut. Jetzt brauchen wir die MAT-Nummer.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Das ist die MAT-Nr. 17-50, Ordner 3.*

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ja. - Geben Sie es ihm?

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Wir haben die Zeit gestoppt.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Dann habe ich es jetzt zwar leider nicht; aber
ich glaube, das kriegen wir auch so hin.

(Dem Zeugen werden Unterlagen
vorgelegt)

Also, meine Frage, die ich mir halt jetzt
stelle: Ich habe Sie so verstanden: Sie haben
sich geärgert. Sie sind davon ausgegangen,
dass diejenigen, die diesen Vermerk ge-
schrieben haben, den Vertrag geprüft haben,
und haben selber sozusagen keine weiteren
vertraglichen Prüfungen mehr dann veran-
lasst. Sehe ich das richtig?

Zeuge Rüdiger Wolf: Das ist korrekt.
Erstens richtete sich die Vorlage, wie ich
schon sagte, an den Herrn Kollegen Bee-
melmans. Zweitens bitte ich - - In der Vorlage
selber ergibt sich aus dem Satz davor, aus
der Ziffer 10, eindeutig das, was ich auch
noch mal gesagt habe: ... „zum Zeitpunkt des
... Vertragsschlusses“, so sagt der Verfasser,
erschienen „die .... Zulassungsrisiken“ über-
schaubar und „hinreichend mitigiert“, was
immer auch „mitigiert“ heißen mag. In dem
Folgesatz - und um den geht es; den habe
ich kommentiert - sagt der Verfasser: „Inzwi-
schen hat sich herausgestellt, dass ...“, und
dann zitiert er eine Reihe von Dingen, die
offensichtlich als Zulassungsrisiken nicht
überschaubar waren, mit anderen Worten:
nicht im Vertrag aufgetaucht sind.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Na ja, also, da wird ja nun genau gesagt,
was alles hätte vorgelegt werden müssen
und dass die Industrie nicht in der Lage oder

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-50 BMVg zu BB 17-31,
Ordner 3, Blatt 20.

Drucksache 17/14650 – 996 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 135
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

nicht willens ist, diese Dinge vorzulegen.
Darauf bezieht sich das.

Zeuge Rüdiger Wolf: Ja.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Und darauf bezieht sich Ihr Kommentar, dass
man sagt: „Ist die Vorlage dieser Dinge nicht
im Vertrag geregelt“?

Zeuge Rüdiger Wolf: Ganz genau.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ganz genau; sind wir uns einig. - Wer hätte
denn das zur Prüfung mal veranlassen müs-
sen? Herr Beemelmans?

Zeuge Rüdiger Wolf: Also, ich darf noch
mal darauf hinweisen: „Nicht vertraglich ge-
regelt“ heißt, nicht ausreichend, nicht inter-
pretationsfrei offensichtlich. Denn sonst hätte
der Verfasser ja nicht darauf vertrauen kön-
nen, dass die Zulassungsrisiken im Vertrag
überschaubar geregelt waren.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Na ja, das ist ja eine andere Frage. Auf was
der Verfasser vertraut, das frage ich mich
auch an der Stelle; aber das ist ja nicht eine
Frage, die Sie beantworten können.

Zeuge Rüdiger Wolf: Exakt. Deswegen
kann ich auch Ihre jetzige Frage nicht beant-
worten.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Nein. Aber wir halten fest: Sie haben jeden-
falls daraufhin keine Veranlassung gesehen,
selber noch mal zu gucken, was vertraglich
geregelt ist, und es hat auch sonst keiner in
diesem Umfeld, der irgendwie mit dem Vor-
gang zu tun hätte, da noch mal nachgehakt.

Zeuge Rüdiger Wolf: Ich habe diesen
Vertrag selbst nicht noch mal geprüft und
auch keine Prüfung des Vertrages veran-
lasst. Das ist korrekt.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Haben Sie denn jetzt miteinander gespro-
chen? Also, ich stelle mir jetzt vor: Sie sind ja
wenige Tage nach Beemelmans informiert
worden, hatten das vorliegen, haben sich
geärgert. Haben Sie denn noch mal auch
gesprochen mit Ihrem Kollegen oder viel-
leicht auch mit dem Minister? Sitzt man da

nicht irgendwann auch mal, dass man sagt:
„Also, hier ist irgendwas, was mich ärgert;
das muss jetzt hier irgendwie mal mitgeteilt
werden“?

Zeuge Rüdiger Wolf: Weder, noch. Denn
Herr Beemelmans hatte diese Vorlage be-
kommen, und Herr Beemelmans hatte die
Umsetzung der darin beschriebenen Themen
oder Probleme zu lösen. Es war nicht meine
Zuständigkeit als für den Haushalt jetzt Zu-
ständiger, jetzt mich in den Vertrag zu bege-
ben und die Arbeit von Herrn Beemelmans
quasi mit zu machen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Okay.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut. - CDU? - Keine Fragen. SPD? - Herr
Kollege Arnold.

Rainer Arnold (SPD): Herr Staatssekre-
tär, der Bereich „Was kann dieses Teil?“
beschäftigt mich jetzt doch nach Ihrer letzten
Äußerung. Sie sagten, wenn ich es richtig in
Erinnerung habe: primär Radarsensorik er-
kennen. Ist das richtig?

Zeuge Rüdiger Wolf: Also, ich müsste
Ihnen jetzt noch mal die gesamte System-
beschreibung - - Unter anderem, ja. Es geht
um Abstrahlsignale. Ich bin jetzt kein Techni-
ker.

Rainer Arnold (SPD): Ja, aber Radarsig-
nale - ich bin ja Elektriker früher mal gewe-
sen -, das hat sich nicht verändert. Aber Ra-
darsignalabstrahlung ist ja nun was ganz
anderes als - ich bleibe im laienhaften
Sprachgebrauch - Funksignale in allen mög-
lichen Spektren und neuen digitalen Tech-
nologien. Und wir würden doch wahrschein-
lich keine fünf Flieger kaufen, um Radarsta-
tionen zu erkennen; also, das ist ja ein In-
strument der wirklichen Kriegsführung, Krieg
gegen Länder usw. Das kann ich mir nicht
vorstellen. Ich glaube, das Ding kann schon
noch was anderes, ohne jetzt in Geheim
gehen zu wollen.

Zeuge Rüdiger Wolf: Herr Abgeordneter,
ich könnte es Ihnen - - Ich habe die Unter-
lage dabei. Dann könnte ich es Ihnen zitie-
ren, was das kann, was das Projekt kann.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 997 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 136
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Das wären aber technische Aussagen, die
ich selber nur zitieren könnte.

Rainer Arnold (SPD): Ja, ja. Ich will - -

Zeuge Rüdiger Wolf: Der Herr Abgeord-
nete Koch - Entschuldung - hatte ersichtlich
nach Mobilfunkdaten gefragt, und da kam es
mir darauf an, darauf hinzuweisen, dass
dafür das Gerät nicht ausgerichtet ist bzw.
wenn, dass es dann also entsprechende
Mechanismen hat, um es auszurichten.

Rainer Arnold (SPD): Es ist ausgerich-
tet - COMINT -, Kommunikationsdaten zu
sammeln. Darauf ist es ausgerichtet, auch.

(Zuruf: ELINT und COMINT -
beides!)

Jetzt kann man darüber streiten: Was ist da
technologisch möglich usw.? Das brauchen
wir alles nicht zu tun. Aber das ist natürlich
seine zentrale Aufgabe. Deshalb lässt man ja
auch die beiden Aufklärungsschiffchen jetzt
wohl ein bisschen länger in Betrieb, weil die
das auch können.

Zeuge Rüdiger Wolf: Herr Abgeordneter,
ob es da eine komplementäre oder überlap-
pende Aufklärungskapazität gibt - da bitte ich
um Nachsicht -, das ist nicht mein Thema.
Also, ich habe - -

Rainer Arnold (SPD): Sie brauchen da
keine Nachsicht. Das ist - -

Zeuge Rüdiger Wolf: Ich habe keine
Ahnung von Technik.

Rainer Arnold (SPD): Das werfen wir
Ihnen ja auch nicht vor. Wir wollen nur nicht,
dass in öffentlicher Sitzung ein völlig falscher
Eindruck über die Technik stehen bleibt; nur
darum geht es.

Zeuge Rüdiger Wolf: Ich bin Ihnen
dankbar für den Hinweis.

Rainer Arnold (SPD): Gut. - Was wir
Ihnen aber schon ein bisschen vorwerfen, ist,
dass immer noch nicht ganz klar ist, wie dies
mit diesem Gutachten ist, Herr Staatssekre-
tär. Ich verstehe es immer noch nicht so
ganz. Sie haben doch, als sichtbar wurde,
das Ding wird nichts mehr, gesagt, dass Lö-
sungsvarianten - Klammer: „Zwischenlösun-

gen“ steht hier und „Lösungsvarianten“ -
untersucht werden sollen, und dann haben
Sie geschrieben - ich trage es Ihnen noch
mal vor -:

Es bleibt bei meinem ... Bezug 2,
Möglichkeiten des Abbruchs zu
untersuchen und mit dem Ergebnis
der Studie zu bewerten.*

Also, Sie haben irgendwas in Auftrag gege-
ben oder gewusst, dass es eine Studie gibt.
Sonst hätten Sie das ja nicht geschrieben.

Zeuge Rüdiger Wolf: Das ist ja Gegen-
stand der Vorlage, Herr Abgeordneter. Die
Tatsache, dass die die Studie beauftragen
wollten am 17. August, habe ich ja gebilligt
auf dieser Vorlage, weil ich den Eindruck
hatte: Die brauchen offensichtlich eine Studie
dafür. - Dann habe ich gesagt: Na gut, um
Herrgotts willen, sollen sie diese Studie ma-
chen, wenn es der Entscheidungsfindung
dient. Aber ich will eine Vorlage, welche Al-
ternativen möglich sind, ob mit Studie oder
ohne Studie. Mich interessierte diese Studie
nicht.

Rainer Arnold (SPD): Ja, Sie wollten Al-
ternativen. Jetzt haben Sie uns vorhin doch
aber gesagt, Sie haben eine Vorlage gekriegt
ohne Alternativen. Das ist der Punkt, den ich
nicht - -

Zeuge Rüdiger Wolf: Exakt.

Rainer Arnold (SPD): Ja, und dann sind
Sie doch - - Dann handeln Sie doch. Wir
kennen uns doch ein paar Tage. Wenn Sie
eine Vorlage bekommen, die nicht dem ent-
spricht, was Sie wollten, lehnen Sie sich
doch nicht zurück. Sie machen doch dann
irgendwas, Herr Staatssekretär.

Zeuge Rüdiger Wolf: Herr Abgeordneter,
wenn Sie sich die Vorlage, die dann kam,
vom 20. Dezember anschauen, dann sehen
Sie, dass es keine Alternativen dazu gab.

Rainer Arnold (SPD): Also, das heißt, es
gibt keine Alternativen für Euro Hawk?

Zeuge Rüdiger Wolf: Das weiß ich nicht.
Jedenfalls das Ergebnis der Untersuchun-

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MATA 17-32 BMVg zu BB 17-32,
Büro des Ministers, Ordner 1, Blatt 263.

Drucksache 17/14650 – 998 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 137
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

gen, die zum 20.12. stattfanden, bis zum
20.12. stattfanden, war nicht so, dass mir
jemand gesagt hat: Du kannst das mit X oder
Y auch machen.

Rainer Arnold (SPD): Ja, aber Herr
Beemelmans erzählt doch, es gibt Alterna-
tiven, und die kosten im Prinzip nicht mehr
als das Projekt. Jetzt weiß ich nicht mehr,
was stimmt. Es ist ja schon eine zentrale
Frage.

(Michael Brand (CDU/CSU): Das
hat er nicht gesagt! - Jürgen Hardt
(CDU/CSU): Richtig vorlesen!)

- Bitte?
(Michael Brand (CDU/CSU): Es wird
immer was in den Raum gestellt!)

Zeuge Rüdiger Wolf: Die ich gerne be-
antworten möchte, Herr Abgeordneter. Herr
Beemelmans hat nicht gesagt: „Es gibt Alter-
nativen“, sondern: Es ist ein Auftrag erteilt
worden, Alternativen zu untersuchen. - Wenn
ich wüsste, dass es Alternativen gibt, gebe
ich keinen Auftrag, sie zu untersuchen.

Rainer Arnold (SPD): Ja, es liegt doch
aber eine Studie vor von einem Institut, das
Ihr Kollege für gut befindet, und zu diesem
ersten Ergebnis im Dezember wurde dann
eine vertiefende Studie beauftragt. Die lag im
Februar vor. Wir haben es doch in Händen.

(Jürgen Hardt (CDU/CSU): Dann
zeigen Sie es doch!)

Zeuge Rüdiger Wolf: Herr Abgeordneter,
ich wiederhole mich: Ich kenne diese Studie
nicht, aber ich kenne die Vorlagen, die mich
erreicht haben, und diese Vorlagen beant-
worteten die Fragen und stellten Dinge zur
Entscheidung. Das habe ich gemacht.

Rainer Arnold (SPD): Sie verstehen
doch aber mein Erstaunen, dass zwei
Staatssekretäre Studien untersucht haben,
Studien haben wollen als Grund - so schrei-
ben Sie es ja -, mit zu bewerten das Ergebnis
der Studie bei einem Abbruch, -

Zeuge Rüdiger Wolf: Herr Abgeordneter,
ich wollte - -

Rainer Arnold (SPD): - und dann kommt
kein Ergebnis, und dann verliert man dies
aus dem Blick. Ist das Zufall?

Zeuge Rüdiger Wolf: Herr Abgeordneter,
ich habe keine Studie beauftragt. Ich war
einverstanden damit, dass die Abteilung AIN
und Planung und andere sich einer Studie
bedienten, um zu einer Vorlage zu kommen.
Das war es.

Rainer Arnold (SPD): Also, jetzt habe ich
nur einfach den Eindruck, dass vielleicht die
Vorlage eher unter politischem Druck am
Ende dann - und die Entscheidung - entstan-
den ist und man vielleicht tatsächlich hätte
warten sollen, bis man die Studien auch mal
gelesen hat. Ist das ganz falsch?

Zeuge Rüdiger Wolf: Ich wüsste nicht,
wo der politische Druck hergekommen sein
soll, Herr Abgeordneter.

Rainer Arnold (SPD): Ach, die Medien
machen schon wach, und meine Fraktion hat
schon auch gefragt.

Zeuge Rüdiger Wolf: Herr Abgeordneter,
bei allem Respekt vor Medien und auch vor
Ihrer Fraktion: Aber der Druck wird aus dem
Ministerium gemacht oder nicht.

Rainer Arnold (SPD): Aber Ihr Kollege
hat doch jetzt entgegen Ihrer Anweisung und
entgegen der ursprünglichen Planung den
Abbruch des Projektes entschieden - der
Minister hat es dann später gebilligt -, obwohl
diese Studien offensichtlich nicht eingeflos-
sen sind.

(Jürgen Hardt (CDU/CSU): Das
kann man doch so nicht laufen
lassen!)

Zeuge Rüdiger Wolf: Letzterer Halbsatz
ist eine Spekulation: „obwohl“ , „offensicht-
lich“.

Rainer Arnold (SPD): Ich verstehe
nicht - -

Zeuge Rüdiger Wolf: Ich weiß es nicht.

Rainer Arnold (SPD): Sie wissen es
nicht, aber - -

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 999 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 138
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Rüdiger Wolf: Ich weiß nur, wie
diese Vorlage zustande gekommen ist, wie
es am 20.12. eine Informationsvorlage gab
und wie es dann im März eine Entschei-
dungsvorlage gab. Das ist der objektive
Sachverhalt. Dahinter kann ich nicht speku-
lieren, ob eine Studie eingeflossen ist oder
nicht eingeflossen ist. Ich kenne eine Studie
nicht, und ich kenne auch den Entschei-
dungsgang zur Vorlage selbst nicht.

Rainer Arnold (SPD): Wurde vor der
Entscheidung von Staatssekretär Beemel-
mans mit Ihnen auch noch mal kommuniziert,
auch mündlich? Oder wurde die dann einfach
getroffen und auch Ihnen so vorgelegt?

Zeuge Rüdiger Wolf: Die Vorlage hat
mich ohne vorherige Kommunikation mit
Herrn Beemelmans erreicht. Aber ich war ja
aufgrund des schriftlichen Sachverhalts der
Aktenlage bestens im Bilde.

Rainer Arnold (SPD): Ach, Sie haben
gewusst, dass die so kommt, die Entschei-
dung, oder - -

Zeuge Rüdiger Wolf: Eigentlich haben
wir gewusst, dass eine Vorlage kommt und
warum sie kommt.

Rainer Arnold (SPD): Okay, danke.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege Bartels, wollen Sie noch?

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Nein.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Nein? - Dann gebe ich der FDP - - Nein. Die
Linke? - Kollege Koch.

Harald Koch (DIE LINKE): Herr Wolf, wir
waren ja vorhin nicht ganz zu Ende gekom-
men zu dem Thema Mobilfunkdaten. Also,
ich weiß, dass dieses System im Umkreis
von 400 Kilometern - ich hatte vorhin schon
mal die Dimension genannt: wenn es in Mit-
teldeutschland fliegt, bis nach Flensburg
hoch fast und Augsburg im Süden - das
ganze Spektrum elektromagnetischer Daten
erfasst, nicht nur Mobilfunk, auch Autos,
startende Autos, sich bewegende Autos,
Navigationssysteme erfasst, verfolgen kann
und auch analysieren. Hier fällt also eine
Menge von Daten an, die eigentlich nicht

Gegenstand der Erprobungsflüge sein durf-
ten, weil sie letztendlich dem Art. 10 des
Grundgesetzes unterliegen, Fernmeldedaten
zum Beispiel. Und jetzt ist die Frage von mir:
Inwieweit haben Sie den Datenschutzbeauf-
tragten mit einbezogen?

Zeuge Rüdiger Wolf: Herr Abgeordneter,
die Gesamtproblematik auch der zurzeit
stattfindenden Nachweisflüge - - Das ist ja
der einzige Grund, warum der Euro Hawk
überhaupt über deutschem Staatsgebiet
fliegt, nämlich allein zur Nachweisführung. Es
ist nicht sein Einsatzgebiet, um das noch mal
in aller Deutlichkeit zu sagen. Der Euro Hawk
gehört nicht nach Europa. Der Euro Hawk
gehört oder gehörte nach Afghanistan. Der
gehört in die Einsatzgebiete der Bundes-
wehr. Die Bundesrepublik Deutschland ist
nicht das Einsatzgebiet der Bundeswehr.

Diese Nachweisflüge erstrecken sich ein-
deutig - technisch bereits - nicht auf Mobil-
funkdaten. Diese Flüge mit ihren technischen
Möglichkeiten sind der G-10-Kommission des
Deutschen Bundestages, die aus Sicht der
Bundesregierung dafür zuständig ist, auf
deren Initiative mehrfach in aller Ausführlich-
keit dargelegt worden und dort nicht auf Wi-
derspruch gestoßen oder - - Verstoß gegen
deutsche Datenschutzbestimmungen - -
jedenfalls nicht des G-10-Gesetzes gesto-
ßen.

Den Beauftragen für Datenschutz - - Das
weiß ich nicht, ob der eingebunden war oder
nicht; kann ich Ihnen nicht sagen.

Harald Koch (DIE LINKE): Also, mir lie-
gen Informationen vor, dass er dort - das ist
auch öffentlich - schon Probleme sieht; aber
das sei mal nur am Rande festgestellt.

Dieses Gerät, dieses System hat ja nun
schon mehrere Erprobungsflüge über dem
Süden Deutschlands absolviert, und ich
denke mal, Bayern ist sehr weit entwickelt.
Dort gibt es auch viele Mobilfunktelefone.
Also, ich kann mir das nicht vorstellen, dass
in der Masse anfallende Kommunikations-
daten in diesem Bereich schon herausge-
filtert werden können, dass sie erst gar nicht
anfallen. Die wurden aufgesogen von dem
System.

Nun haben Sie vorhin dargestellt oder ge-
sagt, dass dann durch Rechtsoffiziere im
Einzelnen geprüft wird und entschieden wird,
wie mit den Daten umgegangen wird. Wel-
chen Status haben diese Rechtsoffiziere?

Drucksache 17/14650 – 1000 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 139
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Rüdiger Wolf: Ich möchte noch
mal darauf hinweisen: Also, nach meinem
Erkenntnisstand fliegt der Euro Hawk im
Rahmen seiner Nachweisführung des Sys-
tems ISIS in einem gesperrten Luftraum über
Manching.

Zweiter Punkt. Für diese Nachweisfüh-
rung ist die Mobilfunkerfassung überhaupt
nicht von Belang. Sie ist deswegen nicht
Gegenstand der Nachweisführung, weil er
Mobilfunk nicht abfragen soll. Also, bei der
Nachweisführung - das, was er heute fliegt -
ist eine solche technische Möglichkeit über-
haupt nicht in ISIS vorhanden. Wenn - und
so ist die Verabredung mit der G-10-Kom-
mission - gleichwohl - Herr Abgeordneter
Arnold wird mich gleich unterstützen - die
Technik wider Erwarten dazu führt, dass mal
ein Mobilfunk- oder was für ein Datensatz
auch aufgenommen wird, dann wird über
einen Filter die Übernahme dieser Daten in
das System verhindert, und bei der Auswer-
tung unter Aufsicht eines Rechtsberatungs-
offiziers - - Ein Rechtsberatungsoffizier beim
Kommando Strategische Aufklärung - das
kann ein Zivilist sein mit Befähigung zum
Richteramt, das kann auch ein Soldat sein
mit Befähigung zum Richteramt -, der muss
die Vernichtung dieser Daten mittels eines
Protokolls gegenzeichnen, das heißt beauf-
sichtigen. Das ist die Vereinbarung mit der
G-10-Kommission.

Harald Koch (DIE LINKE): Meinen Sie
nicht, wenn Sie den Datenschutzbeauftrag-
ten einbezogen hätten schon in der Erarbei-
tung dieser Szenarien, wie man umgeht mit
solchen Daten, dass die öffentliche Wahr-
nehmung auch eine andere gewesen wäre,
also eine größere Transparenz auch?

Zeuge Rüdiger Wolf: Herr Abgeordneter
Koch, das ist sicherlich eine Bewertungs-
frage. Aber ich möchte darauf hinweisen,
dass die Erprobung dieses ISIS-Systems,
wie ich schon sagte, in einem sehr, sehr
begrenzten Raum stattfindet, im Übrigen
auch nur für einen sehr, sehr begrenzten
Zeitraum vorgesehen ist. Wenn diese Erpro-
bungsflüge - ich glaube, sie sind spätestens
bis zum 30.09. beendet und es finden nur
noch maximal zwei statt - beendet sind, fin-
det Euro Hawk im Rahmen seiner militä-
rischen Auftragserfüllung im Bundesgebiet
keine Anwendung mehr.

Harald Koch (DIE LINKE): Ich meine,
jetzt darauf nur zu verweisen, dass es im
Raum Manching fliegt. Das ist der Startkorri-
dor. Der Flug wird sich schon etwas weiter
bewegt haben.

Zeuge Rüdiger Wolf: Herr Abgeordneter,
das weiß ich nicht; ich glaube, Sie auch
nicht.

Harald Koch (DIE LINKE): Aber aufgrund
der nun technischen Möglichkeiten, die die-
ses System hat, ergibt sich schon für mich
noch eine Frage, die ich Ihnen gerne stellen
würde aufgrund dieser Einsatzszenarien für
das System insgesamt, Euro Hawk und ISIS.
Ist einmal irgendwann thematisiert worden,
Aufklärungsdrohnen im Wege der Amtshilfe -
wir reden ja von ressortübergreifender Ver-
wendung - zur Überwachung von Demons-
trationen oder Ähnliches einzusetzen, wie
zum Beispiel die Tornados beim G-8-Gipfel
in Heiligendamm 2007? Was war das Ergeb-
nis dieser Überlegungen? Hat es die gege-
ben, und was war das Ergebnis?

Zeuge Rüdiger Wolf: Herr Abgeordneter,
militärische Mittel werden im Rahmen ihrer
verfassungsrechtlichen Zulässigkeit ange-
wandt. Und ein kleiner Aspekt, ein Neben-
aspekt - und der einzige - der Anwendbarkeit
von militärischen Mitteln ist im Rahmen der
Amtshilfe der Katastrophenschutz, Natur-
katastrophenschutz, so wie das beim Hoch-
wasser auch der Fall war. Da haben auch
gepanzerte Fahrzeuge teilgenommen, ob-
wohl sie Kriegswaffen sind. Ich schließe nicht
aus, dass auch Aufklärungssysteme im Zu-
sammenhang mit dem Amtshilfegrundsatz
Anwendung finden, aber nur im Rahmen - ich
wiederhole es - des verfassungsrechtlich
Zulässigen. Insofern kann es auch sein, dass
Aufklärungsmittel der Bundeswehr auf Anfor-
derung der zuständigen Behörden im Rah-
men ihres verfassungsrechtlich zulässigen
Einsatzes mit verwandt werden. Bei Einsatz
von Demonstrationen oder was auch immer -
erschließt sich mir nicht; kann ich nichts zu
rausgeben. Also, es ist bestimmt nicht da-
rüber diskutiert worden.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Bündnis 90/Die Grünen. Wer stellt Fragen? -
Frau Kollegin Keul.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1001 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 140
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Vielen Dank. - Ich würde jetzt mal 2012 ver-
lassen und zu dem entscheidungsrelevanten
Punkt Mai 2013 kommen. Haben Sie jetzt
noch mal persönlich mit Ihrem Kollegen
Beemelmans über die Euro-Hawk-Frage
persönlich gesprochen, bevor er die Ent-
scheidung getroffen hat, die Serie nicht an-
zuschaffen?

Zeuge Rüdiger Wolf: Nein. Das ging
auch gar nicht, weil, ich glaube, ich habe am
8. Mai entschieden. Am 9. war Himmelfahrt,
und am 10. hat Herr Beemelmans entschie-
den.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Können Sie noch mal kurz sagen, was Sie
am 8. Mai entschieden haben?

Zeuge Rüdiger Wolf: Am 8. Mai habe ich
auf dieser Vorlage verfügt, auf der Entschei-
dungsvorlage verfügt, dass wir - ich muss
jetzt aus dem Kopf zitieren - so verfahren
wollen, wie in dieser Vorlage vorgeschlagen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Okay. - Also, ich hatte Sie vorhin so verstan-
den, dass Sie sagten, Entscheidungsgrund-
lage war für Sie nicht die Empfehlung von
Alternativen, weil, so haben Sie gesagt, es ja
gar keine Alternativen gab. Das ist richtig?
So habe ich Sie verstanden.

Zeuge Rüdiger Wolf: Mir waren keine
Alternativen - bis heute nicht - vorgetragen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Denn gerade vorher hatte der Staatssekretär
Beemelmans genau andersherum gesagt,
Grundlage für ihn, für die Entscheidung sei
gewesen, dass es eine Alternative gebe, die
im Kostenrahmen bleibe, und deswegen
hätte er entschieden, die Serie nicht zu be-
stellen und diese 600 Millionen Euro, die
dann frei werden, für diese Alternative zu
verwenden. Wir haben mehrfach hier ver-
sucht nachzufragen, was denn genau für
eine Alternative er meint. Das hat er jetzt
nicht so gesagt. Aber er hat mehrfach betont,
Entscheidungsgrundlage für ihn sei gewe-
sen, dass es eine Alternative im Kostenrah-
men gebe, und wenn es die nicht gegeben
hätte, dann sei die Sachlage eine andere
gewesen.

Zeuge Rüdiger Wolf: Ich muss jetzt sa-
gen, ich weiß nicht, ob Sie Herrn Kollegen
Beemelmans richtig zitieren. Ich würde je-
denfalls aus der Entscheidung, die Herr
Beemelmans getroffen hat im März dieses
Jahres, nämlich das Vorhaben, nicht in Serie
zu gehen und Alternativen zu untersuchen
und vorlegen zu lassen bis Ende des Jah-
res - - daraus würde ich eigentlich schluss-
folgern wollen, dass Herr Beemelmans keine
Alternativen jedenfalls unmittelbar präsent
hat, aber sich vorstellen konnte, dass es
solche gibt, und die wollte er untersuchen
lassen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Das ist jetzt völlig logisch und nachvollzieh-
bar, was Sie sagen. Deswegen hatten wir ja
auch bei dem Kollegen Beemelmans dreimal
nachgefragt. Also, ich würde jetzt auch Ihnen
gern was vorlegen. Das können wir nicht,
weil das Protokoll existiert noch nicht. Aber
es kommt auch kein Widerspruch aus diesen
Reihen.

(Michael Brand (CDU/CSU): Doch,
es kommt Widerspruch!)

- Doch? - Können wir das Protokoll sonst - -
Haben wir eine Möglichkeit, die Zeugenaus-
sage irgendwie dem - -

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Nein.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Haben wir nicht? - Also, Sie haben jedenfalls
keinerlei Vorstellung, was für eine Alternative
damit gemeint sein könnte.

Das Gutachten über die Alternativen - das
hatten Sie eben, glaube ich, schon gesagt -,
das kennen Sie auch nicht, oder? Kennen
Sie das bis heute inzwischen?

Zeuge Rüdiger Wolf: Nein, ich kenne
kein Gutachten, und ich kenne keine Alter-
nativen, die man mir vorgetragen hätte. Ich
kann mir schon die eine oder andere Alter-
native, die man so nennt, vorstellen. Aber
wie sie zu bewerten sein wird und ob sie dem
Fähigkeitsprofil des Generalinspekteurs ent-
spricht und ob sie mit dem geltenden Fi-
nanzplanansatz vereinbar ist, das kann ich
Ihnen nicht sagen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, sehr schön. - Der zweite Widerspruch,
der mir aufgefallen ist, ist, dass Sie, glaube

Drucksache 17/14650 – 1002 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 141
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

ich, gesagt haben, man habe sich im Zuge
dieser Entscheidung gegen einen operativen
Betrieb des Prototyps entschieden, weil, ich
glaube, Sie haben gesagt, dass allein dieser
Weiterbetrieb 52 Millionen im Jahr kosten
würde. Habe ich das richtig verstanden?

Zeuge Rüdiger Wolf: Frau Abgeordnete,
Sie können sich da, glaube ich, ein sehr kla-
res und objektives Bild machen, weil sich das
exakt aus der Vorlage ergibt, die entschieden
worden ist. Die Vorlage enthielt - ich habe
das jetzt nicht vorliegen; aber ich glaube, ich
bin ziemlich sicher, dass es so ist -, nicht in
die Serie einzutreten, alternativ den Euro-
Hawk-Demonstrator zu nutzen, um damit die
ISIS-Aufklärungssensorik abschließend zu
bewerten, alternativ den Euro-Hawk-De-
monstrator für die Dauer von vier Jahren,
glaube ich, zu betreiben, um Aufklärungs-
ergebnisse abzuschöpfen. So lautete die
Entscheidungsvorlage.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Und da haben Sie sich dagegen entschie-
den.

Zeuge Rüdiger Wolf: Genau. - Und ich
habe, nachdem ich mit dem Generalinspek-
teur - - den Generalinspekteur um eine Stel-
lungnahme bat, weil der die Ziffer 3 - - näm-
lich die Alternative, Betrieb des Euro-Hawk-
Demonstrators über vier Jahre zur Gewin-
nung von Aufklärungsergebnissen, hätte
Geld gekostet, nämlich im Betrieb der Bun-
deswehr hätte dafür Geld aufgewandt wer-
den müssen. Ich habe den Generalinspek-
teur deswegen gefragt: Wie halten Sie es mit
der Frage, Aufklärungsergebnisse auf der
einen Seite für die Bundeswehr zu generie-
ren, auf der anderen Seite aber damit den
Betrieb der Bundeswehr erheblich zu belas-
ten? Was halten Sie von dieser Alternative?

Und der Generalinspekteur hat daraufhin
votiert mit einer Vorlage, die der Abteilungs-
leiter Planung auch mitgezeichnet hat oder
mitgetragen hat sogar, dass er nicht für diese
Alternative ist - er will ihn nicht vier Jahre
weiterbetreiben -, sondern er hat gesagt: Ich
bin bei dieser Situation dafür, ISIS zu been-
den und nicht in die Serie einzutreten. - Er
hat also Ziffer 1 und 2 der Entscheidungsvor-
schläge mitgetragen. Und daraufhin habe ich
Herrn Beemelmans empfohlen, so wie vom
Generalinspekteur votiert: keine Serien-
beschaffung, Betrieb für ISIS bis erfolg-
reicher ISIS-Abschluss 30.09. beenden, nicht

weiterbetreiben über die Dauer von vier Jah-
ren.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Weil - -

Zeuge Rüdiger Wolf: Und Letzteres
hatte seine Ursache unter anderem damit - -
eine Kosten-Nutzen-Abwägung. Denn was
kostet mich der Betrieb des Euro Hawk, und
was bringt er mir an Erkenntnissen? Und da
hat der Generalinspekteur gesagt: Dies steht
in keinem Verhältnis zueinander.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
52 Millionen stehen in keinem Verhältnis zu
den Erkenntnissen durch den Einsatz des - -
Das wundert mich jetzt etwas, weil wir hier
etwas andere Zahlen ja sonst immer im
Raum stehen haben.

Zeuge Rüdiger Wolf: Also, das hängt - -

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Wenn es so ein tolles, sage ich mal, Sig-
nalerfassungssystem ist, dann wären die
52 Millionen ja vielleicht sogar noch vertret-
bar.

Zeuge Rüdiger Wolf: Der General-
inspekteur kommt heute Abend.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ich wollte gerade sagen, den können wir da
gleich noch mal fragen.

Ich habe das noch mal deswegen aufge-
worfen, weil Staatssekretär Beemelmans
eben, als ich danach fragte, was denn jetzt
weiter mit dem Demonstrator passieren soll,
sozusagen wo der untergebracht wird, wo
der stehen soll, ob der eingemottet wird - - da
sagte er dann ganz klar: Nein, den nutzen wir
weiter. - Und dann habe ich gefragt: Ja, wie
denn, mit einer Vorläufigen Verkehrszulas-
sung? Und dann sagt er, ja - - Also, deswe-
gen frage ich noch mal nach: Ist diese Ent-
scheidung so gewesen, ist auch da endgültig
entschieden worden jetzt im Mai, den De-
monstrator nicht nur nicht vier Jahre, sondern
auch überhaupt nicht zu benutzen? Ist das
die Entscheidung, die gefällt worden ist?

Zeuge Rüdiger Wolf: Nein. Die Ent-
scheidung, die gefällt worden ist: den De-
monstrator jedenfalls bis zum 30.09. zur Be-
endigung von ISIS zu betreiben, ihn aber

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1003 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 142
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

nicht für die Dauer von vier Jahren zur Ge-
winnung von Aufklärungsergebnissen zu
nutzen, weil der Betrieb des Demonstrators
in keinem Verhältnis zu dem Nutzen steht.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also ist entschieden worden, nach einer an-
stehenden Abnahme nach dem 30. Novem-
ber den Demonstrator nicht zu benutzen?

Zeuge Rüdiger Wolf: Nein. Es ist ent-
schieden worden, ihn nicht für die Dauer von
vier Jahren zur Gewinnung von Aufklärungs-
ergebnissen zu nutzen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege Otte zur Geschäftsordnung.

Henning Otte (CDU/CSU): Ich möchte
nur mal zur Klarstellung - - Wenn Sie Vor-
haltungen machen aus einer Zeugenbefra-
gung, die gerade gelaufen ist, wofür es noch
kein Protokoll gibt, dann machen Sie das aus
dem Gedächtnis. Das ist aber nicht unbe-
dingt auch das, was wir in Erinnerung haben.
Ich will hier nicht bewusstes Handeln unter-
stellen. Bloß, wenn Sie hier Vorhaltungen
machen wollen, dann hätten Sie an unter-
schiedlichen Tagen die Zeugen befragen
müssen. Also, ich halte das für fragwürdig,
was Sie hier versuchen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Na gut.

(Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Darf ich da kurz zu
erwidern?

- Frau Kollegin Keul.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also, wir haben uns darauf geeinigt, dass wir
in 6 Tagen 18 Zeugen vernehmen. Wir ha-
ben alle keine andere Möglichkeit, als die
Zeugen aus dem Gedächtnis zu zitieren. Das
haben Ihre Kollegen auch gemacht. Das ist
berechtigt. Der Kollege Brand bzw. der Kol-
lege Silberhorn hat gestern auch aus dem
Gedächtnis einen Zeugen zitiert. Das war
nicht ganz richtig. Da hatte ich mich gemel-
det und habe da gesagt: Moment, das war
anders. - Und dann haben Sie ja auch ge-
sagt: Ja, genau, so war das. - Dann kann
man sich darüber verständigen. Das ist keine
böse Absicht, sondern das bringt einfach das
Verfahren, das wir vereinbart haben, hier so
mit sich.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Das ist richtig. Das Protokoll eines Zeugen,
der kurz vorher vernommen wurde, kann an-
schließend noch nicht vorliegen, und ich
glaube, Herr Staatssekretär Wolf weiß sehr
genau, wie er mit so was umgehen soll; habe
ich jedenfalls den Eindruck.

(Abg. Michael Brand (CDU/CSU)
meldet sich zu Wort)

- Nein. Sonst mache ich eine Beratungs-
sitzung. Ich unterbreche und mache eine
Beratungssitzung.

(Michael Brand (CDU/CSU): Ich
wollte nur eine Bitte äußern!)

- Nein, ich mache eine Beratungssitzung.
Jetzt ist Schluss. - Gut.

Jetzt frage ich die CDU/CSU-Fraktion. -
Nein. SPD? - Herr Kollege Arnold.

Rainer Arnold (SPD): Herr Staatssekre-
tär, ich lege Ihnen jetzt MAT 17-50 zu 99-31*
vor und frage zunächst mal, ob dies die Vor-
lage ist, von der wir die ganze Zeit sprechen,
in der dann die Entscheidung: „Eine Serien-
beschaffung“ - so beginnt sie - „auf Basis des
EURO HAWK wird nicht weiter verfolgt“ - -
über die wir sprechen, wo es nicht um Alter-
nativen geht.

(Dem Zeugen wird ein Schriftstück
vorgelegt - Der Zeuge liest in
diesem Schriftstück)

Zeuge Rüdiger Wolf: Ja.

Rainer Arnold (SPD): Dann bitte ich
einmal, Ihren Blick auf den Punkt 21 auf
Seite 5 zu wenden. Für die Zuhörer hier lese
ich es vor:

Mittels externer Studien, einer
Marktsichtung des BAAINBw und
gestützt auf industrielle Expertise
deutscher Luftfahrtunternehmen
wurden marktverfügbare Plattfor-
men untersucht und bewertet. Da-
bei wurden geeignete und verfüg-
bare - darunter auch bemannte -
Plattformen identifiziert.

Und Sie sagen, es hätte keine gegeben;
verstehe ich nicht.

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-50 zu BB 17-31, Ordner 5,
Blatt 400 ff.

Drucksache 17/14650 – 1004 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 143
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Rüdiger Wolf: Sie hatten Bezug
genommen auf meinen Untersuchungsauf-
trag, und ich hatte dann, wenn ich mich nicht
irre, gesagt, dies ging ein in die Vorlage vom
20.12. bzw. März zur Entscheidung. Das war
meine Aussage, und so ist das hier einge-
gangen. Sie hatten mich immer wieder nach
der Studie gefragt, und ich habe gesagt: Die
Studie kenne ich nicht.

Rainer Arnold (SPD): Aber es gab die
Alternativen, und sie gibt es. Und sie wur-
den - - sie sind eingegangen in den Text.

Zeuge Rüdiger Wolf: Herr Abgeordneter,
nach der Vorlage wurden Untersuchungen
durchgeführt, wonach es Plattformen geben
soll. Und der Auftrag des Kollegen Beemel-
mans, bis zum Ende des Jahres alternative
Plattformen zu untersuchen und zu bewer-
ten, lässt sich nur so erklären - so ist es auch
mein Verständnis -, dass zu diesem Zeit-
punkt diese Ziffer 21 keine Grundlage für die
Entscheidung zu einer Alternative war.

Rainer Arnold (SPD): Eine Alternative ist
noch nicht entschieden. Das ist klar; das
wissen wir schon. Aber sie gibt es. Ich habe
jetzt einfach - -

Zeuge Rüdiger Wolf: Verzeihung, aber
diese Vorlage behauptet, dass als Ergebnis
der Studie derartige Plattformen geeignet
wären.

Rainer Arnold (SPD): Ja.

Zeuge Rüdiger Wolf: Sie ist keine Vor-
lage, die sagt: Es gibt geeignete Plattformen.
Dann hätte man sie uns auch zur Entschei-
dung stellen können.

Rainer Arnold (SPD): Da steht es doch:
Dabei wurden geeignete und ver-
fügbare - darunter auch bemannte -
Plattformen identifiziert.

Es steht doch darin. Dann identifiziert
man halt. Sie identifizieren die geeigneten.
So viel sind es ja nicht.

Zeuge Rüdiger Wolf: Ich darf noch ein-
mal wiederholen: Diese Vorlage hat lediglich
darauf hingewiesen, dass als Ergebnis von
Untersuchungen Plattformen identifiziert
wurden. Aber sie wurden nicht zur Auswahl
gestellt, und sie wurden auch in dieser Vor-

lage deswegen nicht zur Entscheidung ge-
stellt.

Rainer Arnold (SPD): Das wissen wir
schon. Jetzt frage ich mich so langsam doch,
warum dieses Thema so mit spitzen Fingern
von allen eigentlich, die wir hier gehört ha-
ben, auch von Staatssekretär Beemel-
mans - - Es wurden Plattformen identifiziert;
aber niemand von den Staatssekretären
interessiert sich für die identifizierten Platt-
formen. Das ist doch erstaunlich. Ich sage
einmal: Mit spitzen Fingern wird dieses
Thema angeschaut. Und wenn man dann
sieht, welche Plattform priorisiert wird, stellen
wir fest, dass dies das Flugzeug, das unbe-
mannte, MALE von EADS ist. Und wir stellen
fest, dass diese Firma, die Herr Beemelmans
gut findet und leistungsfähig, eigentlich die
Identifizierung der Plattformen EADS als
Untergutachter in Auftrag gegeben hat. So.
Da schließt sich für mich irgendwo ein Kreis,
den man am Ende politisch bewerten muss.
Wir können auch noch darüber reden: Wer
ist diese Firma, und wer hat dort was zu sa-
gen? Wer kennt diese Firma? Usw. - Irgend-
wie spitze Finger, und es ist merkwürdig. Ich
stelle das jetzt einfach mal fest. Wundert Sie
das?

Zeuge Rüdiger Wolf: Herr Abgeordneter,
erstens, ich kann nichts von „spitzen Fingern“
erkennen. Herr Abgeordneter, zweitens, ich
verstehe auch die Grundlagen Ihrer Bewer-
tung nicht. Wenn wir uns darauf verständigen
könnten, dass Sie nicht nur die Ziffer 21 zitie-
ren, sondern auch die Ziffer 22, in der aus-
drücklich beschrieben worden ist, wie man
jetzt dem Hause, sprich: der Leitung, vor-
schlägt, dass man zu alternativen Entschei-
dungen kommt, dann erkennen Sie aus Zif-
fer 22, dass hier lediglich der Weg erst ange-
stoßen wurde, und damit die klare Schlüssig-
keit der Entscheidung von Herrn Beemel-
mans, nämlich das Ergebnis dieser hier ge-
nannten Untersuchungen zu geeigneten
Plattformen Ende 2013 vorzulegen. Da ist
nichts spitzfindig, und da - -

Rainer Arnold (SPD): Wir wissen schon,
dass nicht entschieden ist. Ich bin einfach
sehr - -

Zeuge Rüdiger Wolf: Hier geht es nicht
ums Entscheiden, Herr Abgeordneter. In der
Ziffer 22 steht drin, dass jetzt erst mal diese
Plattformen untersucht werden müssen nach

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1005 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 144
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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einem geeigneten Weg, nämlich über ein
integriertes Projektteam, und da gehört auch
der Generalinspekteur hinein bzw. die Abtei-
lung SE und die Abteilung Planung und nicht
nur die AIN, um festzustellen, ob die Platt-
formen, die man identifiziert hat, alternative
Lösungen für die Fähigkeit „Euro Hawk auf
der Basis von Global Hawk“ sind. Das ist der
Weg, der hier beschrieben worden ist, und
der ist absolut nachvollziehbar und schlüssig.
Deswegen verstehe ich nicht, wie Sie zu
Ihrer Bewertung kommen.

Rainer Arnold (SPD): Weil ich mich ein-
fach wundere, dass Studien vorgelegt wur-
den, die hier auch benannt werden, und
beide Staatssekretäre sagen, das Ergebnis
der Studie kennen sie nicht, obwohl hier da-
rauf verwiesen wird. Das ist für mich ein
Stückchen weltfremd und lebensfremd. Ich
bin einfach erstaunt. Wir kennen das Ergeb-
nis. Uns hat es auch interessiert.

Zeuge Rüdiger Wolf: Herr Abgeordneter,
solche Einstufungen wie „weltfremd“, die
lasse ich nicht einfach so stehen. Es ist eine
Frage: Welche Grundlagen braucht man, um
welche Entscheidungen zu unterstützen bzw.
welchen Entscheidungen zuzustimmen? Hier
ging es darum, dass jemand gesagt hat,
dass er aus unterschiedlichen Quellen, unter
anderem Studien, bestimmte Plattformen
identifiziert hat, und dass er jetzt beschreibt,
wie er auf diesen Identifizierungen in einem
geordneten Weg unter Einbeziehung aller
zuständigen Stellen des Hauses zu Lö-
sungsvorschlägen, was Alternativen - -
kommen will. Für diese Entscheidung brau-
che ich nicht den Einblick in die Studie. Der
hätte sich seine Informationen auch weiß der
Himmel von wem kommen lassen können. Er
muss jetzt nämlich in dem geordneten Weg
vorgehen, den der CPM (neu) vorschreibt,
mit dem Fachverstand der Streitkräfte zu
untersuchen, welches die geeignete alterna-
tive Plattform ist, und das Ergebnis legt er bis
Ende - - vor. Warum er dafür eine Studie
braucht, verstehe ich nicht.

Rainer Arnold (SPD): Aber ich darf mich
schon auch wundern, wann ich es will, Herr
Staatssekretär, bei allem Respekt gegensei-
tig. - Danke schön.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
SPD keine weiteren Fragen mehr. FDP? -
Nein. Die Linke? - Herr Kollege Koch.

Harald Koch (DIE LINKE): Sie hatten ja
vorhin gesagt, dass in erster Linie das Sys-
tem ausgelegt ist, dann, wenn im Ausland
Einsätze stattfinden, dort auch aufzuklären,
luftgestützt fernaufzuklären. Aber dort könn-
ten sich ja auch Deutsche aufhalten, mit
ihren Mobilfunktelefonen, und kommunizie-
ren. Sie haben doch auch einen Daten-
schutzbeauftragten im Bundesverteidi-
gungsministerium, den Datenschutzbeauf-
tragten der Bundeswehr. Haben Sie den mit
einbezogen bei der Erarbeitung eines Daten-
schutzkonzeptes?

Zeuge Rüdiger Wolf: Beide Fragen:
nein, Herr Abgeordneter. Wenn es im
Einsatzgebiet im Ausland zu einer Daten-
erhebung von Deutschen im Ausland kom-
men sollte, dann ist eben besagte Funktion,
die ich beschrieben habe, dafür gedacht,
diese Datenerhebung sofort auszusortieren
und zu vernichten. Denn das militärische
Nachrichtenwesen ist kein Nachrichtendienst
und nicht befugt, im Ausland Daten über
Deutsche zu erheben.

Harald Koch (DIE LINKE): Deswegen ist
meine abschließende Frage dazu: Sind Sie
nicht der Meinung, dass Sie durch die Nicht-
einbeziehung der Datenschutzbeauftragten
und Nichterarbeitung eines Datenschutzkon-
zeptes gegen Vorschriften verstoßen?

Zeuge Rüdiger Wolf: Sie haben so for-
muliert, dass ich jetzt Ja sagen muss.

Harald Koch (DIE LINKE): Sie können
auch Nein sagen.

Zeuge Rüdiger Wolf: Nein, weil Sie ha-
ben gefragt, ob ich nicht der Auffassung bin.

Harald Koch (DIE LINKE): Ach so. Die
Negation der Negation. Okay.

(Lachen bei der CDU/CSU)

Zeuge Rüdiger Wolf: Also, ich bin nicht
dieser Auffassung.

Harald Koch (DIE LINKE): Okay.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Sind noch weitere Fragen? - Nein. Dann
gebe ich Bündnis 90/Die Grünen, dem Herrn
Kollegen Lindner, das Wort.

Drucksache 17/14650 – 1006 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 145
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Vielen Dank, Frau Vorsitzende. -
Herr Staatssekretär, ist Ihnen ein Gespräch
des Herrn Ministers mit den Haushalts-
berichterstattern der Koalitionsfraktionen vom
14.03. bekannt?

Zeuge Rüdiger Wolf: Mir ist lediglich die
Tatsache bekannt, dass ein solches stattge-
funden hat, ja

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie waren bei dem Gespräch
nicht anwesend?

Zeuge Rüdiger Wolf: Nein.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wissen Sie, wer außer dem
Herrn Minister und den Berichterstattern der
Koalition anwesend war?

Zeuge Rüdiger Wolf: Nein.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): MAT 73, Ordner 2, Seite 229 ff*.
Ich lege es Ihnen auch gerne vor, falls Ihnen
das Dokument nicht mehr erinnerlich ist. Es
geht hier um einen Vermerk zur Gesprächs-
vorbereitung an den Herrn Minister, den Sie
am 11.03. mitgezeichnet haben. Können Sie
mir sagen, Herr Staatssekretär Wolf, wer die
Formulierung - Zitat - „Die Zulassung des
Euro Hawk gestaltet sich als extrem schwie-
rig und risikobehaftet“ aus dem aktiven Teil
der Sprechempfehlung in den reaktiven Teil
verschoben hat?

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Er möchte die Vorlage.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das finden Sie - das Dokument
hat drei Seiten - auf der letzten Seite.

(Dem Zeugen wird ein Schriftstück
vorgelegt)

Zeuge Rüdiger Wolf: Auf der Vorlage,
Herr Abgeordneter, kann ich es Ihnen jetzt
leider nicht sagen, weil die Vorlage enthält
zweimal rot, und ich habe es nicht mehr in
Erinnerung, ob das jetzt eine Streichung von

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-73 BMVg zu BB 17-48,
Ordner 2, StS Beemelmans, Blatt 229 ff.

mir war oder von Herrn Beemelmans. Ich
würde aber an dieser Stelle sagen: Weil es in
Vorbereitung eines Gesprächs zu diesem
Zeitpunkt war, hätte ich es auch sein können.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Danke. Herrn Beemelmans war
das nämlich auch nicht mehr erinnerlich. -
Würden Sie - -

Zeuge Rüdiger Wolf: Aber ich will aus-
drücklich nicht ausschließen, dass ich es
war. Ich kann es sehr gut gewesen sein;
denn ich hätte die Streichung nachvollziehen
können.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aus welchem Grund hätten Sie
sie nachvollziehen können, wenn ich fragen
darf?

Zeuge Rüdiger Wolf: Weil ich zu dem
damaligen Zeitpunkt dieses Problem als nicht
für so wichtig ansah, dass der Minister es
aktiv anspricht.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Hätten Sie zum damaligen Zeit-
punkt - - Wir reden ja über den März des
Jahres 2013, und die Kollegin Brugger hat ja
vorhin gefragt, wann Sie ein Problem, jetzt
konkret auf das Euro-Hawk-Projekt ange-
sprochen, als „unlösbar“ bezeichnen würden.
Ich habe Sie so verstanden, dass Sie geant-
wortet haben: Sie haben es als unlösbar
eingeschätzt in dem Moment, in dem die
Musterzulassung der Serie auch mit einem
finanziellen Mehraufwand von 600 Millionen
Euro nicht sicher zu erreichen war. - Würden
Sie zum damaligen Zeitpunkt nach Ihrer
eigenen Definition heraus, wenn ich die rich-
tig verstanden habe, die Musterzulassung
der Serie schon als „unlösbar“ beschreiben,
im März 2013?

Zeuge Rüdiger Wolf: Wenn ich mich
nicht irre, war die Entscheidungsvorlage vom
27. März. Ich bin mir aber jetzt nicht mehr
ganz sicher.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aus welchen Gründen sind Sie
der Auffassung, dass Mitglieder des Deut-
schen Bundestages nicht aktiv darüber in-
formiert werden müssen, dass sich die Zu-
lassung des Euro Hawk als extrem schwierig

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1007 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 146
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

und risikobehaftet gestaltet? Weil das hat ja
gerade für Mitglieder im Haushaltsausschuss
dann doch Auswirkungen auf Finanzmittel,
die eventuell frei werden oder zusätzlich
benötigt werden würden.

Zeuge Rüdiger Wolf: Die Frage ist jetzt
schwierig für mich zu beantworten. Natürlich
ist es meine Verantwortung, auch die Mit-
glieder des Haushaltsausschusses des
Deutschen Bundestages, und zwar egal
welcher Fraktion, über haushaltsrelevante
Dinge in einem Vorhaben zu informieren. Ich
hatte Ihnen schon gesagt, dass ich nach
meinem Dafürhalten die Entscheidung zu
dem Thema als unlösbar erst später vorge-
legt bekam, und es bestand für mich hier
keine Veranlassung, dieses Problem anders
zu bewerten. Ich würde aber selbstverständ-
lich, wenn ich ein Problem für unlösbar halte
und es hat haushalterische Auswirkungen,
dies zu gegebener Zeit bei gegebenem An-
lass den Mitgliedern des Ausschusses vor-
tragen, natürlich.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie haben vorhin ausgeführt,
auch Ihre Verantwortlichkeit als Staats-
sekretär betreffend, den Haushaltsaus-
schuss - - dass Sie bei Vorlagen an den
Haushaltsausschuss, also bei 25-Mio.-Vorla-
gen, unter anderem neben der Schlüssigkeit
auch prüfen, ob eventuelle Risiken in diesen
Vorlagen hinreichend erwähnt sind. Aus wel-
chem Grund - wenn Sie das noch einmal
kurz darstellen könnten - sind Sie dann zum
Ergebnis gekommen, dass bei NATO AGS
im Mai 2012 Zulassungsrisiken in der 25-
Mio.-Vorlage nicht erwähnt werden müssen?

Zeuge Rüdiger Wolf: Weil es ein völlig
anderes Verfahren ist. Der Haushaltsaus-
schuss und die Berichterstatter waren von
mir sehr intensiv im Rahmen der Vorberei-
tung des Vorhabens im Rahmen der Pro-
grammvereinbarung auf diese unterschied-
lichen Beschaffungsverfahren eines NATO-
Vorhabens und eines nationalen Vorhabens
aufmerksam gemacht worden. Das Thema
der Zulassung steht allein in der Zuständig-
keit der NATO, weil die NATO dieses Vorha-
ben beschafft und betreibt. Die NATO hat
sich bei diesem Prozess darauf eingelassen,
hierfür Italien als Vertragspartei zu verpflich-
ten, und Italien ist dieser Verpflichtung nach-
gekommen. Das Vorhaben Global Hawk in
der Konfiguration AGS wird in Italien mit

einer italienischen Militärzulassung durch die
USA geflogen und in den Einsatz gebracht.
Von daher habe ich für dieses Vorhaben
NATO AGS kein Risiko aus den nationalen
Problemen der Zulassung für ein Euro-Hawk-
Programm entnehmen können, das von sei-
ner technischen Konfiguration mit dem AGS
Global Hawk nicht vergleichbar ist.

Ich habe das in anderer Form eingangs
schon einmal gesagt. Jetzt habe ich es noch
einmal so herum wiederholt.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): In seiner technischen Konfigura-
tion nicht vergleichbar?

Zeuge Rüdiger Wolf: Das ist exakt so.
Wobei ich jetzt wiederum - - Bitte, ich gebe
wieder, was mir Techniker gesagt haben. Der
NATO AGS ist ein sogenannter Global 40,
Block Global 40 oder Block 40. Der Euro
Hawk basiert auf einem Block-20-Modell.
Das Block-20-Modell wird, wenn ich das rich-
tig feststelle, von Northrop Grumman nicht
mehr hergestellt. Der Block 40 ist das tech-
nisch Neuwertigste auf der Basis von Global
Hawk, sodass die beiden - dazwischen liegt
dann Block 30, und ich weiß nicht, was
noch - - hat eine erhebliche Weiterentwick-
lung stattgefunden. Vor diesem Hintergrund
ist das ein zwar äußerlich weitestgehend
gleiches, aber technisch anderes Flugzeug.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich möchte Ihnen, bevor ich wei-
tergebe, noch eine letzte Frage stellen, dazu
auch einen Vorhalt machen: MAT 69, Ord-
ner 1*. Das ist eine Vorlage - die gebe ich
Ihnen auch gerne - an Herrn Staatssekretär
Beemelmans, die Rüstungsklausur am
01.03.2012 betreffend. Die Seite 133. Ich
warte einen Moment, bis sie bei Ihnen ist.

(Dem Zeugen wird ein Schriftstück
vorgelegt)

Sie sehen zwei rote Striche etwa zu Be-
ginn der unteren Hälfte der Seite. Da ist ein
Spiegelstrich in Rot markiert:

EUROHAWK FSD kann Fähig-
keitslücke nur ansatzweise schlie-
ßen. Kostensteigerungen stellen
Gesamtsystem zunehmend infrage.

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-69 BMVg zu BB 17-32,
Büro des Ministers, Ordner 1, Blatt 133.

Drucksache 17/14650 – 1008 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 147
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Sie haben ja vorhin auf Fragen der Kolle-
gin Keul ausgeführt, dass dem Herrn Minister
in der Klausur aber dann die Probleme als
lösbar dargestellt wurden. Ist das nicht ein
Widerspruch zu dem, was hier in der Vorbe-
reitung für den Herrn Minister steht, und
wenn ja, warum nicht?

Zeuge Rüdiger Wolf: Nein, also, dieser
ganz kurze Gedankenaustausch zum Euro
Hawk in der Besprechung selber bezog sich
auf ein Zulassungsproblem und ein verän-
dertes Zulassungsverfahren, das heißt von
der AIN weg, zur Luftwaffe hin. Dieser Spie-
gelstrich bezieht sich auf ein völlig anderes
Szenario, nämlich: Full Scale Demonstrator -
das ist ja der Demonstrator -, wofür ist der
verwendbar? - Und was schreibt man hier?
Für die „Fähigkeitslücke nur ansatzweise“.
Das ist mit ein Grund, wenn Sie so wollen,
weswegen der Generalinspekteur sich gegen
die Vier-Jahres-Lösung gewandt hat.

Kostensteigerungen stellen Ge-
samtsystem zunehmend infrage.

Bedeutet nichts anderes als das, was uns
zu diesem Zeitpunkt schon bekannt war und
immer bekannt ist, nämlich dass in dem Vor-
haben seit seinem quasi ersten Vertrag über
elf Änderungsverträge, und davon eine 25-
Mio.-Vorlage, Kostensteigerungen eingetre-
ten sind. Und es kann sein - da bin ich jetzt
aber überfragt -, dass darin möglicherweise
auch das Kostenrisiko der Musterzulassung
enthalten ist. Aber hier steht nur „Kostenstei-
gerungen“. Deswegen weiß ich nicht, ob das
stimmt, was ich hier interpretiere.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Die Zeit ist um. CDU/CSU-Fraktion? - Nein.
SPD? - Nein. FDP? - Nein. Linke? - Herr
Kollege Schäfer.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Noch
mal ein Vorhalt: MAT 78 A, BB 17-52, die
Ziffer 18 dort.*

(Dem Zeugen wird ein Schriftstück
vorgelegt)

Das ist auch noch mal die Rüstungsabteilung
AIN V 5, 27.03., an Staatssekretär Beemel-
mans über Staatssekretär Wolf zur Entschei-
dung. Wir erinnern uns: 27.03.2013. Da steht

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-78 A BMVg zu BB 17-52,
AIN V 5, Ordner 56, Blatt 22.

unter Ziffer 18 - und das hat mich jetzt etwas
in Verwirrung gebracht, und da wollte ich von
Ihnen einfach noch mal eine Erläuterung
erbitten -:

Alternative Lösungen zur Reduzie-
rung der Fähigkeitslücke z. B. auf
Basis des Leasings zweier Luftfahr-
zeuge … wurden ebenfalls unter-
sucht. Dabei wurde festgestellt,
dass eine mit ISIS vergleichbare
Leistungsfähigkeit nicht erreicht
wird und eine Datenbereitstellung in
Echtzeit nicht …

erreicht wird. - Ich habe das letzte Wort nicht
drin, aber Sie haben ja den Text. Aber der
Sachverhalt ist ja klar.

Das hatte ich so noch nie gehört. Ist
Ihnen das - - Also, das war ja eine Vorlage,
die ja auch über Sie gegangen ist, für den
Entscheidungsprozess. Hatten Sie das da
wahrgenommen, also dieses Leasingverfah-
ren von zwei Luftfahrzeugen?

Zeuge Rüdiger Wolf: Also, ob ich das
jetzt bewusst im Kopf hatte, weiß ich nicht.
Hier steht es jedenfalls drin, und die Vorlage
ist ja von Herrn Arnold schon mal zitiert wor-
den, die mich dazu veranlasst hat, die Frage
durch den Generalinspekteur prüfen zu las-
sen, ob er auf Alternativen Wert legt oder die
Alternativlösung „vier Jahre“ gutheißt oder
nicht.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Keine weiteren Fragen mehr? - Dann Bünd-
nis 90/Die Grünen. Frau Kollegin Brugger.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Vielen Dank. - Nur noch ganz
kurz. Ich muss noch einmal wegen AGS,
Global-Hawk-Block-40-Zulassung nachfra-
gen, weil wir auch schon mehrfach in ver-
schiedensten Zusammenhängen gehört ha-
ben, wie groß sozusagen da auch der Druck
in den USA war, den Global Hawk insgesamt
schnell in den Einsatz zu bringen, und dort
eben gewissen Dokumentationserfordernis-
sen nicht nachgekommen werden konnte
aufgrund des Zeitdrucks. Und wenn ich das
richtig verstanden habe, dann ist sozusagen
die amerikanische Zulassung nicht eben
aufgrund der NATO-Standards erfolgt, und
das wurde hier ein bisschen so geschildert.

Also, nur dass ich es richtig verstanden
habe: Sie sagen jetzt aber doch: „Der wird so
zugelassen, dort sind alle Erfordernisse und

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1009 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 148
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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alle Dokumentationen da, und deshalb müs-
sen wir uns um die Zulassung da keine Sor-
gen machen“?

Zeuge Rüdiger Wolf: „Keine Sorgen ma-
chen“, würde ich nicht so weit gehen, aber
jedenfalls nicht in der Qualität, die wir hier im
Zusammenhang mit Euro Hawk bezeichnen.
Denn ja - ich beantworte Ihre Frage eindeutig
mit Ja -, der Global Hawk Block 40 der Ame-
rikaner, also der US Global Hawk, wird in
dieser Konfiguration mit einer italienischen
Militärzulassung in Sigonella geflogen und in
den Einsatz gebracht.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wie genau speisen - - Also, weil
es wurde ja auch schon angesprochen, dass
wir jetzt sozusagen nach der deutschen
Euro-Hawk-Entscheidung unsere Informatio-
nen und unsere Kenntnisse dann auch den
Partnern übermitteln. Wie genau machen wir
das, und wo besteht da noch die Notwendig-
keit, wenn doch um den Global Hawk Block
40 dann alles sozusagen viel einfacher ist?

Zeuge Rüdiger Wolf: Es gibt zwei Fach-
ebenen, in denen wir unsere Informationen
oder unsere Erkenntnisse aus Euro Hawk mit
den NATO-Partnern in Einklang - - oder tei-
len. Das eine ist das schon beschriebene
Board of Directors. In ihm sitzt der Referats-
leiter AIN, der auch für den Euro Hawk zu-
ständig ist: Der sitzt im Board of Directors der
NAGSMA und sorgt hier für einen entspre-
chenden Informationsaustausch. Die zweite
entschiedene, von mir gegenüber dem stell-
vertretenden NATO-Generalsekretär vorge-
schlagene Lösung ist die ständige Kontakt-
aufnahme der National Armaments Directors,
der NADs, also der Rüstungsdirektoren, die
sich ebenfalls über den jeweiligen Erkennt-
nisstand Euro Hawk bzw. AGS austauschen.
Und wie ich den Minister kenne, wird er das
Thema jedes Mal bei einer NATO-Rats-
sitzung thematisieren.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Dann bin ich mir nicht sicher, ob
ich vorhin bei Ihrem Eingangsstatement das
mir richtig notiert hatte. Sie haben davon
gesprochen, dass der GI an der Entschei-
dung vorerst nicht beteiligt war und Sie das
im Nachhinein verfügt haben, 10. April. Habe
ich das richtig verstanden?

Zeuge Rüdiger Wolf: Das ist richtig, ja.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wer hat es versäumt, den Gene-
ralinspekteur der Bundeswehr an der Stelle
einzubinden?

Zeuge Rüdiger Wolf: Wer das jetzt ge-
nau war, weiß ich nicht. Es hätte jedenfalls
auf Referatsebene schon erfolgen müssen.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Um welches Referat es sich han-
delt, können Sie jetzt nicht mehr erinnern?

Zeuge Rüdiger Wolf: Das Referat, das
die Vorlage verfasst hat: AIN - -

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Okay. - Und dann eine letzte
Frage, die auch noch mal ein bisschen da
anknüpft, was der Kollege Bartels schon
gefragt hat, weil der Minister hat ja dieses
Statement mit der „richtigen Entscheidung
zum richtigen Zeitpunkt“, nur „fehlerhaft“
getroffen, ja auch durchaus im Ausschuss
und in der Bundespressekonferenz so ge-
äußert und hat ja auch durchaus verschie-
denste Maßnahmen jetzt in Aussicht gestellt,
was sich in Zukunft ändern soll, nämlich dass
man im Controlling noch mal schauen
möchte und noch verbessern möchte, dass
man das Parlament anders unterrichten
möchte an der Stelle. Sie haben ja jetzt vor-
hin gesagt, Sie sehen zum Beispiel bei der
Unterrichtung des Parlaments keine Ver-
säumnisse. Gehe ich dann richtig in der An-
nahme, dass Sie die Notwendigkeit dieser
vorgeschlagenen Maßnahmen auch nicht
sehen?

Zeuge Rüdiger Wolf: Die Information
des Parlaments zu verstärken und zu inten-
sivieren, ist nie falsch, und ich kann deswe-
gen die Entscheidung des Ministers voll mit-
tragen. Die Frage war jetzt ja nur in diesem
Zusammenhang: Haben wir das Parlament
nicht vollständig unterrichtet? - Und das
würde ich also für mich jedenfalls nicht be-
haupten.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Okay. - Für eine Frage der Kol-
lege Nouripour.

Drucksache 17/14650 – 1010 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

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Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Herr Staatssekretär Beemelmans
hat ja vorhin dargelegt, dass der Minister sich
eine andere Information von ihm gewünscht
hätte und deshalb ihn kritisiert hätte. Wurden
Sie auch vom Minister kritisiert?

Zeuge Rüdiger Wolf: Ich ziehe den
Schuh selbstverständlich an. Ich war mitver-
antwortlich für diese Vorlage.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Nein, nein, das war nicht meine
Frage, sondern die Frage war, ob der Minis-
ter Sie auch kritisiert hat?

Zeuge Rüdiger Wolf: In gleicher Weise
wie den Kollegen Beemelmans.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Und wie sah das aus?

Zeuge Rüdiger Wolf: Sie haben ja die
Konsequenzen, sein Statement vorgelesen;
genau so.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Informell zum Beispiel, im infor-
mellen Gespräch.

Zeuge Rüdiger Wolf: Der Minister hat als
Ergebnis seiner Bewertung der Ad-hoc-Ar-
beitsgruppe eine Erklärung abgegeben, und
diese Erklärung enthält Kritik an seiner In-
formation, wenn ich das recht erinnere. Also
richtet sich diese Kritik an seine gesamte - -
an die Spitze, die für diese Vorlage Verant-
wortung getragen hat.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Also, die Kritik des Ministers an
Ihrer Person ist über die Bundespressekonfe-
renz erfolgt. Richtig? Gab es auch ein ande-
res Medium?

Zeuge Rüdiger Wolf: Nein.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich wollte noch eine letzte Frage
stellen. Sie haben vorhin zum Thema AGS
gesagt: „Wie ich den Minister kenne“, hat er
sicher laufend das Thema angesprochen.
Wie meinen Sie das? - Sie haben das eben
gerade auf die Frage von Kollegin - -

Zeuge Rüdiger Wolf: Mein letzter Satz? -
Okay.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): „Wie ich den Minister kenne ...“

Zeuge Rüdiger Wolf: Ich hatte Ihnen
zwei Ebenen beschrieben, auf Bitte von Frau
Abgeordnete Brugger, wie wir unsere Infor-
mationen zu Euro Hawk in das AGS-Verfah-
ren einbringen, und in diesem Zusammen-
hang hatte ich angemerkt: „Und wie ich den
Minister kenne“, wird er zukünftig in NATO-
Ratssitzungen Euro Hawk immer ansprechen
bei AGS.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Meine Frage war: „Wie ich den
Minister kenne“, was bedeutet das?

Zeuge Rüdiger Wolf: Das ist ein - -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ist das jetzt sozusagen ein Zei-
chen von Solidität, Gründlichkeit?

Zeuge Rüdiger Wolf: Ja, genau das.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aber so viel Solidität und Gründ-
lichkeit, da stellt sich mir die Frage: Wenn er
eine Informationsmappe für einen Besuch in
Manching hat, in der glasklar, sehr deutlich
steht, dass die Probleme sehr, sehr gravie-
rend sind, ist das mit dieser Gründlichkeit
und damit, wie Sie ihn kennen, vereinbar,
dass er das Thema überhaupt nicht an-
spricht, obwohl er das in seiner Infomappe
hat?

Zeuge Rüdiger Wolf: Also, da bitte ich
um Nachsicht. Das ist doch keine Frage, die
Sie an mich als Zeuge richten können. Das
ist eine Frage der Bewertung. Ich habe - -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): „Wie ich ihn kenne“ ist ja auch
eine Bewertung. Deshalb - -

Zeuge Rüdiger Wolf: Ich habe zu der
Frage, wie der Minister nach meiner Auffas-
sung zukünftig mit diesem Vorhaben um-
gehen wird, meine Vermutung geäußert, ja.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Herzlichen Dank.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1011 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 150
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Keine weiteren Fragen mehr? - Dann, Herr
Staatssekretär, darf ich Sie noch mal darauf
hinweisen, dass Ihnen nach Fertigung des
Protokolls dieses für mögliche Korrekturen
vom Sekretariat übersandt wird. Zuletzt erin-
nere ich Sie daran, dass nach § 26 Abs. 2
PUAG der Untersuchungsausschuss durch
Beschluss feststellt, dass die Vernehmung
des Zeugen abgeschlossen ist. Die Ent-
scheidung darf erst ergehen, wenn nach
Zustellung des Vernehmungsprotokolls zwei
Wochen verstrichen sind oder auf die Ein-
haltung dieser Frist verzichtet wird.

Herr Staatssekretär, ich bedanke mich für
Ihr Kommen, wünsche Ihnen alles Gute.

Zeuge Rüdiger Wolf: Frau Vorsitzende,
meine Damen und Herren, herzlichen Dank.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Bitte schön. - Wir unterbrechen die Sitzung
jetzt für zehn Minuten. Zehn vor sieben ma-
chen wir mit dem Generalinspekteur dann
weiter.

(Unterbrechung von
18.40 bis 18.54 Uhr)

Drucksache 17/14650 – 1012 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 151
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr General, ich begrüße Sie sehr herzlich
im Namen des Untersuchungsausschusses,
und, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich
setze die unterbrochene Sitzung fort.

Wir kommen nun zur Vernehmung des
Zeugen General Volker Wieker.

Vernehmung des Zeugen
Volker Wieker

Herr General, ich weise Sie darauf hin,
dass die Sitzung aufgezeichnet wird. Dies
dient ausschließlich dem Zweck, die steno-
grafische Aufzeichnung der Sitzung zu er-
leichtern. Die Aufnahme wird später gelöscht.
Das Protokoll dieser Vernehmung wird Ihnen
nach Fertigstellung zugestellt. Sie haben
anschließend die Möglichkeit, Korrekturen
und Ergänzungen vorzunehmen.

Herr General, Sie sind mit Schreiben vom
27. Juni 2013 geladen worden. Das Beweis-
thema ist Ihnen mit dem Untersuchungsauf-
trag und dem Beweisbeschluss zugegangen.
Der Beweisbeschluss ist Ihnen und den Mit-
gliedern bekannt. Auf eine Verlesung kann
daher verzichtet werden. Die erforderliche
Aussagegenehmigung liegt den Ausschuss-
mitgliedern als Tischvorlage vor.

Herr General, nach den Vorschriften der
Strafprozessordnung, die im Untersuchungs-
verfahren sinngemäß Anwendung finden,
und den Vorschriften des Gesetzes zur Re-
gelung des Rechts der Untersuchungsaus-
schüsse des Deutschen Bundestages - im
Folgenden verwende ich die Abkürzung
PUAG - muss ich Sie zunächst belehren. Sie
sind als Zeuge verpflichtet, die Wahrheit zu
sagen. Ihre Aussagen müssen daher richtig
und vollständig sein. Sie dürfen nichts weg-
lassen, was zur Sache gehört, und nichts
hinzufügen, was der Wahrheit widerspricht.

Ich habe Sie außerdem auf die möglichen
strafrechtlichen Folgen eines Verstoßes
gegen die Wahrheitspflicht hinzuweisen.
Danach kann derjenige, der vor dem Unter-
suchungsausschuss uneidlich falsch aus-
sagt, gemäß § 153 des Strafgesetzbuches
mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu
fünf Jahren bestraft werden.

Nach § 22 PUAG können Sie die Aus-
kunft auf solche Fragen verweigern, deren
Beantwortung Sie selbst oder Personen, die
im Sinne des § 52 Abs. 1 Strafprozessord-
nung Ihre Angehörigen sind, in die Gefahr
bringen würde, einer Untersuchung nach

gesetzlich geordnetem Verfahren ausgesetzt
zu werden.

Sollten Teile Ihrer Aussage aus Gründen
des Schutzes von Dienst-, Privat- oder Ge-
schäftsgeheimnissen nur in einer nach der
Geheimschutzordnung des Deutschen Bun-
destages eingestuften Sitzung möglich sein,
bitte ich Sie um einen Hinweis, damit eine
entsprechende Einstufung erfolgen kann. Ich
möchte in diesem Zusammenhang daran
erinnern, dass im Falle einer Einstufung der
Vernehmung mit einem Geheimhaltungsgrad
VS-Vertraulich oder höher ein Wechsel des
Sitzungssaals erforderlich wird. Daher
möchte ich Sie bitten, etwaige Verneh-
mungsteile, die einer entsprechenden Ein-
stufung bedürfen, gesammelt am Ende der
Vernehmung zur Sprache zu bringen.

Nachdem ich Ihnen den Gegenstand der
Vernehmung erläutert, Sie zur Wahrheit er-
mahnt und belehrt habe, komme ich nun zur
Vernehmung zur Person. Herr General, bitte
nennen Sie Ihren Namen, Ihren Familien-
stand und Ihren Wohnort.

Zeuge Volker Wieker: Ich heiße Volker
Wieker, bin verheiratet, zwei Kinder, und lebe
in Ganderkesee im Landkreis Oldenburg.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich komme nun zur Vernehmung zur Sache.
Herr General, zunächst gebe ich Ihnen die
Gelegenheit, dem Ausschuss das im Zu-
sammenhang darzulegen, was Ihnen von
dem Gegenstand der Vernehmung bekannt
ist. Anschließend erhalten die Mitglieder des
Ausschusses in einer festgelegten Reihen-
folge das Wort.

Sollten Teile Ihrer Aussage aus Gründen
des Schutzes von Dienstgeheimnissen nur in
einer höher eingestuften Sitzung möglich
sein, bitte ich Sie erneut um einen Hinweis,
damit eine entsprechende Einstufung erfol-
gen kann. - Bitte schön, Herr General, Sie
haben das Wort.

Zeuge Volker Wieker: Vielen Dank, Frau
Vorsitzende. - Meine Damen und Herren
Abgeordnete, Sie haben bis heute durch
Eingangsstatements wie auch als Ergebnis
der anschließenden Befragung alle relevan-
ten Perspektiven aus Sicht der Betroffenen
erfahren. Das gilt auch für den militärischen
Bedarfsträger durch die Einlassung meines
Vorgängers General Schneiderhan. Ich
möchte mich daher kurzfassen und auf des-
sen Ausführungen in der Sache aufsetzen.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1013 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 152
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Nach Übernahme der Dienstgeschäfte am
22. Januar 2010 erhielt ich zeitnah eine
mündliche Einweisung in alle bedeutenden
Entwicklungs- und Beschaffungsprojekte. Im
Bereich UAS wurde diese Einweisung zu-
sätzlich verdichtet durch den Sachstands-
bericht UAS, der unter dem Datum 30. März
2010 und mit Zeichnung aller relevanten
Abteilungen des Hauses dem damals ver-
antwortlichen Staatssekretär Dr. Otremba
vorgelegt wurde. Darin wurde auch der
Sachstand zum Projekt Euro Hawk beschrie-
ben. Es heißt darin:

Der Musterprüf- und Musterzulas-
sungsprozess für das UAS EURO
HAWK erfolgt gemäß ZDv 19/1 mit
dem Ziel einer Zulassung für den
allgemeinen Luftverkehr. Euro
HAWK wäre am Ende dieses Pro-
zesses das erste komplexe UAS mit
einer derartigen weitreichenden
Verkehrszulassung. DEU würde
damit in dieser wehrtechnischen
Kernfähigkeit eine führende Posi-
tion im Bereich UAS einnehmen.

Allerdings ist dieser Zulassungspro-
zess mit einem mittleren techni-
schen Risiko verbunden, welches in
Konsequenz auch weitere zeitliche
und finanzielle Risiken einschließt,
die derzeit nicht beziffert werden
können und maßgeblich von der ...
Kooperation mit den USA in diesem
Punkt abhängig sind.*

Während also einerseits unverändert die
Zielsetzung einer Zulassung für den allge-
meinen Luftverkehr bestand und als einzig-
artig herausgestellt wurde, erfolgte anschlie-
ßend der Hinweis auf ein mittleres techni-
sches Risiko im Zulassungsprozess. Dieser
Sachverhalt wird von mir deswegen erwähnt,
weil er recht zutreffend meine Lagefeststel-
lung bei Übernahme der Aufgabe beschreibt.
Auf jeden Fall war für mich zu diesem Zeit-
punkt noch nicht erkennbar, dass die am
Anfang des Projekts stehende Fähigkeits-
lücke durch die Hauptabteilung Rüstung nicht
zeitgerecht geschlossen werden kann.

Verfahrenstechnisch wechselt im CPM
2010 die Verantwortung mit Unterzeichnung
und Billigung der „Abschließenden funktio-
nalen Forderung“ 2004 zur Realisierung auf
den Projektleiter im BWB. Allerdings hatte ich

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-78 B BMVg zu BB 17-52,
AIN V 5, Ordner 23, Blatt 410.

durchaus den Eindruck, dass die Aussagen
der Weise-Kommission in ihrem Bericht vom
Oktober 2010 zutreffen. Es heißt darin: Der
CPM „hat sich grundsätzlich bewährt“, ist
jedoch „in der konkreten Umsetzung“ cha-
rakterisiert durch „einen langwierigen kon-
sensualen Abstimmungs- und Entschei-
dungsprozess“, „zersplitterte Verantwortlich-
keiten und Kompetenzbereiche und dadurch
insgesamt intransparente Prozesse sowie
schwerfällige Kommunikationsstrukturen“.
Diese Feststellung war im Rahmen der Neu-
ausrichtung der Bundeswehr Anlass zu einer
Novellierung des Beschaffungsprozesses.

Lassen Sie mich daher abschließend
nochmals auf die Fähigkeitslücke eingehen.
Die im System „Signalerfassende, luftge-
stützte, weiträumige Überwachung und Auf-
klärung“ gewonnenen Aufklärungsergebnisse
liefern einen signifikanten Beitrag für zeitkriti-
sche Beiträge für die militärische bzw. mili-
tärpolitische Lagefeststellung im Rahmen
des Krisenmanagements, den Schutz eige-
ner oder verbündeter Truppen, zum Beispiel
durch Warnmeldung über Bedrohungssig-
nale, und die umfassende Unterstützung des
elektronischen Kampfes und somit die Sys-
temeinstellungen eigener Abwehr- und Waf-
fensysteme. SIGINT ist also ein sogenannter
Force Multiplier. Der verzögerte Zulauf dieser
luftgestützten Plattform führt zur Nichtverfüg-
barkeit dieser geforderten Fähigkeit und hat
Auswirkungen auf die Einsatzbereitschaft der
Bundeswehr.

Diesem Umstand habe ich unter anderem
dadurch Rechnung getragen, dass ich zum
Beispiel der NATO das Waffensystem Tor-
nado in der Version SEAD, das ist Suppres-
sion of Enemy Air Defenses, als System
gegen radargestützte Flugabwehrsysteme
vorsorglich nicht mehr als Beitrag zur NATO
Response Force angezeigt habe. Allein die-
ses Beispiel unterstreicht die Bedeutung
dieser Fähigkeit, auf die ich nicht leichtfertig
verzichten kann. Sie berührt nachhaltig un-
sere Bündnisfähigkeit und meine Verant-
wortung für den Schutz der eingesetzten
Soldaten.

Ich möchte hierzu ein Beispiel aus dem
Einsatz im Kosovo in der Anfangsoperation
1999 anführen. Dort bestand eine signifi-
kante Bedrohung durch die Abwehrsysteme
SA-2, -3 und -6 - das sind radarbasierte Luft-
abwehrsysteme - sowie SA-7 im Infrarot- und
UV-Bereich. Wir haben nahezu im zweitägi-
gen Rhythmus eine Feinjustierung unserer
Systeme vorgenommen und haben uns bei

Drucksache 17/14650 – 1014 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 153
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

der Bekämpfung dieser Systeme nicht auf
das Erfassungsradar, sondern erst nach
Übergabe auf das sogenannte Zielverfol-
gungsradar präzise parametrisieren können
und damit eben solche Dinge ausschließen
können wie ein Abschalten des gegnerischen
Radars dann nicht zu einer Suche nach
einem neuen Abstrahlpunkt - - wie zum Bei-
spiel bei einigen irregeleiteten HARM-Rake-
ten ja vorgekommen ist, wie Sie sich erin-
nern. Genau das haben wir damit vermeiden
können. Daher ist diese Fähigkeit unerläss-
lich zu einer Feinjustierung und Parametrisie-
rung der eigenen Systeme.

Die industrieseitige Erprobung ISIS im
Entwicklungsstand Full Scale Demonstrator
kann im Rahmen der derzeitig vertraglich
vereinbarten Laufzeit mit Endtermin 31. Juli
nicht qualifiziert abgeschlossen werden. Ein
qualifizierter Abschluss ist aber erforderlich,
um eine belastbare Auswertung und Bewer-
tung zum Erfüllungsgrad der vertraglich ver-
einbarten technischen Spezifikationen geben
zu können. Zudem dient der qualifizierte
Abschluss zur Risikominderung bei einer
Weiterverwendung von ISIS, die geplant ist. -
Danke schön.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön. - Wir haben - das habe ich
Ihnen schon gesagt - ein festes Zeitbudget.
Davon stehen der CDU/CSU 23 Minuten, der
SPD 14 Minuten, der FDP 9 Minuten und der
Linken und den Bündnisgrünen je 7 Minuten
zur Verfügung. - Ich gebe das Wort dem
Kollegen Silberhorn, CDU/CSU-Fraktion.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Vielen
Dank, Frau Vorsitzende. - Herr General, Sie
haben schon etwas erläutert, um welche
Fähigkeit es Ihnen geht. Ich will dennoch
noch einmal die präzisierende Nachfrage
stellen: Braucht Deutschland Drohnen?

Zeuge Volker Wieker: Natürlich braucht
Deutschland Drohnen. Sie führt sie ja auch
seit über zwei Jahrzehnten in ihrem Bestand.
Es begann mit der CL-89, einer Artillerie-
unterstützungsdrohne, Aufklärungsdrohne im
gesamten Artillerieverbund. Das fand seine
Fortsetzung mit der CL-289 und dann eine
große Weiterung in der Breite von Kleinst-
systemen, sogenannten Minidrohnen, bis
zum besagten Euro Hawk, der die Dimension
eines Passagierflugzeuges hat.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Wo ge-
nau werden diese Drohnen in geografischer
Hinsicht eingesetzt?

Zeuge Volker Wieker: In den Einsatz-
gebieten der Bundeswehr und zu Übungs-
zwecken natürlich auf dafür vorgesehenem
Übungsgelände in Deutschland.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): In
Deutschland sind also keine weiteren Ein-
satzzwecke für Drohnen vorgesehen als
Übungszwecke?

Zeuge Volker Wieker: Nein, natürlich
nicht.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Braucht
Deutschland unbemannte Drohnen?

Zeuge Volker Wieker: Ich war in Ihrer
ersten Frage davon ausgegangen, dass wir
unter dem Begriff „Drohnen“, der mir persön-
lich nicht besonders gefällt, -

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Unbe-
mannte Systeme, ja.

Zeuge Volker Wieker: - über unbe-
mannte Systeme reden.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Ja. -
Die Fähigkeitslücke, die mit den Drohnen
geschlossen werden soll, wird, wenn ich es
richtig sehe, größer, wenn die Euro-Hawk-
Serie nicht beschafft wird. Wie sollte diese
Fähigkeitslücke aus Ihrer militärischen Sicht
geschlossen werden?

Zeuge Volker Wieker: Sie wird nicht
größer. Sie ist bereits da. Und ursprüngliche
Absicht war, sie genau durch dieses System
zu schließen. Nach dem jüngsten Erkennt-
nisstand müssen wir uns nun nach einer
Alternative umschauen.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Wel-
ches Fähigkeitsprofil haben Sie entwickelt,
um eine solche Alternative auszuwählen?

Zeuge Volker Wieker: Noch gar keins.
Es geht zunächst einmal darum, unsere Er-
kenntnisse aus diesem Projekt so zusam-
menzufassen, dass wir die Fähigkeitsforde-
rung präzise so definieren, dass sie auch mit

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1015 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 154
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

einer realistischen Erwartung erfüllt werden
kann.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Was
die technische Leistungsfähigkeit eines sol-
chen Systems angeht, würden Sie es zu
Ihrem Fähigkeitsprofil weiterhin zählen, dass
ein solches System für die Teilnahme am
allgemeinen Luftverkehr zugelassen werden
muss?

Zeuge Volker Wieker: Nein, denn es
wäre eine hypothetische Forderung. Die For-
derung zur Teilnahme am allgemeinen Luft-
verkehr hat gegenwärtig weder einen recht-
lichen Rahmen noch ein Regelungswerk und
eine auf diesem Regelungswerk fußende
Spezifizierung des technischen Anforde-
rungsprofils bzw. der technischen Umset-
zung. Sie können eine solche Forderung
stellen. Sie ist aber gegenwärtig nicht sach-
lich unterlegbar. Es muss dazu zunächst ein
Abstimmungsprozess darüber stattfinden,
welche Regeln für eine Teilnahme am allge-
meinen Luftverkehr - und zwar nicht nur na-
tional, sondern auch international - gültig
sind.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Was
sind Ihre Anforderungen hinsichtlich der zeit-
lichen Verfügbarkeit eines solchen Aufklä-
rungssystems?

Zeuge Volker Wieker: So schnell wie
möglich.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Welche
Priorität oder welche Dringlichkeit hat die
zeitliche Verfügbarkeit aus Ihrer Sicht im
Vergleich zu anderen Parametern wie der
technischen Leistungsfähigkeit oder den
Kosten?

Zeuge Volker Wieker: Das ist insgesamt
in genau dem von Ihnen beschriebenen
Spannungsfeld abzuwägen. Die Fähigkeits-
lücke besteht seit nunmehr drei Jahren. Noch
in 2011 konnte ich die von mir beschriebene
ECR-Fähigkeit im NRF-Verbund anzeigen,
weil ich mich noch auf eine sogenannte
Electronic Library abstützen konnte, die über
das System Breguet Atlantic angelegt wer-
den konnte und in 2011 noch hinreichend
aktuell war. Ein solches Datenwerk besteht in
der gebotenen Aktualität seitdem nicht mehr

und daher auch nicht die entsprechende
Kalibrierungsmöglichkeit für meine Systeme.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Darf ich
noch nachfragen? - Haben Sie Erkenntnisse
über Kosten von alternativen Trägersyste-
men für das im Abschluss der Entwicklung
befindliche Aufklärungssystem ISIS?

Zeuge Volker Wieker: Nein. Das halte
ich auch für viel zu verfrüht. Sie müssen ja
zunächst einmal die Plattform bewerten.
Dann geht es um die Integrationsleistung.
Dann geht es um den tatsächlichen Aufklä-
rungswert, der ja immer eine Funktion von
Flughöhe, Stehzeit etc. ist. Das alles müssen
Sie im Verbund bewerten gegenüber der
zeitlichen Verfügbarkeit und natürlich dem
Kostenrahmen. Auch der Kostenrahmen ist
ja durchaus beschränkt, indem wir uns selbst
verpflichtet haben, ihn nicht über das Maß
hinaus, das für die Serienbeschaffung Euro
Hawk veranschlagt war, zu strapazieren.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Können
Sie uns eine Bewertung abgeben über die
bisherigen Erfahrungen mit dem Aufklä-
rungssystem ISIS?

Zeuge Volker Wieker: Nein.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Können
Sie uns eine Einschätzung geben, was man
mit dem beschafften Euro Hawk als Full
Scale Demonstrator nach Abschluss der
Erprobungsphase tun sollte?

Zeuge Volker Wieker: Nein. Das ist ver-
früht, und zwar deswegen verfrüht, weil der
qualifizierte Nachweis der Leistungsfähigkeit
dieser Integrationslösung nach unserer Er-
wartung erst Ende September dieses Jahres
erbracht werden kann. Deswegen habe ich
mich zunächst auch einer operationellen
Weiterverwendung des Systems verschlos-
sen, weil ich genau diese Bewertung zu-
nächst brauche, um das qualifiziert bewerten
zu können.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Würde
es für eine operationelle Weiterverwendung
dieses Euro Hawk, des beschafften De-
monstrators, aus militärischer Sicht Sinn
machen, ihn außerhalb Deutschlands, in den
USA oder beispielsweise in Italien, zu statio-
nieren?

Drucksache 17/14650 – 1016 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 155
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Volker Wieker: Primär nicht. Ich
weiß nicht, ob Ihnen von meinen Vorrednern
vorgetragen wurde, dass wir bei dieser
Plattform Einschränkungen im Winterbetrieb,
bei Vereisungsgefahr etc. haben. Das würde
eine Nutzung über die Wintermonate insbe-
sondere in Deutschland einschränken. Das
sehe ich aber gegenwärtig als einzigen
Grund, der dagegen spräche.

Ich will jetzt nicht in diesem Zusammen-
hang Ihrer Frage insbesondere auf die weite-
ren Abhängigkeiten und Einschränkungen
eingehen. Das ist zum Beispiel die gesamte
Missionsplanung in Abstützung auf ein US-
System. Das bezeichnet man mit AFMSS, Air
Force Mission Support System. Das heißt,
unsere Erwartung, dass auch ein solches
Missionsplanungssystem zeitgerecht geliefert
werden kann mit dem Full Scale Demon-
strator, hat sich nicht erfüllt. Jetzt arbeitet
man daran. Die früheste Perspektive liegt
jenseits des Jahres 2017, 2018. Wir spre-
chen dabei von einem sogenannten Joint
Mission Planning System. Das war gegen-
wärtig noch nicht exportfähig aus den USA.

All das beschreibt im Grunde Einschrän-
kungen in der Peripherie des FSD, die ich bei
einer solchen Bewertung mit ins Auge fassen
muss.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Kollege
Grübel würde weiterfragen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Herr Gene-
ral, können Sie mal ganz anschaulich erklä-
ren: Welche Bedeutung haben diese Aufklä-
rungsdrohnen für unsere Soldaten im Ein-
satz? Was hieße es, ohne Drohnen in den
Einsatz zu gehen? Oder was heißt es mög-
licherweise für den Rückzug, zum Beispiel
konkret aus Afghanistan, über Aufklärungs-
drohnen nicht zu verfügen, optisch wie sig-
nalerfassend?

Zeuge Volker Wieker: Sie haben im
Grunde in Ihrer Frage bereits eine kleine
Kategorisierung vorgenommen, und ich
empfehle, dass man sich tatsächlich die un-
terschiedlichen Bereiche anschaut. Tatsäch-
lich stufen wir ab zwischen der Sensorik, die
wir in Satelliten installiert haben als strate-
gisches Aufklärungsmittel, darunter die so-
genannten HALE - dazu zählt auch der Euro
Hawk -, High Altitude, also hohe Flughöhe
oberhalb des Spektrums, das im allgemeinen
Luftverkehr genutzt wird, Long Endurance,
also lange Stehzeit, mindestens 24 Stunden

über dem Einsatzgebiet, darunter dann die
sogenannten MALE. Dazu zählen Systeme
wie der Heron 1, den wir in Afghanistan nut-
zen, oder auch das US-System Predator
oder das israelische, fortgeschrittenere Sys-
tem Heron TP. Und darunter sprechen wir
von Klein- und Kleinstdrohnen. Das sind
Dinge, die gewissermaßen aus der Hand
starten wie Mikado oder die mit einem klei-
nen Katapult und Gummiband in die Luft
versetzt werden wie die Luna oder auch das
Kleinfluggerät Zielortung, KZO.

