BT-Drucksache 17/14496

Verhaftung von mutmaßlichen Mitgliedern einer linken Organisation aus der Türkei

Vom 2. August 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/14496
17. Wahlperiode 02. 08. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Christine Buchholz, Heidrun Dittrich,
Annette Groth, Andrej Hunko, Niema Movassat, Jens Petermann und
der Fraktion DIE LINKE.

Verhaftung von mutmaßlichen Mitgliedern einer linken Organisation
aus der Türkei

Am 26. Juni 2013 durchsuchte die Polizei mindestens zwölf Wohnungen und
Vereinsräume in Deutschland. Betroffen waren unter anderem das „Kunst-
atelier“ in Köln und weitere dem migrantischen Dachverband der „Anatolischen
Föderation“ zugerechnete Vereinsräumlichkeiten. Nach Angaben der Bundesan-
waltschaft handelte es sich um eine gemeinsame Maßnahme der Bundesanwalt-
schaft und der Generalstaatsanwaltschaften Düsseldorf und Hamburg gegen die
verbotene Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front (DHKP-C). Aufgrund
von Haftbefehlen der Bundesanwaltschaft wurden die türkischen Staatsbürger
S. D., M. D., Ö. G. und L. A. sowie im Wege der Rechtshilfe in Österreich Y. T.
festgenommen. Sie sind verdächtig, seit spätestens 2002 Funktionäre oder hoch-
rangige Führungskader der als ausländische terroristische Vereinigung nach
§ 129b des Strafgesetzbuchs (StGB) eingestuften DHKP-C zu sein (www.
presseportal.de – Pressemitteilung der Bundesanwaltschaft vom 26. Juni 2013).

Nach Angaben der „Internationalen Plattform gegen Isolationshaft“, die Solida-
ritätsarbeit für die Verhafteten organisiert, stützen sich diese Vorwürfe auf die
Anmeldung und Durchführung von Demonstrationen und Kundgebungen sowie
insbesondere auf die Veranstaltung eines Konzertes der bekannten Musikgruppe
Grup Yorum aus der Türkei am 8. Juni 2013 in Oberhausen. Mit Gewinnen aus
diesem Konzert sollen die Verhafteten demnach die DHKP-C finanziell unter-
stützt haben.

Das Konzert mit 13 000 Zuhörern richtete sich nach Angaben der „Internationa-
len Plattform gegen Isolationshaft“ gegen Rassismus und war den Opfern des
NSU gewidmet. Die Plattform weist den Vorwurf der Bundesanwaltschaft unter
Verweis auf den niedrigen Eintrittspreis von 10 Euro und die kostenlosen, durch
Spenden finanzierten Busse aus anderen Städten zum Konzert nach Oberhausen
zurück (www.linkezeitung.de).

Die seit dem Jahr 1985 bestehende Musikgruppe Grup Yorum ist die bekannteste
linksoppositionelle Musikgruppe der Türkei. So trat Grup Yorum im April 2013
vor mehreren Hunderttausend Besuchern in Istanbul auf. Gegen die Band

wurden bislang rund 400 Gerichtsverfahren eröffnet. Dutzende Musikerinnen
und Musiker waren in der Vergangenheit verhaftet und zum Teil gefoltert
worden. Bei einer Polizeirazzia am 18. Januar 2013 wurde das Istanbuler Auf-
nahmestudio der Band völlig verwüstet, Musikinstrumente zerstört und Studio-
aufnahmen eines kurz vor der Veröffentlichung stehenden Albums beschlag-
nahmt. Mehrere Musikerinnen und Musiker wurden vorübergehend festgenom-
men (www.jungewelt.de).

Drucksache 17/14496 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Verfahren nach § 129 b StGB gegen wie viele Personen wurden seit
dem Jahr 2002 im Zusammenhang mit der DHKP-C eingeleitet, und mit
welchem Ergebnis (bitte Anklage, Verurteilungen und Verfahrenseinstellungen
angeben)?

2. Welcher in Deutschland begangenen Straf- und Gewalttaten werden DHKP-
C-Mitglieder nach Kenntnis der Bundesregierung bezichtigt?

3. Wurden aufgrund der Listung der DHKP-C auf der EU-Terrorliste in Deutsch-
land nach Kenntnis der Bundesregierung Gelder oder Vermögenswerte ein-
gefroren oder beschlagnahmt, und wenn ja, wann, und in welcher Höhe?

4. Inwieweit war die DHKP-C seit 2002 Thema von Gesprächen zwischen bun-
desdeutschen und türkischen Behörden und Regierungsstellen (bitte Anlass,
Gremium und Datum angeben)?

5. Inwieweit war die DHKP-C seit 2002 Thema von internationalen Bespre-
chungen im Rahmen der NATO oder EU, an denen die Bundesregierung oder
Bundesbehörden beteiligt waren (bitte Anlass, Gremium und Datum ange-
ben)?

6. Trifft es zu, dass die Bundesanwaltschaft wegen der Organisation des Grup-
Yorum-Konzerts am 8. Juni 2013 in Oberhausen Ermittlungen aufgenommen
hat?

7. Handelte es sich nach Kenntnis der Bundesregierung beim Konzert gegen
Rassismus der Musikgruppe Grup Yorum am 8. Juni 2013 in Oberhausen um
eine Veranstaltung der DHKP-C?

a) Wenn ja, worauf stützt sich diese Einschätzung?

b) Wenn nein, inwieweit kann die Organisation eines solchen Konzerts dann
nach Meinung der Bundesregierung als Beleg einer möglichen Unterstüt-
zung der DHKP-C dienen?

8. Gab es nach Kenntnis der Bundesregierung anlässlich des Konzerts der
Musikgruppe Grup Yorum am 8. Juni 2013 in Oberhausen von Seiten tür-
kischer Behörden diesbezügliche Kontaktaufnahmen zu deutschen Behör-
den, und wenn ja, mit welchem Inhalt, und wie haben die Bundesbehörden
auf das türkische Ansinnen reagiert?

9. Inwieweit sind Musiker der Musikgruppe Grup Yorum nach Kenntnis der
Bundesregierung politischer Verfolgung ausgesetzt?

Berlin, den 2. August 2013

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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