BT-Drucksache 17/1452

Gefährdung der Einsatzbereitschaft im zentralen Sanitätsdienst der Bundeswehr

Vom 21. April 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/1452
17. Wahlperiode 21. 04. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Rainer Arnold, Dr. Hans-Peter Bartels, Bernhard Brinkmann
(Hildesheim), Dr. h. c. Gernot Erler, Karin Evers-Meyer, Iris Gleicke, Michael
Groschek, Dr. h. c. Susanne Kastner, Lars Klingbeil, Fritz Rudolf Körper,
Ute Kumpf, Ullrich Meßmer, Thomas Oppermann, Dr. Frank-Walter Steinmeier
und der Fraktion der SPD

Gefährdung der Einsatzbereitschaft im zentralen Sanitätsdienst der Bundeswehr

Die personelle Situation im zentralen Sanitätsdienst der Bundeswehr hat sich in
den letzten Jahren dramatisch verschlechtert. Für Sanitätsoffiziere, speziell für
Ärzte, ist der Dienst in den Streitkräften nicht mehr attraktiv genug. Ausgehend
von den Ergebnissen der Auswahlkonferenz für Ärzte im Dienstverhältnis eines
Soldaten auf Zeit in das eines Berufssoldaten im Jahr 2009 ist festzustellen, dass
das Interesse gerade junger und leistungsstarker Ärzte an einem Verbleib in der
Bundeswehr nach wie vor zu gering ist. Die Bewerberzahlen für Neuanstellun-
gen liegen deutlich unter dem benötigten Bedarf.
Der Personalumfang der Sanitätsoffiziere Arzt liegt aktuell signifikant unter
dem Niveau der Jahre 2007 und 2008. Die zeitlichen Belastungen im Tages-
betrieb sind für die einzelnen Ärzte extrem hoch. Die Arbeitsmarktsituation für
Mediziner auf dem zivilen Arbeitsmarkt ist zurzeit überaus günstig. Der ein-
zelne Arzt wird immer häufiger zu Auslandseinsätzen herangezogen. Der Dienst
zwischen Einsatz und Grundversorgung überschreitet derzeit die personelle
Leistungsfähigkeit des Sanitätsdienstes.

Insbesondere vor dem Hintergrund hoher unplanmäßiger Kündigungen von
Ärzten hat der Bundesminister der Verteidigung im November 2008 die Einrich-
tung einer abteilungsübergreifenden ministeriellen Arbeitsgruppe angewiesen,
die Vorschläge zur Verbesserung der Attraktivität und Funktionalität im Sani-
tätsdienst der Bundeswehr erarbeitet hat. Die Empfehlungen der Arbeitsgruppe
wurden der Leitung des Bundesministeriums der Verteidigung im September
2009 vorgelegt. Die dringend notwendigen Maßnahmen mit Auswirkungen auf
die Struktur sollen erst in eine noch einzusetzende Strukturkommission einge-
bracht werden.

Zur Erhaltung der Einsatzbereitschaft im zentralen Sanitätsdienst der Bundes-
wehr sind rasch wirksame Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung und sofor-
tige Strukturentscheidungen notwendig. Der derzeitige Aufbau des Sanitäts-
dienstes als selbstständiger Organisationsbereich bindet viel Personal.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie bewertet die Bundesregierung angesichts der sich drastisch verschlech-

terten personellen Lage die Entwicklung des Sanitätsdienstes als selbststän-
diger Organisationsbereich neben den Teilstreitkräften?

Drucksache 17/1452 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

2. Welche Optimierungsprozesse sind seit Anfang 2009 eingeleitet worden,
um den Sanitätsdienst zukunftsfähig auszurichten (vgl. Bundestagsdruck-
sache 16/12012)?

3. Wie sehen die durch diese Optimierungsprozesse erreichten strukturellen,
organisatorischen und fachlichen Verbesserungen aus?

4. Welche notwendigen Anknüpfungspunkte im deutschen Gesundheitssystem
sind aufgrund der Optimierungsprozesse angelegt worden?

5. Welche Defizite bei den Strukturen des Sanitätsdienstes sind im Rahmen der
Untersuchungen der ministeriellen Arbeitsgruppe „Attraktivität und Funk-
tionalität des Sanitätsdienstes der Bundeswehr“ festgestellt worden?

6. Wo liegen nach Auffassung der Arbeitsgruppe die Stärken der jetzigen Or-
ganisation des Sanitätsdienstes?

7. Wie wird zurzeit angesichts der eingeräumten Personalengpässe eine be-
darfsgerechte sanitätsdienstliche Versorgung flächendeckend sichergestellt?

8. In welchem Umfang erfolgt dabei eine Abstützung der truppenärztlichen
Versorgung auf Leistungen des zivilen Gesundheitswesens?

9. Wie viele Sanitätsoffiziere erhalten die bis 2014 befristete monatliche Stel-
lenzulage in Höhe von 600 Euro für Fachärzte und Rettungsmediziner?

10.Auf welche Akzeptanz stieß diese Stellenzulage bei Sanitätsoffizieren mit
nichtärztlicher Approbation?

11.Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung für eine Umwandlung
dieser befristeten Stellenzulage in eine Leistungszulage für Fachärzte und
Rettungsmediziner?