Insgesamt haben alle Systeme - das wird
jedenfalls von uns so angestrebt - einen Mix
zwischen abbildender Aufklärung - - Abbil-
dende Aufklärung können Sie erzeugen über
optisch-optronische Mittel, über Infrarot-/UV-
Sensoren oder eben über sogenannte radar-
gestützte Konturenzeichner, ein sogenanntes
Synthetic Aperture Radar. Man muss sich
das vorstellen, dass es Radarstrahlen wie
durch einen Zoom führt und dadurch zu
einem hochauflösenden Konturenzeichner
wird. Dieses System hat den großen Vorzug,
dass es wetter- und witterungsunabhängig ist
und jedes Wolkenband auch aus größerer
Höhe durchdringen kann.

Daneben die sogenannte signalerfas-
sende Aufklärung. Beides macht eigentlich
immer erst Sinn in einem Mix, indem ich das
eine Aufklärungsmittel und das Ergebnis
dieses Aufklärungsmittels durch ein anderes
verifizieren kann und damit erst zu einer be-
lastbaren Aussage kommen kann.

Sie haben insgesamt eine unverzichtbare
Bedeutung für den Schutz unserer Soldaten
im Einsatz, weil sie gewissermaßen aus der
vertikalen Perspektive - und der Soldat am
Boden schaut nur zweidimensional - eine
Auflösung erreichen, die, gewissermaßen in
Echtzeit übertragen auf die Bildschirme der
Truppe, die am Boden operiert, jeden Winkel,
den er nicht einsehen kann, ausleuchtet und
damit eine frühzeitige Warnung für beste-
hende Gefahren bietet.

Markus Grübel (CDU/CSU): Das waren
jetzt die optische Variante und auch die sig-
nalerfassende?

Zeuge Volker Wieker: Ja.

Markus Grübel (CDU/CSU): Und können
Sie das mal am Beispiel für Hubschrauber-
flüge, Transallflüge oder Ähnliches - - Wel-
che Bedeutung hat da eine signalerfassende
Aufklärung?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1017 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 156
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Volker Wieker: Alle gängigen
Hubschrauber, die wir im Einsatz einsetzen,
also insbesondere jetzt in Afghanistan, ver-
fügen über unterschiedliche Abwehrsysteme.
Das gilt allerdings genauso für die Transall
als Starrflügler. Man spricht bei diesen passi-
ven Abwehrsystemen entweder von Flares.
Das sind - auch Düppel genannt - glühende
Metallstreifen, die geeignet sind, eine durch
IR- oder UV-Sensor gelenkte Rakete wie
zum Beispiel die Stinger von dem Ziel, dem
Luftfahrzeug selbst, abzulenken.

Ein anderes passives Abwehrsystem sind
die sogenannten Chaffs. Diese Chaffs sind
geeignet, um eine radarbasierte Erfassung
abzulenken, indem sie eine eigene Sil-
houette und Signatur für diese Radarerfas-
sung zeichnen, in der praktisch das Flugzeug
verschwindet und damit auch kein Ziel mehr
für eine Rakete bietet.

Sie müssen sich das praktisch folgen-
dermaßen vorstellen: Ich nehme jetzt mal
das Beispiel Stinger, weil es ein eigenes
System ist und ich es daher am besten erklä-
ren kann. Wenn sich ein Luftfahrzeug dort
bewegt und ich es mit der Stinger anvisiere,
dann schaltet sich dort ein IR- bzw. UV-
Suchkopf - das ist ein Mix in der Sensorik -
auf, der im μm-Bereich auf der Wellenlänge
zwischen 2,5 und 3,5 μm arbeitet. Dieser
Suchkopf signalisiert durch eine leichte Vi-
bration in der Schulterstütze dem Schützen,
dass er auf dieses Flugziel eingeloggt hat.
Dieser Impuls reicht aus, um dem passiven
Abwehrsystem das Signal zu geben, die
Täuschkörper auszustoßen. Das wird gleich-
zeitig verbunden mit einer Ausweichflug-
bewegung, die der Pilot einleitet.

Ich glaube, das beschreibt jetzt plastisch
den Gesamtzusammenhang.

Markus Grübel (CDU/CSU): Und eine
solche signalerfassende Drohne würde so-
zusagen vorausschauend erkennen, von wo
aus solche Impulse ausgehen?

Zeuge Volker Wieker: Eben nicht nur.
Sie erkennt nicht nur das, was an Bedrohung
da am Boden besteht, sondern sie liest auch
die Sensorik aus, damit ich die eigenen
Systeme kalibrieren kann. Wenn ich sie nicht
eng genug auf die Bedrohung kalibriere,
dann löst er eben häufig unbedarft aus, und
das ist natürlich nicht Sinn des Unterneh-
mens. Ist ihnen sicherlich schon mal passiert.

Markus Grübel (CDU/CSU): Also, um es
platt zu sagen: Für das Leben unserer Sol-
daten - ob an Land oder in Luftfahrzeugen -
sind solche Aufklärungssysteme heute zwin-
gend notwendig.

Zeuge Volker Wieker: Ja.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wir haben ja
als Untersuchungsausschuss mittlerweile
700, 800, 900, 1 000 Leitz-Ordner bekom-
men, beginnend von den Anfängen. -
1 100? - Danke, Frau Vorsitzende. Ich habe
den Überblick in meinem Büro verloren,

(Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ein junger Vater hat den
Überblick verloren!)

und ich habe bloß Angst, dass ich eines Ta-
ges erschlagen unter dem Aktenmaterial
liege.

Dass wir von Beginn an bis heute die
Dinge haben - - Oft sind auch Presseartikel
da, und eigentlich würde ich - meine Wahr-
nehmung - so sagen: In der rot-grünen Zeit -
Minister Scharping - herrschte eine Riesen-
drohneneuphorie in der Koalition.

(Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wir haben wenigstens
gewusst, was das ist!)

Und zurzeit haben wir eine gewisse Droh-
nenhysterie. Die mündet in Äußerungen vom
Kollegen Steinbrück, Deutschland brauche
keine Drohnen. Da würde ich Sie ja gerne zu
befragen, aber ich weiß, dass Sie so unmit-
telbar vor der Wahl als Soldat zur Zurück-
haltung aufgefordert sind. Aber Ihre Aus-
sagen, die Sie gerade gemacht haben, be-
ziehe ich auch darauf, dass Sie sagen,
Deutschland brauche Drohnen, und diese
Aussage sozusagen nicht bestätigen. Aber
das müssen Sie nicht sagen.

Noch mal eine andere Frage: 2010 -

(Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie können Redezeit
auch verschenken! - Katja Keul
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie
können auch sagen, Sie haben
keine Fragen!)

- ich verstehe die Unruhe nicht - haben Sie
das Amt übernommen. Hat Ihr Vorgänger Sie
bei der Übergabe auch auf Zulassungspro-
bleme hingewiesen und gewarnt, dass die
Fähigkeitslücke, die im Grunde 2010 ent-
standen ist durch das Auslaufen von Breguet
Atlantic, auf absehbare Zeit schwer zu

Drucksache 17/14650 – 1018 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 157
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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schließen ist, weil sich Euro Hawk zumindest
verzögert?

Zeuge Volker Wieker: Nein. Durch die
unschönen Begleitumstände des Ausschei-
dens meines Vorgängers hat es keine Über-
gabe in dem Sinne, wie wir sie im militä-
rischen Bereich kennen, gegeben. Es war für
mich praktisch mit Rückkehr aus Afghanistan
ein Kaltstart. Aber natürlich haben wir später
bei einem Glas Wein das eine oder andere
durchgesprochen, aber die Euro-Hawk-The-
matik dabei nicht in besonderer Weise
adressiert.

Markus Grübel (CDU/CSU): Kollege
Hardt fragt weiter.

Jürgen Hardt (CDU/CSU): Ja, ich würde
nur kurz anknüpfen, Herr General, an das,
was die beiden Kollegen vorab gefragt ha-
ben.

Blick auf die aktuellen Einsätze der Bun-
deswehr: Dürfen wir aber davon ausgehen,
dass die Soldatinnen und Soldaten entweder
durch eigene Aufklärungsmittel, also die
Drohnen, die wir bereits haben, als auch
durch Mittel von Partnernationen, auf die wir
zurückgreifen können, so ausreichend ge-
schützt sind, dass wir eine akute Bedrohung
unserer Soldaten in Afghanistan oder im
Kosovo - um die beiden Gebiete zu nennen -
durch das Nichtvorhandensein dieser Fähig-
keit, SIGINT-Aufklärung mit HALE-Unterstüt-
zung zu machen, nicht haben, sondern dass
unsere Soldaten angemessen gut geschützt
sind?

Zeuge Volker Wieker: Ja. Das gesamte
Fähigkeitsprofil wird ja auch in einem inter-
nationalen Verbund hergestellt.

Jürgen Hardt (CDU/CSU): Und unsere
Technik wäre eben ein Beitrag zu diesem
internationalen Verbund, was die Stellung
Deutschlands und die Möglichkeiten
Deutschlands, sich im Verbund einzubringen,
entsprechend besser darstellen würde als
bisher? Und wir würden vielleicht, wenn wir
das könnten, auch noch bessere und moder-
nere Unterstützung der anderen im Gegen-
zug leisten?

Zeuge Volker Wieker: Das hängt schon
mit dem Einsatzprofil zusammen und mit der
Bedrohungslage. Das muss man so sagen.

Das kann man nicht verallgemeinern. Hätten
wir zum Beispiel eine deutlich höhere Bedro-
hung durch schultergestützte Lenkflugkörper
zur Flugabwehr, dann sähe es anders aus,
weil ich diese Feinkalibrierung nicht hinrei-
chend herstellen könnte.

Jürgen Hardt (CDU/CSU): Danke.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Keine weiteren Fragen mehr? - Dann kommt
jetzt die SPD-Fraktion. Herr Kollege Bartels.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Herr Ge-
neral, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie ein
Dokument, das wir noch gar nicht gesehen
haben - wir müssen mal suchen; vielleicht
haben wir es bekommen in den 2 000 Akten-
ordnern -, was aber auch im Ad-hoc-Be-
richt - -

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Es sind keine 2 000 Aktenordner. Es sind
1 300 mit den geheimen Akten.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Nur 1 300
Aktenordner?

(Zuruf: Es kommen aber täglich
neue dazu!)

- Aber es kommen noch mehr? - Okay.
Aber jedenfalls das Dokument, das Sie

erwähnt haben vom 30. März 2010, der
Sachstandbericht - UAV oder UAS? -, -

Zeuge Volker Wieker: UAS.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): - der an
Staatssekretär Otremba ging, also an die
Leitung, ist in dem Bericht der Ad-hoc-Ar-
beitsgruppe ja nicht erwähnt. Also, da ist
auch bei den letzten Zeugen ja eher darüber
geklagt worden: Es gab da so eine Informa-
tionslücke zwischen der Entscheidung 3;
Februar 2010 in Manching - „Wir streben die
Musterzulassung nicht mehr an“ - und der
wirklichen, validen Information im Ministe-
rium.

Zeuge Volker Wieker: Sie streben die
Musterzulassung für den -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Für den
Demonstrator.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1019 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 158
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Zeuge Volker Wieker: - Full Scale De-
monstrator nicht mehr an.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Genau,
sondern setzen auf die vorläufige Zulassung.

Zeuge Volker Wieker: Dieser Sachver-
halt ist aber, wenn ich das recht erinnere, auf
Seite 30, 31 des Berichtes der Ad-hoc-
Gruppe hinreichend beschrieben.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Genau,
dieser Sachverhalt, ja. Aber dass er berichtet
wurde ins Ministerium, das wurde beklagt,
dass das nicht der Fall war. Und dieser Be-
richt, den Sie eben zitiert haben - insofern ist
es gut, dass Sie es getan haben -, findet sich
in dem Bericht der Ad-hoc-Arbeitsgruppe ja
nicht. Insofern hätten wir jetzt hier einen
Hinweis, dass am 30. März 2010 bei der
Leitung des Ministeriums - damals Staats-
sekretär Otremba - ein Hinweis eingegangen
ist - was heißt Hinweis? -, ein Bericht, wo
diese Veränderung der Lage in Manching
berichtet ist. Es wird nicht mehr - -

Zeuge Volker Wieker: Nein, ganz sicher
nicht berichtet. Ich habe ja zitiert.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja.

Zeuge Volker Wieker: Darin wird ja
nichts davon erwähnt, dass es keine Muster-
zulassung des Prototypen gibt, sondern es
wird ein mittleres allgemeines Realisierungs-
risiko beschrieben.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sonst
können Sie es vielleicht noch mal zitieren? -
Weil uns liegt es ja nicht vor. Also, liegt jetzt
nicht vor? - Ich nehme an, die Bundesregie-
rung kann es uns auch nicht sagen.

Zeuge Volker Wieker: Es heißt darin:
Der Musterprüf- und Musterzulas-
sungsprozess für das UAS EURO
HAWK erfolgt gemäß ZDv 19/1 mit
dem Ziel einer Zulassung für den
allgemeinen Luftverkehr. Euro
HAWK wäre am Ende dieses Pro-
zesses das erste komplexe UAS mit
einer derartig weitreichenden Ver-
kehrszulassung. DEU würde damit
in dieser wehrtechnischen Kern-
fähigkeit eine führende Position im
Bereich UAS einnehmen.

Allerdings ist dieser Zulassungspro-
zess mit einem mittleren techni-
schen Risiko verbunden, welches in
Konsequenz auch weitere zeitliche
und finanzielle Risiken einschließt,
die derzeit nicht beziffert werden
können und maßgeblich von der …
Kooperation mit den USA in diesem
Punkt abhängig sind.*

Damit ist wahrscheinlich die Bereitstellung
einer angemessenen Dokumentation ge-
meint.

Das kann man nach meiner Einschätzung
in keiner Weise auf die Vorgänge im und
unterhalb des Bereiches des Projektleiters
beziehen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja, das ist
noch ziemlich kryptisch.

Zeuge Volker Wieker: Eher zu positiv,
wenn man diesen Vorgang in Rechnung
stellt.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Er bezieht
sich nicht auf das, was sich geändert hat,
sondern - -

Dann haben Sie - also auch dankbar
dafür - darauf hingewiesen, was jetzt eigent-
lich die Konsequenz ist, dass wir die signal-
erfassende Aufklärung aus der Luft nicht
haben. Das ist, dass Sie jetzt SEAD abge-
meldet haben. Deutschland wird diesen Bei-
trag im Moment in der NATO nicht leisten
können. Richtig?

Zeuge Volker Wieker: Richtig.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wann - -
Also, ich habe ja auch gelegentlich Kontakt
mit der Luftwaffe. Und im März dieses Jahres
hat die noch mal bei einer Präsentation einen
Zeitstrahl gezeigt - also, wann haben wir
was? - und danach, also ab 2013, den FSD
Euro Hawk, ab 2018 das HALE IMINT Global
Hawk, was ja auch in der Vorlage oder in der
Broschüre, die die Bundesregierung be-
schlossen oder bekommen hat am 8. Mai,
noch drinsteht als eines der 30 wichtigsten
Rüstungsprojekte, und ab 2019 die Serie
Euro Hawk SIGINT oder eine Alternative - -
Ist das sozusagen jetzt auch Ihr Stand, was

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-78 B BMVg zu BB 17-52,
AIN V 5, Ordner 23, Blatt 410.

Drucksache 17/14650 – 1020 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 159
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die zeitliche Verfügbarkeit angeht, also vor
2019 weder das eine noch das andere?

Zeuge Volker Wieker: Nein, die von
Ihnen angesprochenen Zeitstrahlen drücken
natürlich eine Erwartungshaltung der Luft-
waffe aus, die fundiert ist, bewertet werden
kann, wenn wir alle Alternativen betrachtet
haben, um möglichst rasch diese Fähig-
keitslücke zu schließen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Es kann
aber auch noch später werden?

Zeuge Volker Wieker: Das schließe ich
nicht aus.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wann
müssten wir denn etwas beschlossen ha-
ben? Also, wir haben ja in den Unterlagen
gefunden, dass zum Beispiel die Entschei-
dung, Serienteile nicht zu beauftragen, 2011
die Konsequenz hatte, dass damit der Zulauf
des ersten -

Zeuge Volker Wieker: Sie meinen
Langläuferteile?

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): - ja,
Langläuferteile für die Serien-Global-
Hawks - - nicht zu beschaffen, die Konse-
quenz hat - so wurde es beschrieben -, dass
frühestens ab 2018 dann das erste Serien-
flugzeug da wäre. Also insofern - - Das hat ja
Konsequenzen, je nachdem, wann man an-
fängt.

Zeuge Volker Wieker: Ja. - Ein Wort zu
den Langläuferteilen. Es wäre doch aus mei-
ner Sicht nicht zielführend gewesen, solange
ich nicht über eine Musterzulassung der Se-
rie belastbar entschieden habe, nun bereits
in eine Beschaffung sogenannter Langläu-
ferteile einzutreten, also - mit anderen Wor-
ten - Geld auszugeben für etwas, was ich
möglicherweise dann gar nicht beschaffe.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja, ab-
solut d’accord. An der Stelle ist wirklich Geld
gespart worden, weil wir beschaffen ja jetzt
nicht und haben also auch keine Voraus-
kosten verursacht. Allerdings haben Staats-
sekretär Beemelmans, Staatssekretär Wolf
diese Entscheidung des Rüstungsstaats-
sekretärs eben erst - Monate später, sagen
sie - tatsächlich zur Kenntnis genommen im

September 2012, die Entscheidung vom
November 2011, dass das jetzt nicht be-
schafft werden soll.

(Michael Brand (CDU/CSU): Die
Zahlen stimmen doch gar nicht! -
Zuruf: … (akustisch unverständlich)
hat es gestoppt!)

- Nein, gestoppt haben sie es ja nicht. Nach
dem Bericht der Ad-hoc-Arbeitsgruppe ist die
Entscheidung getroffen durch den Abtei-
lungsleiter Selhausen und sozusagen Bericht
an die Staatssekretäre erst wieder mit Vor-
lage vom September 2012.

Zeuge Volker Wieker: Das kann ich aber
nicht kommentieren.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das ist ja
in den Akten. - Wenn Sie beteiligt werden
müssen, wie geschieht das? Auf schrift-
lichem Wege, richtig? Also, eine formale
Beteiligung kann nur schriftlich erfolgen.

Zeuge Volker Wieker: Was meinen Sie
mit „formaler Beteiligung“?

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Also, Sie
sind als Generalinspekteur zu beteiligen an
einem Verfahren. Dann müssen Sie schrift-
lich beteiligt werden.

Zeuge Volker Wieker: Es gibt unter-
schiedliche Formen der Beteiligung. Es gibt
gemeinsame Besprechungen und Sitzungen,
es gibt den Ausweis einer nachrichtlichen
Beteiligung auf einer Vorlage, und es gibt
natürlich die Beteiligung im Wege der Mit-
zeichnung, in der Sie dann auch ein Votum
abgeben zu einem bestimmten Sachverhalt
oder auch nicht, indem Sie es einfach billi-
gen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Also auch
eine Besprechung kann eine Beteiligung
sein?

Zeuge Volker Wieker: Ja, natürlich.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Haben
Sie mit den Staatssekretären Beemelmans
und/oder Wolf das Thema Zulassung Euro
Hawk erörtert?

Zeuge Volker Wieker: Nein. Wir haben ja
diese Thematik besprochen in der erwähnten
Rüstungsklausur. Daraus ist man ja aus-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1021 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 160
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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einandergegangen mit unterschiedlichen
Prüfaufträgen, unter anderem der Einsetzung
einer Arbeitsgruppe zur Prüfung der Frage,
ob es einen alternativen Zulassungsweg zur
Musterzulassung gebe und geben könne.
Diese Arbeitsgruppe wurde unter Leitung
Inspekteur Luftwaffe eingeteilt und hat ihre
Arbeit dann im Dezember 2012, wenn ich
das recht erinnere, beendet.

Dazwischen treffen wir uns im Kreis,
beide Staatssekretäre, Generalinspekteur,
ausschließlich in diesem Format im soge-
nannten Lenkungsausschuss. Das ist die
Einrichtung, die die Neuausrichtung der Bun-
deswehr insgesamt begleitet. Und darüber
hinaus haben wir das Format des soge-
nannten Leitungsgesprächs. Ich denke, die
Zusammensetzung ist in dem Bericht darge-
stellt.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wann
sind die Zulassungsprobleme als ein wirk-
liches Problem bei Ihnen angekommen?

Zeuge Volker Wieker: Nun, die Zulas-
sungsprobleme sind in dem von mir be-
schriebenen Kontext des Sachstandsberich-
tes UAS erstmalig nach Übernahme in dem
geschilderten Aggregatzustand - so will ich
mal sagen - aufgetreten. Dann erneute Be-
fassung - -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Haben
Sie das da schon ernst genommen? Das
wäre ja sehr früh.

Zeuge Volker Wieker: Nein. Es gab eben
eine Beschreibung der Probleme. Das kann
ich ja nicht negieren. Aber der Status, also
inwieweit wird jetzt noch an Alternativen ge-
arbeitet - - Dieser Weg hat sich im Grunde
erst im Dezember 2012 verdichtet, als die
Luftwaffe attestierte, dass es keine Alter-
native zu einer Musterzulassung der Serie
gibt.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Und ha-
ben Sie mit dem Minister an irgendeiner
Stelle über Euro Hawk gesprochen?

Zeuge Volker Wieker: Nein.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Er hat Sie
auch nicht angesprochen?

Zeuge Volker Wieker: Nein.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Zulas-
sungsprobleme von Drohnen?

Zeuge Volker Wieker: Insgesamt? -
Nein.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Allge-
mein?

Zeuge Volker Wieker: Nein.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Auch
nicht.

Zeuge Volker Wieker: Nein.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das
Drohnenthema, also der Drohnenhype, ist ja
bis vor wenigen Wochen im Bundestag ge-
pflegt worden mit Debatten über Kampfdroh-
nen - das geht nicht gegen Sie -, die noch
ganz schnell vor der Bundestagswahl ent-
schieden werden sollten. Haben Sie da, also
sozusagen in dem Zusammenhang, mit dem
Minister das Drohnenthema und die Zulas-
sungsfragen erörtert?

Zeuge Volker Wieker: Sie sollten ja nicht
ganz schnell vor der Bundestagswahl ent-
schieden werden, und zum anderen sind sie
tatsächlich aus einem anderen Kontext ent-
standen. Und da habe ich schon breites Ver-
ständnis auch für eine breite begleitende
Diskussion, weil es eben nicht nur taktisch-
operative Aspekte, sondern durchaus auch
ethische Aspekte gibt, die hier diskutiert wer-
den sollten und im Wege eines Für und Wi-
der auch gegeneinander abgewogen wer-
den.

Das ist eine Debatte, die mit der aktuellen
Euro-Hawk-Diskussion eigentlich gar nichts
zu tun hat und da auch nicht ihren Ursprung
fand.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber der
Minister hat dazu jetzt auch nicht Ihren Rat
geholt, also: „Wie kriegen wir das schnell
hin?“ oder „Was ist die Qualität amerikani-
scher Drohnen?“?

Zeuge Volker Wieker: Nein. Man hat ja
eine auch medial sehr einseitige Bericht-
erstattung über einen bestimmten Verwen-
dungszweck dieser Drohnen und sieht nicht
den ungeheuren Nutzen und die ungeheure
Unterstützung, die sie tatsächlich im Einsatz

Drucksache 17/14650 – 1022 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

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[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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liefern, wo dieser besondere Einsatz, auf den
ich nicht weiter eingehen möchte, nicht ein-
mal einen verschwindenden Prozentteil aus-
macht. Sie müssen sehen, dass alleine im
letzten Jahr etwa 350 000 Flugstunden durch
unbemannte Luftfahrzeuge in Afghanistan
erfolgt sind. Allein unser System Heron hat
über 10 000 Flugstunden geleistet. Das ist
schon sehr beeindruckend.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sie sind
verantwortlich für die Großgeräteplanung der
Bundeswehr als Bestandteil des Bundes-
wehrplans, und auch in dem Bericht zur
Neuausrichtung sind ja diese berühmten 30
Projekte drin.

Zeuge Volker Wieker: Aber den Bun-
deswehrplan gibt es nicht mehr.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Jede
Reform erfordert neues Lernen?

Zeuge Volker Wieker: Ja, er war ein we-
nig auch durch einen zu großen Abstand
zwischen Anspruch und Wirklichkeit gekenn-
zeichnet, und deswegen haben wir uns jetzt
bemüht, auf der Grundlage einer vernünfti-
gen Finanzbedarfsanalyse und der Gege-
benheiten einer mittelfristigen Haushaltspla-
nung eine andere Planungskorsage darüber-
zulegen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber je-
denfalls als Ergebnis der Planungen gibt es
ja diesen Bericht zur Neuausrichtung mit den
30 strukturbestimmenden Hauptwaffensys-
temen. Zweimal kommt der Global Hawk da
vor, einmal in der Variante, über die wir hier
sprechen, Euro Hawk, einmal als Global
Hawk in der abbildenden Funktion Beistel-
lung zu NATO AGS. Wird daran noch festge-
halten?

Zeuge Volker Wieker: Sie meinen, an
der zweiten Version?

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja.

Zeuge Volker Wieker: Also, zunächst
einmal war sie ja und muss sie auch - das ist
nun mal auch Bestandteil einer sorgfälti-
gen - - Aber sie muss so lange im Bestand
bleiben, in der Auflistung, bis tatsächlich die
Entscheidung getroffen ist, dass es sie eben

nicht mehr geben wird - zum einen. Das be-
zieht sich jetzt auf Euro Hawk.

Und beim Global Hawk ist es so, dass er
gewissermaßen als Platzhalter Global
Hawk - - abbildende Aufklärung in der Sen-
sorik, Synthetic Aperture Radar - - gibt es
eine deutsche Verpflichtung zur Beistellung,
die aber tatsächlich nicht auf ein bestimmtes
System eingegrenzt wird. Diese Beistel-
lungsanzeige erfolgte im Jahr 2007, wenn ich
recht erinnere, oder 2008. Das kann ich nicht
mehr genau sagen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt gebe ich der FDP-Fraktion, dem Kolle-
gen Spatz, das Wort.

Joachim Spatz (FDP): Ja, Herr General,
könnten Sie uns noch mal schildern, wie wir
im Moment gerade aktuell die Fähigkeits-
lücke schließen, die durch das Ausphasen
der Atlantic entstanden ist?

Zeuge Volker Wieker: Wir schließen sie
nicht.

Joachim Spatz (FDP): Und wir werden
die auch, ich sage mal, in naher Zukunft nur
mit äußersten Anstrengungen schließen
können. Wir haben ja erfahren, dass nicht
nur die Mehrkosten der Zulassung, sondern
auch Veränderungen des Basisgeräts durch
die Amerikaner - noch einmal zusätzlich
1 Milliarde - plus das Fehlen des Joint Mis-
sion Planning System - - alle Dinge sich ja
aufaddieren. Gehen Sie davon aus, dass das
bei gegebenenfalls Alternativen wesentlich
günstiger ist?

Zeuge Volker Wieker: Das wäre reine
Mutmaßerei.

Joachim Spatz (FDP): Dann will ich mal
andersrum fragen: Das Gerät heißt ja Euro
Hawk, aber eigentlich ist es ein German
Hawk. Das heißt, wir legen auf die nationale
Fähigkeit großen Wert, und das in einer Zeit,
wo wir an anderer Stelle Pooling und Sharing
debattieren und andere Dinge. Ist es kom-
plett ausgeschlossen, dass wir uns auch im
Hinblick auf Zulassungsfragen von dieser Art
nationalen Denkens verabschieden und viel-
leicht doch mit ein oder zwei Partnern das
Thema Alternativen aufgreifen?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1023 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 162
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Zeuge Volker Wieker: Das ist durchaus
vorstellbar. Nur, ich weise vorsorglich darauf
hin, dass gerade im Bereich Nachrichten-
gewinnung und Aufklärung immer auch na-
tionale Ressentiments bestehen, was die
Preisgabe insbesondere auch der Technik,
die dahinter steht, und der Sensorik anbe-
trifft.

Von daher können Sie natürlich auch eine
Abstützung herbeiführen auf eine soge-
nannte Alliance Electronic Library, wo andere
eben auch bestimmte Daten einspeisen. Sie
ist aber nicht so komplett, und sie ist nicht so
fein justierbar auf das, was Sie für die eige-
nen Systeme brauchen. Von daher betrach-
ten wir als unerlässlich, diese nationale
Fähigkeit in Komposition mit den passiven
und aktiven Abwehr- und Bekämpfungssys-
temen zu haben.

Joachim Spatz (FDP): Das heißt, die Lö-
sung besteht dann darin, dass wir versuchen
müssen, ein europäisches Zulassungsverfah-
ren zu erreichen; denn ich meine, wenn es
gelingt, den Global Hawk in Italien zuzulas-
sen, ein, ich sage mal, mehr oder weniger
doch vergleichbares Fluggerät, und es ge-
lingt uns in Deutschland nicht, -

Zeuge Volker Wieker: Ja.

Joachim Spatz (FDP): - das ist schon
auch, ich sage mal, der Öffentlichkeit sehr,
sehr schwierig zu verkaufen.

Zeuge Volker Wieker: Ja. - Jetzt habe
ich Ihre Frage auch verstanden. Tatsächlich
müssen wir unterscheiden zwischen dem
Aufklärungssystem und der Plattform. Und es
erscheint aus meiner Sicht nicht nur erstre-
benswert, sondern in besonderer Weise
zielführend, dass wir uns international eben
auf bestimmte Zulassungsstandards ver-
ständigen. Das gilt im Übrigen auch für die
Weiterentwicklung des Regelwerkes - Stich-
wort EASA -, was dann die Zulassung mit
Blick auf den Betrieb, also die Verkehrszu-
lassung - nicht die Musterzulassung, sondern
die Verkehrszulassung -, anbetrifft. Hier müs-
sen doch gleiche Regeln gelten.

Joachim Spatz (FDP): Ja, man hat sich
ja von der Teilnahme am allgemeinen Luft-
verkehr schon 2004 verabschiedet. Es ging
ja dann nur noch um die Kategorie 2 mit ab-
gesperrtem Luftraum.

Aber ist Ihnen in dem Zusammenhang der
aktuelle Sachstand bekannt hinsichtlich Glo-
bal Hawk und seinem Zulassungsverfahren
in Italien? Man hört ja da, dass es Kommuni-
kationsprobleme geben soll mit der Firma
und Ähnliches. Ist Ihnen da was bekannt?

Zeuge Volker Wieker: Zunächst einmal
muss man ja sagen: Das ist in keiner Weise
vergleichbar. Bei dem sogenannten AGS -
das ist ein Global Hawk Block 40 mit einer
Synthetic-Aperture-Radar-Sensorik - wird es
sich um ein sogenanntes NATO-owned-and-
operated-System handeln. Weil das so ist,
hat die NATO eine Agentur eingerichtet, die
sich mit den Zulassungsfragen befasst und
dafür verantwortlich zeichnet. Ob sich diese
Zulassung auf eine US-Zulassung abstützen
wird oder teilweise abstützen wird, kann ich
heute nicht sagen. Sie ist aber der Betreiber.
Italien als Stationierungsland ist dann ver-
antwortlich dafür, eine Verkehrszulassung für
dieses System zu erteilen. Ich beurteile das
deswegen gegenwärtig nicht problematisch,
weil Italien für das US-geführte System -
Global Hawk mit einem Synthetic Aperture
Radar, von der gleichen Firma entwickelt -
bereits ein sogenanntes Restricted Flight
Release - oder auf einem Restricted Flight
Release basierend -, eine Verkehrszulas-
sung erteilt hat. Der fliegt ja.

Joachim Spatz (FDP): Und ist es dann
denkbar, dass wir im Endeffekt ein ähnliches
Verfahren beschreiten?

Zeuge Volker Wieker: Bezogen auf was?

Joachim Spatz (FDP): Na, bezogen auf
unser Gerät.

Zeuge Volker Wieker: Nein. Das schließt
ja - - Das war ja Ergebnis der Arbeitsgruppe
unter Federführung der Luftwaffe, dass auf
dieser Grundlage eine Musterzulassung für
die Serie als unerlässlich betrachtet wird.

Ich gebe mal ein anderes Beispiel: Vor
Jahrzehnten haben wir die Phantom 4-F
eingeführt, mit einer amerikanischen Muster-
zulassung. Darauf haben wir praktisch eine
deutsche Musterzulassung draufgesetzt. Wir
haben also sie zur Basis genommen und
eine eigene draufgesetzt. Für den Euro Hawk
gibt es aber keine amerikanische Musterzu-
lassung, wenn Sie so wollen - man nennt das
dort Airworthiness Certification, die durch die

Drucksache 17/14650 – 1024 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 163
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

US Air Force, die Navy oder die NASA aus-
gestellt wird -, weil wir den Grundträger, den
Global Hawk Block 20/30, baulich verändert
haben. Das ist durchaus nachvollziehbar.

Joachim Spatz (FDP): Wissen Sie, ob für
den Global Hawk Block 40 eine amerikani-
sche Musterzulassung angestrebt wird als
Basis dann dieser NATO-Erfordernis?

Zeuge Volker Wieker: Das kann ich
Ihnen nicht sagen, aber das könnte ein
denkbarer Weg sein.

Joachim Spatz (FDP): Besten Dank. -
Dann habe ich keine weiteren Fragen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Dann gebe ich das Wort an Kollegen Schäfer
von der Linken.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Danke,
Frau Vorsitzende. - Herr General Wieker, Sie
sind ja ausweislich des Berichts der Ad-hoc-
Gruppe aufgefordert worden, zu dieser Vor-
lage 27.03.2013 Stellung zu nehmen, also
um dann eine Entscheidung durch die
Staatssekretäre herbeizuführen. Also, Sie
sind gebeten worden, dazu Position zu be-
ziehen. Und ich habe jetzt an der Stelle Ihre
Stimme vermisst, Ihre Proteststimme, weil
die Frage doch ist - ist ja auch schon ange-
sprochen worden von Kollegen -: Wenn man
also sagt: „Wir halten jetzt inne, machen
keine Serie“, was haben Sie in der Hand?
Und wenn Sie also sozusagen - - Ihre Posi-
tion ist mit der Fähigkeitslücke - - Das kann
man auch sehr anders sehen. Also, mir be-
reitet die gegenwärtig keine schlaflosen
Nächte. Aber ich nehme jetzt Ihre Position
mal für bare Münze - - hätte doch sein müs-
sen: Das geht so nicht. - Also, weil es in dem
Papier - - Ich will es nur noch hinzufügen: Da
ist die Rede von zwei geleasten Flugzeu-
gen - ob von Gulfstream oder wem auch
immer - mit reduzierter Leistung, dass man
eventuell in vier Jahren also was anderes
bereitstellen könne. Aber im Grunde ge-
nommen heißt das: Man steht noch blanker
da als zuvor. Also, können Sie mit dieser
Entscheidung leben?

Zeuge Volker Wieker: Zunächst einmal
ist in der darauffolgenden Vorlage - - Die
erste von Ihnen erwähnte war ja die mit dem
Vermerk Staatssekretär Wolf, dass ich dort

einzubeziehen bin in die Gesamtbewertung.
Und daraus ist ja die zweite Vorlage hervor-
gegangen, die das gesamte Spannungsfeld
der Entscheidungsfindung aufzeigt. Und
einer solchen Abwägung muss ich mich doch
stellen. Das kann doch nicht heißen: Augen
zu und durch um jeden Preis. Das ist doch
abenteuerlich.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Noch-
mals zu dieser Fähigkeit. Also, wir reden jetzt
immer über die Fähigkeitslücke, und Sie
haben auch einiges dazu gesagt, um welche
Fähigkeiten es geht - also, jetzt positiv ge-
wendet: Nachrichtengewinnung und Aufklä-
rung -, und haben sehr direkt abgehoben auf
Einsatzgebiete. Nun hat Ihr Vorgänger, der
hier auch Zeuge war, der noch die konzep-
tionellen Grundvorstellungen zum Einsatz
unbemannter Luftfahrzeuge erlassen hat aus
dem Jahr 2008, davon gesprochen - so ent-
nehme ich es dem Protokoll vom 22.07. -,
dass es Interessengebiete gebe, in die man
weiträumig hineinwirken müsse.

In den Materialien 54, Ordner 2 entdecke
ich also auch ein Papier der Bundeswehr
unter der Überschrift „Nachrichtengewinnung
und Aufklärung“. Das ist ein offenes Papier.
Da heißt es:

Die Kräfte zur Nachrichtengewin-
nung und Aufklärung

- ich zitiere -

... gewinnen und erfassen weltweit
Informationen und Nachrichten zur
Lage in Interessen-, Krisen- und
Einsatzgebieten, werten diese aus
und stellen sie lageabhängig, auf-
tragsbezogen und bedarfsgerecht
… bereit.*

Was muss ich mir darunter vorstellen,
unter „Interessengebieten“. Weil Sie haben
abgehoben auf Einsatzgebiete. Das wissen
wir, um was es sich da handelt. Aber was ist
mit den Interessengebieten?

Zeuge Volker Wieker: Interessengebiete
können Regionen sein, wo sich eine krisen-
hafte Entwicklung abzeichnet. Interessen-
gebiet kann zum Beispiel auch dort sein, wo
wir eigene Kräfte einsetzen, zum Beispiel in
einer aus dieser Perspektive zu betrachten-
den Region um das Horn von Afrika.

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-54 BMVg zu BB 17-62,
Ordner 2, Blatt 3.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1025 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 164
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Dafür
brauchen Sie HALE? Oder würde Ihnen da-
für, also für überhaupt dieses ganze Spek-
trum, auch MALE reichen?

Zeuge Volker Wieker: Nein, MALEs un-
terscheiden sich durch die Flughöhe, durch
die Reichweite. Und von daher sind sie eben
nicht in dieser Weise einsetzbar. Wenn ich
das noch mal auf den Euro Hawk, Plattform
Global Hawk, beziehe, dann hat er bei einer
24-stündigen Verweildauer über einem be-
stimmten Gebiet noch eine Verlegungsreich-
weite für Hin- und Rückflug von etwa fünfein-
halbtausend Kilometern. Das heißt, hier greift
tatsächlich der Anspruch. Und deswegen ja
auch die Zahl vier plus Demonstrator, festge-
macht an der Notwendigkeit, mit zwei Orbits
jeweils einen 24-Stunden-Zeitraum in unter-
schiedlichen Einsatzgebieten abzudecken,
zwei gewissermaßen in der Warteschleife zu
haben und einen für die Ausbildung. Die
einzige Einschränkung weltweit für den Euro
Hawk ergibt sich durch die Satellitenanbin-
dung. Daher sind die beiden Polregionen -
Nord und Süd, nördlich des bzw. südlich des
80. Breitengrades - ausgeschlossen.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Aber
diese Fähigkeit kriegen Sie doch keinesfalls.
Also, wenn Sie jetzt sagen: „Global Hawk,
auch in der Variante Euro Hawk, ist zu
Ende“, dann wüsste ich also kein verfüg-
bares System, das man bekommen könnte.

Zeuge Volker Wieker: Das müssen wir
abwarten. Das muss Gegenstand der jetzt
eingeleiteten Untersuchung sein.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Wäre
denn die Frage dieser Trägerplattform, also
dass man für die Nachrichtengewinnung
dann sagt: „For German eyes only“ - - Auch
das will ich jetzt nicht bewerten; aber das ist
ja Ihre Anforderung, dass Sie sagen: „For
German eyes only“. - Welche Relevanz hat
denn die Trägerplattform in dem Zusammen-
hang, ob die deutsch ist, amerikanisch, chi-
nesisch oder europäisch? Hat das eine Be-
deutung?

Zeuge Volker Wieker: Nein, so lange
nicht, solange ich dafür eine angemessene
Zulassung erreiche.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Was
ich nicht verstehe: Rolle Missionsplanung.

Zeuge Volker Wieker: Wobei die Träger-
plattform eben in ihrer Spezifizierung eine
Rolle spielt, also Reichweite, Flughöhe etc.,
etc. Das hat ja etwas mit dem Erfassungs-
sektor am Boden zu tun, den ich nur bei be-
stimmten Flughöhen erreiche und der natür-
lich linear mit der Flughöhe abnimmt in sei-
nem Erfassungsbereich etc., etc., etc.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Was
ich nicht verstehe, welche Bedeutung die
Frage Missionsplanungssystem hat, auch
wenn man sagt: Die verzögert sich. - Also,
sie ist ja vorhanden. Und man sagt: Es ist
eben nicht exportfähig. - Wieso dauert das so
lange, bis man das geliefert bekommt? Und
wieso verzögert es sich? Ich habe es einfach
nicht verstanden, weil das mehrfach als
wichtiger Grund genannt wurde, weshalb
man jetzt dort Euro Hawk beendet.

Zeuge Volker Wieker: Das ist eine wich-
tige Frage und in der Tat auch ein wichtiger
Gegenstand; denn es handelt sich eben nicht
um ein bemanntes Flugzeug, sondern um ein
unbemanntes, das vollständig - auch für
Eventualfallplanung - zu programmieren ist;
das heißt Rückkehr, sogenannte Emergency
Landing Sites etc., etc., etc. Das ist ein um-
fangreicher Programmierungsprozess, der
vermutlich deswegen gegenwärtig noch nicht
exportfähig ist, weil er national breit genutzt
wird für die US-Streitkräfte und hier be-
stimmte Beschränkungen bestehen, die so
nicht erfüllt werden können. Nun muss eben
ein exportfähiges System entwickelt werden,
was die gleiche Qualifikation nachweist.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Aber
wir handeln doch im - - Hat es gebimmelt?

(Zuruf: Ja!)

- Ich höre so was nicht.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt, Kollege Schäfer, ist die Zeit abgelau-
fen, und es kommen Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Kollege Nouripour.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Herr Generalinspekteur, ich will
noch mal auf das Letzte zurückkehren, damit
ich es verstehe. Weil die Amerikaner in der

Drucksache 17/14650 – 1026 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 165
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Breite dieses System der Missionsplanung
nutzen, ist es für sie derzeit nicht exportier-
bar, also muss entweder gewartet werden,
bis sie es nicht mehr breit nutzen, oder es
muss ein neues System entwickelt werden.
Habe ich das richtig verstanden?

Zeuge Volker Wieker: Das kann ich so
nicht sagen. Es gibt keine exportfähige Ver-
sion, und damit muss ich mich abfinden.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aber seit wann wissen wir das?

Zeuge Volker Wieker: Das wissen wir
schon geraume Zeit. Ich kann Ihnen das
Datum nicht genau nennen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aber ist das sozusagen dann,
sagen wir, ein Sprengkopf hinter dem ganzen
Projekt, wenn man es ja sowieso - - weil man
eine nationale Aufklärung treiben wollte?
Heißt das nicht, dass das ganze Projekt ad
absurdum geführt wird damit?

Zeuge Volker Wieker: Nein. Ich hatte ja
bereits erwähnt, dass das sogenannte Joint
Mission Planning System avisiert wurde für
den Zeitraum nach 2017. Da sehen Sie ja
durchaus eine Koinzidenz mit dem Zulauf,
mit dem ursprünglich geplanten Zulauf der
Serie, also noch rechtzeitig.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wir haben ja aus den Medien
jetzt entnommen - und da würde mich inte-
ressieren, ob das richtig ist und ob Sie das
bestätigen können -, dass der Euro Hawk
quasi eine Line of Communication nutzt so-
wohl für die Steuerung des Systems als auch
für die Übertragung der Aufklärung. Ist das
richtig?

Zeuge Volker Wieker: Da muss man et-
was weiter ausholen. Ich verstehe den Hin-
tergrund Ihrer Frage. Die Mutmaßung ist
aber unzutreffend.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Die ich gar nicht - - Die wäre
noch gekommen.

Zeuge Volker Wieker: Sie meinen die
Bereitstellung der Kryptiertechnik. Tatsäch-
lich müssen Sie es sich folgendermaßen

vorstellen: Sie haben eine Verbindung von
der Plattform zum Satelliten zur Bodenstation
und zurück. Über diese Verbindung müssen
Sie auf der einen Seite die Plattform führen
und lenken und auf der anderen Seite den
Datenfluss des Aufklärungssystems sicher-
stellen. Tatsächlich müssen Sie sich diese
Leitung wie eine virtuelle kryptierte Pipeline
vorstellen, in die Sie natürlich auch schon
kryptierte Daten einfließen lassen können,
die Sie am Ende auch wieder dechiffrieren.
Das heißt, der Zusammenhang, dass man
eine kryptierte Leitung benutzt mit dem
Rückschluss, beide laufen praktisch nur über
ein System und sind damit für den Betreiber
offen oder für den Lieferer offen, ist nicht
zutreffend.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich würde noch mal zu einem
anderen Begriff, den Sie gerade genannt
haben, zurückkommen. Kollege Schäfer hat
ja von Interessengebieten gesprochen, und
da haben Sie gesagt, das sind Krisen-
gebiete. Was bedeutet das eigentlich in der
Praxis? Es gibt ja Einsatzgebiete. Und dann
Interessengebiete? Braucht man da nicht
Überfluggenehmigungen, damit man dort
auch aufklären kann?

Zeuge Volker Wieker: Sie brauchen für
jedes Land, das Sie überfliegen, eine Über-
fluggenehmigung im Wege einer sogenann-
ten Diplo-Clearance.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ist das wahrscheinlich, ein Usus,
dass ein fremdes Land wie dann in dem Fall
die Bundesrepublik Deutschland eine Ge-
nehmigung bekommt, in einem Krisengebiet
aufzuklären, und zwar nur für internationale
Zwecke?

Zeuge Volker Wieker: Zwei Dinge sind
dabei wichtig. Zunächst einmal der Erfas-
sungssektor eines solchen Systems; ich
hatte ja darauf hingewiesen. Dieser Erfas-
sungssektor eines solchen Systems ist sehr
groß. Daraus leitet sich im Grunde die Folge-
rung ab, dass Sie eine betreffende Region
nicht direkt überfliegen müssen, um dort
aufzuklären. Das heißt, Sie können zum Bei-
spiel, wenn es eine küstennahe Region ist,
auch über den internationalen Gewässern
bleiben etc. Das hängt immer mit dem soge-
nannten Erfassungssektor und der Lage
eines Landes zusammen. Für jeden Überflug

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1027 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 166
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

eines Landes, nicht wahr, brauchen Sie eine
Diplo-Clearance. Das ist internationales Pro-
cedure.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich würde gerne noch mal zu-
rückkommen zu einer ganz anderen Ge-
schichte, nämlich die Entscheidungsvorlage,
die Mitte Mai dieses Jahres den Minister
erreicht hat. Wurden Sie bei der Entstehung
dieser Entscheidungsvorlage, die ja dann
das Projekt quasi beendet hat, eingebun-
den?

Zeuge Volker Wieker:Was heißt das?

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Es gab ja, von zwei Staats-
sekretären erstellt, eine Entscheidungsvor-
lage, in der entschieden wurde, dass nicht
mehr geplant ist, Euro Hawk in Serie zu be-
schaffen. Und die ist am 13. März beim Mi-
nister angekommen und ist von ihm gebilligt
worden.

Zeuge Volker Wieker: Ich habe die doch
mitgezeichnet. Die letzte Entscheidungsvor-
lage war sogar eine sogenannte Doppelkopf-
vorlage, und zwar durch den Abteilungsleiter
AIN und den Abteilungsleiter Planung, der
mir direkt unterstellt ist.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ja, weil derjenige, der vor Ihnen
auf diesem Stuhl gesessen hat, gesagt hat,
dass Sie nicht ausreichend eingebunden
worden seien und dass es auf Referatsebene
schon hätte geschehen müssen. Das war
Herr Staatssekretär Wolf.

Zeuge Volker Wieker: Dass er nicht - -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Dass Sie nicht eingebunden
worden seien darin, und er hätte veranlasst,
dass das doch passieren möge.

Zeuge Volker Wieker: Ja, bei der ersten
Vorlage. Deswegen hat er ja die Anmerkung
darauf gemacht.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Okay. - Ich möchte noch ein paar
Sachen aus dem Ministerium einfach verste-
hen, die Frage zum Beispiel von Gesprä-
chen. Es war relativ viel in den letzten Tagen

von Rotwein die Rede hier, also dass man
nicht immer nur automatisch den formellen
Weg geht, aus ganz praktischen Gründen.
Ihr Vorgänger im Amt hat sogar davon ge-
sprochen, dass, wenn er nicht auch den in-
formellen Weg der Kommunikation genutzt
hätte, er noch kürzer im Amt gewesen wäre,
wenn ich ihn richtig zitiert habe. Da bleibt
natürlich jetzt die Frage, ob das jetzt weiter
gängiger Usus bei Ihnen ist, ob Sie nur in
formellen Wegen kommunizieren auf der
Leitungsebene und vor allem natürlich zum
Minister.

Zeuge Volker Wieker: Nun, ich werde
hier nicht die Gefühlswelt meines Vorgängers
kommentieren. Zweitens war er schlicht nicht
mehr da, als ich meine Aufgabe angetreten
habe, -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich wollte auch nicht, dass Sie - -

Zeuge Volker Wieker: - sodass wir an-
dere Wege der Unterhaltung finden mussten;
und die haben wir gefunden.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Gut. Meine Frage war, ob es
formelle oder informelle Wege sind, oder
beides.

Zeuge Volker Wieker: Nun, er war nicht
mehr Bestandteil des Ministeriums.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich spreche nicht über Herrn
Schneiderhan. Meine Frage ist: Jetzt, heut-
zutage, in den letzten Monaten, ist die Kom-
munikation innerhalb der Leitung ausschließ-
lich formell, oder gibt es auch informellen
Austausch, über was auch immer?

Zeuge Volker Wieker: Gespräche?

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ja.

Zeuge Volker Wieker: Ja, wie man so
spricht.

(Heiterkeit)

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Herzlichen Dank. Weil es gab ja
eine - -

Drucksache 17/14650 – 1028 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 167
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Volker Wieker: Man sitzt zusam-
men in einem Auto, oder man sitzt zusam-
men in einem Flugzeug und spricht über dies
und das.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Es ist keine Anomalie, wenn man
miteinander spricht?

Zeuge Volker Wieker: Nein.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Super. Danke.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt kommt die CDU/CSU. Herr Kollege
Silberhorn.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Viel-
leicht darf ich versuchen, die Fragestellung
des geschätzten Kollegen Nouripour zu prä-
zisieren. Wenn es nicht nur um Gespräche
geht, sondern um Entscheidungsvorlagen
wie die Vorlage vom 13. Mai 2013, ist es
Usus in Ihrem Hause, dass man das auf
einem Dienstflug von Sitz zu Sitz bespricht
oder beim abendlichen Rotwein? Ich glaube,
das war doch die Anregung des Kollegen
Scharping.

Zeuge Volker Wieker: Nein, ganz sicher
nicht.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Wenn
nun die Entscheidung getroffen ist - -

Zeuge Volker Wieker: Und ich will auch
sagen, weshalb. Weil es ein viel zu komple-
xes Thema ist. Das lässt sich nicht so zwi-
schen Tür und Angel erörtern. Ich meine, das
muss doch jedem Betrachter einleuchten, der
sich mit dem Sachverhalt ein wenig aus-
einandergesetzt hat.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Wenn
nun die Entscheidung gefallen ist, die Euro-
Hawk-Serie nicht zu beschaffen, aber das
Bundesverteidigungsministerium sich da-
rüber im Klaren ist, dass die Fähigkeit zur
Verfügung gestellt werden muss, dann stellt
sich ja die Frage, was alternative Trägersys-
teme sind, in die diese Aufklärungssystema-
tik ISIS integriert werden kann. Dabei soll
auch die Überlegung im Raume stehen, ein
bemanntes Flugzeug als Trägersystem zu
nehmen. Würde ein solches bemanntes

Flugzeug Ihre militärischen Anforderungen
an die Fähigkeit, die zu erfüllen ist, erfüllen?

Zeuge Volker Wieker: Das ist spekulativ,
weil ich es an den Leistungsparametern
festmachen muss.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Können
Sie diese Leistungsparameter nochmals
erläutern? Sie haben schon von Flughöhe
bis - -

Zeuge Volker Wieker: Maximale Flug-
höhe zum Beispiel als Funktion des Erfas-
sungssektors am Boden, Side-Looking-Fä-
higkeit, das heißt: Kann ich fliegen und den
Erfassungsbereich in der Seite abbilden, um
nicht einen Direktüberflug mit der einher-
gehenden Gefährdung dieses bemannten
Systems verbinden zu müssen? Und dann
eben alle anderen Leistungsparameter, unter
anderem die Kommunikation. Nun brauche
ich keine Kommunikation mehr zur Führung
und Steuerung dieses Luftfahrzeuges, weil ja
einer in der Kanzel sitzt, aber ich muss na-
türlich alles andere weiterhin abbilden, und
zwar in der auch für dieses Projekt geplanten
Art und Weise.

Das heißt, es ergibt sich eine gesamte
Peripherie von unterschiedlichen Leistungs-
parametern, die ich unter anderem dann
auch mit dem und gegen den dazugehörigen
Finanzbedarf etc., etc. abwägen muss. Also,
es muss gesamtplanerisch Sinn machen.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Habe
ich Sie richtig verstanden, dass in der lau-
fenden Untersuchung in Ihrem Haus über
mögliche alternative Trägersysteme Sie dafür
zuständig sind, diese Leistungsparameter zu
definieren, die erforderlich sind, um die Fä-
higkeit herzustellen?

Zeuge Volker Wieker: Ja, in der Tat. Das
nennt sich dann „Fähigkeitslücke und Funk-
tionale Forderung“, nach der Umklappstrate-
gie in den CPM novelliert, allerdings nicht
mehr in der starren Festlegung auf einen
Lösungsweg, sondern ich erwarte, dass mir
mehrere Lösungswege vorgestellt werden
nach dieser Präzisierung, sodass ich auf der
Grundlage der beschriebenen Lösungswege
und inhärenten Risiken dann eine Auswahl-
entscheidung treffen kann, für die es dann
eine Realisierungsgenehmigung gibt.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1029 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 168
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Wir ha-
ben von anderen Zeugen gehört, dass diese
laufende Untersuchung bis zum Ende des
Jahres 2013 beendet sein soll. Haben Sie
einen Zeithorizont für die dann zu treffende
Auswahlentscheidung?

Zeuge Volker Wieker: Sie beziehen sich
auf eine Vorlage aus dem Rüstungsbereich,
in der avisiert wird, dass dem General-
inspekteur bis Ende des Jahres Lösungs-
möglichkeiten vorgeschlagen werden, wo-
raus er eine Auswahlentscheidung treffen
kann. Das ist zunächst einmal ein optimisti-
scher Ansatz.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Für den
Fall, dass sich das so realisieren lassen
sollte, darf ich trotzdem nachfragen: Haben
Sie einen Zeithorizont für die Auswahlent-
scheidung, die Sie dann auf dieser Untersu-
chungsgrundlage treffen müssen?

Zeuge Volker Wieker: So schnell wie
möglich.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Bitte schön, Herr Kollege Brand.

Michael Brand (CDU/CSU): Herr Gene-
ral, ich möchte einen Punkt aufgreifen, den
Kollege Schäfer in der letzten Fragerunde
angesprochen hat, nämlich den Zeitpunkt der
Entscheidung, die Serie nicht zu beschaffen.

Das Spektrum an Kritik ist ja ziemlich
breit, auch hier im Ausschuss. Die SPD hat
heute kritisiert, man hätte viel früher ent-
scheiden müssen, wohl wissend, dass der
Löwenanteil des Geldes bereits ausgegeben
war, bevor Sie im Übrigen ja auch im Amt
gewesen sind, bis hin zur Kritik gestern der
Industrie von Herrn Pamiljans, man hätte
einfach weitermachen sollen, also das Pro-
jekt einfach weiterführen sollen. Ich glaube
nicht, dass so sehr der Anlass dieser Kritik
der Schutz des deutschen Steuerzahlers
war, sondern das Interesse der Industrie,
Verträge zu schließen und mit deutschem
Geld auch Geschäft zu machen. Im Übrigen
ist das Spektrum auch so breit, dass Herr
van Aken von den Linken die gleiche Kritik
gestern auch geäußert hat, nämlich dass
man vielleicht das Projekt zu früh abgebro-
chen habe.

Deswegen will ich Sie fragen, auch vor
dem Hintergrund der Aussage von Herrn

Schneiderhan, der auch gesagt hat, man
hätte das doch weiterführen sollen, also nicht
nur die Fähigkeit, sondern dieses Projekt, ob
Sie diese Kritik auf der einen Seite, es sei zu
spät reagiert worden, und auf der anderen
Seite, es sei zu früh reagiert worden, teilen,
ob Sie auf beiden Seiten irgendeine Art von
Plausibilität dafür finden können. Und wenn
nein, warum nicht?

Zeuge Volker Wieker: Ich will auf die
beiden Leitplanken, die Sie hier skizziert
haben, gar nicht näher eingehen. Ich möchte
Ihnen einfach nur mein Rational schildern.

Ein Benchmark ist die finale Prüfung
durch den Inspekteur Luftwaffe, der das
System zu betreiben und zu führen hätte, die
finale Prüfung mit dem Ergebnis: Es geht
nicht ohne Musterzulassung. - Diese Befun-
dung erfolgte im Dezember 12. Auf der
Grundlage musste jetzt entschieden werden,
da es sich um ein integriertes System mit
zwei Komponenten handelt: Was mache ich
mit dem Full Scale Demonstrator? Wie quali-
fiziere ich das anteilige Aufklärungssystem?
Diese Entscheidung hat eben noch bis Ende
März/Mitte April in Anspruch genommen und
musste hinreichend befundet werden. Von
daher sage ich: Zeitpunkt richtig und nach-
vollziehbar.

Die Äußerungen von Herrn Pamiljans und
Herrn Gerwert haben mich nun nicht wirklich
überrascht und sicherlich viele von Ihnen
auch nicht. Ich stelle allein mal die Frage in
den Raum, wenn sie sagen, die Musterzu-
lassung wäre für einen Preis von 160 bis 193
Millionen Euro zu haben, was denn ihre Re-
ferenz dabei gewesen ist. Worauf haben sie
sich bezogen, auf welche Zulassungsvor-
schriften, auf welche Dokumentation, die gar
nicht mehr nachzureichen ist, etc.?

Will sagen: Ich habe schon ein gewisses
Anfangsvertrauen in die Bewertung des
eigenen Hauses und dabei nicht nur die dort
veranschlagten 500 bis 600 Millionen im
Auge gehabt, sondern das darüber hinaus
weiterhin bestehende Realisierungsrisiko.
Und das kann ich mit meinen Planungs-
parametern nicht vereinbaren.

Michael Brand (CDU/CSU): Gerade der
letzte Punkt, den Sie angesprochen haben,
war auch Thema gestern bei der Verneh-
mung. Es besteht ja noch kein Protokoll.
Aber genau das hat sich bestätigt, dass eben
auf Nachfrage die Parameter nicht genannt
wurden: Warum eigentlich 193? Und auch

Drucksache 17/14650 – 1030 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 169
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

die Zusage, dass es dabei bleibt, ist auch
nicht gegeben worden.

Die Antwort war für mich sehr präzise.
Herzlichen Dank dafür.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege Grübel.

Markus Grübel (CDU/CSU): Danke, Frau
Kollegin Vorsitzende. - Herr General, Sie
hatten ja gerade auch alternative Zu-
lassungsverfahren angesprochen. Nach
ZDv 19/1, Randnr. 316 kann ja der Inspek-
teur Luftwaffe zulassen. Ich hatte Sie ja ge-
fragt, welche Bedeutung solche, auch signal-
erfassenden Aufklärungssysteme für die
Truppe haben. Sie haben von einer hohen
Bedeutung geredet. Rechtfertigt das nicht,
diese Ausnahmeregelungskarte sozusagen
zu ziehen, wie damals im Kosovokrieg die
Nachtsichtbrille über diese Zulassungsrege-
lung zugelassen wurde?

Zeuge Volker Wieker: Nein, und zwar
weil es in diesem Fall die Ausnahme zur
Regel gemacht hätte. Es ist eine solche Aus-
nahme durchaus nach 19/1 vorgesehen und
zulässig. Allerdings ist gemeinsame Rechts-
auffassung des Hauses und des Betreibers
Luftwaffe, dass eine Serienbeschaffung und
deren Betrieb über einen Zeitraum von min-
destens 20 Jahren nicht auf der Grundlage
einer Vorläufigen Verkehrszulassung erfol-
gen können.

Das heißt nicht, dass man in extremis -
und ich habe ja dort ein System stehen, das
eine Aufklärungsleistung bringt - für einen
Einzelfall eine solche Option ziehen kann.
Auch das wird Bestandteil der Gesamtbe-
wertung sein, natürlich auch der Gesamt-
lageeinschätzung mit Blick auf den Zeitrah-
men, Verfügbarkeit einer alternativen Lö-
sung.

Markus Grübel (CDU/CSU): Die nächste
Frage will ich - sozusagen nur, damit ich es
vollständig weiß - fragen nicht als Option, die
ich Ihnen vorschlage. Also, wenn jetzt der
Inspekteur der Luftwaffe bockt, kann der
Generalinspekteur die Zulassung nach
ZDv 19/1, Randnr. 316 ersetzen?

Zeuge Volker Wieker: Da bin ich recht-
lich überfragt.

Markus Grübel (CDU/CSU): Dann habe
ich keine Fragen mehr.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Dann kommt die SPD-Fraktion. Der Kollege
Arnold.

Rainer Arnold (SPD): Herr General,
wann haben Sie zum ersten Mal erfahren,
schriftlich oder mündlich, dass die Muster-
zulassung für den Demonstrator nichts wird,
also mit einer VVZ geflogen wird?

Zeuge Volker Wieker: Das kann ich
Ihnen nicht sagen. Aber sehr spät.

Rainer Arnold (SPD): Sie sagten vorhin
aber, bei der Beschaffung der Langläuferteile
hätte die Frage, dass es keine Musterzulas-
sung gibt, eine Rolle gespielt. Das war 2011.

Zeuge Volker Wieker: Die Musterzulas-
sung der Serie, nicht des Demonstrators. Die
Langläuferteile wären ja für die Serie be-
stimmt gewesen.

Rainer Arnold (SPD): Ja, ist schon klar.
Also, das bezog sich ausschließlich auf das
Wissen, dass die Musterzulassung für die
Serie nicht kommen kann?

Zeuge Volker Wieker: Ja, natürlich. Nur
für die spielen ja auch die Langläuferteile
eine Rolle.

Rainer Arnold (SPD): Aber ist es nicht
so, dass die Musterzulassung des De-
monstrators Voraussetzung für die Serie ist?
Und den Schluss kann man doch erst ziehen,
wenn man weiß, dass der Demonstrator
keine Musterzulassung hat, sondern nur eine
VVZ hat.

Zeuge Volker Wieker: Nein. Die Tatsa-
che, dass eine Musterzulassung für die Serie
in der Form notwendig ist, haben wir erst im
Dezember 2012 als Ergebnis der Arbeits-
gruppe festgestellt.

Rainer Arnold (SPD): Bisher war doch
die Basis: Man holt eine Musterzulassung
auch für den Demonstrator und baut darauf
dann die Musterzulassung für die Serie auf.

Zeuge Volker Wieker: Das war ja die ur-
sprüngliche Absicht.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1031 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 170
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Rainer Arnold (SPD): Genau, meine ich
doch. Deshalb noch mal die Frage: Wenn
dann die Musterzulassung für den De-
monstrator nicht erfolgt, dann hat doch das
Konsequenzen für die Serie - vielleicht noch
heilbar, klar, aber es hat bestimmte Konse-
quenzen.

Zeuge Volker Wieker: Ja.

Rainer Arnold (SPD): Und ich frage des-
halb - ich sage es Ihnen auch -, weil die bei-
den Staatssekretäre gesagt haben, nur Geld
und Zeit hätte eine Rolle gespielt bei der
Nichtbestellung der Langläuferteile. Und Sie
sagten, die Frage der Zulassung hätte eine
Rolle gespielt.

Zeuge Volker Wieker: Ich kann mich
jetzt nicht auf die Aussagen der Staats-
sekretäre - -

Rainer Arnold (SPD): Ja, aber - -

Zeuge Volker Wieker: Sie sind ja auch
nicht verschriftet.

Rainer Arnold (SPD): Ich nehme einfach
zur Kenntnis: Sie sind der Auffassung, dass
die Musterzulassungsfrage eine Rolle ge-
spielt hat.

Dann, zweitens, Rüstungsklausur. Kön-
nen Sie ein bisschen erzählen, wie dort das
Thema Euro Hawk behandelt wurde und
dann zu einem Prüfauftrag geführt hat?

Zeuge Volker Wieker: Ja. Der Euro
Hawk wurde erwähnt im Vortrag des In-
spekteurs Luftwaffe, der eine Gesamtkatego-
risierung der Aufklärungsmittel nach Flug-
höhe, Reichweite etc., aber eben auch mit
Blick auf die Aufklärungskomponenten, ein-
mal signalerfassend und einmal abbildend,
dargestellt hat.

Zum Stand des Projektes wurde dann
vorgetragen, dass es hier noch Probleme
gebe mit der Zulassung für den Euro Hawk,
dass man aber weiterhin bemüht sei, nach
Lösungen zu suchen. Als Ergebnis wurde
dann ja auch im Nachgang diese Arbeits-
gruppe eingesetzt.

Rainer Arnold (SPD): Im Nachgang
wurde diese Arbeitsgruppe eingerichtet, nicht
als Prüfauftrag aus der Rüstungsklausur?

Zeuge Volker Wieker: Nein, ich glaube,
im Nachgang.

Rainer Arnold (SPD): Weil vorhin habe
ich das zumindest mal anders verstanden
gehabt.

Wurden Sie dann in dieses Prozedere
immer wieder involviert: „alternative Zulas-
sungen“?

Zeuge Volker Wieker: Nein.

Rainer Arnold (SPD): Dann noch mal
das Thema „Die Alternativen“. Es ist ja so,
dass wohl schon im Sommer 2012 begonnen
wurde, Alternativen zu suchen, und dann
auch entsprechende Begutachtungen in Auf-
trag gegeben wurden, die im Dezember 2012
und dann vertieft im Februar 2013 vorlagen.
Können Sie was zu diesen Studien sagen?

Zeuge Volker Wieker: Nein. Damit habe
ich mich nicht wesentlich auseinander-
gesetzt. Es waren auch nicht nur Studien,
sondern es waren auch unaufgeforderte
Angebote, wenn ich das richtig weiß, die
dann im Wege einer Vorlage bewertet wur-
den. Ich habe die Dinger nur nachrichtlich
gesehen, habe mich auch nicht weiter damit
beschäftigt.

Rainer Arnold (SPD): Aber Sie haben sie
gesehen?

Zeuge Volker Wieker: Ich glaube wohl,
ja.

Rainer Arnold (SPD): Auch die Studie?

Zeuge Volker Wieker: Nein, die Studie
habe ich nicht gesehen.

Rainer Arnold (SPD): Aber diese Ange-
bote haben Sie gesehen?

Zeuge Volker Wieker: Nein, nein, nein.
Ich habe lediglich von dieser einen unaufge-
forderten Angebotsabgabe gehört. Ich weiß
aber nicht, wann ich darüber gelesen habe.

Rainer Arnold (SPD): Von wem kam
diese unaufgeforderte Angebotsabgabe?

Zeuge Volker Wieker: Muss ich offen-
lassen. Ich glaube, es war eine israelische
Firma.

Drucksache 17/14650 – 1032 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 171
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Rainer Arnold (SPD): Nochmals zu dem
Thema „Prüfauftrag/Zulassung“. Haben Sie
eine Einschätzung, oder wäre das für Sie ein
Thema gewesen, oder war? Warum hat man
mit der Firma, wenn sie ein Angebot macht
für knapp 200 Millionen, um doch was zu-
stande zu bringen, nicht einen Verhand-
lungsprozess über die Parameter - Sie haben
ja zu Recht gesagt: Die Parameter müssen
klar sein - begonnen, wenn einem das Pro-
jekt so wichtig ist?

Zeuge Volker Wieker: Kann ich Ihnen
nicht sagen. Das ist nicht mein Zuständig-
keitsbereich.

Rainer Arnold (SPD): Aber Sie - - Es hat
auch keiner stattgefunden?

Zeuge Volker Wieker: Das weiß ich
nicht.

Rainer Arnold (SPD): Weil die Para-
meter - da wären Sie ja irgendwo gefragt
gewesen auch.

Zeuge Volker Wieker: Nein, die Para-
meter waren ja bekannt. Die AF und die erste
Zwischenentscheidung lagen ja vor; daran
hatte sich ja zunächst nichts geändert. Also,
die Grundlagen, so wie sie durch den Gene-
ralinspekteur vorgegeben waren, bestanden
ja fort.

Rainer Arnold (SPD): Gut. - Dann sagten
Sie bei den Alternativen auf die Frage vom
Kollegen Nouripour: „Es ist alles offen“, auf
die Frage: „Kann das so hoch fliegen?“: Da
muss man mal sehen. - Sehen Sie irgendwo
eine Alternative zu Global Hawk außer der
U-2, die wir wahrscheinlich nicht geschenkt
wollen? Gibt es irgendwo eine Alternative,
dass so was immer noch in Erwägung ist?
Oder ist das tot, diese Höhe?

Zeuge Volker Wieker: Das ist ja gegen-
wärtig Stand der Überprüfung.

Rainer Arnold (SPD): Aber Sie sind ja
kein Laie wie wir. Sie müssten ja, wenn Sie
sagen: „Muss man mal sehen, möglicher-
weise gibt es dann ja so was“, irgendwas im
Auge haben. Gibt es irgendwas?

Zeuge Volker Wieker: Die Frage ist: be-
mannt oder unbemannt? Was ist zum Bei-

spiel bei „unbemannt“ außer dem Global
Hawk Block 20, 30 dort verfügbar? Was sind
dort die Leistungsparameter? All das muss
Gegenstand der Betrachtung sein. Und dann
natürlich auch die Integrationskosten, Einfüh-
rungskosten etc. Das ist ja genau Gegen-
stand der Untersuchung, die - optimistisch,
zugegebenermaßen - bis Ende des Jahres
abgeschlossen werden soll.

Rainer Arnold (SPD): Das heißt, zu Be-
ginn des Auftrages, eine Untersuchung vor-
zunehmen über Alternativen - Sommer 2012
bis Entscheidung -, vergehen schon mal zwei
Jahre, um überhaupt zu einer Entschei-
dungsvorlage, wenn überhaupt - Sie sagen:
„optimistisch“ -, zu kommen bei einem Pro-
jekt, das uns allen so wichtig ist und so eilt.
Das verstehe ich, offen gestanden, jetzt
nicht. Das verstehe ich nicht.

Zeuge Volker Wieker: Die Sichtungen,
die stattfinden oder stattgefunden haben im
Verantwortungsbereich AIN, werden sicher-
lich in diese Überprüfung mit einfließen. Aber
die Entscheidung für das weitere Vorgehen
ist ja jetzt erst erfolgt. Und dann sehe ich in
der Tat auch noch den verbleibenden Zeit-
raum als sehr anspruchsvoll, hier tatsächlich
einen Lösungsweg aufzuzeigen oder, besser
gesagt, mehrere Lösungswege, worauf ich
belastbar eine Auswahlentscheidung treffen
kann mit allen Begleitparametern und unter
Risikominimierung. Wir reden jetzt über ein
Projekt, das bisher 13 Jahre läuft. Also, von
daher würde ich die zeitlichen Dimensionen
schon noch mal ein wenig wieder ins Maß
rechnen.

Rainer Arnold (SPD): Ja, aber das ist ja
noch nicht die gute Botschaft, dass es
13 Jahre läuft, -

Zeuge Volker Wieker: Nein.

Rainer Arnold (SPD): - wenn man jetzt
hört: Wenn es eine MALE gibt, dauert es bis
zum Jahr 2023 plus x. Das kann Sie ja nicht
zufriedenstellen.

Zeuge Volker Wieker: Nein, das tut es
auch nicht.

Rainer Arnold (SPD): Nehme ich doch
an, ja.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1033 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 172
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Volker Wieker: Natürlich nicht.

Rainer Arnold (SPD): Wie ist es, haben
Sie bei der politischen Leitung, Herr General,
Vorspracherecht?

Zeuge Volker Wieker: Beim Minister?

Rainer Arnold (SPD): Beim Minister.

Zeuge Volker Wieker: Ja, sicher.

Rainer Arnold (SPD): Wie oft kommt es
dort zu Gesprächen?

Zeuge Volker Wieker: Immer mal wieder
zwischendurch, wenn ich die Notwendigkeit
sehe.

Rainer Arnold (SPD): Gibt es das auch
umgekehrt, dass der Minister mal zu Ihnen
kommt und was will?

Zeuge Volker Wieker: Ja.

Rainer Arnold (SPD): Gibt es auch.

Zeuge Volker Wieker: Ja.

Rainer Arnold (SPD): Ist das häufiger,
oder - -

Zeuge Volker Wieker: Ist auch schon
vorgekommen.

(Heiterkeit)

Rainer Arnold (SPD): Es gibt nicht nur
den schriftlichen - - Es gibt nicht nur Vor-
lagen, -

Zeuge Volker Wieker: Nein.

Rainer Arnold (SPD): - sondern man re-
det miteinander. Und das hat eine Bedeu-
tung?

Zeuge Volker Wieker: Ja. Ja.

Rainer Arnold (SPD): Also nicht nur
Vorlagen. Muss ja nicht beim Wein sein,
aber - -

Zeuge Volker Wieker: Nein, nein. Ver-
stehe schon.

Rainer Arnold (SPD): Gut.

Zeuge Volker Wieker: Man spricht noch
miteinander.

Rainer Arnold (SPD): Gut. - Wenn jetzt
ein System kommt, das definitiv nicht die
Höhe erreicht: Kann mit einem Fluggerät, ob
bemannt oder unbemannt, die Fähigkeits-
lücke ganz geschlossen werden, oder geht
es dann immer nur um Teile?

Zeuge Volker Wieker: Ich hatte ja ge-
sagt: Der Abdecksektor ist eine Funktion der
Flughöhe. Genauso werden Sie aber erken-
nen, dass in der Profilbeschreibung keine
vorgegebene Dimension des abzudeckenden
Sektors definiert wurde. Von daher kann man
sich lediglich auf den Umstand zurückziehen,
dass man konstatieren muss, dass man mit
einem bemannten Luftfahrzeug - handelsüb-
lich oder nicht - wahrscheinlich in der Flug-
höhe des allgemeinen Luftverkehrs bleiben
wird; das heißt Maximum irgendwo bei
14 000 oder 15 000 Metern. Das würde
linear - ich hatte das vorher ausgeführt -
dann den Sektor um etwa ein Viertel, ein
Fünftel einschränken.

Rainer Arnold (SPD): Sie haben vorhin
auf die Fragen der Kollegen der CDU/CSU
sehr eindrucksvoll begründet, warum das
eine wichtige Fähigkeitslücke für unsere
Sicherheitsinteressen ist. Nun gibt es in dem
Haus des Ministeriums ja viele Runden:
Rüstungsrat, Leitungskreis. Es gibt, glaube
ich, auch eine Arbeitsgruppe, die sich mit
unbemannten Flugzeugen beschäftigen soll
und, und, und. Ich kenne die gar nicht alle,
diese vielen Runden.

Nachdem dieses Projekt so wichtig ist
und die Probleme so groß: Wann hat man in
welchen Runden dann über dieses Projekt
auch gesprochen? Denn zu dem sind die ja
da, dass man über Probleme redet.

Zeuge Volker Wieker: Überhaupt nicht.

Rainer Arnold (SPD): Bitte?

Zeuge Volker Wieker: Überhaupt nicht.

Rainer Arnold (SPD): Überhaupt nicht?

Zeuge Volker Wieker: Auf meiner
Ebene.

Drucksache 17/14650 – 1034 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 173
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Rainer Arnold (SPD): Also, Sie waren - -

Zeuge Volker Wieker: Auf meiner
Ebene.

Rainer Arnold (SPD): Sie sind da - -

Zeuge Volker Wieker: Was darunter er-
folgt ist, das kann ich Ihnen nicht sagen.

Rainer Arnold (SPD): Aber Sie sind doch
bei den oberen Runden schon dabei?

Zeuge Volker Wieker: Nein, ich bin auch
zum Beispiel in der IAGFA immer nur durch
einen Bevollmächtigten vertreten.

Rainer Arnold (SPD): Der hat Ihnen aber
auch nicht berichtet, dass dort gesprochen
wurde?

Zeuge Volker Wieker: Nein. Ich lese
dann die IAGFA-Protokolle. Das letzte habe
ich bekommen zum Euro Hawk 2011; das ist
auch Bestandteil der Unterlagen.

Rainer Arnold (SPD): Kann man sich das
irgendwo erklären, dass so ein bedeutendes
Projekt, das auch strategische Dimensionen,
auch Dimensionen innerhalb des Bündnisses
hat - es geht ja auch um Beistellung von
Global Hawks; sie stehen ja immer noch in
den Papieren drin - - wenn das so wichtig ist
und die Probleme so groß, dass man diese
Runden nicht nützt, darüber zu reden? Ich
verstehe das, ehrlich gesagt, nicht.

Zeuge Volker Wieker: Es ist nun einmal -
und ich hatte deswegen nicht ohne Grund in
meinen einführenden Bemerkungen ja darauf
hingewiesen - in der Zuständigkeit und Ver-
antwortung bisher so angelegt gewesen,
dass nach Definition der Systemfähigkeits-
forderung oder neuerdings „Fähigkeitslücke
und Funktionale Forderung“ und dann einer
abschließenden Forderung die Verantwor-
tung an den Projektleiter zur Projektierung
und Realisierung übergeht. Von daher ist das
institutionell gar nicht vorgesehen, son-
dern - -

Rainer Arnold (SPD): Darf ich Sie
schnell unterbrechen, Herr General? - Das
stimmt ja nicht so ganz, weil nach CPM -
wurde uns vom Rechnungshof berichtet -
werden die Projekte in Kategorien eingeteilt.

Dieses Projekt gehört zur Kategorie 1 A,
damit zu 30 Projekten, über die sich die Lei-
tung des Ministeriums regelmäßig berichten
lassen muss. Das ist ja offensichtlich dann
nicht geschehen. Also, man hat einen eige-
nen CPM, und man hat die Regeln - weil Sie
ja gerade sagen, es gibt Regeln - offensicht-
lich nicht beachtet.

Zeuge Volker Wieker: Ja, aber die Be-
richtspflicht liegt ja bei dem, der die Verant-
wortung und die Zuständigkeit dafür besitzt,
nicht bei mir.

Rainer Arnold (SPD): Ja, das habe ich
Ihnen ja auch nicht - - Das habe ich über-
haupt nicht erwartet. Mir geht es nur um Er-
kenntnisse, ob in solchen Runden so drüber
gesprochen wurde. Das ist ganz klar: Die
Berichtspflicht ist das eine, das Interesse und
die Holpflicht bei einem Projekt, das ein Ent-
wicklungsvorhaben ist und halt kein Kauf von
der Stange ist, ist aber dann wahrscheinlich
auch das andere. Wenn es so wichtig ist,
interessiert es einen doch.

Zeuge Volker Wieker: Ja, es interessiert;
aber deswegen muss ich nicht zu jedem
Zeitpunkt jeden Wasserstand wissen. Aber
ich muss wissen, ob die wesentlichen
Benchmarks erreicht werden.

Rainer Arnold (SPD): Wurden sie er-
reicht, die wesentlichen Benchmarks? Haben
Sie das erfahren?

Zeuge Volker Wieker: Nein, ich habe ja
gerade dazu ausgeführt, dass nach meiner
Einschätzung eben mit Befundung der Ar-
beitsgruppe im Dezember 2012 ein wesent-
licher Benchmark eben nicht erreicht wurde.

Rainer Arnold (SPD): Dann ein Punkt,
den ich nicht verstehe; da können Sie viel-
leicht weiterhelfen. In dem Papier zur Wei-
terführung und zur Erprobung von Missions-
systemen und dem Stopp der Serien-
beschaffung steht unter Punkt 9:

Ein ursprünglich von Euro Hawk
FSD erwarteter möglicher Beitrag
zum Schließen der Fähigkeitslücke
durch gezieltes Sammeln und Aus-
werten von Grundlagendaten in der
operationellen Testphase wird vom
Bedarfsträger auf Grundlage der
vorliegenden Rahmenbedingungen
heute nicht mehr erwartet. (?)

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1035 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 174
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Also, das … (akustisch unverständlich)
wird nicht mehr erwartet, weil es ja nicht
so - -

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege, können Sie mal die MAT-
Nummer nennen und, falls der Herr General
das sehen will, auch vorlegen?

Rainer Arnold (SPD): Ich hätte es gerne
ohne gemacht; aber - - Oh Gott, wo haben
wir sie denn? - Ich stelle die Frage anders,
Herr General, ich stelle die Frage einfach
anders. Ich habe gelesen, dass während der
operationellen Testphase auch versucht
werden sollte, schon Grundlagendaten auf-
zunehmen.

Zeuge Volker Wieker: Operationell,
jetzt?

Rainer Arnold (SPD): Ja, operationelle
Grundlagendaten.

Zeuge Volker Wieker: Die wir jetzt ja
nicht durchführen.

Rainer Arnold (SPD): Die führen wir jetzt
nicht durch; das ist klar. Mich interessiert nur:
Wo sollten solche Grunddaten - es kann nur
um Einsatzgebiete gehen oder - - das ist Ihre
Zuständigkeit -, wo sollten diese Daten erho-
ben werden?

Zeuge Volker Wieker: Das kann ich
Ihnen nicht sagen. Das liegt dann in der
Hand des Betreibers erstens und des Nut-
zers, der definieren muss, welche operatio-
nellen Grundlagendaten er für sein System
braucht und gerne hätte. Das zusammen
entscheidet dann über eine Routenplanung
und über einen Testbetrieb.

Rainer Arnold (SPD): Aber sicherlich
nicht in Deutschland? Da sind wir uns wahr-
scheinlich einig.

Zeuge Volker Wieker: Das kann ich
Ihnen so nicht sagen. Man kann auch in
Deutschland einen Testbau vollziehen, in-
dem ich zum Beispiel unsere Flugabwehr-
systeme, die wir noch besitzen, im Grunde
aufschalte und den Sensor drüberfliegen
lasse und prüfe, ob er sie erkennt.

Rainer Arnold (SPD): Nein, nein, es geht
ja nicht um den Test der Funktion; es geht
um das Schließen der Fähigkeitslücke durch
gezieltes Sammeln und Auswerten von
Grundlagen- - also Schließen der Fähig-
keitslücke, also um Sammeln von Radar-
sensoren, von möglicherweise Funksignalen
und Ähnlichem. Das ist ja die Fähigkeits-
lücke.

Zeuge Volker Wieker: Ja.

Rainer Arnold (SPD): So, und die kann
man ja nicht bei uns schließen.

Zeuge Volker Wieker: Aber das kann ich
Ihnen so nicht beantworten.

Rainer Arnold (SPD): Also, Sie wissen
nicht, was da vorgesehen war.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So, Herr Kollege Arnold - -

Zeuge Volker Wieker: Das ist ja Be-
standteil des Anforderers, der dann auch das
Design einer solchen Flugplanung anlegen
muss.

Rainer Arnold (SPD): Okay, ich bedanke
mich.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Sie wissen, dass die Redezeit von Ihnen zu
Ende ist.

Rainer Arnold (SPD): Danke schön.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt kommt die Fraktion der FDP.

Holger Krestel (FDP): Wir haben nun
wirklich keine Fragen mehr.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Keine weiteren Fragen. Die Linke? - Kollege
Schäfer.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Noch
mal zu den Fähigkeiten, Herr General: Sie
haben ja selber im Ausschuss auch schon
mal von einem Datenstaubsauger geredet.
Nun heben Sie darauf ab: Wir brauchen das
in den Einsätzen. - Was ist denn eigentlich
bei dem Flug eines solchen Euro Hawk oder
eines vergleichbaren Systems von A nach B?

Drucksache 17/14650 – 1036 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 175
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Gibt es sozusagen einen Stand-by-Schalter
bei ISIS, dass man sagt: „Nein jetzt nicht,
sondern wir brauchen das ja für die Einsatz-
gebiete“? Oder funktioniert dieser Daten-
staubsauger sozusagen auf dem Weg von A
nach B und von B nach A?

Zeuge Volker Wieker: Nein, das System
lässt sich verplomben - so nennt man das -,
und eine solche Verplombung kann auch
Kondition für die Erteilung einer Diplo-Clea-
rance sein.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Aber
es bleibt natürlich der Fakt, dass Sie einen
unglaublichen Radius damit abdecken kön-
nen. Meine Frage zielt darauf ab: Es könnte
ja sein - bei uns gibt es ja auch militärische
Geheimhaltung, Geheimhaltungsbedürf-
nisse -, dass es Länder gibt, die sozusagen
in diesem Radius liegen, die das durchaus
als unfreundlichen Akt empfinden. Wie geht
man mit dem Problem um?

Zeuge Volker Wieker: Nein, deswegen
erbittet man ja beim Überflug eine Diplo-
Clearance und spricht auch über die Kondi-
tionierung.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Aber
man braucht ja nicht unbedingt zu überflie-
gen, haben Sie vorhin erwähnt.

Zeuge Volker Wieker: Richtig. Richtig.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Was
macht man mit diesen Ländern?

Zeuge Volker Wieker: Ja, entweder hat
man ein Aufklärungsinteresse, dann sind es
vermutlich eben Spannungsgebiete, und ich
habe ein durchaus begründetes Interesse,
hier Aufklärungsergebnisse zu gewinnen,
oder ich bin nicht aufgeschaltet.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE):
Danke. - Könnte ein solches System, also
auch HALE oder MALE, auch als Instrument
der Amtshilfe eingesetzt werden?

Zeuge Volker Wieker: Für?

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Na, wir
haben ja allgemeine Beschreibungen, was
sozusagen Amtshilfe nach Art. 35 zu leisten
hat.

Zeuge Volker Wieker: Ja, nehme ich ein
gerade frisches Beispiel: Wenn wir ein sol-
ches System betreiben zum Beispiel mit
einem IR/UV-Sensor, dann können wir ihn
zum Beispiel dafür einsetzen, wie wir es jetzt
mit der alten DO getan haben bei der Marine,
indem wir einen solchen IR/UV-Sensor zum
Entlangfliegen der Deiche nutzen, um den
Aufweichungsgrad der Deiche festzustellen;
das ist möglich.

(Zurufe von der CDU/CSU: Falsche
Antwort aus Sicht des Kollegen
Schäfer! - Dumm gelaufen!)

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Es gibt
bei mir noch eine Unklarheit jetzt aus den
verschiedenen Zeugenanhörungen und den
Unterlagen. Wir haben drüber gesprochen,
also Zulassung Global Hawk in USA. Mich
interessiert einfach: Fliegt die denn jetzt in
allen Versionen? Der Vertreter von Northrop
hat gesagt: Die fliegt. - Nun wird ja als ein
wichtiger Grund genannt: Die Amerikaner
haben also diese Modelle, die hier in Rede
stehen, also auch Block 20, außer Dienst
gestellt, und deshalb gebe es höhere Be-
triebskosten. Herr Staatssekretär Beemel-
mans hat von 1 Milliarde gesprochen, die
also dann auf uns zukäme, wenn man Euro
Hawk beschafft. Können Sie da validierte
Aussagen machen, was jetzt die Außer-
dienststellung anbetrifft und was mögliche
Kosten für einen Betrieb von Euro Hawk
bedeuten würden?

Zeuge Volker Wieker: Nein, in keiner
Weise, insbesondere nicht für den zweiten
Teil. Tatsächlich ist es so, dass die Ameri-
kaner insbesondere für die US Air Force für
eine Gesamt-Baseline zunächst 45 Systeme
ins Auge gefasst haben, von denen 42 mitt-
lerweile belastete Grundlinie sind. Dieser
Bedarf richtet sich natürlich mit Masse an die
höchste Entwicklungsstufe; das ist der Global
Hawk Block 40. Eine andere Version dieses
Systems wird auch von der Navy betrieben.
Zwei Altsysteme werden noch von der NASA
betrieben, und ich kann jetzt nicht sagen,
welche andere Organisation. Das sind aber
reine Versuchsträger.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Aber
Sie hätten jetzt jedenfalls keine wirklich vali-
den Erkenntnisse darüber, was das bedeutet
für mögliche Betriebskosten, wenn man Euro
Hawk weiter beschafft?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1037 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 176
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Volker Wieker: Kann ich Ihnen
nicht sagen.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Da bin
ich ein bisschen erstaunt drüber, weil es in
der Einlassung des Ministers also zur Be-
gründung der Einstellung ein wichtiges Ele-
ment war.

Zeuge Volker Wieker: Ja, natürlich, die
Zahl ist mir bekannt und auch die Ableitung
der Zahl. Nur, wie sie sich begründet und
worauf sie sich stützt, das muss der Abtei-
lungsleiter AIN beantworten.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Be-
merkenswert.

(Lachen bei der CDU/CSU)

Letzte Frage - die haben Sie aber auch
schon angesprochen -: Der General, Ihr Vor-
gänger, hat ja davon geredet, dass er diese
erste Zwischenentscheidung erlassen hat
2006.

Zeuge Volker Wieker: Ja.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Dann
lesen wir ja in dem Bericht des Bundesrech-
nungshofs, 2009 sollte eine zweite Zwi-
schenentscheidung erlassen werden oder
vom Amt gemacht werden, die dann im Ja-
nuar 2013 vorgelegt wurde. Jetzt habe ich
verstanden, weshalb das so ist: weil ein Ver-
trag anschließend geschlossen wurde, und
jetzt hat die Verantwortung gewechselt, Pro-
jektleiter. Ich frage es deshalb: Der Herr
Schneiderhan hat ja gesagt, das sei ein
wichtiges Instrument der Alarmierung, also
dieser Zwischenentscheid. Also, offensicht-
lich hat das sozusagen auch mit diesem
Wechsel, Verantwortungswechsel nicht mehr
funktioniert. Anders kann man es doch gar
nicht sagen, oder?

Zeuge Volker Wieker: Nein. Der General
Schneiderhan, wenn ich richtig erinnere, hat
ja auch ausgeführt, dass das eigentlich eine
unzutreffende Bezeichnung ist - -

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Bitte?
Ich habe es jetzt akustisch nicht verstanden.

Zeuge Volker Wieker: Dass das eigent-
lich eine unzutreffende Bezeichnung ist.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Ja, ja,
natürlich, es ist eine Informations... (akus-
tisch unverständlich)

Zeuge Volker Wieker: Sie kennen den
Gesamtkontext, und diesen Gesamtkontext
dessen, was er gesagt hat, muss man schon
sehen.

Hier geht es jetzt tatsächlich darum, im
Grunde die getroffenen Entscheidungen und
Ereignisse, die eingetreten sind auf dem
Weg seit der ersten Zwischenentscheidung
und der 25-Mio.-Vorlage in 2009, nachzu-
zeichnen. Einer der ganz wesentlichen Ein-
flussfaktoren war dabei das Scheitern im
Projekt GAST, gemeinsames Auswertesys-
tem, praktisch die Sortiermaschine für die
empfangenen Daten, um sie in die richtigen
Analysebereiche zu übersenden. So. Das hat
zu Anpassungen führen müssen, die insge-
samt jetzt nachgezeichnet werden müssen.
Wir sind dabei; diese Zwischenentscheidung
liegt noch bei mir, sie ist noch gar nicht wei-
tergeleitet an die Staatssekretäre und den
Minister, weil ich dort noch Rückfragen habe,
was insbesondere den Blick in die Zukunft
betrifft.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Aber
es ging ja auch um den Zeitpunkt. Ich meine,
Sie reden von 2009 - die Änderungsver-
träge -, man hätte genauso gut dieses Tref-
fen Manching 2010 nehmen können, was ja
auch eine Veränderung ist, dass es nicht
hinnehmbar ist, dass sozusagen ein solcher
Entscheid oder eine Unterrichtung -

Zeuge Volker Wieker: Ja.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): - es ist
ja eine Unterrichtung - also mit Zeitverzug
vorgelegt wird. Wir reden zwar - -

Zeuge Volker Wieker: Nicht ganz.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Das ist
doch nicht akzeptabel.

Zeuge Volker Wieker: Nicht ganz, weil
sich natürlich die Zeitlinien im Projekt auch
stattlich gedehnt haben. Von daher bestand
diese Eile auch nicht. Selbst eine Verlänge-
rung jetzt auf den 30. September, hat ja der
AL H gestern ausgeführt, ist noch im Finanz-
rahmen der damals gebilligten 25-Mio.-Vor-
lage.

Drucksache 17/14650 – 1038 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 177
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So, jetzt kommt Bündnis 90/Die Grünen. Herr
Kollege Nouripour.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Herr Generalinspekteur, waren
Sie bei der Rüstungsklausur im März, glaube
ich, am 1. März 2012, dabei?

Zeuge Volker Wieker: Ja.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wann und wie und von wem
wurde das Thema Euro Hawk vorgebracht?

Zeuge Volker Wieker: Inspekteur Luft-
waffe.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Was hat er gesagt?

Zeuge Volker Wieker: Das habe ich ge-
rade ausgeführt.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Noch mal für mich, weil ich nicht
sicher bin, ob ich es verstanden habe.

Zeuge Volker Wieker: Er hat die Ge-
samtklassifizierung der luftgestützten Aufklä-
rung, und zwar vom Satelliten bis zum HALE
herunter, dargestellt in der Abgrenzung zwi-
schen abbildender Aufklärung und signal-
erfassender Aufklärung mit Blick auf die Lü-
cken, die dort bestehen, etc. Beim Projekt
Euro Hawk, hier die beiden Systeme AGS
Beistellung IMINT und Euro Hawk in der
SIGINT-Version, hat er abgehoben auf Zu-
lassungsprobleme, die im Bereich des Euro
Hawk noch bestehen. Das war es.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Hat er etwas zum alternativen
Zulassungsweg gesagt? - Sonst hat niemand
irgendwas dazu gesagt?

