BT-Drucksache 17/14534

Gesamtwirtschaftliche Konzentrationsberichterstattung der Monopolkommission

Vom 29. Juli 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/14534
17. Wahlperiode 29. 07. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Michael Schlecht, Harald Koch, Dr. Axel Troost,
Sahra Wagenknecht und der Fraktion DIE LINKE.

Gesamtwirtschaftliche Konzentrationsberichterstattung der Monopolkommission

Laut § 44 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkung (GWB) zählt die ge-
samtwirtschaftliche Konzentrationsberichterstattung zum Auftrag der Monopol-
kommission. Diese wiederkehrende gesetzliche Aufgabe soll im Rahmen der
Hauptgutachten der Monopolkommission dokumentiert werden, um dem Ge-
setzgeber valide Informationen zur Entwicklung der Marktstrukturen, der Kon-
zentration im Unternehmenssektor und dem Vernetzungsgrad zu liefern, um so
rationale wirtschafts- und ordnungspolitische Entscheidungen und kartellrecht-
liche Interventionen begründen zu können.

Über den konkreten Zuschnitt und Inhalt der gesamtwirtschaftlichen Konzentra-
tionsberichterstattung diskutiert der Deutsche Bundestag seit 2009 kritisch.
Ausgangspunkt dafür ist ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des
Deutschen Bundestages vom 1. April 2009, indem die Auftragserfüllung der
Monopolkommission nach § 44 GWB seit dem Jahr 2006 bezweifelt wird. Als
Reaktion hat der Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert am 9. Oktober
2009 ein entsprechendes Schreiben an die Monopolkommission gerichtet, um
sachliche Aufklärung gebeten und die Erfüllung des gesetzlichen Auftrags an-
gemahnt. Die Monopolkommission hat sich ihrerseits seit 2010 mit Bezug auf
ein Auftragsgutachten des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung
GmbH (ZEW) Mannheim zur „Revision“ der gesamtwirtschaftlichen Konzen-
trationsberichterstattung entschlossen. Seither wird die Berichterstattung über
zentrale Aspekte der Verflechtung und Konzentration der Unternehmen nach
Wirtschafts- und Güterbereichen ersatzlos eingestellt.

Auf den Umstand, dass der gesetzliche Auftrag der Monopolkommission nach
§ 44 GWB seit 2006 nicht mehr erfüllt wird, hat die Fraktion DIE LINKE. im
Zuge der jüngsten Beratung um das Neunzehnte Hauptgutachten der Monopol-
kommission 2010/2011 in einem Entschließungsantrag (Bundestagsdrucksache
17/13109) erneut hingewiesen. In einer schriftlichen Stellungnahme des amtie-
renden Vorsitzenden der Monopolkommission vom 31. Mai 2013 konnte diese
Kritik sachlich erneut nicht ausgeräumt werden. In der Sitzung des federführen-
den Ausschusses für Wirtschaft und Technologie des Deutschen Bundestages
wurde deshalb festgehalten, dass eine abschließende Klärung nicht möglich sei
und folglich in der kommenden Legislaturperiode die inhaltlichen und recht-

lichen Fragen dringend zu klären seien.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie vereinbart die Bundesregierung ihr wettbewerbspolitisches Leitbild mit
der von ihr bis heute nach Auffassung der Fragesteller de facto akzeptierten
Abschaffung der gesamtwirtschaftlichen Konzentrationsberichterstattung,
die nach dem von ihr in Auftrag gegebenen Gutachten des ZEW Mannheim

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(S. 16) mit der Warnung begründet wird: „…, dass die Monopolkommission
im gegebenen institutionellen Rahmen die Konzentrationsberichterstattung
zu einem branchenübergreifenden Indikatorensystem zur Aufdeckung von
Wettbewerbsverstößen ausbaut. Fraglich ist zudem, ob ein solches System
ordnungspolitisch wünschenswert ist … (oder), dass ein umfassendes Indika-
torensystem beim Kartellamt wünschenswert ist.“?

2. Ist die Bundesregierung in der Lage, die aus dem Neunzehnten Hauptgutach-
ten der Monopolkommission und einer zusätzlichen Mitteilung im Schreiben
des Vorsitzenden der Monopolkommission (31. Mai 2013) folgende rasante
Entwicklung der Konzentration in der Wirtschaft – 40 459 Unternehmens-
gruppen/Konzerne im Jahr 2005, die 118 168 Unternehmen kontrollieren, im
Vergleich zu ca. 165 000 Unternehmensgruppen/Konzerne im Jahr 2009, die
ca. 403 000 Unternehmen kontrollieren – wettbewerbspolitisch zu bewerten
und ihre Position näher zu begründen?

3. Ist der Bundesregierung bekannt und ist sie in der Lage, die in den letzten bei-
den Hauptgutachten der Monopolkommission für 2007 und 2009 veröffent-
lichten Angaben zu bewerten, dass sich in zahlreichen Wirtschaftsbereichen
der Konzentrationsgrad erheblich – in ca. 40 Wirtschaftsbereichen auf mehr
als das zwei- bis sechsfache – erhöht hat?

4. Sind der Bundesregierung aktuelle Angaben zu den Vorgängen im Grund-
stücks- und Wohnungswesen bekannt, dass sich nach den Angaben der
Monopolkommission im Neunzehnten Hauptgutachten die Umsätze der
jeweils drei größten Anbieter im Jahr 2007 auf 87 von ihnen kontrollierte
Unternehmen verteilten, sich jedoch bereits zwei Jahre später auf lediglich
18 Unternehmen konzentrierten?

5. Welche kartellrechtlichen und wettbewerbspolitischen Schlussfolgerungen
zieht die Bundesregierung aus dieser Veränderung, wie sie exemplarisch in
den Fragen 3 und 4 angeführt sind?

6. Hält es die Bundesregierung fachlich für vertretbar, dass sich die Monopol-
kommission zur Begründung, die Datenbasis des Verflechtungsnetzwerks der
deutschen Unternehmen seit 2008 drastisch zu reduzieren, auf einen Aus-
wahlsatz von rund 1 Prozent der Unternehmen beschränkt und die thema-
tisierten Ergebnisse in den folgenden Jahren auf die Gesamtwirtschaft über
alle Sektoren und Größenklassen hinweg übertragen hat?

7. Welchen konkreten wirtschaftspolitischen Erkenntnisgewinn verspricht sich
die Bundesregierung aus der nach Auffassung der Fragesteller von ihr akzep-
tierten und von der Monopolkommission seit 2008 erweiterten Konzentra-
tionsberichterstattung auf Kindergärten und Vorschulen, Grundschulen,
Wirtschafts- und Arbeitgeberverbände, Arbeitnehmervereinigungen, kirch-
liche und sonstige religiöse Vereinigungen sowie politische Parteien und Ver-
einigungen?

8. In welcher Höhe sind öffentliche Mittel insgesamt für Personal- und Sachaus-
gaben, anteilsmäßige Verwaltungsaufwendungen und Aufwandsentschädi-
gungen für die Mitglieder der Monopolkommission, Entgelte an das Statisti-
sche Bundesamt usw. zumindest für die drei letzten Hauptgutachten der
Monopolkommission eingesetzt worden?

Berlin, den 29. Juli 2013

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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