12.Wie wirken sich die deutlich früheren Weiterbildungszusagen (bereits nach
18 statt bisher 36 Monaten) auf eine längerfristige Bindung an den Sanitäts-
dienst aus?

13.Wie sahen die im Sachstandsbericht der Arbeitsgruppe „Attraktivität und
Funktionalität des Sanitätsdienstes der Bundeswehr“ (Ausschussdruck-
sache 17(12)160) intensivierten Werbemaßnahmen aus (bitte aufgliedern
nach Printmedien, Hörfunk und Fernsehen sowie Internet im Vergleich
2008 zu 2009)?

Welche Zusatzkosten sind entstanden?
14.Wie wirkte sich diese zusätzliche Werbung auf die Anzahl der approbierten

Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger für den Sanitätsdienst aus (Ver-
gleich der Jahre 2007 bis 2009)?

15.Welche Qualifikation und fachärztliche Ausrichtung hatten diese Seitenein-
steiger?

16.Welche zusätzlichen Qualifikationsmaßnahmen mussten für diese Seiten-
einsteiger eingeleitet werden?

17.Ist die erhöhte Zahl der ab Wintersemester 2009/20 10 der Bundeswehr zur
Verfügung stehenden zivilen Medizinstudienplätze von 220 vollständig
ausgenutzt worden (bitte Zahlen für das Wintersemester 2009/2010 und das
Sommersemester 2010 angeben)?

18.Auf welche Art und Weise werden die Sanitätsoffiziere und Sanitätsoffizier-
anwärter intensiver als bisher in die Weiterentwicklung personeller Aus-
wahlverfahren eingebunden?

19.Wie weit sind die Bemühungen gediehen, die Nutzung von Leerstellen ins-
besondere für das Sanitätspersonal bei Elternzeit bereits ab sechs Monaten
Dauer gesetzlich zu ermöglichen?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/1452

20. Wann ist mit der Einrichtung des im Sachstandsbericht (Ausschussdruck-
sache 17(12)160) angekündigten Personalpools für Rettungsmedizine-
rinnen und -mediziner zur Verbesserung der Verfahren von Ersatzgestellung
bei kurzfristigem Ausfall von Personal bei Einsätzen zu rechnen?

21. Wie sehen die Erfahrungen mit den am 13. November 2009 veränderten
Durchführungsbestimmungen zu den Untersuchungen auf Auslands- und
Tropendienstverwendungsfähigkeit aus?

22. Wie hoch ist die Tagesantrittsstärke der Truppenärzte, mit Ausnahme der
Vertragsärzte, aufgeschlüsselt nach den Gründen der Abwesenheit?

23. Welche Möglichkeiten zur besseren Gewinnung von Vertragsärzten bzw.
Zeitarbeitspersonal zur Deckung der Versorgungslücken im ärztlichen Be-
reich wurden ergriffen?

24. Wie hoch war die Anzahl der Vertragsärzte, die 2009 im Vergleich zu 2008
für den Sanitätsdienst gewonnen werden konnten?

25. Wie sieht der Soll-Ist-Vergleich beim Aufwuchs klinischer Gebietsärztinnen
und -ärzte im Hinblick auf die Einnahme der Zielstruktur aus (aufgeschlüs-
selt nach Fachgebiet/Funktion und Standort/Bundeswehrkrankenhaus)?

26. Wie sah die Entwicklung der vakanten Dienstposten in den regionalen Sa-
nitätseinrichtungen im Jahr 2009 aus?

27. Wie ist der aktuelle Stand der Vakanzen?

28. Waren schon Auswirkungen der eingeleiteten Maßnahmen zur Erhöhung
der Personalbindung und -gewinnung zu erkennen?

29. Wie ist der Stand der Initiative zur Schaffung eines § 50b des Bundesbesol-
dungsgesetzes im Hinblick auf die Einführung einer finanziellen Vergütung
von ärztlichen Anwesenheits- und Rufdiensten in den Bundeswehrkranken-
häusern?

30. Welchen Beratungsstand hat der Entwurf zur Änderung des Bundesbesol-
dungsgesetzes im Hinblick auf die Möglichkeit, Verpflichtungsprämien zur
Gewinnung ärztlichen Personals für den Sanitätsdienst zu gewähren?

31. Wie sieht die konkrete Ausgestaltung des zentralen Führungselementes zur
angekündigten Zentralisierung der Führung der Bundeswehrkrankenhäuser
aus?

32. Welche Auswirkungen hat diese Änderung auf die Führungsstruktur des
Bereichs der Sanitätskommandos?

33. Welches Bild vom Sanitätsoffizier steht hinter dem geplanten personalwerb-
lichen Gesamtkonzept für die Laufbahn der Sanitätsoffiziere?

34. Wie hoch ist der Anteil der Ärztinnen und Ärzte im Sanitätsdienst, die über-
wiegend mit Verwaltungstätigkeiten beschäftigt sind?

35. Ist dieser Anteil höher als in zivilen Krankenhäusern?

Berlin, den 21. April 2010

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

GmbH & Co., Buch-und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91,12103 Berlin
esellschaft mbH, Postfach 10 05 34,50445 Köln, Telefon (0221)97668340, Fax (0221)97668344, www.betrifft-gesetze.de

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