Zeuge Volker Wieker: Nein. - Ja, ich
weiß nicht, ob der AL AIN dazu noch etwas
kommentiert hat. Ich kann mich daran nicht
mehr erinnern.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aber noch mal, damit ich es ver-
stehe: Inspekteur Luftwaffe hat darauf hin-
gewiesen, dass es Probleme gibt?

Zeuge Volker Wieker: Ja.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Gab es eine Nachfrage? - Es gab
keinerlei Nachfrage?

Zeuge Volker Wieker: Nein, er hat ja die
Probleme beschrieben, mit Blick auf De-
monstrator und Serie, und dass man hier
noch nach einem Lösungsweg sucht.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Herr Wieker, noch mal: Es gab
vom Minister keine Nachfrage? Ich frage
deswegen, weil in relativ klaren Worten es in
seiner Vorbereitungsunterlage ja drinstand,
dass es da massive Probleme gibt.

Zeuge Volker Wieker: Nein, es hat kein
großer Dialog stattgefunden.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Okay. - Und die Differenzierung
bestand tatsächlich in der Art, wie Sie es
beschrieben haben, nämlich dass es bei
AGS um was anderes geht und so. Das hat
er alles dargelegt?

Zeuge Volker Wieker: Ja, in der Syste-
matik, wie eben beschrieben, dass es sich
bei AGS um abbildende Aufklärung und bei
Euro Hawk um signalerfassende Aufklärung
handelt.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Und eine solche Sitzung wird
protokolliert?

Zeuge Volker Wieker: Ich habe kein
Protokoll gesehen. Nein. Es war ja eine Vor-
stellung, und zwar über alle TSK und eine
Darstellung aller TSK mit ihren jeweiligen
Petiten bzw. mit ihren Priorisierungswün-
schen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Also, diese Rüstungsklausur ist
nicht protokolliert?

Zeuge Volker Wieker: Nein, nicht dass
ich weiß. Ich habe kein Protokoll gesehen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich gebe das Wort an die Kolle-
gin Keul.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1039 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 178
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, vielen Dank. - Herr Wieker, noch mal eine
letzte Frage zu Ihrer Einbindung. Wir hatten
danach jetzt ja schon ein paarmal gefragt,
weil Herr Wolf uns sagte, dass er das ja ver-
anlasst hat.

Zeuge Volker Wieker: Dass er was ver-
anlasst hat?

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Dass Sie eingebunden werden.

Zeuge Volker Wieker: Ach, bei der Vor-
lage?

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Bei der Vorlage nachher. Also, ist das aus
Ihrer Sicht dann rechtzeitig gewesen? Denn
er hat uns gesagt, eigentlich hätte der GI
schon auf Referatsebene eingebunden wer-
den müssen. War das aus Ihrer Sicht recht-
zeitig, oder hätte irgendjemand vorher das
schon mal veranlassen müssen aus Ihrer
Sicht?

Zeuge Volker Wieker: Nein. Tatsache ist
ja, dass ich aus meinem eigenen Bereich,
und zwar durch den Abteilungsleiter Planung,
darauf hingewiesen wurde, etwa einen Monat
vorher, dass sich zu Euro Hawk eine grund-
sätzliche Entscheidung abzeichnet -

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ach so.

Zeuge Volker Wieker: - und dass man
erwartet, dass AIN mit einer solchen Vorlage
auf den Markt geht. Das ist dann auf Arbeits-
ebene mitgezeichnet worden. Aber der
Staatssekretär Wolf legte hier einen beson-
deren Wert auf das Votum des GI „himself“.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, okay, jetzt habe ich es verstanden. -
Dann hatten Sie vorher etwas Interessantes
gesagt, als es darum ging, warum wir eigent-
lich diese Fähigkeit für „German eyes only“
brauchen, warum wir eigentlich - -

Zeuge Volker Wieker: Den Begriff habe
ich nicht genutzt.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Nein, den haben Sie nicht benutzt. Aber wir
haben sozusagen vorhin hier mal schon vor

einer Weile darüber gesprochen, warum das
eine nationale Fähigkeit sein muss und wa-
rum nicht innerhalb des Bündnisses - - Wa-
rum das eigentlich so wichtig ist, war mir
nicht klar, wenn wir sozusagen ein Bündnis
haben und die NATO haben, warum wir dann
untereinander unsere Daten sozusagen nicht
austauschen, und da haben Sie etwas Inte-
ressantes gesagt, dass Sie gesagt haben:
Ja, da sind die Staaten dann doch sehr da-
rauf bedacht, dass sie dort also sozusagen
auch ihre Technologie für sich behalten.

Also, ist es so, dass die Staaten sich so
schwertun, an der Stelle zusammenzuarbei-
ten - - im Prinzip gar keine sicherheitspoliti-
sche ist, sondern dass es um technologische
und wirtschaftliche nationale Interessen geht,
die es so schwer machen, da an der Stelle
zusammenzuarbeiten?

Zeuge Volker Wieker: Nein, das kann
man so daraus nicht ableiten. Man muss in
der Tat zwei unterschiedliche Dinge sehen.
Das eine ist natürlich die Entwicklung natio-
naler zum Beispiel Abwehrschutzsysteme
oder auch eines SEAD-Systems, wie wir es
haben, und solche Systeme benötigen im
Grunde das Auslesen der gegnerischen
Sensorik in einer Weise, die es erlaubt, die
eigenen Systeme genau und präzise zu ka-
librieren bzw. zu parametrisieren.

Andere Nationen, die ähnliche Fähigkei-
ten haben, benötigen dieselbe Fähigkeit. Die
sind nicht eins zu eins übertragbar oder nur
mit einem Wirkungsgrad bis zu 90 Prozent
bestenfalls, und das ist eine aus unserer
Sicht nicht hinreichende Kalibrierung. Das ist
der eine Punkt.

So, und Nachrichtengewinnung generell
ist natürlich eine nationale Domäne, und jetzt
in den Einsätzen -

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Nein, ich meine jetzt schon auf den Euro
Hawk bezogen.

Zeuge Volker Wieker: - ist es aber so,
dass wir uns im Grunde mit unseren Er-
kenntnissen bei Nachrichtengewinnung und
Aufklärung ergänzen. Das tun wir - Sie ken-
nen das - zum Beispiel in Mazar-i-Scharif
über die Einrichtung sogenannter Intel Fu-
sion Cells. Das ist die Basis für den ... (akus-
tisch unverständlich)

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Entschuldigung, wenn ich Sie unterbreche,

Drucksache 17/14650 – 1040 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 179
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Herr Wieker. Also, es ging mir jetzt wirklich
auch um den Euro Hawk, und Sie hatten ja
gesagt: Das ist keine nachrichtendienstliche
Gewinnung, sondern es geht ja um den
Schutz sozusagen der eigenen Systeme.
Und da habe ich mir schon die Frage gestellt:
Warum ist es so wichtig, dass die Ameri-
kaner nicht oder die Italiener oder die Eng-
länder nicht wissen, wie wir unsere Systeme
schützen? Also, es ist ja eigentlich nicht vor-
stellbar, dass das sozusagen unsere Gegner
wären. Darauf bezog sich meine Frage.

Zeuge Volker Wieker: Ja. Aber es ist
natürlich ein ganz sensibler Bereich, wie Sie
wissen, nicht wahr, weil eine umfangreiche
Kenntnis und das Gelangen in falsche Hände
eben dazu führen kann, dass Ihre Abwehr-
systeme nicht in dem Maße greifen oder
eben auch überlistet werden können, wie Sie
es - - Sie sind schon sehr darauf bedacht,
dass das Erkenntnisse sind, die besonders
geschützt werden.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So, jetzt frage ich die CDU. - Keine weiteren
Fragen mehr. SPD? - Kollege Bartels.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Noch mal
zu der Zwischenentscheidung. Also, es gab
eine Zwischenentscheidung, von der General
Schneiderhan uns berichtet hat. Jetzt geht es
um eine zweite Zwischenentscheidung?
Können Sie noch mal sagen, worum es da
geht?

Zeuge Volker Wieker: Gedankenstütze!
Man trocknet ja langsam aus.

(Der Zeuge blättert in seinen
Unterlagen)

Gründe für die zweite Zwischenent-
scheidung: Abweichungen gegen-
über der „Abschließenden funktio-
nalen Forderung“, System Signal
erfassender Aufklärung und erste
Zwischenentscheidung 2006.

Forderungsabweichungen: Durch
den Abbruch des IT-Vorhabens
Gemeinsames Auswertesystem
GAST im Mai 2008 ist nunmehr die
Anbindung des Systems SLWÜA an
die Datenbanken und Auswerte-
systeme des Kommando
StratAufklärung sicherzustellen.
Damit ergeben sich Änderungen in

den Datenanbindungen und der IT-
Sicherheit.

Da die vorgelegte Dokumentation in
der Originalsprache für geschultes
Luftwaffenpersonal einwandfrei ge-
lesen und verstanden werden kann,
wird auf eine Übersetzung in
AECMA Simplified English verzich-
tet. Kosten- und Zeitersparnis treten
damit ein.

Weiter:

Es findet keine weltweite Aufklärung
statt. Das aufzuklärende Interes-
sengebiet wird durch die verfügbare
Satellitenanbindung eingeschränkt.

Ich hatte dazu bereits ausgeführt; Stichwort:
nördlich des 80. Breitengrades, südlich des
80. Breitengrades.

Kostenersparnis für die Bereitstel-
lung von Kartendaten, Änderungen
der Risikobewertung des ausge-
wählten Lösungsweges für die
Projektierungsphase.

Da die 2004 seitens der US Air
Force avisierte Bereitstellung von
Flugversuchsergebnissen, Nach-
weisführung und Zulassung auf der
Basis des Global Hawk im erforder-
lichen qualitativen und quantitativen
Umfang nicht erfolgt ist, ist das
Realisierungsrisiko neu zu bewer-
ten und Änderungen im Vorgehen
im Projekt aufgrund der Umklapp-
entscheidung mit Umklappen in den
CPM novelliert sind als nächstes
CPM-Dokument …

Wir hatten darüber gesprochen.

… Lösungswege für mich zur Aus-
wahlentscheidung zu erstellen und
vorzubereiten. (?)

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das hört
sich aber sinnlos an, oder?

Zeuge Volker Wieker: Nein. Darüber
hinaus gibt es nur einen einzigen weiteren
Grund für eine zweite Zwischenentscheidung
oder für Zwischenentscheidung grundsätz-
lich: Das ist das Überschreiten von 15 Pro-
zent der gebilligten Finanzlinie. Der Fall ist
hier noch nicht eingetreten.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Da fehlen
noch 4 Millionen dran. Ja.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1041 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 180
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Aber wenn Sie es gar nicht - - Also, wir
werden das doch nicht einführen in die Bun-
deswehr, oder?

Zeuge Volker Wieker:Was?

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Den Euro
Hawk.

Zeuge Volker Wieker: Das kann ich
Ihnen heute noch nicht sagen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das wis-
sen wir gar nicht?

Zeuge Volker Wieker: Nein.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber es
ist doch entschieden.

Zeuge Volker Wieker: Es wird völlig - -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Was ist
denn entschieden worden?

Zeuge Volker Wieker: Es wird völlig of-
fen untersucht, auf welcher Plattform der
Weiterbetrieb von ISIS, wenn die Qualifizie-
rung entsprechend verfolgt wird und erfolgt
ist, durchgeführt wird. Von daher ist das alles
Spekulation.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber den
Euro Hawk führen wir doch nicht ein, und die
Phasendokumente - -

Zeuge Volker Wieker: Der Euro Hawk,
wie er jetzt besteht -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Als Sys-
tem.

Zeuge Volker Wieker: - mit einer fehlen-
den Musterzulassung für die Serie, wird ganz
sicher nicht die Grundlage.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja, aber
das Phasendokument bezieht sich doch auf
den Euro Hawk, nicht auf ISIS. Von ISIS
haben Sie eben gar nichts gesagt.

Zeuge Volker Wieker: Nein. Nein. Nein,
ISIS ist doch - - Die ganze GAST-Problema-
tik bezieht sich doch nur auf ISIS und nicht
auf den Euro Hawk oder dann die Plattform.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja.

Zeuge Volker Wieker: Ich meine, was
habe ich denn eben vorgetragen?

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja. Aber
Sie haben doch kein Phasendokument für
ISIS, sondern Sie haben ein Phasendoku-
ment für Euro Hawk, -

Zeuge Volker Wieker: Nein.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): - und in-
sofern - - Nein?

Zeuge Volker Wieker: Nein. Ich habe ein
Phasendokument für ein integriertes System
mit beiden Komponenten.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aha. Und
dafür wird jetzt eine fortgeschriebene Doku-
mentenlage geschaffen?

Zeuge Volker Wieker: In dem Rahmen
und mit der Begründung, die ich eben vorge-
tragen habe, ja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja,
okay. - Und was prüfen Sie noch?

Zeuge Volker Wieker: Ja, die beiden Lö-
sungswege, mindestens; wenn möglich, so-
gar mehr, um eine Auswahlentscheidung
treffen zu können.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das soll
dann schon Bestandteil der Zwischenent-
scheidung sein?

Zeuge Volker Wieker: Nein, das ist eine
Änderung des Verfahrens. Ich habe ja eben
die Gründe genannt, weshalb eine zweite
Zwischenentscheidung erforderlich ist oder
eine Zwischenentscheidung generell.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber es
ist schwierig, oder?

(Heiterkeit - Zuruf: In der Tat!)

Aber wir lernen ja dazu.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Überwiegend hat der Kollege Bartels das
Wort.

Drucksache 17/14650 – 1042 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 181
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

(Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich glaube den
Kollegen halt!)

Keine weiteren Fragen mehr von der
SPD-Fraktion? - Dann kommt die FDP-Frak-
tion.

(Joachim Spatz (FDP): Wir haben
keine! - Gegenruf von der
CDU/CSU: Wunderbar!)

- Keine. Dann kommt die Linke. Kollege
Koch.

Harald Koch (DIE LINKE): Vielen Dank. -
Ja, Herr General, es ist ganz interessant. Ich
habe schon gespürt in Ihren Eingangs-
bemerkungen, wie fasziniert Sie von dem
System sind. Ich habe dafür Verständnis,
wenn ich auch eine andere Meinung dazu
habe.

Zeuge Volker Wieker: Also, Faszination
ist sicherlich die unzutreffendste Beschrei-
bung.

Harald Koch (DIE LINKE): Gut, das ist
jetzt meine persönliche Interpretation; müs-
sen Sie jetzt nicht so selbst sehen. - Aber wir
hatten ja gehört von Ihnen, auch anhand der
Frage von meinem Kollegen Herrn Schäfer,
was die Interessengebiete betraf, auch noch
mal diese Fähigkeiten vernommen, mit wel-
chem Radius - -

Ich denke mal, insbesondere unterentwi-
ckelte Länder und auch Gruppierungen, die
sich hier total unterlegen fühlen, reagieren ja
auch darauf; das wissen wir ja. Sehen Sie
nicht die Gefahr der Zunahme der asym-
metrischen Kriegsführung?

Zeuge Volker Wieker: Also, da schwingt
ja schon eine gewisse Unterstellung mit.
Aber ich gebe Ihnen mal einfach das Gegen-
beispiel: Es sind irgendwo in Afrika deutsche
Staatsbürger entführt worden, und wir müs-
sen ein Notsignal aufnehmen, um überhaupt
eine Lokalisierung vornehmen zu können.
Wollen Sie sich da auf Ewigkeit auf interna-
tionale Partner verlassen, die Ihnen dabei
helfen, so etwas bereitzustellen, oder möch-
ten Sie eine Fähigkeit selbst besitzen?

Harald Koch (DIE LINKE): Das ist ein
schönes Beispiel. Aber es gibt Möglichkeiten
anderer technischer Mittel, hier zum Einsatz
zu kommen. Also, da brauche ich nicht un-
bedingt dieses milliardenschwere System.

Aber wir haben ja jetzt eine sehr umfassende
Diskussion, die auch in die Bevölkerung
reinschlägt, hinsichtlich des Agierens der
NSA, Überwachung, Ausspähung. Meinen
Sie nicht, dass das - - Ich frage es mal jetzt
ganz neutral: Ist das ein kluger Ansatz, in
diese Problematik Aufklärung einzusteigen?

Zeuge Volker Wieker: Ja.

Harald Koch (DIE LINKE): Okay.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Frau Kollegin Höger.

Inge Höger (DIE LINKE): Ja, danke, Frau
Vorsitzende. - Ihr Vorgänger Herr Schneider-
han hat hier unter anderem im Ausschuss
gesagt, dass der Euro Hawk zusammen - -
also, das integrierte System mit der Aufklä-
rungssoftware ISIS notwendig sei, eigen-
ständig zu entwickeln von Deutschland, um
mit Partnern in der NATO und in der EU auf
Augenhöhe zu kommen. Sehen Sie das auch
so, dass es deshalb notwendig war, nicht im
Verbund zusammen mit anderen innerhalb
der NATO oder sonstiger Bündnisse aufzu-
klären, sondern selber das Geld in die Hand
zu nehmen und eine Entwicklung zu beauf-
tragen?

Zeuge Volker Wieker: Ich kenne jetzt
nicht den Kontext, in dem er das gesagt hat
und was er explizit damit meinte.

Inge Höger (DIE LINKE): Es war schon
die Frage, ob man ein eigenständiges Sys-
tem entwickeln muss, Deutschland, oder ob
man sich auf NATO-Partner verlassen kann
bei der Aufklärung, wie man es ja früher auch
gemacht hat.

Zeuge Volker Wieker: Ich hatte dar-
gestellt, dass das eben nicht möglich ist. Um
eigene Systeme hinreichend präzise kalibrie-
ren zu können, ist ein solches System drin-
gend notwendig, und weil wir dazu in der
Lage waren bisher mit der Breguet Atlantic,
sind bei uns auch nicht diese Irrläufer der
HARM-Raketen wie damals im Kosovo vor-
gekommen, weil sie explizit auf die Zielerfas-
sungsradars kalibriert werden konnten, und
diese Fähigkeit ist deswegen so notwendig.

Inge Höger (DIE LINKE): Aber spätes-
tens seit Sie das Missionsplanungssystem

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1043 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 182
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nicht mehr für Deutschland bekommen und
da auf die USA angewiesen sind, hat sich
das doch eigentlich erledigt. Es ist ja kein
eigenständiges System.

Zeuge Volker Wieker: Das Missionspla-
nungssystem ist ja ein reines Routenpla-
nungssystem. Es ist ein Vorgang, der einen
unbemannten Flugkörper so programmiert,
dass er eine bestimmte Fluglinie fliegt, in
einer bestimmten Höhe, auf einem be-
stimmten Kurs etc.

Inge Höger (DIE LINKE): Aber es ist
dann kein eigenständiges deutsches System
mehr, oder liege ich da falsch? Also, Sie
haben GAST nicht mehr, die haben eine
Missionsplanung nicht mehr. Es ist doch nur
das - -

Zeuge Volker Wieker: Nein. Missions-
planung - - Das ist das amerikanische Sys-
tem AFMSS, auf das Sie sich gegenwärtig
beziehen. GAST bezieht sich nicht auf Flug-
führung und -steuerung, sondern auf das
signalerfassende System und die Auswer-
tung der Daten wie gewissermaßen eine
Sortiermaschine. Dieses Projekt konnte nicht
zum Erfolg geführt werden.

Inge Höger (DIE LINKE): Was bedeutet
das denn, wenn Sie immer sagen:
„Deutschland hat eine Fähigkeitslücke, die
muss unbedingt dringend gefüllt werden“?
Jetzt dauert das bis 2019, 23, ich weiß nicht,
was. Also geht es doch auch ohne?

Zeuge Volker Wieker: Das kann ich
Ihnen nicht sagen. Die Fähigkeitslücke habe
ich, glaube ich, hinreichend beschrieben, und
nun hängt im Grunde die Schließung dieser
Lücke von Parametern ab, die ich jetzt noch
nicht beurteilen kann, weil wir jetzt in diese
Prüfungsphase eingetreten sind.

Inge Höger (DIE LINKE): Können Sie
denn jetzt schlecht schlafen, weil wir diese
Fähigkeitslücke haben?

Zeuge Volker Wieker: Nein, ich schlafe
immer gut.

Inge Höger (DIE LINKE): Dann ist ja
gut. - Dann habe ich in dem Zusammenhang
noch mal eine Frage. Also, es war seit 2008
klar, dass das Auswertesystem GAST nicht

zur Verfügung steht, anschließend, dass die
Missionsplanung weiterhin von den USA
gemacht wird. Der Bundesrechnungshof hat
gesagt, 2009 hätte das - also, als es darum
ging, die Vorläufige Verkehrszulassung für
den Prototypen zu gewähren - neu bewertet
werden müssen. Das war zwar alles vor Ihrer
Amtszeit. Aber als Sie dann 2010 das Amt
übernommen haben, wäre es da nicht sofort
an der Zeit gewesen, in Kenntnis all dieser
Dinge das ganze Projekt neu zu bewerten?

Zeuge Volker Wieker: Nein. Zunächst
einmal kann ich nicht die Bewertung des
Bundesrechnungshofs hier kommentieren,
will das auch gar nicht. Zum anderen sollte
man sich auch nicht maßlos selbst über-
schätzen, nicht wahr. Ich habe, wie geschil-
dert, am 22. Januar die Aufgabe übernom-
men, bin gewissermaßen aus anderer Ver-
wendung in Afghanistan gekommen, musste
mir auch diesen Bereich erst mal erschlie-
ßen. Die Komplexität dessen und den Detai-
lierungsgrad, Frau Abgeordnete, auf dem wir
auch im Verteidigungsausschuss diskutieren,
nimmt schon gehörig ein, um hier aus-
kunftsfähig zu sein. Das brauche ich Ihnen,
glaube ich, nicht zu beschreiben. Von daher
braucht es schon eine Zeit, bis man wirklich
urteilsfähig ist in allen Facetten, die betroffen
sind.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So, jetzt kommt Bündnis 90/Die Grünen.
Frau Kollegin Keul.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, vielen Dank. - Herr Wieker, ich will jetzt
auch noch mal den Blick ein bisschen nach
vorne werfen. Also Sie haben da ja jetzt
einen Prototyp stehen, und wir haben gehört
vom Projektleiter, von der Industrie, von
Herrn Stein, von Herrn Selhausen: Ist ja ein
total tolles Ding. ISIS wird wahrscheinlich
erwartungsgemäß abgenommen, weil alle
davon ausgehen, dass das auch ganz toll ist
und das Flugzeug fliegt, hat eine vorläufige
Zulassung, ist in der industriellen Erprobung.
Jetzt ist ja die Frage, wenn es abgenommen
wird: Wann soll denn die operative Erpro-
bung beginnen? Oder habe ich das vorhin
richtig verstanden, dass Herr Wolf sagte, Sie
hätten auch jede Form von operativer Erpro-
bung nicht befürwortet?

Zeuge Volker Wieker: Ja, zumindest bis
zu dem Zeitpunkt, bis eine Qualifizierung des

Drucksache 17/14650 – 1044 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 183
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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integrierten Systems nachgewiesen ist.
Sonst brauche ich gar nicht operationell er-
proben.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, aber jetzt mal aus Sicht der Truppe ge-
sprochen, die da ja jetzt steht auch schon,
die mit der Auswertung, mit den Kursen und
dem Training schon im Juli beginnen wollte,
die fragen sich natürlich: Wenn das alles
funktioniert und das Ding fliegt - wir wollen
hier unsere Fähigkeiten erhalten -, warum
nimmt man jetzt nicht diesen Prototyp und
lässt uns daran trainieren, damit wir wenigs-
tens unsere Fähigkeiten erhalten können?
Das verstehe ich, ehrlich gesagt, auch nicht
ganz.

Zeuge Volker Wieker: Das werde ich der
Truppe erklären und sicherlich der Inspekteur
der Luftwaffe auch.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, aber jetzt habe ich Sie ja gefragt. Viel-
leicht tun Sie mir den Gefallen und erklären
es mir auch.

Zeuge Volker Wieker: Nein. Und es ist
doch Einsicht genug in der Truppe vorhan-
den, nicht wahr, unter den geschilderten
Rahmenbedingungen in dem aufgezeigten
Spannungsfeld nun nicht eine Entscheidung
zu treffen, die schon erheblich risikobehaftet
ist. Diese Dinge müssen jetzt einen Reife-
grad erlangen, auf dessen Grundlage ich
vernünftig entscheiden kann mit allen Betei-
ligten gemeinsam.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Aber, Herr Wieker, wo ist denn jetzt das Ri-
siko? Das Ding, das da jetzt steht und dann
abgenommen werden soll im Oktober, ist ja
bezahlt. Also das, was das jetzt kann, sind ja
keine zusätzlichen Risiken mehr. Also, wir
haben in den Flugplatz investiert, wir haben
bei der EloKa investiert. Es ist doch eigent-
lich jetzt nur noch eine praktische Frage,
diesen Prototyp zu nehmen - der hat ja noch
ungefähr 600 Flugstunden von den 1 000,
die er mal bewilligt bekommen hat - und
dann wenigstens das, was man bezahlt hat,
wenigstens noch für die operative Erprobung
zu nutzen, -

Zeuge Volker Wieker: Ja. Aber, Frau
Abgeordnete Keul, -

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
- also zumal ja alle sagen, dass - -

Zeuge Volker Wieker: - Sie haben ja
sicherlich die Vorlage auch genau gelesen
und zur Kenntnis genommen, dass ich pro
Jahr in etwa mit rund 52 Millionen Euro Mat-
Erhalt-Kosten rechnen muss. Das heißt,
alles, was ich mache - auch im Anschluss an
den Abschluss der Demonstrator-Phase -,
muss in die Gesamtbetrachtung: Was ist
eigentlich mein finanzieller Spielraum, und
wie nutze ich die noch verfügbaren Mittel zur
Herstellung dieser Fähigkeit und zum Schlie-
ßen der Fähigkeitslücke? - Da müssen alle
Parameter mit betrachtet werden, auch der
Kostenaufwand, der notwendig ist, um einen
operationellen Betrieb durchzuführen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also wir haben ja jetzt so viele Vorlagen ge-
lesen. Sehen Sie es mir nach, dass ich jetzt
nicht ganz den Überblick habe, welche Vor-
lage Sie gerade meinen und wieso Sie von
250 Millionen sprechen.

Zeuge Volker Wieker: Nein, 52.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ach, 52.

Zeuge Volker Wieker: Ja.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Was sollen denn das für 52 Millionen sein?

Zeuge Volker Wieker: Mat-Erhalt.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Wenn das nur Materialerhalt ist, heißt das
also, wenn wir jetzt nichts mehr ausgeben,
dass wir das Ding komplett verschrotten
können. Das sehe ich richtig, ja, dass nur
das Erhalten, wenn es da steht und nicht
benutzt wird, schon Geld kostet?

Zeuge Volker Wieker: Nein, der Betrieb.
In der Vorlage wird ein weiterer Betrieb des
Euro Hawk - Full Scale Demonstrator - per
anno mit etwa 52 Millionen Euro zu Buche
schlagen. So, diese Kostenstelle muss natür-
lich auch in einer Gesamtbetrachtung des-
sen, was ich zukünftig mache, mit eine Rolle
spielen. Das ist doch das Natürlichste von
der Welt. Ich kann doch die Kosten nicht

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1045 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 184
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

ausblenden. Sie sind mit ein Kriterium, nicht
wahr, wie ich mich entscheide.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Natürlich. Also, Herr Wieker, wir sind die
Letzten, die Ihnen jetzt sagen würden, Sie
sollen da noch mehr Geld reinstecken. Um
Gottes willen! Aber wenn doch hier alle Zeu-
gen und Techniker und Industrie uns erklä-
ren, dass dieses ISIS ein tolles Spitzenpro-
dukt deutscher Wehrtechnik ist, was wir auf
jeden Fall ja auch weiter nutzen wollen, und
nur noch eine andere Plattform finden müs-
sen, dann muss doch zumindest das Training
und die operative Erprobung dieses ISIS
auch irgendwie mit dem jetzt zumindest, was
da ist, mal beginnen.

Zeuge Volker Wieker: Ja, in einem ver-
antwortbaren Kostenrahmen; ich wiederhole
mich. Ich wiederhole mich: Es ist eine be-
stimmte Summe Geld ausgegeben und es ist
eine bestimmte Summe Geld veranschlagt
worden für die Serienbeschaffung.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, da sind wir ja schon drüber weg.

Zeuge Volker Wieker: Das ist der ver-
fügbare Rahmen, in dem ich mich bewegen
muss - plus/minus. In diesem Rahmen muss
ich alle Möglichkeiten betrachten. Das ist
auch der operationelle Weiterbetrieb des
FSD. Ob ich ihn verantworten kann oder
nicht, ob er mir zu viel Spielmasse raubt bei
einer alternativen Plattform etc., all das ist
Gegenstand der Überprüfung. Und diese
Entscheidung werde ich jetzt auch nicht tref-
fen, sondern auf der Grundlage eines qualifi-
zierten Abschlusses. Aber wie die Lösung
aussieht, kann ich Ihnen eben noch nicht
sagen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, ich frage nur nach, weil wir wirklich so viel
gehört haben, dass jeder sagt: Wir gehen
alle fest davon aus, dass sowieso ISIS ge-
nutzt werden muss. Dann fragt man sich
natürlich schon, warum das Gerät jetzt, ein-
schließlich ISIS, irgendwo verstaubt und
dann in ein paar Jahren offensichtlich ja
nichts mehr wert ist; das haben wir ja auch
gehört. Das ist natürlich etwas, was den
Steuerzahler vielleicht schlecht schlafen
lässt.

Zeuge Volker Wieker: Ja, und Sie se-
hen: Der Steuerzahler treibt auch mich um.
Ich muss verantwortlich mit den mir zugebil-
ligten Mitteln umgehen. Und deswegen muss
eine solche umfassende Prüfung alle Optio-
nen beinhalten.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Wann läuft denn die vorläufige Flugzulas-
sung jetzt ab? Gibt es da eine zeitliche Be-
grenzung, oder können diese 600 Stunden
sozusagen noch eine Weile aufgehoben
werden?

Zeuge Volker Wieker: Nein, wir haben
uns einen zeitlichen Rahmen gesetzt, der ja
auch mit den Kosten zusammenhängt, bis
30. September. Gegenwärtig sind noch alle
optimistisch, dass es zu diesem qualifizierten
Abschluss kommt.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Mit „qualifiziertem Abschluss“ meinen Sie
das, was ich jetzt sozusagen als Abnahme
bezeichnen würde?

Zeuge Volker Wieker: Der Nachweis der
vertraglich zugesicherten Leistung des Auf-
klärungssystems.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Gut, dann bin ich am Ende mit meinen Fra-
gen. Ich glaube, der Kollege Nouripour - -

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Dann bitte Kollege Nouripour.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich würde gerne noch mal - - weil
ich es nicht verstanden habe. Sie haben
gesagt, dass Sie keinen nicht gesehen ha-
ben bei der Rüstungsklausur.

Zeuge Volker Wieker: Dass ich?

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Bei der Rüstungsklausur. Sie
haben gesagt, dass Sie nicht wahrgenom-
men hätten, dass dort protokolliert wird. Ist
das normal, dass solche Sitzungen nicht
protokolliert werden?

Zeuge Volker Wieker: Ja, also durchaus,
weil im Grunde die Vorträge ja illustriert sind;
das sind ja Powerpoint-Vorträge. Von daher
ist im Grunde, wenn dort nicht ganz gravie-

Drucksache 17/14650 – 1046 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 185
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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rende Entscheidungen getroffen werden,
überhaupt keine Notwendigkeit, etwas zu
protokollieren.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So, jetzt kommt die CDU/CSU. - Nein.
SPD? - Nein. FDP? - Nein. Linke? - Frau
Kollegin Höger.

Inge Höger (DIE LINKE): Ich habe noch
mal eine Frage zu den Alternativen. Es ist ja
von allen Zeugen gesagt worden: ISIS ist
eine Zukunftstechnologie und ganz toll und
muss unbedingt weiter genutzt werden, und
es geht jetzt nur noch darum, alternative
Trägersysteme zu finden. - Sie haben ge-
sagt: Es ist völlig ergebnisoffen. - Beziehen
Sie bei der Untersuchung der diversen Mög-
lichkeiten die Industrie mit ein?

Zeuge Volker Wieker: Ja, natürlich.

Inge Höger (DIE LINKE): Haben Sie da
schon Studien in Auftrag gegeben, an wel-
che Firmen?

Zeuge Volker Wieker: Nein, das ist ja
nicht meine Aufgabe - ich hatte ja den Be-
schaffungsprozess beschrieben -, sondern
diese Gespräche, dann auch die Befunde
und Bewertungen laufen im Rüstungs-
bereich.

Inge Höger (DIE LINKE): Es klang aber
vorhin so ein bisschen bei Ihnen durch, als
ob Sie doch ein bemanntes Flugzeug bevor-
zugen würden, -

Zeuge Volker Wieker: Nein.

Inge Höger (DIE LINKE): - weil alles an-
dere - -

Zeuge Volker Wieker: Nein.

Inge Höger (DIE LINKE): Nicht? Also,
weil die Zulassungsproblematik ist ja - auch
wenn Sie sagen: Global Hawk ist nicht so ein
Problem - - aber eine Luftverkehrszulassung
nach europäischem Recht werden ja auch
die nicht bekommen, solange sie kein Anti-
kollisionssystem haben.

Zeuge Volker Wieker: Dass sie was
nicht haben?

Inge Höger (DIE LINKE): Ein Antikolli-
sionssystem.

Zeuge Volker Wieker: Nein, das ver-
wechseln Sie jetzt. Meinen Sie ein Kolli-
sionswarnsystem, übertragen - -

(Markus Grübel (CDU/CSU): Sense
and Avoid!)

Inge Höger (DIE LINKE): Sense and
Avoid kann ich auch sagen, ja.

Zeuge Volker Wieker: Das ist eine völlig
andere Qualität. Sense and Avoid ist im
Grunde das System, was man vor Augen
hat, um bei einem unbemannten Luftfahr-
zeug eine Funktionalität zu schaffen, die ein
automatisches Ausweichen bei Kollisions-
gefahr einleitet. Das ist eine erhebliche tech-
nologische Herausforderung, die gegenwär-
tig nicht bewältigt ist und nach meiner Ein-
schätzung noch absehbare Zeit bis zu einer
Realisierung braucht.

Inge Höger (DIE LINKE): Genau das
meinte ich.

Zeuge Volker Wieker: Das, was wir ge-
genwärtig im Luftverkehr haben, ist ein Kolli-
sionswarnsystem, im Englischen Traffic Col-
lision Avoidance System. Das ist ein respon-
derbasiertes System, das sich auf eine
bodengestützte Radarplattform abstützt und
gewissermaßen die Daten jeweils berechnet
und zusammenführt, die dort geliefert wer-
den. Ein Sense and Avoid muss im Milli-
sekundenbereich ein Objekt auffassen, des-
sen Flugrichtung, Geschwindigkeit und Höhe
erfassen, eine Kollisionswahrscheinlichkeit
berechnen und dann selbstständig ein auto-
matisches Ausweichmanöver einleiten, weil
die Übertragungszeit für den Impulsgeber
über Satellit mit einer Verzögerung von etwa
1,3 Sekunden bei den Geschwindigkeiten als
nicht hinreichend betrachtet wird, ein ma-
nuelles Ausweichmanöver zu erlauben. Das
ist die Qualität.

Inge Höger (DIE LINKE): Gut, aber das
gibt es bisher eben nicht für unbemannte
Flugsysteme; es ist aber Voraussetzung für
eine allgemeine Verkehrszulassung für den
Luftverkehr.

Zeuge Volker Wieker: Das wird von den
Experten, die sich mit diesem Luftfahrtrecht

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1047 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 186
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

befassen, als eine unerlässliche Vorausset-
zung gesehen. Der Hintergrund dafür ist
folgende Annahme: Ein unbemanntes Luft-
fahrzeug in dem Höhenband des allgemei-
nen Luftverkehrs muss geführt werden kön-
nen wie ein bemanntes nach den soge-
nannten Instrumentenflugregeln. Bei diesen
Instrumentenflugregeln ist aber immer noch
der Pilot involviert, nämlich dann, wenn sein
Kollisionswarnsystem ihm einen Hinweis für
ein Ausweichmanöver gibt. Die Übertragbar-
keit oder die Annäherung an diese Regelung
ruft ebendiese technologische Forderung
hervor, die noch nicht gelöst worden ist.

Inge Höger (DIE LINKE): Aber auf dieser
Grundlage bekommt weder der Euro Hawk
noch der Global Hawk eine Musterzulassung,
auch nicht für Italien und den europäischen
Luftraum. Das müsste Ihnen doch bekannt
sein.

Zeuge Volker Wieker: Für die Katego-
rie 3, meinen Sie?

Inge Höger (DIE LINKE): Ja.

Zeuge Volker Wieker: Ja, das ist Illu-
sion. - Auf welcher Grundlage?

Inge Höger (DIE LINKE): Sie meinen
aber, dass Sie in dem dicht beflogenen Luft-
raum in Europa dann mit Kategorie 2 die
Drohnen auch in Zukunft fliegen können?

Zeuge Volker Wieker: Ja, Kategorie 2
meint ja: Er nimmt nicht daran teil. Der fliegt
ja oberhalb.

Inge Höger (DIE LINKE): Ja, Sie sperren
für die zivile Luftfahrt - -

Zeuge Volker Wieker: Nein, nein. Ich
sperre für die zivile Luftfahrt nur einen Korri-
dor - zehn nautische Meilen im Karree - für
Start und Landung. Dann geht der auf seine
Höhe, und dann ist der oberhalb.

Inge Höger (DIE LINKE): Das ist zurzeit
ja auch für den Global Hawk in Italien das
System.

Zeuge Volker Wieker: Richtig.

Inge Höger (DIE LINKE): So funktioniert
das, und da ist die zivile Luftfahrt ziemlich
gestört, und das ist kein Dauerzustand.

Zeuge Volker Wieker: Das ist mir nicht
bekannt. Wo denn da?

Inge Höger (DIE LINKE): Auf Sigonella.

Zeuge Volker Wieker: Ist mir nicht be-
kannt.

Inge Höger (DIE LINKE): Ist Ihnen nicht
bekannt? Dann fragen Sie mal nach. -
Danke.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Sind jetzt keine weiteren Fragen mehr von
den Linken? - Dann kommt der Kollege Nou-
ripour von den Grünen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Herr Generalinspekteur, es gibt,
wenn ich es richtig sehe, vom heutigen Tage
eine Erklärung aus Ihrem Hause, und zwar
zum Thema Verschlüsselung, das, was wir ja
vorhin hatten, wie verschlüsselt wird. Wenn
ich daraus vorlesen darf? Ich habe keinerlei
weitere Möglichkeit, es vorzuhalten. Das ist
sozusagen gerade auf einer Webseite er-
schienen. Darf ich das vorlesen?

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ja, natürlich.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Gerade für Sie ist das auf alle
Fälle nachvollziehbar:

Zur Erläuterung der Funktionskette
wird ergänzend angemerkt, dass
Steuersignale des Luftfahrtzeuges
und Aufklärungssignale des Aufklä-
rungsmissionssystems ISIS über
ein von der NSA geliefertes
Kryptogerät mit einem amerika-
nischen Schlüssel gemeinsam über
einen Kanal von Bord des EURO
HAWK an die Bodenstation gesen-
det werden. Bevor jedoch die Auf-
klärungssignale vom deutschen
Sensor an das NSA-Gerät „über-
geben“ und dann zur Bodenstation
gesendet werden, werden sie mit
einem deutschen Code (German
Eyes only!) zusätzlich verschlüsselt.

Drucksache 17/14650 – 1048 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 187
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Volker Wieker: Ja, aber das habe
ich doch eben erklärt.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ja, klar.

Damit sind die Aufklärungsergeb-
nisse auf dem Übertragungsweg
(über Satellit) zur deutschen Aus-
wertestation vor fremdem Zugriff
geschützt.

Die Frage ist: Wer hat die Technik dazu
geliefert? Das werden ja nicht die Ameri-
kaner gewesen sein.

Zeuge Volker Wieker: Für die eigene
Verschlüsselung?

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Genau.

Zeuge Volker Wieker: Ja, der Lieferer.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Cassidian?

Zeuge Volker Wieker: Ja, sicher.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wir hatten die Frage Cassidian
gestellt. Da war die Antwort: Na ja, wenn wir
gefragt werden, werden wir halt irgendwie
liefern.

Zeuge Volker Wieker: Vielleicht wusste
er nicht so genau Bescheid.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie sagen, das ist von Cassidian
selbst gebaut?

Zeuge Volker Wieker: Ja, ich gehe da-
von aus. Ich meine, wer kann denn sonst im
Grunde für die Übertragung der Daten, die er
selbst erzeugt, die Verschlüsselung liefern?
Das ist eine naheliegende Ableitung.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wie gesagt, Herr Gerwert hat auf
Nachfrage gesagt: Wenn wir angefordert
werden, werden wir ein System liefern. - Er
hat nicht gesagt, dass sie das selber bauen.

Zeuge Volker Wieker: Das kann ich
Ihnen jetzt nicht sagen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wenn ich darf, würde ich noch
eine letzte Frage an die Bundesregierung
stellen.

Zeuge Volker Wieker: Aber ich weise
noch mal darauf hin: Das, was Sie vorgetra-
gen haben, ist exakt eine Beschreibung des-
sen, was ich hier erläutert habe.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ja, ja, ich habe das überhaupt
nicht infrage gestellt. Ich wollte das nur sozu-
sagen noch mal verstehen. Ich gehe auch
davon aus, dass die Erklärung im Hause jetzt
hoffentlich mit Ihnen abgesprochen ist.

Aber wenn ich die Bundesregierung noch
fragen dürfte?

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Welche Bundesregierung?

(Heiterkeit)

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Die noch im Amt seiende.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Das sind doch keine Zeugen, Herr Kollege
Nouripour.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Nein. - Ich würde gerne wissen,
ob in den Unterlagen, die uns zugeleitet wor-
den sind, die wir alle noch gar nicht über-
blicken können, ein Protokoll der Rüstungs-
klausur existiert. Das wird die Bundesregie-
rung eher überblicken als wir.

MR Andreas Conradi (BMVg): Ich habe
keines gesehen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Herzlichen Dank.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Sind jetzt keine weiteren Fragen mehr? -
Dann sind wir am Ende der Befragung.

Herr General, ich weise Sie noch mal da-
rauf hin, dass Ihnen nach Fertigstellung des
Protokolls dieses für mögliche Korrekturen
vom Sekretariat übersandt wird. Zuletzt erin-
nere ich Sie daran, dass nach § 26 Abs. 2
PUAG der Untersuchungsausschuss durch
Beschluss feststellt, dass die Vernehmung
des Zeugen abgeschlossen ist. Die Ent-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1049 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 188
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

scheidung darf erst ergehen, wenn nach
Zustellung des Vernehmungsprotokolls zwei
Wochen verstrichen sind oder auf die Ein-
haltung dieser Frist verzichtet wurde.

Herr General Wieker, ich bedanke mich
für Ihr Kommen, wünsche Ihnen einen guten
Nachhauseweg und alles Gute.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nach
Abschluss der Vernehmungen schließe ich
nun die Sitzung. Die nächste Sitzung des
Untersuchungsausschusses beginnt morgen,
dem 31. Juli 2013, um 10 Uhr, in diesem
Saal.

(Schluss: 21.16 Uhr)

Drucksache 17/14650 – 1050 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 189
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1051 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 190
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Drucksache 17/14650 – 1052 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 191
[7. Sitzung am 30.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1053 – Drucksache 17/14650

Deutscher Bundestag
17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als
2. Untersuchungsausschuss
gem. Art. 45 a Abs. 2 GG

Protokoll Nr. 8
(Sitzungsteil Zeugen-

vernehmungen, Öffentlich)
1. August 2013

Stenografisches Protokoll
- Endgültige Fassung* -

der 8. Sitzung
des Verteidigungsausschusses

als 2. Untersuchungsausschuss gem. Art. 45 a Abs. 2 GG
- zugleich 153. Sitzung des Verteidigungsausschusses -

am Mittwoch, dem 31.07.2013, 10 Uhr
Paul-Löbe-Haus, Berlin

Vorsitz: Dr. h. c. Susanne Kastner, MdB (SPD)

Tagesordnung

Vernehmung von Zeugen, im Einzelnen:

- Bundesminister der Verteidigung Dr. Thomas de Maizière, MdB
gemäß Beweisbeschluss 17-101

- Präsident des Bundesrechnungshofes Prof. Dr. Dieter Engels
gemäß Beweisbeschluss 17-115

Seite

1-117

* Hinweis:
Der Zeuge Dr. de Maiziére hat Einsicht in das Stenografische Protokoll genommen. Die Korrekturwünsche
sind dem Protokoll als Anlage beigefügt.

Drucksache 17/14650 – 1054 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

II

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1055 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

III

Drucksache 17/14650 – 1056 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

IV

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1057 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

V

Drucksache 17/14650 – 1058 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

VI

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1059 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

VII

Drucksache 17/14650 – 1060 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

VIII

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1061 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 1
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

(Beginn: 10.04 Uhr)

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Minister, ich begrüße Sie sehr herzlich
im Namen des Untersuchungsausschusses
heute an dieser Stelle. Ich begrüße zugleich
die Kolleginnen und Kollegen sehr herzlich
zu unserer achten Sitzu des Untersu-
chungsausschusses, die zugleich die 153.
Sitzung des Verteidigungsausschusses ist.
Ich begrüße sehr herzlich unseren Wehr-
beauftragten, Herrn Königshaus.

Ich komme zum einzigen Punkt der
Tagesordnung:

Vernehmung von Zeugen, im Ein-
zelnen:

- Bundesminister der Verteidi-
gung Dr. Thomas de Maizière,
MdB
gemäß Beweisbeschluss 17-101

- Präsident des Bundesrech-
nungshofes Prof. Dr. Dieter
Engels
gemäß Beweisbeschluss 17-115

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie Sie
der Tagesordnung entnehmen können, ste-
hen heute insgesamt zwei Zeugenverneh-
mungen in öffentlicher Sitzung an.

Zunächst gebe ich einige allgemeine
Hinweise. Die zahlreichen Vertreter der Me-
dien weise ich darauf hin, dass keine Film-,
Ton-, Bild- und Fernsehaufnahmen gemacht
werden dürfen. Gleiches gilt für die auf der
Tribüne befindlichen Besucher. Ich darf Sie
daher bitten, sämtliche Film-, Ton- und Bild-
aufnahmegeräte aus dem Sitzungssaal zu
entfernen.

Die Vertreter der Medien und die Besu-
cher weise ich darauf hin, dass die Benut-
zung von Handys nicht gestattet ist. Die
Handys müssen während der gesamten
Sitzung ausgeschaltet bleiben. Auch andere
Formen der drahtlosen Kommunikation sind
unzulässig.

Wir vernehmen die Zeugen in der folgen-
den Reihenfolge: erstens Bundesminister der
Verteidigung Dr. Thomas de Maizière, zwei-
tens Präsident des Bundesrechnungshofes
Prof. Dr. Dieter Engels.

Ich werde nach der Vernehmung des
Zeugen Bundesminister Dr. de Maizière die
Sitzung für 10, vielleicht auch 20 Minuten
unterbrechen, um Ihnen Gelegenheit für Fo-
tos und Presseerklärungen zu geben. Da-
nach wird die Sitzung mit der Vernehmung

des Zeugen Prof. Dr. Dieter Engels fortge-
setzt.

Für den Fall, dass Teile der Vernehmun-
gen als Geheim eingestuft werden, weise ich
bereits an dieser Stelle ausdrücklich auf die
Geheimschutzordnung des Deutschen Bun-
destages hin. Ich möchte zudem darauf hin-
weisen, dass nach § 7 der Geheimschutz-
ordnung des Deutschen Bundestages eine
entsprechende Beschlussfassung herbeige-
führt werden muss, wenn über Verschluss-
sachen der Geheimhaltungsgrade VS-Ver-
traulich und höher beraten wird.

Ich möchte in diesem Zusammenhang da-
ran erinnern, dass im Falle einer Einstufung
der Vernehmung mit einem Geheimhal-
tungsgrad VS-Vertraulich oder höher ein
Wechsel des Sitzungssaals erforderlich wird.
Daher bitte ich Sie, etwaige Vernehmungs-
teile, die einer entsprechenden Einstufung
bedürfen, gesammelt am Ende der Verneh-
mung zur Sprache zu bringen. Ein unter Um-
ständen erforderlicher eingestufter Verneh-
mungsteil wird im Sitzungssaal 2.300 des
Paul-Löbe-Hauses durchgeführt.

Ferner weise ich darauf hin, dass Vor-
halte aus eingestuften Akten nur in einer
ebenso eingestuften Sitzung zulässig sind.
Im Falle eines Vorhaltes möchte ich daran
erinnern, dass die beigezogene Unterlage
dem Zeugen durch den Fragesteller vorzu-
legen ist. Ich bitte aber auch für das Protokoll
um eine klare Benennung der Fundstelle
mitsamt der gesamten MAT-Nummer. Ges-
tern gab es nämlich ein paar Schwierigkeiten
beim Heraussuchen der Unterlagen. Deshalb
bitte die gesamte MAT-Nummer nennen.

Im Falle der Einstufung der Sitzung wird
die Wortprotokollierung grundsätzlich weiter-
geführt. Bestehen hierzu Einwände? - Das ist
nicht der Fall. Damit ist eine durchgehende
Wortprotokollierung beschlossen.

Dann kommen wir zu den Zeugenver-
nehmungen. Wir beginnen mit der Verneh-
mung des Zeugen Bundesminister der Ver-
teidigung Dr. Thomas de Maizière.

Vernehmung des Zeugen
Dr. Thomas de Maizière

Sehr geehrter Herr Bundesminister, ich
weise Sie darauf hin, dass die Sitzung auf-
gezeichnet wird. Dies dient ausschließlich
dem Zweck, die stenografischen Aufzeich-
nungen der Sitzung zu erleichtern. Die Auf-
nahmen werden später gelöscht. Das Proto-
koll dieser Vernehmung wird Ihnen nach

Drucksache 17/14650 – 1062 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 2
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Fertigstellung zugestellt. Sie haben anschlie-
ßend die Möglichkeit, Korrekturen und Er-
gänzungen vorzunehmen.

Herr Bundesminister, Sie sind mit Schrei-
ben vom 27. Juni 2013 geladen worden. Das
Beweisthema ist Ihnen mit dem Untersu-
chungsauftrag und dem Beweisbeschluss
zugegangen. Der Beweisbeschluss ist Ihnen
und den Mitgliedern bekannt. Auf eine Ver-
lesung kann daher verzichtet werden. Die
erforderlichen Aussagegenehmigungen sind
erteilt und liegen den Ausschussmitgliedern
als Tischvorlage vor.

Herr Bundesminister, nach den Vor-
schriften der Strafprozessordnung, die im
Untersuchungsverfahren sinngemäß Anwen-
dung finden, und den Vorschriften des Ge-
setzes zur Regelung des Rechts der Unter-
suchungsausschüsse des Deutschen Bun-
destages - im Folgenden verwende ich die
Abkürzung PUAG - muss ich Sie zunächst
belehren. Sie sind als Zeuge verpflichtet, die
Wahrheit zu sagen. Ihre Aussagen müssen
daher richtig und vollständig sein. Sie dürfen
nichts weglassen, was zur Sache gehört, und
nichts hinzufügen, was der Wahrheit wider-
spricht.

Ich habe Sie außerdem auf die möglichen
strafrechtlichen Folgen eines Verstoßes
gegen die Wahrheitspflicht hinzuweisen.
Danach kann derjenige, der vor dem Unter-
suchungsausschuss uneidlich falsch aus-
sagt, gemäß § 153 des Strafgesetzbuches
mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis fünf
Jahren bestraft werden.

Nach § 22 PUAG können Sie die Aus-
kunft auf solche Fragen verweigern, deren
Beantwortung Sie selbst oder Personen, die
im Sinne des § 52 Abs. 1 Strafprozessord-
nung Ihre Angehörigen sind, in die Gefahr
bringen würde, einer Untersuchung nach
gesetzlich geordnetem Verfahren ausgesetzt
zu werden.

Sollten Teile Ihrer Aussage aus Gründen
des Schutzes von Dienst-, Privat- und Ge-
schäftsgeheimnissen nur in einer nach der
Geheimschutzordnung des Deutschen Bun-
destages eingestuften Sitzung möglich sein,
bitte ich Sie um einen Hinweis, damit eine
entsprechende Einstufung erfolgen kann.

Nachdem ich Ihnen den Gegenstand der
Vernehmung erläutert, Sie zur Wahrheit er-
mahnt und belehrt habe, komme ich nun zur
Vernehmung zur Person. Herr Minister, bitte
nennen Sie uns Ihren Namen, Ihren Fami-
lienstand und Ihren Wohnort.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Thomas
de Maizière. Ich bin verheiratet. Meine Frau
und ich haben drei Kinder. Wir wohnen in
Dresden.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich komme nun zur Vernehmung zur Sache,
Herr Minister. Zunächst gebe ich Ihnen die
Gelegenheit, dem Ausschuss das im Zu-
sammenhang darzulegen, was Ihnen von
dem Gegenstand der Vernehmung bekannt
ist. Danach werde ich Ihnen einige Fragen
stellen. Anschließend erhalten die Mitglieder
des Ausschusses in einer festgelegten Rei-
henfolge das Wort.

Sollten Teile Ihrer Aussage aus Gründen
des Schutzes von Dienstgeheimnissen nur in
einer höher eingestuften Sitzung möglich
sein, bitte ich Sie erneut um einen Hinweis,
damit eine entsprechende Einstufung erfol-
gen kann.

Herr Minister, Sie haben das Wort.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Frau
Vorsitzende! Liebe Kolleginnen und Kolle-
gen! Im Mittelpunkt der Arbeit dieses Aus-
schusses steht die Diskussion der letzten
Monate über die Entscheidung zur Nicht-
beschaffung der Euro-Hawk-Serie. Diese
Diskussion hat weit über den Vorgang Euro
Hawk hinaus grundsätzlichen Charakter an-
genommen. Wir sprechen über viele Fragen
gleichzeitig, und wir berühren dabei grund-
sätzliche Fragen. Ich sehe vier Themenkom-
plexe von grundsätzlicher Bedeutung, die ich
hier kurz benennen will.

Erstens: die militärische Nutzung von
Drohnen. Wir sprechen beim Euro Hawk
über die geplante Beschaffung einer hoch
fliegenden Drohne zur Aufklärung. Grund-
sätzlich geht es dabei um die Frage, wie wir
in Deutschland mit der militärischen Nutzung
der Technologie des unbemannten Fliegens
umgehen wollen.

Zweitens: die Strukturen und Prozesse im
Rüstungsbereich. Wir sprechen beim Euro
Hawk über Rüstungsinvestitionen von Hun-
derten von Millionen Euro. Nach der Ent-
scheidung zur Nichtbeschaffung der Serie
diskutieren wir über einen möglichen Scha-
den. Grundsätzlich geht es um die Frage, wie
wir die Entwicklung und die Beschaffung der
notwendigen Ausrüstung für unsere Bun-
deswehr effizienter gestalten und besser
beaufsichtigen können.

Drittens: die Information des Parlaments
und damit auch der Öffentlichkeit zu geplan-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1063 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 3
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

ten und laufenden Rüstungsvorhaben. Wir
diskutieren darüber, wann und wie das Par-
lament zur Entwicklung des Projekts Euro
Hawk informiert und eingebunden worden ist
und ob dies angemessen und ausreichend
war. Grundsätzlich geht es um die Frage, ob
das Parlament bei Rüstungsvorhaben gene-
rell ausreichend über die Voraussetzungen
für geplante Vorhaben und die Entwicklung
von beschlossenen Beschaffungen informiert
wird, auch und gerade wenn Probleme auf-
tauchen.

Transparenz bei den Beschaffungen der
Bundeswehr ist ein Gebot der Wirtschaftlich-
keit, der Verantwortung gegenüber dem
Steuerzahler und der demokratischen Kon-
trolle. Der enge Austausch und das dafür
notwendige vertrauensvolle Arbeitsklima
zwischen dem Bundesministerium der Ver-
teidigung und dem Parlament liegen mir am
Herzen, als verantwortlicher Minister und als
Abgeordneter des Deutschen Bundestages.
Die Information und die Kommunikation zwi-
schen dem Ministerium und dem Parlament
zu diesen Themen können und müssen ver-
bessert werden. Hier sehe ich auch mein
Haus in der Pflicht.

Viertens: meine Befassung mit dem Ent-
wicklungsprojekt Euro Hawk. Wir diskutieren
in der Öffentlichkeit über meine Kenntnis der
Probleme beim Euro Hawk und meine Ein-
bindung in die Entscheidung zur Nicht-
beschaffung der Serie. Grundsätzlich geht es
für viele um die Frage, wie ich die Öffentlich-
keit darüber informiert habe. Darüber hinaus
besteht ein weiteres öffentliches Interesse
daran, wann und wie ich als verantwortlicher
Minister durch mein Haus über Probleme bei
Rüstungsprojekten informiert werde und was
in Zukunft zu tun ist, wenn über Probleme
nicht angemessen berichtet wird.

Meine Damen und Herren, die politische
Auseinandersetzung mit all diesen Fragen,
konkret zum Euro Hawk und grundsätzlich
darüber hinaus, sollte trotz der anstehenden
Wahlen konstruktiv geführt werden und mit
dem Blick darauf, was wir lernen können für
die Zukunft. Ich will meinerseits vortragen,
was ich gelernt habe und in Zukunft besser
machen möchte. Mir ist bewusst, dass die
Frage nach meiner Beteiligung und meinen
bisherigen Angaben dazu für manchen Be-
obachter die zentrale Frage ist. Sie gehört
auch zum Untersuchungsgegenstand, und
ich werde am Ende meiner Stellungnahme
dazu klar Position beziehen.

Der Ausschuss hat sich jedoch zu Recht
einen weiter gehenden Auftrag gegeben. Zu
diesen weiteren Fragen jenseits meiner Per-
son will ich als verantwortlicher Minister auch
etwas sagen, und zwar zuerst. Manches
haben Sie bereits in meiner Bewertung des
Berichts der Ad-hoc-Arbeitsgruppe in der
Sitzung des Verteidigungsausschusses vom
5. Juni 2013 gehört. Einiges davon will ich
hier ausführlicher erläutern.

Ich sehe fünf zentrale Punkte in der Ent-
wicklung des Projekts Euro Hawk - sie hän-
gen miteinander zusammen -: die große Be-
deutung der Fähigkeit zur signalerfassenden,
luftgestützten und weiträumigen Überwa-
chung und Aufklärung für die Bundeswehr,
die grundsätzliche Entscheidung für ein un-
bemanntes Luftfahrzeug, die Konzeption des
Euro Hawk als Entwicklungsprojekt, der Ver-
tragsschluss und der Projektverlauf.

Zunächst zur Fähigkeit und zur Bedeu-
tung für die Bundeswehr. Am Anfang des
Projekts Euro Hawk, zu Beginn des letzten
Jahrzehnts, stand eine absehbare Lücke im
Fähigkeitsspektrum der Bundeswehr. Die
Fähigkeit zur signalerfassenden, luftgestütz-
ten und weiträumigen Aufklärung und Über-
wachung sollte mit Blick auf die geplante
Außerdienststellung des bisher dafür einge-
setzten Flugzeugtyps Breguet Atlantic
dauerhaft sichergestellt werden.

Ich muss allerdings auch darauf hinwei-
sen, dass die Planungen und der Projekt-
verlauf dazu führten, dass nach Außerdienst-
stellung der letzten Breguet Atlantic schon im
Jahre 2010 diese Fähigkeitslücke eingetreten
ist. Nicht zuletzt auch auf Empfehlung des
Bundesrechnungshofs wurde aus wirtschaft-
lichen Gründen und wegen der fraglichen
Versorgbarkeit der alten Flugzeugflotte die
Entwicklung eines neuen Systems ins Auge
gefasst.

Die Notwendigkeit für ein dauerhaft leis-
tungsfähiges Nachfolgesystem war fraktions-
übergreifend weitgehend unumstritten. Es
ging und geht darum, über ein zutreffendes
Lagebild im Interessengebiet und die Aufklä-
rung der Führungs-, Informations- und Kom-
munikationssysteme eines Gegners zu ver-
fügen. Auch die Bundeswehr braucht diese
Fähigkeit - im Sinne ihrer Einsatzfähigkeit, im
Sinne ihrer Bündnisfähigkeit und im Sinne
des besseren Schutzes unserer Soldatinnen
und Soldaten in den Auslandseinsätzen.

Zur Schließung dieser Fähigkeitslücke
wurden vor mehr als zehn Jahren in diversen
Studien unterschiedliche denkbare Systeme,

Drucksache 17/14650 – 1064 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 4
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bemannt und unbemannt, auf ihre technische
und finanzielle Machbarkeit hin untersucht. In
den Unterlagen für den Ausschuss finden
sich vielfältige Hinweise darauf, dass die
damalige militärische Führung und die dama-
lige politische Leitung schon sehr früh eine
Präferenz für eine unbemannte Lösung ent-
wickelten.

Bereits im Sommer 2000 wurde im Blick
auf eine mögliche Nutzung der US-amerika-
nischen Global-Hawk-Plattform eine - ich
zitiere - „Harmonisierung der Planungen zu
AGS, SIGINT-Nachfolge und HALE-UAV“
sowie eine - ich zitiere noch einmal - „Stan-
dardisierung für Trägerplattform, Sensoren
und Datenübertragung und Auswertung“
angestrebt. So ist es dem von Staatssekretär
Stützle und Generalinspekteur Kujat gebil-
ligten Ergebnisprotokoll einer „Priorisie-
rungssitzung“ zu entnehmen, in der im
August 2000 über künftige Investitionen be-
raten wurde.

Die sich daraus ergebenden Herausforde-
rungen waren bereits zu diesem Zeitpunkt
umfassend bekannt. Zum Stichwort SIGINT-
Nachfolge heißt es etwa:

Für unbemannte Trägerplattformen
sind wesentliche Flugsicherheits-
fragen zu klären.

Zitat Ende.
Man kann davon ausgehen, dass damit

auch die Frage der Zulassung gemeint war.
Doch trotz dieses Vorbehalts wurde als
Entscheidungsvorschlag formuliert:

Energisches Vorantreiben der UAV-
basierten Aufklärungssysteme mit
1. Priorität beim HALE-UAV.

Schon in diesem frühen Planungssta-
dium, noch lange vor Erarbeitung und Billi-
gung der für den weiteren Beschaffungspro-
zess entscheidenden und hier bereits disku-
tierten Grundlagendokumente - der System-
fähigkeitsforderung aus dem Jahre 2002 und
der „Abschließenden funktionalen Forderung“
aus dem Jahre 2004 - waren diejenigen
Probleme bekannt, die heute ein Grund für
die deutliche Verteuerung der Musterzulas-
sung des Euro Hawk sind und damit auch für
den Nichteinstieg in die Serie.

Das zeigt auch der weitere Beratungs-
gang. Bereits am 12. Februar 2001 wies der
Generalinspekteur in einer Vorlage zum
Thema „Unbemanntes Fluggerät zur weitrei-
chenden Aufklärung HALE-UAV“ den zu-
ständigen Staatssekretär darauf hin, dass -

ich zitiere - „neben der Trägerplattform wei-
tere, teilweise erheblich risikobehaftete Sys-
temelemente“ zu berücksichtigen seien. Sei-
nen Hinweis, dass auch die US-Position zur
Technologiefreigabe im Rahmen einer mög-
lichen Kooperation von Bedeutung sei, kön-
nen wir heute gut einordnen. Die Einschrän-
kungen durch die restriktive US-amerika-
nische Rüstungsexportregelung haben im
Zusammenhang mit dem Projekt Euro Hawk
viel Zeit und Geld gekostet.

Zur Zulassung heißt es beim General-
inspekteur im Februar 2001 - ich zitiere -:

Bezüglich der Zulassung zum Flie-
gen im kontrollierten Luftraum be-
steht vor einer Realisierung unbe-
mannter fliegender Plattformen un-
abhängig vom angestrebten Trä-
gersystem umfangreicher Hand-
lungsbedarf.

Fest steht: Eine unbemannte Lösung
wurde weiter favorisiert. Man war optimis-
tisch. Man wollte mit der Teilnahme von un-
bemannten Luftfahrzeugen am allgemeinen
Flugverkehr einen technologischen Moder-
nitätsschub erreichen und die großen Vor-
teile des unbemannten Fliegens militärisch
nutzbar machen. Man wollte den ganz gro-
ßen Wurf wagen. Das war mutig, aber eben
von Anfang an risiko- und problembehaftet.

Die größeren Vorteile dieser neuen Tech-
nologie waren nur um den Preis größerer
Risiken zu erreichen. Mit der Entscheidung
für eine unbemannte Lösung war folgerichtig
die Entscheidung für ein Entwicklungsprojekt
verbunden. Die Zulassung unbemannter
Luftfahrzeuge und ihre Integration in den
Luftverkehr waren dabei nur zwei der zahl-
reichen offenen Fragen, die mit Entwick-
lungsprojekten immer einhergehen. Wenn
man eine solche Entwicklung startet, muss
man das Risiko des Scheiterns eingehen.

Der damals gültige Beschaffungsprozess,
genannt CPM 2001, sah vor, zur Verringe-
rung der Risiken, wo möglich, auf marktver-
fügbare Systeme zurückzugreifen und vor
Anschaffung der Serie die Funktionsfähigkeit
des Gesamtsystems an einem Prototyp zu
testen. Auch beim Euro Hawk wurde nach
diesem Ansatz verfahren - richtigerweise,
denn andernfalls wären wir heute wohl fak-
tisch gezwungen, die Musterzulassung der
Serie um jeden Preis zu erwirken.

Das System Global Hawk war das einzige
marktverfügbare unbemannte Luftfahrzeug,
das in der von den Streitkräften geforderten

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1065 – Drucksache 17/14650

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großen Flughöhe, rund 20 000 Meter über
der Erde, fliegen konnte. Die Marktverfüg-
barkeit war jedoch insofern eingeschränkt,
als dass das System durch die US-Streit-
kräfte fortlaufend weiterentwickelt werden
sollte und selbst in den USA keine amerika-
nische Musterzulassung vorlag, die man, wie
etwa beim Phantom-Jagdbomber viele Jahre
zuvor, als Grundlage für eine deutsche Zu-
lassung hätte nutzen können.

Vor dem Hintergrund der zu erwartenden
fortlaufenden Entwicklungen machte eine
umfassende Musterzulassung der einzelnen
Versionen aus Sicht der US Air Force tat-
sächlich nur bedingt Sinn. Dennoch ging man
damals im BMVg weiter vom Gegenteil aus.
Heute wissen wir: In der fortlaufenden Wei-
terentwicklung der Global-Hawk-Plattform
ohne US-Musterzulassung liegt ein weiterer
Grundstein für die späteren Probleme bei der
Zulassung des Euro Hawk.

Die von der US Air Force und der US
Navy heute betriebenen oder für die Zukunft
bestellten Global-Hawk-Systeme sind tech-
nisch gesehen weiter entwickelt als die Sys-
teme der Block-20-Reihe, auf denen der
Euro Hawk basieren sollte. Ein wichtiger
Grund für die heutige Nichtbeschaffung der
Euro-Hawk-Serie sind daher die absehbar
hohen Kosten zur Materialerhaltung ange-
sichts der nun eintretenden Ausphasung der
Global Hawk Block 20 in der US Air Force.

Wie zentral eine verlässliche und bestän-
dige Rüstungskooperation von Anfang an für
das Projekt war, zeigt sich in einem Gedan-
kenpapier des Führungsstabs Luftwaffe für
den Antrittsbesuch des neuen General-
inspekteurs Schneiderhan im Juni 2002. Dort
heißt es zu den kurz zuvor verschobenen
Testflügen des Global Hawk in Nordholz - ich
zitiere -:

Ein glaubhafter Nachweis der
grundsätzlichen Machbarkeit ist
wegen der bei uns nicht vorliegen-
den Erfahrungen und der vorhan-
denen Widerstände gegen diesen
Lösungsansatz erforderlich.

Zitat Ende. - Ich zitiere weiter:

Es ist alles daranzusetzen, um
einer nicht auszuschließenden ein-
seitigen Vorgehensweise der US-
Seite entgegenzuwirken und einen
Rückschlag für das Vorhaben zu
verhindern, um die ohnehin vorhan-
denen Zweifel an der Möglichkeit
transatlantischer Rüstungskoopera-
tion in diesem Bereich abzubauen.

Zitat Ende.
Die Zweifel waren berechtigt, und sie

blieben berechtigt. Das Thema blieb virulent.
Im Februar 2004 wurde in einer Vorbereitung
für eine USA-Reise des damaligen Bundes-
kanzlers Gerhard Schröder die Bereitschaft
der US-Regierung zu einem - ich zitiere -
„offenen und fairen Technologie-Austausch
zum beiderseitigen Nutzen“ als „kritischer
Meilenstein für die Realisierung des Euro-
Hawk-Projekts“ - Zitat Ende - bezeichnet. In
der damaligen politischen Lage von einem so
weitgehenden Austausch in einem so sen-
siblen militärischen Hochtechnologiebereich
auszugehen, muss wohl auch im Nachhinein
als zu optimistisch angesehen werden.

Es gibt in den Unterlagen des Ausschus-
ses noch viele weitere Belege, die darauf
hinweisen, dass die schwierige Entwicklung
beim Euro Hawk früh hätte vorhergesehen
werden können, ja vielleicht sogar müssen.
All die Risikofaktoren für das Projekt Euro
Hawk waren von Anfang an bekannt, ebenso
wie die Komplexität des Unterfangens insge-
samt. Aber sie wurden zu Beginn und auch
im Projektverlauf unterschätzt.

Man entschied sich im weiteren Verlauf
für die unbemannte Plattform aus heute im-
mer noch nachvollziehbaren Gründen: die
höhere Stehzeit, die größere Reichweite, die
erweiterten Einsatzmöglichkeiten, die höhere
Sicherheit für die Besatzung und die über die
Lebenslaufzeit niedrigeren Materialerhal-
tungskosten. Es gab den militärischen
Wunsch und den politischen Willen, aber es
war ein wirtschaftliches Wagnis und techno-
logisches Neuland. Zudem gab es keine
Erfahrungen.

Vor diesem Hintergrund ist der heutige
Erkenntnisgewinn, den verschiedene Zeugen
vor mir aufgeführt haben, hoch einzuschät-
zen, wenn auch aus meiner Sicht nicht mit
einem konkreten Geldwert abzubilden oder
zu verbuchen.

Die Probleme waren identifizierbar und
identifiziert. In Vorbereitung der System-
fähigkeitsforderung etwa werden in einem
Ergebnisbericht der Arbeitsgruppe System-
konzeptstudie vom Juli 2002 zur Prüfung der
offen favorisierten unbemannten Option
exakt zwei Punkte als Handlungsbedarf auf-
geführt: die Frage der Musterzulassung und
das Verfahren zur Teilnahme am allgemei-
nen Luftverkehr.

Obwohl es keine Regeln für den Flug-
betrieb eines unbemannten Flugzeugs gab,
forderte der Generalinspekteur, seinerzeit

Drucksache 17/14650 – 1066 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 6
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General Schneiderhan - - forderte die beim
Generalinspekteur angesiedelte Integrierte
Arbeitsgruppe Fähigkeitsanalyse des Vertei-
digungsministeriums schließlich im Sommer
2002 - ich zitiere -:

Der Träger muss sich in die vor-
handenen und militärischen Luft-
raumstrukturen einordnen können
und mit den dafür erforderlichen
technischen Einrichtungen verse-
hen sein.

Zitat Ende.
2004 wurde diese Forderung in der „Ab-

schließenden funktionalen Forderung“ des
Generalinspekteurs, gebilligt durch den zu-
ständigen Staatssekretär, Herrn Staats-
sekretär Eickenboom, bereits abgeschwächt.
Aus dem „müssen“ wurde für die Zulassung
der Serie eine Soll-Vorschrift und für den
Prototyp eine Kann-Vorschrift.

Gleichzeitig war man im BMVg zu dieser
Zeit überzeugt, dass die deutschen Aktivi-
täten zur Integration von unbemannten Luft-
fahrzeugen in den kontrollierten Luftraum von
amerikanischer Seite mit hoher Aufmerk-
samkeit verfolgt würden. Zumindest in der
Entwicklung des Euro Hawk fand diese ver-
mutete Aufgeschlossenheit der USA aber
keinen konkreten Niederschlag. Die Pro-
bleme nahmen in den Jahren danach eher
zu.

Schon weit vor Abschluss des Vertrages
im Januar 2007 zeigte sich damit bereits in
den Grundlagendokumenten die Tendenz zur
fortdauernden Absenkung der Anforderun-
gen an die Teilnahme am allgemeinen Luft-
verkehr, die sich, zumindest nach dem Ver-
ständnis der Auftragnehmer, durch den Ab-
schluss des Vertrages hindurch fortsetzte
und im Februar 2010 darin mündete, dass
von der Forderung nach einer Musterzulas-
sung des Prototyps ganz abgesehen und die
Musterzulassung auf die Serie verschoben
wurde.

Diese weitreichende Entscheidung wurde
trotz der von mir genannten Vorgeschichte
allein durch das Beschaffungsamt auf Vor-
schlag der Industrie entschieden.

Das Problem wurde schlicht auf später
verschoben. Das Ergebnis ist bekannt. Wir
haben heute weder eine Musterzulassung für
den Prototyp noch Aussichten auf eine Mus-
terzulassung für die Serie zu vertretbaren
Kosten.

Der Euro Hawk ist dabei bei weitem nicht
das einzige Entwicklungsprojekt, das trotz

erfolgreicher technischer Entwicklung nicht in
einen Beschaffungsvorgang mündet. Andere
Beispiele lassen sich anführen: bei dem
schwimmenden System das Sonar-System
LFTAS, auf dessen Beschaffung 2005 nach
erfolgreicher Entwicklung aus finanziellen
Gründen verzichtet wurde; beim Heer das
Rüstungssystem BÜR, auf dessen Beschaf-
fung 2011 nach erfolgreicher Entwicklung
ebenfalls aufgrund mangelnder finanzieller
Kapazitäten verzichtet wurde; bei den flie-
genden Systemen das Senkrechtstarter-
Transportflugzeug Dornier 31, das in den
70er-Jahren nach erfolgreicher Entwicklung
aufgrund einer veränderten Lageanalyse
nicht mehr beschafft worden ist.

Im Übrigen gilt: Jedes Entwicklungspro-
jekt kann scheitern, und jeder Entwicklungs-
vertrag ist geprägt durch das Spannungsver-
hältnis zwischen Bemühen und Leistung. In
diesem Sinne werden ja auch Fragen an den
Vertrag zwischen der Bundeswehr und den
beteiligten Unternehmen gestellt.

Der Vertrag zwischen dem damaligen
Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung
der Bundeswehr, BWB, und der Euro-
Hawk GmbH vom Januar 2007 war ein Ent-
wicklungsvertrag und eben kein Beschaf-
fungsvertrag. Mit Blick auf die Zulassung
wurden Managementpflichten festgelegt, die
sich auf die Lieferung von Daten und Doku-
mentationen beziehen.

Es ist nun im Verteidigungsausschuss
umstritten, welche Teile des Vertrages eine
Dienstleistung beschreiben und welche eine
Werkleistung. Deshalb habe ich eine
Rechtsanwaltskanzlei mit der entsprechen-
den Prüfung beauftragt, damit sie bei einem
eventuellen Gerichtsverfahren die Interessen
des Bundes auch vertreten kann.

Meine Damen und Herren, ich ziehe ein
Zwischenfazit: Die Notwendigkeit einer Fä-
higkeit der Bundeswehr zur signalerfassen-
den Überwachung und Aufklärung war un-
umstritten. Die Grundentscheidung für eine
Drohne als Trägersystem betrat Neuland. Sie
war nach meiner Meinung richtig, aber risi-
kobehaftet. Das Vorgehen mit einem Ent-
wicklungsvertrag war deshalb angemessen.
Aber die Probleme wurden zu Beginn des
Projektes unterschätzt und im Projektverlauf
von Beginn an nicht angemessen bearbeitet.
Hier liegt der Geburtsfehler des Euro Hawk.
Man kann das mit einem anderen Begriff
versehen. Mit Blick auf den langen Vorlauf
könnte man vielleicht auch von einem „gene-
tischen Fehler“ sprechen. Nach meiner Be-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1067 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 7
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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wertung hätte die Dimension der Probleme
bereits nach ihrer Identifikation ernster ge-
nommen werden müssen.

Der Euro Hawk ist nicht das erste und das
einzige Rüstungsprojekt der Bundeswehr,
das vor seinem ersten Einsatz erst einmal
mit der Zulassung zu kämpfen hat. Zulas-
sungsfragen spielen bei nahezu allen Rüs-
tungsvorhaben eine wichtige Rolle, insbe-
sondere jedoch bei Luftfahrzeugen. Das gilt
im Übrigen ebenso für zivile Entwicklungs-
projekte. Zulassungsfragen führen oft zu
Problemen und zu Zeitverzögerungen. Es
kommt dann immer darauf an, ob und wie
solche Probleme lösbar sind.

Ich habe die Bedeutung des Themas Zu-
lassung bei einem Besuch der Wehrtechni-
schen Dienststelle 91 in Meppen im Sommer
2011 kennengelernt. Dort ging es seinerzeit
um Munition. Auch in diesem Bereich gibt es
unterschiedliche nationale Zulassungsverfah-
ren und -anforderungen, obwohl wir in der
EU und der NATO oft den gleichen Typ von
Munition verschießen. Seither spreche ich
regelmäßig mit meinen Amtskollegen in der
EU und im NATO-Bündnis über Zulassungs-
fragen. So wie bisher können wir nicht wei-
termachen, wenn wir die Initiativen „Smart
Defence“ und „Pooling and Sharing“ ernst
meinen. Das kann nur mit einer Harmonisie-
rung der Zulassungsanforderungen funktio-
nieren.

Entgegen dem öffentlichen Eindruck geht
es bei der Frage der Zulassung um mehr als
ein bloß formales Erfordernis. Die Musterzu-
lassung hat große technologische Bedeu-
tung. Nur mit ihr ist zum Beispiel die Teil-
nahme unbemannter Luftfahrzeuge am all-
gemeinen Luftverkehr möglich, und damit der
seinerzeit erhoffte Quantensprung.

Die Musterzulassung berührt zudem Fra-
gen der Sicherheit. Nur auf dieser Grundlage
kann etwa die Verkehrssicherheit eines
Luftfahrzeugs abschließend bestätigt wer-
den. Die Musterzulassung ist auch eine
Frage der nachhaltigen Investition. Ange-
sichts der für den Kauf der Systeme aufge-
wandten Mittel ist es nur angemessen, dass
die Bundeswehr als Käufer und Betreiber
wissen will, welche Materialien mit welchen
Testergebnissen im Luftfahrzeug verbaut
sind. Genau das wollen aber manche Her-
steller nicht oder nur zögernd herausgeben.

Meine Damen und Herren, im Verlauf des
Projekts Euro Hawk kam es zwischen Bun-
deswehr und EuroHawk GmbH nicht mehr zu
einer wirklichen Harmonisierung der unter-

schiedlichen Vorstellungen über die Anforde-
rungen und Leistungen, die nötig sind, damit
der Euro Hawk im deutschen Luftraum flie-
gen darf. Weitergehende Missverständnisse
und Auseinandersetzungen zwischen Auf-
traggeber und Auftragnehmer waren eher die
Regel. Die zuständigen Mitarbeiter im Pro-
jektmanagement des BWB hatten den Un-
terlagen zufolge zwar immer wieder die Hoff-
nung, die Probleme mit der Zeit lösen zu
können. In ihren Händen lag die andauernde
Abwägung zwischen dem Risiko des Schei-
terns an den Kosten für die Zulassung und
dem Potenzial der Erprobung im Hinblick auf
die Schließung der zentralen Fähigkeits-
lücke. Diese Abwägung fiel immer zugunsten
des mit dem Euro Hawk verbundenen Poten-
zials aus - bis zur geschätzten Kostensteige-
rung für die Musterzulassung für die Serie
um 500 bis 600 Millionen Euro oder gar
mehr. Bis dahin galt: Die Anforderungen
werden runtergeschraubt, und der Geldhahn
wird aufgedreht. - Die fortwährende Verteue-
rung des Projekts bei gleichbleibend
schlechten Aussichten auf eine Musterzulas-
sung spricht für sich.

Der zunehmend negativen Neigung der
schiefen Bahn im Hinblick auf das Kosten-
Nutzen-Verhältnis des Trägersystems stand
allerdings die bisher erfolgreiche Erprobung
des Missionssystems ISIS entgegen. Nur die
Erprobung mit dem Prototyp auf der Grund-
lage einer Vorläufigen Verkehrszulassung
seit Januar dieses Jahres ermöglicht die
bisherige Qualifizierung des Aufklärungs-
systems ISIS.

Vor diesem Hintergrund ist der Ansatz der
Projektleitung vor Ort in der WTD 61 und
dem BWB, das Projekt so weit wie möglich
voranzutreiben und einmal getätigte Investi-
tionen nicht allzu leichtfertig aufs Spiel zu
setzen, zu verstehen. Dennoch hätte das
Ministerium als fachaufsichtführende Be-
hörde und die Leitung des Ministeriums frü-
her informiert und in maßgebliche Entschei-
dungen eingebunden werden müssen. Dies
gilt, wie gesagt, etwa für den Schritt im Fe-
bruar 2010, auf Vorschlag der Industrie die
Musterzulassung auf die Serie zu verschie-
ben. Dieses flexible Vorgehen war in der
Sache zwar lösungsorientierte Verwaltungs-
arbeit, ging jedoch mit Blick auf die mög-
lichen finanziellen Folgen über das durch ein
Projektmanagement zu verantwortende Maß
hinaus.

Ich komme zu einem Fazit. Ich halte nach
alledem die Entscheidung, den Prototyp zur

Drucksache 17/14650 – 1068 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

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Erprobung des Aufklärungssystems zu nut-
zen, die Serie für den Euro Hawk aber nicht
zu beschaffen, für richtig. Es gab trotz um-
fangreicher Prüfung sowohl durch das Amt
als auch dann durch mein Haus keine
Chance mehr für eine Musterzulassung der
Serie zu vertretbaren Kosten.

Die Industrie schätzt Kosten tendenziell
immer zu niedrig ein. Wir haben für den Be-
richt der Ad-hoc-Arbeitsgruppe die Schät-
zung des Amtes und des Ministeriums über-
prüfen lassen. Das beauftragte Institut, IABG,
bestätigt, wie Sie wissen, die 500 bis
600 Millionen Euro und hält die industrielle
Schätzung in der Größenordnung von viel-
leicht 200 Millionen für viel zu niedrig.

Hinzu kommt Folgendes: Die Entschei-
dung in den USA, die älteren Versionen des
Euro Hawk - Block 20 und 30 - aus dem
Dienst zu nehmen, hätte die Ersatzteilver-
sorgung der Serie erschwert und zu erheb-
lich höheren Betriebskosten geführt. Die
langfristige Versorgbarkeit der Serie war
zudem gefährdet. Schließlich war eine
eigenständige nationale Missionsplanung bis
mindestens 2017 nicht gegeben. Jede Mis-
sionsplanung, auch zu Test- und Erpro-
bungsflügen, hätte von den USA aus durch-
geführt werden müssen. Eine Exportversion
des US-amerikanischen Missionsplanungs-
systems war aber erst für die Zeit nach 2017
in Aussicht gestellt - in Aussicht gestellt!
Mehr auch nicht.

Es ist nicht sinnvoll, eine Serie von un-
bemannten Luftfahrzeugen zu beschaffen,
für deren Musterzulassung alleine Hunderte
Millionen Euro zusätzlich aufzubringen sind,
so viel wie für den Kauf des Gesamtsystems.
Und: Der Betrieb würde erheblich teurer als
geplant, und eine nationale Missionsplanung
ist auf absehbare Zeit nicht möglich.

Gleichwohl ist es sinnvoll, mit dem Proto-
typ auf der Grundlage einer Vorläufigen Ver-
kehrszulassung zu arbeiten und mindestens
das Aufklärungssystem ISIS zu Ende zu
erproben und zur Einsatzreife zu bringen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nach
meiner Bewertung war auch der Zeitpunkt
der Entscheidung nicht zu spät. Ob man
schon 2009, wie der Rechnungshof sagt, das
Projekt hätte grundsätzlich neu bewerten
sollen und was das heißt, „grundsätzlich neu
bewerten“, das will ich im Nachhinein mei-
nerseits nicht bewerten.

Grundsätzlich gilt nach meiner Meinung:
Es ist richtig, erst alle vertretbaren Möglich-
keiten auszuloten und auszuschöpfen, um zu

einer Lösung des Problems zu kommen,
bevor man ein Projekt stoppt.

Noch Ende Oktober 2012 wurde der zu-
ständige Staatssekretär informiert, dass eine
Vorläufige Verkehrszulassung zur Aufnahme
des Testbetriebs bis Dezember 2012 erreicht
werden könne und dass eine belastbare
Aussage über einen alternativen Zulas-
sungsweg für die Serienflugzeuge frühestens
Ende 2012 vorliegen werde. Damit war keine
vernünftige Grundlage für einen Abbruch des
Projekts im Jahr 2011 gegeben. Ein früherer
Abbruch hätte vor allem die Erprobung des
Aufklärungssystems ISIS verhindert. Auf die
Prüfung der Tauglichkeit dieses Systems
unter Einsatzbedingungen kam und kommt
es aber für die Fähigkeit zur Aufklärung aus
großer Höhe aber gerade an.

Ein Wort zum Schaden. Durch die Ent-
scheidung im Mai 2013 ist kein zusätzlicher
Schaden entstanden, sondern im Gegenteil
zusätzlicher Schaden verhindert worden.

Ursprünglich waren bei Vertragsschluss in
2007 als Gesamtfinanzierungsbedarf
371 Millionen Euro für das Trägersystem und
das Aufklärungssystem geplant. Durch viele
Änderungsverträge und Verzögerungen ist
inzwischen ein Betrag von etwas über
660 Millionen Euro vertraglich untersetzt, von
denen rund 100 Millionen Euro noch offen
sind.

Am Ende des ersten Quartals 2011, also
mit meinem Amtsantritt, waren bereits rund
565 Millionen Euro entweder ausgegeben
oder bereits gebunden. Das sind über
85 Prozent der Gesamtsumme, über die wir
heute sprechen. Und damals waren der Lei-
tung des Ministeriums keine Probleme be-
kannt.

Als die Leitung des Ministeriums dann im
Februar 2012 zum ersten Mal über Probleme
unterrichtet worden ist, waren bereits rund
613 Millionen Euro ausgegeben oder gebun-
den. Das sind rund 93 Prozent der Gesamt-
summe.

Kurzum, als die Leitung des Ministeriums
hätte handeln können, war das meiste Geld
entweder bereits ausgegeben oder gebun-
den.

Vom genannten Gesamtbetrag sind rund
360 Millionen Euro für die Entwicklung und
Erprobung des Aufklärungssystems ISIS
voraussichtlich sinnvoll investiert. Das gilt
auch für die weitere Investition bis zur Voll-
endung des Testbetriebes.

Wäre hingegen die Arbeit am De-
monstrator früher abgebrochen worden, wä-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1069 – Drucksache 17/14650

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ren die Entwicklungskosten für das Aufklä-
rungssystem ISIS weitgehend vergeblich
gewesen. Zum Schaden, der sich aus der
Investition in den Demonstrator ergeben
könnte, kann man noch nichts Abschließen-
des sagen, weil er Gegenstand der laufen-
den Prüfung von möglichen Alternativen zur
Schließung der Fähigkeitslücke ist.

Die Investition für die Infrastruktur am ge-
planten Stationierungsort und für die Ausbil-
dung sind zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht
alle verausgabt und weitgehend auch für
andere Systeme nutzbar zu machen.

Mit Blick auf den Schaden und den Zeit-
punkt der Entscheidung will ich es noch ein-
mal klipp und klar sagen: Bei meinem Amts-
antritt waren rund 565 Millionen Euro, über
85 Prozent der Gesamtsumme des Projekts
bereits verausgabt oder gebunden. Das
Projekt war bereits auf der schiefen Bahn.
Die Fachebene hat sich verstärkt um vertret-
bare Lösungswege und Schadensbegren-
zung - finanziell und mit Blick auf die militä-
rische Fähigkeitslücke - bemüht.

Was können wir lernen aus einem sol-
chen Vorgang, und was haben wir gelernt?
Entwicklungsvorhaben im technologischen
Neuland sind nötig. Sie können scheitern,
weil sie risikobehaftet sind. Umso mehr brau-
chen wir ein besonders aufmerksames Pro-
jektmanagement.

Bei Entwicklungsvorhaben sind Zulas-
sungsfragen stets besonders schwierig. Die
technologische Zugeknöpftheit der Auftrag-
nehmer und das Maß der Zulassungsanfor-
derungen müssen beide Seiten von Anfang
an realistisch einschätzen.

Wir sollten nicht um jeden Preis jede
Kostensteigerung nachfinanzieren, auch
wenn eine Fähigkeit strategische Bedeutung
hat. Das spielte der Industrie nur in die
Hände. Wenn das Missverhältnis zwischen
Leistung und dem vereinbarten Preis zu groß
wird, muss man auch mal Nein sagen.

Und: Im Fall des Euro Hawk war das
Projektmanagement, das Projektcontrolling
und das Verhalten der Fachaufsicht kritik-
würdig.

Probleme bei der Rüstungsbeschaffung
gibt es aber oft. Das war auch zu Beginn
meiner Amtszeit klar, auch durch die Vor-
arbeit der Weise-Kommission. Deshalb ist
Teil der Neuausrichtung der Bundeswehr ein
ganz neues Beschaffungsverfahren und die
Neuaufstellung des Amtes für Beschaffung,
IT und Nutzung.

Zuerst zum Amt. Wir haben die Beschaf-
fung und die Materialverantwortung im Rah-
men der Nutzung in einem zentralen Amt
zusammengeführt. Damit ist die Verantwor-
tung für Produkte und Dienstleistungen über
den gesamten Lebenszyklus eines Systems
hin in einem einzigen - zivil und militärisch
durchmischten - Organisationsbereich erst-
mals zusammengefasst. Das neue Bundes-
amt für Ausrüstung, Informationstechnik und
Nutzung der Bundeswehr, BAAINBw, habe
ich zum 1. Oktober 2012, und damit drei
Monate früher als ursprünglich geplant, auf-
gestellt. Wir wollten und wollen die Verbesse-
rung in der Beschaffung so schnell wie mög-
lich zur Wirkung bringen.

Zum neuen Beschaffungsprozess. Der
neue Beschaffungsprozess, abgekürzt CPM
(nov.), also für „novelliert“, zeichnet sich ge-
genüber dem bisher gültigen CPM durch
vielfältige Verbesserungen aus. Einige davon
sind bereits hier im Ausschuss zur Sprache
gekommen. Wir haben Verantwortlichkeiten,
Entscheidungskompetenzen klarer definiert
und Schnittstellen reduziert. Wir haben den
Prozessablauf von bisher vier auf drei Pha-
sen verschlankt und die Analysephase, in der
Risiken ermittelt und bewertet werden, ver-
tieft. Wir arbeiten mit der Ämterebene durch
Zielvereinbarung und trennen klar zwischen
ministeriellen Steuerungs- und ämterseitigen
Durchführungsaufgaben. Wir haben inte-
grierte Projektteams eingerichtet, in denen
die erforderliche Expertise unter einheitlicher
Führung gebündelt und die Kommunikation
deutlich verbessert wird. Wir haben die
Transparenz erhöht und die Entscheidungs-
grundlagen verbessert durch die Forderung
nach Erarbeitung alternativer Lösungsvor-
schläge mit abgestuftem Erfüllungsgrad der
Fähigkeitsforderungen unter Berücksichti-
gung der Lebenswegkosten. Und: Es wird ein
neues Projektcontrolling geben, und es wird
schrittweise eingeführt.

Künftig erhält der Generalinspekteur der
Bundeswehr erstmals die Möglichkeit zur
Auswahl zwischen mehreren abgestuften
Lösungsvorschlägen, in denen der Grad der
Erfüllung der Fähigkeitsanforderungen mit
den zu erwartenden Kosten und Risiken
zusammen gesehen wird. Die Einführung
dieses neuen Verfahrens kann nur schritt-
weise erfolgen. Sie erfolgt.

Ich bin überzeugt, meine Damen und Her-
ren, dass wir sagen können: Mit dem neuen
CPM wäre der Fall Euro Hawk anders und
besser gelaufen. Insofern habe ich, haben

Drucksache 17/14650 – 1070 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 10
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

wir alle für die Zukunft bereits gehandelt. Wie
im Bericht des Bundesrechnungshofs nach-
zulesen ist, gilt dies für die Leitung des
Ministeriums auch im Falle Euro Hawk. Sie
hat gehandelt, sobald sie Anfang 2012 in-
formiert worden ist.

Meine Damen und Herren, lassen Sie
mich nun zu meiner Befassung mit dem Ent-
wicklungsprojekt Euro Hawk kommen. Ich
habe am 5. Juni im Verteidigungsausschuss
dazu Folgendes gesagt - ich zitiere -:

Ich wurde am 13. Mai 2013 nach
der auf Ebene der Staatssekretäre
Wolf am 8. Mai 2013 und Beemel-
mans am 10. Mai 2013 getroffenen
Entscheidung hierüber in Kenntnis
gesetzt. Ich habe diese Entschei-
dung am selben Tag gebilligt. Es
gab zuvor keine Vorlage an den
Minister mit einer Beschreibung der
Zulassungsprobleme oder über-
haupt zum Gesamtproblem. Es gab
lediglich am 20. März 2012 eine
Informationsvorlage an mich zu
rechtlichen Fragestellungen im Zu-
sammenhang mit dem sogenannten
G-10-Gesetz. Von Zulassungs-
problemen habe ich erstmals im
Rahmen einer allgemeinen Bespre-
chung zu vielen Rüstungsvorhaben
am 1. März 2012 gehört. Sie wur-
den mir gegenüber in dieser Be-
sprechung als lösbar dargestellt.

