BT-Drucksache 17/14533

Konsequenzen aus dem Bundesverwaltungsgerichtsurteil zur Rechtswidrigkeit der Nennung von Verdachtsfällen im Bundesverfassungsschutzbericht

Vom 8. August 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/14533
17. Wahlperiode 08. 08. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Heidrun Dittrich, Jens Petermann und der
Fraktion DIE LINKE.

Konsequenzen aus dem Bundesverwaltungsgerichtsurteil zur Rechtswidrigkeit
der Nennung von Verdachtsfällen im Bundesverfassungsschutzbericht

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Nennung der rechtsgerichteten antimus-
limischen Splitterpartei „Bürgerbewegung pro Köln e. V.“ in den Verfassungs-
schutzberichten des Bundes für die Jahre 2008 bis 2010 in den Kapiteln „Rechts-
extremistische Bestrebungen und Verdachtsfälle“ bzw. „Rechtsextremismus“
für rechtswidrig erklärt (Pressemitteilung zum Urteil vom 26. Juni 2013, Az. 6
C 4.12).

Nach Ansicht des Gerichts ermächtigt das Bundesverfassungsschutzgesetz das
Bundesministerium des Innern nicht, „in seinen Verfassungsschutzbericht auch
solche Vereinigungen aufzunehmen, bei denen zwar tatsächliche Anhaltspunkte
für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung vorlie-
gen, solche Bestrebungen aber noch nicht sicher festgestellt werden“ könnten.
Zwar stünden einer solchen Erwähnung im Falle gewichtiger Anhaltspunkte für
den Verdacht keine verfassungsrechtlichen Bedenken entgegen. „Vorausgesetzt
ist allerdings, dass der Gesetzgeber die zuständige Stelle zu einer Berichterstat-
tung über bloße Verdachtsfälle ermächtigt hat und dass die tatsächlichen An-
haltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen hinreichend gewichtig sind,
um die Veröffentlichung in Verfassungsschutzberichten auch angesichts der
nachteiligen Auswirkungen auf die Betroffenen zu rechtfertigen.“ Das Bundes-
innenministerium kündigte an, den Bedenken des Gerichts „Rechnung tragen“
zu wollen (www.tagesspiegel.de/politik/verdacht-reicht-nicht-aus-pro-koeln-
darf-nicht-im-verfassungsschutzbericht-genannt-werden/8412030.html).

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem Urteil des Bun-
desverwaltungsgerichts, dass die Nennung der „Bürgerbewegung pro Köln
e. V.“ nach dem geltenden Bundesverfassungsschutzgesetz als Verdachtsfall
nicht in den Verfassungsschutzberichten des Bundes für die Jahre 2008 bis
2010 genannt werden darf?

2. Von welcher gesetzlichen Grundlage ging die Bundesregierung bei der Auf-
nahme von Verdachtsfällen in die Verfassungsschutzberichte des Bundes bis-

lang aus, und wie kam sie zu dieser nun vom Bundesverwaltungsgericht für
gesetzeswidrig erklärten Auffassung?

3. Welche Verfassungsschutzgesetze der Länder ermöglichen nach Kenntnis der
Bundesregierung eine Nennung von Verdachtsfällen in Verfassungsschutz-
berichten, „bei denen zwar tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen ge-
gen die freiheitliche demokratische Grundordnung vorliegen, solche Bestre-
bungen aber noch nicht sicher festgestellt werden können“?

Drucksache 17/14533 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
4. Befürwortet die Bundesregierung eine Ergänzung des Bundesverfassungs-
schutzgesetzes, so dass künftig auch Verdachtsfälle in den Verfassungs-
schutzberichten des Bundes genannt werden dürfen, und wenn ja, wann ge-
denkt sie, einen Antrag für eine solche Gesetzesänderung einzubringen?

5. Wie viele und welche anderen in den Verfassungsschutzberichten des Bundes
als „Verdachtsfälle“ genannten Gruppierungen sind von dem Urteil des Bun-
desverwaltungsgerichts zur „Bürgerbewegung pro Köln“ noch betroffen?

6. Wie viele Klagen von in den Verfassungsschutzgerichten des Bundes ge-
nannten Vereinigungen oder Einzelpersonen gegen ihre Erwähnung gab es
während der letzten zehn Jahre nach Kenntnis der Bundesregierung und mit
welchem Ergebnis (bitte jeweils die Vereinigung bzw. Person und das Be-
richtsjahr angeben)?

7. Wie viele und welche Vereinigungen werden derzeit vom Bundesamt für Ver-
fassungsschutz als Verdachtsfälle beobachtet, ohne in den Verfassungs-
schutzberichten Erwähnung zu finden?

8. Inwieweit liegen der Bundesregierung derzeit tatsächliche Anhaltspunkte für
verfassungsfeindliche Bestrebungen der Vereinigungen „Bürgerbewegung
pro Köln“, „Bürgerbewegung PRO NRW“ und „Bürgerbewegung pro
Deutschland“ vor, und welche sind das im Einzelnen?

Berlin, den 8. August 2013

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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