Nach dieser Aussage ist in der Öffentlich-
keit der unzutreffende Eindruck entstanden,
ich sei zwischen der Rüstungsklausur im
März 2012 und dem 13. Mai 2013 nie über
Probleme beim Euro Hawk unterrichtet wor-
den. Nachdem dieser nicht zutreffende Ein-
druck entstanden war, habe ich im Verteidi-
gungsausschuss bereits in der nächsten
Sitzung - ich weiß nicht genau, wann sie war;
am 10. oder irgendwann am 12. -

(Zuruf von der CDU/CSU: 10.!)

und in öffentlichen Einlassungen bereits
selbst klargestellt, dass ich durchaus über
Probleme unterrichtet wurde, diese aber
stets als lösbar dargestellt wurden.

Im Rückblick sage ich heute: Ich be-
dauere, dass ich mich am 5. Juni nicht klarer
ausgedrückt habe. Den Eindruck, ich hätte
nie etwas gewusst, wollte ich ganz sicher
nicht hervorrufen. Ich habe diesen Eindruck
korrigiert, indem ich klargestellt habe, dass
ich über lösbare Problem durchaus unter-
richtet war. Und genau so war es auch. In
verschiedenen Hintergrundinformationen und

Anlagen zur Gesprächsvorbereitung wurden
Probleme beschrieben, jedoch immer mit
dem Hinweis, dass an einer Lösung ge-
arbeitet werde und eine Entscheidung vorbe-
reitet werde.

Mein Terminplan verweist hier auf fol-
gende Termine, in deren Vorbereitungs-
unterlagen - meist zu vielen Terminen - ent-
sprechende Aussagen auch zum Euro Hawk
enthalten sind; nicht nur solche Termine, die
in den Medien bereits Erwähnung fanden: ein
Gespräch mit den Herren Gallois und Enders
von EADS am 31. August 2011, also vor der
Rüstungsklausur, zu dem mir noch aufge-
schrieben wurde, dass das Projekt Euro
Hawk - Zitat - „zu unserer Zufriedenheit vo-
ranschreitet“; die Rüstungsklausur am 1. Mai
2012, über die hier gesprochen worden ist;
den Jour fixe, ein Gespräch des Ministers mit
den Fachsprechern der Koalition am 26. Juni
2012; ein Gespräch mit Herrn Enders am
10. September 2012; den Cassidian-Besuch
am 10. Dezember 2012; das Gespräch mit
den Haushaltsberichterstattern der Koalition
am 14. März 2013 und den Jour fixe am
26. April 2013.

Diese Hinweise auf andauernde Arbeit an
einer Lösung hinterließen bei mir den Ein-
druck, dass es sich um lösbare Probleme
handele. Lösbar bedeutet für mich in diesem
Kontext: Das Projekt kann im dazu entschie-
denen Kostenrahmen realisiert werden; Va-
rianten werden untersucht; die zuständigen
Stellen sind am Ball.

Dies änderte sich mit der Entscheidungs-
vorlage, die mir am 13. Mai 2013 vorlag.
Nach Erhärtung der Kostenschätzung für die
Musterzulassung der Serie und nach Aus-
schluss alternativer Zulassungswege waren
die Probleme mit Blick auf den gegebenen
Kostenrahmen nicht mehr lösbar. An dieser
Vorlage hatten alle Beteiligten mitgearbeitet.
Sie war mehrfach zurückgegeben und geän-
dert worden. Beide Staatssekretäre und der
Generalinspekteur hatten an ihr gearbeitet
und sie abschließend mitgezeichnet. Diese
abschließende Einschätzung und die breite
Beteiligung aller veranlassten mich, die Ent-
scheidung meiner Staatssekretäre am
13. Mai 2013 als belastbare Entscheidungs-
grundlage zu billigen.

Natürlich kann der Minister jederzeit einen
Vorgang oder ein Projekt an sich ziehen. Das
entspricht seiner Position in der Hierarchie
des Ministeriums. Ich verfahre selbst so,
jedoch dann, wenn dafür die notwendige
substanzielle Grundlage gegeben ist oder

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1071 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 11
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

wenn ich den Eindruck habe, dass Probleme
gar nicht behandelt oder nicht einer ordent-
lichen Lösung zugeführt werden.

Das war hier gerade nicht der Fall. Zum
einen wurde an einer Lösung gearbeitet und
eine Entscheidungsvorlage jeweils mit einem
konkreten Zieldatum angekündigt. Zum an-
deren konnte die für eine Entscheidung vo-
rauszusetzende Prüfung von Alternativen -
sei es nun beim Zulassungsweg oder mit
Blick auf eine andere Plattform - nur im
Fachbereich vorgenommen werden. Daran
wurde gearbeitet, auch von der Leitung des
Ministeriums, sobald sie unterrichtet worden
war.

Wir alle wissen, dass politische Führung
auf fachlicher Expertise aufbauen muss,
zumal bei einem so komplexen Thema wie
Rüstungsprojekten, noch einmal mehr bei
Zulassungsfragen. Ich halte es nicht für sinn-
voll, dass der Minister die Prüfung von alter-
nativen technischen Wegen zur Zulassung
eines komplexen militärischen Luftfahrzeugs
selbst an sich zieht oder durch politischen
Druck vielleicht sogar verschärft. Es ist nicht
gut für das Arbeitsklima eines Ministeriums,
wenn der Minister den Ergebnissen einer
solchen Prüfung durch die Fachaufsicht vor-
greift. Ich setze auf die fachliche Arbeit der
Mitarbeiter meines Hauses.

Meine Damen und Herren, wie stellen wir
in Zukunft sicher, dass sich etwas Derartiges
nicht wiederholt? Was sollten wir lernen?
Was habe ich gelernt und veranlasst?

Zunächst zur nachhaltigen Schließung
der Fähigkeitslücke. Die Bundeswehr braucht
die Fähigkeit zur signalerfassenden, weit-
räumigen und luftgestützten Überwachung
und Aufklärung, die sie allerdings seit Juni
2010 nicht mehr hat. Bis Ende dieses Jahres
2013 werden alle Varianten geprüft, die ge-
eignet sind. Das Aufklärungssystem ISIS soll
dabei Verwendung finden. Auch die Nutzung
des Projekts wird als eine Option mit be-
trachtet. Als Kostenrahmen stehen die ge-
planten, aber nicht ausgegebenen Mittel für
die Beschaffung der Serie des Euro Hawk
zur Verfügung.

Zur erfolgreichen Planung anderer Droh-
nen-Projekte. Bei einer Beschaffungsent-
scheidung über eine Drohne mittlerer Höhe,
MALE genannt, muss das, was die deutsche
Seite an Zulassungsvoraussetzungen ver-
langt, von Anfang an geklärt sein, technisch
zu vertretbaren Kosten möglich sein und im
Vertrag festgeschrieben werden. Mittel- und
langfristig müssen wir die deutschen und

europäischen Kompetenzen und Kapazitäten
im Bereich unbemannter Systeme ausbauen.

Zur geregelten Teilnahme von Drohnen
am Luftverkehr. Wir brauchen ein klares Re-
gelwerk für die Teilnahme ziviler und militä-
risch genutzter unbemannter Luftfahrzeuge
am Luftverkehr, und zwar für den europäi-
schen Luftraum. Hierzu habe ich die Initiative
ergriffen gegenüber meinen Kollegen in der
EU und gegenüber Lady Ashton in der EU-
Kommission.

Zur Zentralisierung von militärischen Zu-
lassungsfragen in Deutschland. Für
Deutschland schaffen wir eine militärische
Luftfahrtbehörde, die für alle militärischen
Luftfahrzeuge die Zulassungsfragen ent-
scheidet. Der Aufbaustab ist bereits einge-
richtet. Die Behörde soll so bald wie möglich
im kommenden Jahr ihre Arbeit aufnehmen.

Zur Harmonisierung von Zulassungsfra-
gen in Europa. Auf europäischer Ebene habe
ich bereits entsprechende Initiativen gestar-
tet. Die Harmonisierung der Zulassungs-
anforderungen und -verfahren steht nun auf
der Agenda des Steering Committee der
Europäischen Verteidigungsagentur im Sep-
tember. Ich freue mich sehr, dass die EU-
Kommission diesen Punkt in der letzten Wo-
che auf den Arbeitsplan für den Europäi-
schen Rat zur Sicherheits- und Verteidi-
gungspolitik im Dezember dieses Jahres
aufgenommen hat.

Zur NATO AGS. Den bereits von mir ini-
tiierten Informationsaustausch über die Kon-
sequenzen aus der Nichtbeschaffung des
Euro Hawk für die NATO AGS werden wir
weiterführen.

Zur Evaluierung der Beschaffungsverfah-
ren und -strukturen. Durch die Einführung
des von mir im Rahmen der Neuausrichtung
entschiedenen neuen Beschaffungsverfah-
rens, CPM (nov.), sollte sich ein solcher Vor-
gang wie beim Euro Hawk eigentlich nicht
wiederholen. Die integrierten Projektteams
mit allen Beteiligten an einem Projekt sowie
die neue Form des Projektcontrollings
müssten dies verhindern. Dennoch lasse ich
auch das neue CPM-Verfahren im Hinblick
auf seine Frühwarnfunktion bei der Entste-
hung und Bearbeitung von Problemen größe-
rer Rüstungsvorhaben überprüfen. Hierzu
gehört auch eine kritische Betrachtung des
Verhaltens der eigentlichen Leistungserbrin-
ger, nämlich der Industrie.

Zur Verbesserung der Fachaufsicht im
Rüstungsbereich. Eine von mir eingesetzte
Task Force wird mir einen Bericht mit Vor-

Drucksache 17/14650 – 1072 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 12
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

schlägen unterbreiten, wie die Berichts-
pflichten und die Fachaufsicht vor dem Hin-
tergrund der beim Euro Hawk zutage ge-
tretenen Verfahrensmängel zukünftig ge-
regelt werden sollten. Die vom Rechnungs-
hof über viele Jahre festgestellten Mängel in
der Fachaufsicht müssen dauerhaft abge-
stellt werden.

Zur Einbindung der Leitung in Rüstungs-
fragen. Für größere Rüstungsvorhaben - alte
wie neue - habe ich einen regelmäßigen
Statusbericht angefordert, in dem nicht Wün-
sche und Absichten, sondern die Realität und
Probleme dargelegt werden. In diesen Sta-
tusberichten sind Lösungsmöglichkeiten für
aufgetretene Probleme vorzuschlagen.

Künftig soll sich die gesamte Leitung des
BMVg im Rahmen von Besprechungen eines
sogenannten Rüstungsboards unter dem
Vorsitz des Ministers in regelmäßigen Ab-
ständen mit diesen Statusberichten befas-
sen. Es kommt dabei darauf an, die richtigen
Kriterien zu finden für solche Rüstungsvor-
haben, die nicht ohnehin schon im Fokus
stehen oder deren Probleme nicht ohnehin
schon bekannt sind und abgearbeitet wer-
den.

Zur Information des Parlaments. Einen
entsprechenden Bericht zu aufgetretenen
Problemen möchte ich ohne Anlass perio-
disch dem Haushalts- und Verteidigungsaus-
schuss des Deutschen Bundestages zur
Verfügung stellen. Einen entsprechenden
Beschluss haben der Haushalts- und der
Verteidigungsausschuss ja auch bereits vor
der Sommerpause gefasst. In diesem Geist,
mit den neuen Verfahren und Strukturen
sollten wir die wahrlich großen Probleme bei
der Rüstungsbeschaffung gemeinsam an-
gehen. - Vielen Dank. Das beendet meine
einführende Stellungnahme.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön, Herr Minister. - Ich komme
dann zu meinen Fragen. Herr Minister, wenn
ich Ihr Eingangsstatement richtig verstanden
habe, dann erkundigen Sie sich selbst aktiv
nicht über große Rüstungsvorhaben.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein.
Ich erkundige mich durchaus über große
Rüstungsvorhaben. Wir befassen uns mit
dem Eurofighter, mit A400M und vielen ande-
ren Dingen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Und wenn Sie von Problemen hören, selbst

wenn sie ihrem Anschein nach lösbar sind,
was machen Sie dann?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das
hängt davon ab, ob in einer Unterrichtung -
darauf werden wir sicher noch kommen, wel-
chen Charakter solche Unterrichtungen ha-
ben - dargelegt wird, dass an der Lösung
gearbeitet wird. Wenn ich den Eindruck
habe, dass daran gut gearbeitet wird, dann
muss ich nicht im Einzelnen nachfragen.
Wenn das nicht der Fall ist, schon.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Es gab ja eine Gesprächsmappe, für Ihren
Besuch bei Cassidian in Manching am
10. Dezember 2012. Das ist MAT-Nr. 17-80,
BMVG AIN V 5, Vorlagen Vermerke,
Ordner 1, Seite 86 f. Ich weiß nicht, ob Sie
sie im Kopf haben oder ob ich es Ihnen
vorlegen soll.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich
habe sie hier.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Haben Sie die zum Anlass genommen, wei-
tere Informationen über die dargelegte
Problematik einzuholen oder das Projekt neu
zu bewerten?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Frau
Vorsitzende - -

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich habe sie hier.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, ich
auch. Ich habe sie auch hier. - Es handelte
sich um einen Antrittsbesuch bei einer Firma,
in dem Fall Cassidian, mit großem Gefolge
auf beiden Seiten. Für einen solchen Besuch
bekommt ein Minister umfangreiche Unter-
lagen vorgelegt. Ich glaube, es waren knapp
60 Seiten. Dabei geht es um das Unterneh-
men, um die Struktur des Unternehmens, um
die handelnden Personen, und dann werden
einzelne Projekte - ganz viele in diesem Fall,
wie Sie den Unterlagen entnommen haben -
in ihrem Stand dargestellt.

Ich habe diese Mappe gesehen und habe
sie auch abgezeichnet. Natürlich kann ich im
Nachhinein nicht mehr sagen, ob und in wel-
cher Gründlichkeit ich jede dieser 60 Seiten
gelesen habe. Mal kann ich die Vorbereitun-
gen gründlich und gut studieren, manchmal

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1073 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 13
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

weniger; das ist ein Zeitproblem. Ich will mich
jetzt aber gar nicht darauf berufen, dass ich
diese Seiten vielleicht gar nicht gelesen
hätte. Ich muss mir dieses Wissen zurechnen
lassen. Das ist so. Ich habe die Vorlage ab-
gezeichnet.

In diesen Unterlagen zum Euro-Hawk-
Projekt ist auf Probleme hingewiesen wor-
den; sie wurden aber als lösbar dargestellt
und auch in der Bearbeitung befindlich, sogar
mit einem konkreten Zeitplan. Das hat mir
ausgereicht.

Bei dem Firmenbesuch selbst übrigens
haben wir zwar über Zulassungsfragen von
unbemannten Luftfahrzeugen ausführlich
gesprochen. Ich habe sogar, weil es kompli-
ziert ist, die Zulassung zwischen Drohnen
tiefer, mittlerer und hoher Höhe - - und mir
nicht ganz klar war, wer für was zuständig ist,
Herrn Gerwert gebeten, aus seiner Sicht mal
die Schritte für eine Zulassung von unbe-
mannten Luftfahrzeugen in Deutschland und
Europa darzustellen. Das hat er gemacht und
mir nach einigen Wochen auch eine entspre-
chende Unterlage zugeschickt.

Über konkrete Probleme am Euro Hawk
haben wir bei diesem gesamten Besuch gar
nicht gesprochen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Das ist ja erstaunlich, weil - - Hätte dann
nicht der elfte Änderungsvertrag dadurch
vermieden werden können, wenn man sich
konkret zu diesen Problemen geäußert
hätte?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Wir ha-
ben auch nicht über andere Rüstungsvorha-
ben gesprochen, die dort auch ebenfalls
erwähnt sind. Wir haben gesprochen über
die Frage: Wie ist der Anteil von Wartung zu
Neubau? Wie ist die Auslastung? Wir haben
natürlich über Konzernfragen gesprochen,
wie auch in allen Gesprächen mit Herrn En-
ders, Herrn Gallois: Wie ist die Rolle von
Cassidian in diesem Konzern? Wie ist sie zu
erwarten? Wie hoch ist der Anteil von ziviler
und militärischer Nutzung? Es ging auch um
die Güteprüfstellen, ob das Personal dort
ausreicht. Wir haben einen Betriebsrundgang
gemacht. Alles das haben wir dort gemacht.
Wir haben weder beim Euro Hawk noch
sonst bei anderen großen Projekten über
entsprechende Probleme gesprochen. Ich
sage Ihnen mal: Eine Werksbesichtigung ist
dafür auch kein geeigneter Anlass.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut. - Dann habe ich noch eine Frage zu
dem am 6. März stattgefundenen Gespräch
mit den Haushaltsberichterstattern der Koali-
tion. Das ist die MAT-Nr. 17-80, BM-Ord-
ner 1, Seite 1 und folgende; Dokumente als
Anlage 7. Da heißt es:

Die Erteilung einer regulären Mus-
terzulassung für den FSD und die
ursprünglich geplante Serien-
beschaffung Euro Hawk ist jedoch
extrem risikobehaftet und derzeit
nicht absehbar.*

Nach Erhalt dieser Vorlage vom 6. März
2013, in der sich der Sachstand wesentlich
problembehafteter und nicht so einfach lös-
bar darstellt, welche Maßnahmen haben Sie
ergriffen, um diese Ihnen bislang unbekannte
massive Verschlechterung der Projektaus-
sichten weiter zu erforschen?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Zu-
nächst will ich Ihnen gerne sagen, dass wir
bei diesem Gespräch über das Thema Euro
Hawk nicht gesprochen haben, sondern wir
haben gesprochen über die Beschaffung des
Eagle, was dann später ja auch eine nicht
unerhebliche Rolle spielte, und es gab dann
noch einen Gesprächsgang zum Thema
Veteranen.

In der Unterlage selbst ist in der Tat auf
Probleme hingewiesen. Es gibt eine entspre-
chende Anlage und ein Mail, auf das ich
auch hingewiesen worden bin, und dort heißt
es:

Ich bitte … die … Aussage von der
aktiven in die reaktive Sprechemp-
fehlung zu übernehmen und bei
Nachfragen auf die in der aktiven
Sprechempfehlung genannte wei-
tere Unterrichtung im II. Quartal
2013 zu verweisen.**

Hier gilt also das Gleiche. Alles erweckte
dann bei mir den Eindruck, dass wir auf eine
Lösung hinarbeiten, und deswegen war das
kein Anlass, nachzufragen, wann sie denn
nun im Einzelnen kommt, zumal ja auch ein
Zeitplan genannt war.

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-80 BMVg zu BB 17-44,
AIN V 5, Vorlagen Vermerke, Ordner 1, Blatt
142.

** Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-80 BMVg zu BB 17-44,
Vorlagen BM, Ordner 1, Blatt 16.

Drucksache 17/14650 – 1074 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 14
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut. Danke schön. - Dann gebe ich jetzt der
CDU/CSU das Wort. Das Wort hat der Kol-
lege Grübel.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ja, Herr
Minister, ich möchte Vorgänge ansprechen,
die öffentlich diskutiert werden. Da geht es
um Behauptungen, es geht um Vermutun-
gen, vielleicht könnte man auch manchmal
sagen Unterstellungen. Ich möchte aus-
drücklich als Vorbemerkung sagen: Ich ma-
che mir all das nicht zu eigen; aber da es
öffentlich diskutiert wird, will ich es halt ein-
fach fragen und möglicherweise klarstellen
oder ausräumen.

Wir haben ja über 1 300 Leitz-Ordner
Material zur Verfügung gestellt bekommen,
intensiv angeschaut, die Opposition und
Presse offensichtlich auch. Da ist heute oder
jetzt aktuell bei dpa was aufgetaucht, und
zwar ist ja schon der Besuch bei Cassidian
am 10. Dezember 2012 angesprochen wor-
den und auch der vorbereitende Vermerk
vom 5. Dezember.

Jetzt darf ich Ihnen eine Unterlage geben.
Sie hat die MAT-Nr. 73, Ordner 2.* Also,
dieser vorbereitende Vermerk existiert in
unseren Unterlagen mindestens dreimal. Und
jetzt wurde bei dpa gesagt, da seien mit grü-
nem Textmarker Dinge hervorgehoben und
mit Ausrufezeichen mit grünem Textmarker
versehen, und daraus werden Schlüsse ge-
zogen. Sind diese Kennzeichnungen von
Ihnen? Ich darf ausdrücklich darauf hinwei-
sen: In MAT 73, Ordner 2, und in dem von
der Frau Vorsitzenden Angesprochenen
finden sich diese grünen Anstreichungen
nicht. Bei MAT 73, Ordner 2 - es geht um die
Seiten 13 und 14 -, bei MAT 77, Ordner 1,
wie gesagt, finden sich diese Kennzeichnun-
gen nicht; Seite 2 bis 57. Dort finden sich nur
Anmerkungen vom Staatssekretär. Jetzt die
Frage: Sind diese grünen Kennzeichnungen
von Ihnen?

(Der Zeuge schaut in seine
Unterlagen)

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Herr
Abgeordneter Grübel, Sie haben jetzt das
heute in einer anderen Presse erwähnte
Gespräch mit Herrn Enders erwähnt und

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-73 BMVg zu BB 17-48,
Ordner 2, StS Beemelmans.

diese Vorlage jetzt zur Begründung herange-
zogen. Wenn ich das richtig sehe, ist die
Vorlage, zu der Sie mich fragen, Gegenstand
des Cassidian-Besuches gewesen, -

Markus Grübel (CDU/CSU): Ja.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - nicht
des Enders-Gespräches. Was diese Anlage,
wie gesagt, von vielen Seiten angeht - ich
habe sie auch in meinen Unterlagen -: Das
sind alles nach meiner Erinnerung und nach
dem, was man hier sieht, rote Anmerkungen.
Mit Rot schreibt der Staatssekretär, und der
Minister schreibt mit Grün. Diese Anmerkun-
gen können demnach nicht von mir sein.

Markus Grübel (CDU/CSU): Und diese
grünen, mit Textmarker angestrichenen
Stellen?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das
kann ich nicht sagen. Ich verwende keinen
Textmarker.

Markus Grübel (CDU/CSU): Kann es
sein, dass ein Herr Schmidt-Franke oder
Frau Schmidt-Franke, die ebenfalls gezeich-
net hat, dies verwendet hat oder - - Wissen
Sie nicht?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das
mag sein.

Markus Grübel (CDU/CSU): Aber auf je-
den Fall klar ist, dass sie nicht von Ihnen - -
Weil Grün ist eigentlich dem Minister vorbe-
halten im Ministerium.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: So ist
es. Aber mit grünen Textmarkern zur Vorbe-
reitung von Terminen arbeite ich in der Regel
nicht.

Markus Grübel (CDU/CSU): Und in die-
sem konkreten Fall auch nicht?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein.
Also, was ich genau wo angemerkt habe,
kann ich natürlich jetzt, anderthalb Jahre
danach, nicht mehr sagen. Aber nach allem,
was ich hier sehe und in meinen Unterlagen
auch sehe, stammt das nicht von mir.

Markus Grübel (CDU/CSU): Der Zeuge
Gerwert ist ja bereits vom Ausschuss zu dem

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1075 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 15
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Besuch bei Cassidian befragt worden und
hat gesagt, dass anlässlich des Besuchs mit
Ihnen dort nicht über mögliche Zulassungs-
probleme des Euro Hawk gesprochen wurde.
Ich zitiere aus dem Protokoll Nr. 6, Seite 15
und 16. Da wird er gefragt von Jan van Aken:

Haben Sie bei diesem Vieraugen-
gespräch auch über ... Euro Hawk
gesprochen?

Zeuge Bernhard Gerwert: Nein.

Nachfrage von Aken:
Über andere Drohnen geredet?

...

Zeuge Bernhard Gerwert: Wir ha-
ben über UAVs geredet, also über
die Zukunft UAVs, insbesondere in
Europa. Es ging im Wesentlichen
darum: Können wir weitere europäi-
sche Partner gewinnen für ein
europäisches Projekt? Das war der
eine Punkt, den wir besprochen ha-
ben.

Und der zweite Punkt war viel mehr
bezogen auf den Standort Man-
ching: Was heißt eigentlich das
Thema militärische Luftfahrzeug,
Zukunftsfähigkeit für den Standort
Manching?

So weit der Zeuge Gerwert.
Können Sie noch einmal sagen, wie die-

ser Besuch abgelaufen ist und ob Sie neben
dem Herrn Gerwert, den wir hier als Zeugen
hatten, mit anderen über Zulassungspro-
bleme beim Euro Hawk gesprochen haben?

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Minister, ich bitte Sie, mit der Antwort
noch einen Moment zu warten. Ich habe
einen Geschäftsordnungsantrag des Kolle-
gen Arnold.

Rainer Arnold (SPD): Vielen Dank, Frau
Vorsitzende. - Ich hätte drei Anliegen zur
Geschäftsordnung.

Als Erstes: Wir sehen dort, dass oben bei
der Presse gerade das Statement des Mi-
nisters verteilt wird. Wir hätten das auch
gerne. Ich möchte darauf hin- -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Kein
Problem.

Rainer Arnold (SPD): Ja. Wir sagen es ja
nur. Wir wollen ja mit Ihnen diskutieren.

Das Zweite ist: Wir hatten gestern die
Bitte, dass wir das Statement von Herrn
Beemelmans bekommen. Sie sagen jetzt:
Kein Problem. Das Statement von Herrn
Beemelmans haben wir zum Augenblick
auch noch nicht erhalten.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, jetzt
bin ich ja hier als Zeuge.

Rainer Arnold (SPD): Ja, aber es ist ja
hilfreich, ein Statement, das gegeben wurde -
wir können ja nicht so schnell schreiben - -
Es wäre hilfreich, wenn man das dann auch
bei Ihrer Befragung vielleicht lesen kann, weil
das ja Auswirkungen hat, was Herr Beemel-
mans gesagt hat.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Da ist
es.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Rainer Arnold (SPD): Also, wir hätten
das einfach gerne, ganz ohne Aufregung. -
Und das Dritte: Ich bitte das Ausschuss-
sekretariat, MAT 73 BMVg zu BB 17-48,
Ordner 2, Staatssekretär Beemelmans,
Seite 125 und folgende* im Original heraus-
zusuchen. Wir haben das hier auf dem
Rechner. Dies ist nämlich das Dokument mit
grünen Markierungen, nicht das Dokument,
das Herr Grübel angesprochen hat. Vielleicht
liegt ja nur eine Verwechselung vor. Das
kann man wahrscheinlich klären, wenn man
das originale Dokument dann auch tatsäch-
lich sieht. - Danke schön.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege Arnold, wir werden versuchen,
das herauszuziehen. Die Unterlage wird im
Augenblick verteilt. Das andere nehmen wir
zur Kenntnis. Und jetzt darf der Minister erst
mal antworten auf den Herrn Grübel, und
dann wird die Redezeit der CDU/CSU wei-
tergeführt.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Also,
zunächst, Herr Abgeordneter Grübel, kann
ich die Aussage von dem Zeugen Gerwert
über den Ablauf auch des Vieraugen-
gesprächs voll bestätigen.

Zum Ablauf des Besuches: Er war nach
meinem Terminkalender von neun bis elf,

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-73 BMVg zu BB 17-48,
Ordner 2, StS Beemelmans, Blatt 121 ff.

Drucksache 17/14650 – 1076 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 16
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

also etwa zwei Stunden. Die Standortbesu-
che nahmen davon den meisten Teil ein, das
Vieraugengespräch kurz. Und was den Ab-
lauf angeht, so müssen Sie sich vorstellen,
dass bis auf den Vieraugenpart dort von
meiner Seite mehrere Mitarbeiter da sind und
natürlich von Unternehmensseite auch meh-
rere Mitarbeiter. Also war die Führungs-
mannschaft von Cassidian dort.

Wenn man dann durch die Hallen geht
und die Wartungen entsprechend - - War-
tungsarbeiten sieht, dann wird dort auch - -
kommen mehrere Menschen hinzu: Ich spre-
che mit den dort arbeitenden Menschen usw.
Wir standen auch vor dem Modell einer
Drohne - ich weiß jetzt nicht mehr, welches
Modell es war, ehrlich gesagt, ob es eine
MALE- oder HALE-Drohne war -, und dort
haben wir dann allgemein über Zulassungs-
fragen mit dem Euro Hawk gesprochen, und
dort war auch - - Das war der Anlass für
meine Frage, er möge doch bitte mir mal aus
seiner Sicht die Zulassungsabläufe in
Deutschland und Europa insgesamt mitteilen.

Wenn wir über Drohnen gesprochen ha-
ben, dann war es insbesondere die europäi-
sche Entwicklung im MALE-, also im mittel-
hohen Bereich. Sie wissen, dass der Kon-
zern sich seit langem darum bemüht hat,
zunächst unter dem Stichwort „Talarion“,
auch entsprechende Mittel aus dem Verteidi-
gungsministerium zu bekommen, um ein
solches Modell zu entwickeln. Das hatten wir
abgelehnt, wie Sie wissen. Gleichwohl ist es
richtig, dass Europa sich auf diesem Markt
nicht auf amerikanische Kompetenz verlässt
und nur von amerikanischer oder israelischer
oder anderer Seite kauft, sondern die Ent-
wicklung einer europäischen Drohne, mög-
lichst unter führender Beteiligung von
Deutschland und Frankreich, vorantreibt.
Dort gibt es auch entsprechende Absichts-
erklärungen. Dort muss dann erst recht die
Teilnahme am allgemeinen Luftverkehr mög-
lich sein, denn diese mittelhoch Fliegenden
bewegen sich insbesondere in einem Be-
reich, der viel komplizierter ist als die hoch
fliegende Drohne.

Die Unterlagen, die dann vorbereitet wer-
den, schaue ich mir vorher an, in unter-
schiedlicher Intensität. Ich habe darauf hin-
gewiesen: Für solche Gespräche, bei dem
Rundgang durch Werke usw., habe ich sie,
die Mappe, in der Regel nicht dabei, und
dann wird sie in das Büro zurückgegeben.

Markus Grübel (CDU/CSU): Eine andere
Frage, die hier auch schon mal eine Rolle
gespielt hat: ein Interview von Herrn Pamil-
jans am 4. Juni 2013 in der Frankfurter All-
gemeinen Zeitung. Dort wird ausgeführt:

Wir haben dem Verteidigungs-
minister Mitte Mai über die Euro
Hawk GmbH einen Vorschlag
übermittelt, der sich auf 160 bis
193 Millionen Euro beläuft.

Gemeint ist: Aufwand für die Zulassung.
Darüber haben Sie ausgeführt.

Jetzt hatte der Kollege Nouripour nach-
gefragt; „dem Verteidigungsminister Mitte
Mai“ könnte ja auch schon vor dem 13. Mai
gewesen sein. Der Zeuge hat dann gesagt:
Nein, nicht dem Verteidigungsminister.

Ich habe das Herrn Selhausen ge-
sagt.

Wörtliches Zitat, und zwar Protokoll 6,
Seite 85.

Haben Sie von der Firma EuroHawk
GmbH ein Angebot bekommen über diesen
Betrag zur Beseitigung der Zulassungspro-
bleme?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich per-
sönlich nicht. Ich kann die Aussage des Zeu-
gen bestätigen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Also sind
die Vermutungen in dem Zusammenhang
von Ihrer Seite auch nicht reell.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: So ist
es.

Markus Grübel (CDU/CSU): Jetzt kom-
men wir zu einem Vermerk einer abteilungs-
internen Vorlage vom 16. Januar 2013, Ab-
teilung AIN, Abteilungsleiter Selhausen. Da-
mals ging es - - wurde gemutmaßt, Sie hät-
ten schon im Januar zur Frage der Zulas-
sung des Euro Hawk eine Vorlage angewie-
sen, Protokoll 5, Seite 61. Herr Selhausen
hat dann gesagt, er habe mit seiner Bemer-
kung - und das ist auf einer abteilungsinter-
nen Vorlage ja vermerkt von Herrn Selhau-
sen - -

Der Minister erwartet bekannter-
maßen zum 31. März 2013 (Ein-
gang bei ihm) eine Entscheidungs-
vorlage mit klarer Aussage zur Zu-
lassungsfähigkeit.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1077 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 17
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Dass er da „dem von Staatssekretär Bee-
melmans eingeforderten Klärungsbedarf“
lediglich „Nachdruck … verleihen“ wollte.

Ist es richtig, dass Sie nicht bereits im Ja-
nuar eine solche Vorlage zur Frage der Zu-
lassung des Euro Hawk veranlasst haben?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das ist
absolut richtig. Und ich finde es auch richtig,
wenn der Minister etwas anweist, dass man
im Ministerium darauf hinweist, dass es so
ist. Wenn es der Minister aber nicht anweist,
sollte man den Namen des Ministers dafür
nicht in Anspruch nehmen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Dann jetzt
die Frage zur Sache eigentlich selbst. Die
Opposition hat ja über die Medien uns wis-
sen lassen, dass sie gesagt hätte, der
Minister hätte das Entwicklungsprojekt früher
stoppen müssen. Die Zeugen Schneiderhan,
Scharping, die ja sozusagen in der Anfangs-
phase Verantwortung getragen haben, und
die Zeugen Gerwert und Pamiljans, also die
zwei Zeugen von der Industrie, die haben
uns gesagt, sie hätten empfohlen, die Serie
zu beschaffen. Welche grundlegenden
Probleme spielten für Sie die entscheidende
Rolle, dass Sie den Entscheidungsvorschlag
der Staatssekretäre dann am 13. Mai gebilligt
haben, nämlich die Beschaffung nicht einzu-
leiten, die Beschaffung der Serie nicht ein-
zuleiten?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Zu-
nächst, Herr Grübel, möchte ich sagen: Dass
die Industrie ein Interesse daran hat, einen
Auftrag zu bekommen, das ist so in der
Marktwirtschaft; das muss man verstehen.

Die Kostenschätzung von 200 Millionen:
Ich bin kein Techniker, will mich darauf nicht
festlegen. IABG hat dazu ein entsprechendes
Gutachten gemacht. Wenn ich mich recht
entsinne, steht in dem IABG-Gutachten, dass
zum Beispiel die IT-Kosten in der Schätzung
von 200 Millionen nicht enthalten sind. Aber,
ehrlich gesagt, verlasse ich mich lieber auf
unsere Kostenschätzung als auf die der In-
dustrie, wenn ich die letzten 40 Jahre mal
Revue passieren lasse. - Das ist der erste
Punkt.

Ernster zu nehmen finde ich die Bemer-
kung von General Schneiderhan, zu sagen:
Die Fähigkeit ist so wichtig, das muss man
irgendwie hinkriegen. - Und dahinter steckt
die Überlegung: Wenn es eine militärische
Fähigkeit gibt, dann muss man, egal was es

kostet, das Problem lösen. Und da sage ich
Ihnen: Dieser Meinung bin ich nicht. Es gibt
irgendwo eine Grenze. Und wenn alleine die
Zulassungskosten ungefähr so viel kosten
wie das Gesamtsystem und das im Kosten-
rahmen nicht enthalten ist, dann haben wir
ein Problem, dann ist es richtig - - Und das
ist ja auch geprüft worden: Gibt es andere
Wege der Zulassung? Hätte man die Serie
mit einer Vorläufigen Verkehrszulassung
betreiben können? Und vieles andere mehr;
wir kommen ja vielleicht noch darauf. Aber
wenn das nicht geht: Es gibt eine Grenze der
Finanzierbarkeit, auch bei der Schließung
von Fähigkeitslücken.

So, was nun unsere entscheidenden
Gründe waren:

Einmal, dass die Kosten der Musterzulas-
sung zu nicht vertretbaren Kosten - -

Zweitens die besonders hohen Material-
erhaltungskosten im Lebenslaufzyklus wegen
der Ausphasung des Blocks 20 durch die
amerikanische Seite.

Und drittens das Problem mit der Mis-
sionsplanung. Das ist ein Punkt, der in der
Vorlage, die am 13. Mai von mir gebilligt
worden ist, auch drinsteht: Wenn wir ein
deutsches System haben wollen, dann wol-
len wir auch von Deutschland aus die Mis-
sionsplanung machen. Das kann man für
einen Übergang hinnehmen, dass es anders
ist; aber wenn dort das nächste Problem
dieser Art erscheint, dann geht das nicht.

In der Summe dieser überwiegend drei
Gründe und im Lichte der Erfahrungen der
Vergangenheit, in der Summe liegt der
eigentliche - sozusagen - Gesamtgrund für
die Nichtbeschaffung der Serie. Gleichwohl
ist es richtig, den Prototyp - für den haben wir
viel Geld bezahlt - so zu nutzen, dass man
das Aufklärungssystem betreiben kann. Und
in der Prüfung der Varianten, die Ende des
Jahres vorliegt, kann und soll der Prototyp,
für den ja schließlich viel bezahlt worden ist,
gegebenenfalls auch eine Rolle spielen.
Allerdings sind dort auch für einen Prototyp,
für einen Einzelfall dann natürlich hohe Mate-
rialkosten sorgsam in die Abwägung einzu-
beziehen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Die Frau
Vorsitzende hat Sie ja gefragt, ob das Ge-
spräch mit Herrn Gerwert bzw. der Besuch
bei Cassidian am 10. Dezember 2012 hätte
Anlass sein müssen, den elften Änderungs-
vertrag anzuhalten. Beim elften Änderungs-
vertrag, der mehr als drei Monate später

Drucksache 17/14650 – 1078 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 18
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

geschlossen wurde, ging es nochmals um
Kosten von 1,2 Prozent des Gesamtprojekts.
Ich nehme mal an, dass in der Größenord-
nung - das ist ja auch ein Bereich, wo sich
der Bundestag nicht damit beschäftigt - das
gar nicht an Ihr Ohr gekommen ist. Aber
wenn, hätten Sie 1,2 Prozent bewogen - also
die Restzahlung 1,2 Prozent -, das Projekt
vor der Erprobung anzuhalten?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das
kann ich im Nachhinein nicht sagen. Dieser
Änderungsvertrag, auch wegen der Größen-
ordnung, erreicht nicht den Tisch des Minis-
ters. Ich darf daran erinnern, dass auch der
Hauptvertrag aus dem Jahre 2007 vom
Staatssekretär unterschrieben ist, jedenfalls
verhandelt worden ist. Von daher: Dieser
Änderungsvertrag hat meinen Tisch nicht
erreicht. Aber richtig ist - und das war die
ganze Entwicklung -, dass wir alles daran-
gesetzt haben im Ministerium, den Prototyp
so weit zu ertüchtigen, dass wir das Aufklä-
rungssystem testen können. Und deswegen
war diese Entscheidung sicher richtig.

Markus Grübel (CDU/CSU): Also, mir
war es darum jetzt noch mal wichtig, die
Nachfrage zu stellen, weil die Vorsitzende
unseres Ausschusses ja Wert darauf gelegt
hat. - Herr Minister, wie hoch schätzen Sie
die Chancen ein, dass das deutsche Aufklä-
rungssystem ISIS einmal erfolgreich zu Ende
erprobt werden kann und dass wir das nach-
her - das Aufklärungssystem ISIS gehört ja
nachher uns oder der Bundesrepublik
Deutschland - in eine andere Plattform ein-
bauen können? Und wie hat der Kenntnis-
stand über die Erfolgsaussichten von ISIS
Ihre Entscheidung mit beeinflusst?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Zur
ersten Frage. Ich bin zuversichtlich, dass wir
mit den Testflügen, die ja auch noch stattfin-
den, das Aufklärungssystem, wohl bezogen
auf diese Plattform - das ist wahr -, erfolg-
reich testen können. Aber dann haben wir ein
Aufklärungssystem, was auch unter Einsatz-
bedingungen, nicht nur im Labor, seine Ein-
satzfähigkeit beweist. Die Frage, da bin ich
optimistisch.

Bei der zweiten Frage, in welcher Weise
dann das Aufklärungssystem mit gegebe-
nenfalls anderer Trägerplattform genutzt
werden kann, das ist eine offene Frage. Wir
haben in Auftrag gegeben - das haben Ihnen
mehrere Zeugen ja bereits auch gesagt -, bis

Ende des Jahres verschiedene Varianten zu
prüfen. Natürlich wird es sicher Trans-
aktionskosten erfordern: Man kann dieses
Aufklärungssystem in ein anderes System
nicht einfach reinschrauben; das ist wahr.
Diese Transaktionskosten werden Teil der
Abwägung sein; das ist auch wahr. Es gibt
verschiedene Trägerplattformen, die be-
trachtet werden. Ich bin kein Techniker und
will dem, diesem Ergebnis, nicht vorgreifen.
Es handelt sich dort um eine ergebnisoffene
Prüfung aller technisch möglichen und finan-
zierbaren Varianten.

Markus Grübel (CDU/CSU): Kollege Sil-
berhorn führt fort.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ja. Kollege Silberhorn.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Vielen
Dank, Frau Vorsitzende. - Herr Minister, der
Zeuge Rudolf Scharping hat hier ausgesagt,
dass „Themen … von zentraler Bedeutung“
mit ihm „regelmäßig erörtert worden“ wären;
auf Dienstreisen und „beim abendlichen
Rotwein“ gäbe es viele Gelegenheiten, zu
reden. Damit wird wohl insinuiert, dass ein
Minister nicht erst mit einer Entscheidungs-
vorlage, sondern schon vorher auf informel-
lem Wege unterrichtet sein müsste. Waren
Sie auf informellem Wege früher unterrichtet
als am 13. Mai 2013?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Über
meine Unterrichtung habe ich in meiner
Stellungnahme ja etwas gesagt. Das waren
immer sozusagen Anlagen, Beilagen zu je-
weils anderen Terminen, die also aus einem
anderen Anlass stattfinden, und dienten in-
soweit auch meiner Unterrichtung.

Natürlich fliege ich auch mit der Flugbe-
reitschaft. Ich trinke auch mal ein Glas Rot-
wein, rede auch mit Mitarbeitern, lieber ohne
Rotwein als mit Rotwein, muss ich Ihnen
sagen. Allerdings habe ich schon ein Ver-
ständnis von der Führung eines Ministe-
riums, dass man solche wichtigen Fragen, ob
man ein Projekt dieser Art abbricht oder
nicht, nicht beim abendlichen Rotwein oder in
der Challenger bespricht, sondern dann
muss eine anständige, spezifisch auf diesen
Fall bezogene Vorlage gemacht werden und
nicht auf Zuruf irgendetwas entschieden
werden. Das ist nicht nur wegen der Kon-
trolle und der Nachverfolgbarkeit nötig, son-
dern das hängt auch mit den Dimensionen

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1079 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 19
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

der Zahlen usw. zusammen. Also, informie-
ren kann man sich gerne nebenbei, ent-
scheiden sollte man sich in einem geordne-
ten Verfahren.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Sie ha-
ben in Ihrer einleitenden Stellungnahme
darauf verwiesen, dass im Februar 2010
entschieden worden ist, die Musterzulassung
auf die Serie zu verschieben. Man hat sich
im Beschaffungsamt der Bundeswehr darauf
verständigt, eine Musterzulassung für den
Demonstrator nicht mehr anzustreben, weil
für die erforderliche Vorläufige Verkehrszu-
lassung eine Prototypzulassung als ausrei-
chend angesehen worden ist. Heute im
Rückblick sehen wir, dass die offenen Fra-
gen der Musterzulassung für die Serie ein
entscheidender Grund dafür gewesen sind,
die Serie nicht zu beschaffen. War das Bun-
desamt im Februar 2010 die richtige Ebene,
eine solche Entscheidung mit derart weitrei-
chenden Konsequenzen zu treffen, und,
wenn sie das nicht gewesen sein sollte, wel-
che Konsequenzen ziehen Sie daraus?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich will
zunächst sagen, dass ich für die Entschei-
dung selbst Verständnis habe. Wenn man so
lange an einem so wichtigen Projekt arbeitet,
und dann gibt es eine pragmatische Lösung,
und die pragmatische Lösung dient auch
dazu, das Aufklärungssystem zu testen,
dann ist diese Entscheidung sicher nachvoll-
ziehbar. Wenn man aber die Vorgeschichte
betrachtet - und deswegen habe ich sie so
ausführlich wie viele Zeugen hier auch noch
mal meinerseits geschildert -: Es ging ja nicht
nur darum, ein bestimmtes System zu haben,
um eine Fähigkeitslücke zu schließen, son-
dern es ging ja gerade darum, mit einem
unbemannten System Neuland zu beschaf-
fen, und zwar mit diesem System und einer
Musterzulassung, egal ob jetzt Muss, Soll
oder Kann, sozusagen einen Türöffner für
unbemanntes Fliegen in Deutschland militä-
rischer Art in Gang zu setzen. Das war ja ein
zentraler Punkt, wenn man diese ganzen
Angaben nimmt, den ich lobe und nicht tadel.

Wenn das aber der Fall ist, dann muss
jedenfalls die Abweichung - ich lasse jetzt die
Frage, was im Vertrag steht und ob die In-
dustrie sich da nicht einen schlanken Fuß
macht, jetzt mal weg - in dieser zentralen
Frage - - Die kann dann nicht auf Ämter-
ebene entschieden werden, sondern dann
hätte es eine Rückkopplung geben müssen,

die sagt: Wir kommen nicht weiter, wenn wir
nicht diese Entscheidung treffen. Wir haben
die Absicht, eine solche Entscheidung zu
treffen. Wir teilen euch das mit, oder: Wir bit-
ten euch um eure Zustimmung. - Das hätte
ich da erwartet.

Zu Ihrer Frage, was das für die Zukunft
heißt. Ich bin - - Zunächst werden wir ja im
Blick auf die Fachaufsicht des Projektcontrol-
lings speziell noch einen Bericht meinerseits
bekommen. Aber im Übrigen bin ich der
Auffassung und davon überzeugt, dass der
neue CPM, das neue Beschaffungsverfah-
ren, durch die integrierten Projektteams auch
mit den Beteiligten eine solche möglicher-
weise richtige, aber doch einsame und zu
weitgehende Entscheidung nicht mehr - -
also verhindert hätte.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Vielen Dank. - Bevor ich der SPD-Fraktion
das Wort gebe, möchte ich doch noch zwei
geschäftsleitende Bemerkungen machen.

Zum einen bitte ich wirklich das Verteidi-
gungsministerium, bei eventuellen weiteren
Verteilaktionen hier im Saal mir das zuerst
kundzutun.

Das Zweite ist: Herr Staatssekretär Bee-
melmans hat ausweislich des Protokolls
gesagt: „Es gilt das gesprochene Wort.“ In-
zwischen liegt das vorläufige Protokoll des
Herrn Staatssekretärs Beemelmans vor, und
da sind auch die einleitenden Bemerkungen
des Herrn Staatssekretärs beinhaltet.

So, jetzt hat die SPD-Fraktion das Wort.

Rainer Arnold (SPD): Vielen Dank. - Herr
Minister, wir arbeiten heute gerne all die
Themen auf, die Sie angerissen haben: Ist es
wirklich so, dass Sie Geld gespart haben?
Wie organisieren Sie Ihr Haus? Wie interes-
siert sind Sie wirklich an den Themen? Wie
gehen Sie auf Ihre Mitarbeiter zu? - Machen
wir alles gerne. Wir müssen aber mit der
Thematik Wahrheit beginnen, weil das macht
mich fassungslos, wie Sie heute Ihre Lüge
mit einer neuen Lüge versucht haben zu-
rückzuweisen. Ich will Ihnen das auch be-
gründen zunächst mal. Sie sagten, Sie hät-
ten nicht den Eindruck erwecken wollen,
nichts gewusst zu haben. Nie hätten Sie
diesen Eindruck erwecken wollen. Herr
Minister, Sie haben es selbst vorgelesen - ich
muss es noch mal machen -:

Es gab zuvor

- also vor dem 13. Mai -

Drucksache 17/14650 – 1080 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 20
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

keine Vorlage an den Minister mit
einer Beschreibung der Zulas-
sungsprobleme oder überhaupt
zum Gesamtproblem.

Zweitens.
Von Zulassungsproblemen habe ich
erstmals im Rahmen einer allge-
meinen Besprechung zu ... Rüs-
tungsvorhaben

- im März -

gehört.

So, das haben Sie an diesem Tag fünfmal
gesagt. Fünfmal! Sowohl wir im Verteidi-
gungsausschuss aus auch die Journalisten
haben hart nachgefragt in dieser Frage. Und
was war Ihre Antwort sinngemäß im Verteidi-
gungsausschuss ausweislich des Protokolls?
Sie hätten ja Gelegenheit haben können,
wenn wir so doof sind, dass wir Sie nicht
richtig verstehen, das dann zu korrigieren.
Sie haben aber gesagt:

Es sei über Drohnen insgesamt und
über die unterschiedlichen Drohnen
gesprochen worden. Dabei sei die
Rede gewesen von einem Zulas-
sungsproblem. Der designierte In-
spekteur der Luftwaffe und der Ab-
teilungsleiter Rüstung hätten dabei
erklärt, dass es dort ein Problem
gebe, das man lösen werde. Dies
sei der einzige Zusammenhang
gewesen, in dem er vor der Ent-
scheidungsvorlage mit dem Thema
EURO HAWK befasst worden sei.

Also mit dem Sie befasst worden seien.
Also, Sie haben die Gelegenheit, ein

Missverständnis zu korrigieren, da überhaupt
nicht genutzt. Insofern kann man doch nicht
behaupten: Ich wollte etwas anderes sagen. -
Sie haben einen Pressestab. Den hätten Sie,
nachdem die ersten Tickermeldungen kom-
men: „Der Minister hat nichts gewusst“, doch
sofort in Marsch setzen können, um dies zu
korrigieren. Warum haben Sie das nicht ge-
macht?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Herr
Abgeordneter Arnold, ich muss zunächst -
ich will das nicht so oft heute machen - die
Einleitung und Bewertung, die zu Ihrer Frage
geführt haben, als Unterstellung zurückwei-
sen.

Jetzt zu Ihrer Frage selbst. Ich habe so
vorgetragen, wie Sie richtigerweise zitiert
haben, und ich habe in meiner Stellung-

nahme vorgetragen, insbesondere durch die
Betonung „erstmals im Rahmen einer allge-
meinen Rüstungsklausur“ und dem Wort
„Befassung“ - - In den Sätzen davor ist der
Eindruck entstanden, ich sei nie über Pro-
bleme unterrichtet worden, und ich selber
habe - das bedauere ich - zu diesem unzu-
treffenden Eindruck beigetragen, aber nicht
als Einziger. Dass ich nie etwas gewusst
habe, habe ich nie vorgetragen.

Als dann, Herr Arnold, die Sache in den
nächsten Tagen nach dem ersten Ausschuss
hochkam und erste Informationen über - - ich
glaube, der Cassidian-Besuch spielte da
schon eine Rolle -, habe ich die erstbeste
Gelegenheit genutzt, nämlich die nächste
Sitzung des Verteidigungsausschusses, des-
sen Datum ich im Moment nicht mehr weiß,
um darauf hinzuweisen. Ich darf Sie erinnern,
dass Sie mich sogar gefragt haben: Können
Sie uns die Cassidian-Unterlage zur Verfü-
gung stellen? Daraufhin habe ich gesagt:
Das beantworte ich. - Also selbst Sie haben,
indem Sie mich gefragt haben: „Was war
denn bei dem Cassidian-Besuch?“, ja bereits
gewusst, dass ich unterrichtet war. Im Raum,
Herr Abgeordneter Arnold, haben Sie den
Vorwurf der Lüge bei dieser zweiten Sitzung
auch nie erhoben, allerdings draußen.

Deswegen noch mal, ich wiederhole: Ich
bedauere, dass ich selbst dazu beigetragen
habe, diesen Eindruck zu erwecken. Ich will
Ihnen gern auch noch mal sagen, was der
Hintergrund war. Das bezieht sich insbeson-
dere auf das Wort „Entscheidung“, was ja
hier auch in diesem Text vorkommt. Wir wa-
ren bei der Vorbereitung für den 05.06. sehr
stark auf den Entscheidungsprozess fokus-
siert: Wie ist es zu dieser Entscheidung ge-
kommen, und wer war bei dieser Entschei-
dung befasst, beim Entscheidungsgang be-
fasst? - Das war der Hauptpunkt, den ich im
Kopf hatte bei dieser Formulierung. Das war
der wesentliche Gehalt dessen, was wir dort
vorgetragen haben. Als dann der Eindruck
entstand, dass es bei dem Wort „Befassung“
nicht nur um Entscheidungsvorlagen oder
Informationsvorlagen speziell zu dem Thema
Euro Hawk geht - ich habe erwähnt, es gab
eine Vorlage speziell zu dem Thema Euro
Hawk rund um das Thema G 10 -, als dann
dieser Eindruck entstanden war, habe ich
ihn, sobald es irgend möglich war, im Aus-
schuss und öffentlich korrigiert.

Rainer Arnold (SPD): Nächste Gelegen-
heit, zu korrigieren, wäre gewesen, als die

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1081 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 21
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Meldungen des Donaukuriers in den Medien
aufgeschlagen sind. Man hat ja den Eindruck
gehabt in dieser Phase: Sie haben immer nur
das eingeräumt, was in den Medien kam. -
Dann haben Sie ja mal eine Phase gehabt,
wo Sie sagten: Sie haben zwar gehört, aber
nichts Schriftliches. - Dann kamen die ersten
Schriftstücke. Dann mussten Sie logischer-
weise sagen im Ausschuss, dass es die
Schriftstücke gibt. Was denn auch sonst? Wir
hatten sie ja im Grunde genommen über die
Medien schon erhalten. Die erste Gelegen-
heit wäre nach dem Donaukurier gewesen.
Dort haben Sie Ihren Pressesprecher erklä-
ren lassen:

Des Weiteren hat er erklärt, dass es
zuvor keine Vorlage an ihn mit einer
Beschreibung der Zulassungspro-
bleme oder überhaupt zum Ge-
samtproblem gegeben habe.

Die Aussagen des Ministers gegen-
über dem Donaukurier basierten auf
Hintergrundinformationen zum Vor-
haben EURO HAWK, wie er sie am
1. März 2012 im Rahmen einer all-
gemeinen Besprechung zu vielen
Rüstungsvorhaben sowie auch
später erhalten hat.

So, Fakt ist doch aber, dass Sie exakt in
diese Sitzung, bei der Sie teilgenommen
haben, wo Sie gesagt haben, da wurde nur
darüber geredet, mit einem ausführlichen
Papier gegangen sind. Die wichtigsten Aus-
züge daraus sind:

Kostensteigerungen stellen Ge-
samtsystem zunehmend infrage.*

Sowie: gibt es Probleme mit der Musterzulas-
sung.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege Arnold, welche MAT-Nummer
ist das?

Rainer Arnold (SPD): Ja, können wir
machen. Dann bitte Zeit stoppen. - MAT 69,
Ordner 1, Seite 124, Anlage 3.

Also, es gab eine Vorlage.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Herr
Abgeordneter - -

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-69 BMVg zu BB 17-32,
Büro des Ministers, Ordner 1, Blatt 133.

Rainer Arnold (SPD): Herr Minister, wie
können Sie dann sagen, Sie haben das dann
eingeräumt? Sie haben noch erklären lassen
beim Donaukurier, Sie hätten nur was gehört
in dieser Sitzung. Ich verstehe es nicht.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Herr
Abgeordneter, die Stellungnahme zum
Donaukurier trifft zu. Sie haben eben auch
erwähnt „sowie auch später“. Das bezog sich
auf spätere Vorgänge, insbesondere den
Cassidian-Besuch und andere Vorgänge, die
ich auch genannt habe. Über den Ablauf der
Rüstungsklausur ist ja, wenn ich den Verlauf
des Untersuchungsausschusses richtig ver-
folgt habe, umfangreich gesprochen worden,
über die Unterlagen, über den Vortrag, den
der designierte Inspekteur der Luftwaffe,
Generalleutnant Müllner, gegeben hat. Die
Zulassungsfragen wurden dort angespro-
chen. Der Rüstungsabteilungsleiter und der
Inspekteur haben mir gesagt, sie werden sich
darum kümmern und das Problem werde
gelöst. Ich habe diese Vorlage, auch den
Gesamtvorgang dieser Rüstungsklausur
gelobt. Der Staatssekretär Beemelmans hat
das auch vermerkt: ausdrücklich vom Minis-
ter gelobt.

Jetzt sage ich Ihnen mal eines. Der Satz
„Kostensteigerungen stellen das System
zunehmend infrage“, den können Sie über
die Hälfte aller Rüstungsvorhaben schreiben.
Es gibt kaum ein Rüstungsvorhaben, das
nicht gewaltige Kostensteigerungen hat und
wo man immer fragen könnte: Stellt das die
Sache eigentlich nicht infrage? - Deswegen
ist ein solcher Satz nicht ein besonderer
Anlass, nun hier tätig zu werden.

Rainer Arnold (SPD): Herr Minister, darf
ich Sie mal unterbrechen - Entschuldigung -,
weil wir einfach nur 14 Minuten haben? - Es
geht mir doch gar nicht um den Satz - da
kommen wir nachher noch drauf -; es geht
mir um Ihre Erklärung, dass Sie zuvor keine
Vorlage über Zulassungsprobleme oder
überhaupt zum Gesamtproblem hatten. Sie
hatten doch eine. Ich kann Ihnen noch wei-
tere nennen. Wir können das stundenlang
betreiben. Am 10.12. hatten Sie eine sieben-
seitige Vorlage zu EADS Manching, aus-
schließlich über Euro Hawks diese sieben
Seiten. Am 6. März, dieses Jahres dann
allerdings, wurden Sie noch mal informiert:
Die geplante Serienbeschaffung ist „extrem
risikobehaftet und derzeit nicht absehbar“.
Und Sie behaupten, Sie hätten immer nur an

Drucksache 17/14650 – 1082 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 22
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

dieser einen Rüstungsklausur mündlich was
gehört.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein.

Rainer Arnold (SPD): Ist das jetzt wahr,
was Sie behaupten, oder ist es nicht wahr,
Herr Minister? Das interessiert mich.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Herr
Arnold, das habe ich nicht behauptet, son-
dern ich habe in der Stellungnahme zum
Donaukurier und in der nächsten Sitzung des
Verteidigungsausschusses ausführlich vor-
getragen, dass es auch andere Probleme - -
also dass ich auch bei anderen Gelegenhei-
ten von Problemen unterrichtet worden bin.

Ich will Ihnen mal was zum Begriff Vor-
lage sagen; das ist ja hier offenbar ein sehr
wichtiger Punkt. Ein Minister hat viele Ter-
mine im In- und Ausland. Die Mitarbeiter
packen den Minister voll mit jeder Menge
Papieren, mit Problemen und Erfolgsmel-
dungen und all dem. Das sind Informationen,
die da beigefügt werden, Hintergrundinfor-
mationen, Anlagen für die Gesprächsfüh-
rung, für den Hinterkopf. Eine solche Unter-
lage führt natürlich zu Kenntnissen des
Ministers. Sie ersetzt aber nicht das, was ich
hier als Vorlage gemeint habe, nämlich eine
Vorlage, die ausgezeichnet ist auf den
Minister, wo drinsteht: „Herr Minister, wir
haben ein gewaltiges Problem. Wir arbeiten
an einer Lösung“, oder: „Wir wissen keine
Lösung“, oder: „Wir müssen eine Entschei-
dung treffen, die anders als bisher ist“. Es
kann nicht richtig sein, dass Mitarbeiter sich
dadurch entlasten, dass sie aus Anlass von
Terminen Probleme als Anlage in Infor-
mationsmappen stellen und sagen: Da soll
der Minister mal sehen, was er damit
macht. - So wird in einem Ministerium, das
ich führe, nicht gearbeitet.

Rainer Arnold (SPD): Zu was bekommen
Sie denn diese Vorlagen, wenn nicht zum
Lesen und zum Mit-in-die-Gespräche-mit-
Ihren-Gesprächspartnern-Einbauen? Dann
kann man sie sich ja schenken.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein.
Zur Information vieler Dinge, die ein Ge-
samtbild ergeben, aber nicht zu einer Ent-
scheidung in einem konkreten Vorgang.

Rainer Arnold (SPD): Es geht doch auch
gar nicht um Entscheidungen, Herr Minister.
Es geht doch um die Tatsache, dass Sie
gesagt haben, Sie hätten zum ersten Mal im
Rahmen einer allgemeinen Besprechung von
den Zulassungsproblemen gehört. Und erst
dann, nachdem Medien Ihnen dies wider-
legen, Stück für Stück, scheibchenweise,
räumen Sie ein, Sie hatten doch was Schrift-
liches.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Einen
Moment.

Rainer Arnold (SPD): Und jetzt machen
Sie weiter und sagen, Sie hatten zwar was
Schriftliches, aber das war keine anständige
Vorlage, und deshalb ist es nicht zu bewer-
ten.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Einen
Moment, Herr Arnold!

Rainer Arnold (SPD): Herr Minister, wir
müssen wirklich mal der Frage nachgehen:
War es wahr, was Sie dort gesagt haben,
oder war es nicht wahr?

(Markus Grübel (CDU/CSU): Dann
fragen Sie, Herr Arnold!)

Diese Frage müssen wir klären.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Herr
Arnold, was das Wort „erstmals“ angeht, trifft
es zu, aber nicht das einzige Mal, bei der
Rüstungsklausur das erste Mal, aber nicht
das einzige Mal. Ich habe Ihnen ein paar
andere Anlässe genannt. Sie erwecken jetzt
den Eindruck, als hätte ich gesagt, das wäre
das einzige Mal gewesen. Und das trifft auch
nicht zu.

Rainer Arnold (SPD): Nein, das habe ich
nicht. „Erstmals“ habe ich gesagt.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, so
ist es.

Rainer Arnold (SPD): Aber das stimmt ja
so auch nicht.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Doch.

Rainer Arnold (SPD): Sie haben ja nicht
nur gehört. Sie haben nämlich den Eindruck
erweckt, auch noch auf unsere Nachfragen

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1083 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 23
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

im Ausschuss, als ob Sie nur gehört hätten
und der General gesagt hätte, es werde lös-
bar. Sie hatten aber auch einen deutlichen
Hinweis, dass jenseits der Musterzulassung -
schriftlich schon gesagt - das Projekt aus
finanziellen Gründen zunehmend infrage
steht. Das haben Sie uns alles verschwie-
gen, Herr Minister.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Herr
Abgeordneter Arnold, aber die Rüstungs-
klausur - -

Rainer Arnold (SPD): Sie haben das erst
eingeräumt, nachdem wir das Papier in der
Hand hatten. Sie haben es uns nicht gesagt.
Wir haben es gelesen und haben Sie an-
schließend in der Verteidigungsausschuss-
sitzung befragt. Dann haben Sie es einge-
räumt. Das ist wohl wahr.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Herr
Abgeordneter Arnold, Cassidian und diese
Dinge sind alle nach der Rüstungsklausur.
Ich habe gesagt, in der Rüstungsklausur
habe ich erstmals von Problemen erfahren.
Cassidian usw. war alles im Dezember. Die
Rüstungsklausur war am 1. März 2012. Und
die Aussage ist richtig.

Rainer Arnold (SPD): Okay. Danke
schön. - Ich zitiere Sie jetzt mal, Herr Minis-
ter, aus einem Interview in der Zeit:

Eine öffentliche Lüge in Ämtern ist
ein Problem.

(Henning Otte (CDU/CSU): Die
Fundstelle!)

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege Arnold!

Rainer Arnold (SPD): Die Zeit vom
4. Juli.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut.

Rainer Arnold (SPD):
Eine öffentliche Lüge in Ämtern ist
ein Problem. Eine Lüge gegenüber
Kindern an Weihnachten ist ein
wunderbares Geheimnis. Wir müs-
sen in der Privatsphäre mehr
Schuld und Sünde und Vergebung

zulassen als im öffentlichen Be-
reich, sonst geht das Leben kaputt.

Wie wahr, was Sie dort gesagt haben,
Herr Minister! Ich habe eine kleine Drohne
auf dem Schreibtisch stehen. Sie war aber
kein Weihnachtsgeschenk. Drohnen sind
keine Weihnachtsgeschenke, Herr Minister.

Nach diesem Anspruch, den Sie gegen-
über Inhabern von öffentlichen Ämtern stel-
len: Müssten Sie da nicht zurücktreten? Ha-
ben Sie das der Kanzlerin angeboten und,
wenn ja, was hat die gesagt?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Erstens:
Nein. Und zweitens: Was ich mit der Kanzle-
rin bespreche, das trage ich hier nicht vor
dem Ausschuss vor.

Rainer Arnold (SPD): Danke.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt kommt die FDP-Fraktion. Kollege
Spatz.

Joachim Spatz (FDP): Besten Dank,
Frau Vorsitzende. - Herr Minister, die Forde-
rung zur Ehrlichkeit im Amt trifft ja bestimmt
auch auf Abgeordnete zu, auch auf Mitglie-
der des Untersuchungsausschusses. Herr
Arnold hat eben den Eindruck zu erwecken
versucht, Sie hätten in Ihrer Pressemitteilung
bezüglich des Donaukurier-Artikels nicht
eingeräumt, auch später informiert worden zu
sein. Ich zitiere mal aus dieser Pressemittei-
lung:

Die Aussagen des Ministers gegen-
über dem Donaukurier basierten auf
Hintergrundinformationen zum Vor-
haben EURO HAWK, wie er sie am
1. März 2012 im Rahmen einer all-
gemeinen Besprechung zu vielen
Rüstungsvorhaben sowie auch
später erhalten hat.

(Rainer Arnold (SPD): Habe ich
doch vorgelesen!)

- Ja, aber Sie haben versucht, den Eindruck
zu erwecken, Herr Kollege, dass darin nicht
steht: von Informationen nach dem 1. März
2012. Ich wollte das hier nur noch mal klar-
stellen.

(Rainer Arnold (SPD): Ich habe es
korrekt vorgelesen! Darauf lege ich
Wert!)

Drucksache 17/14650 – 1084 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 24
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

- Es geht auch um Deutungshoheit, Herr
Kollege. Deswegen wollte ich das noch mal
festhalten.

Herr Minister, die Staatssekretäre haben
im Rahmen ihrer Kompetenzen gehandelt
und entschieden in diesem Fall. Und würden
Sie jetzt aufgrund der gemachten Erfahrun-
gen die Verantwortlichkeiten oder die Infor-
mationspflichten anders organisieren?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Im
Dresdner Erlass, Herr Abgeordneter Spatz,
ist geregelt, dass die Staatssekretäre solche
Fälle abschließend entscheiden. Allerdings
gibt es in der Ziffer davor einen Punkt, der
sagt, Fälle von grundlegender politischer
Bedeutung sind dem Minister vorbehalten.
Deswegen gibt es nach meiner Auffassung
kein neues Regelungsbedürfnis, sondern nur
die Anwendung dieses Dresdner Erlasses.
Und nach dem ganzen Vorlauf über ein Jahr-
zehnt hätte ich es in diesem Fall für richtig
gehalten, dass mir das auch als Entschei-
dungsvorlage vorgelegt wird.

Nun hat Staatssekretär Beemelmans das
so entschieden. Er hat aber zugleich mir
diesen Vorgang vorgelegt. Und es gibt häufi-
ger Fälle, wo Staatssekretär Beemelmans
oder auch Staatssekretär Wolf etwas, was
sie entscheiden oder entschieden haben,
nachträglich oder vorher zur Kenntnis geben.
Und wenn ich das abzeichne und billige, ist
es gut. Wenn ich das nicht abzeichne, dann
wird es auch gegebenenfalls gestoppt. Na-
türlich kann der Minister auch eine Entschei-
dung des Staatssekretärs toppen und sagen:
Nein, so machen wir das nicht. - Das gibt es
auch in vielen Fällen. Deswegen ist es richtig
und zu loben, dass Staatssekretär Beemel-
mans diese Entscheidung, die er getroffen
hat, mir nachher zur Kenntnis und Billigung
übergeben hat. Einen Änderungsbedarf, was
die Regel angeht, sehe ich nicht. Eine kluge
Anwendung des Dresdner Erlasses reicht
aus.

Joachim Spatz (FDP): Jetzt gibt es ja
Leute, die behaupten, dass es bei diesem
langjährigen Gespann Beemelmans/de Mai-
zière völlig unglaubwürdig ist, dass es da so
einen Interpretationsunterschied geben
könne, nach dem Motto, der Minister hätte
eigentlich mehr einbezogen werden wollen,
aber ich, Beemelmans, habe das nicht richtig
verstanden und nehme das auf mich. Das
könne nicht sein bei so einem eingespielten
Gespann. - Was sagen Sie dazu?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Gerade
wer uns beide gut kennt, weiß, dass wir pin-
gelig darauf achten, unser enges Ver-
trauensverhältnis nicht sozusagen in die
Praxis der Entscheidungen des Ministeriums
einfließen zu lassen.

Joachim Spatz (FDP): Wie wollen Sie in
Zukunft sicherstellen, dass bei Entwicklungs-
verträgen, deren unvermeidliche Risiko-
behaftetheit wir jetzt ja alle kennen, Sie die
Aufteilung des Risikos zwischen Auftrag-
geber und Auftragnehmer vielleicht ein Stück
weit zugunsten des Auftraggebers gestalten
wollen?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Zu-
nächst: Nach der Vertragsschließung muss
ein besseres Projektmanagement her. Und
ich denke auch, dass die Statusberichte, die
ich jetzt - - mit dem Verfahren will ich ja be-
ginnen, Rüstungsboard und eine anlasslose
Überprüfung von bestimmten Rüstungsvor-
haben, dass das auch hilft.

Was die Vertragsgestaltung selbst an-
geht, glaube ich, müssen die Risiken nicht
nur zulasten des Auftraggebers, also des
Steuerzahlers, verteilt werden. Das verlangt
dann natürlich harte Verhandlungen bei sol-
chen Entwicklungsverträgen. Die Industrie
möchte gerne sämtliche Entwicklungskosten
dem Staat überwälzen. Andere private Un-
ternehmen haben diese Gelegenheit nicht.
Wir haben natürlich auch ein Interesse, dass
eine bestimmte Entwicklung zustande
kommt, die sonst nicht zustande käme, weil
sie die Industrie sonst alleine nicht entwi-
ckeln würde. Aber zum Beispiel die Offenle-
gung oder die klare Aufteilung, was sind
denn eigentlich wirklich - - welche Entwick-
lungskosten entstehen denn im Konzern - -
auch darüber Transparenz herzustellen. Und
einen anderen Mittelabfluss. Beides scheinen
mir geeignete Mittel, bei Entwicklungsverträ-
gen die Risiken etwas besser zu verteilen.

Joachim Spatz (FDP): Wir sprachen jetzt
über die Risikoverteilung am Beginn gewis-
sermaßen. Sie sagten auch, dass Sie das
Projektmanagement, die Projektbegleitung
optimieren wollen, damit - ich sage mal
Stichwort „Frühwarnsystem“, also dann,
wenn die schiefe Ebene beginnt, noch
schiefer zu werden - die Alarmglocken läu-
ten. So weit zum Strukturellen habe ich das
verstanden. Trotzdem gibt es natürlich immer
eine politische Bewertung: Wann stoppen,

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1085 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 25
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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wann nicht stoppen? Und da gibt es natürlich
die Ex-post-Experten, die hinterher immer
genau wissen, dass man hätte früher stop-
pen können. Wenn Sie aber mal das, was
Ihnen heute abverlangt wird - dass Sie zu
einem viel früheren Zeitpunkt hätten stoppen
müssen, beim ersten Aufkeimen von Pro-
blemen, Sie oder Ihre Leitung, bei der die
Informationen früher ankamen -, zur Grund-
lage nehmen als allgemeinen Maßstab: Hät-
ten wir dann einen Jäger 90, den Tiger, den
NH90, die Corvette?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Sicher
nicht, Herr Abgeordneter. Gerade bei tech-
nologisch neuen Projekten - wir arbeiten ja,
wie ich das immer nenne, an der vorderen
Kante der Technologie - gibt es immer Pro-
bleme. Und man muss auch gucken - - Des-
wegen habe ich mich zu der Position des
Rechnungshofs 2009 - - Der Rechnungshof
hat ja nicht gesagt „hätte abgebrochen wor-
den müssen“, sondern „hätte neu bewertet
werden müssen“, was immer das heißt. Man
muss dann auch immer sehen: Wie viel Geld
ist eigentlich schon verbraucht worden? Und
was passiert, wenn man jetzt abbricht? Wer
hat eigentlich welche Erkenntnisse mit wel-
chem Ertrag? Ich meine, die Industrie hat
dann vielleicht gegebenenfalls eine Rück-
stellung. Wir haben keine Fähigkeit. Das ist
der große Unterschied. Und deswegen, wenn
man zu früh abbricht, dann hätten wir diese
Erfolge nicht.

Man muss auch mal sehen. Die großen
und komplizierten Rüstungsprojekte verlau-
fen ja eigentlich immer nach einem Schema:
große Erwartungen am Anfang, möglicher-
weise eine zu niedrige Kalkulierung der
Kosten, damit man es politisch durchkriegt,
große Euphorie in der ersten Phase. Dann
tauchen die Probleme auf - viel Frust. Dann
gibt es meistens Zulassungsprobleme. Dann
gibt es auch meistens Anfangsprobleme.
Man hat dann ein neues Gerät, und das fliegt
gut. Bei einem Hubschrauber neuer Art: Der
fliegt gut. Aber dann kann das MG nicht rich-
tig angebracht werden. Dann sagt man: Wie
kann das denn sein? - Und dann ruckelt sich
das nach einer Weile so zurecht, dass alle
sagen: Das ist aber ein tolles Gerät. Und weil
wir diese Erfahrung insgesamt gemacht ha-
ben, dass am Ende immer eher alles gut
wird, ist die Neigung besonders groß, zwi-
schendurch nicht abzubrechen. Das ist im
Prinzip richtig. Aber irgendwo ist eine
Grenze. Und hier war diese Grenze erreicht.

Joachim Spatz (FDP): Noch mal zu
einem anderen Fragenkomplex. Wussten Sie
zum Zeitpunkt, als Sie im Parlament für das
NATO AGS geworben haben, von den mas-
siven Problemen, die die Leitungsebene der
Staatssekretäre im Februar 2012 erreicht
haben, zwar dort als lösbar dargestellt wor-
den sind, aber, wie gesagt, bekannt gewesen
sind?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Jeden-
falls so, dass ich das da hätte ansprechen
sollen und müssen, war mir das nicht prä-
sent. Deswegen habe ich es auch nicht an-
gesprochen.

Joachim Spatz (FDP): Besten Dank.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich gebe das Wort der Linken. Herr van
Aken, bitte.

Jan van Aken (DIE LINKE): Vielen
Dank. - Herr de Maizière, ich möchte noch
mal auf Ihren Satz zurückkommen, den Sie
am 5. Juni gesagt haben, den Satz, nach
dem Sie keine Vorlage gehabt hätten, in der
Ihnen Zulassungs- oder Gesamtprobleme
geschildert worden wären. Diesen Satz ha-
ben Sie ja mittlerweile in zweierlei Hinsicht
relativiert. Das eine ist die Frage: Sind Pro-
bleme lösbar oder nicht lösbar? Das ist so-
zusagen Ihre Differenzierung. Und das an-
dere haben Sie eben gerade getan, indem
Sie den Begriff „Vorlage“ noch mal infrage
gestellt haben.

Dazu würde ich Ihnen gerne eine Vorhal-
tung machen, und zwar genau dieses Doku-
ment, das schon mehrfach angesprochen
wurde, MAT 59/2. Das ist Ihr Briefing, sage
ich jetzt mal, für den Besuch bei Cassidian in
Manching am 10. Dezember letzten Jahres.
Das haben Sie auch in Ihren eigenen Akten,
haben Sie gesagt.

(Markus Grübel (CDU/CSU):
Frau Vorsitzende!)

- Ja, Herr Grübel?

Markus Grübel (CDU/CSU): Das haben
wir jetzt zum vierten Mal zitiert. Ich vermute,
dass es in den verschiedenen Akten ist. Ich
habe es zweimal, einmal in der Akte Büro
Minister, einmal in der Akte Büro Staats-
sekretär Beemelmans. Dann hat Herr Arnold
eine andere Fundstelle gehabt. Sie haben
die vierte Fundstelle. Vielleicht können wir

Drucksache 17/14650 – 1086 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 26
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

den Vertreter des Verteidigungsministeriums
oder der Bundesregierung bitten, das Origi-
nal mal rauszuholen, dass wir das Original
angucken können, weil die Kopie von der
Kopie sieht halt aus wie eine Kopie. Beim
Original sieht man, was da wirklich zum Bei-
spiel an Randbemerkungen dran ist und was
nicht später draufgeschrieben wurde.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege Grübel, das Original von Cassi-
dian von dieser Vorlage ist auf dem Weg.
Das haben wir rausgesucht, und das kommt
jetzt vom Ausschusssekretariat irgendwann
hierher.

Jan van Aken (DIE LINKE): Ich habe
deswegen extra gesagt: in der Version 59/2.

(Zuruf des Abg. Henning Otte
(CDU/CSU))

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege Otte, wir müssen ja bei 1 100
Akten wenigstens die Chance haben, es mal
rauszusuchen.

Jan van Aken (DIE LINKE): Noch mal:
Also, mein Bezug ist jetzt ausdrücklich - -
Herr Grübel, es geht hier nicht um die grünen
Bemerkungen und so, sondern ich lege es
ausdrücklich in der Version 59/2 vor. Das ist
die, die wir alle seit Wochen haben, mit der
wir arbeiten usw. Es geht hier gar nicht um
die grünen Bemerkungen - erst mal nicht. Da
kommen wir nachher noch drauf zu spre-
chen.

Herr de Maizière, Sie kennen dieses Pa-
pier?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja.

Jan van Aken (DIE LINKE): Ist Ihnen das
zum Besuch am 10. Dezember 2012 vorge-
legt worden? Das heißt vorher, vor dem Be-
such.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich
habe das am 10.12. abgezeichnet. Da ist
eine Vorlage, die lautet:

Herrn Minister



Besuch … bei CASSIDIAN …

Zur Vorbereitung Ihres Besuches …
werden beigefügte Unterlagen
vorgelegt. …

Sie werden durch Herrn ...

- soundso -
begleitet.*

Und dieses Deckblatt habe ich abge-
zeichnet am 10.12.

Jan van Aken (DIE LINKE): Das heißt,
Ihnen ist das vorgelegt worden. - Ist das eine
Vorlage?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Die
Deckvorlage ist eine Vorlage, und wenn Sie
dann einmal weiterblättern, geht es dann
weiter. „Informationsmappe“ steht dann da.
Und dann ist auf der Seite 11, auf die Sie
sich beziehen: „5. EURO HAWK“ - „Sach-
stand“ …**

Das ist eine allgemeine Information aus
Anlass einer Betriebsbesichtigung.

Jan van Aken (DIE LINKE): Also keine
Vorlage.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Die
Vorlage ist sozusagen - - Die Vorlage ist: Wir
übergeben Ihnen zur Gesprächsvorberei-
tung - heißt es da - folgende Unterlagen.

Jan van Aken (DIE LINKE): Also, Sie
wollen jetzt gerade sagen, nur um das mal
festzuhalten: Ihnen wird eine Mappe vorge-
legt. Im Anschreiben steht auch, das wird
Ihnen hier vorgelegt, aber Sie sagen: Das,
was dort an Informationen drin ist, ist keine
Vorlage gewesen.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein,
das sage ich nicht. Natürlich ist das, was ich
zu einer Gesprächsvorbereitung bekomme,
eine Vorlage.

Jan van Aken (DIE LINKE): Gut. Also
haben wir hier eine Vorlage.

Dann würde ich jetzt gerne auf die
Seite 11 zu sprechen kommen. Das ist in

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-59 BMVg zu BB 17-38,
Ordner 1, Blatt 1.

** Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-59 BMVg zu BB 17-38,
Ordner 1, Blatt 38.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1087 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 27
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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MAT 59/2 die Seite 38. Das ist überschrieben
mit „EURO HAWK“. Können Sie sich erin-
nern, ob Sie diesen Teil schon mal gelesen
haben?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ehrlich
gesagt - - Natürlich habe ich den gelesen zur
Vorbereitung der Sitzung. Ob ich ihn da-
mals - und in welcher Gründlichkeit - gelesen
habe, kann ich aus der Erinnerung nicht
mehr sagen; aber ich sage natürlich, dass ich
mir das, was da drinsteht, zurechnen lassen
muss.

Jan van Aken (DIE LINKE): Noch mal:
Wenn Sie sagen „zur Sitzung“, dann meinen
Sie, zur heutigen Sitzung haben Sie es gele-
sen?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Zum
Beispiel.

Jan van Aken (DIE LINKE): Ach so. Ja,
aber das heißt - - Wie arbeiten Sie norma-
lerweise, wenn Sie so einen Besuch ma-
chen? Sie kriegen so eine Vorlage, nehmen
sie mit. Lesen Sie das immer durch, im Flie-
ger? Oder was ist so Ihr Ablauf?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das ist
sehr unterschiedlich, Herr van Aken.
Manchmal kommt die Unterlage Tage vorher.
Dann nutze ich die Gelegenheit, wenn ich
sowieso Akten mache, das durchzugucken,
und je nachdem, wie viel Zeit dann dafür ist,
gründlich oder weniger gründlich. Man be-
kommt eher zu viel Informationen als zu we-
nig Informationen.

Manchmal kommen die Unterlagen auch
sehr spät. Ich weiß nicht, wann diese ge-
kommen ist, aber der Besuch war am 10.,
und ich habe es am 10. abgezeichnet.

Jan van Aken (DIE LINKE): Die ist fünf
Tage vorher gekommen, am 05.12.

(Markus Grübel (CDU/CSU): Das
kann nicht sein, wenn der Staats-
sekretär sie später abgezeichnet
hat!)

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Herr
Beemelmans hat sie am 06.12. abgezeich-
net. Möglicherweise war sie in meinem Büro.
Wann ich sie bekommen und Gelegenheit
hatte, sie zu lesen, kann ich nicht mehr sa-

gen. Ich habe sie jedenfalls am 10. abge-
zeichnet.

Es gibt also Fälle - ich will jetzt gar nicht
sagen, dass das hier der Fall war -, da kom-
men die mehr oder weniger, kurz bevor ich
aus dem Haus zu einem Termin fahre. Es
gibt auch Fälle, da kommt mal eine Unter-
lage, wenn ich schon weg bin. Dann kriege
ich sie gefaxt.

So, und dann lese ich in der Regel - -
überfliege und lese die Unterlagen. Hier ist
zum Beispiel ein Organigramm der Firma
EADS drin. Das ist ziemlich kompliziert. Das
überfliege ich natürlich nur. Dann gucke ich
mal, wo da Cassidian steht, aber mehr im
Einzelnen nicht.

Und da es mir um die Firma ging, um den
Standort - - Wenn Sie sich mal erinnern: Es
ging um die Frage, dass es um die Frage
ging: Was wird aus Manching gegebenenfalls
verlegt? Wie ist es um die Zukunft des
EADS-Konzerns? Das war der Gegenstand
meiner Hauptbetrachtung, und in einem sol-
chen Fall blättere ich die Unterlagen - Tor-
nado, Eurofighter usw. - in der Regel nur
durch. Wie es hier genau war, kann ich in der
Erinnerung nicht mehr sagen. Aber so ver-
halte ich mich üblicherweise. Das war ja Ihre
Frage.

Jan van Aken (DIE LINKE): Gut. Sie
können es nicht konkret sagen, ob Sie das
gelesen haben; aber wir können für den
weiteren Verlauf dieses Untersuchungsaus-
schusses annehmen, dass Sie es gelesen
haben, weil Sie es vorgelegt bekommen
haben. Sie lassen sich das zurechnen?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: So ist
es.

Jan van Aken (DIE LINKE): Sie lassen
sich das zurechnen. - Dann würde ich gerne
mal Ihre Aufmerksamkeit auf Seite 15 dieses
Dokuments - das ist in MAT 59/2 die
Seite 42 - lenken. Dort sind drei Spiegelstri-
che, und unter diesem Spiegelstrich gibt es
einen Absatz. Der fängt an mit „Aus heutiger
Sicht ...“. Wie ist es - -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Mo-
ment, noch mal die Stelle! Wo?

Jan van Aken (DIE LINKE): Seite 15 des
Briefings. Unter den drei Spiegelstrichen:

Drucksache 17/14650 – 1088 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 28
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Aus heutiger Sicht, basierend auf
den Erkenntnissen der Untersu-
chungen für einen alternativen Zu-
lassungsweg und dem Fehlen einer
Missionsplanungsmöglichkeit, ist
die Beauftragung einer EURO
HAWK Serie mit einem hohen
finanziellen und in Teilen techni-
schen Risiko verbunden.*

Darüber, in den Spiegelstrichen, steht im
zweiten Spiegelstrich:

Mit Zieltermin Dezember 2012 wer-
den mögliche, alternative Träger-
plattformen … untersucht …

Wenn Ihnen gesagt wird: „Wir haben hier
ein Beschaffungsprojekt, hohes finanzielles
Risiko, und wir suchen nach Alternativen“, ist
das für Sie ein lösbares Problem?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Noch
mal: Wenn in einem Satz steht, dass es ein
hohes finanzielles und technisches Risiko
gibt, dann - noch mal - können Sie diesen
Satz in ungefähr der Hälfte der Rüstungs-
vorlagen des Ministeriums ständig lesen -
das ist ja gerade unser Problem -, bei Ent-
wicklungsverträgen erst recht. Daraus kann
man gar nichts schließen.

Aber es steht dann ja hier drin:

Folgende Maßnahmen wurden er-
griffen: ...

Es wird gesagt: Wir arbeiten daran. - Es
gibt sogar eine Frist, bis zu der gearbeitet
wird. Deswegen war für mich kein Anlass,
hier einzugreifen.

Jan van Aken (DIE LINKE): Mögliche,
alternative Trägerplattformen werden mit
Zieltermin Dezember 2012 - - Wir befinden
uns hier gerade am 10. Dezember 2012, und
Ihnen wird schon gesagt: Mit Hochdruck, bis
zum Ende dieses Monats, arbeiten wir an
alternativen Trägerplattformen. - Und Sie
sagen nicht: „Ups, das sieht so aus, als ob
das nichts wird mit dem Euro Hawk“, son-
dern: „Das ist alles lösbar“?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein,
wir sind ja am 10. Dezember, wie Sie zu
Recht sagen. Und wenn das heißt, bis Ende
Dezember passiert etwas, dann sehe ich

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-59 BMVg zu BB 17-38,
Ordner 1, Blatt 42.

keinen Anlass, am 10. Dezember nachzufra-
gen, was am 31.12. passiert.

Jan van Aken (DIE LINKE): Aber lösbar
ist es? Das war die Frage. Lösbar erscheint
Ihnen das, selbst wenn schon heute nach
Alternativen gesucht wird?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: So ist
es, ja.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So, jetzt kommt Bündnis 90/Die Grünen. Herr
Kollege Nouripour.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Herr Minister, Sie haben ja vorhin
beschrieben, dass Sie zweimal Unterredun-
gen hatten mit Herrn Enders über den Euro
Hawk. Habe ich es richtig verstanden?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja. -
Nein, nein, falsch. Ich habe mit Herrn Enders
überhaupt nicht über Euro Hawk geredet,
sondern ich hatte mehrere Unterhaltungen
mit Herrn Enders. Zwei habe ich in dem Zu-
sammenhang erwähnt, wo in den Unterlagen
über Cassidian das Stichwort „Euro Hawk“
vorkommt.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Also, am 10. September - das ist
heute auf stern.de, 31. Juli 2013, nachzu-
lesen - ist es großes Thema, sozusagen
Tagesordnungspunkt 1 des Gespräches in
Ihrer Vorbereitung. Aber Sie haben es nicht
angesprochen?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Also,
ich will Ihnen mal sagen: Ein großes Thema
ist es gar nicht, sondern bei der Gesprächs-
vorbereitung wird mir empfohlen, in einem
einstündigen Gespräch bestimmte Themen-
komplexe anzusprechen. Und da heißt es
dann: Als Schwerpunktthema wurde identifi-
ziert transatlantische Rüstungskooperation;
aktuelle Situation an den Beispielen MEADS
und Euro Hawk - also gar nicht Euro Hawk,
sondern transatlantische Rüstungskoopera-
tion.

Nach meiner Erinnerung haben wir da-
rüber gar nicht gesprochen, weil, wenn ich
Gespräche mit Herrn Enders führe, wir im
seltenen Fall über einzelne Projekte spre-
chen, mit der Ausnahme Hubschrauber, weil
er ja über - also, Reduzierung der Stückzahl;

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1089 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 29
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

darüber haben wir ja in anderem Zusam-
menhang gesprochen - - sondern stets über
die Struktur des Konzerns, über die Rolle
Deutschlands im Verhältnis zu Frankreich,
auch mal über Personalfragen. Aber Herr
Enders hat auch seinerseits nicht das Inte-
resse, mit mir über einzelne Rüstungsvorha-
ben zu sprechen, und wenn ich es dann
doch tue, verweist er auf die Verantwort-
lichen in seinem Unternehmen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie haben in Ihrem Eingangs-
statement gesagt - ich zitiere Seite 26 f. -:

Mein Terminplan verweist hier auf
folgende Termine, in deren Vorbe-
reitungsunterlagen - meist zu vielen
Themen - entsprechende Aussagen
auch zum Euro Hawk enthalten
sind; nicht nur solche Termine, die
in den Medien bereits Erwähnung
fanden: ...

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Dann haben Sie die beiden Ter-
mine genannt. Ist das jetzt Thema gewesen,
Euro Hawk, oder nicht?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Im Ge-
spräch nicht, in den -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aber in Ihrem Terminkalender?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - Un-
terlagen findet es Erwähnung.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das heißt, die Termine, die Sie
gerade genannt haben, beziehen sich aus-
schließlich auf Ihren Terminkalender, nicht
darüber, dass wirklich über Euro Hawk ge-
sprochen wurde.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: So ist
es.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Und wann haben Sie darüber - -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Es ist
wie bei Cassidian: Es war in den Unterlagen
drin. Wir haben aber bei Cassidian über Euro
Hawk nicht gesprochen.

Bei diesem Gespräch war es ebenfalls in
den Unterlagen drin. Nach meiner Erinne-
rung haben wir uns aber nicht über den Euro
Hawk unterhalten.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aber wann haben Sie sich über
Euro Hawk dann mit ihm unterhalten?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Gar
nicht.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aha. Okay. Dann ist da vorhin
wieder ein falscher Eindruck entstanden.

Ich will noch mal zurückkommen zu „Man
kriegt ja zu viele Infos und nicht zu wenige“.
Muss man das dann nicht umstrukturieren,
damit man nicht zu viele Infos bekommt und
das bewältigbar ist?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, das
ist ein guter Punkt. Ich sage das ständig,
dass gerade bei Terminen, Auslandsreisen
usw. die Unterlagen nicht so vielfältig sein
sollten. Das ist ein Kampf gegen Windmüh-
len. Mitarbeiter möchten gerne alles, was sie
wissen, dem Minister aufschreiben für den
Fall, dass es angesprochen werden könnte.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wie kann man sich darauf ver-
lassen, dass Sie bestimmte Dinge gründ-
licher lesen? Und wann nicht?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Wie
bitte? Das habe ich jetzt nicht - -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Die Gründlichkeit Ihrer Lektüre,
wie kann man sich darauf verlassen?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das ist,
ehrlich gesagt, abhängig vom Zeitvorgang,
und ich vermute, Sie sind auch schon mal
gut und weniger gut vorbereitet in Termine
gegangen, was an Ihrer Arbeitsbelastung im
Übrigen liegt. Bei mir ist es nicht anders als
bei Ihnen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich wollte jetzt keine Qualifika-
tionsbescheinigung von Ihnen, dass ich für
ein Ministeramt geeignet bin. Herzlichen
Dank.

Drucksache 17/14650 – 1090 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 30
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

(Zurufe von CDU/CSU und FDP:
Oh!)

Vor allem glaube ich auch, dass das Ver-
ständnis nicht identisch ist.

Ich würde gerne zur Rüstungsklausur
noch mal kommen, 1. März 2012. Gibt es ein
Protokoll darüber?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nach
meiner Erinnerung nicht. Aber ich würde
gerne zur Rüstungsklausur noch etwas sa-
gen. Das ist ein besonderer Fall, wo die Un-
terlagen ein derartiges Ausmaß angenom-
men haben, dass ich, ohne zu wissen, wel-
che Seiten ich gelesen oder nicht gelesen
habe, aber sicher sagen kann, dass ich be-
stimmt nicht alle Seiten gelesen habe.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aber Sie hatten doch am Anfang
Ihrer Amtszeit, als Sie angetreten sind, an-
gekündigt, Sie würden alle Beschaffungs-
projekte überprüfen.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, ins-
besondere solche, wo wir dann auch später
die Stückzahl reduzieren.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Insbesondere oder nur die?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das
kann ich im Moment gar nicht mehr sagen.
Aber bei der Rüstungsklausur haben wir
einen allgemeinen Überblick darüber gehabt.
Die Rüstungsklausur - ich weiß nicht, wie
lange sie war - war dazu da, dass ich einen
Überblick bekomme, dass wir die verschie-
denen Probleme ansprechen. So haben wir
ja dann auch das Zulassungsproblem bei
dem Euro Hawk angesprochen. Das Ausmaß
der Unterlagen zu jedem einzelnen Problem
war für mich vorher überhaupt nicht zu lesen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Was ist eigentlich der Wert einer
Abzeichnung einer Vorlage Ihrerseits?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das
hängt natürlich von dem Tenor ab, um den
es geht. Wenn es darum geht - - Also, eine
Vorlage hat ja immer einen Hauptgegen-
stand, und der Gegenstand kann eine Infor-
mation sein. Der Gegenstand kann Billigung
eines Vorschlages sein. Deswegen sind die
ersten Ziffern dann immer: „Auf die Muster-

serie wird verzichtet“ usw., und dann steht da
oben: Herrn Minister oder Herrn Staats-
sekretär zur Entscheidung oder zur Informa-
tion. Und die Abzeichnung bedeutet dann
das, worum es geht: eine Information oder
eine Entscheidung oder etwas Drittes.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Können Sie noch mal genauer
darstellen, was auf der Rüstungsklausur
Ihnen vorgetragen wurde?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Auf der
Rüstungsklausur sind - - Jetzt insbesondere
mit Blick auf Drohnen, oder?

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Auf Euro Hawk, auf den Untersu-
chungsgegenstand.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Also,
bei der Rüstungsklausur haben wir nach
meiner Erinnerung zum Thema Drohnen
diskutiert.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich habe hier einen Sprechzettel.
Wenn ich das mal vortragen darf. Ich würde
es gerne vorlesen und dann vorhalten, wenn
Sie es erlauben, Frau Vorsitzende, weil ich
hier nur ein Exemplar davon habe.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Minister, waren Sie mit der Antwort fer-
tig?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich
kann das gerne so machen, dass ich erst mal
den Sprechzettel höre.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): MAT 87, FüSK I,2. Das ist der
Sprechzettel des Inspekteurs Luftwaffe,
Müllner, was er denn da vortragen möge zum
Thema Euro Hawk. Und da steht in fett ge-
druckt:* „AKTIV:“. Dann kommen Spiegelstri-
che. Ich lese die ersten drei von vier vor:

Die Sachdarstellung der Sts-Vor-
lage zu Zulassung und Mehrkosten
des EURO HAWK vom 08. Februar
2012 ist sachlich nicht richtig.

Der zweite Spiegelstrich lautet:

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-87 BMVg zu BB 17-57,
FüSK I,2, Blatt 52.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1091 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 31
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Sie wurde mit der Luftwaffe nicht
abgestimmt.

Der dritte ist:

Die Vorgehensweise, eine Aus-
nahmegenehmigung unter Anwen-
dung der ZDv 19/1, Ziffer 316 für
den generellen Flugbetrieb zu er-
teilen, ist in der durch Abt Rüstung
vorgeschlagenen Form nicht um-
setzbar.

Ist das so vorgetragen worden?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein,
nach meiner Erinnerung nicht. Weder Herr
Müllner noch ich halten uns sklavisch an uns
vorgeschlagene Sprechempfehlungen.

Sondern meine Erinnerung ist wie folgt:
Wir haben - das will ich zunächst sagen -
generell über Drohnen gesprochen und da-
bei insbesondere natürlich über die Frage
Talarion, mittlere Höhe usw., was jetzt hier
nicht weiter interessiert.

(Dem Zeugen wird ein Schriftstück
vorgelegt)

Da mir als neuer Minister unklar war, was
HALE und MALE und alles das ist, hatte ich
ihn gebeten, er soll doch mal auf einer Folie
darstellen, welche unterschiedlichen Arten
von Drohnen es gibt. Ich bin jetzt nicht beim
Thema Bewaffnung, sondern tief, mittel,
hoch. Da hat er eine schöne Folie vorgelegt
und hat das im Einzelnen dargestellt. Ich
glaube, die Vorlage ist hier auch drin.

Und dann hat er nach meiner Erinnerung
gesagt: „Wir haben da jeweils Zulassungs-
probleme wegen der Teilnahme am allge-
meinen Luftverkehr, auch beim Euro Hawk“,
und nach meiner Erinnerung habe ich dann
gefragt: „Was machen wir da?“, und da hat
Herr Selhausen nach meiner Erinnerung
gesagt: Herr Minister, das lösen wir gemein-
sam. - Dazu hat Herr Müllner genickt, und da
war dieses Thema erledigt.

Ich wusste zu dem Zeitpunkt gar nicht,
was eine Zentrale Dienstvorschrift 19/1 ist.
Das weiß ich inzwischen, auch was eine
Vorläufige Verkehrszulassung und eine mili-
tärische Ausnahmegenehmigung im Verhält-
nis zur Musterzulassung - - Das war mir alles
total unbekannt als neuer Minister und ist
auch so konkret nicht angesprochen worden,
sondern: Wir haben da ein Problem. - Und
der designierte Inspekteur der Luftwaffe und
der amtierende Abteilungsleiter Rüstung

haben gesagt: Herr Minister, da gibt es ein
Problem. Das lösen wir.

Den Unterlagen habe ich erst später ent-
nommen, was dahintersteckt: Kann man eine
Serie mit Vorläufiger Verkehrszulassung
betreiben? Auskunft der Rechtsabteilung:
„Das geht alles nicht“, und all diese Dinge.
Das habe ich erst viel, viel später und in der
Vorbereitung auf die Ad-hoc-Berichte usw.
erfahren.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt kommt die CDU/CSU. Herr Kollege
Grübel.

Markus Grübel (CDU/CSU): Zum Be-
reich: Lektion gelernt, Konsequenzen für die
Zukunft. Einmal: Wir haben ja den Bericht
des Bundesrechnungshofs, und ich darf da
aus dem Vorlageschreiben, 3. Juni 2013,
Bericht Bundesrechnungshof zu Euro Hawk
nach § 88 Abs. 2 BHO, und dort - -

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Die MAT-Nummer, Herr Kollege Grübel.

Markus Grübel (CDU/CSU): Habe ich
jetzt nicht, aber das lag uns ja schon zur
Sitzung im Verteidigungsausschuss vor.
Also, wir haben nur einen Bundesrech-
nungshofbericht. Möge mir bitte das Aus-
schusssekretariat die MAT-Nummer nach-
liefern.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Nein, nein, wir liefern das nicht nach. Das
muss Ihre Mitarbeiterin nachliefern.

Markus Grübel (CDU/CSU): Okay.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Sie sagen MAT 4, aber das ohne Garantie.

Markus Grübel (CDU/CSU): Also, ich
dachte, die Dinge, die allgemein dem Aus-
schuss vorlagen, müssen nicht extra noch
zitiert werden, sondern da ist das Aus-
schussunterlage. Aber okay, dann MAT 4.

Der Bundesrechnungshof gibt vier Emp-
fehlungen: erstens, die Musterzulassungs-
verfahren zu überarbeiten, zweitens, den
Informationsaustausch künftig vertraglich
besser abzusichern, Informationsaustausch
zum Beispiel mit der amerikanischen Seite
bei Informationen, die so in Deutschland
nicht vorhanden sind. Dann: Bei Großpro-

Drucksache 17/14650 – 1092 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 32
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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jekten sollten Projektrisiken unabhängig von
den projektbeteiligten Stellen durch ein fach-
liches Controlling begleitet und überprüft
werden, und die Leitung des Bundesverteidi-
gungsministeriums sollte sich in regelmäßi-
gen Abständen über Großprojekte berichten
lassen.

Wie gehen Sie mit diesen Empfehlungen
des Bundesrechnungshofes um?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich teile
die Auffassung des Rechnungshofs, und ich
habe in meinem Eingangsstatement deutlich
gemacht, dass wir sie auch umsetzen.

Was die Zulassung angeht, so haben wir
die Absicht, eine militärische Zulassungs-
luftfahrtbehörde zu gründen, die auch das
Nebeneinanderher, was der Abgeordnete
Nouripour eben angesprochen hat, zwischen
der zivilen Musterzulassung und einer militä-
rischen Ausnahmegenehmigung - - dass
man da nicht den Schwarzen Peter hin- und
herschiebt, sondern dass man das gemein-
sam prüft.

Wir müssen auch über die Anforderungen
reden - das ist in dem Rechnungshofbericht
nicht erwähnt -, europäisch. Wir in Deutsch-
land sind besonders streng. Und ich halte es
für dringend geboten, dass, wenn wir insbe-
sondere auch gemeinsame Rüstungsgüter
produzieren, wie den Eurofighter, den A400M
und NH90 und anderes, wir dann auch zu
gemeinsamen Zulassungskriterien kommen,
mindestens mal zwischen den beteiligten
Staaten, gegebenenfalls auch in der ganzen
EU. Das wird sicher auch in Deutschland zu
Debatten führen. Wir können nicht die ganze
Welt nach unseren Maßstäben ordnen, son-
dern es wird auch zu Veränderungen dann
kommen. Das machen wir in anderen Berei-
chen, im zivilen Bereich von Zulassungen ja
auch, bei Medikamenten, bei Autos, bei zivi-
len Flugzeugen und Ähnlichem. Also, da
haben wir eine deutsche und eine mindes-
tens europäische Perspektive.

Was das Projektcontrolling angeht bei der
Empfehlung des Rechnungshofs, so ist das
nach meiner Auffassung in dem neuen CPM
bereits so vorgesehen, aber mit der zusätz-
lichen Überprüfung, ob im Blick auf die
Frühwarnfunktion von Problemen und auf
das Projektcontrolling der CPM - neu - aus-
reichend ist, werden wir diese Empfehlungen
des Rechnungshofs ebenfalls einbeziehen.

Was die Beteiligung der Leitung angeht -
und ich unterstreiche: der gesamten Leitung,
also einschließlich des Ministers -, ist es so,

dass wir oft und vielleicht zu oft über die
Dinge reden, wo Probleme bekannt sind, und
zu wenig über die Dinge, wo Probleme nicht
richtig bekannt sind. Und das bezieht sich vor
allen Dingen auf den Zeitraum von 2004 oder
7 bis, sagen wir mal, Februar 2012 - also ich
mache das jetzt, ganz ohne irgendeine
Regierung zu kritisieren -, also bis die Lei-
tung unterrichtet war.

Wie kann die Leitung dann, wenn nicht
von Problemen berichtet wird, trotzdem früh
erkennen, dass es Probleme gibt, die viel-
leicht verschwiegen werden sollen, die man
aus gutem Willen nicht hochbringen will
usw.? Und da scheint mir ein solcher Status-
bericht, wo wir unabhängig von der Frage
von Problemen und übrigens auch unabhän-
gig von der Frage der Größe und dem noch
ausstehenden Finanzbedarf - ich habe ja
vorgetragen, dass hier beim Euro Hawk, als
die Leitung unterrichtet wurde, bereits
95 Prozent der Kosten ausgegeben worden
waren - - dass man im Blick auf bestimmte
zu entwickelnde Kriterien - groß, klein, stra-
tegisch wichtig, nicht wichtig, für den Einsatz
wichtig - -

Wir haben uns - der Wehrbeauftragte sitzt
dort - insbesondere über das Thema IED
immer sehr unterhalten. Das ist vom Volu-
men nicht besonders groß, ist auch keine
strategische Fähigkeit für die Bundeswehr,
aber für den Einsatz extrem wichtig - - dass
man also solche Verzögerungen bei IED,
selbst wenn es nicht vom Volumen groß ist,
aber einsatzrelevant ist - - und wenn kein
Problem gemeldet worden wäre, dass man
dann in solchen Statusberichten solche Pro-
jekte erörtert. Ich möchte einen sogenannten
Rüstungsboard bilden, in dem wir dann zu-
sammensitzen und sagen: Was ist aus dem
Projekt geworden? Was ist aus dem Projekt
geworden? Was ist aus dem identifizierten
Problem geworden, was wir beim letzten Mal
entdeckt haben? Wollen wir das fortsetzen?
Wie gehen wir damit um?

Und diese Unterrichtungen für uns
möchte ich dann auch mit dem Verantwort-
lichen im Haushaltsausschuss im Parlament
teilen. Das ist, glaube ich, eine sehr wichtige
Schlussfolgerung auch aus der Empfehlung
des Bundesrechnungshofs.

Markus Grübel (CDU/CSU): In diesem
Entwicklungsvertrag sind die Risiken sehr
einseitig auf den Auftraggeber Bundesrepu-
blik Deutschland verteilt, insbesondere das

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1093 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 33
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

mittlerweile ja in den Mittelpunkt getretene
Risiko der Musterzulassung.

Wie wollen Sie in Zukunft sicherstellen,
dass solche Entwicklungsverträge hinsicht-
lich der Aufteilung des Risikos ein vertret-
bares Gleichgewicht aufweisen, insbeson-
dere wenn es über Ländergrenzen geht und
sozusagen auf deutscher Seite manche
Dinge dem deutschen Einfluss entzogen
sind?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das ist
eine sehr gute Frage, die ich nicht so richtig
beantworten kann. Das Wichtigste scheint
mir zu sein, dass wir die Erwartungen an den
Vertragspartner realistisch haben. Und hier
ist es so, dass die Erwartungen an die Be-
reitschaft der amerikanischen Seite, Unter-
lagen zur Verfügung zu stellen, als zu opti-
mistisch eingeschätzt worden waren. Und
das war natürlich ein zentrales Problem.

Eine weitere Möglichkeit, Herr Grübel,
könnte ich darin sehen, dass man in einen
solchen Vertrag Zwischenetappen, Meilen-
steine oder Ähnliches einfügt, was dann na-
türlich auch mit dem Abfluss von Mitteln kor-
respondieren muss, wo man zu einem frühen
Zeitpunkt die Zuverlässigkeit der Annahmen
der gegenseitigen Angewiesenheit auf die
andere Seite austesten kann und das Risiko
von daher kleiner ist. Später Vertragsstrafen,
Gewährleistung und all das kann man alles
machen, aber das ist dann gerade mit inter-
national Beteiligten sehr kompliziert: Welches
Gericht ist zuständig? Dann die Nachweis-
pflicht und Mitverschulden usw.

Ich halte es für sinnvoll, dass man beim
Mittelabfluss strenger ist, natürlich auch Ver-
tragsstrafen und Gewährleistungsansprüche
vereinbart, aber das Wichtigste ist, dass man
sich wechselseitig über das, was die jeweils
andere Seite erwartet, ein realistisches Bild
macht.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ich wollte
noch mal zurückgehen auf die Harmonisie-
rung des Zulassungsverfahrens in der Euro-
päischen Union. Sie sagten in Ihrem Ein-
gangsstatement, wenn ich es richtig mit ver-
folgt habe, dass Sie da Initiativen ergriffen
haben. Können Sie was zum Stand sagen?
Wie weit ist man da bei der Harmonisierung?
Soll das dann zum hohen deutschen Stan-
dard - also die Frage haben wir ja allgemein
in der Europäischen Union - der Musterzu-
lassung - - Oder gibt es da so einen EU-Mit-
telwert?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Also,
zunächst haben wir das Problembewusstsein
geschaffen. Schon sehr früh habe ich das
gemacht mit meinem französischen Kollegen
Longuet, dem Vorgänger des jetzigen Kolle-
gen Le Drian. Wir haben uns bei der EDA,
die dort eine zentrale Rolle spielt, platziert.
Das gilt für Luftfahrzeuge, das gilt für unbe-
mannte Flugzeuge erst recht. Das muss
man, insbesondere was unbemannte Luft-
fahrzeuge angeht, auch mit der zivilen Seite
natürlich gemeinsam machen. Das gilt für die
NATO entsprechend. Ich spreche es auf
nahezu jeder Ministerratssitzung ab.

Und einen gewissen Durchbruch sehe ich
jetzt in der Vorbereitung für den Europäi-
schen Rat im Dezember. Der Europäische
Rat, also die Staats- und Regierungschefs,
wird sich im Dezember 2013 zum ersten Mal
seit vielen Jahren mit Außen- und Sicher-
heitspolitik befassen. Und dazu gibt es jede
Menge Vorbereitungspapiere und -stände,
und einer ist, dass sowohl Lady Ashton in
ihrem Zwischenbericht wie auch die Kom-
mission unter anderem auf meine Initiative
gesagt haben: Wir müssen über Standardi-
sierung und Zulassungsverfahren in Europa
reden.

Nun gibt es dort zwei Wege - ich will das
jetzt nicht zu lang machen -: Das eine ist eine
echte Harmonisierung, eine europäische
Zulassungsbehörde, die für alle verbindlich
Standards und Zulassungen macht. Das ist
ein langer Weg. Also, es gibt Staaten wie
Großbritannien, die lehnen das ab. Man kann
das als Vision entwickeln; deswegen sollte
man mindestens als Zwischenschritt aber die
gegenseitige Anerkennung haben, also dass
wir sagen: Wenn Großbritannien oder
Frankreich oder Spanien ein entsprechendes
Rüstungsgut - erst recht, wenn wir es ge-
meinsam entwickelt haben - musterzugelas-
sen hat, dann wenden wir die bei uns auch
an; und umgekehrt: Wenn wir eine Muster-
zulassung haben, dann wird sie anerkannt
von den Staaten, die sich daran beteiligen.

Das wäre schon mal ein großer Schritt,
und ich hoffe, dass wir im Europäischen Rat
dort einen Schritt weiterkommen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Sie haben
gesagt, die fachliche und haushalterische
Kontrolle solcher Projekte - - da wollen Sie
auch das Parlament besser einbeziehen.
Also, so zumindest habe ich Sie verstanden.
Jetzt ist zunächst einmal unsere Sache als
Parlamentarier auch vielleicht als Folge des-

Drucksache 17/14650 – 1094 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 34
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

sen, was wir hier beraten haben, und des
Untersuchungsausschusses, dass wir defi-
nieren: Was brauchen wir künftig für ein Wis-
sen? Was ist auch bewältigbar und verkraft-
bar auf beiden Seiten?

Aber haben Sie sich Überlegungen ge-
macht, wie eine bessere Unterrichtung des
Parlaments über den Stand von Großpro-
jekten geschehen kann?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Zu-
nächst will ich sagen, dass das Parlament
insbesondere in Form des Haushaltsaus-
schusses natürlich nicht schlecht unterrichtet
ist, weil die 25-Millionen-Vorlagen ja vom
Haushaltsausschuss beschlossen werden.
Und 25 Millionen sind bei einer Rüstungs-
investition von Milliarden, selbst wenn sie
stückweise erfolgt, ja eine niedrige Summe.
Und bei vielen Kostensteigerungen, die wir ja
leider zu gewärtigen haben, wird natürlich in
den Vorlagen an den Haushaltsausschuss
auch über diese Probleme berichtet. Also, wir
fangen da nicht bei null an. Da gibt es viel.

Gleichwohl will ich die Zusammenarbeit
verbessern, und es gibt entsprechende Be-
schlüsse, die Haushalts- und Verteidigungs-
ausschuss gefasst haben. Ich finde, wir soll-
ten zu Beginn der neuen Legislaturperiode
dort ein gemeinsames Verständnis erzielen.
Meine Vorstellung geht dahin, dass wir die
Statusberichte, die wir selbst für uns erstel-
len, so oder in leicht veränderter Form dann
auch dem Parlament zur Verfügung stellen.

Markus Grübel (CDU/CSU): Jetzt hätte
ich, bevor der Kollege Silberhorn übernimmt,
noch eine Frage an den Ausschussvorsitz.
Frau Vorsitzende, jetzt wird mir gerade eine
Meldung, Süddeutsche, 11.47 Uhr, vorgelegt:
Verräterisches Grün. - Da wird Bezug ge-
nommen auf die Vorlage, der Minister hätte
Dinge angestrichen usw.

Jetzt gehe ich davon aus, dass die Vor-
lage das Original darstellt, das sich im Büro
des Ministers befunden hat, und nicht die
Vorlage, die sich irgendwo in der Tiefe des
Verteidigungsministeriums auch irgendwo
eingefunden hat, möglicherweise im Zusam-
menhang mit der Ad-hoc-Arbeitsgruppe.
Könnten wir das vielleicht mal klarstellen?
Weil sonst finden wir das morgen in allen
Tageszeitungen. Wie gesagt, ich kann mir
nicht vorstellen, dass der Minister die falsche
Vorlage hat und ein Mitarbeiter in einer tiefe-
ren Ebene dann die richtige Vorlage.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Wir haben die Vorlage, die aus dem Büro
Staatssekretär Beemelmans kommt. - Herr
Conradi, bitte.

MR Andreas Conradi (BMVg): Vielen
Dank, Frau Vorsitzende. - Das funktioniert so
bei uns im Ministerium, dass dem Minister
eine Vorlage vorgelegt wird, die dann sozu-
sagen das Originalexemplar ist, was er be-
arbeitet. Und dieses Exemplar, was er be-
arbeitet hat mit seinen handschriftlichen
Bemerkungen und mit seiner handschrift-
lichen Paraphe, wird in der Registratur der
Leitung verwahrt. Und eine Kopie dieser dem
Minister vorgelegten Vorlage haben wir an
den Ausschuss gegeben in Erfüllung des
Beweisbeschlusses 38. Das ist die Material-
Nr. 59. Das heißt, das Original der Vorlage,
das Dokument, das dem Minister vorgelegen
hat, ist eines, in dem sich handschriftliche
Notizen befinden. Ich habe hier eine Kopie
vor mir liegen. Und da finden sich keinerlei
Unterstreichungen oder Markierungen in
irgendeiner Farbe.

(Abg. Rainer Arnold (SPD) hält
Unterlagen hoch)

- Dann ist das nicht das Original, Herr Arnold;
dann ist das nicht die Vorlage.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Also, wir können das gerne noch raussu-
chen, Herr Conradi.

(Zuruf des Abg. Rainer Arnold
(SPD))

- Moment! - Also, wir haben die Akte von
Staatssekretär Beemelmans. Wir können
aber die andere Akte - die hat eine andere
MAT-Nummer - auch noch im Original raus-
suchen.

MR Andreas Conradi (BMVg): Ja, das
können Sie auch raussuchen. Aber das
Exemplar der Vorlage, was sich in den Un-
terlagen vom Büro Staatssekretär Beemel-
mans befindet, kann nicht das Original der
Vorlage sein, die dem Minister vorgelegen
hat. Das Original der Vorlage, die dem Mi-
nister vorgelegen hat, findet sich in der Re-
gistratur der Leitung. Und da ist sie einmal
verwahrt. Eine Kopie dieser in der Registra-
tur der Leitung liegenden Vorlage findet sich
in der Material-Nr. 59 in Erfüllung des Be-
weisbeschlusses 38.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1095 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 35
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Also, dann suchen wir die raus.

Markus Grübel (CDU/CSU): Also, das
war mir jetzt wichtig, klarzustellen, dass wir
die Vorlage besprechen, die der Minister
hatte, und nicht die Vorlage, die irgendwo
sonst im Haus - - möglicherweise später,
zum Beispiel im Zusammenhang mit der Ad-
hoc-Arbeitsgruppe, noch Anstreichungen hat,
weil sonst muss man zu falschen Schluss-
folgerungen kommen. Das ist mir doch wich-
tig. Und man sieht schon: Zwei seriöse Ta-
geszeitungen - das kann man durchaus sa-
gen - haben das aufgegriffen, was mich
alarmiert hat.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Moment, Herr Kollege Grübel. Herr Kollege
Nouripour zur Geschäftsordnung.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich wollte die Bundesregierung
noch was fragen, weil ich etwas nicht ver-
standen habe von dem, was gerade gesagt
wurde: Wer macht sich denn die Mühe, in
einem unverändert weitergebebenen Doku-
ment dann die Anmerkungen vom Staats-
sekretär zu digitalisieren?

(Zurufe: Was? - Das haben wir jetzt
nicht verstanden!)

MR Andreas Conradi (BMVg): Das funk-
tioniert so, dass die handschriftlichen Anmer-
kungen eines Leitungsmitgliedes in dieser
Originalvorlage, die sich dann anschließend
in der Registratur der Leitung befindet, digital
übertragen werden in ein elektronisches
Dokument und als elektronisches Dokument
zurück in die Fachabteilung geschickt wer-
den, sodass die Fachabteilung eine Vorlage
in ihren Akten hat, in der sich - noch mal - die
handschriftlichen Anmerkungen eines Lei-
tungsmitgliedes, in elektronischer Form
übertragen, wiederfinden.

Das tatsächlich dem Leitungsmitglied
vorgelegene Exemplar geht nicht an die Ab-
teilung zurück, sondern wird in der Registra-
tur der Leitung verwahrt. Das heißt also,
wenn Sie wissen möchten, welches ausge-
druckte und tatsächliche Exemplar ein Lei-
tungsmitglied in Händen gehalten hat, ist
maßgeblich das Exemplar, was in der Regis-
tratur der Leitung liegt. Und eine Kopie ge-
nau dieses Exemplars - noch mal - findet
sich in der Material-Nr. 59, das wir zur Erfül-

lung des Beweisbeschlusses 38 an den Aus-
schuss geschickt haben.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Und wer arbeitet dann hand-
schriftlich an den digitalisierten Anmerkungen
weiter?

MR Andreas Conradi (BMVg): Die Frage
verstehe ich nicht, Herr Nouripour.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Darf ich?

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ja.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Also, es geht, wie gesagt, um die
Digitalisierung, die Sie genannt haben. Das
habe ich auch verstanden. Herzlichen Dank.
Aber in dem, was da vorliegt, gibt es ja auch
an den digitalisierten Anmerkungen weitere
handschriftliche Bemerkungen. Sie sind da
rein- - es ist sozusagen weitergearbeitet
worden.

MR Andreas Conradi (BMVg): Herr Nou-
ripour, ich kann Ihnen das nicht erklären. Ich
habe das nicht vor mir liegen. Ich kann Ihnen
nur sagen: Das Exemplar, das dem Minister
vorgelegen hat, ist das, was sich in der Re-
gistratur der Leitung befindet. Und eine Kopie
dieses Exemplars - noch mal - ist die
Material-Nr. 59, die wir zur Erfüllung des Be-
weisbeschlusses 38 dem Ausschuss über-
sandt haben. Was anschließend irgendwel-
che sonstigen Leute mit Kopien und sonst
was dieser Vorlagen irgendwie tun, kann ich
Ihnen nicht sagen. Und Sie werden auch
sehen, dass Sie zum Beispiel diese Cassi-
dian-Vorlage - so würde ich sie mal nennen -
in verschiedenen Bearbeitungsständen, ich
würde mal sagen, hundertfach in den Unter-
lagen finden, die wir dem Ausschuss rüber-
gegeben haben.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut, wir suchen jetzt diese MAT-Nummer
raus, Herr Conradi, und lassen sie hierher
bringen. Und ich hoffe, dann wird alles gut.

MR Andreas Conradi (BMVg): Genau.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege Grübel.

Drucksache 17/14650 – 1096 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 36
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Markus Grübel (CDU/CSU): Das war mir
doch wichtig, dass in der Leitungsvorlage
diese grünen Dinge fehlen, also diese
Anstreichungen, Ausrufezeichen etc. am
Rand, und dass damit alle Spekulationen, die
darauf aufbauen, die Grundlage verloren
haben und es, wie gesagt, Spekulationen
waren. Die Recherche hat jetzt ergeben,
dass schon die Grundlage nicht da ist. Und
damit braucht man auch nicht zu spekulieren,
was das bedeuten soll und welche Dinge
dem Minister da besonders wichtig waren,
weil es gar nicht der Minister war. Das war
mir noch einmal wichtig klarzustellen.

Und, wie gesagt, mir ist hier aufgefallen,
dass für die Vorlage jeder eine andere
Zitatnummer hat, weil sie so häufig in den
Unterlagen ist und offensichtlich in verschie-
denen Stellen aufbewahrt wurde. Ich glaube,
wir sollten die Quelle nehmen, nämlich die
Ministervorlage, und nicht irgendwelche
mehrfertigen Kopien und Rückläufer, die
dann weiterbearbeitet wurden. - Kollege
Silberhorn führt die Fragen fort.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Herr
Minister, Sie haben ausgeführt, dass Sie an
neuen Regeln, gemeinsamen europäischen
Regeln für die Zulassung von Luftfahrzeugen
arbeiten, wenn ich Sie richtig verstanden
habe, sowohl an Standards für die Muster-
zulassung von neuen Geräten als auch für
die Zulassung von Flugzeugen am allgemei-
nen Luftverkehr. Wird diese Diskussion auch
innerhalb der NATO geführt, nachdem die
NATO ja Global Hawks beschaffen will und
auch hier die Frage entsteht, wer eine Mus-
terzulassung und Zertifizierung erteilt und wie
diese Geräte in die Luft kommen?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, das
wird auch in der NATO diskutiert. Ich habe
den Fall Euro Hawk auch zum Anlass ge-
nommen, bei der letzten Sitzung meine Kol-
legen darüber zu informieren und das zu tun.
Es ist allerdings so, dass die NATO selbst
keine Zulassung vornimmt, sondern immer
nationales Recht gilt. So würde AGS -
NATO-owned and -operated - eine Zulas-
sung nach italienischem Recht brauchen,
weil dort stationiert. Und der AWACS zum
Beispiel hat eine Zulassung nach luxembur-
gischem Recht. Gleichwohl haben wir dort
auch einen Anerkennungsbedarf, der natür-
lich dann, weil es das transatlantische Ver-
hältnis angeht, noch ein bisschen kompli-

zierter ist als innerhalb der Europäischen
Union.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Und
wenn es der NATO gelingen sollte, die Glo-
bal Hawks in die Luft zu bringen: Sehen Sie
dann auch eine Chance, den Demonstrator
weiter zu nutzen, wenn die Erprobungsphase
beendet worden ist?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Herr
Silberhorn, der Global Hawk ist in der Luft.
Also, Global Hawk Typ 40 fliegt von Italien
aus, wird dort mehrfach benutzt. Die Nutzung
des Euro Hawks, wie wir ihn haben - Typ
oder Block 20 -, kann betrieben werden. Er
könnte auch, wenn das Einsatzsystem funk-
tioniert, dann auch auf der Basis einer Vor-
läufigen Verkehrszulassung - auf der Basis
dessen, was eine Vorläufige Verkehrszulas-
sung zulässt - zum Beispiel in einem Ein-
satzgebiet mit einer Einzelfluggenehmigung
zum Einsatzgebiet eingesetzt werden. Und
das ist auch Teil der Optionen, die wir bis
Ende des Jahres prüfen.

Allerdings muss ich darauf hinweisen,
dass das nach den bisherigen Berechnungen
einen sehr hohen Materialerhaltungsaufwand
bedeutet. Und da muss die Luftwaffe abwä-
gen, wie hoch ihr die Abwägung ist zwischen
Materialaufwand für ein singuläres System
im Verhältnis zu dem Materialaufwand für die
übrigen Flugzeuge, die die Luftwaffe betreibt.
Aber das ist Teil der Abwägungen und der
Variantenprüfung, die bis Ende des Jahres
vorgenommen wird.

Jedenfalls soll der Prototyp nicht einfach
ins Museum gestellt werden, wenn es nach
uns geht. Wir wollen ihn nutzen, soweit es zu
vertretbaren Kosten möglich ist.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Welche
Chancen sehen Sie zum gegenwärtigen
Zeitpunkt, dass das Aufklärungssystem ISIS
erfolgreich zu Ende entwickelt und erprobt
werden kann? Können Sie dazu schon eine
Einschätzung geben?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nach
allem, was ich höre - ich bin kein Techniker -,
sind alle Beteiligten zuversichtlich, dass das
auch bis Ende September so ungefähr geht.
Offener ist die Frage - die ist ja auch streitig,
und sicher auch interessengeleitet die Mei-
nungen -, ob und in welcher Weise ISIS in
eine gegebenenfalls andere Trägerplattform
und, wenn ja, zu welchen Kosten integriert

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1097 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 37
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

werden kann. Das ist Gegenstand der von
mir bereits genannten Variantenprüfung.
Aber die Erprobung dieses Systems bis ver-
mutlich Ende September, da bin ich nach
allem, was ich höre, zuversichtlich, dass das
gelingt.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Die
Untersuchung alternativer Trägersysteme
soll bis Ende des Jahres abgeschlossen
sein. Können Sie schon einen Zeithorizont
nennen, in dem Sie zu einer Entscheidung
über ein alternatives Trägersystem kommen
wollen?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein,
noch nicht. Denn wenn das vorgelegt wird,
dann werden wir das ja nicht möglicherweise
gleich akzeptieren, sondern dann gibt es
Rückfragen. Man muss das vielleicht gegen-
prüfen. Man wird sicher eine Entscheidung in
der ersten Hälfte des Jahres 2014 fällen. Und
dann ist sicher auch ein wichtiger Punkt - das
war ja auch Gegenstand der Debatten,
Stichwort „FEMALE“ und anderes -: Bis wann
würde denn die Fähigkeitslücke dann ge-
schlossen? Und dann wieder eine Abwä-
gung: eine gute Lösung später, eine mittlere
Lösung oder schlechte Lösung schnell. Das
müssen wir dann entscheiden, wenn wir die
verschiedenen Varianten, auch zu welchen
Kosten, haben. Also, wenn das vorgelegt
wird, rechne ich Anfang 2014 mit einer Ent-
scheidung.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Also ist
es die klare Absicht des Ministers, dieses
Drohnenprojekt nicht mit der Beendigung der
Erprobungsflüge zu beenden, sondern wei-
terzuführen in einem neuen Projekt zur Be-
schaffung einer alternativen Trägerplattform
und der Integration des Aufklärungssystems
ISIS in eine neue Plattform?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: So ist
es. Das kann aber auch eine bemannte
Flugplattform sein. Das haben wir ausdrück-
lich offengelassen: bemannt oder unbe-
mannt. Und das muss man dann abwägen.
Bemannt kriegt man schneller - Integrations-
kosten und Integrationsmöglichkeit ISIS ist
ein Problem -, aber kann nicht so hoch flie-
gen. Und unbemannt: Da darf man natürlich
nicht in die gleichen Fehler laufen, die wir
hatten. Und auch da muss die Integration
von ISIS bedacht sein. All das soll Gegen-
stand eines Variantenvergleichs werden, der

bis Ende des Jahres vorliegt. Das sollte man
zügig und schnell machen, aber nicht übers
Knie brechen.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Darf ich
nachfragen, in welchem Kostenrahmen ein
solches alternatives Trägersystem gegen-
wärtig kalkuliert wird. Ist Grundlage dafür der
Betrag von 675 Millionen Euro, der dadurch
freigeworden ist, dass die Euro-Hawk-Serie
nicht beschafft wird?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: So ist
es. Ich habe die Summe jetzt nicht genau im
Kopf, aber das ist der Kostenrahmen, der für
das Gesamtsystem Euro Hawk - Prototyp
plus Serie - insgesamt eingeplant worden ist.
Der steht ja nicht - also, Sie wissen, wie
Rüstungsgüter veranschlagt werden - - den
wir aber in der Planung so einbezogen ha-
ben. Das steht zur Verfügung. Wenn es teu-
rer werden würde, wäre das begründungs-
pflichtig, und wir müssten neu darüber be-
raten.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Haben
Sie eine zeitliche Zielvorstellung, bis wann
diese Fähigkeitslücke geschlossen werden
soll? Der Generalinspekteur hat gestern auf
diese Frage aus nachvollziehbaren Gründen
geantwortet: „So schnell wie möglich“.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, das
hätte ich - -

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Können
Sie das zeitlich konkretisieren?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das
schoss mir auch durch den Kopf: So schnell
wie möglich.

Es ist - darauf will ich noch mal hinwei-
sen - ja nicht so, dass diese Fähigkeitslücke
irgendwie jetzt durch die neuen Probleme am
Euro Hawk entstanden ist, sondern bereits in
der alten Planung war vorgesehen: Lücke
2010, Schließung der Lücke 2012 oder 13.
Das heißt, unsere Vorgänger - ich sage das
ohne Kritik - haben bereits sozusagen in
Kauf genommen wegen der neuen Techno-
logie, dass es diese Fähigkeitslücke zwi-
schendurch gibt. Und dieses Zwischensta-
dium sollten wir möglichst kurz halten; aber
das hängt natürlich von der Plattform und
den Kosten des Umbaus, wenn Sie so wol-
len, ab.

Drucksache 17/14650 – 1098 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 38
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Wann das ist: So schnell wie möglich. Die
Antwort, die der Generalinspekteur gegeben
hat, die halte ich für richtig.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Keine
weiteren Fragen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Keine weiteren Fragen mehr. - Dann gebe
ich das Wort der SPD-Fraktion, dem Kolle-
gen Bartels.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Herr
Minister, zu Ihrem Glaubwürdigkeitsproblem:
Wir haben ja einiges gehört über Vorlagen,
die Sie erreichen, erreichen müssten oder
nicht erreichen. Nun gibt es ja auch Vorlagen
von Ihnen. Die Vorlage vom 5. Juni 2013 ist
ein ausgearbeiteter Text. Sie haben sich drei
Wochen Zeit dafür genommen. Das war
diese Schweigezeit, wo Sie nichts sagen
wollten. Und dann haben Sie etwas gesagt.
Das waren diese 13 Seiten, die Sie im Ver-
teidigungsausschuss vorgetragen haben, im
Haushaltsausschuss vorgetragen haben, vor
der Bundespressekonferenz vorgetragen
haben und noch in zwei Sondersendungen
von ARD und ZDF erläutert haben. Wenn Sie
so eine Ausarbeitung machen, sich zu eigen
machen - das ist ja kein Text an Sie, das ist
ein Text von Ihnen -, dann soll der stimmen.
Richtig?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Und Sie
haben den geprüft und für richtig gehalten?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich
habe ihn ja überwiegend selbst gemacht,
Herr Abgeordneter.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sie haben
ihn selbst geschrieben. Ich zitiere - Sie ken-
nen das Zitat -:

Es gab zuvor

- also vor dem 13. Mai 2013 -

keine Vorlage an den Minister mit
einer Beschreibung der Zulas-
sungsprobleme oder überhaupt
zum Gesamtproblem. … Von Zu-
lassungsproblemen habe ich erst-
mals im Rahmen einer allgemeinen
Besprechung zu vielen Rüstungs-
vorhaben am 1. März 2012 gehört.

Sie wurden mir gegenüber in dieser
Besprechung als lösbar dargestellt.

Das ist ja sozusagen eine klare Position, und
damit sollte etwas gesagt werden.

Wir haben dann nachgefragt, weil wir uns
das natürlich nicht vorstellen konnten, dass
das jetzt so einfach ist, dass vor dem 13. bei
Ihnen nichts angekommen ist, nur mal in
einer Klausur das angesprochen wurde und
sonst nichts. Und da sagen Sie - ich zitiere
aus dem Protokoll der Verteidigungsaus-
schusssitzung vom 5. Juni -:

Im Regelfall werde er

- also der Minister, hier indirekt zitiert -
durch eine an den Minister ausge-
zeichnete Vorlage informiert oder
solle auf dieser Grundlage eine
Entscheidung treffen.

Also, auch eine Informationsvorlage ist eine
Vorlage, nicht? Er werde informiert oder solle
aufgrund dieser Vorlage eine Entscheidung
treffen.

Dies sei hier bis auf den erwähnten
G-10-Fall nicht erfolgt. Die zweite
Variante sei, dass ein Staatssekre-
tär zu ihm komme und ihm etwas
vortragen wolle. Die dritte Variante
sei eine Erörterung in der Leitungs-
runde, wie dies hier richtig ange-
sprochen worden sei. Zum Thema
EURO HAWK seien alle drei Va-
rianten nicht zum Tragen gekom-
men.

Wir haben ja nachgefragt. Das sollte doch
heißen: keine Information für Sie. Oder was
sollte es heißen?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: So ist
das. Und Sie haben ja erwähnt: speziell zu
dem Thema. Wenn ich auf meine Erklärung
vom 5. Juni noch mal zurückkomme; da heißt
es: Ich wurde von der - ich kürze es jetzt ab -
Entscheidung in Kenntnis gesetzt. Ich habe
diese Entscheidung gebilligt. Es gab zuvor ja
keine Vorlage an den Minister. Ich hatte im
Kopf: Entscheidungsvorlage. Da ich das nicht
so formuliert habe, habe ich einen Beitrag
dazu geleistet, dass der unzutreffende Ein-
druck entstanden ist, ich hätte nie etwas
gewusst. Aus dem letzten Satz dieses Teils -
ich habe erstmals im Rahmen einer allge-
meinen Rüstungserörterung … - ist dann
geworden, ich hätte nie etwas gewusst.

Nachdem das entstanden war in den
nächsten Tagen, habe ich, wie ich erwähnt

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1099 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 39
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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habe auch schon auf die Frage des Abge-
ordneten Arnold, die nächstmögliche Gele-
genheit öffentlich und bei der Ausschusssit-
zung zum Anlass genommen, das richtigzu-
stellen. Und da war die Cassidian-Vorlage,
die Sie zu dem Zeitpunkt noch nicht hatten,
der Anlass.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Darf ich
noch - -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich will
Ihre drei Fälle gerne noch mal aufgreifen.
Leitungsrunde und Information durch den
Staatssekretär - dazu hat Herr Staatssekretär
Beemelmans gestern vorgetragen.

Und dann haben Sie richtigerweise er-
wähnt, was es natürlich auch gibt und geben
muss, eine spezielle Informationsvorlage.
Und jetzt will ich Ihnen noch mal sagen: Es
ist natürlich ein Unterschied, ob bei etlichen
Terminen Informationen beigefügt werden,
die auf Probleme hinweisen. Das gibt es alle
naselang. Wenn ein Minister darauf ange-
wiesen wäre - Herr Bartels, ich antworte
Ihnen gerade -, alle Entscheidungen danach
zu treffen, was in Unterlagen zu Terminen an
Informationen beigefügt wird, wäre jeder
Minister überfordert. Man kann erwarten,
dass zu einem Problem dieser Dimension
eine spezielle, wie Sie dort eben zu Recht
vorgetragen haben und wie ich es gesagt
habe, entweder Entscheidungs- oder Infor-
mationsvorlage an den Minister ausgezeich-
net wird, in der es heißt: Wir haben dort ein
Riesenproblem oder ein mittleres Problem,
und wir haben die Absicht, das so und so zu
lösen.

Es ist auch so, dass ich jede Menge sol-
cher Informationsvorlagen bekomme.
Manchmal sind es Informationsvorlagen:
Alles läuft bestens. - Das sind die Vorlagen,
die schreiben die Mitarbeiter natürlich am
liebsten und zeichnen sie auch an den
Minister aus. Informationsvorlagen „Wir ha-
ben ein gewaltiges Problem“ werden nicht so
gerne gemacht. Das muss aber sein, und ich
kann Mitarbeiter nicht entlassen, auf diese
Weise auch Probleme an den Minister he-
ranzutragen. Es in Unterlagen zu tun, von
53 Seiten 4 Seiten, um auf ein Problem hin-
zuweisen, und dann darauf zu warten, dass
der Minister daraufhin Aktionen entfaltet, das
ist keine Vorlage an den Minister, wie ich sie
am 5. Juni 2013 gemeint habe.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Haben
Sie eine Holschuld, was Informationen über
ein wichtiges Rüstungsprojekt angeht in Ihrer
Amtszeit?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, ich
habe eine Holschuld. Sie war hier nicht er-
forderlich.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Warum
nicht?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Weil ja
an den Problemen, seit die Leitung des
Ministeriums informiert wurde, ordentlich und
gut gearbeitet wurde. Das hat Ihnen Staats-
sekretär Beemelmans vorgetragen, und das
hat der Rechnungshof auch bestätigt.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Es ist al-
les ordnungsgemäß gelaufen.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein, es
ist nicht - -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ohne Sie
ist alles ordnungsgemäß gelaufen.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich rede
jetzt über den Zeitpunkt, nachdem die Lei-
tung informiert war. Ab dem Februar 2012 ist
es ordnungsgemäß gelaufen. Es war auch in
Ordnung, dass Staatssekretär Beemelmans
mich dann von seiner Entscheidung in
Kenntnis gesetzt hat. Das war gut. In Zukunft
möchte ich bei einer Entscheidung dieser
Dimension auch in die Entscheidung selbst
einbezogen werden.

Nicht gut gelaufen ist es, auch nach Mei-
nung des Rechnungshofs, in den Jahren
zuvor.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sie haben
uns ja selbst eine Liste heute gegeben von
Vermerken, die Sie erreicht haben -, also
noch mal Stichwort „Informationsvermerke“ -,

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): - dreimal
allein zu Gesprächen mit Koalitionsabgeord-
neten. Also, das scheint da ja wohl ein
Thema gewesen zu sein, wenn dreimal für
solche Gespräche eine Vorlage gemacht
wird, wo Sie über die Zulassungsprobleme
informiert werden. In der Leitungsrunde ist

Drucksache 17/14650 – 1100 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 40
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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aber nicht darüber gesprochen worden.
Richtig? Aber mit Koalitionsabgeordneten?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ob da-
rüber gesprochen worden ist, kann ich im
Einzelnen nicht mehr sagen. Ich habe Ihnen
gesagt, bei der Berichterstatterrunde mit den
Haushältern ist darüber nicht gesprochen
worden. Und bei den anderen Anlässen, die
ich hier erwähnt habe, kann ich es, ehrlich
gesagt, nicht mehr sagen. Auch da gilt: Zu
solchen Gesprächen bekomme ich oft Un-
terlagen, die gar nicht Gegenstand der Ge-
spräche sind. - In der Leitungsrunde haben
wir das Problem Euro Hawk, wie Sie zu
Recht sagen, nicht angesprochen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sie haben
internationale Gespräche geführt. Darüber
gibt es keine Vermerke, die uns vorgelegt
worden sind, dass sie Sie erreicht hätten. Es
sind aber eine ganze Menge Termine gewe-
sen, die Sie mit Ihrem amerikanischen Amts-
kollegen, mit französischen und britischen
Amtskollegen hatten. Ich sage nur mal ein
paar Daten: 28. April mit Robert Gates,
16. Februar mit Leon Panetta, 18./19. April
2012 das NATO-Treffen, 22. Juni der franzö-
sische Amtskollege, wo es auch eine Ab-
schlusserklärung zu Drohnen unter anderem
gab, 2. Mai 2013 Chuck Hagel.

Also, Sie haben immer wieder Ihre Amts-
kollegen getroffen. Das ist Ihre Aufgabe. Und
Sie haben uns dankenswerterweise - das
hätten Sie vielleicht nicht tun sollen - ja auch
erklärt, was der Generalinspekteur Schnei-
derhan oder sogar der Bundeskanzler
Schröder für Vermerke mitbekommen haben
für ihre Reisen in die USA. Kriegen Sie denn
solche Vermerke nicht? Lässt man Sie da
uninformiert über Drohnen reden?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein.
Also, was ich mit meinen ausländischen
Kollegen bespreche, unterfällt nach meiner
Auffassung und auch nach der Recht-
sprechung des Bundesverfassungsgerichts
dem Kernbereich exekutiver Eigenverant-
wortung.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Deshalb
haben wir ja - -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Deswe-
gen haben wir die entsprechenden Stellen ja

auch geschwärzt, und das beanstanden Sie
ja auch gar nicht.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Nein,
nein, wir haben Fehlanzeige bekommen,
nicht geschwärzt. Wir haben Fehlanzeige.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Also,
was ich generell mit meinen ausländischen
Kollegen bespreche, halte ich für den Kern-
bereich exekutiver Eigenverantwortung. Ich
bin aber gerne bereit, Ihnen zu sagen, dass
bei all diesen Gesprächen das Thema Euro
Hawk nicht Gesprächsgegenstand war. Es ist
so, dass ich insbesondere mit meinen ameri-
kanischen Kollegen auch gar nicht über ein-
zelne Rüstungsdinge spreche. Der Einzige,
mit dem das zuweilen erfolgt, ist mein - -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber
Bundeskanzler Schröder schon.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich
weiß gar nicht, ob Herr Schröder darüber
gesprochen hat.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sie haben
ja den Vermerk an ihn zitiert.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich
habe nur einen Vermerk zitiert. In den Ver-
merken, die mir vorliegen, kann ich mich an
eine Aussage zum Euro Hawk nicht erinnern.
Der einzige Kollege oder einer der wenigen
Kollegen, mit denen ich überhaupt über kon-
krete Rüstungsvorhaben spreche, ist mein
französischer Kollege - und das haben sicher
meine Vorgänger auch so gemacht -, weil wir
dort eben an gemeinsamen Rüstungspro-
jekten arbeiten bis hin zur gemeinsamen
Ausbildung von Hubschraubern usw. Das ist
klar.

Aber mit dem amerikanischen Kollegen
über einzelne Rüstungsvorhaben - Flugzeug
hier, Flugzeug da oder so weiter - - das war
nicht Gesprächsgegenstand.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Warum
haben Sie uns dann die Vermerke an Herrn
Schneiderhan für seinen Antrittsbesuch in
Amerika und an Herrn Schröder für ein Ge-
spräch in Amerika denn genannt, -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Weil ich
das für die - -

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1101 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 41
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Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): - wenn
das für Sie keine Rolle spielte?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein,
weil ich das für die Willensbildung im Blick
auf die Einschätzungen gegenüber der ame-
rikanischen Seite für interessant fand, dass
die Einschätzung - -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Also, die
hätten sich kümmern müssen.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein. -
Ja. - Vielleicht auch. Ich kann jedenfalls -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber Sie
nicht.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - ein
Kümmern danach nicht erkennen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber Sie
später nicht.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Frau
Vorsitzende, ich würde gerne jedenfalls zwei
Sätze zu Ende sprechen, und dann habe ich
nichts gegen Zwischenfragen. Aber Zwi-
schenrufe sind ein Problem.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ja. - Herr Kollege Bartels, lassen Sie den
Herrn Minister bitte ausreden.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Also,
ich habe das deutlich gemacht, um zu zei-
gen, dass nach meiner Auffassung die Ein-
schätzung der amerikanischen Aufgeschlos-
senheit im Blick auf die Zurverfügungstellung
von Unterlagen unterschätzt worden ist.

So, was jetzt die Frage des Kümmerns
angeht - das hat schon eine Rolle gespielt
bei der ersten Aussage von Herrn Schar-
ping -, kann ich nur sagen, dass zu dem
Zeitpunkt, als die Leitung des Hauses ab
Februar 2012 unterrichtet worden ist, auch
ohne mich entschlossen und zügig gehandelt
worden ist. Über den Zeitraum vorher möchte
ich keine negative Bewertung oder positive
Bewertung abgeben.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Hat denn
mal jemand mit amerikanischer Regierungs-
seite darüber gesprochen? Sie nicht, Ihre
Staatssekretäre nicht. Vielleicht der Außen-
minister?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das
halte ich für ziemlich -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Abwegig.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - aus-
geschlossen. Ich habe mit ihm nicht darüber
gesprochen. Ob der Staatssekretär, der
Rüstungsabteilungsleiter, ein Referatsleiter
oder so darüber gesprochen hat, weiß ich
nicht. Was ich weiß: dass ein Mitarbeiter ja
eine gewisse Zeit in den USA war, um Zulas-
sungsdinge zu beschleunigen, wie Sie gehört
haben. Ich kann über meine Gespräche Aus-
kunft geben, und bei mir war mit ausländi-
schen Kollegen der Euro Hawk bis zu dem
Eintreten, bis nach dem 13. Mai kein Ge-
sprächsthema. Danach schon, weil meine
Kollegen natürlich interessiert waren, was
hier los ist.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Weil es ja
auch ein Thema war, das durchaus Wellen
geschlagen hat. Wir haben nun gehört von
Staatssekretär Beemelmans, dass immer
wieder Sie auch über Zulassungsfragen -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): - mit Ihren
Amtskollegen gesprochen haben, auch über
Zulassungsfragen von Drohnen. Denn das ist
ja ein Thema für Sie gewesen. Allein in die-
sem Jahr haben Sie im Bundestag dreimal
Reden über Drohnen gehalten. Das war für
Sie ein wichtiges politisches Thema. Übri-
gens, im Januar hatte ich in einer dieser De-
batten Sie auch schon darauf hingewiesen,
dass die Euro-Hawk-Probleme in Manching
ein Thema für Sie sein sollten. Ich habe da-
nach dann ja auch eine parlamentarische
Anfrage gestellt. Aber sozusagen den Hin-
weis haben Sie auch in der Bundestags-
debatte schon bekommen, aber Sie müssen
da nicht hören.

Aber jedenfalls, wenn Sie mit Ihren ame-
rikanischen und anderen Amtskollegen spra-
chen, waren Drohnen ein Thema und Zulas-
sungsprobleme ein Thema. Und das soll nur
abstrakt gewesen sein? Wir hatten hier eine
einzige Großdrohne, die konkret Zulas-
sungsprobleme hatte. Darüber hätte man mit
den Amerikanern, die etwas damit zu tun
haben, reden können oder auch mit anderen
Amtskollegen, die sich dafür vielleicht inte-
ressiert hätten, was für deutsche Erfahrun-

Drucksache 17/14650 – 1102 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

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gen es damit gibt. Das heißt, Sie haben im-
mer nur allgemein, aber nie an dem einen
konkret aufgetretenen Beispiel geredet und
sind auch nicht so informiert worden?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich
habe nicht an dem Beispiel geredet, sondern
das abstrakt angesprochen, und zwar gelten
die Zulassungsprobleme und die Anerken-
nungsfragen für Zulassung zu Lande, zu
Wasser und in der Luft. Sie sind oft auch ein
Grund für Verzögerungen und Preissteige-
rungen. Einige Fälle kennen Sie möglicher-
weise selbst. Oft sind es dann Zuteilungen.
Wir haben zum Beispiel bei der Frage, Herr
Königshaus, den MedEvac in den Einsatz zu
bringen, den NH90 in den Einsatz zu brin-
gen, massive Probleme gehabt, auch mit
dem Hersteller - Betriebsanleitung, Doku-
mente usw. -, und mit massivem Druck ist es
dann gelungen, das hinzubekommen, dass
sowohl der Kampfhubschrauber wie auch der
MedEvac-Hubschrauber letztlich dann im
Einsatzgebiet gelandet sind. Es gibt Zulas-
sungsprobleme bei der Munition, auf die ich
in Meppen gestoßen bin. Es gibt kein Rüs-
tungsvorhaben ohne ein Zulassungsproblem.
Deswegen ist es richtig, dass wir uns den
Zulassungsproblemen generell stellen.

Bei Drohnen ist es besonders kompliziert,
auch in unterschiedlichen Höhen. Wenn ich
am Beispiel von Drohnen über Zulassungs-
probleme international gesprochen habe,
dann übrigens immer bei den mittelfliegen-
den, also bei den MALE-Drohnen; denn da
ist die Teilnahme am allgemeinen Luftver-
kehr, wie Sie wissen, am kompliziertesten,
weil die in einer Höhe fliegen, wo die Flug-
zeuge sind. Bei den HALE-Drohnen ist es ja -
in Anführungsstrichen - nur der Durchstieg
durch diesen Korridor, in dem der allgemeine
Luftverkehr stattfindet.

Ich habe mit meinen Kollegen allgemein
über Zulassungsprobleme gesprochen und
nicht am Beispiel von Euro Hawk.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön. - Das Wort hat die FDP. Herr
Kollege Spatz.

Joachim Spatz (FDP): Ja, ich möchte da
weitermachen, wo ich vorhin aufhören
musste, nämlich: NATO AGS. Uns wurde
von Herrn Staatssekretär Wolf dargestellt,
dass es mehr oder weniger keinen unmittel-
baren Bezug zwischen dem Euro Hawk und
NATO AGS gäbe, währenddessen der Herr

Knöpfel, der Projektleiter, gesagt hat, der
Block 20 und der Block 40, die würden sich,
ich sage mal, zu über 90 Prozent ähneln.
Das einmal vorausgeschickt.

Wenn die NATO erreicht, eine Zulassung
in Italien zu bekommen, wäre das dann auch
eine Möglichkeit, auch eine Variante, dass
wir die Integration in den Block 40 Global
Hawk probieren mit ISIS?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Kann
eine der Varianten sein. In der Tat ist mir
vorgetragen worden, dass der Block 40 an-
ders ist als der Block 20 - Klammer auf: da
geht es ja um Radar und Optik und nicht um
SIGINT; Klammer zu. Das setze ich jetzt hier
mal als allgemein bekannt voraus.

Der Zulassungsprozess in Italien ist erst
am Anfang. Ich habe mit meinem italie-
nischen Kollegen darüber gesprochen, weil
er natürlich interessiert war über unsere Er-
fahrungen. Da gibt es auch schon erste De-
batten über die Zurverfügungstellung von
Unterlagen, wie man hört. Aber der italie-
nische Prozess ist erst am Anfang; deswe-
gen kann ich dazu abschließend noch nicht
etwas sagen.

Allerdings müsste es dann ja - - oder
wäre es dann sinnvoll, dass wir eine italie-
nische Musterzulassung auf unsere übertra-
gen. Dass wir ein System betreiben - etwa
von einem Stationierungsort in Italien aus -,
das wir als autarke deutsche Kompetenz
haben wollen, da müsste ich aber noch mal
lange drüber nachdenken, ob wir das wollen
sollten. Also, wenn wir das in Deutschland
stationieren - zum Beispiel im Wahlkreis vom
Abgeordneten Bartels -, dann uns auf eine
italienische Zulassung, Musterzulassung zu
verlassen, auch da müsste ich noch dreimal
drüber nachdenken, ob das sinnvoll wäre.

(Heiterkeit)

- Ja, dass man das dreimal überlegt, ja?
Stimmen Sie sogar zu?

Aber natürlich finde ich - - Das wird ja,
wurde ja immer so gesagt - - und Cassidian
und Airbus, die machen da jetzt einen Rei-
bach usw. Ich bin schon der Meinung, dass
wir bei der Variantenprüfung auch weiter
unbemannte Systeme als Variante prüfen.
Das können israelische sein, das können
andere sein; das muss man sehen. Aber das
ist alles Teil der Variantenprüfung.

Joachim Spatz (FDP): Ja, ich weiß gar
nicht, warum da so gelacht wird, wenn das

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1103 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 43
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Stichwort „italienische Zulassung“ fällt, oder
„Musterzulassung“. Immerhin streben wir ja
eine europäische Lösung an, das heißt
schon eine, wo wir, ich sage mal, auch in
Italien zugelassene Fluggeräte dann über
Deutschland fliegen lassen würden.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ehrlich
gesagt, Herr Abgeordneter Spatz, das ist die
Praxis, auch im zivilen Bereich. Wenn ein
Flugzeug von irgendeinem Hersteller, der
nicht europäisch ist - aus Lateinamerika oder
Asien -, in Frankfurt starten oder landen will,
braucht er eine Überfluggenehmigung. Und
da spielen Sicherheitsfragen eine Rolle, na-
türlich. Und da verlässt man sich auf Prüfun-
gen, die in dem anderen Land stattgefunden
haben.

Da gibt es entsprechende Abstimmungen,
die ich nicht im Einzelnen kenne. Und das gilt
natürlich auch für uns. Wenn also ein AGS
Global Hawk 40 in Italien zugelassen wäre
und einen Besuch bei der ILA machen
möchte, um sich dort zu zeigen, dann kann
es sein, dass er ohne eine deutsche Muster-
zulassung da starten und landen kann. Das
ist so im internationalen Luftverkehr, militä-
risch oder nicht.

Ein Unterschied ist aber, ob wir für ein
deutsches System, was in Deutschland sta-
tioniert wird, nicht auch eine deutsche Mus-
terzulassung brauchen, jedenfalls dann,
wenn sie vertraglich angestrebt war.

Joachim Spatz (FDP): Gut, okay. - Zum
Thema „Ausflaggen“ haben wir ja schon im
Ausschuss gesprochen; ich glaube, das wird
irgendwann mal vielleicht doch wieder rele-
vant werden.

Ich will aber vielleicht noch auf was ande-
res hinweisen. Sie haben ja vorhin selber das
Thema „europäischer Gipfel“ eingeführt. Der
soll ja neuen Schub für die Gemeinsame
Außen- und Sicherheitspolitik bringen und
Ähnliches.

Gestern haben wir auf meine entspre-
chende Frage hin von Herrn Generalinspek-
teur gehört: Ja, das Beharren auf der deut-
schen Fähigkeit sei unverzichtbar. - Insofern
heißt das Ding ja eigentlich fälschlicherweise
Euro Hawk, müsste eigentlich German Hawk
heißen.

Wäre es nicht eigentlich an der Zeit, dass
wir diese - im hochsensiblen Bereich durch-
aus anerkannt - Fragen auch mal auf dieser
allerhöchsten Ebene diskutieren, ob wir hier
noch zeitgemäß unterwegs sind?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Na gut,
also die Frage, ob man SIGINT-Aufklärung
europäisch oder in der NATO gemeinsam
macht, die wird sicher die Staats- und Regie-
rungschefs nicht erreichen; das müssten wir
da schon als Verteidigungsminister diskutie-
ren oder die Generalstabschefs.

Wir haben ja bei AGS das Problem der
Beistellungen gehabt von Frankreich und
Großbritannien. Und darüber haben wir im
Haushaltsausschuss lange diskutiert, Herr
Lindner, die Frage, ob wir solche Beistellun-
gen überhaupt akzeptieren sollen und ob wir
dann die Daten bekommen und trotzdem uns
beteiligen, lange diskutiert. Das war auch
eines der Gegenargumente der Haushälter
sogar.

Ob also Frankreich und Großbritannien
bereit wären, SIGINT-Aufklärung mit
Deutschland, Italien, Frankreich und Spanien
zu teilen durch ein gemeinsames System,
das würde ich erst noch mal genauer nach-
fragen, bevor wir uns dazu bereitfinden soll-
ten.

Joachim Spatz (FDP): Ich frage das
deshalb, weil an dieser Stelle wie auch an
anderen Stellen wir natürlich den Fluch der
kleinen Stückzahlen haben, -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Absolut.

Joachim Spatz (FDP): - was immer dazu
führt, dass Sie Einzelprobleme haben, Ein-
zellösungen mehr oder weniger haben, hohe
Folgekosten, egal ob Sie jetzt ein oder viel-
leicht zwei oder drei Systeme haben, und
dass ich befürchte, dass wir hier gewisser-
maßen diese Untergrenze an Kosten schlicht
nicht - -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Absolut.
Ich stimme Ihnen absolut zu. Wir haben ja
bei den Schlüsselfähigkeiten der Zukunft - -
Dazu gehört natürlich Aufklärung, keine
Frage. Aber das AGS-Projekt, also Aufklä-
rung durch Bildtechnik - sage ich jetzt mal
untechnisch, vielleicht ist das der falsche
Ausdruck -, durch Optik, das ist ein Projekt
von 20 Jahren. Und das ist mühsam, wegen
der Beistellungen, Contributions usw.

Und jetzt im SIGINT-Bereich ein solches
gemeinsames Projekt - - Aber ich will das
gerne zum Anlass nehmen, darüber nachzu-
denken. Je kleiner die Zahl, umso höher die
Betriebskosten pro Stück; das ist wahr.
SIGINT wird da besonders schwierig.

Drucksache 17/14650 – 1104 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 44
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Was wir jetzt machen würden - ich weiß
nicht, ob der Generalinspekteur das erläutert
hat -, wenn wir jetzt einen Kosovo-Fall hät-
ten, wo wir zwingend diese Fähigkeit
bräuchten - ich vermute, das hat er erläu-
tert -, dann würden wir einen Bündnispartner
fragen, ob wir diese Fähigkeit bei ihm be-
kommen könnten. Das würden wir machen,
zum Schutz unserer eigenen Soldaten.
Gerne würden wir es nicht tun.

Joachim Spatz (FDP): Zum Schluss
noch eine Frage zum Thema Demonstrator.
Sie haben vorhin gesagt: Ja, wir wollen na-
türlich anstreben, dass wir ihn nutzen könn-
ten. Und Sie haben gesagt: Die Entschei-
dung hat die Luftwaffe zu treffen. - Also, ich
glaube, dass die Bedeutung doch größer ist,
dass die nicht einfach eine Truppengattung
treffen könnte, weil es ja eine Fähigkeit ist,
die gegebenenfalls alle Truppenteile betrifft.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Herr
Spatz, das stimmt. Der Hintergrund meiner
Bemerkung war folgender: Nach einer
Schätzung würden die Materialkosten für den
Betrieb dieses Prototyps angeblich irgend-
was von 50 Millionen Euro kosten. Ich habe
eine Zahl von 52 Millionen Euro im Kopf. So.
Die Zahl wird bestritten, aber die ist jetzt erst
mal da. Das Unternehmen sagt: Geht auch
mit 20. - Aber gehen wir mal von 50 aus.

Jetzt haben wir einen Materialerhalttitel,
der ist immer eng. Bei jeder Streitkraft ist
Materialerhaltung eng. Es ist gelungen, im
Zuge der Neuausrichtung der Bundeswehr
diesen Titel für Materialerhaltung insgesamt
für die gesamte Bundeswehr in einem Jahr
um 250 Millionen Euro zu erhöhen. Das ist
einer der großen Erfolge der anderen Finan-
zierung der Neuausrichtung der Bundeswehr.

Aber jetzt gibt es zwei Wege. Wenn wir
jetzt das machen würden - ich nehme jetzt
mal die 50 Millionen als gesetzt -, dann gibt
es die Variante eins: dem Inspekteur der
Luftwaffe zu sagen: Das musst du von dei-
nem Materialerhalt abknapsen. - Oder aber
den anderen Teilstreitkräften zu sagen:
Hallo, ihr habt jetzt weniger Materialerhal-
tungskosten für den Boxer und für alles, weil
die Luftwaffe mehr Bedarf hat.

Das wird natürlich nicht der Inspekteur
der Luftwaffe entscheiden. Das wird dann
natürlich ausgehandelt, streitig ausgehandelt
werden müssen. Aber mein Versuch wäre
zunächst, zu sagen: Das ist eine Fähigkeit,
die ist im Bereich der Luftwaffe; deswegen

müsste die Luftwaffe sagen, was das für die
Materialerhaltung anderer Systeme bedeutet.
Man kann da nicht ohne Weiteres andere
Teilstreitkräfte darüber in Mitleidenschaft
ziehen. Aber selbstverständlich kann das
nicht alleine die Luftwaffe entscheiden.

Joachim Spatz (FDP): Ja. - Besten
Dank.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Also, ich würde jetzt vorschlagen, wir ma-
chen noch die Linke und die Grünen, Herr
Minister, und dann eine Pause.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Von mir
aus können wir weitermachen. Aber wenn
Sie eine Pause brauchen - -

(Heiterkeit)

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich brauche keine Pause, Herr Minister.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Im Mo-
ment noch nicht.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut. - Herr van Aken, bitte.

Jan van Aken (DIE LINKE): Herr de Mai-
zière, wir sind vorhin unterbrochen worden
bei der Vorlage, die Sie für den Besuch in
Manching bekommen haben. Ich möchte
noch mal gerne darauf zurückkommen - das
ist immer noch die MAT-Nr. 59 - und dort mal
Ihr Augenmerk auf die Seite 16 lenken. Also,
16 im Original, in der MAT 59 ist es die 43.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Kleinen
Moment.

(Der Zeuge blättert in seinen
Unterlagen)

Ja.

Jan van Aken (DIE LINKE): Seite 16; das
ist die letzte Seite, die sich mit dem Euro
Hawk befasst. Das ist die Sprechempfeh-
lung, natürlich dort dann relativ bedeutsam.
Der letzte Spiegelstrich, dort steht:

Aufgrund der Zulassungsproblema-
tik und weiterer Unsicherheiten ...
ist derzeit keine Grundlage gege-
ben, um eine Entscheidung für eine
Serienbeauftragung zu befürworten
oder gar zu treffen.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1105 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 45
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Da steht - Sie können es lesen, Sie haben
es gelesen; Sie haben ja gesagt, wir können
davon ausgehen, Sie haben es gelesen -:
keine Grundlage für die Serie. - Ist das für
Sie ein lösbares oder ein unlösbares Pro-
blem?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Herr
Kollege van Aken, zunächst will ich Sie bit-
ten, richtig und vollständig zu zitieren. Auf
der Seite 16 steht bei „Sprechempfehlung“:
Klammer auf: „REAKTIV“; Klammer zu. Das
bedeutet, die Empfehlung war an mich, ich
solle das aktiv gar nicht ansprechen. - Ja,
das ist doch mal ein wichtiger Punkt.

Jan van Aken (DIE LINKE): Das müssen
Sie mir erklären. Die Info bleibt das Gleiche.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Es
gibt - - Also, ich habe ja schon gesagt: An
diese Sprechempfehlung halte ich mich in
der Regel überhaupt nicht, weil ich nicht in
Sitzungen Zettel vorlese. Aber generell - -

Jan van Aken (DIE LINKE): Es geht da-
rum, welche Informationen Sie hatten.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Mo-
ment, jetzt - -

Jan van Aken (DIE LINKE): Darum geht
es doch!

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich
wollte jetzt gerade Ihre Frage beantworten,
und in der Weise, wie ich es für richtig halte.
Und da gibt es - - Weil Sie gesagt haben, Sie
haben das nicht verstanden mit „reaktiv“: Das
wollte ich Ihnen jetzt gerade erklären. Es gibt
für jede Sprechempfehlung zwei Kategorien:
aktiv und reaktiv. Bei „aktiv“ heißt es: Ich
werde gebeten, das von mir aus anzuspre-
chen, was ich tue oder nicht tue, je nachdem,
worum es geht und ob der Gesprächsgang
so geht. Und dann gibt es „reaktiv“, das
heißt: Sie sollten es nicht ansprechen; falls
Sie aber angesprochen werden, könnten Sie
so antworten. - Das heißt „reaktiv“.

Jan van Aken (DIE LINKE): Herr de Mai-
zière, ich weiß den Unterschied zwischen
reaktiv und aktiv.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja,
dann ist es ja gut. Warum fragen Sie dann?

Jan van Aken (DIE LINKE): Aber trotz-
dem, es geht ja nicht um die Frage, ob Sie
reaktiv oder aktiv das sagen sollten; es geht
um die Frage - - Es geht immer noch um
Ihren einen Satz vom 5. Juni, wo Sie gesagt
haben, Sie haben nie eine Vorlage mit Pro-
blemen bekommen.

Ich habe hier eine Vorlage, die Sie be-
kommen haben, wo drinsteht - ist doch völlig
egal, ob reaktiv oder aktiv -: keine Grundlage
für die Serie.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Zu-
nächst, will ich mal sagen, haben bei Werks-
besuchen Sprechempfehlungen sowieso
nichts zu suchen. Das ist eine Information zu
einem Betriebsbesuch. Im Übrigen wissen
wir ja selber im Nachgang, dass die Staats-
sekretäre den Vorschlag, diese sogenannten
Langläufer und Serienlangläufer zu be-
schaffen, auch gestoppt haben. Also, das
wissen Sie ja längst aus den Unterlagen. Ich
habe hier keinen Grund gesehen, in irgend-
einer Weise einzuschreiten.

Jan van Aken (DIE LINKE): Darum geht
es nicht. Es geht um die Frage, ob Sie eine
Vorlage gekriegt haben oder nicht. Vorhin
haben Sie mir hier gesagt, vor einer Stunde:
Ja, dies hier ist eine Vorlage. - Jetzt fangen
Sie schon wieder damit an: Na ja, das ist ja
nur eine Information, keine Vorlage.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das ist
eine Vorlage für einen Betriebsbesuch mit
jeder Menge Informationen, die dem beige-
fügt werden, wie in allen anderen Fällen. Das
können Sie jetzt als Gesamtvorlage bezeich-
nen, das können Sie machen, wie Sie wollen.
Ich will jetzt hier gar nicht spitzfindig werden,
wie Sie das jetzt hier versuchen, -

Jan van Aken (DIE LINKE): Können Sie
aber.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - son-
dern ich will Folgendes sagen: Es ist ein
Unterschied - das habe ich auf die Frage,
glaube ich, des Abgeordneten Arnold schon
gesagt, oder Bartels -, wenn ein Problem in
einem Haus besteht oder bei einem Rüs-
tungsprojekt oder sonst irgendwo, ob Sie
eine Informations- oder Entscheidungsvor-
lage zu einem Thema bekommen - und je
größer das Problem ist, umso mehr erwarte
ich eine solche Vorlage - oder ob Mitarbeiter

Drucksache 17/14650 – 1106 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 46
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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zu Gesprächen Informationen irgendwie
beipacken. Das finde ich einen ziemlich fun-
damentalen Unterschied. Und in meiner Aus-
sage vom 05.06. - darauf spielen Sie ja an -
habe ich im Kopf gehabt: solche Informa-
tions- und Entscheidungsvorlagen, die sich
speziell auf das Thema Euro Hawk beziehen,
und nicht irgendwelche Unterlagen als Teil
für Gesprächsvorbereitung.

Jan van Aken (DIE LINKE): Das ist jetzt
die dritte Rückzugslinie.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein,
das ist die, die - -

Jan van Aken (DIE LINKE): Sie haben
diesen Satz gesagt; wir können Ihnen nach-
weisen, dass er nicht stimmt, und jetzt heißt
es plötzlich, Sie meinten nicht „Vorlage“,
obwohl Sie das Wort „Vorlage“ benutzt ha-
ben, sondern Sie meinten ganz spezifisch
eine Informations- oder Entscheidungsvor-
lage.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das ist
jetzt Ihre Bewertung. Ich habe bereits nach
der ersten Sitzung im Verteidigungsaus-
schuss und in der Sitzung des Verteidi-
gungsausschusses am 10. Juni genau deut-
lich gemacht, dass ich durchaus Kenntnis
hatte von Problemen, diese aber als lösbar
gehalten wurden.

Jan van Aken (DIE LINKE): Dann
möchte ich noch mal fragen: Ist das denn
hier lösbar, wenn da steht: „keine Grundlage
für eine Serie“? Ist das nicht die höchste
anzunehmende Vollklatsche für ein Projekt?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein,
wenn da steht, keine Grundlage gegeben,
um eine Entscheidung zu befürworten oder
gar zu treffen. Und im Zusammenhang mit
den anderen Unterlagen, die wir ja sehr ge-
nau gesehen haben, heißt es: Wir arbeiten
an Varianten. - Deswegen lösbar.

Jan van Aken (DIE LINKE): Das heißt,
Sie haben da überhaupt gar nicht wenigstens
mal gedacht: „Also hm, sieht so aus, als ob
es beim Euro Hawk nicht klappen könnte“?
Sondern: Nein, der Beemelmans hat das
alles im Griff, wird das alles schon lösen.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Kann
ich, ehrlich gesagt, aus der Erinnerung nicht
mehr sagen, weil ich gar nicht genau mehr
weiß, was ich hiervon gelesen habe. Ich
habe aber gesagt: Ich lasse mir das zurech-
nen. Damit da kein Missverständnis auf-
kommt, dass ich mich auf irgendwas berufe.
Aber was mir dann durch den Kopf gegangen
ist bei einer Vorlage oder einer Unterlage, bei
der ich gar nicht genau weiß, sozusagen wie
präsent ich sie noch habe, das kann ich
Ihnen nun beim besten Willen nicht mehr
sagen.

Jan van Aken (DIE LINKE): Gut. - Dann
muss ich Sie wirklich fragen, was für Sie
eigentlich der Anlass zum Handeln ist. Wenn
bei einem der wichtigsten Rüstungsprojekte
der Bundeswehr - da sind wir uns alle einig;
ich finde es zwar schlecht, aber trotzdem
eines der wichtigsten Projekte der Bundes-
wehr - im Werte von über 600 Millionen Euro
steht: „Das wird nix, keine Grundlage zur
Serienbeschaffung“ und Sie handeln nicht:
An welchem Punkt handeln Sie denn dann?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Wenn
mir in einer Informationsvorlage im Dezem-
ber 2012 gesagt wird: Herr Minister, wir ha-
ben hier ein gewaltiges Problem mit der Se-
rienzulassung -

Jan van Aken (DIE LINKE): Das ist das
ja, steht ja - -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - Mo-
ment -, dann hätte ich natürlich gehandelt.

Jan van Aken (DIE LINKE): Haben Sie
nicht.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Die In-
formation bei einem Betriebsbesuch über
Probleme aller Art: Wenn das Gegenstand
des Untersuchungsausschusses wäre und
wir würden mal gucken, was bei Tornado und
bei Eurofighter an Problemen steht, dann
haben sich alle diese Probleme gewaschen
und sind in der Dimension wahrscheinlich
vom Volumen viel größer als hier, zumal ich
ja fast das ganze Geld ausgegeben habe,
was ich zu dem Zeitpunkt allerdings nicht
wusste, -

Jan van Aken (DIE LINKE): Und Sie
handeln da auch nicht.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1107 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 47
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - so-
dass alleine der Hinweis auf große Probleme
kein Anlass zum Handeln ist für mich; denn
Sie finden hier den Hinweis auf große Pro-
bleme bei nahezu jedem zweiten Rüstungs-
projekt.

Jan van Aken (DIE LINKE): Dann mal die
Frage andersrum: Ab wann wussten Sie
denn aktiv, dass die Serienbeschaffung nicht
stattfinden wird?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Mit der
Vorlage zum 13. Mai.

Jan van Aken (DIE LINKE): Am 13. Mai
wussten Sie erst, dass die Serienbeschaf-
fung nicht stattfinden wird; da kommen wir
nachher noch drauf.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein,
nicht wusste ich, sondern da ging es um die
Entscheidung.

Jan van Aken (DIE LINKE): Kommen wir
gleich noch drauf.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Mo-
ment! Die Frage - das ist ein sehr wichtiger
Punkt -, ob es überhaupt keine Serien-
beschaffung gibt, entscheidet sich nicht da-
nach, was irgendein Referent - ich habe die
Unterlagen natürlich inzwischen im Nach-
hinein alle gelesen - meint, was sein könnte,
sondern wenn es durch die Leitung des Hau-
ses entschieden wird. Das heißt, ob es über-
haupt keine Serienbeschaffung gibt, war bis
zur Entscheidung von Staatssekretär Bee-
melmans oder meiner, je nachdem, welchen
Tag Sie nehmen, den 8. oder den 13., völlig
unklar.

Jan van Aken (DIE LINKE): Kommen wir
gleich noch drauf zurück.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt kommt Bündnis 90/Die Grünen. Herr
Kollege Nouripour.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Herr Minister, unlösbar - bitte
korrigieren - ist für Sie, wenn da steht „unlös-
bar“ und nicht „geht nicht“ oder „keine
Grundlage“, und es ist nicht bei einer Vor-
lage, die für einen Betriebsbesuch hergestellt
wurde. Richtig?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein,
unlösbar ist, hat Staatssekretär Beemelmans
gestern gesagt, wenn das Verhältnis von
Aufwand und Kosten [sic!] nicht in einem
angemessenen Verhältnis steht. Das hat er
als unlösbar bezeichnet. Ich habe hier in
meiner Erklärung gesagt - muss ich mal eben
suchen - -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Mir würde ein Ja oder Nein rei-
chen.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein,
nein.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Doch.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière:
Lösbar bedeutet für mich in diesem
Kontext: Ein Projekt kann im dazu
entschiedenen Kostenrahmen reali-
siert werden; Varianten werden
untersucht; die zuständigen Stellen
sind am Ball.

Das ist meine Definition von „lösbar“, und da
spielt natürlich das Verhältnis von Kosten
und Ertrag die entscheidende Rolle.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Eine Information, die Ihnen ge-
geben wird für einen Betriebsbesuch, ist
keine?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Noch
mal! Ich habe nicht - -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ist eine Information für einen
Betriebsbesuch keine Information?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Die In-
formation zu einem Betriebsbesuch ist natür-
lich eine Information.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Die aber nicht verwertet werden
darf, weil das ja nur für den Betriebsbesuch
ist?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein,
nein. Natürlich darf sie verwertet werden;
aber sie muss nicht unbedingt verwertet wer-
den. Noch mal: Es können Mitarbeiter nicht
sozusagen sich exkulpieren, indem sie als

Drucksache 17/14650 – 1108 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 48
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Beitrag für Gesprächstermine auf Probleme
hinweisen und meinen: Der Alte wird sich
schon kümmern.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Und wenn da steht bei dem Be-
triebsbesuch: „Der Russe kommt“, muss es
auch nicht verwertet werden?

(Lachen bei der CDU/CSU)

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Also,
das Beispiel finde ich abwegig, Herr Ab-
geordneter.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich möchte noch mal die Frage
stellen: Wir haben ja zahlreiche Vorlagen zu
Euro Hawk, die ja Ihnen zugegangen sein
müssten. Welche Vorlage haben Sie gründ-
lich gelesen vor dem 13. Mai?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Noch
mal: Welche Vorlage?

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Welche Vorlage, in der beinhaltet
war, dass es Zulassungsprobleme bei Euro
Hawk gibt, vor dem 13. Mai.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Habe
ich gründlich gelesen? Das kann ich aus der
Erinnerung nicht mehr sagen. Ich habe ja die
Termine genannt. Ich kann ja nicht mehr
sagen, wie gründlich ich eine Vorlage im
Dezember 2012 gelesen habe. Noch mal: Es
spricht einiges dafür, wenn ich die am 10.12.
abgezeichnet habe, dass ich die auf dem
Flug nach Manching gelesen habe; es
könnte sein, ich weiß es aber nicht mehr
genau. Ich kann Ihnen aus der Erinnerung
nicht mehr sagen, wie gründlich ich Ge-
sprächsanlagen für Informations- oder sons-
tige Termine im Einzelnen gelesen habe.
Wenn Sie das können, Glückwunsch! Ich
kann es nicht.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wenn Sie bis zum 13. Mai von
unlösbaren Problemen nicht wussten, waren
Sie dann von der Entscheidungsvorlage, die
Ihnen zugegangen ist, überrascht?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, und
auch von der Dimension, die damit verbun-
den war. Das war ein Tag, der 13. Mai, an

dem war ich vormittags bei der Beerdigung
des KSK-Soldaten, hatte dementsprechend
sämtliche Termine für den Nachmittag abge-
sagt, so einen Stapel Akten vorgefunden,
zumal ich vorher in Afghanistan war und es
ein Feiertag war, wie Sie sich erinnern. Und
deswegen habe ich gerade diese Akte - an-
dere übrigens auch an dem Tag - besonders
gründlich und intensiv lesen können, weil ich
keinen Zeitdruck nach hinten hatte.

Ich habe mir die Varianten angeguckt, die
ja wesentlich damit zu tun hatten: Wie lange
brauchen wir den Testbetrieb? Ich habe ge-
sehen, dass diese Vorlage mehrfach hin und
her ging. Sie stammt ja im Ursprung, glaube
ich, von März, dann ist sie zurückgegeben
worden, der zweite Anlauf stammte von April,
dann hat Herr Wolf gesagt: Der General-
inspekteur soll sich das noch mal angucken.
Also, ich konnte der Genesis dieser Vorlage
sehr genau entnehmen, wer sich wie wo
damit befasst hat, auch im Blick auf die Di-
mension des Problems, und das habe ich
insbesondere auch wegen der fachlichen
und Leitungsbeteiligung aller Beteiligten als
belastbare Entscheidungsgrundlage gese-
hen, das dann, nachdem es entschieden
war, zu billigen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Und weil es so gründlich erarbei-
tet und gründlich gelesen war, war es auch
so schnell für Sie zu billigen?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: So ist
es.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Könnten Sie noch mal die Proze-
dur erklären - weil ich es nicht verstehe - die-
ses Billigens? Ist das noch mal am Ende ein
Haken-Dranmachen, ist es so, wie der Bun-
despräsident ein Gesetz unterschreibt, oder
ist es eine Entscheidung, bei der Sie sagen
können: „Geht nicht. Alles von vorn“?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Sie ha-
ben ja gesehen auf dem Zettel, der dabei
liegt, dass Herr Beemelmans, wenn ich das
richtig erinnere, draufgeschrieben hat: Herrn
Minister zur Kenntnis. - Ist das so? Habe ich
jetzt nicht im Kopf; aber ich glaube, es ist so.
Das gibt es oft, dass Staatssekretäre etwas,
für das sie Verantwortung tragen, dem
Minister zur Kenntnis geben.

Das kann verschiedene Funktionen ha-
ben. Eine ist: Ich möchte, dass Sie wissen,

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1109 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 49
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

dass ich das entschieden habe. Da spricht
Sie einer drauf an. - Ein anderer Gedanke,
den ich auch für absolut legitim halte, ist, zu
sagen: Ich habe das zwar entschieden, Sie
sollen es aber zur Kenntnis kriegen; notfalls
können Sie reingrätschen. - Und so ist es oft
bei Vorlagen von beiden Staatssekretären,
dass Dinge, die sie zur Kenntnis bekommen
oder entschieden haben, ich anschließend
zur Kenntnis bekomme aus einer Mischung
dieser Vorlagen. Und dann kommt es vor,
dass ich das zur Kenntnis nehme, einfach
damit ich es weiß. Es kommt vor, dass ich
reinschreibe: Ich teile das ausdrücklich, ich
finde das richtig so. - Das ist natürlich auch
dann eine sozusagen Ermutigung für den
Staatssekretär. Und es kommt vor, dass ich
sage: Nein, das finde ich nicht richtig. - Dann
hat es zwar der Staatssekretär entschieden;
aber ich kann natürlich da reingrätschen, und
dann gilt meine Entscheidung. Dann schreibe
ich drauf: „Rücksprache“ oder „Anders ent-
scheiden“ oder „Ich bin nicht einverstanden“
oder so.

Es gibt diese drei Varianten, und die
kommen auch laufend vor. Von daher kann
ich nicht genau sagen, mit welcher Motiva-
tion Herr Beemelmans mir das vorgelegt hat.
Ich habe meinen grünen Haken aber als
Billigung verstanden.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Haben Sie irgendeinen Fehler bei
diesem Projekt gemacht, außer sich einmal
unklar ausgedrückt zu haben?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, ich
hätte, wenn ich die Informationen insgesamt
sehe, von mir aus - das habe ich übrigens im
Ausschuss am 10. Januar [sic!], glaube ich,
auch schon gesagt - an der einen oder ande-
ren Stelle nachfragen sollen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Welche Fehler haben Ihre
Staatssekretäre gemacht?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Fehler
bei den Staatssekretären im Handling kann
ich nicht erkennen. Die Staatssekretäre, vor
allem Staatssekretär Beemelmans, hätten
mich früher von diesem Entscheidungsgang
unterrichten sollen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Und haben Sie sie dafür kritisiert,

haben Sie ihnen das mitgeteilt und, wenn ja,
in welcher Art und Weise, in welchem - - wo-
durch?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Darauf
verweigere ich die Auskunft, wie ich Lob und
Tadel über meine Staatssekretäre ausspre-
che, nutze aber gerne die Gelegenheit, um
mal darauf hinzuweisen, dass Staatssekretär
Beemelmans überragende Verdienste bei
der Neuausrichtung der Bundeswehr und
insbesondere auch bei der Neuordnung des
Rüstungsbereiches hat.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön. - Jetzt kommt die CDU/CSU-
Fraktion.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ja, ich
möchte mit dem starten, mit dem ich auch
meinen ersten Fragekomplex eingeleitet
habe, nämlich dass die Ministervorlage nun
bei der Ausschussvorsitzenden vorliegt. Ich
habe gerade einen Augenschein genommen,
den auch alle anderen Fraktionen nehmen
können. Da findet sich überhaupt diese An-
streichung nicht im Ansatz. Alles, was ver-
mutet wurde, spekuliert wurde und insbe-
sondere gefolgert wurde aufgrund dessen,
entbehrt also jeglicher Grundlage. Ich würde
jetzt mal gern alle Fraktionen bitten, sich
doch auch einen eigenen Augenschein zu
machen und hinterher zu bestätigen, dass
hier überhaupt nichts Grünes drin ist.

(Lachen und Unruhe beim
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

- Herr Nouripour, also, Sie sagen, Sie glau-
ben mir?

(Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich mache alles, was
Sie sagen!)

- Also, okay, dann ist es sozusagen unter
notarieller Aufsicht hier eingesehen worden.
Das ist mir aber doch wichtig, dass das klar-
gestellt ist und dass solche Dinge, die jetzt
schon das zweite Medienorgan, das dritte
Medienorgan aufgreift, hier keine Grundlage
haben.

Nun zu den Fragen. Herr Minister, ich
möchte - -

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Grübel, Moment, der Herr van Aken
wollte einen Geschäftsordnungsantrag - -

Drucksache 17/14650 – 1110 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 50
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Jan van Aken (DIE LINKE): Nein, meine
Frage ist nur: Jetzt ist es das dritte Mal, dass
wir das aufrufen. Wollen wir das jetzt mal in
Ruhe klären, oder machen Sie jetzt erst mal
Ihre Fragen, und wir klären das nachher
noch mal?

Markus Grübel (CDU/CSU): Ich würde
vorschlagen, Sie gucken da geschwind eben
rein, und das Ausschusssekretariat ist schon
mit dem Original unterwegs.

Jan van Aken (DIE LINKE): Aber es
schließen sich ja Fragen an. Da schließen
sich ja Fragen an, dass es ein Dokument gibt
irgendwie, das im Ordnerbestand von Bee-
melmans gefunden worden ist - das ist die
73-2 -, wo grüne Markierungen drauf sind.
Ich habe alle Erklärungen bis jetzt verstan-
den, die da waren. Trotzdem bleibt es, dass
da grüne Markierungen da sind. Der Minister
hat dazu gesagt, er hat keinen Marker; aber
trotzdem würde ich gern drüber reden. Die
Frage ist: Wann tun wir das?

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ja, reden können - -

Markus Grübel (CDU/CSU): Reden Sie
das in Ihrer Fragezeit. Bloß, wir wissen
eines: Das ist nicht das Original, das dem
Minister vorlag.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Sie können in Ihrer Fragezeit - -

Markus Grübel (CDU/CSU): Das wissen
wir jetzt sicher.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Grübel, Moment! - Herr van Aken, Sie
können in Ihrer Fragezeit dann natürlich
nachhaken.

Jan van Aken (DIE LINKE): Dann ma-
chen wir das nachher noch, super, danke.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Genau. Gut. - Herr Grübel, bitte.

Markus Grübel (CDU/CSU): Also, Herr
Minister, ich möchte Ihnen Fragen stellen
über die grundsätzliche Aufgabenverteilung
zwischen Ihnen, den Staatssekretären und
dem Generalinspekteur der Bundeswehr
sowie den Berichtspflichten im Sinne des

Dresdner Erlasses, der ja von Ihnen kommt.
Was haben die Staatssekretäre und der Ge-
neralinspekteur Ihnen gegenüber zu verant-
worten, und wann und wie wird Ihnen be-
richtet, und was ist im Zusammenhang mit
dem Dresdner Erlass hier neu geordnet?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Einer
der wichtigsten Punkte des Dresdner Erlas-
ses ist, dass der Generalinspekteur oberster
Soldat geworden ist, erstmalig in der Ge-
schichte der Bundesrepublik, und dass der
Generalinspekteur Teil der Leitung ist. Herr
Schneiderhan und andere haben auf das
sogenannte Kollegium hingewiesen; das war
faktisch. Damit war der Generalinspekteur
faktisch Teil der Leitung in Form eines soge-
nannten Kollegiums. Die Zusammensetzung
des Kollegiums entspricht unserer Leitungs-
runde im Wesentlichen. Man kann Kollegium
oder Leitungsrunde sagen; also, der Gene-
ralinspekteur ist Teil der Leitung.

Dann gibt es eine Aufgabenzuweisung,
die ich einvernehmlich mit den beiden
Staatssekretären Beemelmans und Wolf
verabredet habe. Dabei finde ich noch mal
wichtig, festzustellen, dass es keine gemein-
same Zuständigkeit für Rüstung und Haus-
halt gibt. In einem Artikel wurde geschrieben,
das wäre so. Das war so; das ist längst ge-
ändert worden. Das halte ich auch für richtig,
dass zwischen Rüstung und Haushalt - -
dass dafür nicht der gleiche Staatssekretär
zuständig ist.

Die Staatssekretäre haben den Auftrag,
ihren Geschäftsbereich unter meiner Leitung
eigenverantwortlich und natürlich, wo nötig,
in Abstimmung mit dem jeweils anderen zu
ordnen, zu organisieren und auch abschlie-
ßend alle Verwaltungsangelegenheiten zu
entscheiden bis auf die, die grundsätzliche
oder politische Bedeutung haben, die nach
dem Dresdner Erlass mir vorbehalten sind.

Das funktioniert in den allermeisten Fällen
ja; in diesem Fall Euro Hawk hätte ich mir,
wie bereits mehrfach erläutert, eine andere
Einbindung in die Entscheidung erbeten, in
den Leitungsrunden, die auch nicht, wie
vielleicht früher, einmal im Monat stattfinden,
sondern, wenn es irgend geht, einmal die
Woche. Sie dauern etwa eine Stunde,
manchmal eine gute Stunde. In diesen Lei-
tungsrunden gibt es in der Regel eine Ta-
gesordnung, ein Problem, was aufgetaucht
ist, etwas, was ich erörtern will, etwas, was
ein Staatssekretär ansprechen will, und dann
gibt es, wie offenbar früher in den Kolle-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1111 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 51
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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giumssitzungen auch, die Gelegenheit, dass
die Beteiligten von sich aus Themen anspre-
chen, die sie für wichtig halten.

Daneben gibt es natürlich bilaterale
Rücksprachemöglichkeiten jederzeit. Das
mache ich regelmäßig mit Staatssekretär
Beemelmans, das mache ich aber auch mit
Staatssekretär Wolf, das mache ich mit dem
Generalinspekteur. Alle haben natürlich die
Gelegenheit, wenn sie mich sehen wollen,
das innerhalb eines Tages, wenn ich irgend-
wie da bin, hinzubekommen. Beide können
auch, wenn ich nicht ausdrücklich gesagt
habe, dass ich nicht gestört werden will, ein-
fach bei mir zur Tür hineinkommen, und das
findet auch sehr oft statt.

Markus Grübel (CDU/CSU): Sie haben
im Zuge der Reform davon gesprochen, dass
es in der Bundeswehr keine Kultur der Angst,
sondern eine Kultur der Verantwortung ge-
ben muss. Wie schlägt sich diese Philoso-
phie der Aufgabenteilung, der Verantwortung
in der neuen Struktur auch des Bundesver-
teidigungsministeriums nieder?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Der we-
sentliche Punkt ist, dass wir aus einem Sys-
tem, was auf Absicherung und Misstrauen
beruhte und darauf beruhte, dass man mög-
lichst viele Menschen zuständig macht -
Vorteil, alle reden mit; Nachteil, keiner ist
richtig verantwortlich -, jedenfalls soweit es
geht, ein System gemacht haben, wo wir
klare Verantwortlichkeiten haben. Das be-
deutet etwa: Wir haben den Personalbereich
bis auf die Dienstleistungszentren jetzt so
organisiert, dass der Personalstrang für das
gesamte Personal Bundeswehr zuständig ist,
egal ob zivil, ob militärisch, egal zu welcher
Teilstreitkraft und Ähnliches. So kann der
Arbeitgeber Bundeswehr sich gemeinsam
darstellen. Das führt beim Rüstungsbereich,
um jetzt IUD mal wegzulassen, dazu, dass
wir jetzt im Amt und auch im Ministerium
alles, was mit Rüstungsbeschaffung und
-nutzung und IT zu tun hat, in einen Strang
getan haben. Sie müssen sich mal vorstellen,
dass der Bereich IT nicht bei Rüstung war
und dass wir ein eigenes IT-Amt hatten, und
jeder weiß, wie teuer IT-Kosten in einem
solchen, in jedem Rüstungsprojekt sind. Das
haben wir zusammengeführt und insoweit
auch die Abteilung Modernisierung, die es
gab, aufgelöst.

Natürlich muss und wird es Schnittstellen
geben. Eine Rüstungsabteilung kann nie so

arbeiten, dass sie das Geld ausgeben kann,
wie sie möchte. Also braucht man den Haus-
halt. Wir brauchen auch Planung. Es ist ein
Unterschied, ob ich ein Rüstungsgut be-
schaffe und nutze oder ob ich für die Zukunft
Rüstungsgüter beschaffe. Deswegen gibt es
die Planungsabteilung, die auch in einem
ganz neuen Planungsprozess - das würde
jetzt zu weit führen - davon Abstand nimmt,
dass wir jetzt Dinge planen, für die kein Geld
da ist, nur weil wir es gerne hätten, sondern
der neue Planungsprozess verläuft so, dass
wir in Zukunft nur noch das planen, von dem
wir annehmen, dass wir es uns auch leisten
können. Das ist eine Revolution im Ansatz
von militärischer Fähigkeitsplanung gegen-
über den letzten Jahrzehnten, auch interna-
tional - Großbritannien macht es jetzt auch
so - relativ neu, sodass wir dann klare Ver-
antwortlichkeiten haben, auch mit entspre-
chenden Weisungssträngen: Der Abtei-
lungsleiter Personal ist weisungsbefugt ge-
genüber dem Personalamt usw., usw.

Der nächste Punkt ist: Wir haben das
Ministerium verkleinert und ministerielle Auf-
gaben abgeschichtet. Zu einem Zeitpunkt,
als der Planungsstab eingerichtet wurde von
Helmut Schmidt - ich kann mich, ehrlich ge-
sagt, aus biografischen Gründen ganz gut
daran erinnern, oder mein Vater hat es mir
erzählt -, war das auch nicht ein Kontroll-
instrument, wie es jetzt hieß, sondern es
sollte ein kleiner Think Tank sein unter Theo
Sommer, mit wenigen Leuten. Später ist
daraus ein gewisses Kontrollinstrument ge-
worden - das ist hier vorgetragen worden -,
aber auf der Basis einer Mitarbeiterzahl des
Verteidigungsministeriums von über 5 000.
Wir gehen jetzt auf eine Zahl von 2 000, und
ich finde, ein Verteidigungsministerium muss
man mit 2 000 so organisieren können, dass
man nicht einen Planungsstab hat, der die
anderen kontrolliert. Was wir brauchen und
haben, ist allerdings eine Revision, und des-
wegen ist der Stab Organisation und Revi-
sion, der sehr stark bei der Neuausrichtung
involviert ist, aber auch bei der Revision,
auch in dem Planungs- und Rüstungspro-
zess stärkere Kompetenzen bekommt - -
natürlich notwendig, eine Revision zu ma-
chen bei den Größenordnungen, um die es
geht.

Also, durch eine Fülle von diesen Maß-
nahmen, durch klare Stärkung von Verant-
wortlichkeiten, denke ich, wird auch Verant-
wortungsfreude erhöht. Dazu gehört auch,
dass man Fehler machen muss. Dann wird

Drucksache 17/14650 – 1112 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 52
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

der Fehler offen ausgewertet, und für die
Zukunft macht man es dann besser. Das
gehört auch zu meinem Verständnis von
Führung.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wir hatten
beim Generalinspekteur a. D. Schneiderhan
das geflügelte Wort, das ja jeder in der
Truppe kennt, „Melden macht frei“, also in
dem Sinne: Ich reiche mal die Verantwortung
meinem Vorgesetzten weiter, schildere das
Problem, aber bringe die Lösung nicht mit.
Sie haben jetzt gerade gesagt: 5 000 Men-
schen im Ministerium.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Früher,
jetzt nicht mehr.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ja, ja. Ha-
ben Sie diese Philosophie „Melden macht
frei“, Verantwortung nach oben delegieren - -
Wenn ich Sie richtig verstanden habe, ist das
nicht mehr die Philosophie, die jetzt im Haus
herrschen soll, mal unabhängig von der
Truppe.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Genau
so ist es, und wenn man ein Problem meldet,
dann bitte auch mit einem Lösungsvorschlag.
Aber in der Tat: Das ist so. Ich will allerdings
gerne sagen, dass diese Art von Führung
und Kultur, dass man nicht einfach durch
Melden und Mitzeichnung und Vertuschung
von Verantwortung irgendwie gut durch den
Dschungel kommt, natürlich auch erst noch
gelebt werden muss. Ich vermute, wir brau-
chen sicher einen Zeitraum von mehreren
Jahren und auch sicher die eine oder andere
Rotation, die ja ohnehin im Ministerium statt-
findet, damit sich diese Mentalität dann auch
in der Praxis umfassend auswirkt.

Markus Grübel (CDU/CSU): Jetzt wollte
ich noch mal fragen zum CPM. Wann sind
Sie als Minister bei Entscheidungen über
Rüstungsprojekte der Bundeswehr gefordert,
insbesondere bei Rüstungsprojekten der
Kategorie A im CPM, also diese 31 Projekte,
die jetzt so - -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das ist
die Kategorie 1 oder A - ich weiß es jetzt
nicht genau - in dem alten CPM. Dort ist von
Leitung die Rede, nicht vom Minister, und ich
habe vorhin gesagt, wer Leitung ist und wie
wir es organisiert haben. Ich weiß, dass

meine Vorgänger - denken Sie an Volker
Rühe und den Jäger 90 und viele andere -
und auch ich bei vielen Rüstungsvorhaben
eingreifen, uns beteiligen. Ich habe ja auch
die Schlussverhandlungen mit geführt bei der
Reduzierung der Hubschrauberzahl, wie Sie
wissen. Es gibt dafür keine feste Regel,
wann etwas sozusagen nicht die Leitung,
einzelne Leitungsmitglieder oder die gesamte
Leitung oder der Minister macht. Das richtet
sich nach dem Dresdner Erlass - und früher
war es bestimmt nicht viel anders -: in der
Regel der Staatssekretär, bei Vorgängen von
besonderer Bedeutung unter Beteiligung des
Ministers.

Markus Grübel (CDU/CSU): Bevor ich
das Fragerecht an den Kollegen Silberhorn
weitergebe, möchte ich aber noch mal fest-
stellen: Jetzt hat jede Fraktion die Chance
gehabt, das Original bzw. die Ministervorlage
einzusehen, und ich gehe mal davon aus,
wenn keiner rotgrünblind ist, dass Sie keine
mit Textmarker grün markierte Stelle gese-
hen haben. - Widerspruch höre ich nicht;
dann können wir das auch darauf beruhen
lassen.

(Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Nein, können wir nicht!)

- Können wir nicht? Also dann - -
(Lars Klingbeil (SPD): Herr Grübel,
Sie sind hier nicht der Vorsitzende!)

- Das ist schon richtig. Aber dann laufen wir
Gefahr, dass irgendwann im Ministerium
grüne Textmarker verboten werden, weil ja
jeder Sorge hat, dass das irgendwann mal
dem Minister zugeordnet wird, was sich ir-
gendwo ein Mitarbeiter mal für seine eigene
Vorbereitung angestrichen hat.

(Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Weil er sonst grüne
Tinte verbreitet!)

- Also, ich war mal Organisationsreferent in
einem Ministerium. Ich befürchte, dass sol-
che Dinge kommen, wenn man hier zu sehr
darauf herumreitet; aber okay.

Frau Vorsitzende, ich bin fertig.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Bitte schön, Herr Kollege Silberhorn.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Vielen
Dank. - Herr Minister, die Kollegen aus der
Opposition haben mehrfach aus der Unter-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1113 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 53
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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richtung des Verteidigungsausschusses
durch Sie am 5. Juni 2013 zitiert. Sie haben
allerdings nicht vollständig zitiert, und des-
wegen möchte ich darauf zurückkommen.

Es geht um den Satz - ich zitiere -:

Es gab zuvor

- gemeint ist, vor dem 13. Mai 2013 -

keine Vorlage an den Minister mit
einer Beschreibung der Zulas-
sungsprobleme oder überhaupt
zum Gesamtproblem.

Außerdem wurde der Satz zitiert:

Von Zulassungsproblemen habe ich
erstmals im Rahmen einer allge-
meinen Besprechung zu vielen
Rüstungsvorhaben am 1. März
2012 gehört.

Nicht zitiert wurde bisher der Satz, der da-
zwischen liegt und den ich nachtragen
möchte - ich zitiere -:

Es gab lediglich am 20. März 2012
eine Informationsvorlage an mich
zu rechtlichen Fragestellungen im
Zusammenhang mit dem sog. G-
10-Gesetz.

Wenn ich diese Aussagen richtig interpre-
tiere, wird hier eine klare Differenzierung
vorgenommen

(Rainer Arnold (SPD): Aber immer-
hin, die wurde gemacht!)

zwischen informeller Unterrichtung in Form
einer allgemeinen Besprechung am 1. März
auf der einen Seite und förmlicher Unter-
richtung auf der anderen Seite in Gestalt
einer Informationsvorlage am 20. März 2012
und einer weiteren Vorlage; gemeint ist die
Entscheidungsvorlage am 13. Mai 2013.
Vielleicht hätte man statt der Wendung
„keine Vorlage“ präziser „keine Entschei-
dungsvorlage“ sagen können.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: So ist
es, genau.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Aber
diese Differenzierung ist ja in Ihrer Aussage
angelegt. Deswegen schließe ich die Frage
an: Ist diese Differenzierung zwischen Ent-
scheidungsvorlagen und Informationsvorla-
gen eine besondere Gepflogenheit des Ver-
teidigungsministeriums - dann könnte ich die
Verständnisschwierigkeiten der Kollegen
nachvollziehen -, oder ist diese Differenzie-

rung zwischen Entscheidungs- und Informa-
tionsvorlage auch in anderen Bundesministe-
rien üblich? Dann müsste ich die Verständ-
nisschwierigkeiten meiner Kollegen ihrer
langjährigen Abstinenz von jeglicher Regie-
rungstätigkeit zuschreiben.

(Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Um das zu sagen, hätte
es keinen so langen Vorlauf
gebraucht! Das hätten Sie
auch gleich sagen können!)

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Herr
Silberhorn, zunächst will ich gerne noch mal
unterstreichen, dass ich bedaure, dass ich in
der Erklärung bei dem Satz „Es gab zuvor
keine Vorlage …“ wie in den beiden Sätzen
davor das Wort „Entscheidung“ nicht hinzu-
gefügt habe. Das bedaure ich. Ich habe des-
wegen selber einen Beitrag zu der unzutref-
fenden Erwartung geleistet, was ich bedaue-
re. Das habe ich in meiner Stellungnahme
mitgeteilt.

Selbstverständlich gibt es Entscheidungs-
und Informationsvorlagen auch in anderen
Ministerien - jedenfalls in den Ministerien, die
ich kenne, gibt es diese Unterscheidung -,
und es macht schon einen Unterschied, ob
man informiert wird oder ob die Entscheidung
getroffen wird, ein Rüstungsprojekt von die-
ser Dimension abzubrechen; das ist schon
ein wesentlicher Unterschied. Das steht auch
in der Regel im Rubrum, im Kopf, drin: „Zur
Entscheidung“ oder „Zur Information“ steht in
der Regel dort drin.

Sie haben aber noch etwas anderes er-
wähnt in dem Satz. Da heißt es:

Es gab lediglich am 20. März …
eine Informationsvorlage

- jetzt betone ich mal: an mich -

... zu rechtlichen Fragestellungen
im Zusammenhang mit dem sog. G-
10-Gesetz.

Darauf wollte ich hinweisen in meiner Er-
klärung vom 5. September [sic!]. Eine Infor-
mationsvorlage an mich, die also auf mich
ausgezeichnet ist: „Herrn Minister zur Infor-
mation“, gab es zum G-10-Thema, und da
hieß es: Alles in Ordnung, mit dem Aus-
schuss ist alles besprochen. - Eine Informa-
tionsvorlage an mich, wo mal ausgezeichnet
ist: „Herrn Minister zur Information, hier gibt
es das und das Problem“, die hat es nicht
gegeben, und es hat jetzt - - Ob jetzt Unter-
richtung oder Vorlage, Herr von Aken, das

Drucksache 17/14650 – 1114 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 54
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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will ich jetzt gar nicht im Einzelnen ausdiffe-
renzieren und da zu wortklauberisch sein.
Aber eine direkt an mich gerichtete Informa-
tionsvorlage oder auch ein Informations-
gespräch, wie es das gestern von Herrn
Beemelmans gegeben hat, gab es nicht, und
das habe ich kritisiert.

Informationen aus Anlass von Gesprä-
chen oder Firmenbesuchen gab es durchaus;
das habe ich unmittelbar nach Herstellung
des falschen Eindrucks, des unzutreffenden
Eindrucks klargestellt. Sie ersetzen aber
keine geschweige denn Entscheidung, aber
auch keine Information mit allem Drum und
Dran, so wie man das angesichts dieser
Dimension hätte erwarten müssen.

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Vielen
Dank, Herr Minister. - Sie haben vorhin aus-
geführt, Sie hätten vielleicht selbst früher
nachhaken müssen oder hätten vonseiten
der Staatssekretäre eine frühere Unterrich-
tung erwartet. Wenn das erfolgt wäre, ein
früheres Nachhaken oder eine frühere Unter-
richtung, hätte das zu irgendeiner Einspa-
rung im Projektverlauf geführt, oder hätten
Sie gar in der Sache anders entschieden, als
dann entschieden worden ist?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein,
dann hätte ich genauso entschieden. Die
Entscheidung wäre genauso gelaufen. Ein
Nachhaken von mir hätte nichts geändert. Es
wäre auch kein größerer oder kleinerer
Schaden entstanden. Deswegen hat die
Leitung des Hauses in Form der Staats-
sekretäre und des Generalinspekteurs nach
Kenntnisnahme richtig entschieden. Aber wir
hätten uns manchen Ärger erspart, wenn ich
ein paarmal nachgefragt hätte, und säßen
vielleicht heute nicht hier.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege Brand.

Michael Brand (CDU/CSU): Ja, Herr
Minister, ich möchte Sie befragen zum Zeit-
punkt der Entscheidung, die Serie nicht zu
beschaffen, also im Mai 2013, weil man kann
sich ja in der politischen und öffentlichen
Debatte die Vorwürfe aussuchen: Entweder
man hat zu lange nicht gehandelt, oder man
hat zu spät gehandelt. Wir haben gestern im
Ausschuss hier erlebt, dass die SPD wieder
den Vorwurf erhoben hat, dass man eigent-
lich viel früher hätte handeln können. Ich
vermute, es war keine Unterschlagung, son-

dern einfach rein versehentlich, dass die
Sozialdemokraten vergessen haben, darauf
hinzuweisen, dass der Löwenanteil bereits
ausgegeben war finanziell, dass im Übrigen
ja auch die Sozialdemokratie elf Jahre an der
Regierung beteiligt war bis 2009, unter Rot-
Grün das Projekt begonnen worden ist, und
offensichtlich auch versehentlich unterschla-
gen haben, dass der heutige Kanzlerkandi-
dat Peer Steinbrück den Vertrag 2007 unter-
schrieben hat.

(Dr. Hans-Peter Bartels (SPD):
Sollen wir antworten?)

- Die Frage kommt noch. Ich befrage aber
nicht Sie, Herr Bartels, sondern den Minis-
ter. - Das Interessante ist ja, dass es auf der
anderen Seite eine interessante Konstellation
gibt, nämlich zwischen Industrie und der
Linken, die die Kritik hervorgebracht haben,
man hätte eigentlich weitermachen sollen,
man hat also das Projekt zu früh beendet.

Der Herr Pamiljans von Northrop Grum-
man hat am Montag bei seiner Aussage -
und wir haben ihn ja danach befragt - gesagt,
er verstehe überhaupt nicht - auch vor dem
Hintergrund, dass es den deutschen Steuer-
zahler betrifft -, dass man dieses Projekt
beendet hat, man müsse es doch weiterfüh-
ren. Mein Eindruck ist im Übrigen nicht so
sehr, dass er sich da um den deutschen
Steuerzahler besondere Sorgen macht, son-
dern dass es vielleicht darum geht, dass
Aufträge eingeholt werden; denn er konnte
uns nicht beantworten, wie er eigentlich auf
die 193 Millionen Euro kommt, die das ganze
Paket nur noch kosten würde, während der
Bund, die Bundesrepublik Deutschland, auf
600 Millionen Euro kommt. Im Übrigen hat er
auch auf mehrere Nachfragen nicht gesagt,
dass es bei den 193 bleiben würde.

Das heißt, zum einen interessiert mich
von Ihnen, Herr Minister, wie Sie eigentlich
die Position der Industrie an der Stelle ein-
schätzen, und zum Zweiten, dieses Span-
nungsfeld, was ich gerade aufgerissen habe,
zwischen dem Vorwurf: „Irgendwie kriegen
wir Sie - entweder Sie haben nicht früh ge-
nug reagiert, oder Sie haben zu spät rea-
giert“,

(Inge Höger (DIE LINKE): Frage!)

ob Sie an dieser Kritik einen Hauch von
Plausibilität erkennen können oder ob der
Zeitpunkt der Entscheidung richtig gewesen
ist.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1115 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 55
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

(Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE):
Sehen Sie das auch so?)

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich will
zunächst was zur Industrie sagen. Dass die
Industrie ein Geschäft machen will, ist klar
und legitim. Das ist nicht zu kritisieren. Dass
die Industrie bei einem solchen unbemann-
ten Flugzeug, was es ja in dieser Form so
noch nicht gibt, nicht gerne mit dem Ruf le-
ben muss, dass wir das abgebrochen haben,
ist ja auch irgendwie klar. Das verstehe ich;
das ist auch nicht zu kritisieren. Allerdings
fand ich schon, dass, wo es um eine Muster-
zulassung ging und das vertraglich in irgend-
einer Weise - ob als Leistung oder Bemühen
lasse ich jetzt mal völlig offen - angestrebt
war und wo es in den USA bis heute keine
Musterzulassung für eine Drohne gibt - bis
heute nicht - und alle Flugbewegungen der
Drohnen in den USA aufgrund dieser, wie wir
das nennen würden, Vorläufigen Verkehrs-
zulassung stattfinden - - dann hierher zu
kommen und zu sagen: „Das kostet
200 Millionen, und wir haben euch doch
Unterlagen zur Verfügung gestellt“, das finde
ich schon irgendwie ein starkes Stück. Das
muss ich mal sagen. Aber gut.

Was jetzt die Vorwurfslage angeht, so
muss man sich, jedenfalls wenn man - - Bei
der Aufklärung kann man alles irgendwie
infrage stellen; das ist ja auch erlaubt. Da
darf man auch mal so eine und so eine Frage
stellen; das ist ja irgendwie klar. Aber es gibt
doch irgendwie nur einen Vorwurf, der
schlüssig ist. Entweder der Abbruch war
falsch, weil die Fähigkeit so wichtig ist oder
weil wir ein Geschäft machen wollen. Herr
Schneiderhan hat den Abbruch in Zweifel
gestellt, weil er sagt: Die Fähigkeit ist so
wichtig. Und die Industrie hat gesagt: Der
Abbruch war falsch, weil es alles viel billiger
geht. Das ist sozusagen der eine Vorwurf-
strang. Dann kann man aber nicht gleichzei-
tig sagen: Der Abbruch kam viel zu spät.
Dann war er eben insgesamt falsch. Für
einen Vorwurf muss man sich dann schon
mal entscheiden. Das ist ja das, was Sie
gesagt und gemeint haben.

So, und wenn man nun - - Zur Industrie
habe ich ja etwas gesagt. Zu dem Schneid-
erhan-Argument, was ich schon sehr ge-
wichtig finde, habe ich auch etwas gesagt.
Aber noch mal: Wenn die Zulassungserfor-
dernisse in den Kosten so groß sind wie das
Gesamtsystem selbst, dann stimmt irgend-

was nicht, dann kann man das nicht einfach
nachfinanzieren.

Und zu dem Vorwurf „zu spät“: Wie ge-
sagt, 2009, wenn man da abgebrochen
hätte, da weiß ich gar nicht, wie dann die
Folgen gewesen wären. Aber hätte man
2011 abgebrochen, was ja der Rechnungs-
hof insinuiert hat, hätten wir gewaltige - - Das
Geld war weitgehend bezahlt. Im Herbst
2011 - was der Rechnungshof gesagt hat -
waren es irgendetwas zwischen 85 und
93 Prozent; das Geld wäre weg gewesen. Ob
man es sich zurückgeholt hätte vor dem
Amtsgericht Illinois oder was, ich weiß es
nicht. Das Geld war ja im Wesentlichen weg,
und wir hätten kein Aufklärungssystem ge-
habt, was in irgendeiner Weise verwendbar
ist.

Jetzt streiten wir, wie verwendbar es ist
und was es kostet, wie man es verwendet.
Aber es ist unstreitig, dass wir es überhaupt
nicht hätten verwenden können, wenn wir es
nicht getestet hätten. Und deswegen war der
Zeitpunkt - ich will jetzt nicht über einen Mo-
nat streiten, ob jetzt nun April, Mai oder Juni -
auch nach gründlicher Prüfung der Varian-
ten - auch noch mal der Prüfung: Geht es
nicht mit einer Vorläufigen Verkehrszulas-
sung? - - Nachdem das alles ausgeschlos-
sen war, war der Zeitpunkt richtig und hat
Schaden vom deutschen Steuerzahler ab-
gewendet.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut. Danke schön. - Die SPD-Fraktion. Herr
Kollege Arnold.

Rainer Arnold (SPD): Vielen Dank. -
Also, wenn der Kollege Brand hier Plenums-
reden hält, ist es Ihre Zeit. Aber die Fakten,
Herr Brand, sollten Sie jetzt irgendwann ein-
mal zur Kenntnis nehmen: Abgeflossene
Mittel 09: weniger als die Hälfte, haben wir
gestern festgestellt.

(Markus Grübel (CDU/CSU): Nein,
mehr als die Hälfte! - Holger Krestel
(FDP): Das ist ja ungeheuerlich!)

- Wir haben es nochmals nachgerechnet. Es
ist knapp die Hälfte der - -

(Markus Grübel (CDU/CSU): Abge-
flossen und gebunden!)

- Nein, ich sage „abgeflossen“, weil dieser
Vertrag ist kündbar. Weil die Damen und
Herren, die den Entwicklungsvertrag ge-
macht haben, die Risiken entgegen der Be-

Drucksache 17/14650 – 1116 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 56
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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hauptung hier eben realistisch eingeschätzt
haben, haben sie einen kündbaren Vertrag
gemacht, und zwar zu jeder Zeit kündbar.
Und deshalb muss man so ein Projekt auch
eng begleiten.

Abgeflossene Mittel, bevor der Herr
Minister de Maizière ins Amt kam: 385 Millio-
nen Ende 2010. Da kann noch ein bisschen
was obendrauf kommen. Heute liegen wir bei
etwa 700 Millionen. Da kann man sagen:
300 Millionen, das ist nicht viel Geld. Hin
oder her, aber es ist schon Geld, mit dem
man was hätte anfangen können.

Zweiter Nebenkriegsschauplatz - Kollege
Grübel fordert dazu auf; wir haben das
Thema nicht eingeführt mit diesem Rot oder
Grün oder was auch immer -: Wir haben das
nachgeguckt. Es ist, um das klar zu sagen,
ein Dokument aus dem Büro Staatssekretär
Beemelmans, und dort ist grün markiert.
Meine Leute sagen mir: Im Haus ist Grün
eigentlich tabu. Ich mache es mal ein biss-
chen ironisch: Vielleicht fühlt sich da jemand
ja schon wie der Minister, dass er Grün ver-
wendet. Aber es ist im Staatssekretärsbüro
aufgefallen, dieses Dokument.

Nun hat Herr Kollege Silberhorn noch mal
das Thema - und da komme ich dann wieder
in das Gespräch mit Ihnen, Herr de Mai-
zière - Lüge aufgegriffen. Ich wollte es
eigentlich nimmer, weil ich denke, der ge-
neigte Zuhörer kann sich hier sein eigenes
Bild machen. Nachdem er das aber noch mal
versucht hat zu relativieren, möchte ich
schon noch mal darauf eingehen. Herr
Minister, wir haben Ihnen bei Ihrem Vortrag
im Verteidigungsausschuss nicht geglaubt.
Wir fühlten uns hinter die Fichte geführt mit
Ihren Äußerungen. Da sitzen 40 Leute drei
Wochen da, und dann kommen solche Be-
hauptungen zustande.

So, und deshalb haben wir Sie gefragt -
und die Frage lautete nach dem Protokoll -:
Es handelt sich hier um

... eine wichtige politische Frage,
und es gehe nicht „nur“ um Geld.
Insofern interessiere ihn,

- das war in dem Fall ich -

ob die beiden beamteten Staats-
sekretäre und Herr Selhausen vor
der schriftlichen Vorlage von Fe-
bruar nie miteinander über dieses
Projekt und die Probleme geredet
hätten. Dies sei kaum vorstellbar.
Im Übrigen dürfe aber auch der Mi-
nister nicht einfach abwarten, bis er

informiert werde. Wenn er über die
Neupriorisierung von Großvorhaben
rede, müsse er wohl auch einmal
etwas zu diesen Großvorhaben ge-
fragt und z. B. einen Sprechzettel
erhalten haben,

- später haben wir erfahren: Sie hatten
einen -

wenn er mit Tom Enders rede und
die Probleme anspreche.

Dort müsste er auch einen Sprechzettel ha-
ben.

Wenn er keine Sprechzettel erhalte,
müsse er diese einfordern. Hier
passe etwas in der Information und
Strategie nicht zusammen.

Ihre Antwort, Herr Minister:

Es sei über Drohnen insgesamt und
über die unterschiedlichen Drohnen
gesprochen worden. Dabei sei die
Rede gewesen von einem Zulas-
sungsproblem. Der designierte In-
spekteur der Luftwaffe und der Ab-
teilungsleiter Rüstung hätten dabei
erklärt, dass es dort Probleme
gebe, die man lösen werde. Dies
sei der einzige Zusammenhang

- also nichts mit „später“ -

gewesen, in dem er vor der Ent-
scheidungsvorlage mit dem Thema
EURO HAWK befasst worden sei.*

Das war Ihre Antwort, Herr Minister. Jetzt
sagen Sie heute zusätzlich in Ihrer letzten
Befragungsrunde, Sie hätten das unmittelbar
korrigiert. Sie haben es Tage später nicht
korrigiert, als die Meldungen vom Donau-
kurier kamen. Sie haben es erst korrigiert, als
Fakten auf dem Tisch lagen.

So, und deshalb: Sie wollen die Lüge
nicht auf sich sitzen lassen. Ich möchte aber
auch nicht auf mir sitzen lassen, dass ich
fahrlässig und leichtfertig mit einem so erns-
ten Vorwurf umgehe, der wirklich die Amts-
führung infrage stellt. Deshalb möchte ich Sie
noch mal fragen: Können Sie verstehen,
dass wir uns hinter die Fichte geführt fühlen,
wenn wir sogar noch nachfragen? Können
Sie das verstehen?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Die
Frage, ob ich Sie verstehen kann, ist, glaube

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-1 BT VA zu BB 17-92, Blatt
490 ff.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1117 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 57
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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ich, so eine Frage. Meinen Sie, ob ich Ver-
ständnis für Sie habe, ja?

Rainer Arnold (SPD): Nein, ob Sie ver-
stehen, dass ich sage: Es war nicht die
Wahrheit.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein,
das weise ich zurück. Ich kann aber sagen -

Rainer Arnold (SPD): War es die Wahr-
heit?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - und
das ist ja auch was, wenn ich das sage -,
dass ich selbst einen Beitrag zu dem unzu-
treffenden Eindruck erweckt habe, wie ich es
in meiner Stellungnahme gesagt habe. Der
Hintergrund ist - ich habe das ja gesagt -: Ich
habe mich sehr - wahrscheinlich zu sehr - auf
den Entscheidungsgang und die Befassung
mit der Entscheidung konzentriert. So ist
auch mein Satz vom 5. Juni zu verstehen
und all das. Eine solche Befassung mit dem
Problem, wie ich mir das vorstelle, dazu habe
ich alles Erforderliche gesagt. Daraus ist
dann geworden - ich sage: Ich habe selbst
sozusagen einen Beitrag geleistet -, ich hätte
nie etwas gewusst. Und als das klar war,
habe ich das öffentlich und im Verteidi-
gungsausschuss am 10. - oder wann das
war -

(Markus Grübel (CDU/CSU):
Genau! 10.!)

ausgeräumt und habe gesagt: Selbstver-
ständlich habe ich von Problemen gewusst,
die als lösbar dargestellt wurden. Zu dieser
Aussage bin ich sofort gekommen, nachdem
dieser Eindruck entstanden war, und bei dem
bin ich bis heute geblieben.

Rainer Arnold (SPD): Herr Minister, es
tut mir leid, Sie sind doch nicht sofort zu die-
ser Klärung gekommen, nachdem der Ein-
druck entstanden war. Sie sind dann zu die-
ser Klärung gekommen, als Medien über
Schriftstücke berichtet hatten, dann sind Sie
dazu gekommen, vorher nicht. Ohne diese
Schriftstücke würde das auch noch so im
Raum stehen.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Woher
wissen Sie das denn?

Rainer Arnold (SPD): Ich habe doch den
zeitlichen Ablauf.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein, -

Rainer Arnold (SPD): Und ich habe das
Protokoll hier.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - aber
Sie sagen: Ohne die Schriftstücke hätte ich
das nicht so gesagt.

Rainer Arnold (SPD): In dieser Sitzung
haben Sie sich überhaupt nicht korrigiert,
unsere Zweifel aufgenommen, sondern Sie
haben sogar beharrt, Sie haben es ja noch
verstärkt entgegen Ihrer ursprünglichen Fas-
sung. Aber es geht ja in Wirklichkeit noch
weiter mit dieser Desinformation, Herr
Minister. In derselben Sitzung, also auch am
5. Juni, haben Sie gesagt:

Mit einer an Staatssekretär Bee-
melmans gerichteten Vorlage vom
8. Februar 2012 wurde die Leitung
des BMVg erstmals über die
Schwierigkeiten bei der Zulassung
der Serie und die damit verbunde-
nen ... Mehrkosten informiert.

Das stimmt auch nicht. Herr Beemelmans
hatte, zugeleitet an sein Büro von dem Leiter
der Abteilung Rüstung, einen drastischen
Vermerk, in dem von einer dramatischen
Kostenexplosion geredet wird. Es stimmt
einfach nicht, was Sie uns erzählt haben.
Sorry!

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Also,
die Bemerkung - -

Rainer Arnold (SPD): Aber gut.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Also,
Herr Arnold, dieser Hinweis bezog sich auf
den Bericht der Ad-hoc-Gruppe. Kann sein,
dass die Mail da noch nicht vorgelegen hat.
Aber unstreitig ist doch wohl - auch nach
dem Rechnungshof -, dass die Leitung des
Hauses im Februar - ich glaube, den 10. -
2012 unterrichtet worden ist.

Rainer Arnold (SPD): Wir kommen noch
darauf. Es geht einfach im Augenblick immer
noch um das, was Sie gesagt haben, und Sie
zu diesem Lügenvorwurf einfach sagen, den
weisen Sie zurück. Es ist eine ernste De-
batte. Angesichts Ihrer ethischen Ansprüche,
die Sie ja gerne postulieren, müssen Sie sich
an denen letztlich auch messen lassen in
diesem Bereich.

Drucksache 17/14650 – 1118 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 58
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Nun, ich würde gerne mal zu dem
Thema - - Also, wir nehmen jetzt einfach
wahr: Für Sie ist ein Problem erst dann ein
Problem, das man nicht mehr ignorieren darf,
wenn es eine hundertprozentig ordnungs-
gemäße Vorlage an Sie gibt. Ist diese Inter-
pretation falsch?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Diese
Interpretation halte ich für überspitzt.

Rainer Arnold (SPD): Aber sie ist auch
nicht falsch?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein.

Rainer Arnold (SPD): Nein, aha.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Also, es
ist nicht erst dann ein Problem, wenn ich eine
Vorlage kriege, sondern ich habe gesagt: Ich
erwarte bei einem Problem dieser Art, dass
ich nicht als sozusagen Beipack zu anderen
Terminen informiert werde, sondern auf
direktem Wege in einer, wie Herr Silberhorn
das vorhin zitiert hat, Informationsvorlage an
mich. - Das kann ich erwarten.

Rainer Arnold (SPD): Jetzt haben Sie ja
eine andere Linie noch aufgebaut und diffe-
renzieren ja seit einiger Zeit zwischen lös-
baren und unlösbaren Problemen. Können
Sie mir mal erklären, wie Sie bei einem lös-
baren Problem agieren und wie Sie bei
einem unlösbaren Problem agieren? Was ist
der Unterschied?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich
habe ja beschrieben, was ich für lösbar
halte - wann ein Problem lösbar ist -, nämlich
dass ein Projekt im entscheidenden Kosten-
rahmen - - im entschiedenen Kostenrahmen
realisiert wird, wenn Varianten untersucht
werden, wenn die zuständigen Stellen am
Ball sind. Natürlich kennen wir Kostensteige-
rungen von mehr oder weniger allen Rüs-
tungsprojekten. Dann muss man sehen, wie
man damit umgeht. Lösbar ist, wenn im
Blick - - Unlösbar ist ein Problem dann, wenn
es im Blick auf das erreichte Ziel nur zu
einem unverhältnismäßigen Aufwand erreicht
werden kann, und auch, wenn es nicht richtig
bearbeitet wird, wenn man es einfach treiben
lässt. Und hier war das krasse Gegenteil der
Fall.

Rainer Arnold (SPD): Gehen Sie mit den
beiden Kategorien unterschiedlich um, und
wie, wenn ja?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja,
wenn - -

Rainer Arnold (SPD): Wann hätten Sie
das Gefühl, Sie sind angesprochen?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Wenn
ein Problem lösbar ist, dann muss ich in der
Regel nicht nachfragen und mich darum
kümmern, dass es einer Lösung zugeführt
wird. Wenn es unlösbar ist, dann müssen wir
sehen, wie wir mit dem Problem umgehen,
zum Beispiel ein Problem abbrechen. Dann
ist dieses Problem im Kostenrahmen nicht
mehr lösbar.

Rainer Arnold (SPD): Ich weiß nicht, ob
Sie das ganz zu Ende gedacht haben. Ich
frage Sie, ob Sie meinen Gedankengang
nachvollziehen können, Herr Minister: Wenn
ein Problem unlösbar ist, haben Sie keinen
Spielraum mehr, etwas zu entscheiden. Sie
können ja ein Problem, das unlösbar ist,
nicht mehr lösen. Sie können es nur noch,
wenn es rechtlich notwendig ist, per Unter-
schrift exekutieren; das können Sie. Bei lös-
baren Problemen ist aus meiner Sicht die
Führung des Hauses gefordert, weil hier ist
man doch genau in der Phase, wo Sie in
Ihrem Ermessen, in Ihrer Sorgfaltspflicht
eingreifen können, wie die Prozesse laufen,
und möglicherweise verhindert wird, dass es
ein unlösbares wird. Also, genau dann, wenn
Probleme als lösbar - - sind, sind Sie zu-
nächst gefragt, sich um die Dinge zu küm-
mern. Bei den unlösbaren, das können Sie
vergessen. Können Sie den Gedankengang
nachvollziehen?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Doch,
doch, das kann ich sehr gut nachvollziehen.
Ehrlich gesagt, bei unlösbaren Problemen
muss man sich trotzdem kümmern in der
Politik. Man kann leider nicht sagen: Schade,
das ist nicht lösbar. - Das sind meistens die
schwierigsten Probleme, ehrlich gesagt, die
wir dann haben. Aber - -

Rainer Arnold (SPD): Also, ich glaube,
es ist ein - -

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1119 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 59
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Aber ich
will auf das andere eingehen, was für Sie ja
viel wichtiger ist, Herr Arnold, nämlich Sie
haben gesagt: Wenn ein Problem lösbar ist,
muss man sich kümmern.

Rainer Arnold (SPD): Ja.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das
teile ich ausdrücklich. Die Leitungsebene,
namentlich Staatssekretär Beemelmans, hat,
als sie unterrichtet worden ist, sich geküm-
mert, und in den Unterlagen zu den anderen
Gesprächen ist mir das ja auch jeweils auf-
geschrieben worden. Wenn sich aber mein
Staatssekretär, beide Staatssekretäre, der
Generalinspekteur um etwas kümmern, dann
muss ich mich nicht noch zusätzlich darum
kümmern, sondern höchstens mal gucken,
ob die sich genug kümmern. Und das ist der
Punkt, wo ich gesagt habe: Ich hätte viel-
leicht ein-, zweimal besser nachgefragt.

Rainer Arnold (SPD): Also, Herr Minister,
wenn Sie eineinviertel Jahre warten, bis eine
Entscheidung getroffen wird, ein wichtiges
strategisches Rüstungsvorhaben zu stoppen,
und hier erklären, Sie waren überrascht,
dass der Staatssekretär das plötzlich ent-
schieden hat, und Sie eineinviertel Jahre
nicht irgendwann mal darauf kommen, zu
sagen: „Staatssekretär, was machen wir jetzt
mit dem Ding?“, dann läuft doch - - Wir reden
ja über Ihre Verantwortung; über die des
Staatssekretärs haben wir gestern gespro-
chen. Müssten Sie dann nicht von sich aus
irgendwo mal auch initiativ werden?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Herr
Arnold, es ist ja nicht so, dass anderthalb
Jahre oder 15 Monate oder wie lange Sie
den Zeitraum nehmen wollen - vom Februar
2012 -

Rainer Arnold (SPD): Bis zum Mai.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - bis
zum Mai 2013 -, da irgendwie gewartet wor-
den sei, -

Rainer Arnold (SPD): Aber Sie waren
überrascht.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - son-
dern es sind doch Varianten geprüft worden,
es ist alles Mögliche gemacht worden, wie

man das Problem lösen kann, und deswegen
ist von Abwarten gar nicht die Rede.

Rainer Arnold (SPD): Nun haben Sie ja
so einen schönen CPM. Es gab vorher übri-
gens auch schon einen, der auch nicht so
ganz schlecht war, weil in beiden CPMs gibt
es eine Regelung, dass Projekte in Projekt-
stufen kategorisiert werden. In die Projekt-
stufe 1 kommen die schwierigen, die wichti-
gen. Und Ihre Vorgänger haben das richtig
gemacht; sie haben es in Projektstufe 1 ka-
tegorisiert. Dort heißt es unter anderem -
also, ich mache mal sinngemäß -: Während
der Analyse- und während der späteren Rea-
lisierungsphase muss dieser Prozess minis-
teriell - Controlling, Entscheidungen - eng
begleitet werden; muss er wohl.

Befugnisse gemäß CPM können
nicht auf die Ämterebene delegiert
werden. Unabhängig davon ist die
IAGFA befugt, den nachgeordneten
Bereich, der hierfür die besten Vo-
raussetzungen bietet, mit Arbeiten
zur Durchführung der Analysephase
...

- usw. -
zu beauftragen.

Das heißt, man kann nicht sagen: „Die da
unten machen es, und oben ist man weg“,
sondern die Idee dieser Kategorisierung ist ja
exakt, dass die Spitze des Hauses sich um
diese Dinge kümmern muss. Sie kennen die
Liste, was Ihnen wichtig ist, und deshalb sind
Sie schon ein Stück weit auch in der Hol-
pflicht. Das haben andere Minister auch so
gemacht. Sehe ich das falsch, Herr Minister?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Die
Kategorie A oder 1 - ich weiß immer nicht,
wie es heißt - bezieht sich auf die Leitung,
und die Leitung hat sich gekümmert, soweit
sie unterrichtet war. Ob sich bis 2011 genug
gekümmert worden ist, lasse ich mal offen.
Sonst wäre es vielleicht auch nicht zu der
Entscheidung gekommen 2010: Wir verzich-
ten auf die Musterzulassung für den Proto-
typ.

Über die Holschuld und über das Arbeiten
meiner Vorgänger im Ministerium habe ich
eine relativ klare Vorstellung. Ich möchte sie
aber heute hier nicht vortragen.

(Rainer Arnold (SPD): Versteckte
Vorwürfe!)

Drucksache 17/14650 – 1120 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 60
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt gebe ich der FDP-Fraktion das Wort.
Herr Kollege Spatz.

Joachim Spatz (FDP): Herr Minister, gibt
es bei unlösbaren Problemen nichts mehr zu
entscheiden?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Natür-
lich, das sage ich ja gerade; Herr Arnold hat
das gesagt. Also, wenn wir bei unlösbaren
Problemen die Akten zuklappen, dann ist es
irgendwie schlecht. Deswegen wird es be-
sonders schwierig. Aber was Herr Arnold ja
gemeint hat, ist: Man soll nicht erst abwarten,
bis aus einem lösbaren ein unlösbares
Problem wird, weil man entweder gar nichts
mehr machen kann oder die Problembearbei-
tung noch größer ist; dem stimme ich ja aus-
drücklich zu, und die Leitung hat ja auch
entsprechend gehandelt. Aber die größten
Probleme in der Politik entstehen, wenn ein
Problem unlösbar ist oder erscheint, weil das
Leben dann doch weitergeht und man damit
irgendwie umgehen muss.

Joachim Spatz (FDP): Wer bearbeitet
denn in so einem Ministerium normalerweise
lösbare Probleme? Macht das der Minister
oder - -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Also,
das hängt natürlich von der Dimension ab.
Aber Probleme, die ein Ministerium angehen,
werden normalerweise in einem Referat er-
ledigt und abschließend behandelt.

Joachim Spatz (FDP): Genau. - Und jetzt
kommen wir auch zu den, ich glaube, 31
Problemen der Kategorie 1/A. Kann man ein
Haus führen, indem man als Minister sich um
30 Probleme der Kategorie 1/A - und das ist
ja nur Rüstung; Sie haben ja dann vielleicht
auch noch ein paar andere Sachen zu tun -
selber kümmert, regelmäßig, wie es offen-
sichtlich der Kollege Arnold unterstellt?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Jeden-
falls nicht laufend und auch nicht als Sach-
bearbeiter, sondern indem man sich bei
wichtigen Projekten durch Informationsvorla-
gen, in anderer Weise, in Zukunft durch ein
Rüstungsboard, durch Statusberichte eine
Ahnung verschafft, indem man in der Lei-
tungsrunde darüber spricht, indem die
Staatssekretäre auf mich zukommen. Und

das können mal große Vorhaben sein vom
Volumen her - ich habe IED genannt -, das
können kleine sein, die besonders wichtig
sind, das können mal Splitterschutzbrillen
sein, die eine besondere Rolle mal spielen,
das kann etwas sein, was international Be-
deutung hat.

Die Kategorisierung ist ein Hilfsmittel;
aber das kann nicht das alleinige Kriterium
dafür sein, ob die Leitung oder innerhalb der
Leitung dann der Minister sich kümmert. Es
gibt auch Fälle, wo Abgeordnete den Minis-
ter, einen Parlamentarischen Staatssekretär,
den Staatssekretär auf irgendetwas im Rüs-
tungsbereich ansprechen, was in keiner Ka-
tegorie ist, jedenfalls keiner hohen. Dann
kann der Minister auch nicht sagen: Lieber
Abgeordneter, wende dich mal bitte an der
Referatsleiter. Das ist nicht Kategorie A. -
Von daher ist das ein Indiz und eine Hilfe,
wie man arbeitet. Aber das kann nicht das
alleinige Zuordnungskriterium für die Arbeits-
verteilung des Ministers sein.

Ich will aber Ihre Frage gerne noch mal
zum Anlass nehmen: Der Verteidigungs-
minister ist ja nicht nur Rüstungsminister,
und in der Phase der Neuausrichtung und mit
internationalen Einsätzen erst recht nicht. Wir
haben rund 1 200 Rüstungsprojekte, die zu
bearbeiten sind, zu verändern auch und all
das. Und deswegen wird immer die Aufmerk-
samkeit eines Ministers bei vielen Bereichen
nicht so sein können, wie es jedes Projekt
eigentlich verdiente.

Joachim Spatz (FDP): Ein früherer Bun-
deskanzler hatte mal als Maxime vorgege-
ben, als Beurteilungsmaxime, wichtig sei,
was hinten rauskommt. Wie beurteilen Sie
denn unter dieser Vorgabe die Aussage vom
Kollegen Arnold, dass andere Minister, Ihre
Vorgänger, die Sachen konsequenter an sich
herangezogen haben? Ist es ein Beschaf-
fungsprojekt wie NH90 oder Tiger? Hat es
Spuren hinterlassen, dieses Heranziehen?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich
habe dazu eben eine Bemerkung gemacht;
die will ich nicht weiter vertiefen. Jedenfalls:
Große Spuren habe ich nicht gesehen in den
Unterlagen.

Joachim Spatz (FDP): Besten Dank. Ich
habe keine weiteren Fragen.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1121 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 61
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Dann gebe ich das Wort der Linken. Herr van
Aken.

Jan van Aken (DIE LINKE): Ja, vielen
Dank. - Wir waren stehen geblieben bei der
Frage, seit wann Sie - ungefähr - wussten,
dass es wohl nicht zu einer Serienbeschaf-
fung des Euro Hawks kommen würde.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das
kann ich, ehrlich gesagt, im Nachhinein nicht
mehr genau sagen, wann jetzt dieser genaue
Zeitpunkt ist.

Jan van Aken (DIE LINKE): Aber Sie ha-
ben vorhin gesagt auf die Frage von Herrn
Nouripour, Sie waren überrascht am 13. Mai
von der Entscheidung.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, von
der Entscheidungsvorlage, von den Dimen-
sionen, von den Varianten usw.

Jan van Aken (DIE LINKE): Warum?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das war
mir in dieser Dimension nicht klar.

Jan van Aken (DIE LINKE): Was heißt „in
dieser Dimension“? Es geht ja um die Frage
ganz entscheidend: Die Serie wird nicht be-
schafft. Das ist ja das, was Sie wahrschein-
lich überrascht hat. Aber hatten Sie vorher
keine Hinweise darauf, dass sie vielleicht
nicht beschafft wird?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein, es
gab ja in den Unterlagen zu Gesprächen
durchaus solche Hinweise, aber immer mit
dem Punkt: „Wir versuchen, das zu verhin-
dern; wir finden einen Weg; wir müssen gu-
cken, was wir machen“, sodass die abschlie-
ßende Entscheidung, der abschließende
Entscheidungsvorschlag oder die Entschei-
dung „Nein, wir steigen aus“, das stand
erst - - dann rund um diese Entscheidungs-
vorlage statt, die ja einen langen Weg ge-
nommen hat von Ende März bis 13. Mai.

Jan van Aken (DIE LINKE): Das heißt,
bis zum 13. Mai sind Sie davon ausgegan-
gen: „Das wird schon“?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein,
das wird schon nicht, sondern bis zum

13. Mai konnte ich davon ausgehen, dass an
dem Problem konstruktiv gearbeitet wird.

Jan van Aken (DIE LINKE): Und wie
lässt sich dann Ihre Aussage im Donaukurier
erklären, dass Sie da eigentlich nicht mehr
von ausgegangen sind, schon am 7. Mai?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Die
Dinge haben sich ja ein bisschen weiterent-
wickelt. Herr Bartels hat auf eine Kleine An-
frage hingewiesen, die Herr Kossendey an
ihn gemacht hat. Und deswegen hatte ich
offenbar im Hinterkopf, dass sich die Dinge
allmählich zuspitzen. Aber eine konkrete
Vorlage, also konkrete Kenntnis von der
Vorlage, die ja vom - - die erste vom März
stammt und der zweite Anlauf dann vom
April, hatte ich bei dieser Donaukurier-Vor-
lage nicht; sonst hätte ich sie im Zweifel auch
anders ausgedrückt.

Jan van Aken (DIE LINKE): Ich rede ja
nicht über Vorlagen. Ich rede über Ihr Wis-
sen. Also noch mal: Der Donaukurier zitiert
Sie, dass Sie geantwortet hätten auf die
Frage: „Werden jetzt diese Euro Hawks an-
geschafft?“ Ihre Antwort - Zitat -: „Im Moment
sieht es nicht so aus.“ Ist das richtig zitiert?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das
mag sein, dass das richtig zitiert ist. Ich habe
jedenfalls keinen Zweifel, dass das so richtig
zitiert sein kann.

Jan van Aken (DIE LINKE): „Im Moment
sieht es nicht so aus.“ Also, da hatten Sie ja
schon eine relativ klare Vorstellung, dass es
also mit größerer Wahrscheinlichkeit nicht
passiert. Wieso? Woher? Aus welcher Ge-
mengelage an Informationen nehmen Sie so
eine Aussage?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Aus
einer Gemengelage von Informationen, die
ich vorgetragen habe. Konkret wo ich das
hergenommen habe, das weiß ich nicht.

Jan van Aken (DIE LINKE): Hat sich
langsam entwickelt. Und Sie haben trotzdem
dann nicht in dem Zeitraum, sei es eine Wo-
che vorher oder vier Wochen vorher, als sich
diese Gemengelage an Informationen so
langsam entwickelt hat, gedacht: Mensch,
bei einer der wichtigsten Fähigkeitslücken
bahnt sich ein Desaster an, können wir nicht

Drucksache 17/14650 – 1122 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 62
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

beschaffen. Das sieht ja im Moment nicht so
aus. - Haben Sie überhaupt keinen Hand-
lungsbedarf gesehen, mal zu sagen: Bee-
melmans, was ist da los? Wir brauchen den
Euro Hawk. Kannst du mich mal informieren?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein,
habe ich nicht. Ich habe ja vorgetragen: Im
Nachhinein hätte ich da mal nachfassen
sollen.

Jan van Aken (DIE LINKE): Gut. Dann
bin ich hier erst mal fertig, und der Kollege
Paul Schäfer macht weiter.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Herr
Minister, Sie haben ja in Ihrem Eingangs-
statement gesagt, es geht um grundsätzliche
Dinge. Völlig richtig.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Auch.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Ein
Punkt dabei ist die Information des Bundes-
tages, des Parlamentes und der Öffentlich-
keit. Sie haben da auch sich etwas reumütig
gezeigt, Besserung gelobt. Sie haben ge-
sagt: Ja, wir werden dann also auch nicht nur
anlassbezogen Berichte abgeben. - Schön.
Nun kennen wir das als Mitglieder der Aus-
schüsse: Es gibt substanzielle Berichte. Es
gibt weniger substanzielle Berichte. Es gibt
Berichte, in denen kaum was drinsteht. Die
Wahrheit ist also konkret.

Deshalb mein Vorhalt - MAT 8 ist das;
das ist die Anlage zum Bericht der Ad-hoc-
Gruppe. Da geht es um: Beitrag des Bun-
desministers der Verteidigung zur Berichts-
bitte des Abg. Leutert aus dem Haushalts-
ausschuss zum Thema „Mittelverwendung
für unbemannte Flugobjekte“ vom 8. Juni
2012.

(Dem Zeugen wird eine Unterlage
vorgelegt)

Da ist konkret gefragt worden: Umsetzungs-
stand der Vorhaben im Bereichen Drohnen,
Kostenüberschreitung, Kostensteigerung
usw.

Da wird auf Seite 2 - darauf kommt es mir
jetzt an - des Textes schon eingeräumt: Ja,
es gab Verzögerungen und Zusatzkosten. -
Dann ist aber die Passage folgendermaßen
dort - ich zitiere -:

Das Programm steht unmittelbar vor
dem Beginn der Sensorflugerpro-

bung in Manching. Die Erprobung
von neuem Luftfahrtgerät ist natur-
gemäß risikobehaftet. Daher kön-
nen für das Euro-Hawk-Programm
ggf. weitere Verzögerungen und
weitere Zusatzkosten nicht ausge-
schlossen werden. Deren Höhe ist
aufgrund des Risikocharakters der-
zeit nicht abschätzbar.*

Meine Frage an Sie - ich habe sie auch
einem Ihrer Staatssekretäre so gestellt -:
Halten Sie diese Unterrichtung des Parla-
ments, in diesem Falle Haushaltsausschuss,
für vollständig, für zutreffend und für sachge-
rechnet?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Zu-
nächst hat mir Herr Staatssekretär Wolf er-
zählt, dass Sie ihn das gestern auch gefragt
haben. Zweitens. Ich habe diese Berichts-
bitte nicht gemacht; das behaupten Sie ja
auch gar nicht. Sie ist zutreffend und könnte
etwas vollständiger sein.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Ihr
Staatssekretär hat gesagt, man wolle es
künftig genauso machen. Nur das als An-
merkung.

Sie haben personelle Konsequenzen in
Aussicht gestellt oder gesagt, Sie denken
darüber nach. Bleibt es dabei?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Es
bleibt dabei, dass ich darüber nachdenke.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Der
Zusammenhang ist wohl klar geworden. -
Noch mal zu den Gründen für die Nichtbe-
schaffung: Seit wann wusste man, dass das
Missionsplanungssystem nicht mit den Flug-
körpern zuläuft, sondern mit Zeitverzug?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das
kann ich nicht beantworten.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Also,
Sie schließen auch nicht aus, dass es sehr,
sehr frühzeitig der Fall war, dass man es von
vornherein wusste?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das
kann ich schlechterdings nicht beantworten,
wann man - man! - das wusste.

* Anmerkung Stenografischer Dienst: Die Fund-
stelle lautet: MAT 17-8 BMVg zu BB 17-3, Ord-
ner 1, Blatt 87.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1123 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 63
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Sie wa-
ren ja nicht unmittelbar beteiligt; deshalb
habe ich so gefragt.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Keine
Ahnung.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Sie sa-
gen ja, es sei also eine weitere Zeitverzöge-
rung von einem oder zwei Jahren angekün-
digt worden, -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Bis
2017.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): - in
Ihrem Statement vor dem Verteidigungsaus-
schuss am 5. Juni.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Bis
2017.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Ich be-
ziehe mich einfach auf Ihre Gründe für die
Nichtbeschaffung. Die will ich jetzt mal unter
die Lupe nehmen.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das
sind nicht ein, zwei Jahre. Das sind vier
Jahre oder so.

Jetzt muss man sagen - zur Erläuterung
vielleicht -: Die Missionsplanung für amerika-
nische Drohnen findet zentral in Amerika
statt, mit einer Software - ich sage es jetzt
ein bisschen untechnisch; möglicherweise
sage ich es technisch nicht ganz korrekt;
aber ich glaube, es ist klar, was ich meine -,
mit einer Software. Wenn man jetzt die Mis-
sionsplanung auch exportiert - Klammer auf:
mal unterstellt, man will das abgeben; Klam-
mer zu -, dann muss man diese Software
trennen und eine Exportversion herstellen,
damit die Missionsplanung auch von
Deutschland aus stattfinden kann. Und diese,
eine solche Exportversion für eine Missions-
planung, liegt nach den mir vorliegenden
Unterlagen nicht vor und ist erst für 2017 in
Aussicht gestellt. Das bedeutet: keine natio-
nale Missionsplanung für ein nationales
System. Und darin sehe ich ein Problem.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich gebe das Wort Bündnis 90/Die Grünen.
Frau Kollegin Keul.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Vielen Dank, Frau Vorsitzende. - Herr Minis-
ter, Sie haben hier eben so ein paar Lacher
kassiert für die Bemerkung „Amtsgericht
Illinois“. Das hat mich so ein bisschen ent-
täuscht, weil ich dachte, wir sind uns eigent-
lich einig, dass sich ein Blick in den Vertrag
ja inzwischen lohnt und dass dort deutsches
Recht und auch der deutsche Gerichtsstand
am Sitz der EuroHawk GmbH vereinbart ist.
Sind wir uns da einig?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Da sind
wir uns sicher einig.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Gut.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Aber wir
sind uns sicher auch einig über die Kraft
dieser GmbH. Wie viele Mitarbeiter hat die?
20 oder 30 oder 50 oder so?

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sie hat aber zwei starke Inhaber.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Eben.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Unter anderem EADS.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: So.
Eben. Und wenn wir dann über Rückgriff und
all so etwas reden, dann würden wir wahr-
scheinlich schon über Anwendung auch von
ausländischem Recht reden.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also, in Bezug auf diesen Vertrag sind wir
uns jedenfalls einig, dass deutsches Recht
anwendbar ist.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: So ist
es.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sie haben eben gesagt, Sie wollten die Tä-
tigkeit Ihrer Vorgänger - - dazu hier nichts
sagen. Deswegen würde ich ganz gern et-
was dazu sagen, weil einer davon war hier ja
auch Zeuge. Und der hat uns zum Beispiel
geschildert im Hinblick auf den Vertrags-
schluss - ich zitiere aus dem Protokoll Ver-
nehmung Jung -:

Ich habe im Zusammenhang mit
den Gesprächen mit Herrn Staats-

Drucksache 17/14650 – 1124 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 64
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

sekretär Eickenboom in Vorberei-
tung des Vertrages auf diesen Ge-
sichtspunkt - Schadensersatz und
Gewährleistung - hingewiesen:
dass ich der Meinung sei, das sollte
man in entsprechende Verträge mit
aufnehmen, weil mir zu Ohren kam,
dass das in vorherigen Verträgen
nicht der Fall war.

Er hat dann noch mal bestätigt, dass das
auch umgesetzt worden ist. Hinsichtlich der
Musterzulassung bestand folgende Ver-
pflichtung:

Die EuroHawk GmbH schuldet die
Managementleistung für logistische
Unterstützung und für den Zulas-
sungsprozess.

Ist das ein Beispiel dafür, wie ein Minister
auch ohne schriftliche Entscheidungsvorlage
selbst aktiv wird?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, das
finde ich gut, und Entsprechendes habe ich
etwa bei der Vertragsgestaltung für zukünf-
tige Beschaffungsvorgänge, etwa die Frage
des Liquiditätsabflusses, auch schon so
gemacht.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Jetzt haben Sie ja eben hier gesagt, Sie
hätten Versäumnisse gemacht, und auf die
Frage, was das für Versäumnisse sind, ha-
ben Sie ja gesagt: Ich hätte eher nachhaken,
mehr nachfragen müssen. - Wann, rückbli-
ckend, wäre denn der Zeitpunkt gewesen, an
dem Sie hätten nachhaken müssen?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Da will
ich mich jetzt nicht im Einzelnen festlegen.
Sicher irgendwann Ende 12, Anfang 13.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also, wir haben hier ja verschiedene Daten
zur Auswahl, an denen wir ja jetzt, zumindest
hier teilweise auch unstreitig, wissen, dass
Sie mit dem Thema befasst worden sind:
März 2012, die Rüstungsklausur, dann De-
zember 2012, die schriftliche Gesprächsvor-
bereitung für Cassidian, und dann noch mal
März 2013, unmittelbar bevor der Staats-
sekretär dann entschieden hat. Wenn Sie
das so sich noch mal vor Augen führen: An
welcher Stelle hätten Sie nachfragen müs-
sen?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich
habe die Frage eben beantwortet: Ende 12,
Anfang 13.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ende 12, Anfang 13. - Und dann haben Sie
eben gesagt: Auch wenn ich eher nachge-
fragt hätte, hätte das nichts geändert; alles
wäre gleich geblieben.

Jetzt frage ich mich natürlich, warum Sie
im Juni 2013 nach unserem Gespräch im
Verteidigungsausschuss sagen: Es ist wohl
doch erforderlich, dass wir hier mal eine
rechtliche Vertragsprüfung in Auftrag geben
und eine Kanzlei beauftragen. - Ich gehe
davon aus, das würden Sie ja nicht tun, wenn
Sie das nicht für erforderlich hielten.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, das
tue ich Ihnen zuliebe.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ach, das ist aber nett, Herr Minister.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Jetzt
Spaß beiseite: Das Amt ist von Bemü-
hensklausel ausgegangen. Es gibt auch Ge-
währleistungs-, also Werkleistungsteile; das
ist klar. Aber es gibt - - Das Amt ist, was die
entscheidende Frage der Zulassung angeht,
vom Bemühen ausgegangen. Das Ministe-
rium ist vom Bemühen ausgegangen. Und
jetzt: Sie und andere bestreiten das, sagen:
Da ist doch Gewährleistung.

Natürlich habe ich oder haben wir auch
erwogen: Dann bitten wir die Rechtsabtei-
lung, dazu Stellung zu nehmen. - Wenn ich
das gemacht hätte, hätten Sie gesagt: Das
ist ja kein Wunder; die Rechtsabteilung ver-
tritt die gleiche Auffassung wie die Rüs-
tungsabteilung.

Und um das sozusagen aus dem Ministe-
rium rauszuhalten, habe ich entschieden:
Das lassen wir mal von jemandem, der nicht
mit den Dingen betraut war, der irgendwie
nicht befasst war - - Immerhin hat die
Rechtsabteilung geprüft, ob man die Serie
mit einer Vorläufigen Verkehrszulassung
betreiben könnte, hätte betreiben können,
wie Sie wissen. Und deswegen habe ich eine
Rechtsanwaltskanzlei beauftragt, die mit den
Dingen nicht betraut war, um sich einfach
mal einen solchen Vertrag anzugucken, von
dem wir sicher beide der Auffassung sind,
dass er kompliziert ist, und dann dazu ein
Votum abzugeben.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1125 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 65
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Aber jetzt muss ich doch noch mal nachfra-
gen: Ihre Rechtsabteilung im BMVg war nach
unserer Kenntnis - das haben die Zeugen
bisher so gesagt, sowohl Selhausen als auch
Beemelmans - bislang mit diesem Vertrag bis
heute noch nicht ein einziges Mal befasst
gewesen. Ist das anders?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das
weiß ich nicht. Sie waren befasst mit der
Rechtsfrage, die die Luftwaffe vorgelegt
hatte: Kann man die Serie mit einer Vorläufi-
gen Verkehrszulassung wie dem Prototyp
betreiben?

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Das ist ja eine ganz andere Frage.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja,
sage ich ja; das ist eine ganz andere Frage.

Aber unabhängig von dem - - ob sie mit
dem Vertrag befasst war oder nicht: Es ist
die Rechtsabteilung des Ministeriums. Des-
wegen fand ich es eine gute Idee und eher in
Ihrem Sinne - „in Ihrem Sinne“ jetzt nicht als
Person, sondern des Ausschusses -, jetzt
nicht die Rechtsabteilung zu fragen, sondern
eine Anwaltskanzlei.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Eine externe Vergabe verursacht ja auch erst
mal zusätzliche Kosten, sodass man sich
schon mal fragt: Warum können denn das
nicht die Juristen im eigenen Hause? Zumal,
wenn ich jetzt im Rahmen dieses Ausschus-
ses erfahren habe, dass die eine Vertrags-
prüfung bis heute noch nicht ein einziges Mal
vorgenommen haben.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, ich
habe das - - Ich finde das richtig, und Sie
sind anderer Meinung. Das ist jetzt eine Be-
wertungsfrage.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja. Also, ich würde Ihnen dann auch gern
noch mal sagen, was zum Beispiel Herr
Beemelmans auf diese Frage gesagt hat.
Das ist das Protokoll von gestern, Seite 36.
Da ging es darum, dass er sagte: Das macht
die Rechtsabteilung nicht, weil das macht ja
das Beschaffungsamt, das BAAINBw, und
das reicht uns. Deswegen gucken wir - -
guckt unsere Rechtsabteilung da selber nicht
rein. Und dann sagte er dazu:

Der Minister hat diese Untersu-
chung angewiesen: Bei uns werden
diese Projekte juristisch überprüft
von der Rechtsabteilung des
BAAINBw. Wir haben da auch Ju-
risten, die den Sachverstand schon
seit Jahrzehnten haben, die also
Vertragsjuristen sind. Diese Kom-
petenzen sind in der Rechtsabtei-
lung des BMVg nicht abgebildet,
weil das nicht deren Aufgabe ist.

Und an anderer Stelle hat der Staats-
sekretär Jansen, -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Der ist
kein Staatssekretär.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
- der Abteilungsleiter, auch zum Thema, in-
wieweit der Haushalt da noch prüft, gesagt:
Das ist zu komplex, als dass das extern ge-
prüft werden könnte.

Also, wenn schon die Juristen im BMVg
nicht die Kompetenz haben, ein spezielles
Rüstungsprojekt zu übertragen, warum ge-
hen Sie dann davon aus, dass eine Anwalts-
kanzlei am Markt speziellere Voraussetzun-
gen für Prüfung von Rüstungsprojekten hat
als die eigenen Juristen im BMVg? Das ver-
stehe ich nicht.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Sie
maßen sich das ja auch an. Sie haben ja
schon Ausführungen gemacht zu dem
Rechtscharakter des Vertrages, ohne dass
Sie eine Spezialistin sind. Deswegen - -

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Aber Sie haben mich ja trotzdem nicht be-
auftragt, Herr Minister.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja.
Deswegen glaube ich, dass eine - - Das ist
ein ziemlich kompliziertes - - eine kompli-
zierte Gemengelage; da sind wir uns sicher
einig. Aber es bleibt allgemeine Vertrags-
auslegung, und eine gute öffentlich-rechtliche
Kanzlei sollte imstande sein, das zu tun.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Eine gute Rechtsabteilung hoffentlich auch.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Frau Kollegin.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Könnte
das auch. Ich sage nicht, dass die das unbe-

Drucksache 17/14650 – 1126 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 66
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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dingt schlechter machen. Aber es sollte nicht
im Haus stattfinden.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut. Wir sind jetzt am Ende der Frage-
runde. - Herr Minister, wollen Sie jetzt eine
kurze Pause? Wir machen auch weiter.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Machen
wir ruhig weiter.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ich darf mal
bei der Opposition fragen, wie viele Frage-
runden sich wahrscheinlich noch anschlie-
ßen. Dann ist es vielleicht doch sinnvoll, dass
wir jetzt - -

(Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Zwölf!)

- Zwölf Fragerunden. Dann würde ich emp-
fehlen, dass wir jetzt eine Pause machen.

(Rainer Arnold (SPD): Es geht
schneller, wenn Sie auf das Frage-
recht verzichten!)

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt gebe ich der CDU/CSU-Fraktion das
Wort.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wenn man
das so hört den ganzen Tag, auch die letzten
Tage, frage ich mich ja manchmal: Was hätte
die Opposition gesagt, wenn man die Serie
beschafft hätte, wenn das geradeso weiter-
gelaufen wäre, wie es bei vielen Rüstungs-
vorhaben so war? Und jetzt wird gehandelt,
und jetzt wird da praktisch ein Haar in der
Suppe gefunden.

Aber um auch zu einer Frage zu kommen:
Herr Minister, Sie haben ja andere Erpro-
bungsvorhaben angesprochen, andere Er-
probungsvorhaben, die durchaus erfolgreich
gelaufen sind - das haben wir ja beim Euro
Hawk insofern nicht, weil wir das Zulas-
sungsproblem bislang nicht lösen können -,
und die haben wir dann trotzdem nicht be-
schafft.

Ich will jetzt gar nicht so weit zurückgehen
zum Senkrechtstarter - das war lang vor Ihrer
Zeit, auch lang vor meiner Zeit -, aber aus
Ihrer Zeit gab es das Bodenüberwachungs-
radar 2011, hat man sich auch entschieden,
nicht zu beschaffen, obwohl es nach meiner

Kenntnis durchaus erfolgreich erprobt wurde.
Gab es da auch so eine Aufregung wie die,
die wir gerade erleben, weil wir die Serie von
Euro Hawk nicht beschaffen?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein,
die Aufregung gab es nicht; ich kann mich
jedenfalls nicht daran erinnern. Ich nutze
aber gerne Ihre Frage noch mal zu einem
Hinweis in dem Zusammenhang: Ein ent-
scheidendes Manko des Verfahrens war -
das sage ich aber auch ohne Vorwurf -, dass
die erste Information über die Presse kam.

In der Entscheidungsvorlage, die mich am
13. Mai erreicht hat, war als Anlage eine
Unterrichtung des Haushalts- und Verteidi-
gungsausschusses und der Öffentlichkeit
vorgesehen. Hätte das so stattgefunden,
wäre die Aufregung auch viel geringer gewe-
sen, als dass unter anderem auch Herr Ger-
wert oder ich weiß nicht wer die Sache aus
der Zeitung gelesen hat. Das führt natürlich
per se mal zu Ärger. Das muss also irgend-
jemand durchgestochen haben. Das hat na-
türlich einen Teil des zusätzlichen Ärgers
verursacht.

Einen großen Ärger um dieses Boden-
überwachungsradar, was auch vom Volumen
natürlich geringer war, kann ich nicht erken-
nen. Da war es sogar so, dass man nicht
gesagt hat: „Wir haben Zweifel, ob wir zu
vertretbaren Kosten die Serie kriegen“, son-
dern da war es so: Das Ding ist gut, wir ha-
ben nur kein Geld mehr oder wollen das Geld
nicht ausgeben für das andere. - Das ist so-
zusagen noch ein krasserer Fall eigentlich,
wenn auch mit geringerem Volumen.

Wer Entwicklungsverträge für richtig hält,
der muss auch das Scheitern in Kauf neh-
men. Das ist immanent zu dem Verfahren.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wir haben ja
jetzt die Serie nicht beschafft. Im Haushalt, in
der Haushaltsplanung, insbesondere in den
Geheimen Erläuterungen, sind ja Mittel für
die Serie eingestellt - ich weiß nicht, ob das
der haushaltstechnisch richtige Begriff ist,
aber auf jeden Fall vorgesehen -: 675 Millio-
nen Euro, hat uns der Abteilungsleiter Haus-
halt und Controlling gesagt. Ich nehme an,
die Zahl stimmt. Ist gesichert, dass das
Geld - also immer vorausgesetzt, der Bun-
destag, der den Hut auf hat bei Budgetfra-
gen, stimmt dem zu; aber vom Ministerium
aus - für ein signalerfassendes Aufklärungs-
system eingesetzt wird, oder schieben sich in
der Priorität jetzt andere Vorhaben sozusa-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1127 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 67
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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gen davor, weil man neu bewertet, nachdem
die Serienbeschaffung Euro Hawk unmittel-
bar nicht bevorsteht?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Gute
Frage, die kann ich jetzt noch nicht beant-
worten. Das hängt natürlich von dem Folge-
system ab, was wir haben, und wie dann der
Mittelabfluss ist, was wir damit erreichen
können. Ich habe gesagt, dass diese Mittel
prinzipiell zur Verfügung stehen und auch
eingeplant sind, und wenn es sehr viel teurer
wird, dann muss man darüber reden, ob es
das dann wert ist. Aber eine endgültige Ent-
scheidung, wie und vor allen Dingen in wel-
chen Schritten wir diese Mittel einsetzen, das
können wir erst entscheiden, wenn die Va-
riantenprüfung zu einem Abschluss gekom-
men ist. Das ist übrigens nicht untypisch,
dass wir im Investitionshaushalt im Rüs-
tungsbereich Ansätze planen, und das eine
Projekt geht schneller - Klammer auf: selten;
Klammer zu -, und das andere Projekt dauert
länger. Dann werden natürlich entsprechend
dem Mittelabfluss und den Verzögerungen
auch Planungen vorgezogen, wenn sie denn
vorziehbar sind, weil es schneller geht, und
andere müssen hintanstehen. Also, wir
werden jetzt wegen dieser 600 Millionen -
unterstellt, wir wissen nicht, ob wir sie 2014
oder in welchen Stufen oder 2015 ausge-
ben - ein anderes Rüstungsvorhaben, was
entscheidungsreif ist und wo die Mittel ab-
fließen können, was die Bundeswehr
braucht, nicht deswegen nicht beschaffen,
weil wir noch die anderen Mittel bereithalten.
Aber das ist ein übliches Geschäft bei der
Einplanung und Liquiditätssteuerung von
Investitionen im Rüstungsbereich.

Markus Grübel (CDU/CSU): Aber auf je-
den Fall kann man ausschließen, dass, weil
ein anderes Projekt wichtiger geworden ist,
die Serie jetzt nicht beschafft - - Weil Sie
konkret im Kopf haben: Ich möchte dem
Bundestag vorschlagen, das Projekt jetzt
sofort anzugehen.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein, so
ist es nicht. Nach dem Motto: Ihr seid zu spät
gekommen, jetzt habt ihr Pech gehabt. - So
geht es nicht.

Markus Grübel (CDU/CSU): Dann habe
ich jetzt in der Runde keine Fragen mehr.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut. - Dann gebe ich der SPD-Fraktion das
Wort. Herr Kollege Bartels.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Herr Mi-
nister, Sie haben von vielem Papier gespro-
chen und von vielen Rüstungsprojekten und
von vielen wirklich ganz anderen Themen,
mit denen Sie sich wie wir ja auch befassen
müssen, aber Sie als oberster Profi das tun
müssen. Fühlen Sie sich manchmal überfor-
dert?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ach
nein. Eigentlich nicht.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das
heißt, Sie haben alles im Griff?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Na, das
ist ja was anderes. Gefordert, aber nicht
überfordert. Aber jemanden, der sagt: „Ich
habe alles im Griff“, den möchte ich noch mal
kennenlernen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Haben
Sie sichergestellt, dass Sie jedenfalls alles im
Blick haben?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Auch
das kann ich, bei einem so großen Ge-
schäftsbereich, nicht sicher sagen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): War es
dann eine gute - -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Jeden
Tag gibt es Überraschungen in diesem Ge-
schäftsbereich. Das wissen Sie doch selbst.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Klar,
manchmal machen wir welche. - War es eine
gute Idee, den Planungsstab aufzulösen, der
ja aus Ihrer Perspektive auf die Probleme,
mit denen Sie konfrontiert werden, blicken
soll, im Gegensatz zu einem großen Haus
und einem riesigen nachgeordneten Bereich,
der auf Sie zuarbeitet? Und Sie selbst sagen:
Manchmal werden Probleme erst sehr spät
Ihnen gemeldet, manches wird schönge-
färbt. - Der Planungsstab war die Idee von
Helmut Schmidt, und alle anderen Verteidi-
gungsminister haben daran festgehalten, aus
der Perspektive des Ministers eingesetzt eine
Art Frühwarnsystem - nicht Controlling -, um
Fragen zu stellen, um den Minister auf etwas

Drucksache 17/14650 – 1128 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 68
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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hinzuweisen, was er vielleicht selbst nicht
sieht. Haben Sie alles im Blick ohne den
Planungsstab?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Also,
ich habe ja darauf hingewiesen, dass der
Planungsstab entstanden ist und bewahrt
worden ist bei einer ganz anderen Größen-
ordnung des Ministeriums.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Na ja,
aber jetzt gibt es ja auch manche Probleme.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Aber es
ist ein Unterschied. Das können wir dann
vielleicht noch mal wann anders diskutieren.

Helmut Schmidt hatte den Planungsstab -
ich habe bei der Umstrukturierung des Mi-
nisteriums mit Theo Sommer und vielen an-
deren über die Frage geredet; das können
Sie sich ja vorstellen - - war nicht gedacht als
Frühwarnsystem und Kontrollinstrument,
sondern als ein Think Tank. Die Überlegung
von Helmut Schmidt als Verteidigungsminis-
ter war - - Vielleicht spielte auch eine Rolle:
Ich komme als Sozialdemokrat in ein Haus,
was vielleicht christdemokratisch geprägt
ist. - Das will ich aber gar nicht unterstellen;
Klammer zu. Sondern er hat gesagt: Da ist
viel Routine, da ist viel Bürokratie, Sicher-
heitspolitik ist ein komplizierter Bereich, ich
möchte gerne, dass Leute ohne Tagesrou-
tine ein Think Tank sind, mir Ideen geben,
nicht Frühwarnsystem, sondern gegen den
Strich bürsten, Querdenker sein sollen. - Das
war die Idee, deswegen klein. Ich glaube, der
Planungsstab von Theo Sommer hatte 10,
15 Leute. Daraus ist im Laufe der Jahrzehnte
eine Art hausinternes Kontrollsystem gewor-
den. Das wird jetzt alles so glorreich geschil-
dert. Ich habe mich mit der Frage beschäftigt.
Ich könnte Ihnen abendfüllend erzählen über
bittere Reibereien zwischen dem Leiter des
Planungsstabs und dem Generalinspekteur:
Vorenthalten von Unterlagen, wer hat das
Zutrittsrecht zum Minister, Petzen des einen
gegenüber den anderen, Gegeneinander-
Ausspielen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das kön-
nen wir uns in Kenntnis der Personen vor-
stellen, aber das ist eigentlich nicht der
Punkt.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: So. -
Alles das finde ich für die Arbeit eines Minis-

teriums kein zuträgliches Verfahren. Ein Pla-
nungsstab, so wie ich ihn vorgefunden habe,
hatte auch gar nicht mehr die Funktion, we-
der die des Think Tanks noch die einer ech-
ten Kontrollfunktion. Stattdessen haben wir
eine richtige Politikabteilung. Wesentliches,
was der Planungsstab gemacht hat, so wie
ich ihn vorgefunden habe, war das, was eine
Politikabteilung macht. Das Ministerium hatte
keine richtige Politikabteilung. Das fand ich
auch zu kritisieren. International gibt es
überall sogenannte Policy Directors in allen
Ministerien. Den hatten wir nicht. Diese
Funktion hat der Leiter des Planungsstabes
wahrgenommen, auch schon länger, aber
ohne den Unterbau zu haben. Es ist auch die
Rüstungspolitik dazugekommen, wie Sie
wissen, in dieser Politikabteilung. Also, ich
finde das eine vernünftige Entscheidung, ob
jetzt es nicht doch geboten ist, diese Think-
Tank-Funktion beim Minister oder in ähn-
licher Weise wieder einzuführen, also den
alten Helmut-Schmidt-Gedanken, darüber
denke ich in der Tat nach. Es ist so, dass,
sowohl was das Ministerium angeht als auch
die Neuausrichtung der Bundeswehr, wir uns
vorgenommen haben, im Jahre 2014 eine
Evaluierung zu machen, um dann gegebe-
nenfalls etwas nachzusteuern. Das könnte
ein solches Element sein.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja, und
Sie brauchen - - Ein Verteidigungsminister
braucht in einem so großen Apparat eine
Instanz, die aus seiner Perspektive auf die
Probleme guckt. Also, dann ist Ihnen das
nicht als Problem aufgefallen, dass alle auf
Sie hinarbeiten. Das tut jetzt auch die Politik-
abteilung. Keiner guckt aus Ihrer Perspek-
tive, nicht mal der Staatssekretär Beemel-
mans. Das heißt, doch, gestern hat er es
gemacht.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nun
muss man sagen - das hat Herr Grübel oder
Herr Spatz, glaube ich, gefragt -: Durch die
Anlage des Ministeriums, im Übrigen der
ganzen Bundeswehr, dass man möglichst
durch Mitzeichnung und Doppelzuständigkeit
arbeitet, war das sicher nötiger als jetzt, wo
es klare Verantwortlichkeiten gibt. Ich bleibe
jedenfalls dabei, dass bis auf den Punkt Re-
vision und Controlling, da ist es sicher gebo-
ten - - Aber in einem Ministerium von 2 000
Mitarbeitern, bei hochbezahlten Staats-
sekretären und Abteilungsleitern, bei klaren
Verantwortlichkeiten sollte man keine Struk-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1129 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 69
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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tur haben, wo das Hauptziel einer Institution
ist, die anderen ständig zu kontrollieren.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sie neh-
men dann solche Probleme, wie Sie jetzt
haben, in Kauf?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein,
ich halte die Kausalität „mit Planungsstab
wäre das nicht passiert“, die halte ich nicht
für richtig.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sie sag-
ten, Sie haben sehr viel Papier zu lesen.
Wenn das ein Problem ist - was man nach-
vollziehen kann -, wären dann nicht Gesprä-
che, Nachfragen, sozusagen auch wenn man
zu viel Papier hat: „Sag mal, was steht da
drin? Was ist wichtig?“ - - Also, man spricht
doch auch mit denjenigen, die einen beglei-
ten, mit denjenigen, die auf einen zuarbeiten.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Man
braucht beides. Henning Scherf war ein -
unabhängig von der parteipolitischen Zu-
gehörigkeit - sicher erfolgreicher Bürger-
meister von Bremen. Von dem wurde gesagt,
der liest nie etwas, und ich habe ihn auch
kaum mit Papieren gesehen. Er hat sich alles
mündlich vortragen lassen. Das geht zu weit.
Nur Akten lesen geht auch nicht. Die Mi-
schung macht es.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wie viele
Stunden, würden Sie schätzen, haben Sie
sich mit dem Thema Euro Hawk in den zwei-
einhalb Jahren Ihrer Amtszeit beschäftigt?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das
kann ich nicht schätzen im Nachhinein. Es
gab mal so einen Lehrer-Tamagotchi, den
hat die nordrhein-westfälische Landesregie-
rung mal eingeführt, um zu gucken, wie
lange Lehrer an korrigierten Hausarbeiten
sitzen und so. Ich kann das nicht bewerten,
kann das nicht einschätzen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber aus
Ihrer Sicht nicht hinreichend lang, nicht hin-
reichend oft, richtig?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein,
das würde ich - - Aber das ist eine Unter-
stellung in der Frage. Ich habe zu meiner -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja, Sie
hatten es vorhin ausgeführt.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - Be-
schäftigung etwas gesagt. Ich habe auch
gesagt, ich hätte mal nachfragen sollen. Zu
wie viel zeitlicher Beschäftigung diese Nach-
frage geführt hätte, das kann ich nicht sagen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): War das
Projekt Euro Hawk ein wichtiges Rüstungs-
projekt?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Und mit
wichtigen Rüstungsprojekten, die auf der
Prioritätenliste - - den 30 Hauptwaffensyste-
men der Bundeswehr, zu denen im Übrigen
ja auch Global Hawk in der abbildenden
Rolle gehört, zwei Rüstungsprojekte auf der
gleichen Grundlage Global Hawk, einmal mit
Bildaufklärung, -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Also,
ich muss - -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): - einmal
SIGINT. Diese Liste muss ja auch mal disku-
tiert worden sein.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich
muss Ihnen gestehen, dass ich bis zum
Untersuchungsausschuss die Kategorie 1 mit
den 30 Listen gar nicht gewärtig hatte.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Nein,
aber die Liste haben Sie ja gesehen, die ist
ja in der Unterrichtung des Kabinetts drin.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, ja.
Aber sozusagen meine Beschäftigung rich-
tete sich nicht nach Kategorisierung in ir-
gendeinem CPM, sondern mal groß, mal
klein, mal international - wie ich es vorgetra-
gen habe -, nach Wichtigkeit und nicht nach
Liste.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja, aber
dies sind die - so heißt es dort - struktur-
bestimmenden Hauptwaffensysteme der
Bundeswehr. Insofern: Die strukturbestim-
menden - wenn man eine Strukturreform
gerade macht - Waffensysteme der Bundes-
wehr sollte man ja kennen.

Drucksache 17/14650 – 1130 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 70
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Die
sollte man kennen. Aber man kann doch
nicht jede Einzelheit kennen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Nein,
nein. Nicht das BÜR, das ist ein kleineres
Projekt.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein,
nein, man kann auch nicht jede technische
Einzelheit kennen. Ich habe ja, wie Sie wis-
sen, die Großgeräteliste entschieden. Da
haben wir uns natürlich mit den Waffensys-
temen befasst, aber auch dort nicht mit ein-
zelnen Arbeitsabläufen der Probleme der
Zulieferung, sondern wir haben gesagt: „Wie
viele A400M brauchen wir?“, und uns nicht
mit der Frage in dem Geschäftsgang be-
schäftigt: Wie ist eigentlich der Zulauf des
A400M?

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): War
Ihnen das unangenehm, dass dem Kabinett
da etwas vorgelegt wurde, was zwei Tage
später nicht mehr galt?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das ist
unangenehm. Das liegt daran, dass die Ka-
binettsvorlage vorher fertig war, vorher im
Geschäftsablauf ist. Eine Kabinettsvorlage
geht ja Tage vorher zum Bundeskanzleramt.
Wir hätten natürlich mit einer Tischvorlage,
einem Austauschblatt oder in ähnlicher
Weise das korrigieren sollen. Das ist wahr.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Können
Sie den Widerspruch wahrnehmen, der sich
mir darstellt, wenn Sie einerseits sagen, Sie
sind bis zum Vorliegen der Entscheidung der
Staatssekretäre davon ausgegangen, die
Probleme seien lösbar gewesen. Also bis
zum 13. Mai sind Sie davon ausgegangen,
die Probleme seien lösbar gewesen. Und
dem Donaukurier sagen Sie: Es sieht nicht
so aus, also ob die Serie beschafft wird. -
Können Sie den Widerspruch, der sich da
anzudeuten scheint, verstehen, und wie klä-
ren Sie ihn auf?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Jetzt
habe ich ein Problem, dass sowohl Herr Ar-
nold als auch Sie immer fragen: Können Sie
sich, wenn Sie in unsere Lage sich verset-
zen, können -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Nein,
nein.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - Sie
verstehen, dass wir die Kritik usw. üben?

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja. Wie
erklären Sie - -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Wenn
ich das bejahe - - Ich habe viel Verständnis
für Sie. Wenn ich das - -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wie erklä-
ren Sie den Widerspruch?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Einen
Moment. - Wenn ich das bejahe, weiß ich ja,
was Sie medial daraus machen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wie erklä-
ren Sie - -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Deswe-
gen werde ich die Frage: „Können Sie nicht
verstehen, dass das aus meiner Sicht so und
so kommt?“, nicht mit Ja beantworten, weil
ich weiß, was Sie daraus machen. Da bitte
ich um Verständnis.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ja, ja. Ich
habe das Verständnis. Ich verstehe Sie.

(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN)

Aber wie erklären Sie den Widerspruch?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, ich
sehe da keinen Widerspruch. Das habe ich
auf die Frage des Abgeordneten van Aken - -

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Also, „Die
Probleme sind lösbar“ und „Die Serie wird
nicht kommen“ ist das Gleiche?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich
habe ja auf die Fragen des Herrn van Aken
das, glaube ich, jetzt auch mehrfach erläu-
tert. Ich kann dazu nichts Neues vortragen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Es ist
kein Widerspruch?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich
sehe darin keinen Widerspruch.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1131 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 71
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Zu den
Alternativen, über die wir hier auch schon mit
Ihren Staatssekretären und dem General-
inspekteur geredet haben. Wir stehen ja jetzt
eigentlich da, wo wir im Jahr 2000 standen.
Wir haben ein abgebrochenes Projekt. Wir
haben nichts, was fliegt. Und die Lücke be-
steht schon drei Jahre, die wird jetzt länger
bestehen. Das ist blöd. Wie lange, denken
Sie, wird die Lücke bleiben?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Zu-
nächst will ich widersprechen, dass Sie sa-
gen, wir haben nichts.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Es fliegt
ja nicht.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Wir ha-
ben Erkenntnisgewinn, den ich allerdings
nicht zu hoch veranschlage, aber immerhin.
Und wir haben ein - hoffentlich bald einsatz-
bereites - Aufklärungssystem. Das hatten wir
2000 nicht. Das ist schon mal ein gewaltiger
Unterschied. Das hat ja immerhin auch mal
über 300 Millionen Euro gekostet.

Zur Frage, wie lange die Fähigkeitslücke
noch anhält, kann ich nur verweisen auf das,
was ich auf die Frage von Herrn Grübel oder
Herrn Spatz gesagt habe. Das hängt von
dem Ergebnis der ergebnisoffenen Varian-
tenprüfung ab. Und der Punkt: „Wie schnell
können wir diese Fähigkeitslücke schlie-
ßen?“, ist einer der damit im Zusammenhang
stehenden Abwägungspunkte.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wenn Sie
2014 entscheiden würden, was denken Sie,
wann dann eine Fähigkeitslücke geschlossen
wäre, 2015?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein,
sicher nicht so schnell. Das hängt ja von der
technischen Konfiguration ab. Ich möchte
mich nicht auf eine Zeitschiene festlegen
lassen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber der
Abbruch dieses Projekts führt erst mal dazu,
dass wir nichts haben, auch noch keine Al-
ternative.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein,
der Abbruch führt dazu - darauf habe ich
auch hingewiesen -, dass die Fähigkeits-
lücke, die wir bereits haben, die ich auch in

meinem Amt vorgefunden hatte, andauert.
Das ist der Sachverhalt.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Und Sie
sagen, von den 668 Millionen - immerhin ist
es uns gelungen, den Betrag sozusagen
einvernehmlich festzustellen, also um wel-
ches Geld es geht - wäre ja gar nicht alles
verloren, weil man ja ein in den Euro Hawk
eingebautes ISIS-System hat, das man dann
für etwas anderes verwenden kann.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: So ist
es.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Denken
Sie, dass man das einfach woanders ein-
baut?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein,
das kann man nicht einfach einbauen. Ich bin
kein Techniker. Sie sind vielleicht ein Techni-
ker.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Um Got-
tes willen, nein. Wir lassen uns da belehren.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich höre
auch, dass es da Probleme gibt. Deswegen
glaube ich, dass - - Ich will mal folgende
Formulierung verwenden: Das Aufklärungs-
system, ich glaube, 360 Millionen oder so -
kann das sein? Nehmen wir mal die Größen-
ordnung; bitte jetzt nicht auf die Zahl fest-
legen -, minus X. Minus X sind die Einbau-
kosten in ein neues System. Deswegen ist
die Frage: „Wie hoch ist der Schaden eigent-
lich?“, jetzt nicht sicher zu sagen, weil wir
das X nicht kennen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Aber wir
haben einen Schaden zwischen einem fest-
stehenden dreistelligen Millionenbetrag und
dem Gesamtbetrag. Richtig?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Der
Schaden hängt auch davon ab - das wurde
auch schon gefragt -, was wir mit dem Pro-
totyp machen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ach so.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Wenn
wir den Prototyp gut nutzen, ist auch das
Geld für den Prototyp nicht weg, Klammer
auf: vielleicht um den Preis hoher Material-

Drucksache 17/14650 – 1132 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 72
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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kosten, Klammer zu. Wenn wir den Prototyp
ins Museum stellen, haben wir Erkenntnis-
gewinn, aber das Geld für den Prototyp ist
weg. Das Geld für das - - Also, der Gegen-
wert zu dem Aufklärungssystem, den haben
wir abzüglich der Kosten, die wir für Trans-
formation in eine neue Plattform bräuchten.
Die endgültige Zahl dazu kann ich Ihnen
nicht sagen. Das Geld jedenfalls für die Serie
ist nicht weg, sondern, wie bereits gefragt,
steht als Planung zur Verfügung. Deswegen
ist die ursprünglich mal genannte Summe
von einem Schaden von 1,3 Milliarden ab-
wegig.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Minister - die Redezeit der SPD ist jetzt
zu Ende -, es wird von den Kollegen jetzt
eine Pause gewünscht.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Gut.
Dem beuge ich mich natürlich.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich würde vorschlagen, wir machen jetzt bis
15 Uhr Pause.

(Unterbrechung von
14.48 bis 15.02 Uhr)

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröff-
net. Als Nächstes gebe ich der FDP, Herrn
Kollegen Spatz, das Wort.

(Joachim Spatz (FDP): Keine
Fragen!)

- Die FDP hat keine Fragen. - Dann gebe ich
der Linken das Wort. Das Wort hat der Kol-
lege Schäfer.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Vielen
Dank, Frau Vorsitzende. - Herr Minister, flie-
gen denn Global Hawks in der Konfiguration
Block 20 und 30 noch?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Bitte?

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Fliegen
Global Hawks in der Konfiguration Block 20
und 30 noch?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Die
Frage kann ich nicht beantworten. Wahr-
scheinlich in den USA, ja. Ich weiß es nicht.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Also,
Sie wissen auch nicht, wie lange die noch
fliegen?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Das
deckt sich mit der Aussage Ihres ansonsten
ja sehr beschlagenen Generalinspekteurs.
Ich wundere mich nur deshalb ein bisschen,
weil das ja einer der drei wichtigen Gründe
war, um zu sagen: Wir beenden die Ge-
schichte und steigen aus der Serie - -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Aus-
phasung ist ja was anderes als nicht mehr
fliegen. Ausphasung dauert ja.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Des-
halb habe ich ja gefragt, bis wann.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich
kann es Ihnen nicht genau sagen.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Da ist
auch die Zahl - - Da ist ja auch die Rede
davon: Erhöhung der Betriebskosten für also
dann die Nutzung des Euro Hawk. Haben Sie
da eine genaue Angabe, eine genaue Haus-
nummer?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein.
Ich weiß, darüber gibt es viele Spekulatio-
nen, auch die berühmte Milliarde, auf die
Lebenszeit berechnet. Ich kann diese Zahl,
Herr Abgeordneter Schäfer, weder nach-
rechnen noch bestätigen, aber auch nicht
dementieren. Klar ist: Je weniger Exemplare
es auf der Welt gibt und wenn nicht mehr
nachproduziert wird, umso teurer ist die Ma-
terialerhaltung und Instandsetzung. Der
Grundsatz gilt sicher generell.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Ich
kann nur noch mal sagen: Ich finde das, weil
das einer der drei wichtigen Gründe war, der
also auch offensichtlich auf einer nicht sehr
soliden Grundlage dann steht, ein bisschen
merkwürdig. Aber mal angenommen, das
stimmt, also sowohl die Sache mit dem Mis-
sionsplanungssystem als auch mit möglichen
erheblichen Zusatzkosten. Wir haben es ja
mit einem deutsch-amerikanischen Projekt
zu tun, also in einem wichtigen Rüstungs-
bereich - nach Ihrer Meinung. Wir haben

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1133 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 73
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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dazu eine andere Auffassung. Aber ich
nehme das erst mal so, wie Sie es sehen.

Nun wundere ich mich, dass Sie sagen,
Sie haben bei allen Ihren Gesprächen mit der
amerikanischen Seite das nie zum Thema
gemacht. Also, es geht ja nicht um ein Joint
Venture zum Verkauf von Gummibären, son-
dern es geht um dieses Rüstungsprojekt.
Und da gibt es ja andere Beispiele: MEADS.
Wenn die Amerikaner sagen, wir steigen aus,
wird natürlich ein intensiver bilateraler Dialog
darüber auf allen Ebenen stattfinden. Also,
an der Stelle kann ich es überhaupt nicht
nachvollziehen, wieso Sie sagen: Ja, das ist
eine vollendete Tatsache - Punkt. - Hätte das
nicht Auslöser sein müssen, also sozusagen
in Ihren Gesprächen oder zumindest dann
auch auf der Ebene der Rüstungsdirektoren:
Wie geht es weiter?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Herr
Abgeordneter Schäfer, die Entwicklung und
Beschaffung eines solchen Projekts geht ja
nicht mit der amerikanischen Regierung,
sondern mit einem privaten Unternehmen.
Und ich halte es nicht für angemessen, mich
mit meinem amerikanischen Kollegen über
ein Rüstungsprojekt zu unterhalten, wo er
gar nicht Vertragspartei ist. Bei AGS ist es
etwas anderes. Das ist eine gemeinsame
NATO-Fähigkeit. Das stand auf der Tages-
ordnung der NATO. Aber ich finde es nicht
richtig - mit einer gewissen Ausnahme von
Frankreich; darüber habe ich gesprochen -,
über einzelne Projekte mit meinen Kollegen
zu sprechen. Wir reden ja über Sicherheits-
politik, über bilaterale Beziehungen. Aber
dafür gibt es andere Gesprächspartner.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Was
wird denn jetzt aus der nationalen Beistel-
lung, weil Sie es erwähnten, also auch
NATO-Projekt AGS, die vier Flugkörper, die
in Jagel stationiert werden sollten?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Bei der
nationalen Beistellung haben wir uns ja nicht
auf einen Typ festgelegt. Und eine Entschei-
dung darüber, welcher Art diese nationale
Beistellung ist, ist noch nicht getroffen.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Halten
Sie es für zweckmäßig und erforderlich,
wenn man also eine solche Entscheidung
trifft, dann nicht in Serie zu gehen - - ob man
einen Prototypen hat - - dass man über die
Alternativen sich vorher solide Gedanken ge-

macht hat, verständigt hat, in diesem Güter-
abwägungsprozess?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das war
auch eine Vorstellung in meinem Ministe-
rium, die Entscheidung so lange aufzuschie-
ben. Aber wenn die Kosten für die Muster-
zulassung in der beschriebenen Weise aus
dem Ruder laufen, dann ist irgendwo eine
Grenze erreicht, und die war mit 5- bis
600 Millionen erreicht.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Aber
Sie würden damit auch sagen: „Es hat je-
denfalls noch keine valide Prüfung gegeben,
technisch und wirtschaftlich, was die mög-
liche Alternative anbetrifft“?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Diese
Prüfung ist in Auftrag gegeben, bis Ende des
Jahres, und sie war nicht gleichzeitig zu ver-
binden mit der Entscheidung über den Ab-
bruch des Unternehmens.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Ich
wechsele jetzt ein bisschen das Thema.
Hatte der Entwicklungsvertrag auch die Mög-
lichkeit der Kündigung beinhaltet?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich
kenne den Vertrag im Einzelnen nicht. Ich
habe ihn ja auch nicht - - Er ist nicht zu mei-
ner Zeit abgeschlossen worden. Ich höre,
dass das so ist. Ich weiß aber auch nicht
selbst, auf welche Teile des Vertrags sich
dann die Kündigung bezieht.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Ich bin
deshalb an der Stelle auch etwas erstaunt,
weil es gab das Phasendokument, und es
gibt also wohl diese Regelung - - Weil Sie
vorhin gefragt wurden: Was könnte, müsste
man anders machen? Sie haben dann von
Benchmarks, Meilensteinen gesprochen und
dass man dann reagieren könne, wo ich mich
dann frage: Was würden Sie denn tatsächlich
anders machen, also, zu diesem Entwick-
lungsvertrag? - Wahrscheinlich nichts.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich
kann jetzt - -

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Sie
können dazu nichts konkret sagen? - Okay.

Drucksache 17/14650 – 1134 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 74
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich
kann zu den Details des Entwicklungsvertra-
ges, der viele Anlagen hat, nichts sagen. Das
ist auch nicht meine Aufgabe.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Halten
Sie es für aussichtsreich, mit dem Instrument
der Vertragsstrafen bei Entwicklungsaufträ-
gen künftig verstärkt zu arbeiten?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Dann
muss man sehr klar darüber reden, was denn
eigentlich geschuldet wird. Vertragsstrafe bei
Bemühensklauseln ist schwierig zu bemes-
sen.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Wissen
Sie, ob - - Die Bundesregierung hat ja ein
vehementes Interesse daran, dass also die
EuroHawk GmbH zustande kommt. Also,
insofern hat ja Wirtschaft mit Politik dort also
doch enge Verbindung - - mit dafür ein Auge
hatte, dass diese GmbH über genug Stamm-
kapital verfügt, dass man sie überhaupt re-
gresspflichtig machen kann?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das ist
alles aus der Zeit der Vertragsgestaltung und
der Gründung der Firma. Dazu kann ich
Ihnen keine eigenen Angaben machen.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Das ist
ein guter Einstieg - -

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege, jetzt kommt Bündnis 90/Die
Grünen. Frau Kollegin Keul.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Vielen Dank. - Herr Minister, ich würde gern
mal mit dem unstreitigen Teil des Sachver-
halts einsteigen. Also, wir sind uns ja einig,
dass die mangelnde Zulassungsfähigkeit des
Euro Hawk zum Scheitern des Projektes
geführt hat. Richtig?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: War
einer der Gründe zum Scheitern des Projek-
tes, wahrscheinlich der Hauptgrund.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Wahrscheinlich der Hauptgrund. - Und es ist
auch klar, dass die Risikoverteilung, also die
Verteilung des Risikos der Musterzulassung,
sich aus dem Vertrag von 2007 ergibt und
nicht aus irgendwelchen Gesprächen, die

2002 oder 2004 oder irgendjemand vor dem
31.01.2007 geführt hat? Dass sich die Risi-
koverteilung aus dem Vertrag ergibt?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Die Ri-
sikoverteilung ergibt sich aus dem Vertrag.
Die Erwartungen, die an die Folgen dieses
Vertrages gerichtet worden sind, sind natür-
lich für die Beurteilung - sicher auch für die
Auslegung irgendwann, aber auch für die
Beurteilung - schon wichtig. Und deswegen
habe ich sie ja auch erwähnt und wurden ja
auch hier häufig diskutiert.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Die Union hat hier ja immer thematisiert,
dass es Gespräche gab 2004 über die Frage:
Kann, muss Kategorie 2, Kategorie 3 - - Sie
hatten das in Ihrem Eingangsstatement auch
schon erwähnt. Wir sind uns aber einig,
dass, egal ob Kategorie 3 oder 2, auf jeden
Fall immer eine Musterzulassung des Euro
Hawk erforderlich war?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Sie war
angestrebt. Im Übrigen möchte ich hinzufü-
gen: Zwischen Muss, Soll und Kann ist schon
ein erheblicher Unterschied, wahrscheinlich
auch finanziell, -

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Aber das bezog sich ja, Entschuldigung - -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - Stich-
wort: Sense and Avoid System usw. Aber die
ganze Erwartung ging davon aus, dass wir
für den Prototyp und für die Serie eine
Musterzulassung brauchen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Genau.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Und
dann kam die Variante im Jahr 2010: Vorläu-
fige Verkehrszulassung für den Prototyp,
aber Musterzulassung für die Serie.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Wenn Sie jetzt schon diesen Zeitpunkt an-
sprechen - ich wäre da später drauf gekom-
men -: Wenn man jetzt also - - Wir wissen
das Ergebnis der rechtlichen Überprüfung
noch nicht; aber im Raum steht ja mög-
licherweise, dass die Musterzulassung Auf-
gabe der Industrie gewesen wäre. Wäre
dann nicht der Februar 2010 der Moment

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1135 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 75
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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gewesen, wo man hätte mit der Industrie mal
darüber reden müssen, wer denn eigentlich
diese zusätzlichen Kosten zu tragen hat? Sie
hatten ja vorhin selbst gesagt: Ja, Februar
2010, das war ein Fehler; da hätte die Lei-
tung informiert werden müssen. - Sehen Sie
das auch so, dass das eigentlich auch der
Zeitpunkt wäre, zu dem man mit der Industrie
mal über diese Fragen hätte reden müssen?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das
mag sein. Das war vor meiner Zeit. Dafür
möchte ich deswegen nicht die Verantwor-
tung übernehmen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Nein, das erwartet ja auch keiner von Ihnen.
Nur, weil Sie vorhin sagten, man hätte im
Februar 2010 spätestens die Leitung infor-
mieren müssen - ich sehe das genauso -,
frage ich nur auch, vor welchem Hintergrund
Sie dazu kommen, das zu sagen.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Gar
nicht so sehr aus Rechtsgründen, sondern
weil das eine gewichtige Veränderung der
Architektur dieses Systems war.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja. - Was hat das denn jetzt für Konsequen-
zen zum Beispiel für Selhausen und Stein,
die damals verantwortlich diese Gespräche
geführt haben, diese Entscheidung getroffen
haben und das nicht der Leitung vorgelegt
haben? Hat es jetzt mal irgendwelche Rück-
meldungen an die Herren gegeben, irgend-
welche Monierungen auf dem Dienstweg,
Konsequenzen irgendeiner Art?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Perso-
nelle Konsequenzen habe ich mir vorbehal-
ten, wie Sie wissen. Ich gebe darüber keine
Auskunft und ebenso wenig darüber, in wel-
cher Weise wir jetzt damit umgehen. Ich
könnte ganz formal sagen: Es ist auch gar
nicht mehr Gegenstand des Untersuchungs-
auftrages, weil der Zeitpunkt endet mit Ein-
setzung des Untersuchungsauftrages. Des-
wegen: Wie ich jetzt Lob und Tadel verteile
oder andere, ist nicht Gegenstand des
Untersuchungsausschusses.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Gut. - Wir sind uns aber - - Wir halten mal
fest, dass Sie der Erste sind, der sozusagen
nach Kenntnis der Sachlage eine Rechts-

prüfung in Auftrag gegeben hat, und im ge-
samten Vorfeld von 2007 bis zu Ihrer Ent-
scheidung, das zu tun, weder Stein noch
Selhausen noch Beemelmans, irgendjemand
diese Gewährleistungsfrage thematisiert hat
gegenüber der Industrie.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ob die
jemand thematisiert hat gegenüber der In-
dustrie, kann ich nicht sagen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Die Zeugen haben uns das hier bestätigt.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich
habe darauf keinen Hinweis.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also, die Zeugen haben uns alle erklärt, dass
das für sie keine Frage war. Ich könnte auch
die Protokolle jetzt entsprechend zitieren.

Worauf ich hinauswill, Herr Minister, ist ja:
Wenn Sie jetzt eher nachgefragt hätten und
Sie eher diese Frage in den Raum gestellt
hätten, vor allen Dingen, bevor der Staats-
sekretär im Mai dieses Jahres diese Ent-
scheidung trifft, dann dürften doch die Ge-
spräche mit der Industrie etwas anders ver-
laufen sein.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das
mag sein; aber da sind so viele Wenns drin
und Hätte - -

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Die Wenns ergeben sich dadurch, dass Sie
nicht nachgefragt haben.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Deswe-
gen kann ich die Frage nicht beurteilen. Ich
fühle mich auch dafür nicht verantwortlich,
was gewesen wäre, wenn man 2007 oder 09
oder 11 etwas gemacht hätte.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Nein, nein. Ich rede von 2012. Also, allein
das letzte Jahr, als Sie bzw. die Leitung das
erreicht hatte, im Februar 2012. Bis zum Mai
2013 hat niemand, der damit befasst war,
gegenüber der Industrie die Frage themati-
siert, wer die zusätzlichen Kosten für die
Musterzulassung tragen muss, und Sie sind
jetzt der Erste, der das prüfen lässt. Das
heißt, wenn Sie eher nachgefragt hätten,
wenn Sie sich eher persönlich gekümmert
hätten, dann sehe ich das so, dass das einen

Drucksache 17/14650 – 1136 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 76
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Unterschied gemacht hätte, weil man dann
vor der Entscheidung, die Beemelmans ge-
troffen hätte, mit der Industrie mal über Ge-
währleistung hätte reden können.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Frau
Keul, da sind trotzdem viele „Hättes“ dabei.
Ich kann es nicht im Einzelnen sagen.

Ich möchte noch mal auf Folgendes hin-
weisen: Der Prototyp ist nach meiner Kennt-
nis noch nicht abgenommen. Von daher hat
da noch keine Frist zu laufen begonnen. Und
über die Serie gab es keinen Vertrag. Das ist
ja unstreitig.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Das ist richtig. Wir reden nur über den Pro-
totyp.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: So. -
Von daher ist, glaube ich, über die Frage,
was mit der Musterzulassung für die Serie
aus dem Vertrag folgt - - ist es jedenfalls ein
bisschen komplizierter.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Es geht mir gar nicht um die Serie. Es sind ja
auch für den Prototyp weitere Zahlungen an
die Industrie erfolgt, für zusätzliche Tätigkeit
im Hinblick auf die Musterzulassung. Die sind
immer alle anstandslos bezahlt worden, ohne
dass mal jemand gefragt hätte: Müssen wir
das eigentlich bezahlen?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Die
Rechtsnatur dieses Vertrages und die jewei-
ligen Verpflichtungen waren aus Sicht des
federführenden Amtes und des Ministeriums
klar. Die Zweifel an dem Charakter der ge-
schuldeten Leistung sind erst hinterher auf-
getaucht, und deswegen werden wir diesen
Fragen jetzt, aber auch erst jetzt nachgehen
können.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also, „hinterher“ heißt: erst nach Ihrer Kennt-
nis, nachdem Sie persönlich involviert wa-
ren?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nicht
nur nach der Kenntnis, sondern nach dem
Streit und der Debatte um das Projekt insge-
samt.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt gebe ich der CDU/CSU-Fraktion das
Wort.

Markus Grübel (CDU/CSU): Jetzt hat
sich die Kollegin Keul umsonst um das Man-
dat als Rechtsanwältin in der Sache bewor-
ben. - Herr Minister, ich wollte noch eine
Frage stellen zu den Konsequenzen auf
Ebene der Ämter. Gibt es für Sie irgendeinen
Anlass, zu überlegen, ob die Struktur der
Ämter, also BAAINBw oder aber auch
WTD 61 - - ob man da was ändern muss, ob
da ein Teilproblem liegt? Die Frage, mit der
wir uns bei früheren Zeugen auch beschäftigt
haben, war die Frage: Sind die personell
richtig ausgestattet, oder ist da, zum Beispiel
im Zulassungsbereich, ein gewisser Fla-
schenhals, den man verändern muss, um bei
der Musterzulassung, aber auch bei der
Stückzulassung natürlich schneller zum Zug
zu kommen?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Herr
Grübel, bei der Struktur des Amtes, glaube
ich, müssen wir jetzt erst mal nichts ändern.
Das ist ja auch gerade erst, noch nicht mal
ein Jahr, aufgestellt. Und sicher werden wir
dann im Wege der Nachsteuerung, über die
ich schon gesprochen habe, noch mal uns
das im Detail angucken.

Zur Frage der WTD 61. Die wird natürlich
nicht so bleiben, durch die Errichtung der
militärischen Luftfahrtbehörde. Das wird zu
Veränderungen kommen, und das ist auch
richtig so, aus den von mir genannten Grün-
den.

Der dritte Punkt, der in der Tat mich be-
sorgt, ist die Frage des Personals, und das
sind jetzt nicht nur die dort, sondern das sind
auch sonstige Güteprüfer. Ich war jetzt vor
kurzem gerade an einem Standort. Da wur-
den auch die Güteprüfer, die in dem Fall die
Teilstreitkraft selber dort hat - - gibt es Män-
gel und Probleme. Dem müssen wir uns
widmen. Das darf kein Flaschenhals für die
Zulassung sein.

Wie sie gehört haben - jedenfalls hat Herr
Stein es einmal im Verteidigungsausschuss
vorgetragen -, ist es aber auch eine - - nicht
nur eine Frage, weniger eine Frage der Stel-
len - die sind zum Teil da -, sondern eine
Frage der Besetzungsmöglichkeit, und da-
rum müssen wir uns kümmern.

Markus Grübel (CDU/CSU): Ich habe
jetzt in der Runde keine Frage. Ich habe

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1137 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 77
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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auch manchmal den Eindruck, ich könnte die
Fragen nach sechs Tagen Anhörungen mitt-
lerweile selber beantworten. Darum halte ich
mich jetzt mal vornehm zurück.

(Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie können uns gerne
vorlassen!)

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Dann kommt die SPD-Fraktion. Herr Kollege
Arnold.

Rainer Arnold (SPD): Herr Minister, Sie
sagten, Sie waren von dieser Entscheidung
überrascht. Es war ursprünglich auch mal
geplant, das gesamte Testprogramm durch-
zuführen und dann zu entscheiden, ob man
in die Serie geht. Warum ist man davon ab-
gerückt? Haben Sie da mit dem Staats-
sekretär drüber gesprochen, warum?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das
kann ich nicht sagen. Aus der Vorlage ergibt
sich das, weil dort ja vier verschiedene Va-
rianten vorgestellt worden sind. Und eine
Variante war auch - ich weiß jetzt nicht mehr,
welche - ein längerer Betrieb, und der ist
nach Prüfung aller Beteiligten verworfen
worden, insbesondere weil er zu teuer ist.

Die Abwägung der Varianten bestand da-
rin: Wie können wir einerseits das Aufklä-
rungssystem zu Ende erproben und anderer-
seits möglichst wenig Geld zusätzlich für
diese Erprobung ausgeben, weil wir ja die
Serie nicht beschaffen? Und das führte dann
zu einer Variante, deren Nummer ich im
Moment nicht mehr weiß, und deswegen ist
das, was Sie sagen, Teil dieser Prüfung ge-
wesen.

Rainer Arnold (SPD): Und Sie sagten
vorhin: Jetzt haben wir ja ein einsatzfähiges
Aufklärungssystem. - Ist das wirklich wahr?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Wenn
die Tests zu einem Erfolg führen, wovon ich
mal ausgehe, möglichst bis Ende September,
dann haben wir ein grundsätzlich einsatz-
fähiges Aufklärungssystem und einen Proto-
typ, der jedenfalls auf der Basis seiner Vor-
läufigen Verkehrszulassung eingesetzt wer-
den kann.

Rainer Arnold (SPD): Aber Ihnen ist
schon bekannt, dass die operationellen
Tests, die ja einsatzrelevant sind - um die

geht es ja, wenn es um die Einsatzfähigkeit
geht -, gar nicht durchgeführt werden?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich
kann Ihnen jetzt nicht sagen, welche Tests
im Einzelnen bis Ende September durchge-
führt werden, aber die, die die Funktions-
fähigkeit des ISIS so sicherstellen, dass wir
damit weiterarbeiten können. Das ist Ziel
dieser Testserie, die ja bis Ende September
läuft.

Rainer Arnold (SPD): Die „Funktions-
fähigkeit“ ist das eine. Ein einsatzfähiges
Aufklärungssystem, dazu wären andere
Tests notwendig, die ursprünglich geplant
waren: 15 Flüge; jetzt macht man nur sieben.
Ich meine, ich frage mich natürlich schon, ob
man als Minister, wenn man so ein Wort in
die Welt setzt - „Wir haben ein einsatzfähiges
System“, „genau zum richtigen Zeitpunkt
entschieden“ -, sich nicht mal ein bisschen
anhört: Was ist denn tatsächlich dahinter? -
Der Staatssekretär Beemelmans, der von
Ihnen so gelobt ist, konnte die Fragen auch
nicht beantworten.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich
kann Ihnen jetzt den technischen Unter-
schied der Reife dieses Aufklärungssystems
zwischen sieben und 15 Aufklärungsflügen in
der Tat nicht erklären, halte ich auch, ehrlich
gesagt, nicht für meine Aufgabe.

Rainer Arnold (SPD): Dass Sie es nicht
können, verstehe ich ja noch; muss ich aus-
drücklich sagen. Ich hätte mir aber schon
gewünscht, dass irgendjemand aus Ihrem
Haus, mindestens der Staatssekretär, zum
Beispiel auch eine Frage beantwortet: Ist es
dann zertifiziert, ist es einsatzfähig, oder ist
es qualifiziert, oder ist nur die Funktion er-
probt? Sie wissen - -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Haben
Sie den Generalinspekteur gestern danach
gefragt?

Rainer Arnold (SPD): Ja, aber wir konn-
ten es nicht klären, Herr Minister; wir konnten
es nicht klären. Aber deshalb schon die Kri-
tik: Wenn man sagt, man hat ja dieses Sys-
tem, man hat da vielleicht sogar Geld ge-
spart, dann sollte man das natürlich auch
klarmachen. Sonst wird eine Opposition hell-
hörig und fragt ja auch nach, und die Öffent-

Drucksache 17/14650 – 1138 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 78
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lichkeit auch. - Also, man weiß es nicht. Hal-
ten wir das mal fest im Augenblick.

Nun haben Sie vorhin gesagt, man könnte
den Prototyp ja möglicherweise gut nutzen.
Ist das eine der möglichen Alternativen?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das ist
eine der Varianten, allerdings in der einge-
schränkten Weise, mit einer Vorläufigen
Verkehrszulassung, mit den Einschränkun-
gen, die das bedeutet. Jedenfalls soll geprüft
werden, ob wir nicht ein Gerät, was teuer
bezahlt worden ist, jedenfalls zu vertretbaren
Kosten, auch nutzen. Ich finde, das muss
Teil der Betrachtung sein, und so ist es auch
vorgegeben.

Rainer Arnold (SPD): Aber in den Papie-
ren, die wir bisher haben, wurde uns eigent-
lich schon gesagt: Der Inspekteur der Luft-
waffe, die Luftwaffe müsste das letztlich un-
terschreiben, auch verantworten und wird es
nicht tun. Und es wurde auch geschrieben:
Es macht aus deren Sicht keinen Sinn, ein
einzelnes Fluggerät zu betreiben, mit allen
Folgekosten und, und, und.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das
ist - -

Rainer Arnold (SPD): Da bin ich ein
bisschen überrascht, dass Sie diese Variante
jetzt auch wieder sehen.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das ist
in der Tat ein wichtiges Argument der Luft-
waffe, aus den Gründen - Herr Spatz und
andere haben ja danach gefragt - der Mate-
rialerhaltungskosten: Die Luftwaffe hat
Sorge, dass die Materialerhaltungskosten für
ein einzelnes System ihr alleine übergeholfen
würden. Deswegen haben sie da Bedenken.

Aber ich finde es richtig - und das wird
geschehen -, dass die Nutzung dieses Pro-
totyps bei den Varianten betrachtet wird.
Vielleicht gibt es auch Kombinationsmöglich-
keiten; ich will das alles nicht ausschließen.
Jedenfalls fällt er nicht aus der Betrachtung,
insbesondere wegen des vielen Geldes, was
wir dafür ausgegeben haben.

Rainer Arnold (SPD): Also, es über-
rascht mich jetzt doch noch ein bisschen
mehr, weil es wurde ein Jahr lang geprüft -
ein Jahr! -, ob es von drei Varianten, die
denkbar sind, diesen Prototypen rechtlich

weiterzutreiben - - Und nach einem Jahr hat
man eigentlich festgestellt: Keine der Va-
rianten geht.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Noch
mal. Was?

Rainer Arnold (SPD): Nach einem Jahr
Prüfung der rechtlichen Varianten - so lang
hat das gedauert in Ihrem Haus - -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Die
rechtlichen Varianten, Herr Arnold, bezogen
sich auf die Serie.

Rainer Arnold (SPD): Bezogen sich nur
auf die Serie?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Auf die
Serie. Dass wir den Prototyp mit einer Vor-
läufigen Verkehrszulassung betreiben und
betreiben können, in den Grenzen, die eine
Vorläufige Verkehrszulassung hat, das gilt.

Rainer Arnold (SPD): Aber Sie wissen
schon, dass da 70 Einschränkungen drin
sind, -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ganz
viele Einschränkungen.

Rainer Arnold (SPD): - die es operativ
eigentlich kaum sinnvoll machen. Das
könnte - -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ganz
viele Einschränkungen. Wir haben aber auch
eine andere Drohne, eine Aufklärungs-
drohne, die Heron zum Beispiel, die wir in
Afghanistan einsetzen, die auch keine deut-
sche Musterzulassung hat und braucht.

Rainer Arnold (SPD): Ja, ist schon klar.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Also, es
gibt Fälle, wo man das dann im Wege einer
Vorläufigen Verkehrszulassung macht. Und
ich sage Ihnen ja auch - was Sie wissen -,
dass einer der Gründe für den Betrieb eines
militärischen Gerätes, wenn es keine Mus-
terzulassung gibt, dann vorliegt, wenn der
Einsatz es unmittelbar erfordert. Und das
könnte ein solcher Anwendungsfall sein. Ob
es ein solcher Anwendungsfall ist, wird Teil
der Prüfung sein.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1139 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 79
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Rainer Arnold (SPD): Stimmen Sie mir
zu, dass, wenn das Missionssystem in ein
anderes Fluggerät - da komme ich gleich
noch drauf - eingebaut wird, es schon ein
dreistelliger Millionenbetrag sein wird, um
neu zu erproben, neu zu integrieren und
Teile zumindest auch neu zu konzipieren, auf
das neue Fluggerät?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein,
da stimme ich Ihnen nicht zu. All die Zahlen,
die ich höre, sind Spekulation und sind Teil
der Prüfung. Es wird Kosten hervorrufen;
aber wie hoch die sind, hängt von der Trä-
gerplattform ab, von dem Anspruch, den wir
haben. Und ich kann das nicht bestätigen,
welche Summe es überhaupt hat. Umsonst
wird es nicht sein; aber Ihre Summe kann ich
nicht bestätigen.

Rainer Arnold (SPD): Aber klein wird sie
sicherlich auch nicht sein.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich
weiß es nicht.

Rainer Arnold (SPD): Reden wir mal
über die Alternativen. Ihr Haus hat ja dann im
Jahr 2012, Mitte des Jahres, einen Auftrag
gegeben, die Firma IABG hat einen Auftrag
erhalten, die Alternativen zu prüfen. Das
Ergebnis lag im Dezember und eine Folge-
untersuchung dann im Februar vor. Was
sagen Sie zu diesen dort bewerteten Alter-
nativen?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja. Ich
kenne sie im Nachgang, kannte sie damals
nicht. Ich halte diese Alternativen für nicht
abschließend und kann die Summen, die
darin bestehen, selber nicht beurteilen.

Rainer Arnold (SPD): Aber stimmen Sie
mir zu, dass die Alternative, es gibt eine
europäische oder eine deutsche MALE, also
ein unbemanntes Aufklärungsflugzeug, von
der Firma EADS entwickelt, eine der Alterna-
tiven ist, dass die Heron in dieser Untersu-
chung eher ausgeschieden ist und dass ein
bemanntes Flugzeug, welches auch immer -
kleiner Airbus -, auch eine Alternative ist?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das
habe ich auch so gelesen, dass das Teil der
Studie ist. Aber das ist keine Vorgabe für die
Variantenprüfung, die wir jetzt machen. Die

ist ergebnisoffen und auch trägerplattform-
offen.

Rainer Arnold (SPD): Gibt es noch viele
andere Plattformen als die genannten?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das
kann ich nicht im Einzelnen beurteilen. Es
hängt ja von der Höhe ab, in der Sie fliegen
wollen.

Rainer Arnold (SPD): Ja, für die ganz
hohen - -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Es gibt
bemannte, die alte U-2 zum Beispiel; die
fliegt sehr hoch.

Rainer Arnold (SPD): Die wollen sie aber
nicht fliegen.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Die hat
der stellvertretende Generalinspekteur ins
Gespräch gebracht. Ich warte auf das Er-
gebnis dieser Variantenprüfung.

Rainer Arnold (SPD): Ich wollte gerade
ein bisschen spöttisch sagen: Eigentlich gibt
es für die große Höhe nur noch die U-2. Ich
kann mir jetzt nicht vorstellen, dass die
Deutschland - 50er-Jahre-Flugzeug - erwirbt;
kann ich mir jetzt, ehrlich gesagt, nicht so
richtig vorstellen. Insofern ist die Zahl der
Alternativen eher eingeschränkt.

Interessant finde ich jetzt aber eines, Herr
Minister: dass Sie die Studie gelesen ha-
ben - -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein,
ich habe die Studie nicht gelesen, sondern
ich habe im Nachgang, in Vorbereitung -

Rainer Arnold (SPD): Sie kennen - -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - auf die
heutige Sitzung, -

Rainer Arnold (SPD): Ja, ist in Ordnung.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - von
der Studie gehört und von den wesentlichen
Ergebnissen; stand in der Zeitung, stand in
irgendeiner der Unterlagen. Ich habe die
Studie selber nicht gelesen.

Drucksache 17/14650 – 1140 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 80
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Rainer Arnold (SPD): Ja, aber Sie ken-
nen die Ergebnisse und kennen auch, dass
diese Studie - IABG mit Unterauftragnehmer
EADS - zur Empfehlung MALE kommt.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ehrlich
gesagt, kenne ich das Ergebnis dieser Studie
nach meiner Erinnerung, glaube ich, aus
Pressemeldungen, -

Rainer Arnold (SPD): Aha.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - weil
da, möglicherweise interessegeleitet, viel
drüber stand.

Rainer Arnold (SPD): Ja, das mag schon
sein. Ich finde es halt schon ein bisschen
interessant, dass Sie dem Staatssekretär
Beemelmans hier überragende Verdienste
bei der Neuausrichtung der Bundeswehr und
überragende Verdienste in seinem Bereich
Rüstungskompetenzen - - Er gibt eine Studie
in Auftrag, das Ergebnis ist da, und er liest
sie nicht mal. Also, geht man so, wenn man
überragende Kompetenz hat, mit solchen
Themen um?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Herr
Arnold, die Frage haben Sie doch sicher
gestern an Staatssekretär Beemelmans ge-
richtet.

Rainer Arnold (SPD): Ja, aber er stellt
sich ja schützend vor Sie, und insofern
könnten Sie ihn auch mal schützen.

(Heiterkeit bei Abgeordneten
der SPD)

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, tue
ich ja auch.

Rainer Arnold (SPD): Tun Sie? Also fin-
den Sie dann in Ordnung, wenn Ihr Staats-
sekretär über solch wichtige Projekte nicht im
Film ist?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein,
ich möchte jetzt nicht bewerten, welche Stu-
dien Herr Beemelmans liest, zu Recht oder
zu Unrecht. Das, finde ich, ist jetzt unange-
messen für mich.

Rainer Arnold (SPD): Gut. - Hat irgend-
ein Abgeordneter CSU vor der Entscheidung,

nicht zu beschaffen, irgendwann mit Ihnen
mal das Gespräch gesucht zu diesem
Thema, also Euro Hawk?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Bei dem
berühmten Donaukurier war ein Abgeordne-
ter der CSU anwesend, aber - -

Rainer Arnold (SPD): Darf ich fragen,
welcher Kollege das war?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das war
der Abgeordnete Brandl, CSU.

(Zurufe: Der kommt daher! Wahl-
kreisabgeordneter!)

- Wenn ich das richtig sehe, ist das sein lo-
kaler Wahlkreis.

Rainer Arnold (SPD): Nichts Verwerf-
liches. Ich frage ja nur.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, ja.
Aber irgendwelche konkreten Gespräche -
wir sollten beim Euro Hawk dies tun oder
jenes lassen - hat es nach meiner Erinnerung
nicht gegeben.

Rainer Arnold (SPD): Also, ich frage
schon deshalb, weil ich mich ein bisschen
wundere, dass Ihre beiden Staatssekretäre
das Thema Alternativen eher mit spitzen
Fingern angefasst haben. Das ist ja schon
eine wichtige Frage.

Nun haben Sie heute auch gesagt, dass
man am Anfang des Projekts zu blauäugig -
ich nehme mal dieses Wort, das andere - -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein,
den Ausdruck habe ich nicht verwendet.

Rainer Arnold (SPD): Ich suche ihn
schon, Herr Minister.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: „Zu op-
timistisch“ habe ich gesagt.

Rainer Arnold (SPD): Ja, Sie haben
einmal gesagt „zu optimistisch“ bei uns im
Ausschuss. Heute haben Sie einen anderen
geprägt, den ich jetzt gerade nicht im
schnellen Zugriff habe. Auf jeden Fall: Am
Anfang hätte man die Risiken zu optimis-
tisch - -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1141 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 81
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Rainer Arnold (SPD): So, nun hat man
heute ja nicht Risiken zu bewerten, sondern
heute hat man ja harte Fakten zu bewerten,
und die Frage, wie das Projekt weitergeht,
muss ja schon mit einer Lehre versehen sein.
Sind Sie nicht der Auffassung, dass es sehr,
sehr optimistisch ist, jetzt eine Planung uns
vorzutragen, dass man im Grunde genom-
men mit dem verbliebenen Geld eine Chance
sieht, eine Alternative zu suchen, und auf
dieser Basis Alternativen sucht? Und wenn
wir den Staatssekretär fragen, woher er
diese Zahl hat: Er hat eine Vorlage, und die
glaubt er.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Herr
Abgeordneter Arnold, ich habe nicht von
einer Planung gesprochen.

Rainer Arnold (SPD): Untersuchung,
weiß ich schon.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Richtig,
von einer Variantenuntersuchung. Die ist
ergebnisoffen. Wir hoffen, dass sie zu einem
Ergebnis führt. Wenn sie nicht zu einem Er-
gebnis führt, dann werden wir weiter mit der
Fähigkeitslücke leben müssen. Aber vorher
werden wir alles tun, zu prüfen, ob es mit
einem vertretbaren Aufwand mit anderen
Plattformen geht, diese Fähigkeitslücke zu
schließen.

Rainer Arnold (SPD): Aber, Herr Minis-
ter, wenn Sie jetzt planen und sagen, Sie
wollen aus den Fehlern lernen, müssen Sie
doch realistisch sein. Ist es nicht realistisch,
nachdem man Euro Hawk deshalb als Va-
riante ursprünglich auch gewählt hat, weil der
Betrieb einer bemannten Plattform über die
Zeitstrecke deutlich teurer war - - Erster
Punkt, wo man vielleicht reflektieren muss:
Kann das jetzt billiger geworden sein auf
einmal?

Zweiter Punkt. Kann es sein, dass eine
neu entwickelte Drohne dann plötzlich billiger
wird als eine gekaufte von der Stange? Da
passt irgendwas nicht zusammen. Deshalb
ist es schon eine politische Frage: Wie geht
man jetzt auch gegenüber der Öffentlichkeit
an das Problem heran? Sagt man: „Es gibt
eine Chance, etwas zu kaufen, was nicht
mehr kostet, als wir eh drin haben“, oder
schaut man realistisch und gesteht dann
schon ein: „Wenn wir es haben wollen - und
es ist uns wichtig -, wird es deutlich mehr
Geld kosten“? Meine Prognose ist: Es wird

deutlich mehr Geld kosten, egal welche Va-
riante Sie wählen. Wäre es nicht besser,
wenn Sie sich realistisch dieser These stel-
len?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich teile
Ihre Auffassung. Wir stellen uns realistisch
dieser These. Aber ob das einen zusätz-
lichen Aufwand bedeutet, kann ich Ihnen im
Moment noch nicht sagen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt kommt die FDP. - Keine weiteren Fra-
gen. Die Linke? - Herr Kollege Schäfer.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Herr
Minister, ich wollte Ihren Hinweis im Ein-
gangsstatement, dass man grundsätzlich
über Strukturen und Prozesse im Rüstungs-
bereich reden müsse, nachdenken müsse,
gerne aufgreifen. Also, am Beispiel Euro
Hawk hat sich ja doch einiges verdichtet, und
das finde ich sehr wichtig. Ich mache das
auch deshalb, weil regierungsseitig und sei-
tens der Regierungskoalition ist ja hier sehr
vehement vorgetragen worden, dass zu den
Lektionen gehört, dass man künftig die Auf-
tragsvergabe anders gestalten müsse. Das
waren auch meine Fragen vorhin, weshalb
ich also da schon mal angesetzt habe. Ich
fand, das hatte etwas Anrührendes, was da
die Koalitionsfraktionen machen, und so viel
kruden Antikapitalismus hätte ich der FDP
gar nicht zugetraut, die also auch von Ver-
tragsstrafen bei Entwicklungsaufträgen ge-
redet hat. Finde ich alles ganz toll. Wie weit
das realistisch ist, ist eine andere Frage.

Meine Frage ist an der Stelle, weil ich
glaube, die Probleme liegen ein bisschen
woanders, die liegen tiefer: Thema Lobbyis-
mus. Wir haben es mit dem Problem zu tun -
damals wurden die Vorstudien ja auch von
EADS erstellt -, wenn wir jetzt über Alterna-
tiven reden, ist Cassidian sofort zur Stelle als
einziger Anbieter, deutscher Anbieter. Halten
Sie das für ein Problem, und wie wollen Sie
damit umgehen? Weil Sie haben ja jetzt auch
eine Umstrukturierung innerhalb Ihres Berei-
ches, also BAAINBw usw., Arbeitsgruppen
usw. angeregt. Aber wie gehen Sie mit dem
Thema Lobbyismus um?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Frau
Vorsitzende, ich bin nicht ganz sicher, ob das
jetzt Gegenstand ist des Untersuchungsaus-
schusses ist.

Drucksache 17/14650 – 1142 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 82
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Punkt
eins: Wie kommt es zu den Entscheidungen?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich will
es trotzdem gerne beantworten.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Ja, ja.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Die
Monopolstruktur oder Oligopolstruktur im
Rüstungsbereich besteht; die ist nicht gut,
die ist durch den Staat schlecht zu ändern.
Aber das, was Sie sagen, führt mich dazu,
dass ich eine gewisse Skepsis gegenüber
manchen Vorstellungen auch in Europa
habe, dass es klug wäre, eine europäische
Rüstungsindustrie so zu formen, dass wir nur
noch einen europäischen Flugzeughersteller,
einen europäischen Schiffshersteller und
einen europäischen Hersteller für Landfahr-
zeuge hätten. Unter anderem war unsere
Skepsis gegenüber einer Großfusion, die Sie
kennen, auch darin begründet. Wenn es eine
Möglichkeit gibt, auszuweichen, einen ande-
ren Auftragnehmer zu finden, ist das für
einen Verteidigungsminister und für einen
Haushaltsausschuss, für einen Verteidi-
gungsausschuss und für den Steuerzahler
immer besser, als wenn er auf einen ange-
wiesen ist.

Richtig ist allerdings auch: Wir haben na-
türlich große Beschaffungsvorhaben aus der
Vergangenheit, die erst jetzt und allmählich
zulaufen, die Sie alle kennen. Da ist Cassi-
dian ein großer Auftraggeber [sic!]. Wenn Sie
sehen, dass Transall und andere - jetzt der
CH-53 - 30, 40, 50 Jahre fliegen, und wenn
Sie sehen, dass die Rüstungsunternehmen
inzwischen rund 50 Prozent ihres Umsatzes
zum Teil über Wartung und Instandsetzung
und gar nicht über Neugeschäft machen, ist
es auch richtig, dass es auch in unserem
Interesse ist, mit einem Geschäftspartner,
der unsere Geräte wartet, ein zwar kritisch
distanziertes, aber natürlich ein gutes Ver-
trauensverhältnis zu haben, damit unsere
Geräte gewartet werden auch zu verträg-
lichen Preisen. Das ist so. Sie können - - Sie
brauchen Distanz und müssen klar sehen,
wer welche Interessen hat, aber angewiesen
auf Zusammenarbeit ist der Besteller mit
dem Auftragnehmer hier vielleicht mehr als
anderswo.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Herr
Minister, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie die
Frage beantwortet haben, weil diese Aus-

einandersetzung muss geführt werden. Sie
haben völlig recht: Wir haben also einen
quasi Monopolnachfrager und quasi Mono-
polanbieter. Mit Marktwirtschaft hat das ja
nichts zu tun in diesem Bereich, weshalb
sozusagen die Möglichkeiten der Vertrags-
gestaltung auch völlig eingeschränkt sind.
Deshalb meine Vorbemerkung, dass ich es
sehr putzig fand, dass man sagt: „Wir wollen
das alles ganz anders gestalten, harte Ver-
handlungen mit der Industrie“, wenn man
diese Ausgangslage kennt. Also die Debatte
wird man sicherlich weiterführen müssen. Ich
glaube, mich interessiert sicherlich auch,
welche industriepolitischen Vorstellungen Sie
haben, aber das müssen wir hier jetzt nicht
vertiefen.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Das
andere. Schon ist die Frage, das geht um
Lobbyismus und Strukturen - - diese enge
Verflechtung. Wir haben vorliegen hier in den
Unterlagen Material 73 zu BB 48, Ordner 1.
Hat mehrfach eine Rolle gespielt, das Schrei-
ben Ihres Rüstungsdirektors vor Ihrem Be-
such an Cassidian vom 19. Januar 2012. Ich
will das jetzt nicht vorlesen. Ich weiß auch
nicht, ob der Text Ihnen zugänglich gemacht
wurde; er hat hier mehrfach eine Rolle ge-
spielt. Der erste Absatz liest sich für mich wie
ein Werbetext für das Modell Talarion. Dann
frage ich mich schon, weil Sie sagen kritische
Distanz: Wenn ich das hier sehe, weiß ich
nicht, wo die kritische Distanz ist. Deshalb
meine Frage: Wie wollen Sie diesem Pro-
blem beikommen, wenn es sozusagen eine
solche Nähe gibt? Ich will sozusagen nur
noch einen Hinweis hinzufügen, dann kön-
nen Sie gerne noch mal, wenn Sie wollen,
antworten. Der Direktor des Amtes
BAAINBw, Herr Präsident Stein, war ja hier,
und der hat also einen Hinweis gegeben. -
Nein, er hat am 10.06. im Verteidigungsaus-
schuss gesagt zu Personalproblemen: Ja, es
gab Zeiten, in denen gute Ingenieure von der
Industrie abgeworben wurden, und - Zitat -
die sind dann gerade über die Straße zu
EADS gegangen und hatten dort einen guten
Job. - Das ist ja okay, aber das zeigt natür-
lich diese enge Verstrickung und Verflech-
tung, die zu bestimmten politischen Ent-
scheidungen führen kann und, wie man sieht,
auch oft führt. Deshalb meine Frage: Was
wollen Sie dagegen tun?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1143 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 83
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Dass es
von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von mir
eine besondere Nähe zu einzelnen Unter-
nehmen gibt, muss ich zurückweisen.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Das
liest sich anders.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Und
wenn es so wäre, ginge das nicht. - Was
EADS angeht, so können Sie sich vorstellen,
dass wir dort viele kritische Gespräche füh-
ren, weil die ganzen großen Projekte, die Sie
alle kennen, ja problembehaftet sind. Was
den Talarion angeht, so war es unter meiner
Verantwortung, dass wir die sehr energisch
vorgetragenen Wünsche nach einer Unter-
stützung der Entwicklungskosten einer un-
bemannten Drohne namens Talarion in einer
Größenordnung von 1 Milliarde zurückgewie-
sen haben. Daraus können Sie sehen, dass
wir wohl imstande sind, unabhängig von
Unternehmensinteressen staatliche Interes-
sen zu vertreten.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt kommen Bündnis 90/Die Grünen. Frau
Kollegin Brugger.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Vielen Dank, Frau Vorsitzende. -
Herr Minister, ich würde da weitermachen.
Staatssekretär Beemelmans hat gestern in
seiner Vernehmung gesagt, einer der Haupt-
gründe, warum er ein Ende dieses Projekts
und vor allem auch den Nichteinstieg in die
Serienbeschaffung befürwortet hat, sei ge-
wesen, dass es ja Alternativen gebe, die im
Kostenrahmen seien. War das auch für Sie
einer der Gründe, warum Sie diese Ent-
scheidung gebilligt haben? Also er hat es
wirklich sehr zentral in den Raum gestellt als
die Begründung für seine Entscheidung.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich war
bei der Vernehmung nicht dabei; ich konnte
das Protokoll nicht lesen. Dass es jedenfalls
Alternativen gibt, war ein wichtiger Punkt,
aber ich sage auch - habe ich, glaube ich,
auch zu Eingang meiner Vernehmung ge-
sagt -: Wenn die Zulassung ungefähr so viel
wert ist wie das Gesamtsystem zusätzlich,
dann muss man sogar überlegen, ob man es
nicht ganz lässt. Eine Alternative auf Teufel
komm raus mit Kosten, welcher Art auch
immer, kann es nicht geben. Man muss auch

mal Nein sagen können, habe ich in meiner
Stellungnahme gesagt.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Herr Beemelmans war - also ich
habe die Passage aus dem Protokoll hier;
aber, ich glaube, man kann an der Stelle
auch darauf verzichten - außerdem sehr
zuversichtlich, dass eine alternative Plattform
im Kostenrahmen zu finden sei. Seine Be-
gründung - er hatte ja die Studie selbst nicht
gelesen; das wurde schon angesprochen -
war, es hätte so in der Vorlage gestanden.
Teilen Sie diese Zuversicht?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich
habe auf die gleiche Frage vom Abgeordne-
ten Arnold, glaube ich, schon geantwortet.
Zuversichtlich, aber realistisch sollten wir
ergebnisoffen diese Varianten prüfen.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Genau an diese Aussage würde
ich auch gern anschließen. Sie haben ja
auch in Ihrem Eingangsstatement gesagt,
dass alle Alternativen ergebnisoffen geprüft
werden, wie Sie es auch jetzt gerade gesagt
haben. Und Ihre zweite Schlussfolgerung am
Ende Ihres Vortrags war ja, dass wir euro-
päische und deutsche Kompetenzen in der
Drohnentechnologie, auch industrielle Kom-
petenzen, wenn ich das richtig verstanden
habe, stärken müssen. Da knüpfe ich jetzt an
die Fragen der Kollegen Arnold und Schäfer
an und würde an der Stelle auch noch auf
die Mail von Herrn Gerwert hinweisen, die
hier auch gestern eine Rolle gespielt hat, wo
er sich beim Staatssekretär Beemelmans für
die Unterstützung des Projekts FEMALE
bedankt hat. Da stellt sich für mich schon die
Frage: Handelt es sich hier wirklich um eine
ergebnisoffene Suche?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Also die
Frage der Entwicklung einer europäischen
Drohne in mittlerer Höhe - bewaffnet oder
unbewaffnet ist in dem Zusammenhang
keine Frage - halte ich für ein europäisches
Anliegen, und ich halte es auch für ein in-
dustriepolitisches Anliegen für Deutschland,
dass, wenn das gemeinsam geschieht, auch
eine deutsche industrielle Kompetenz dabei
eine Rolle spielt. Und das ist in vielen Berei-
chen, wenn Sie an Galileo und viele andere
Dinge denken, das ganz normale Geschäft,
dass man über Wertschöpfungsanteile
Deutschlands nachdenkt. Dabei spielen nun

Drucksache 17/14650 – 1144 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 84
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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mal Deutschland und Frankreich eine wich-
tige Rolle, auch Italien, und deswegen ist -
unabhängig von der Frage, ob das auch ge-
eignet wäre für eine signalerfassende Aufklä-
rung - die Entwicklung einer europäischen
Drohne im nationalen deutschen und auch im
industriellen Interesse, übrigens wahrschein-
lich dann nicht nur für EADS, sondern für
andere Firmen möglicherweise auch. Ich
kann nicht deswegen ein nationales Inte-
resse zurückstellen, weil ein Unternehmen
dann davon begünstigt ist. Etwas anderes ist,
ob man ein Unternehmen begünstigt. Das
findet nicht statt.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Dann haben wir gestern auch viel
über die Frage der Fähigkeitslücke gespro-
chen. Und ohne dass wir jetzt in die techni-
schen Details einsteigen - - Aber das haben
Sie ja auch gerade auf Nachfrage des Kolle-
gen Arnold gesagt. Ich meine, die größten
Alternativen, die es gibt, stehen ja nicht nur
in der Studie, sondern sind ja bekannt, also
entweder eine bemannte oder eine unbe-
mannte Plattform. Und bei all dem, was ich
weiß, erscheint es mir so, dass eigentlich alle
Trägerplattformen, die diskutiert werden, ja
nicht die Fähigkeiten erfüllen werden, die der
Euro Hawk erfüllt hätte, insbesondere wenn
man an die Flughöhe, an die Frage der Ab-
hängigkeit von der Wettersituation denkt,
außer Global Hawk. Der wurde hier gestern
auch in dem Rahmen angesprochen. Wie
bewerten Sie die Frage der Trägersysteme,
die derzeit diskutiert und geprüft werden?
Können die die Fähigkeitslücke komplett
schließen?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Es kann
sein, dass insbesondere bemannte Systeme
dann diese Fähigkeitslücke nicht komplett
schließen können. Dann muss man eben
Kompromisse eingehen. Man kann nicht
alles, was man braucht, um eine Fähigkeits-
lücke zu schließen, bezahlen. Und deswegen
ist die Beschaffung jedes Geräts auch zur
Schließung einer Fähigkeitslücke immer ein
Kompromiss dessen, was man bezahlen
kann, und dessen, was man haben möchte.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Dann muss ich kurz noch einmal
nachfragen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich
Sie gerade richtig verstanden habe. Sie ha-
ben ja öffentlich gesagt, dass Sie personelle
Konsequenzen nicht ausschließen. Sind Sie

jetzt da mit Ihren Überlegungen am Ende
und können heute sagen: „Ich schließe per-
sonelle Konsequenzen aus“, oder behalten
Sie sich das weiter vor?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich be-
halte mir das weiter vor.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wie sieht da Ihr Zeitplan aus? Bis
wann wollen Sie das entschieden haben?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das
mache ich dann gegebenenfalls ohne An-
kündigung.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Okay. - Dann möchte ich auch
auf einen Redaktionsbesuch einer Zeitung zu
sprechen kommen. Es geht jetzt erst mal
nicht um den Donaukurier, sondern Sie wa-
ren letzte Woche in meinem Wahlkreis und
haben mit der Schwäbischen Zeitung ge-
sprochen. Und die schreibt im Anschluss an
Ihren Besuch:

Über Drohnen kann er im Moment
nicht viel sagen, über die richtige
Verteidigungspolitik im 21. Jahr-
hundert auch nicht. (In diesem In-
terview standen einmal Passagen,
in denen sich de Maizière etwa zu
Drohnen äußerte. In der autorisier-
ten Version fehlen die Aussagen.)

Können Sie uns mitteilen, was Sie der
Schwäbischen Zeitung zum Thema Drohnen
und bestimmt auch gerne zum Thema Euro
Hawk erzählt haben?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein.
Ich habe das ja gerade nicht autorisiert. Und
deswegen kann ich es Ihnen auch nicht mit-
teilen. Das wird Sie nicht im Ernst über-
raschen.

MR Andreas Conradi (BMVg): Frau Vor-
sitzende, ich würde auch gerne darauf hin-
weisen, dass ich der Meinung bin, dass der
Sachverhalt nicht vom Untersuchungsgegen-
stand erfasst sein kann, weil er nach dem
Einsetzungsbeschluss stattgefunden hat.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Gut. - Dann sprechen wir über
eine andere Zeitung, über den Donaukurier.
Da kriege ich zwei Aussagen gerade nicht
zusammen. Auf der einen Seite haben Sie

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1145 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 85
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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auf die Frage vom Kollegen Nouripour, ob
Sie überrascht gewesen sind von der Ent-
scheidungsvorlage, gesagt, ja, Sie waren
überrascht. Sie haben aber ein paar Tage
davor, am 7. Mai, beim Donaukurier selber
schon gesagt: „Im Moment sieht es nicht so
aus“, auf die Frage, ob die Serienbeschaf-
fung erfolgt oder nicht. Und in diesen Aussa-
gen sehe ich einen Widerspruch. Auf welche
Grundlage haben Sie denn diese „Im Mo-
ment sieht es nicht so aus“-Aussage ge-
stützt?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Frau
Abgeordnete, ich habe die Frage schon bei
der Frage des Abgeordneten van Aken be-
antwortet. Die Gemengelage der Informatio-
nen, die aus Anlass von anderen Gesprä-
chen mir zur Verfügung gestellt worden wa-
ren, zeigte, dass sich die Dinge in eine
Richtung entwickeln, die weitergeht, als sie
ein halbes Jahr vorher war. Konkreter hatte
ich keine Kenntnis.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aber dann kann Sie doch die
Entscheidungsgrundlage nicht überrascht
haben.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Doch.
Mich hat überrascht, in welcher Qualität und
Entscheidungsreife dann danach diese Vor-
lage mir vorgelegt wurde.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Jetzt ist die Redezeit zu Ende. - Ich frage die
CDU. - Nicht. Die SPD?

(Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Frau Vorsitzende!)

- Herr Kollege Nouripour.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Dürfte ich der Bundesregierung
eine Frage stellen über das, was gerade
vorgetragen wurde, weil es mir nicht ein-
leuchtet? Ich würde es gerne verstehen,
damit in weiteren Fällen, falls es zu solchen
Missverständnissen kommt, wir sie vielleicht
in Kürze auflösen können.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Dann muss ich eine Beratungssitzung einbe-
rufen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Nein, ich will die Bundesregie-

rung nur was fragen. Die können es ja auch
beantworten. Ich will ja nicht diskutieren.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut, Herr Kollege Nouripour, dann fragen
Sie.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Mich würde interessieren, ob die
Vertretung der Bundesregierung ernsthaft
der Meinung ist, dass potenzielle, gemachte
Aussagen, von denen wir nicht genau wis-
sen, wie sie gelautet haben - es geht ja jetzt
nicht mehr um die Frage; die ist ja jetzt erle-
digt -, wenn sie jetzt aktuell getätigt worden
sind, und zwar unabhängig davon, worauf sie
sich beziehen, auch wenn sie sich auf Ereig-
nisse von 2007 beziehen - - dass wir dann
diese Fragen gar nicht stellen dürfen, weil
das ja den Untersuchungszeitrahmen nicht
deckt; denn wenn es so wäre, könnten wir
auch aus den Protokollen von gestern nicht
vorlesen.

MR Andreas Conradi (BMVg): Die Bun-
desregierung ist der Meinung - und das ist,
glaube ich, auch ganz herrschende rechtliche
Auffassung -, dass Sachverhalte, die sich
nach dem Einsetzungsbeschluss vollziehen,
dem Untersuchungsausschuss nicht zugäng-
lich sind zur Untersuchung.

(Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das ist absurd! Dann
werden wir es doch noch mal
nacharbeiten müssen!)

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut. - Jetzt kommt die CDU/CSU.

Markus Grübel (CDU/CSU): Wir haben
keine Fragen in dieser Runde.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Dann kommt die SPD. Herr Kollege Arnold
oder Herr Kollege Bartels?

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Darf ich
Ihre Aufmerksamkeit, Herr Minister, noch mal
darauf lenken, dass ja spätestens ab dem
März dieses Jahres es eine breite Anteil-
nahme der Medien und des Verteidigungs-
ausschusses in mehrfacher Sitzung vor der
abschließenden Entscheidung zu dem
Thema Euro Hawk gegeben hat, mit Bericht-
erstattung, dass es wahrscheinlich nichts
wird, mit Zwischenberichten, die Herr Sel-

Drucksache 17/14650 – 1146 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 86
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

hausen uns im Ausschuss gegeben hat? Das
ist ja alles nachzulesen. Es hat weitere An-
fragen gegeben - von uns, von den Grünen -
zu diesem Thema, die ja von Ihrem Haus
beantwortet worden sind. Es gab also eine
Menge politische Aktivität. Haben Sie das
nicht mitgekriegt?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Herr
Abgeordneter Bartels, Sie wissen, dass ich in
der Regel im Verteidigungsausschuss nicht
dabei bin. Wenn Sie mich einladen, bin ich
natürlich dabei. Die Unterlagen, die vorher
oder hinterher im Verteidigungsausschuss
diskutiert werden, kann ich nicht lesen, wenn
ich nicht selber dabei bin. Von daher kann
ich Ihre Frage - - Ich habe davon als Minister
nicht viel mitbekommen. Und Sie haben ja
auch gestern durch Staatssekretär Beemel-
mans gehört, dass er mich über diese Dinge
nicht unterrichtet hat.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Also, ich
stelle mal fest, dass das doch schon eine
sehr eingeschränkte Wahrnehmung ist und
viele andere sich in der Zwischenzeit damit
beschäftigt haben, im Haus unterhalb Ihrer
Ebene, im Parlament; aber gut.

Zu den alternativen Zulassungs- und Trä-
germöglichkeiten. Die IABG, die Sie ja er-
wähnt haben, hat die Zahl 600 Millionen vali-
diert. Nachdem die Entscheidung getroffen
war - man will jetzt nicht einsteigen -, hat in
dieser Schweigephase, wo Sie nichts gesagt
haben und Ihren Bericht erarbeiteten, Bee-
melmans noch mal ein Gutachten in Auftrag
gegeben: Stimmt das mit den 600 Millionen?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Innerhalb
von drei Tagen lag das Ergebnis vor. Im We-
sentlichen stimmt das.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nicht
innerhalb von drei Tagen, aber in sehr kurzer
Zeit.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Nein,
nein. Es wurde am 22. Mai angefordert. Am
26. Mai war es da. Ich nehme an, Post spielt
eine Rolle. Also in drei Tagen, 22. bis
26. Mai.

Dann hat die IABG den Auftrag bekom-
men, die Alternativen zu überprüfen. Den
Unterauftrag für die Überprüfung der EADS-

Drohne FEMALE hat dabei Cassidian be-
kommen. Finden Sie das richtig?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich
finde zunächst richtig, wenn man in kurzer
Zeit einen Auftrag vergeben muss, der die
Plausibilität einer solch großen Summe zum
Gegenstand hat, dass man dann das Unter-
nehmen fragt, das das schnell kann. Und Sie
wissen selbst genauso gut wie ich, dass die
IABG eine renommierte Firma ist, die viele
dieser technischen Gutachten für das Vertei-
digungsministerium seit Jahren und Jahr-
zehnten macht. Und deswegen bestand kein
Anlass, hier auch jemand anders zu fragen.
Es wird eine gewisse Nähe der IABG zu
Cassidian unterstellt. Das ist mir wohl be-
kannt. Aber an der Qualität insbesondere
dieses Gutachtens habe ich keinen Zweifel.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Und der
Auftrag von IABG an Cassidian, um die Cas-
sidian-Drohne zu prüfen? Ist das in Ord-
nung?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das
kann ich im Einzelnen nicht beurteilen, weil
ich nicht genau weiß, welche Varianten es
gab. Das kann ich nicht bewerten.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Die Test-
flüge, die jetzt noch gemacht werden: Es gab
ja verschiedene Mutmaßungen, wozu das
gut ist. Meine Mutmaßung, die Sie jetzt be-
stätigen dürfen, ist: damit das Geld für die
ISIS-Entwicklung zahlbar gemacht werden
kann. Es müssen ja bestimmte Nachweise
erbracht werden, dass das jetzt wirklich ent-
wickelt ist. Sonst wird das Geld nicht gezahlt.
Also, damit Cassidian das Geld bekommen
kann, müssen diese Abnahmeflüge noch
stattfinden. Ist das richtig?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das
sehe ich nicht so, damit Cassidian das Geld
bekommt, sondern damit wir die Funktions-
fähigkeit dieses Systems bis zu einem Sta-
dium bringen, das das Geld, das vertraglich
gebunden ist, nicht wertlos erscheinen lässt.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Sonst
würde Cassidian das Geld auch so bekom-
men?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1147 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 87
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das
weiß ich gar nicht. Da kenne ich die Rechts-
lage nicht.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Wenn es
das nicht bekommen würde, wäre ja meine
Vermutung richtig.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Wir ha-
ben ein Interesse daran, dass diese Fähig-
keit nicht wertlos ist und deswegen die Funk-
tionsfähigkeit geprüft wird. Und das geht nur
unter Flugbedingungen - um nicht noch mal
„Einsatzbedingungen“ zu sagen, damit ich
präzise bleibe, Herr Arnold -, unter Flug-
bedingungen! Dazu bedarf es Testflügen.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Das al-
ternative Zulassungsverfahren wurde ja nun
sehr lange geprüft. Manches geht also sehr
schnell zu prüfen - drei Tage -, manches
dauert sehr lange - ein Jahr -, wie die Frage:
Kann der Inspekteur Luftwaffe die Verant-
wortung übernehmen? - Wir hatten vorhin
schon einen Vorhalt gehört, dass im Februar
bereits in der Luftwaffe festgestellt worden
war, der Inspekteur könne dies nicht. Aber es
wurde weiter geprüft. Und der Inspekteur
hatte in der Rüstungsklausur wohl dazu auch
genickt, dass man noch daran festhalten
kann, halt eine Alternative zu prüfen, damit
man was zu prüfen hat.

Es gibt eine Vorlage - ich kann sie Ihnen
vorhalten, wenn Sie mögen - vom 3. Januar
2013 - Rüstungsabteilung -, die Bezug nimmt
auf eine Absicht der WTD 61, und zwar, bis
zum ersten Quartal 2014 die Prüfung alter-
nativer Zulassungswege fortzuführen. Die
WTD 61 schlägt also vor, noch ein Jahr län-
ger zu prüfen. Die Rüstungsabteilung lehnt
das ab. Das finde ich auch richtig. Aber gab
es da ein Interesse, besonders lange zu
prüfen? Das ist eigentlich eine einfache
Frage. Also: Soll der Inspekteur die Verant-
wortung dafür übernehmen, dass das alles
funktioniert - er sagt Nein -, oder gibt es halt
keine Alternative?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein,
das kann ich nicht überprüfen. Die Entschei-
dungen halten Sie ja selbst für richtig. Ich
kann zu der Vorlage selbst nichts sagen. Ich
habe sie im Nachhinein dann gelesen zur
Vorbereitung auf den heutigen Termin, aber
damals nicht.

Ich möchte gerne etwas sagen zur Ent-
scheidung des Inspekteurs der Luftwaffe. Wir

haben ein duales System, eine zivile Zulas-
sungsform und eine militärische Ausnahme-
genehmigung. Und wir wollen jetzt - darauf
ist ja schon eingegangen worden - das
Schwarzer-Peter-Spiel, das oft damit ver-
bunden ist, beenden. Wir haben es nicht nur
hier, sondern in vielen Fällen, dass die
Streitkräfte sagen: „Stellt euch nicht so an bei
der Zulassung; wir brauchen das Gerät“ -
überwiegend in Afghanistan zum Beispiel -,
und die zivile Seite dann sagt: Stellt euch
nicht so an; wir müssen streng sein; dann
macht doch eine Ausnahmegenehmigung. -
Und dieses Schwarzer-Peter-Spiel, das oft
Zeit kostet, ist nicht gut.

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Es war
auch in diesem Fall zu lang, oder?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Und es
muss auch kürzer und muss beendet wer-
den. Und dazu gehört zum Beispiel, dass wir
uns über die Zulassungsverfahren unterhal-
ten. Dazu gehört, dass wir die Zulassungs-
anforderungen kritisch auf den Prüfstand
stellen. Es muss nicht alles nach der deut-
schen Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung
zugelassen sein, bis man ein militärisches
Gerät nutzt. Wir könnten bei den Ausnahme-
bestimmungen etwas mutiger sein. Ich denke
also, beide Seiten werden sich hier auf etwas
zubewegen.

Hier allerdings ging es noch um etwas
anderes. Das habe ich schon mal erwähnt.
Angestrebt war eine Musterzulassung für die
Serie aus technologischen und sonstigen
Gründen. Wir haben das erörtert. Und jetzt
für die Beschaffung der Serie dem Inspekteur
der Luftwaffe abzuverlangen, dass der ganze
technologische Quantensprung, der erzielt
werden soll, gar nicht eintritt, sondern auf
seinen Schultern die Einzelgenehmigung
liegt, obwohl es ganz anders geplant war, da
verstehe ich schon, dass man sagt: Nein,
das wollen wir nicht.

Und dann kommt Folgendes hinzu - und
das hat die Rechtsabteilung geprüft -: Die
Ausnahmeentscheidung für die militärische
Seite dient ja insbesondere der Einsatzrele-
vanz. Und ich glaube, jeder vernünftige
Mensch wird sagen: Wenn der Blinker nicht
leuchtet und es einsatzrelevant ist, dann
muss ein Soldat imstande sein, zu sagen,
das Ding fährt. - Aber wenn es für den
Dauerbetrieb gilt ohne konkreten Einsatz-
bezug, wie es ja für den Serienbetrieb, ohne
dass wir konkret in Einsätzen sind, gegolten

Drucksache 17/14650 – 1148 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 88
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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hätte, sich auf die Ausnahmebestimmung
„Einsatzbezug“ zu berufen, da hat die
Rechtsabteilung meines Erachtens zu Recht
gesagt: Das geht wohl zu weit. - Das hat ein
bisschen gedauert. Aber das Ergebnis ist
wohl richtig.

Ullrich Meßmer (SPD): Jetzt würde ich
gerne weitermachen. - Noch mal ganz kurz
zurück. Ich habe das jetzt richtig verstanden:
Wenn am 30. September die Zertifizierung -
oder wie immer das heißt - für ISIS abge-
schlossen ist, steht das Ding? Ich habe ges-
tern schon mal gefragt. Dann wird das
irgendwo abgestellt und geparkt? Und ISIS
wird dann erst wieder gebraucht, wenn man
eine alternative Trägerplattform hat?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Wenn
die Variantenprüfung zu einem Ergebnis
gekommen ist. Ob allerdings zwischen Sep-
tember und bis zu der Entscheidung gar
nichts mehr mit dem Prototyp und dem Auf-
klärungssystem geschieht, das kann ich nicht
beantworten.

Ullrich Meßmer (SPD): So ist mir das
gestern gesagt worden. Das sei entschieden.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Mag
sein.

Ullrich Meßmer (SPD): Weil wenn man
das schon ergebnisoffen prüft, dann ist na-
türlich die nächste Frage: Warum hat man
nicht in diese ergebnisoffene Prüfung auch
das bisherige System mit einbezogen?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Herr
Abgeordneter, ich habe - -

Ullrich Meßmer (SPD): Weil das wäre
dann auch eine Frage gewesen in diesem
Entscheidungsbereich.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich
habe vorgetragen, ich möchte, dass auch der
Prototyp und das Aufklärungssystem Teil der
Variantenprüfung sein werden.

Ullrich Meßmer (SPD): Und dann noch
eine weitere Frage: Wer ist eigentlich zu-
ständig oder verantwortlich dafür, die Ver-
tragspartner zu informieren, dass sich in dem
Entscheidungsprozess im Ministerium etwas
verändert hat? Die Vertreter der Wirtschaft

hatten hier dargestellt, dass sie das aus der
Zeitung erfahren hätten. Ist das so üblich
unter Vertragspartnern?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein,
das ist nicht üblich. Das bedauere ich auch.
Das gilt ja auch für Abgeordnete, dass es
nicht üblich sein sollte, dass sie solche Ent-
scheidungen aus der Presse erfahren. Das
ist auch durch ein Durchstechen dieser Vor-
lage oder das Ergebnis der Vorlage zustande
gekommen. Es war vorgesehen, das Parla-
ment und die Öffentlichkeit zu unterrichten.

Zur Unterrichtung der Wirtschaft: Das
sollte der Vertragspartner tun, und das ist im
Zweifel das Amt.

Ullrich Meßmer (SPD): Dann habe ich
Sie auch richtig verstanden: Sie haben die
Entscheidung, die Ihnen ja mitgeteilt worden
ist, selbst auch mitgetragen und für richtig
gehalten? Sie haben aber dann offensichtlich
nicht mehr zurückgefragt, wie es um die Al-
ternativen ging, die ja im Kostenrahmen sein
sollten, welche Alternativen das sind? Son-
dern das haben Sie sich erst im Nachgang in
Vorbereitung auf die heutige Sitzung angele-
sen?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein, in
der Vorlage selbst ist ja festgelegt, dass bis
Ende des Jahres die Varianten geprüft wer-
den. Das ist Teil der Vorlage nach meiner
Erinnerung.

Ullrich Meßmer (SPD): Ihr Staatssekretär
Beemelmans hat gestern erklärt, dass in der
Vorlage drinstand, dass es in dieser Preis-
größenordnung Alternativen gibt. Das war für
ihn die Grundlage. Die Alternativen selber,
die dort mit drinstanden, hätte er sich gar
nicht angesehen. Die würde er nicht kennen.
Und da vermute ich mal, Sie haben sie sich
vorher auch nicht angesehen.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: So ist
es.

Ullrich Meßmer (SPD): Das heißt also,
die Kenntnisse, die Sie jetzt haben über die
möglichen Alternativen, kommen auch aus
der Zeit danach?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1149 – Drucksache 17/14650

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Ullrich Meßmer (SPD): Und Sie sind
auch sicher, dass dann möglicherweise,
wenn dieses System jetzt stehen sollte -
sagen wir mal fünf, sechs Jahre, möglicher-
weise bis 2023 -, man dann noch in der Lage
ist, genügend ISIS-Systeme nachzube-
schaffen - auch auf dem technischen Stand -,
und die Firma in der Lage ist, diese zu lie-
fern?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich bin
keineswegs sicher, dass das so ist. Aber die
Prüfung der Varianten und Alternativen für
Trägerplattformen und die Auswirkungen auf
das Aufklärungssystem ist Gegenstand der
Prüfung, die bis Ende des Jahres stattfindet.

Ullrich Meßmer (SPD): Aber wenn das
der Fall wäre, dann hätten wir ja eigentlich
nichts gespart. Sie haben ja gerade erklärt,
dass dadurch, dass wir ISIS haben, ein Teil
der Kosten eingespart worden ist.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, das
werden wir dann mal sehen, wenn das Er-
gebnis der Variantenprüfung feststeht. Ich
kann diese ganzen Kostenrechnungen gut
nachvollziehen, aber ich kann sie nicht be-
stätigen, weil ich die verschiedenen Abwä-
gungskriterien für diese Varianten nicht
kenne, und ich glaube ehrlich gesagt, sie
kennt niemand.

Ullrich Meßmer (SPD): Dann frage ich
noch mal nach: Also, sicher ist das nicht,
dass die bis jetzt auch in Ihrem Bericht an-
gegebene Kostenersparnis dadurch, dass
ISIS funktionsfähig ist, sich nachher auch in
der Einsatzfähigkeit für die Bundeswehr rea-
lisiert?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Der
Kostenrahmen für das Gesamtsystem steht
zur Verfügung - und mehr erst mal nicht. Und
wenn es teurer würde, was der Abgeordnete
Arnold befürchtet, dann muss man darüber
kritisch reden.

Ullrich Meßmer (SPD): Es ging mir
nicht - - Sie haben erklärt - auch heute hier -,
dass dadurch, dass ISIS wahrscheinlich
abgenommen wird, der Schaden nicht so
groß ist wie ein Gesamtabbruch des Sys-
tems.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja.

Ullrich Meßmer (SPD): Aber Sie können
heute nicht ausschließen, dass nicht mög-
licherweise der Schaden genauso groß wird,
weil Sie ja gar nicht wissen, ob ISIS tatsäch-
lich unter ein System gebaut werden kann.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Also,
dass ISIS überhaupt nicht verwendbar ist,
das glaube ich nicht.

Ullrich Meßmer (SPD): Aber wie denn
dann, wenn nicht unter einer alternativen
oder unter der bisherigen Plattform?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, das
ist ja gerade Gegenstand der Prüfung, ob
man das Aufklärungssystem - wenn ja, in
welcher Weise und zu welchen Kosten? -
unter eine andere Trägerplattform bringt.

(Zuruf: Die dritte Variante ist nichts!)

Ullrich Meßmer (SPD): Und die dritte Va-
riante wäre dann nichts; genau, das hätte ich
jetzt auch gesagt.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Die
dritte Variante wäre, dass wir weiter mit der
Fähigkeitslücke leben müssten. Dann wäre in
der Tat - wäre, Konjunktiv - das Geld für das
Aufklärungssystem - bis vielleicht Erkennt-
nisgewinn und das eine oder andere - auch
verloren - aber erst dann, vorher nicht.

Ullrich Meßmer (SPD): Danke schön.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Deswe-
gen kann man zu der Höhe des Schadens
heute noch keine abschließende Bemerkung
machen.

Aber auf jeden Fall wäre der Schaden,
was das Aufklärungssystem anbetrifft, voll
eingetreten, wenn man es gar nicht bis zum
Ende der Funktionsfähigkeit getestet hätte.
Und darauf kommt es an.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Gut. Vielen Dank. - Ich frage die FDP. - Nein.
Die Linke? - Herr van Aken.

Jan van Aken (DIE LINKE): Herr de Mai-
zière, Sie haben eben gerade wieder einen
Ihrer schönen Sätze gesagt: Sie brauchen
Distanz zur Rüstungsindustrie. - Dem würde
ich zustimmen, aber die bittere Realität in
Ihrem Ministerium ist leider eine andere.

Drucksache 17/14650 – 1150 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 90
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Ich komme noch mal zurück auf das Do-
kument, das Herr Schäfer Ihnen gerade vor-
gehalten hat, eine E-Mail von Herrn Selhau-
sen, Ihrem Abteilungsleiter Rüstung. Da ist
tatsächlich in ein und derselben E-Mail auf
einer halben Seite - - Da steht erstens zum
Euro Hawk: dramatische Kostenexplosion. -
Also, im Grunde genommen: Da geht gar
nichts mehr. - Und in der gleichen E-Mail
dann: EADS hat ein wunderbares Produkt,
nämlich Talarion. Ich hänge Ihnen hier mal
eine Präsentation an. - Das nennen Sie kriti-
sche Distanz? Finden Sie das korrekt?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich
kenne jetzt diese Mail aus der Presse. Es
war die Rede davon. Ich kenne jetzt den
Wortlaut nicht. Sie müssen ihn mir jetzt auch
nicht vorlegen.

Aber Herr Beemelmans braucht keine
Anlage zu Talarion. So ungefähr drei, vier
Wochen nach meinem Amtsantritt bin ich mit
dem Thema Talarion und dem Wunsch von
EADS, Talarion mit rund 1 Milliarde oder
etwas weniger die Entwicklungskosten zu
finanzieren, konfrontiert worden. Wir haben
das stets nach Einarbeitung abgelehnt.

Jan van Aken (DIE LINKE): Aber hier
geht es darum: Jetzt scheitert Euro Hawk. Es
ist klar, es braucht eine Alternative, und
plötzlich hüpft das schon beerdigte Talarion
wieder irgendwie aus der Kiste, -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Es gibt
kein - -

Jan van Aken (DIE LINKE): - und zwar in
ein und derselben Mail von Ihrem Abtei-
lungsleiter Rüstung.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Herr
van Aken, es gibt kein Talarion, sondern es
gibt -

Jan van Aken (DIE LINKE): Nennen wir
es FEMALE.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - da
noch nicht mal einen Prototyp. Es gibt da ein
Modell, und dann gibt es Computersimulatio-
nen. Es gibt keine Drohne dieser Art.

Jan van Aken (DIE LINKE): Sie finden,
dass - -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Die
europäische Entwicklung würde lange
dauern, wie Sie wissen. Ich halte sie aus
Gründen, die ich eben erläutert habe, für
notwendig.

Das müsste auch eine Drohne der
nächsten Generation sein, die auch in dem
mittleren Bereich die entsprechenden Anfor-
derungen zur Teilnahme am allgemeinen
Luftverkehr sicherstellt. Da sind wir weit von
einer Realisierung entfernt.

Und ob das Gegenstand der Plattform für
die SIGINT-Fähigkeit sein kann, muss man
sehen. Das wird ergebnisoffen geprüft - nicht
mehr und nicht weniger. Eine Vorfestlegung
für Cassidian, -

Jan van Aken (DIE LINKE): Und diese
ergebnisoffene Prüfung - -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - für
den Airbus oder für das Nachfolgemodell von
Talarion, was jetzt offenbar einen neuen
Namen hat, gibt es nicht.

Jan van Aken (DIE LINKE): Das weiß
ich. Aber wissen Sie, dass in dieser Studie
der IABG aus dem letzten Jahr, wo verschie-
dene Plattformen als Ersatz für Euro Hawk
getestet worden - - Wissen Sie, wer dort
Talarion, FEMALE geprüft hat als Eignung
für ISIS?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein,
das weiß ich nicht.

Jan van Aken (DIE LINKE): Der Auftrag
wurde an Cassidian selbst gegeben. Cassi-
dian hat geprüft, ob ihre eigene Drohne sich
eignet, um ISIS einzubauen. Finden Sie das
kritische Distanz zwischen - -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das
mag sein. Ich mache mir das Ergebnis auch
nicht zu eigen, sondern wir arbeiten an
einem ergebnisoffenen Verfahren, was die
Trägerplattform angeht.

Jan van Aken (DIE LINKE): Ich finde,
das ist naiv, was Sie da jetzt tun. Sie sagen
selbst, Sie brauchen eine kritische Distanz in
Ihrem Haus. In Ihrem eigenen Haus wimmelt
es von einer ganz engen Verbindung, wo die
Industrie selbst beauftragt wird, sich selbst
zu begutachten, und Sie finden das völlig

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1151 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 91
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

normal und machen sich das nicht zu eigen.
Ich finde das eigentlich dramatisch.

Aber da Sie es gerade erwähnt haben,
die Rolle von einer MALE-Drohne und
FEMALE als Nachfolge von Talarion: Was
ich mich die ganze Zeit frage: Würden Sie
nicht drei Fliegen mit einer Klappe schlagen,
wenn Sie jetzt FEMALE tatsächlich zum
Euro-Hawk-Nachfolgemodell machen? Ers-
tens hätten Sie dann eine europäische oder
deutsche Drohne und wären nicht mehr auf
US-Technologie angewiesen. Zweitens hät-
ten Sie eine als Kampfdrohne befähigte
Drohne, und drittens hätten Sie sogar noch
ein Nachfolgemodell für ISIS. Alles sozusa-
gen mit einer Klappe. Wäre das nicht aus
Ihrer Sicht - aus meiner sicher nicht - eine
Ideallösung?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Eben
haben Sie vorgeworfen oder insinuiert, es
gebe eine besondere Nähe zu Cassidian.
Jetzt sagen Sie, dieses Modell, was Cassi-
dian hülfe, wäre eine glänzende Idee.

Jan van Aken (DIE LINKE): Aus Ihrer
Sicht, habe ich gesagt, nicht aus meiner, aus
Ihrer.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein,
Sie haben - - So. Und ich sage: Das wird
ergebnisoffen geprüft, und es gibt keine
Vorfestlegung in irgendeine Richtung, weder
zugunsten noch zulasten von Cassidian.

Jan van Aken (DIE LINKE): Dann würde
ich noch mal auf eine ganz andere Baustelle
kommen. Wann haben Sie eigentlich zum
ersten Mal vom Euro Hawk gehört - nicht von
Problemen, sondern vom Euro Hawk als
Euro Hawk?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das
kann ich ehrlich gesagt in der Erinnerung
nicht mehr sagen.

Jan van Aken (DIE LINKE): Schon in
Ihrer Zeit im Innenministerium?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das
weiß ich nicht.

Jan van Aken (DIE LINKE): Bundes-
kanzleramt?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich
habe keine Erinnerung daran.

Jan van Aken (DIE LINKE): Hatten Sie
eigentlich jetzt nach Ihrer Entscheidung - vor
Einsetzen des Untersuchungsausschusses,
aber nach Ihrer Entscheidung am 13. Mai -
Rückmeldungen aus anderen Ressorts?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Fach-
liche Rückmeldungen aus anderen Res-
sorts? Nein. Persönliche Rückmeldungen
meiner Kollegen? Sehr viele.

Jan van Aken (DIE LINKE): Politische
Rückmeldungen im Sinne von „Ups, da ha-
ben wir aber drauf gesetzt“ oder „Hm, was
machen wir jetzt?“?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein.

Jan van Aken (DIE LINKE): Gar nicht.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Sie
spielen ja damit auf das an, was Sie seit
Tagen versuchen, zu sagen: Das wird gar
nicht für die Bundeswehr und die verfas-
sungsmäßigen Aufgaben der Bundeswehr
gebraucht und eingesetzt. - Das ist nicht der
Fall.

(Jürgen Hardt (CDU/CSU): Ver-
schwörungstheorie!)

Jedenfalls hat mich ein solcher Hinweis, etwa
aus dem BMI, nicht erreicht.

Jan van Aken (DIE LINKE): Herr de Mai-
zière, da sind Sie falsch gebrieft worden. Ich
würde immer sagen: Das ist natürlich von der
Bundeswehr gewollt gewesen, für die Bun-
deswehr auch geplant gewesen, es ist aber
gleichzeitig auch für andere Ressorts mit
geplant gewesen. In Ihrem eigenen Haus ist
ein Einsatzkonzept erstellt worden, in dem
ausdrücklich ressortübergreifende Einsätze
vorgesehen sind, und Ihr Staatssekretär
selbst hat gesagt, ja, er könnte sich vorstel-
len: Innenministerium. Also, insofern in-
sinuiere -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Herr
van Aken, das ist ein -

Jan van Aken (DIE LINKE): - ich da
nichts, ich zitiere nur.

Drucksache 17/14650 – 1152 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 92
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - wichti-
ger Punkt. Ich habe in den letzten Tagen die
Geschichte mit dem Einsatzkonzept gehört.
Selbstverständlich stehen Geräte der Bun-
deswehr im Wege der Amtshilfe auch ande-
ren nach den Regeln der Amtshilfe zur Ver-
fügung. So haben wir in den letzten Wochen
zum Beispiel ziemlich viele Hubschrauber im
Katastrophenschutz gegen das Elbe-Hoch-
wasser eingesetzt. Trotzdem plant das
Innenministerium nicht den Kauf von Hub-
schraubern, die wir betreiben. Und wir ver-
halten uns - ob Hubschrauber oder Drohne
oder Gewehr oder alles - bei der Amtshilfe
immer im Rahmen der verfassungsmäßigen
Ordnung und auch unter strikter Wahrung
der Trennung des Einsatzes der Bundeswehr
nach außen und nach innen.

Jan van Aken (DIE LINKE): Ja, so wie
zum Beispiel beim G-8-Gipfel Heiligendamm.
Das ist ja eine Möglichkeit. Damals sind Tor-
nados der Bundeswehr eingesetzt worden im
Rahmen der Amtshilfe. In einem solchen
Amtshilfeverfahren könnte doch auch, wenn
er denn mal fliegen würde, der Euro Hawk
noch eingesetzt werden.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das ist
ein ganz anderer Fall. Das wissen Sie auch.
Das ist Gegenstand rechtlicher Prüfungen
und ist nicht vergleichbar.

Jan van Aken (DIE LINKE): Das müssen
Sie mir noch mal irgendwann genauer erklä-
ren.

(Michael Brand (CDU/CSU): Aber
nicht heute!)

Aber ich möchte an dieser Stelle noch
mal einen Punkt weiter fragen. Sie wissen ja,
welche Fähigkeiten das ISIS-System hat,
wenn der Euro Hawk fliegt. Das heißt, Sie
können Handydaten erfassen. Sie können
andere elektronische Daten erfassen. Sind
Sie darüber informiert, welche Daten bei den
Testflügen im Moment aufgenommen wer-
den?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein.
Ich glaube auch, dass der Generalinspekteur
Ihnen gestern überzeugend die technische
Funktionsweise vom Euro Hawk beschrieben
hat in Bezug auf die Frequenzen und Ähn-
liches. Und ein Abhören von Handys ist mit
diesem System nicht beabsichtigt.

Jan van Aken (DIE LINKE): Aber mög-
lich.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Es kann
nach dem, was ich gehört habe - - Wenn
Handys auf einer bestimmten Frequenz be-
trieben werden, kann es ausnahmsweise
passieren, und dann werden die Daten sofort
gelöscht. Das ist - - Alles, was Sie vortragen
in dem Zusammenhang, ist mit der zuständi-
gen G-10-Kommission, der Sie vielleicht
nicht angehören, besprochen und zu deren
Zufriedenheit geklärt worden.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So, jetzt kommt Bündnis 90/Die Grünen.
Frau Kollegin Brugger.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ja, vielen Dank, Frau Vorsit-
zende. - Herr Minister, ich muss noch einmal
kurz nachfragen. Der Kollege Nouripour hat
Ihnen vorhin die Frage gestellt, ob, wenn in
einer Vorlage drinstehen würde - auch wenn
sie für einen Betriebsbesuch ist -: „Der Russe
kommt“, das sozusagen was für Sie ändern
würde. Und ich würde die Frage - - Da haben
Sie gesagt, das sei abwegig.

(Markus Grübel (CDU/CSU): Der
Russe kommt? - Joachim Spatz
(FDP): Was sollen diese antirussi-
schen Äußerungen?)

Und deshalb würde ich die Frage gerne noch
mal abstrakter stellen, und zwar: Bemessen
Sie die Relevanz einer Information daran, in
welcher Art der Vorlage, der Unterlage nach
Ihren eigenen Kategorien sie da auch steht?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, das
ist so. Wir haben zum Beispiel für wichtige
Meldungen aus dem Einsatzgebiet be-
stimmte Mappen, bestimmte Meldewege,
damit sie mich erreichen, damit sie nicht
einfach so im Poststapel sind. Man kann mit
der Hand draufschreiben: Eilt, sofort. - Es
gibt unterschiedliche Mappen für Kabinetts-
vorlagen und Ähnliches. Ja, das muss so
sein, dass auch die Wichtigkeit für den
Adressaten und für das Tempo der Bearbei-
tung ein äußeres Zeichen bekommt.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Dann ist ja auch viel über den
Flurfunk in den letzten Wochen gesprochen
worden. Das hat ja auch Ihr Ministerium in
einer Presseerklärung sozusagen ins Ge-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1153 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 93
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

spräch gebracht, der dann natürlich keine
offiziellen Dienstwege ersetzt. Aber ich wollte
noch mal nachfragen: Wenn Sie von Flurfunk
sprechen, wo Ihnen das Thema Euro Hawk
begegnet ist, können Sie uns da die einzel-
nen Situationen aus Ihrer Erinnerung noch
mal vortragen?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein,
das kann ich nicht. Ich möchte auch mittei-
len, dass wir das Thema Flurfunk gar nicht
ins Gespräch gebracht haben, sondern es
handelte sich um eine Frage eines Nach-
richtenmagazins, auf die ich geantwortet
habe, und daraus ist dann, wie sich Agen-
turmeldungen verselbstständigen, plötzlich
das Thema Flurfunk zum Gegenstand ge-
worden. Da mussten wir zum Thema Flur-
funk etwas sagen, als hätten wir von vorn-
herein das Thema Flurfunk ins Gespräch
gebracht. Das ist nicht der Fall.

Ich kann Ihnen also nicht sagen, was auf
dem Flurfunk ohne mich oder auf dem Flur-
funk mit mir zum Euro Hawk gesagt oder
berichtet worden ist.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das heißt, es gab keine Situation
des Flurfunks, wo Sie - -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Es gab
keine Situation des Flurfunks, -

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Okay.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - an die
ich mich erinnerte.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Dann würde ich jetzt gerne zum
Thema AGS kommen. Und da ist es für mich
immer noch schwer nachvollziehbar, dass
Sie, als wir uns im Ausschuss mit diesem
Thema der Beschaffensentscheidung befasst
haben, dem Parlament nicht wenigstens
einen Hinweis auf die möglichen Zulas-
sungsprobleme gegeben haben. Sie haben,
glaube ich, selber schon öffentlich erklärt,
dass Sie das ja auch gerne getan hätten im
Nachhinein. Aber können Sie mir noch mal
schildern, warum Sie an der Stelle die Gele-
genheit nicht genutzt haben - ich meine, das
Thema Zulassungsprobleme betrifft ja auch
andere Drohnen -, hier noch mal an dieser
Stelle darauf hinzuweisen?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Zu-
nächst will ich darauf hinweisen - das hat
Staatssekretär Wolf sicher gestern ausführ-
lich getan -, dass AGS in vielerlei Hinsicht mit
dem Euro Hawk nicht vergleichbar ist, Block
20, Block 40, andere Zulassungsverfahren
usw. Vor allen Dingen steht das Zulassungs-
verfahren doch hier erst am Anfang.

Aber richtig ist - das habe ich im Haus-
haltsausschuss gesagt; ich glaube, als der
Kollege Lindner dabei war -: Mit dem Wissen
von heute hätte ich bei dem AGS-Vortrag im
Haushalt darauf hingewiesen und die Unter-
schiede deutlich gemacht.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Dann würde ich gerne noch mal
zu der Frage der Zulassung und sozusagen
auch Ihrer Zuversicht - die hat auch Staats-
sekretär Wolf gestern hier so geäußert -
fragen, weil - also wirklich jetzt nur, um es zu
verstehen - auf der einen Seite hören wir
immer, dass die ganze Global-Hawk-Produk-
tion ja sozusagen während des dringenden
Einsatzes durch die USA erfolgt ist, dass
deshalb bestimmten Dokumentationspflich-
ten nicht nachgekommen werden konnte,
dass sie eben ohne eine Zulassung, basie-
rend auf NATO-Standards, fliegen. Und
gleichzeitig hören wir aber immer, das ist
alles ziemlich sicher, dass wir bei AGS beim
Global Hawk nicht das gleiche Problem krie-
gen werden wie mit dem Euro Hawk. Und ich
weiß nicht, wie ich diese Aussagen im Ver-
hältnis zueinander sehen soll.

Also, ist beim Global Hawk Block 40 wirk-
lich alles so viel besser dokumentiert als bei
Block 20?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich
kann das nicht sagen. Ich weiß nicht, was
der Geschäftsbereich meines italienischen
Kollegen an Unterlagen bekommen hat und
noch bekommen wird. Deswegen kann ich
die Frage nicht beantworten. Das Zulas-
sungsverfahren steht ja auch erst am An-
fang.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Dann würde ich gerne noch mal
auf die Situation zu sprechen kommen, auf
Ihre Unterredung mit den Haushältern der
Koalition. Da ist es ja so - das wurde heute
auch schon angesprochen -: Da ist die Pas-
sage zum Euro Hawk gewechselt von der
aktiven Sprechempfehlung in die reaktive.

Drucksache 17/14650 – 1154 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 94
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Und hat Sie das nicht stutzig gemacht,
dass hier irgendwie eine relevante Informa-
tion ist, die Sie eigentlich ursprünglich mit-
teilen sollten oder die vorgeschlagen wurde,
Ihnen mitzuteilen, und die dann sozusagen
verschwunden ist?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein,
nach meiner Kenntnis kam die Unterlage
auch sehr spät. Es ist ja auch nicht Gegen-
stand gewesen, sondern der Eagle war Ge-
genstand des Gesprächs. Und wenn es an-
gesprochen worden wäre, hätte ich auch
nicht groß Auskunft dazu geben können.
Dafür ist das nicht aussagefähig genug. Kam
spät, wurde geändert, da hätte ich gesagt:
Das müssen wir vertagen oder müssen wir
schriftlich machen oder später machen.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Mich würde natürlich jetzt sehr
interessieren, was Sie mit der Koalition zum
Thema Eagle besprochen haben; ich weiß
aber, dass das nicht vom Untersuchungs-
gegenstand gedeckt ist.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: So ist
es.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Dann vielleicht noch eine letzte
Frage, bevor ich an den Kollegen Lindner
übergeben würde: Wir haben ja - und das
haben Sie ja auch am Ende gesagt - bei den
Lessons Learned - - Die Frage Beschaffung
MALE, bewaffnete Kampfdrohnen, bewaff-
nungsfähige Drohnen hat ja in den letzten
Monaten eine große öffentliche Aufmerk-
samkeit und die eine oder andere emotionale
Debatte erfahren. Und da habe ich mich
noch gefragt: Haben Sie sich an der Stelle im
Nachhinein nicht geärgert, dass man Sie
nicht früher noch mal auf diese Zulassungs-
probleme hingewiesen hat?

Ich erinnere mich selber: Die erste Ant-
wort aus dem Verteidigungsministerium war,
dass die Beschaffung einer solchen Drohne,
das Angebot-Einholen schon für Herbst 2012
geplant war. Ich meine, wir hätten uns doch
die ganze Diskussion sparen können, bevor
wir nicht diese Zulassungsprobleme klären.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nicht
die ganze Diskussion sparen, aber dass das
aus dem Euro Hawk eine Lehre ist, das habe
ich in meiner ersten Stellungnahme ja auch

gesagt. Dass wir die Zulassungsprobleme
bei einer mittleren Drohne - nenne ich sie
jetzt mal - von der Höhe, also MALE - - Dass
wir das zu lernen haben aus den Problemen
und dass das gegebenenfalls auch ein biss-
chen Zeit kostet, das ist allerding wahr. Das
ist eine der Lektionen aus dem Thema Euro
Hawk.

Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Okay. - Vielen Dank.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So, jetzt frage ich die CDU. - Nein. Die
SPD? - Nein, danke. Die FDP? - Die Lin-
ken? - Kollege Koch.

Harald Koch (DIE LINKE): Herr Grübel
weiß schon, was kommt.

(Markus Grübel (CDU/CSU): Ich
kenne es, Herr Koch!)

Ja, um hier nicht unnötig Zeit zu vergeu-
den: Herr Minister, Sie haben mit den Aus-
sagen vorhin hinsichtlich ISIS, Fähigkeiten,
Handyfunkdaten etc. bei mir eher das Miss-
trauen geweckt. Und zwar: Die Fähigkeiten
dieses Systems sind schon klar erkennbar.
Da schreiben ja auch schon Medien darüber,
da wissen schon Jugendliche Bescheid. Und
zwar ist das in der Lage, in einem sehr gro-
ßen Umkreis - also 800 km Durchmesser -
alle elektromagnetischen Wellen, Bewegun-
gen zu erfassen. Und da macht es keinen
Unterschied zwischen militärischen Frequen-
zen und zivilen. Und wenn Sie mit dem Sys-
tem wirklich aufklären wollen in Krisenregio-
nen, dann schließen Sie auf keinen Fall
Handyverkehr aus, weil Terroristen telefonie-
ren auch miteinander.

Jetzt meine Frage: Warum haben Sie
nicht den Datenschutzbeauftragten mit ein-
bezogen?

(Markus Grübel (CDU/CSU): Weil
man keine Daten speichert!)

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Der
Datenschutzbeauftragte ist für den Daten-
schutz der deutschen Staatsbürger im Inland
zuständig. Wir möchten nicht die Grund-
rechte deutscher Staatsbürger im Innern
durch dieses System beeinträchtigen. Wir
haben das mit der G-10-Kommission bespro-
chen, und im Übrigen hat es Ihnen zur tech-
nischen Konfiguration der Generalinspekteur,

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1155 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 95
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

glaube ich, jedenfalls so erklärt, wie ich es
nicht könnte.

Harald Koch (DIE LINKE): Sie haben
doch aber Erprobungsflüge in Deutschland
durchgeführt, im Süden Deutschlands mit
dem Radius - - Ich habe das schon mal dar-
gelegt: Wenn Sie in der Mitte Deutschlands
fliegen bis nach Flensburg bzw. Augsburg,
dann haben Sie alles unter Kontrolle, wenn
Sie wollen. Das ist deutsches Gebiet, und da
haben Sie auch - das ist auch bestätigt wor-
den - Kommunikationsdaten im Privatbereich
eingesammelt.

Nun haben wir einen Art. 10 des Grund-
gesetzes, der ausschließlich das Brief-
geheimnis sowie das Post- und Fernmelde-
geheimnis unverletzlich erklärt. Hier hätten
Sie einen Datenschutzbeauftragten einbe-
ziehen müssen.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Wir ha-
ben die zuständige G-10-Kommission einbe-
zogen, und der Datenschutzbeauftragte ist
jederzeit willkommen, sich das System anzu-
gucken.

Harald Koch (DIE LINKE): Nein, das
können Sie nicht - - Also, das ist eindeutig:
Sie können hier nicht von sich aus entschei-
den, ob Sie den Datenschutzbeauftragten
einbeziehen müssen oder nicht, sondern Sie
müssen ihm das Projekt auf den Tisch legen,
er muss das begutachten und selbst ein-
schätzen, ob er - -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich
kann dazu nichts - -

Harald Koch (DIE LINKE): Da muss eine
Datenschutzkonzeption erarbeitet werden.
Vielleicht brauchten Sie Ihre gewisse Bein-
freiheit. Das ist meine Vermutung.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein,
Herr Abgeordneter Koch, auch das Vokabu-
lar finde ich unangemessen. Wir haben die
technischen Konfigurationen und die Auswir-
kungen auf die Grundrechte mit der für diese
Fragen zuständigen G-10-Kommission des
Deutschen Bundestages abschließend und
einvernehmlich erörtert.

Harald Koch (DIE LINKE): Haben Sie
hiermit ein Grundrecht verletzt?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein.

Harald Koch (DIE LINKE): Wussten Sie,
bevor der Ausschuss seine Tätigkeit aufge-
nommen hat, dass die Datenübertragung
beim Euro Hawk Verschlüsselungstechnik
von der NSA umfasst? Und dann frage ich:
Können Sie ausschließen, dass hierbei Da-
ten, die im deutschen Raum erfasst wurden,
an die NSA übertragen wurden? Können Sie
das ausschließen?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Auch
das ist, glaube ich, gestern Gegenstand der
Beratung gewesen. Ich kann Ihnen sagen,
dass - - Ich bin informiert worden darüber -
das ist Teil eines Zusatzvertrages im Jahre
2006 oder 7 -, dass das beschafft worden ist,
dass darüber der Deutsche Bundestag in-
formiert worden ist, der Haushaltsausschuss
in einer Vorlage, und dass dieses System
nicht dazu dient, irgendwelche Daten an die
Amerikaner zu übergeben, sondern dass
durch eine bestimmte technische Konfigura-
tion sichergestellt wird, dass der Datenab-
fluss nur „German eyes only“ stattfindet.

Harald Koch (DIE LINKE): Keine Fragen
mehr.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Dann gebe ich das Wort dem Kollegen Lind-
ner.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Vielen Dank, Frau Vorsitzende. -
Herr de Maizière, habe ich Sie bei den per-
sonellen Konsequenzen richtig verstanden:
Sie schließen diese weiterhin nicht aus?
Wenn Sie solche vornehmen werden, wird es
aber ohne Ankündigungen, also ohne zeit-
liche Vorankündigung, passieren?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: So ist
es. Und so sieht es auch die Rechtslage vor.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Für den Fall, dass Sie solche
Konsequenzen vornehmen würden, würde
dies zwingend vor dem 22.09., 18:00 Uhr,
passieren, oder können Sie nicht ausschlie-
ßen, dass es auch noch nach diesem Zeit-
punkt passieren könnte?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das
kann ich nicht ausschließen, dass es auch

Drucksache 17/14650 – 1156 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 96
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

danach passiert. Aber das hängt ja von vie-
len weiteren Umständen ab, zum Beispiel
wie das Wahlergebnis ist -

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Genau auf diese Umstände
wollte ich hinausgehen.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - und
wie die Regierungsbildung zustande kommt
und welche Rolle ich dann habe in einer
neuen Regierung - oder keine.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das heißt, um das klar auszu-
sprechen: Sie können nicht ausschließen,
dass für den Fall, dass Sie eine gewisse Zeit
nach dem 22.09. nicht mehr Bundesminister
der Verteidigung wären und bis dahin keine
personellen Konsequenzen gezogen hätten,
zumindest durch Sie keine gezogen werden
würden?

(Heiterkeit - Markus Grübel
(CDU/CSU): Jetzt sind alle
Varianten offen!)

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Herr
Abgeordneter Lindner, das war jetzt: Sie
können nicht ausschließen und hätten und
würden. - Dürfte ich Sie bitten, die Frage
noch mal im Indikativ zu formulieren?

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das kann ich. Ich bin des Deut-
schen mächtig. Das ist kein Problem. An-
scheinend haben wir ja auch beide Zeit.

Auf was ich hinauswill: Für den Fall, dass
Sie nach der Wahl nicht mehr Verteidi-
gungsminister sind, bis dahin keine perso-
nellen Konsequenzen gezogen haben, kann
das bedeuten, es werden keine Konsequen-
zen daraus gezogen?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Wenn
ich nicht mehr Minister bin und bis dahin hier
entschieden habe, dann ist es eine Frage der
Logik, dass es dann keine personellen Kon-
sequenzen gibt.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Dann freut es mich, dass wir uns
zumindest über Logik einig sind. Und jetzt
würde ich in einem nächsten Schritt gerne
noch Ihre Definition und Einschätzung von
Lösbarkeit versuchen zu verstehen.

In den Vorlagen, die wir gefunden, Ihnen
teilweise auch vorgehalten haben und die in
der Presse zitiert wurden, ist es zumindest
mir nicht gelungen, das Begriffspaar „lösbar
oder unlösbar“ zu finden. Und deswegen
möchte ich gerne von Ihnen wissen, ob dann
in mündlicher Form zu Ihnen jemand gesagt
hat: „Wir haben da ein Problem, das ist lös-
bar“ oder „Wir lösen es“, oder ob das eher
ein Begriff ist, den Sie gebraucht haben auf-
grund einer Einschätzung, dass man sagt:
„Wir haben da ein Problem, versuchen jetzt
das und jenes“, und Sie dann zum Ergebnis
gekommen sind: „Das erscheint mir als lös-
bar aus eigener Einschätzung heraus“?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Herr
Lindner, das ist eine Begriffspaarung von mir,
und ich habe sie in meiner Stellungnahme
heute ja noch einmal beschrieben. Lösbar
bedeutet für mich in diesem Kontext: Das
Projekt kann im dazu entschiedenen Kosten-
rahmen realisiert werden, Varianten werden
untersucht, die zuständigen Stellen sind am
Ball.

Herr Beemelmans hat gestern gesagt:
Lösbar, unlösbar? Für ihn ist der Punkt,
wenn sozusagen die Kostensteigerung un-
gefähr 100 Prozent dessen ist, wie das
eigentliche System ist. Das kann ich gerne
mit aufnehmen.

Also, es ist immer ein Verhältnis zwischen
dem, was man eigentlich wollte, und dem,
was man bekommt. Ich finde aber, der Ver-
fahrenspunkt: „Wird an der Sache gearbeitet
oder nicht?“, ist für mich eine sehr wichtige
Beschreibung dessen, was ich für lösbar
halte.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Haben Sie, wenn ich darauf ein-
gehen darf: „Wird an der Sache gearbeitet?“,
dann auch nachgefragt: „In welcher Art und
Weise wird daran gearbeitet?“? Also: Was tut
Ihr da jetzt? Probiert ihr, ein rechtliches
Problem zu lösen, oder sucht ihr - -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein,
ich habe nicht nachgefragt. Das hätte ich
ein-, zweimal machen sollen. In den Unter-
richtungen stand ja auch jeweils drin, was
getan wird. Von daher war klar, nicht nur
dass gearbeitet wird, sondern auch, woran
und in welchem Zeitplan gearbeitet wird.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Und jetzt hat sich das ja auch

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1157 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 97
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

über - wir müssen jetzt nicht über Monate
streiten - ein Jahr bis anderthalb Jahre hin-
gezogen, diese Suche nach einer möglichen
Lösung. Das ist ja durchaus ein Zeitraum,
der auch eine gewisse Länge hat. Haben Sie
einfach aufgrund der Länge des Zeitraums
nicht mal nachgefragt: „Habt ihr jetzt eine
Lösung gefunden oder nicht?“? Es ist ja eine
Sache, wenn einem beschrieben wird: „Wir
arbeiten daran, wir suchen nach einer Lö-
sung“, und eine andere Frage dann auch, zu
sehen: Kommt die Lösung zeitnah oder ist
damit zu rechnen, dass eine Lösung irgend-
wo auftaucht?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Wenn
ich mir die Unterlagen angucke, dann ist ja
der erste Zeitplan gewesen Dezember 2012 -
das spielte ja schon bei der Frage von Herrn
van Aken eine Rolle - und dann erstes
Quartal 2013. Da ist nun, wenn ich die Ab-
läufe des Ministeriums sehe, der Zeitverzug
nicht so groß.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Jetzt ist ja auch im Rahmen von
Lösbarkeit - das hat Herr Staatssekretär
Beemelmans gestern ausgeführt, zumindest
wenn ich seine Einschätzung richtig im Kopf
habe - die Frage da gewesen: Kann ich im
Rahmen des Kostenrahmens vielleicht die
Fähigkeit oder die Integration des ISIS-Mo-
duls auf eine andere Trägerplattform abbil-
den? - Das war zumindest für Herrn Bee-
melmans gestern ein Bestandteil der Ent-
scheidungsgrundlage.

Widersprechen Sie mir in der Einschät-
zung, dass man, wenn man dann sagt:
„Okay, das ist ein Lösungsweg“, sich doch
eigentlich schon außerhalb des Euro-Hawk-
Projekts befindet? Dann probiert man, das
Euro-Hawk-Projekt und die Probleme dabei
dadurch zu lösen, dass man eine neue Trä-
gerplattform sucht.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Auch da
will ich sagen: Man muss sich für einen Vor-
wurf entscheiden. Der eine Vorwurf lautet: Ihr
brecht das Projekt ab, ohne richtige Alterna-
tiven auch mit zuverlässiger Kostenschät-
zung schon fertig zu haben. - Oder aber: Ihr
wisst, dass das nichts wird, betreibt das
Projekt aber so lange, nur weil ihr eine Alter-
native habt. - Zwischen diesen Themen müs-
sen Sie sich entscheiden. Und wenn dann
die Kostenschätzung für die Musterzulas-
sung in der Gegend von 500 bis 600 Millio-

nen ist, dann ist die Entscheidung meines
Erachtens richtig, zu sagen: Jetzt beschaffen
wir nicht und suchen Alternativen.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Es gibt ja im Leben bekanntlich
zwischen Schwarz und Weiß manchmal auch
Grautöne. Haben Sie jemals im Ministerium -
Sie oder die Leitung - erwogen, jetzt also
zwischen „Projekt fortsetzen“ und „Projekt-
abbruch“ meinetwegen zu sagen: Wir halten
die Erprobung des Demonstrators für irgend-
einen Zeitraum - sechs Monte oder X Mona-
te - an, denken über Alternativen nach und
entscheiden uns dann, ob wir auf Basis die-
ser Global Hawk Block-20-Plattform das
ISIS-Modul fertig erproben oder nicht? Weil
im Lichte von Integrationskosten könnte man
sich ja dann auch fragen: Ist das die güns-
tigste Lösung, ja oder nein?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich
habe darüber nicht nachgedacht. - In der
Vorlage vom 13. Mai - also nicht vom
13. Mai, aber die ich am 13. Mai gebilligt
habe - sind ja umgekehrt Varianten „Wie
lange betreibt man ihn in die Zukunft“ abge-
wogen worden von Vor- und Nachteilen. Eine
Variante „Man macht mal ein Moratorium und
sucht Varianten“ ist mir nicht vorgelegt wor-
den, hätte die - ich gehe noch mal auf den
Begriff, Herr Arnold - Funktionsfähigkeit des
Aufklärungssystems eben auch nicht voran-
gebracht. Und wenn man dann festgestellt
hätte: „Wir kriegen das nicht hin“, dann hätte
man auch wieder nichts gehabt.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So, jetzt frage ich die CDU. - Nein. Die
SPD? - Nein. Die FDP? - Die Linke? - Nein. -
Dann Herr Kollege Lindner.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wiederum vielen Dank. - Ich
würde gerne das Themengebiet wechseln.
Es geht um dieses Gespräch mit den Haus-
haltsberichterstattern der Koalition am
14.03., wovon die Vorlage am 06.03. ist. Sie
haben ausgeführt - also da habe ich Sie rich-
tig verstanden? -: „Euro Hawk war in diesem
Gespräch kein Thema“?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: So ist
es.

Drucksache 17/14650 – 1158 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 98
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Nicht darüber gesprochen wor-
den.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: So ist
es.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Gibt es irgendwelche Gründe,
warum das Thema dann in Ihrer Gesprächs-
vorbereitung enthalten war?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Viel-
leicht hatte es irgendeiner angemeldet. Ich
weiß es nicht.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Also darauf wollte ich hinaus:
Wie wird die Tagesordnung - ich kenne es ja
nur von Berichterstattergesprächen, wo die
Vertreter der Oppositionsparteien auch dabei
sind -, wenn die Koalitionsvertreter mit Ihnen
reden - - schlagen die eine Tagesordnung
vor? Schlagen Sie eine Tagesordnung vor?
Ist es ein gemeinsamer Prozess?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Entwe-
der tragen wir eine Tagesordnung vor, oder
es wird seitens der Koalitionäre ein Termin
oder auch ein Thema gewünscht, und dann
stellen wir eine Tagesordnung zusammen.
Ich kann Ihnen nicht sagen, wer das ge-
wünscht hat. Dann kommt das auf die Ta-
gesordnung.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Also Sie glauben nicht, dass es
das Ministerium war oder einer der drei Kol-
legen Berichterstatter?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich
weiß das nicht.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Okay. - Zum Thema „Information
des Parlaments“. Die Anfrage des Kollegen
Bartels ist ja heute schon erwähnt worden.
Es gab - das habe ich gestern Herrn Bee-
melmans vorgehalten; ich glaube, das
schaffe ich auch ohne formellen Vorhalt, er
wird es Ihnen vielleicht auch berichtet ha-
ben - vom Kollegen Florian Hahn aus dem
Dezember 2012 eine an das Ministerium
herangetragene Bitte nach einem
Sachstandsbericht zum Projekt Euro Hawk.
Und in dieser Akte findet sich dann hinten ein

Antwortentwurf und vorne im Vermerk eben
genau das, was ich Ihnen jetzt sinngemäß
geschildert habe, dass der Kollege um einen
Sachstandsbericht gebeten hat. Im Antwort-
entwurf selbst wird überhaupt nicht auf das
Thema Musterzulassung oder Serien-
beschaffung eingegangen. Halten Sie das
Ihrer persönlichen Meinung nach für eine
sachgerechte Information? Oder würden Sie
aus heutiger Sicht sagen, das muss man
anders machen?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Kann
ich nicht beurteilen. Aus heutiger Sicht hätte
man das vielleicht erwähnen sollen. Ich weiß
nicht: Wer hat das unterschrieben?

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wir suchen das raus in der Zeit. -
Ich will noch zum NATO AGS ein, zwei
Fragen stellen. Sie haben eben gesagt: Wir
befinden uns ja noch am Anfang des
Zulassungsverfahrens.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: In Ita-
lien, ja.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): In Italien. - Und Sie haben ja
nicht ganz zu Unrecht auch vorhin in Ihrer
ersten Einlassung erwähnt, dass Probleme
bei Euro Hawk sich schon länger abgezeich-
net, sich dann verdichtet haben, aber jetzt
nicht unbedingt erst seit vorgestern bekannt
sind. Ich verstehe nicht ganz, warum sich da
nicht Parallelen auftun, dass Sie jetzt am
Anfang eines Zulassungsverfahrens in Ita-
lien - - Die Abteilung Politik Ihres Hauses
berichtet in einer Zusammenstellung, dass
sich Italien bei Northrop Grumman über Qua-
lität und Umfang der Dokumentation be-
schwert hat, Dokumente zurückgesandt hat.
Sehen Sie da keine Parallelen zu den Zulas-
sungsschwierigkeiten, was jetzt auch vor
allen Dingen die Dokumentation betrifft beim
Projekt Euro Hawk?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: „Paral-
lelen“ ist vielleicht zu viel gesagt, aber ich
sehe Ähnlichkeiten; die sehe ich. Und des-
wegen tauschen wir uns ja auch mit Italien
aus. Nun will ich über die technischen Unter-
schiedlichkeiten von Block 20 und Block 40
nicht philosophieren. Die einen sagen: „Es ist
ein großer Unterschied“, die anderen sagen:

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1159 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 99
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Das ist zu 90 Prozent das Gleiche. - Ich kann
es nicht beurteilen.

Aber eines ist noch mal wichtig: Für uns,
nach unseren Regeln und nach dem An-
spruch, wie die Geschichte vor über zehn
Jahren begonnen hat, war die Musterzulas-
sung nicht nur irgendwie ein notwendiges
Hilfsmittel, damit eine Serie fliegt, sondern
die Musterzulassung war Kern der Bewälti-
gung des Neulandes, Kern des Wagnisses.
Deswegen ist klar, dass dann die deutsche
Seite darauf besonders achtet.

Jetzt ist es so, dass aufgrund einer wie
auch immer gearteten Zulassung der Global
Hawk in Italien fliegt. Deswegen kann sein,
dass sozusagen dies technologische Inte-
resse Italiens an dem Umfang der Unter-
lagen für ein NATO-betriebenes System nicht
so groß ist wie unser Interesse an einem
deutschen System, was auch, wie ich ein-
gangs erläutert habe, ein technologisches
Interesse ist. Deswegen kann es sein, dass
es dort Unterschiede gibt. Aber letztlich wer-
den wir das erst am Ende des Zulassungs-
verfahrens mitteilen. Wir werden jedenfalls
alles tun, damit Italien von unseren Erfahrun-
gen profitieren kann.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Es kann ja unterschiedliche Ein-
schätzung sein, was 90 Prozent Ähnlichkeit
bedeutet - - Ich gestatte mir da die flapsige
Bemerkung: Mensch und Affe sind zu
90 Prozent genetisch - -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich
glaube, noch mehr sogar, ja.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Noch mehr. Und ich wüsste nicht,
wie es da bei Zulassungsfragen aussähe. -
Aus heutiger Sicht: Hätten Sie - - Oder wür-
den Sie es für zweckmäßig erachten, da-
mals, als NATO AGS in den Haushaltsaus-
schuss ging, auch über Zulassungsprobleme
bei Euro Hawk in dem Zusammenhang dann
dem Ausschuss zu berichten?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Es wurden ja Risiken geschildert,
zum Beispiel dass der Risikopuffer zu großen
Teilen schon in Anspruch genommen ist. Das
war in der Vorlage enthalten. Würden Sie
aus heutiger Sicht sagen: „In der 25-Mio.-

Vorlage oder mündlichen Unterrichtung des
Ausschusses hätte auch erwähnt werden
müssen: Wir haben bei Euro Hawk zumin-
dest Probleme in der Zulassung“?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich
habe die Frage bei Frau Brugger ja schon
bejaht. Ich weiß jetzt nicht unbedingt, bei
welcher Vorlage. Aber aus heutiger Sicht
hätten wir das tun sollen. Wir kennen uns ja
auch schon ein bisschen: Ich finde, ein Res-
sort, ein Ressortminister ist gut beraten -
auch prozedural und verfahrensmäßig -, dem
Haushaltsausschuss nichts vorzuenthalten.
Das rächt sich immer. Es wäre auch gar kein
Grund gewesen, das irgendwie zu verheim-
lichen. Was hätten wir für einen Vorteil ge-
habt, das zu verheimlichen? Kritische Fragen
zu AGS haben Sie ja ohnehin gestellt.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Mir ging es jetzt um - -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich
weiß. - Von daher will ich nur sozusagen aus
vorvergangenem Verhalten von mir und si-
cher vieler meiner Ressortkollegen sagen,
dass wir das aus heutiger Sicht hätten tun
sollen und auch in Zukunft uns entsprechend
verhalten würden.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Um die Frage auch zu präzisie-
ren, damit es nicht komplett aussieht, als
hätte ich ein Kurzzeitgedächtnis: Mir geht es
weniger darum, zu sagen: „Okay, es könnte
auch bei NATO AGS ein Zulassungsproblem
geben“, sondern: Stimmen Sie mir zu, dass
wir jetzt sagen müssen: „Bei Euro Hawk se-
hen wir im Moment Zulassungsprobleme,
und deswegen könnte auch ein Zulassungs-
risiko bei AGS bestehen“?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: So oder
ähnlich, mündlich oder schriftlich, aus der
Sicht von heute hätten ich oder Herr Staats-
sekretär Wolf das dann gerne vorgetragen.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Vielen Dank.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Sind noch weitere Fragen? - Das ist nicht der
Fall. Dann bitte ich die Kollegen aber, hier-
zubleiben.

Drucksache 17/14650 – 1160 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 100
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

(Abg. Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN meldet sich zu Wort -
Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN: Nein, nein, wir haben
noch Fragen!)

- Ach so! Frau Kollegin Keul.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Vielleicht noch mal eine Frage zum Thema
„Schaden und ISIS“. Sie hatten, Herr Minis-
ter, anfangs gesagt: Wir haben zumindest
eine erfolgreiche Erprobung von ISIS ermög-
licht. Haben Sie oder irgendjemand in Ihrem
Haus eigene Erkenntnisse über den Erfolg
der Erprobung bislang? Oder sind das alles
Informationen seitens der Industrie?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich
habe darüber keine eigenen Erkenntnisse.
Es sind aber nicht nur Informationen der
Industrie, sondern Informationen vom zu-
ständigen Amt und der zuständigen Abtei-
lung.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sie hatten in dem Zusammenhang auch
gesagt, der frühere Abbruch hätte einen
Schaden verursacht, weil man diese Erpro-
bung nicht hätte machen könnte. Bei der
Erprobung käme es ja gerade auf diese
große Höhe an, die nur der Global Hawk
ermöglicht. Jetzt frage ich Sie natürlich, wenn
wir uns angucken, was für Alternativen über-
haupt zur Prüfung zur Verfügung stehen: Ist
da überhaupt nichts, was in dieser Höhe
fliegt? Ist sozusagen die Erprobung von ISIS
in einer Höhe, die es nach wie vor, die es
langfristig ohnehin nicht haben wird, dann
überhaupt sinnvoll gewesen?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein,
das kann ich - - Also, sinnvoll war sie auf
jeden Fall, weil wir ja davon ausgegangen
sind, dass Euro Hawk ein Erfolg wird. Was
die Höhe angeht, so ist es - - Auch da will ich
darauf verweisen, dass ich kein Techniker
bin. Aber mir leuchtet ein, dass es ein Unter-
schied ist, ob Sie ein solches System auf
dem Boden, im Labor testen oder ob Sie es
in der Luft - mit Vibrationen und all dem, was
damit verbunden ist - testen, egal in welcher
Höhe.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Da gebe ich Ihnen recht. Aber weil Sie ge-
rade die besonders große Höhe des Global

Hawk erwähnt haben, wissen wir ja jetzt im
Nachhinein: Diese Höhe wird es niemals
haben, weil keines der zur Debatte stehen-
den Systeme diese Höhe hat.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Meine
Antwort ist: Besser in der Luft testen als nur
am Boden testen und dann gar kein Ergebnis
haben.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Gut, aber es hätte ja vielleicht auch eine
günstigere Möglichkeit gegeben als diese
Variante.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Hätte,
hätte, Fahrradkette! - Ich weiß es nicht.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Wir reden rückblickend, weil wir ja über die
Frage des Schadens reden, nicht? Also - -
Gut.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Jeden-
falls in einem sind wir - - Ich weiß nicht, ob
wir einig sind. Ich lege jedenfalls Wert auf die
Feststellung: Ein früherer Abbruch hätte je-
denfalls keinen Erkenntnisgewinn über das
Aufklärungssystem in der Luft gebracht. Das
ist meine Meinung.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Na ja, man hätte ja auch auf die Idee kom-
men können, vielleicht andere Mittel zur
Prüfung in der Luft außer jetzt dem teuersten
zu nehmen. Also das kann man ja nicht aus-
schließen.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, das
hätte man aber im Jahre 2000 und 2001
entscheiden müssen. Deswegen war ja ge-
rade - - Oder 2002 oder 04. Da sind wir ja
gerade: Die Verheiratung von einem unbe-
mannten System, marktgängig, mit einem
Aufklärungssystem, neu.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Das ist richtig.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Diese
Kombination, die muss in der Luft getestet
werden und nicht am Boden.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Deswegen: Ich hatte ja auch nicht gefragt im
Hinblick darauf, ob damals ein Fehler ge-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1161 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 101
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

macht worden ist, sondern wenn wir jetzt
darüber sprechen, wie hoch der Schaden ist,
rückblickend, dann stellt sich ja die Frage, ob
wir diese Erprobung in hoher Höhe jetzt
heute mit den Kenntnissen, die wir haben,
überhaupt noch gebraucht hätten.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das ist
bei jedem Entwicklungsprojekt so, dass Sie
hinterher vielleicht schlauer sind als vorher. -
Ich kann zu dem Schaden - wie hoch ist der
Schaden? - im Blick auf die Nutzbarkeit des
ISIS-Aufklärungssystems keine konkrete
Summe nennen. Deswegen habe ich ja
schon gesagt: Lasst uns 360 minus X neh-
men. Aber eines ist klar: Ohne Test wäre es
komplett verloren gewesen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Können Sie ausschließen, dass es jetzt auch
komplett verloren ist?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ganz
ausschließen kann ich das nicht. Das habe
ich schon vorhin beantwortet.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Minister, dann würde ich jetzt gern noch
mal zu Ihrer Erklärung vom 5. Juni kommen,
die ja einer der Kerngründe ist, warum wir
hier sitzen, mit diesem vielzitierten Satz: „Es
gab zuvor keine Vorlage an den Minister“,
usw. - Wie haben Sie sich denn selbst, bevor
Sie diese Aussage gegenüber dem Parla-
ment tätigten, auf diese Aussage vorbereitet?
Haben Sie die aus Ihrer Erinnerung? Haben
Sie Ihren Staatssekretär gefragt? Oder ha-
ben Sie Ihr Büro mit einer Aktenprüfung be-
auftragt nach dem Motto: „Guckt mal nach,
wie viel Vorlagen ich hatte!“? Wie haben Sie
sich da vorbereitet?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Frau
Keul, es gibt einen Beweisbeschluss dazu.
Und Ihnen liegt ein Ordner vor, dessen
Nummer ich natürlich nicht weiß. Der Be-
weisbeschluss lautet: Was hat dem Minister
zur Vorbereitung dieses Termins vorgele-
gen? - Und das liegt dort bei. Dort sind die
Cassidian und Ähnliches nicht enthalten.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also ich weiß, dass uns jede Menge Unter-
lagen jetzt heute vorliegen, aber ich möchte
ja wissen sozusagen, was Sie vorliegen hat-

ten oder wen Sie gefragt haben, bevor Sie
diese Aussage getätigt haben.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Den Ad-
hoc-Bericht und alles, was zur Entschei-
dungsfindung - deswegen habe ich also auf
die Entscheidung auch abgestellt in der Er-
klärung am 05.06 - erforderlich war und wo
meine Einbeziehung der Fall war. Wir haben
nicht gesucht unter dem Stichwort „Cassi-
dian“, ob da sich etwas befindet.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ich habe in Erinnerung, dass Sie mal gesagt
haben - ich weiß aber nicht mehr genau, wo
es war -, dass Sie Staatssekretär Beemel-
mans gefragt haben: Stimmt das? Habe ich
nur eine Vorlage bekommen? - Und er hätte
dann gesagt: Ja. - Habe ich das richtig in
Erinnerung?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Kann
sein, kann ich nicht sagen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Also Sie würden jedenfalls heute sagen, es
beruhte nicht auf der Aussage des Staats-
sekretär Beemelmans?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein,
nein, nein.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Diese Differenzierung zwischen Entschei-
dungsvorlage und Informationsvorlage: Ist
das jetzt sozusagen aus Ihrem Sprachge-
brauch heraus? Oder ist das etwas, was
irgendwo in Verwaltungsrichtlinien definiert
ist?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich
weiß nicht, ob das in den Richtlinien ist, aber
Herr Silberhorn hat ja dazu schon gefragt.
Die Unterscheidung zwischen Entschei-
dungs- und Informationsvorlagen ist gängige
Praxis in Ministerien.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Gängige Praxis. Sie meinen damit, dass das
oben drübersteht: „Information“, „Zur Infor-
mation“ oder „Zur Entscheidung“?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ob es
oben drübersteht oder ob es sich aus einem
Gesamtzusammenhang der Vorlage ergibt. -
Aber es ist schon wichtig, ob ein Minister

Drucksache 17/14650 – 1162 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 102
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

etwas zur Kenntnis nimmt, ob er über ir-
gendetwas informiert wird oder ob er etwas
zu entscheiden hat.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Das ist richtig. Ich frage ja jetzt nur, um diese
Erklärung einzuordnen.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière:
Manchmal gibt es auch gemischte Vorlagen.
Ich sage mal ein ganz harmloses Beispiel:
Deutsche Soldaten gewinnen eine Medaille.
Dann gibt es eine Vorlage: Information:
Herr X hat eine Medaille gewonnen, b): Bitte
unterschreiben Sie folgende Glückwunsch-
schreiben … - Das ist eine Mischung von
Information und einer Entscheidung, wenn
man so will. Das gibt es schon. Aber die Un-
terscheidung, im Regelfall Information und
Entscheidung, ist gängige Regierungspraxis.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Minister, Sie haben gesagt, zur Leitung
gehören Sie, die beiden Staatssekretäre und
der Generalinspekteur. Das habe ich so rich-
tig verstanden?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Wie geht man mit leitungsrelevanten Dingen
um? Heißt das dann eigentlich, dass Sie sich
auch Kenntnisse innerhalb der Leitung zu-
rechnen lassen müssen? Müssen Sie sich
die Kenntnis Ihres Staatssekretärs als Mi-
nister zurechnen lassen?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein.
Das geht zu weit. Aber es ist so, wie Sie
vielen Unterlagen ja entnehmen, dass sehr
oft die Staatssekretäre, wenn sie eine Vor-
lage haben, im Abdruck den anderen Staats-
sekretär oder auch die Parlamentarischen
Staatssekretäre davon in Kenntnis setzen.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich frage jetzt die anderen Fraktionen: Sind
weitere Fragen da? - Das ist nicht der Fall.
Dann, bitte schön, Frau Kollegin Keul, ma-
chen Sie weiter.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Dann komme ich jetzt auch schon zu dem
letzten Komplex, wo ich noch mal nachfragen
will. Sie hatten vorhin schon mal im Zusam-
menhang mit dieser Rechtsprüfung gesagt:

Die ist ja noch nicht abgeschlossen. Wir wis-
sen ja noch nicht, ob es überhaupt eine qua-
lifizierte Abnahme des Projektes gibt. - Des-
wegen würde mich jetzt noch mal interessie-
ren, was mit der Kanzlei vereinbart ist hin-
sichtlich des Zeitablaufs. Rechnen Sie damit,
dass Sie bis zur Abnahme, Abnahmeprüfung
des Euro Hawk Ende September die recht-
liche Bewertung, die Sie in Auftrag gegeben
hatten, vorliegen haben werden?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich
denke schon.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Und werden Sie diese Abnahme jetzt in An-
betracht der Aufregung, die wir haben, auch
zur Chefsache machen?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das
weiß ich nicht, ob ich sie zur Chefsache ma-
che. Aber Sie und andere werden mich da-
nach fragen. Deswegen werden wir das na-
türlich in geeigneter Weise bekannt machen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Na ja, wir haben ja jetzt so viele Mängel über
dieses System gehört, dass es ja eine um-
fangreiche Prüfung erfordern wird, festzu-
stellen, was man abnimmt, was man viel-
leicht nur teilweise abnimmt oder was man
eventuell auch zurückweist.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Also,
sagen wir so: Frau Abgeordnete, ob ich jetzt
eine Abnahme des Gutachtens im Rechts-
sinne vornehme: Eher nein.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Wir reden jetzt vom Euro Hawk.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Des
Gutachtens der Anwaltskanzlei.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Nein, das meine ich nicht. Entschuldigung.
Dann reden wir aneinander vorbei. Am
30. September steht ja die Abnahme des
Euro Hawk an.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Die
werde ich auch nicht persönlich vornehmen.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Na ja, in Anbetracht der Bedeutung, die jetzt
dahintersteht, vor allen Dingen möglicher-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1163 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 103
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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weise, wenn wir das Ergebnis der Rechts-
prüfung haben, ist es ja nicht ganz irrelevant
für die Abnahme, ob ich etwas abnehme,
weil ich es als Werkvertrag betrachte oder
als Dienstleistung. Das ist ja nicht ganz un-
erheblich.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich
werde darüber mir natürlich berichten lassen.
Aber ich glaube, ich kann keinen wesent-
lichen Beitrag dazu leisten, ob die Abnahme
dieses Gerätes, insbesondere im techni-
schen Sinne, dann im Sinne des Vertrages
ist oder nicht.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Die Frage ist ja: Dieses Projekt ist leitungs-
relevant. Das haben wir ja schon mehrfach
gehört. Deswegen gehen wir davon aus,
dass die Abnahme dieses Projektes auch
leitungsrelevant ist. Also, ob das nun Sie
persönlich machen? Dass Sie nicht hingehen
und die Schrauben nachziehen, ist mir schon
klar.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: So.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Aber dass Sie sich jetzt - - Gestern hat uns
noch Herr Beemelmans gesagt, dass er sich
bisher noch keine Gedanken gemacht hat
über die Abnahme, und dann hat er gesagt,
er würde das jetzt im Anschluss an diese
Befragung dann auch möglicherweise tun.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich
möchte jedenfalls über das Ergebnis dieser
Abnahme informiert werden.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, und die muss ja möglicherweise auch
vorbereitet werden, auch unter Berücksichti-
gung der Ergebnisse dieser rechtlichen Fra-
gen, die sich da noch stellen. Das sehe ich
doch richtig?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das
mag sein. Ja.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Bisher hat ja das BAAINBw eine feste Auf-
fassung, dass ohnehin Bemühen gilt und
dass sowieso keine Gewährleistung gilt.
Wenn wir jetzt zu anderen Ergebnissen
kommen sollten aufgrund Ihres Auftrags, den
Sie erteilt haben, dann müsste das BAAINBw

dazu ja wohl angehalten werden, das bei der
Abnahme auch zu berücksichtigen.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: So ist
es.

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Das ist beruhigend. - Ich hatte noch eine
letzte Frage. Ich muss mal gucken, ob ich sie
noch finde. Ansonsten, da ich sie jetzt nicht
finde, haben Sie Glück. Dann gebe ich Sie
weiter an den Kollegen Koenigs.

Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Danke sehr. - Herr Minister, Sie
haben bei den Zulassungsproblemen gese-
hen, wie sich scheinbar lösbare Probleme
langsam in unlösbare entwickelt haben. Wer
war da schuld? Da muss es doch jemand
geben, der falsch informiert hat.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein,
das - -

Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Oder war das der Scharping?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein,
das möchte ich so nicht sagen. Ich habe
vorgetragen, dass es unterschiedliche Er-
wartungen gab an das, was geht im Blick auf
die Zulassung, zwischen der amerikanischen
und der deutschen Seite von Beginn an und
dass dann die Projektleitung versucht hat, so
gut es ging, daraus irgendwie etwas zu ma-
chen, was dem Projekt hilft. Das ist so.

Ab welchem Zeitpunkt dann ein Problem
so groß geworden ist, dass es nicht mehr
lösbar ist, kann ich nicht sagen. Für mich ist
ein wichtiger Punkt die Entscheidung, die ja
auch umstritten war im Amt, wenn ich das
richtig dem Bericht der Ad-hoc-Arbeitsgruppe
entnehme - wahrscheinlich war es ja auch
Gegenstand des Ausschusses -: Wie hoch
sind diese Kosten für die Musterzulassung? -
Da gab es ja im Amt einen Streit. Die einen
haben gesagt: Zunächst mal 200. Und der
andere hat gesagt: 500 bis 600.

Als man sich dann geeinigt hat - in Anfüh-
rungsstrichen - auf die Position 500 bis 600,
war das ein wichtiger Punkt; und das war
dann der Anlass und auch da erst der An-
lass, nach möglichen Alternativen zu suchen:
Geht es ohne Musterzulassung usw.? Das
war sicher eine solche Wegmarke, mög-
licherweise schon 2000 und - - Ich weiß jetzt

Drucksache 17/14650 – 1164 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 104
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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nicht mehr, wann es war. Jedenfalls der
Zeitpunkt, wo man gesagt hat: Wir verzichten
auf die Musterzulassung beim Prototyp.

Aber eine Schuldzuweisung, ab welchem
Punkt das der Fall war, die möchte ich auch
für die Vergangenheit nicht vornehmen.

Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ist aber für das Management
schon wichtig, dass man weiß: Wo ist das
eigentlich aus dem Ruder gelaufen? Wo hat
man sich dann doch in Fehleinschätzungen
festgezurrt?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Herr
Koenigs, da haben Sie völlig recht. Der
Rechnungshof hat ja ein paar Anmerkungen
dazu gemacht. Und die Gruppe, die ich ein-
gesetzt habe, diese Mängel sich noch mal
anzuschauen, die wird sich mit dieser Frage
sicher auch beschäftigen.

Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie haben jetzt als Grund für die
Nichtbeschaffung einen zweiten Grund ge-
sagt: Materialerhaltungskosten, die bis zu
1 Milliarde laufen können, weil das - - Auch
diese Kosten haben sich ja aufgebaut. Das
ist ja nichts, was plötzlich passiert ist, son-
dern da hat man doch auch sehen müssen
über die Jahre, es wird immer mehr. Wieso
hat das keiner gemerkt oder gemeldet?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Jetzt
könnte ich antworten, wenn ich es mir leicht
machte: Wenn man in der frühen Phase
merkt, dass es einen Global 30 und Global
40 gibt und hält am 20 fest, dann darf man
sich nicht wundern, wenn hinterher die Mate-
rialkosten steigen, spätestens wenn man
erfährt, dass das System ausgephast wird.
Aber wann das genau war, vermag ich nicht
zu sagen. Aber natürlich, spätestens ab dem
Zeitpunkt, wo die Ausphasung von Global 20
anstand, war dieses Materialerhaltungs-
problem virulent.

Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Hätte man das nicht dem Parla-
ment oder dem Haushaltsausschuss berich-
ten müssen, dass da plötzlich ein Kosten-
risiko entsteht, das unter Umständen bis zu
1 Milliarde - - Heutzutage ist das nicht viel,
aber trotzdem.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, die
Milliarde, die ich nicht überprüfen kann, be-
zieht sich ja auf die Laufzeit von 20 Jahren
oder so etwas. Die jetzige Zahl, von der die
Rede war - das spielte vorhin schon mal eine
Rolle -, ist 50 oder 52 Millionen.

(Markus Grübel (CDU/CSU): Jähr-
lich! Für den Demonstrator!)

- Jährlich für den Demonstrator. Das hört
sich schon wieder ein bisschen geringer an.

Die Informationspolitik des Verteidi-
gungsministeriums gegenüber dem Parla-
ment ist ja bisher wie folgt Variante 1: Wir
brauchen mehr Geld. Dann kommen wir und
sagen: Wir brauchen mehr Geld. Warum?
Und dann werden die Probleme auf den
Tisch gelegt. Variante 2: Aus irgendwelchen
sonstigen Dingen von außen oder sonst wo-
her entsteht ein Problem, und jemand fragt
nach, insbesondere das Parlament fragt
nach.

Diese Art der Zusammenarbeit - das habe
ich vorgetragen - finde ich unzureichend.
Deswegen möchte ich gerne in der neuen
Legislaturperiode mit dem neuen Parlament
einen Weg finden - ohne dass es bereits
Probleme gibt, die Geld kosten in welcher
Höhe auch immer, oberhalb von 25 Millio-
nen -, wie wir nach dem Zufallsprinzip, nach
Kriterien, jedenfalls anlasslos, uns bestimmte
Rüstungsprojekte ansehen und in einem
frühen Stadium fragen: Läuft da was aus
dem Ruder, ja oder nein?

Es gab mal dieses kleine Gremium, das
Herr Koppelin im Haushaltsausschuss ange-
sprochen hat, was man wieder einführen
sollte. Dagegen gab es erhebliche Gegen-
argumente, das sei eine Kungelrunde und
keine Kontrollrunde. Das muss das Parla-
ment selber entscheiden. Aber wir können
nicht nur sozusagen berichten, wenn ein
Problem so ist, dass es schon viel Geld kos-
tet, sondern wir müssen in einer anderen
Weise von Problemen erfahren und daran
gemeinsam arbeiten, Regierung und Parla-
ment - bei Wahrung natürlich der unter-
schiedlichen Rollen, die wir haben.

Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Darf ich weiterfragen? Es hat
gepiept.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich frage die anderen Kollegen. - Sie dürfen
weiterfragen, Herr Kollege Koenigs.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1165 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 105
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Danke sehr. - Es ist jetzt an die-
sem Projekt zu sehen, dass an zwei Punk-
ten, den zwei wesentlichen Begründungen
für das Aufgeben dieses Projekts oder die
Nichtbeschaffung, sich ein Kostenrisiko auf-
gebaut hat, das nicht nur dem Parlament
nicht bekannt geworden ist, sondern Ihnen
selbst nicht bekannt geworden ist. Bei den
Reformvorschlägen von der Weise-Kommis-
sion, die Ihrem Amtsvorgänger gemacht
worden sind, wurden auch modernere Mana-
gementmethoden angeregt. Eine wäre zum
Beispiel Risk Management - jedes größere
Unternehmen hat so was -, das nicht nur die
finanziellen Risiken, sondern auch andere
Risiken, zum Beispiel das Zulassungsrisiko,
parallel mit dem Projekt beurteilt und dann
anlasslos auch mitteilt. So was kennen Sie
nicht?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Doch.
In etwas anderem Vokabular ist das Teil des
neuen Beschaffungsprozesses CPM (neu).
Das ist genau ein Punkt.

Aber ich nutze gern die Gelegenheit, et-
was anderes zu sagen, wo wir den Vorschlag
von Herrn Weise nicht aufgegriffen haben.
Herr Weise hat gesagt: Für diese kompli-
zierten Verfahren ist die Ämterstruktur un-
geeignet. Wir brauchen eine Agenturlösung
wie bei der Bundesagentur mit einem eige-
nen Haushalt, gegebenenfalls mit Kredit-
ermächtigung und mit klarer Unabhängigkeit.
Nur mit Unabhängigkeit einer solchen Agen-
tur kriegt man das in den Griff.

Das hätte bedeutet: weniger Weisung und
Aufsichtsrechte durch das Ministerium und
erst recht durch das Parlament. - Deswegen
habe ich diesen Vorschlag einer Agentur-
lösung, was die Weise-Vorschläge angeht,
verworfen. Was die Verfahrensvorschläge
angeht, so ist durch eine andere Projekt-
steuerung - Projektkontrolle sagt der Rech-
nungshof; Risk Management sagt Herr
Weise - - Wir haben versucht, das in dem
CPM (nov.) niederzulegen. Und ein Teil der
Konsequenzen, über die ich gesprochen
habe, ist ja, dass wir noch mal überprüfen,
ob das ausreicht.

Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ob ich die Beschaffung noch
weiter weg von der Politik legen würde, das
weiß ich auch nicht, ob ich dem zustimme.
Aber diese Form von modernen Manage-
mentsystemen sollte man sich doch ernsthaft

überlegen, um auch vor weiteren Überra-
schungen wie diejenige, die Sie getroffen hat
am 13. Mai, sicher zu sein.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das ist
so. Das werden wir auch tun. Ich muss aller-
dings darauf hinweisen: Da, wo es große
Unternehmen gibt und ähnliche Monopol-
und Oligopolstrukturen - Herr Schäfer und
Herr van Aken haben ja danach gefragt -,
also ein Besteller und wenig Anbieter - -
Haben wir ja etwa bei der Frage von Zügen
auch: Da gibt es ein paar Kleine, aber im
Wesentlichen ist es die Bahn und Siemens,
Bombardier und … (akustisch unverständ-
lich). Auch da haben wir ähnliche Probleme,
auch Zulassungsprobleme, wie wir überhaupt
in dem Management komplizierter Projekte in
Deutschland ein Problem haben. Das ist jetzt
ein großes Feld, was ich aufmache. Da muss
die öffentliche Hand insgesamt besser wer-
den; das ist wohl war.

Allerdings: Die einfache Übernahme von
angeblich guten Modellen aus der Wirtschaft
scheint mir auch nicht richtig zu sein; denn
da sind ganz schön viele Probleme in den
Sand gesetzt worden, trotz Risk Manage-
ment und all dem.

Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): An diesem Punkt ist dieses Pro-
jekt aber genau meines Erachtens geschei-
tert.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja. Und
deswegen - das ist ja ein zentraler Punkt des
Rechnungshofs, zu welchem Punkt man ihn
auch immer anlegt -: Die Projektsteuerung,
das Projektcontrolling hat nicht funktioniert.

Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Und diese Verantwortung müs-
sen Sie sich auch anziehen, Herr Minister.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Für
meine Amtszeit. Nur für meine Amtszeit,
ehrlich gesagt.

Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ja, für Herrn Jung brauchen Sie
nicht zu haften. Das tut nur die CDU.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Aller-
dings bitte ich um mildernde Umstände, weil
der Rechnungshof gesagt hat: Als die Lei-

Drucksache 17/14650 – 1166 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 106
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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tung informiert wurde, ab Februar 2012, hat
sie ordnungsgemäß und richtig gehandelt.

(Zuruf von der CDU/CSU: Genau so
ist es!)

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege Nouripour.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Herr Minister, mit wem haben Sie
sich in der Vorbereitung auf diese Sitzung
beraten?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Mit Mit-
arbeitern meines Hauses und dem einen
oder anderen Freund.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Auch mit Herrn Beemelmans?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Haben Sie sich gründlich auf
diese Sitzung vorbereitet?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja. - Ich
will aber zu Herrn Beemelmans sagen: Wir
haben die jeweiligen Sprechzettel ausge-
tauscht, informationshalber, aber nicht ir-
gendwie gemeinsam vorbereitet.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Noch mal: Haben Sie sich gründ-
lich vorbereitet auf die Sitzung?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich
hoffe.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Also, wenn es brennt, geht es mit
der Gründlichkeit?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein, es
geht auch sonst.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aber Sie haben vorhin dargelegt,
dass die vielen - wir können jetzt alle noch
mal vorlegen - Vorlagen, die Ihnen zugegan-
gen sind, in denen die Probleme auf immer
drastischere Art und Weise dargelegt wur-
den, ab März - falls Sie es vielleicht einen
Tag vorher bekommen haben als - - die
Klausur, ab Februar 2012 - bis dann eben

13. Mai - - dass Sie sie nicht gründlich ge-
lesen hätten.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Herr
Nouripour, das Wort „Gründlichkeit“ be-
schreibt, glaube ich, das, was wir jetzt ein
paar Stunden erörtert haben, nicht zutref-
fend.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das habe ich nicht verstanden.
Ich habe es akustisch schon nicht verstan-
den.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das
Wort „Gründlichkeit“ beschreibt, glaube ich,
das, was wir hier einige Stunden beraten
haben, nicht zutreffend.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aber ich habe das doch jetzt
richtig verstanden - und da bitte ich um Kor-
rektur -, dass die vielen Vorlagen, die Ihnen
vorgelegen haben - - und Sie trotzdem nicht
nachgefragt haben - - lag ja daran - so habe
ich Sie vorhin auch wörtlich verstanden -,
dass Sie diese nicht gründlich genug zur
Kenntnis genommen haben.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein,
das habe ich nicht gesagt, -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Was haben Sie denn gesagt?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - son-
dern ich habe gesagt: Wie gründlich ich Un-
terlagen zu Terminvorbereitungen studiere,
hängt natürlich von der Wichtigkeit des Ter-
mins ab - wenn ich zu einem NATO-Gipfel
fahre, studiere ich die Termine gründlicher,
als wenn ich ein Werk besichtige -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Und das ist - -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - und
hängt von der Zeit ab, die ich vor einer sol-
chen Sitzung habe. Und ich habe darauf
hingewiesen, dass Sie sich wahrscheinlich
ähnlich verhalten, dass Sie sich unterschied-
lich gründlich auf Termine vorbereiten, was
manchmal auch ein Zeitproblem ist.

Wie das jetzt in diesen einzelnen Fällen
war, wie gründlich ich das eine oder andere
gelesen habe: Ich habe Ihnen gesagt: Das

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1167 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 107
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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kann ich im Nachhinein nicht mehr sagen.
Aber ich habe auch gesagt: Ich lasse mir das
zurechnen, dass es eben in meinen Unter-
lagen war.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): War die Rüstungsklausur wich-
tig?

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Was war wichtig?

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Die Rüstungsklausur. War sie
wichtig?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Die war
wichtig, insbesondere aus folgendem Grund,
was wir hier gar nicht erörtert haben: Das
habe ich schon erwähnt, dass wir dazu über-
gehen, etwas zu planen, was wir uns leisten
können. Die Rüstungsklausur begann damit,
dass der Haushaltsabteilungsleiter mal über
die haushaltspolitischen Spielräume der
nächsten Jahre vorgetragen hat, im Blick auf
eine denkbare mittelfristige Finanzplanung
und im Blick auf die Bindung der bisherigen
Projekte und was wir überhaupt an Möglich-
keiten haben.

Und das war - wir haben das genannt:
Das ist der „Vortrag zur Spaßbremse“ - na-
türlich eine Gelegenheit, denjenigen, die
viele neue Ideen haben, Realismus beizu-
bringen. Das hatte einen großen didak-
tischen Effekt, und das war auch richtig so.
Nebenbei diente es für mich natürlich auch
immer noch der Einarbeitung in viele ein-
zelne Themen, die wir da besprochen haben.
Es war ein Überblick, den wir dort hatten.

Und solche Rüstungsklausuren hat es
ziemlich selten gegeben. Ich habe ja vor
einiger Zeit erneut eine Klausur gemacht, da
ging es um Fähigkeiten. Mir haben die Mit-
arbeiter, die schon länger dabei sind, gesagt,
dass sie sich darüber gefreut haben, dass es
seit vielen, vielen Jahren wieder mal eine
solche Rüstungsklausur überhaupt gegeben
hat.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich frage die anderen Fraktionen. - Ist nicht
der Fall. Dann Herr Kollege Nouripour.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Hatten Sie auch die Zeit, sich auf
diese Rüstungsklausur vorzubereiten?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, in
welchem Umfang, kann ich nicht mehr sa-
gen. Deswegen kann ich auch nicht mehr
sagen, ob ich die Unterlagen im Einzelnen
gelesen habe. Es waren da ja, wie Sie den
Unterlagen entnommen haben, Regieanwei-
sungen, Einführungsbemerkungen und so.
Das habe ich etwas gründlicher gelesen als
die ganzen Anlagen. Es macht auch wenig
Sinn, dass ich mich mit technischen Details
von Rüstungsgütern befasse, die überholt
werden, die ich schnell vergesse, die ich nur
zum Teil verstehe. Dass es mir trotzdem
aufgeschrieben wird, ist verständlich. Aber
ich kann das nicht alles zur Kenntnis neh-
men.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aber wie dünn muss denn eine
Vorbereitungsvorlage für einen wichtigen
Termin sein, damit Sie im Nachhinein sicher
sein können, dass Sie das wirklich gelesen
haben?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Im
Kanzleramt gab es die Regel - die ich nicht
eingeführt habe -, dass ein Vermerk in der
Regel nicht mehr als drei Seiten - und zwar
ohne Anlagen - haben müsste und dass
auch ein komplizierter Sachverhalt dort ziem-
lich umfassend aufgeschrieben sein muss.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): War das eine gute Regel?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Eine
sehr gute Regel.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Warum haben Sie sie bei sich
nicht eingeführt?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Und ich
habe im Innenministerium - - Und jetzt bin ich
auch dabei, diese Regel einzuführen;
manchmal sind es fünf Seiten, aber dann
wird es schon kompliziert. Solche Entschei-
dungsvorlagen, wie wir sie hatten, sind na-
türlich mal Ausnahmen. Aber die Kunst be-
steht nicht darin, lange Terminunterlagen
zusammenzustellen, einen dicken Ordner zu
machen und das dem Minister auf den Tisch
zu legen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aber, ich meine, dass man In-

Drucksache 17/14650 – 1168 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 108
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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formationen bekommt, ist ja, glaube ich, das
Allerwichtigste, was es gibt. Ohne Informa-
tionen kann man ja nicht arbeiten. So. Jetzt
sagen Sie, dass es ja die ganze Zeit - - dass
Sie zu viel Papier bekommen und dass Sie
das ja die ganze Zeit sagen. Warum wollen
Sie das jetzt erst einführen?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Was?
Die Kürze der Vermerke ist längst -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ja.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - ist
längst eingeführt.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Jetzt ist - -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ist
längst eingeführt, dass wir Entscheidungs-
vorlagen, Informationsvorlagen so kurz wie
möglich machen. Bei der Vorbereitung von
Terminbesuchen war ich da noch nicht so
erfolgreich, auf Kürze und weniger Anlagen
zu setzen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ja gut, ich rede aber über die
Rüstungsklausur. Wir reden ja nicht über
einen Betriebsbesuch, zum Beispiel. Und
was heißt: „längst eingeführt“?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, bei
Terminbesuchen wie bei Cassidian usw., -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Okay.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - bei
NATO-Sitzungen, da bekommen wir - ich
vermute, meine Kollegen auch - immer noch
zu viel. Das führt dazu, dass man manchmal
sich dann Deckvorlagen machen lässt, wo
dann nur irgendjemand die Substanz, diese
dicken Dinge, zusammenfasst, und nur das
wird dann oft gelesen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Was heißt: „längst eingeführt“?
Sie haben gesagt: „Ist längst eingeführt.“

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Dass
wir Vorlagen, die den Minister erreichen, -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Nein, was bedeutet das Wort
„längst“?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - so
kurz wie möglich machen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Was bedeutet das Wort „längst“?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ach,
einige Wochen und Monate nach meinem
Amtsantritt.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Also schon vor der Klausur, zum
Beispiel?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, si-
cher.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Gut, aber in dem, was Sie ein-
geführt haben, wie kurz das sein muss, ist da
eine Seitenzahl drin?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein,
das gilt vor allen Dingen nicht - das können
Sie auch nicht so förmlich machen - für An-
lagen von sonstigen Terminen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aber wenn Sie Ihrem Haus sa-
gen: „Macht so kurz wie möglich“ und die
Ihnen dann Unterlagen geben für einen
wichtigen Termin, dann muss man doch da-
von ausgehen können, dass Sie diese auch
sich zu Gemüte geführt haben.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein.
Das hängt davon ab, wie viel Zeit ich für die
Vorbereitung des Termins habe, hängt von
der Wichtigkeit des Termins ab und auch von
der Wichtigkeit der Themen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aber Sie haben doch gerade
eben ausführlich erklärt, warum das ein ganz
wichtiger, einzigartiger, guter Termin war.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Die
Rüstungsklausur?

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ja.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1169 – Drucksache 17/14650

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Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja. -
Insbesondere aus dem Grund, den ich Ihnen
erläutert habe, dass wir mal Wünsche und
haushaltspolitische Realität miteinander in
einen gewissen Einklang bringen. Da muss
man nicht über technische Details von hun-
dert Rüstungsprojekten diskutieren.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Was ich nicht begreife, ist: Sie
bekommen, wie gesagt, über einen Zeitrah-
men vom März 2012 bis Mai 2013 immer
wieder Vorlagen, in denen die Probleme
beschrieben werden, und am Ende sagen
Sie: Na ja, weil ich ja schon mal gesagt habe:
„Ich habe das nicht gewusst“, habe ich dann
alles nicht gelesen. - Und das fällt mir - - Das
ist nicht besonders - - Wie soll ich sagen?
Das fällt mir nicht besonders leicht, mir das
vorzustellen.

Gibt es, seit bekannt geworden ist, dass
die Serienbeschaffung nun nicht mehr ge-
tätigt wird, seitdem irgendwelche Konsulta-
tionen - - gibt es Beschwerden von NATO-
Partnern? Gibt es da Länder, die sich melden
und einfach genauer wissen wollen, was das
Problem ist, jenseits von Italien?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, ich
habe das auf der NATO-Tagung vorgetra-
gen; da gab es natürlich Interesse. Es gibt
auch einen Briefwechsel zwischen Herrn
Wolf und Herrn Vershbow, dem stellvertre-
tenden Generalsekretär, darüber. Es gibt
persönliches Interesse der Kollegen an mir
natürlich. Das versteht sich auch von selbst.

Und von daher hat das schon eine Rolle
gespielt. Aber eine Beschwerde anderer
Staaten ist mir gegenüber nicht vorgetragen
worden und mir nicht bekannt.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie haben ganz am Anfang Ihrer
Amtszeit ja angekündigt - das hatten wir als
Thema vorhin, aber es ist abgebrochen wor-
den -, dass Sie alle Rüstungsprojekte über-
prüfen mögen. Dann sagten Sie: „insbeson-
dere die Stückzahl“, wenn ich es richtig ver-
standen habe, sinngemäß zumindest. Was
ist denn genau von Ihnen überprüft worden
beim Euro Hawk?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Der
Euro Hawk war nicht Gegenstand dieser
Prüfung.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aber Sie haben gesagt: „alle“.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Wenn
ich das gesagt habe, dann -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ging es um Beschaffungsvorha-
ben?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - war
das - - Ich hoffe, ich habe gesagt: alle größe-
ren. - Ich kann nicht 1 200 Rüstungsprojekte,
wenn ich neuer Minister bin, auf den Prüf-
stand stellen. Das legt ja das Amt -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Was sind denn „größere“? Ab - -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - lahm.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ab wann fängt ein „größeres“ an?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das
habe ich schon vorgetragen: entweder vom
Volumen her oder von der Bedeutung oder
von der Einsatzrelevanz.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Was für ein Volumen?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Dafür
gibt es keine feste Größe. Die Bedeutung
und vor allem die Einsatzrelevanz - erinnern
Sie sich bitte noch mal an IED und andere
Dinge, die wir für Afghanistan gebaut haben.
Da geht es nicht um große Summen. Die
können sehr wichtig sein. Und darüber haben
wir uns gekümmert, darüber habe ich mich
gekümmert, da hat der Wehrbeauftragte uns
geschubst, uns darum zu kümmern. - Es gibt
keine feste Summe oder Kriterium dafür.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aber Einsatzrelevanz - - erinnere
ich mich auch genau, wie der General-
inspekteur gestern das beim Thema Euro
Hawk massiv unterstrichen hat.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, das
ist eine sehr einsatzrelevante Fähigkeit, das
ist wahr.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie haben vorhin noch gesagt,

Drucksache 17/14650 – 1170 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 110
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

dass es für das Thema eine hohe Aufmerk-
samkeit in den USA gegeben habe.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Für
welches?

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Für Euro Hawk. Sie haben ge-
sagt, über das, was hier in Deutschland pas-
siert, gab es eine hohe Aufmerksamkeit auch
in den USA.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: In den
USA nicht, bei meinen Kollegen. Ich glaube
nicht, dass die New York Times damit eine
Schlagzeile gemacht hat.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Gut, dann bei Ihren Kollegen; Sie
haben ja völlig zu Recht gesagt: Es waren
mehrere, zu Ihrer Amtszeit. - Wie hat sich
das ausgedrückt?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Sie sind
zu mir gekommen, haben gefragt. Im Vorfeld
wurde mir signalisiert, ich möge dazu bitte
vortragen, und das habe ich gemacht.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich schaue in die Runde. - Sind keine weite-
ren Wortmeldungen mehr. Herr Nouripour.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich habe das Letzte nicht ganz
verstanden. Wann haben Sie das vorgetra-
gen? Wann war das?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Zum
Beispiel bei der NATO-Verteidigungsminis-
tertagung, die auf den 13. Mai folgte. Das
Datum ist mir jetzt nicht gewärtig.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Haben Sie gerade „zum Beispiel“
gesagt?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Und bei
den EU-Ministern habe ich es, glaube ich,
auch gemacht.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wann war das?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich
habe es bilateral gemacht, meine holländi-
sche Kollegin war da, andere Kollegen waren

da. Das ist so, wenn im Rüstungsbereich ein
großes Problem ist, dann redet man darüber
und fragt. Wenn ich in Kanada bin, und es
gibt ein Problem mit dem F-35, dann frage
ich meinen Kollegen: Was ist da mit dem
Problem, kannst du mir das mal erzählen? -
So arbeiten wir als Kollegen miteinander.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das ist sehr löblich. Wann war
das mit der EU?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Bei
was?

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Weil Sie haben ja gesagt: Das
gab es nach dem 13. Mai, und dann gab es
das noch bei der EU.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Hatten
wir da ein Verteidigungsministertreffen der
EU, vielleicht auch nicht? Jedenfalls bei der
NATO auf jeden Fall, und bilateral.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie können nicht genau sagen,
wann das war?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Auch nicht, ob es noch vor oder
nach dem 13. Mai war?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Da-
nach.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das war alles danach?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Alles
danach.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Alles danach. - Sie haben vorhin
gesagt, dass kein Schaden entstanden ist.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein,
das habe ich nicht gesagt.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Im Eingangsstatement habe ich
das, denke ich, gehört.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1171 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 111
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein,
ich habe nicht - - Also, Herr Abgeordneter
Nouripour, ich habe nicht gesagt, dass kein
Schaden entstanden ist, sondern ich habe
gesagt, dass eine frühere Entscheidung
einen größeren Schaden verursacht hätte
und dass man den Schaden noch nicht end-
gültig beziffern kann. Das habe ich gesagt.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Gut. - Also, das ist weiterhin nicht
klar, wie viel das Ganze kosten wird.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: So ist
es. Das hängt - das haben wir ein paarmal
schon besprochen - von dem Ergebnis der
Variantenprüfung ab, die ansteht.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wenn ich jetzt noch mal zusam-
menfassen darf, was die Mehrkosten jetzt
noch ausmachen können: Das ist das neue
Trägersystem, das ist die Integration, das
sind neue infrastrukturelle Maßnahmen mög-
licherweise, weil ein A300M möglicherweise
eine andere Infrastruktur braucht als ein Euro
Hawk, das sind die Ausbildungskosten, die
bisher getätigt worden sind. Was noch?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Herr
Nouripour, ich möchte den Begriff „Mehr-
kosten“ in Zweifel stellen, den Sie verwen-
den. Denn für das System Euro Hawk stan-
den, ich glaube, in der Größenordnung von
1,3 Mittel zur Verfügung, und zu dem, was
wir jetzt ausgegeben haben, die von Herrn
Grübel richtig genannte - ich habe sie jetzt
vergessen - Zahl für die Beschaffung der
Serie.

(Markus Grübel (CDU/CSU):
675 Millionen!)

- 675 Millionen. Wenn wir die jetzt ausgeben
für eine Variante, sind es bitte keine Mehr-
kosten. Dann schließen wir die Fähigkeits-
lücke mit den Kosten, die für die Schließung
dieser Fähigkeitslücke vorgesehen waren.
Mehrkosten entstehen erst dann, wenn es
darüber hinausgeht.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aber - - Das ist ja selbstverständ-
lich, klar.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, ich
will nur dem vorbeugen, dass, wenn jetzt
eine Entscheidung kommt zu einer Träger-

plattform, die kostet x Millionen - - also das
heißt, das sind Mehrkosten.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Es ist ja - -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das
sind keine Mehrkosten.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Es ist ja ursprünglich eine
Summe veranschlagt worden, um die Fähig-
keitslücke zu schließen.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): So. Das betraf, sehr grob gesagt,
einmal die Trägerplattform -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): - bzw. den Prototypen, der erst
mal beschafft wurde, und einmal das ISIS-
System. So. Und dann wird man am Ende
sehen, wenn zum Beispiel - was auch im-
mer - neu gekauft wird, und zwar fünf Stück
oder vier Stück oder wie viel auch immer, wie
hoch die Differenz ist zwischen dem, was
das am Ende kostet, und dem, was am An-
fang veranschlagt wurde.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Aber
nicht - - Sie müssen dann vergleichen Pro-
totyp und Serienfertigung gegenüber dem,
was dann ansteht.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Selbstverständlich, klar. Inklusive
zum Beispiel bei Mehrkosten bei bemannten
Systemen, das sind 80 Prozent mehr, wie wir
gelernt haben; bis zu 80 Prozent mehr.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das
werden wir sehen. Ich kann es nicht sagen.
Ich kann ja deswegen, wenn wir uns über
den Begriff der Mehrkosten insoweit verstän-
digt haben, ob es Mehrkosten gegenüber
dem veranschlagten und geplanten Kosten-
rahmen gibt - - Dann werden wir uns das
sehr kritisch angucken.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie haben gesagt: Als die Leitung
von den Problemen erfahren hat, hat sie

Drucksache 17/14650 – 1172 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 112
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

gehandelt. - Sie hat ja zum Beispiel nach
alternativen Trägersystemen gesucht. Ist es
das gewesen?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das
sind die Terminsetzungen, das ist die Suche
nach alternativen Trägersystemen, das ist
die Prüfung der Frage „Verkehrszulassung
oder Musterzulassung auch für die Serie“
und all das, was in den Vermerken, die wir
inzwischen ja alle kennen, stattgefunden hat:
Prüfung der Varianten, Nutzung des ISIS. All
das, finde ich, ist Handeln der Leitung.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wie muss - - Sie haben ja ein-
gangs gesagt, dass der Kern dessen, was in
Deutschland als Problem auch empfunden
wurde und auch behandelt wurde, ja die
Musterzulassung sei. Das habe ich richtig
verstanden?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Für die
Entscheidung über die Nichtbeschaffung der
Serie war die Nichterreichbarkeit der Muster-
zulassung zu vertretbaren Kosten das Haupt-
thema. Die Frage „Materialkosten“, die Frage
„Missionsplanung“ spielten ebenso eine ge-
wichtige Rolle.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Gut, aber wenn es bei der Mus-
terzulassung - - Was ändert an der Erreich-
barkeit und Nichterreichbarkeit der Muster-
zulassung die Veränderung vom alten zum
neuen CPM?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Da gibt
es keinen Zusammenhang, sondern die Ver-
änderung vom alten zum neuen CPM be-
deutet, Herr Nouripour, dass man früher
diese Probleme erkennt, dass das Projekt-
management so ist, dass es auch viel Hin
und Her im Amt, zwischen WTD und dem
Amt, dem Projektleiter, so nicht gegeben
hätte, dass Haushalt und Planung früher
beteiligt werden in integrierten Projektteams.
Das Problem wäre früher virulent geworden.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wenn es jetzt weltweit immer
noch keine Musterzulassung gibt, was hilft
dann, zu sagen: „Wir brauchen eine europäi-
sche Lösung“?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Also, für
den Global Hawk und AGS wird vermutlich
eine italienische Zulassung reichen. Für eine
Drohne mittlerer Höhe - das ist der Hinter-
grund dessen, was Sie fragen -, die sich sehr
häufig oder ausschließlich in dem mittleren
Flughöhensegment bewegt, wo wir am all-
gemeinen Luftverkehr die Teilnahme haben,
da brauchen wir, wenn wir nicht angewiesen
sein wollen auf vorläufige Verkehrszulassun-
gen, Musterzulassungen. Und da wir das
System des Single European Sky haben,
dass wir also diese Dinge, wer über Europa
fliegt, für Europa einheitlich regeln wollen bei
dem Kontinent der dünnen Besiedelung und
der Kleinstaaterei, die wir in Europa haben,
ist es sinnvoll, auch für ein solches un-
bemanntes Luftsystem eine harmonisierte - -
oder ein System gegenseitiger Anerkennung,
Musterzulassung von einer europäischen
Drohne anzustreben.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Der Rüstungsabteilungsleiter hat
am 3. Januar eine Mail geschrieben, in der
drinsteht: Der Minister erwartet eine Vorlage
usw., usf. Wie kommt er dazu?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Die
Frage habe ich schon auf die Frage vom
Abgeordneten Grübel beantwortet. Er hat es
aus seiner Sicht erklärt. Ich möchte nicht,
dass ich in Anspruch genommen werde für
Dinge, die ich nicht veranlasst habe.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das habe ich nicht verstanden.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Wenn
ein Abteilungsleiter sagt: „Der Minister er-
wartet bis dann und dann eine Vorlage“,
möchte ich, dass der Minister das auch er-
wartet. Und wenn es die Leitung erwartet,
wenn es ein Staatssekretär erwartet, möchte
ich nicht, dass gesagt wird: Der Minister er-
wartet es aber. - Soweit möchte ich nicht in
Anspruch genommen werden für Dinge, die
ich nicht selber veranlasst habe.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
So, ich schaue in die Runde. - Es sind ja
keine Fragestellungen mehr. Herr Kollege
Nouripour, vielleicht könnten Sie es nach
Möglichkeit vermeiden, die Fragen jetzt dop-
pelt und dreifach zu stellen.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1173 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 113
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich tue es nicht, Frau Vorsit-
zende.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Doch.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Nein, ich tue es nicht, Frau Vor-
sitzende.

(Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg)
(CDU/CSU): Doch, seit einer
Stunde!)

- Nein, ich tue es nicht. Wir sind frei gewählte
Abgeordnete, Herr Lamers, Sie können sich
aufhalten, wo Sie möchten.

Herr Minister, was bedeutet das dann?
Also, Sie finden sein Vorgehen falsch. Das
Vorgehen von ihm ist falsch gewesen?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, ich
habe gehört, das ist offenbar häufiger so,
dass gesagt wird: „Der Minister erwartet“ -
und der Minister erwartet gar nicht -, um
vielleicht einer Bitte größeren Nachdruck zu
verleihen. Ich möchte nicht, dass das statt-
findet.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Und Sie werden das abstellen?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Wir
werden das einstellen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Kann es sein, dass nicht nur Ihr
Name im Hause frei verfügbar vergeben
wird, sondern auch Ihre Farbe?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das
halte ich für ziemlich unwahrscheinlich, dass
jemand sich traut, mit Grün zu schreiben.
Ausschließen kann ich es nicht. Oder Rot für
die Staatssekretäre.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wir hatten vorhin vom Kollegen
Silberhorn ja die Ausführungen über „Melden
macht frei“, dass das eine Geschichte war,
die General Schneiderhan hier erzählt hat.

(Thomas Silberhorn (CDU/CSU):
Letzte Woche war das!)

- Ja, ja, klar. Sie haben es ja vorhin noch mal
zitiert. - Ich habe das etwas anders verstan-
den als der Kollege Silberhorn. Ich habe das

so verstanden, dass General Schneiderhan
sagte: „Es gibt ja diese Losung: Melden
macht frei“; er machte sich das aber nicht zu
eigen. Er wollte damit klarmachen, dass er
nicht nur per Vorlage arbeitet, damit er dann
sagen kann: „Melden macht frei“, sondern er
sucht natürlich, wenn er Probleme lösen will,
immer wieder, hat auch immer wieder in sei-
ner Amtszeit ja den informellen Weg gesucht.
Ist das für Sie nachvollziehbar?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Absolut
nachvollziehbar; aber bei Vorgängen von
gewichtiger Art, insbesondere wenn es um
Entscheidungen geht, muss es einen förm-
lichen Weg und keinen informellen Weg ge-
ben. Das muss nachvollziehbar, das muss
transparent sein, und wenn man gezwungen
ist, etwas aufzuschreiben, ist es viel schwie-
riger, als wenn man mal mündlich etwas
erörtert. Man kann mündlich Grundlinien
besprechen, man kann Tendenzen erörtern,
und dann pflege ich zu sagen: Und nun
schreiben Sie mir das mal bitte auf in eine
Vorlage.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie haben und nicht nur Sie,
sondern die Leitung des Hauses hat ja jetzt
mehrfach gesagt, dass Ihre Rechtsauffas-
sung sei, die Bemühensklausel würde gelten.
Das habe ich richtig verstanden?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Da gibt
es auch Passagen, die eine Werkleistung
umfassen; aber im Wesentlichen bei der
Frage der Zulassung war die Auffassung des
Amtes und des Hauses, Bemühensklausel
und keine Leistung.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Was heißt „die Auffassung des
Hauses“? Weil Kollegin Keul hat ja vorhin
aufgeführt, dass die Rechtsabteilung sich
damit nicht beschäftigt hat.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Die
Rüstungsabteilung hat die Auffassung eben-
so vertreten.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Okay. - Wenn es zu einem
Rechtsstreit käme - Sie sind ja, wenn ich es
richtig - - Ich weiß es, Sie wissen es viel bes-
ser, Sie sind ja selber Jurist. Wenn es zu
einem Prozess kommt, sind solche Aussa-

Drucksache 17/14650 – 1174 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 114
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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gen dann, nachdem ja Ihre Kanzlei überprüft
hat und möglicherweise gesagt hat: „Dann
kann man prozessieren“, nicht verwendbar
gegen die Interessen der Steuerzahler?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Natür-
lich spielt die Auslegung der Vertragspartner
dann eine wichtige Rolle. Aber ich will noch
auf Folgendes hinweisen: dass es bisher
üblich war, dass die Rechtsprobleme, auch
die Rechtsvertretung nach außen - - von den
Fachabteilungen gemacht wurde. Und Teil
der Umstrukturierung des Ministeriums ist,
dass ich entschieden habe, dass die Rechts-
abteilung federführend für diese Rechtsfra-
gen zuständig ist und das nicht mehr die
Fachabteilungen machen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich habe das - -

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das gilt
natürlich nur für die Zukunft.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Noch mal für mich; ich habe es
nicht verstanden.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Die
Rechtsabteilung war früher für Rechtsfragen,
die in den Fachabteilungen waren, und deren
Bearbeitung einschließlich der Prozessfüh-
rung nicht zuständig. Das ist geändert.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aber noch mal: Meine Frage war
ja: Sind die Zitate, die wir jetzt von Ihnen
haben, von Herrn Beemelmans haben, sind
die bei einem Rechtsstreit Bundesrepublik
Deutschland gegen EuroHawk GmbH nicht
von der anderen Seite verwendbar, um klar-
zumachen, dass es keinerlei Regressmög-
lichkeiten und Haftungsmöglichkeiten gibt?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Sie sind
verwendbar. Wie das dann ein Richter ent-
scheidet, muss man sehen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aber muss man dann nicht, wenn
man dann möglicherweise - - weil man ja
eine Kanzlei eingeschaltet hat, weil man sich
ja möglicherweise vorbereiten muss auf
einen Rechtsstreit, sich solche Dinge, die
dann im Rechtsstreit nachteilig wirken kön-
nen, verkneifen?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein,
wenn Sie die Auffassung haben: „Das ist
eine Bemühensklausel“, dann können Sie
nicht dann, wenn es ein Problem gibt, sagen:
April, April, das war wahrscheinlich doch eine
Werkleistung. - So geht es auch nicht.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ist das Euro-Hawk-Projekt ein
zentrales gewesen?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ein
wichtiges.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ein zentrales.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Also,
ich kann den Unterschied jetzt nicht erken-
nen. Zentrum ist ja die Mitte von allem. So
zentral war es nicht; aber ein wichtiges.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wie haben Sie denn „zentral“
gemeint, als Sie den Dresdner Erlass ver-
fasst haben oder haben verfassen lassen?
Da steht nämlich, dass zentrale Fragen dann
beim Minister liegen.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja, ich
weiß gar nicht, ob da das Wort „zentral“
steht. Ich habe abgestellt auf die vorigen
Fragen, auf die politische Bedeutung. Und
die gehört dann zum Minister, und was je-
weils dazugehört, ist wie immer, auch wenn
Sie den Begriff „zentral“ oder „wichtig“ ver-
wenden, Auslegungssache.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Der Vizepräsident von Northrop
Grumman hat hier berichtet, dass er Ende
2012 von Gerüchten gehört habe, die Deut-
schen könnten aussteigen aus dem Euro-
Hawk-Projekt. Ist das nicht besorgniserre-
gend, wenn ein Manager von einer amerika-
nischen Firma bei einem - wie immer Sie es
auch nennen möchten - Projekt, was ja am
Ende eine zentrale - wichtige; wie auch im-
mer - - für die Aufklärungsfähigkeit der Bun-
deswehr sein soll, ein halbes Jahr vor dem
Minister Bescheid weiß?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein.
Gerüchte; er hat offenbar von Gerüchten
gesprochen.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1175 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 115
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Die bei ihm angekommen sind
und bei Ihnen nicht.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Wenn
es eine Institution gibt, wo Gerüchte gedei-
hen und wachsen, dann ist es die Bundes-
wehr. Wenn Sie jedes Gerücht ernst nehmen
wollen, dann können Sie gar nicht mehr ar-
beiten.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Kann Euro Hawk Flurfunk ab-
hören?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Gut.

(Zuruf des Abg. Markus Grübel
(CDU/CSU))

Sie haben davon gesprochen, dass ja - -
Sie haben ja über die Informationspolitik dem
Parlament gegenüber gesprochen. Kollege
Schäfer hat ja vorhin die Anfrage vom Kolle-
gen Leutert noch mal zitiert. Als diese An-
frage gelaufen ist, wusste die Leitung des
Hauses ja über die Größenordnung von
596 Millionen Bescheid. Warum findet sich
das nicht in der Vorlage wieder?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Die
Frage habe ich schon beantwortet.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Haben Sie?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja. Auf
die Frage - -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wer trägt dafür die Verantwor-
tung? Wer trägt dafür, falls - - Wenn Informa-
tionen dem Parlament nicht zugeleitet wer-
den, wer trägt dafür die Verantwortung?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Der, der
die Zuleitung an das Parlament macht, trägt
dafür die Verantwortung.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Gibt es irgendetwas, wofür Sie
verantwortlich sind in Ihrem Haus?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich
trage natürlich die Gesamtverantwortung
dafür.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Was ist die Gesamtverantwor-
tung?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Die
Aussage ist nicht falsch. Ich habe gesagt:
„Sie hätte vollständiger sein können“ - Kom-
parativ.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wissen Sie, wer die Erprobungs-
ergebnisse von ISIS und nun von Euro Hawk
auswertet?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Wird es dann nach dem - - Wann
kommt denn die Truppenerprobung? Weil
Sie ja in Aussicht gestellt haben: Es kann
durchaus sein, dass, wenn das ISIS-System
funktioniert, ja tatsächlich dann der Prototyp
verwendet werden kann.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Kann
ich auch nicht beantworten.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aber das wird Mehrkosten mit
sich bringen?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das
weiß ich nicht.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Gibt es kostenlose Erprobungs-
flüge?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Nein.
(Zuruf des Abg. Holger Krestel
(FDP))

Ob wir da noch Erprobungsflüge brau-
chen oder ob dann im Teil der Variantenprü-
fung, wenn wir den Prototyp nutzen, wozu
gefragt ist, wir fliegen müssen - - Aber das ist
dann Teil der Materialerhaltungs- und der
Nutzungskosten eines solchen Systems.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich muss jetzt in die Runde schauen. - Das
ist nicht der Fall. Herr Kollege Nouripour.

Drucksache 17/14650 – 1176 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 116
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

(Zuruf: Noch mal?)

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Spiegel Online meldet am 29.Juli,
die Kanzlerin hätte gesagt, auch ein Rück-
trittsangebot Ihrerseits würde sie nicht an-
nehmen. Können Sie das dementieren,
möchten Sie das dementieren?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich
möchte weder das bestätigen noch demen-
tieren. Was die Bundeskanzlerin und ich
besprechen, das behalten wir für uns.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Eine der letzten Fragen, die ich
hier noch stellen möchte,

(Holger Krestel (FDP): Sie sind ja
schon nominiert! Jetzt machen Sie
mal Schluss! Sie dürfen ja wieder-
kommen!)

ist noch mal nach der Unterrichtung der Koa-
litionsabgeordneten am 14.03. Können Sie
noch mal sagen, wie es zu dieser Zusam-
mensetzung kam?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Es gab
keine Unterrichtung der Koalitionsabgeord-
neten, sondern es gibt eine Unterlage zur
Vorbereitung des Gespräches, und zu dem
Gespräch zu diesem Thema kam es nicht.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie haben aber gesagt - - Das
Gespräch fand aber statt. Sie haben ja vorhin
gesagt, zum Thema Eagle.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das
Gespräch fand statt.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Aber wie kam denn die Zusam-
mensetzung in der Form zustande?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das ist
die übliche Zusammensetzung, dass man mit
den Berichterstattern der Koalition wichtige
Haushaltsfragen zur Vorbereitung von Aus-
schüssen berät, und ich bin ziemlich sicher,
dass bei Rot-Grün es ähnliche Formate in
allen Ressorts gibt.

(Zuruf von der CDU/CSU: Genau!)

Selbstverständlich werden die Bericht-
erstatter der Koalition mit der Regierung

zusammen gut vorbereitet, und wir tauschen
Informationen aus.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sie haben in Ihrer Dresdener
Rede von den verschiedenen Arten und Wei-
sen gesprochen, wie geführt werden muss,
Führen durch Vertrauen und einiges andere.
Wenn Sie jetzt - - Wenn wir jetzt heute fertig
sind, Sie rausgehen und erklärt haben, dass
Sie halt bestimmte Unterlagen nicht gründlich
lesen, weil Sie sie nicht für richtig erachten,
weil Sie die Zeit dafür nicht haben usw., ist
das Motivation für Ihre Leute, sozusagen
gründlich diese zu schreiben?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Herr
Abgeordneter Nouripour, Sie fassen meine
Aussagen immer in einer Weise zusammen,
wie ich sie nicht verstanden wissen möchte.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Es tut mir leid.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich
habe die Binsenweisheit mitgeteilt, dass an-
gesichts der Fülle der Termine und der Arbeit
ich wie alle in diesem Raum uns unter-
schiedlich gründlich auf Sitzungen vorberei-
ten. Nicht mehr und nicht weniger habe ich
gesagt.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ich möchte das noch mal - - Eine
Sache möchte ich trotzdem noch mal verste-
hen. Sie haben sich so häufig so schwer zum
Thema Verantwortung geäußert, in dem
Buch, was mit Ihnen sozusagen zusammen
geschrieben worden ist, wo auch eine Figur
„Thomas Bockenheimer“ vorkommt, in Ihrer
Dresdener Rede usw., usf. Können Sie noch
mal in wenigen Worten erklären, was das für
Sie bedeutet, eine Verantwortung zu haben
für dieses Haus?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ich bin
für alles, was in meinem Geschäftsbereich
geschieht, verantwortlich, -

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Für alles?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: - und
zwar für alles. Diese Verantwortung ist natür-
lich eine gestufte Verantwortung, wie Sie
wissen. Aber zur politischen Verantwortung

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1177 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 117
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

gehört auch, dass man, wenn in einem Ge-
schäftsbereich etwas passiert, was man nicht
selber gemacht hat, auch dafür die Verant-
wortung trägt. Verantwortungsübernahme
heißt aber insbesondere: Wenn man eine
Entscheidung für richtig hält und es im Ver-
fahren Mängel gab, die Richtigkeit dieser
Entscheidung zu vertreten und zu verteidigen
und die Mängel in Zukunft abzustellen. So
verstehe ich meine Verantwortung in diesem
Fall.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): In der Dresdener Rede habe ich
nicht gesehen oder gelesen eine Formulie-
rung „gestufte Verantwortung“. Was ist denn
gestufte Verantwortung?

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Also,
Herr Nouripour, das wissen Sie doch selbst,
dass - - Wenn es einen rechtsextremen Vor-
fall in der Bundeswehr gibt und ein Kompa-
niechef das übersieht, trägt der Kompanie-
chef dafür die Verantwortung unmittelbarer
Art, und ich trage dafür natürlich auch eine
Form von gestufter Verantwortung, weil es
mein Geschäftsbereich ist. Sie fragen mich
dann ja, ob es zutrifft, dass die Bundeswehr
ein rechtsextremer Haufen ist; dann sage ich:
Nein, und dieser Vorfall wird geändert und
abgestellt.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das frage ich Sie nicht.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Das ist
gestufte Verantwortung.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Das frage ich Sie nicht; ich frage
nach einem Projekt, was leitungsrelevant ist.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja,
eben haben Sie aber gefragt: Was ist „ge-
stufte Verantwortung“?

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Klar.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Ja. Und
das heißt: Leitung ist in der Regel der zu-
ständige Staatssekretär und nach dem
Dresdner Erlass bei Fällen von grundsätz-
licher und politischer Bedeutung auch der
Minister.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Danke.

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Danke schön. - Ich bitte die Kollegen und
Kolleginnen hierzubleiben, weil wir kurz da-
nach noch eine Beratungssitzung machen,
wenn ich den Minister verabschiedet habe.

Herr Minister, ich darf Sie noch mal da-
rauf hinweisen, dass Ihnen nach Fertigung
des Protokolls dieses für mögliche Korrektu-
ren vom Sekretariat übersandt wird. Des
Weiteren bin ich nach § 26 Abs. 3 PUAG
gehalten, Sie zum Ende Ihrer Vernehmung
darauf hinzuweisen, dass der Untersu-
chungsausschuss durch Beschluss feststellt,
dass die Vernehmung des Zeugen abge-
schlossen ist. Die Entscheidung darf erst
ergehen, wenn nach Zustellung des Ver-
nehmungsprotokolls zwei Wochen verstri-
chen sind oder auf die Einhaltung dieser Frist
verzichtet worden ist.

Herr Bundesminister, ich bedanke mich
für die Beantwortung der Fragen, bedanke
mich für Ihr Kommen und wünsche Ihnen
einen guten Nachhauseweg.

Zeuge Dr. Thomas de Maizière: Danke.
Wiederschauen!

Vorsitzende Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich bitte die Zuschauer, den Raum auch zu
verlassen. - Ich bitte die Zuschauer oben auf
der Tribüne, den Raum zu verlassen.

(Zuruf von der Tribüne: Wir müssen
ja gerade noch einpacken können!)

- Ja.

(Schluss des Sitzungsteils Zeugen-
vernehmung, Öffentlich: 17.31 Uhr -
Folgt Sitzungsteil Beratung, in dem
einvernehmlich beschlossen wird,
auf die Vernehmung des Zeugen
Prof. Dr. Dieter Engels zu
verzichten)

Drucksache 17/14650 – 1178 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 118
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1179 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 119
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Drucksache 17/14650 – 1180 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 120
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

DEUTSCHER BUNDESTAG - STENOGRAFISCHER DIENST

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 1181 – Drucksache 17/14650

Verteidigungsausschuss als 2. Untersuchungsausschuss 121
[8. Sitzung am 31.07.2013 - Sitzungsteil Zeugenvernehmungen, Öffentlich] - Endgültig

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Inhaltsverzeichnis
Erster Teil: Einsetzung des Untersuchungsausschusses und Verlauf des Untersuchungsverfahrens
A. Einsetzung und Konstituierung desUntersuchungsausschusses
I. Vorgeschichte
II. Konstituierung des Untersuchungsaus- schusses und Untersuchungsauftrag

B. Gang der Untersuchung
I. Rechtsgrundlagen für die Arbeit des Untersuchungsausschusses
II. Beschlüsse und Absprachen zum Verfahren
III. Beweiserhebung durch Beiziehung und Verlangen der Herausgabe von Akten und sonstigen Unterlagen
IV. Beweiserhebung durch Vernehmung von Zeugen
V. Zeit- und Arbeitsaufwand
VI. Bericht
VII. Umgang mit Beweismitteln nach Vorlage des Berichtes
Zweiter Teil: Feststellungen zum Sachverhalt
A. Beginn und Verlauf des EntwicklungsprojektesEURO HAWK bis zumVertragsschluss im Jahr 2007
I. Schrittweise Aussonderung des Systems Breguet 1150 Atlantic SIGINT
II. Durchführung von Konzeptstudien
III. Verfahrensbestimmungen des Customer Product Managements (CPM) 2001
IV. Rechtliche Rahmenbedingungen für dieZulassung und den Betrieb vonLuftfahrzeugen
V. Beauftragung und Erstellung einerSystemfähigkeitsforderung (SFF)
VI. Phasendokument „Abschließende funktionaleForderung (AF) für das SystemSignalerfassende LuftgestützteWeiträumige Überwachung undAufklärung“ (SLWÜA)
VII. Projektbezogene Aktivitäten
VIII. Erste Zwischenentscheidung zumPhasendokument AF SLWÜA

B. Vertragsschluss im Januar 2007
I. Verfolgte Absicht
II. Freihändige Vergabe
III. Vertragsvorbereitung
IV. Vertrag
V. Prüfung von Rechtsfragen durch eine Rechtsanwaltskanzlei
VI. Billigungsverfahren/Mitwirkungsrechte
VII. Unterrichtung der Öffentlichkeit

C. Verlauf des Entwicklungsprojektes EURO HAWK 2007 bis 2009
I. Vorlage eines unvollständigen Muster- prüfprogramms durch die Industrie
II. Vorlage der für die Musterprüfung erforder- lichen Nachweise durch die Industrie
III. Personalsituation bei der WTD 61/ ML und beim BWB
IV. Vertragliche Änderungen/Anpassungen
V. Abbruch des Gemeinsamen Auswerte- systems der technischen und elektronischen Aufklärung (GAST)
VI. Joint Mission Planning Station (JMPS)

D. Verlauf des Entwicklungsprojektes EURO HAWK Ende 2009 bis Anfang 2013
I. Allgemeiner Verlauf
II. Vertragliche Änderungen
III. Auftretende Probleme im Bereich der Zulassung
IV. Probleme bei der Zulassung der EuroHawk GmbH als Luftfahrtbetrieb
V. Maßnahmen zur Schadensvermeidung/ Handlungsalternativen
VI. Überwachung des Projektverlaufs durch die Bundesregierung
VII. Eingesetzte Haushaltsmittel seit dem dritten Änderungsvertrag
VIII. Bewertung des Bundesrechungshofes

E. Entscheidung zum Verzicht auf die Serienbeschaffung EURO HAWK
I. Inhaltliche Aspekte der Entscheidung
II. Beweggründe für die Entscheidung
III. Information über und Kenntnis von Zulassungsproblemen
IV. Information des Parlamentes
V. Information der Öffentlichkeit
VI. Juristische Überprüfung von etwaigen Haftungs- und Gewährleistungsansprü- chen gegenüber der Auftragnehmerin sowie Eintritt eines eventuellen Schadens
VII. Auswirkungen der Entscheidung auf andere Rüstungsvorhaben
Dritter Teil: Bewertungen des Untersuchungsausschusses
A. Verfahren
B. Bewertung der Untersuchungsergebnisse
I. Schließung der Fähigkeitslücke nach„Breguet Atlantic
II. Projektverlauf CPM
III. Vertragsgestaltung
IV. Kenntnisstand des Bundesministers der Verteidigung Dr. Thomas de Maizière, MdB
V. Befassung des Ministers mit dem Entwicklungsvorhaben Euro Hawk
VI. Verantwortlichkeiten des Bundesministers der Verteidigung
VII. Lessons learned
VIII. Zusammenfassung
Vierter Teil: Sondervoten
A. Sondervotum der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
I. Erwiderung der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu denAnmerkungen der Ausschussmehrheit
II. Anlass und Ergebnis des Untersuchungs- ausschusses
IV. Ausblick:

B. Sondervotum der Fraktion DIE LINKE.
I. Einleitende Zusammenfassung
II. Die Rolle von Thomas de Maizière
III. Militarisierung der deutschen Außenpolitik
IV. „Ressortübergreifender“ Einsatz des Euro Hawk
V. Verzahnung zwischen Politik und Rüstungsindustrie
VI. Vertragsfragen: Die Industrie wird aus der Verantwortung entlassen
VII. Die Zulassungsprobleme des Euro Hawk
VIII. Verfahrensfragen: Die Grenzen der Aufklärung
Fünfter Teil: Übersichten und Verzeichnisse
I. Abkürzungsverzeichnis
II. Übersicht der Beratungsunterlagen
III. Beschlüsse zu Beweisanträgen
IV. Verzeichnis der Materialien
V. Verzeichnis der Sitzungen
VI. Verzeichnis beigefügter Stenografischer Protokolle
Stenografisches Protokoll Nr. 3
Stenografisches Protokoll Nr. 4
Stenografisches Protokoll Nr. 5
Stenografisches Protokoll Nr. 6
Stenografisches Protokoll Nr. 7
Stenografisches Protokoll Nr. 8

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