BT-Drucksache 17/14453

Polizei- und Zolleinsätze im Ausland (Stand: zweites Quartal 2013)

Vom 29. Juli 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/14453
17. Wahlperiode 29. 07. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Jan van Aken, Christine Buchholz,
Dr. Diether Dehm, Wolfgang Gehrcke, Annette Groth, Heike Hänsel, Inge Höger,
Andrej Hunko, Harald Koch, Niema Movassat, Petra Pau, Jens Petermann,
Paul Schäfer (Köln), Frank Tempel, Alexander Ulrich und der Fraktion DIE LINKE.

Polizei- und Zolleinsätze im Ausland (Stand: zweites Quartal 2013)

Auslandseinsätze von Polizeibeamtinnen und -beamten entwickeln sich immer
mehr zu einem Mittel deutscher und EU-Außenpolitik. Die Militärdoktrin der
Europäischen Union (EU), die Europäische Sicherheitsstrategie, sieht aus-
drücklich den kombinierten Einsatz militärischer und ziviler (d. h. auch polizei-
licher) Mittel vor, um „einen besonderen Mehrwert“ zu erzielen.

Diese Entwicklung ist aus mehreren Gründen besorgniserregend.

So leistet sie der Vermischung von polizeilichen und militärischen Zuständig-
keiten Vorschub. Die Grenzen zwischen Polizei und Militär drohen zu ver-
schwimmen. Das gilt umso mehr, als gerade bei Einsätzen in Kriegs- und Kri-
sengebieten, Polizisten immer wieder in lebensbedrohliche Situationen kom-
men. Diese dienen dann wiederum als Legitimation für eine Aufrüstung der
Polizei bis hin zu Überlegungen, schwerbewaffnete Einheiten der Bundespoli-
zei speziell für Auslandseinsätze aufzustellen.

Hinzu kommt, dass für polizeiliche Auslandseinsätze keinerlei parlamenta-
rische Zustimmung erforderlich ist. Je nach Rechtsgrundlage ist noch nicht ein-
mal die Information des Deutschen Bundestages vorgeschrieben. Damit wird
ein wichtiger Bereich der Außenpolitik der parlamentarischen Kontrolle entzo-
gen. Bedenklich ist dies vor allem wegen der gerade bei Einsätzen in Kriegs-
und Krisengebieten stets vorhandenen Eskalationsgefahr. Bei Einsätzen auf-
grund des § 65 des Bundespolizeigesetzes (BPolG) hat der Deutsche Bundestag
nicht einmal ein verbrieftes Rückholrecht.

Ähnliches gilt für Einsätze von Zollbeamtinnen und -beamten.

Schließlich gewinnen internationale Einsätze innerhalb der EU zunehmend an
Bedeutung. Einsätze ausländischer Polizisten in Deutschland sowie deutscher
Polizisten im (EU-)Ausland auf der Grundlage des Prümer Vertrages oder bila-
teraler Abkommen unterliegen ebenfalls keiner parlamentarischen Kontrolle.
Wir fragen die Bundesregierung:

1. An welchen Missionen auf Grundlage von § 8 Absatz 1 BPolG sind deut-
sche Polizistinnen und Polizisten (bitte nach Bundesländern, Zugehörigkeit
zur Bundespolizei bzw. zum Bundeskriminalamt – BKA aufgliedern) sowie
Zollbeamtinnen und -beamte derzeit beteiligt ?

a) Wie viele deutsche Polizistinnen und Polizisten sowie weiteres ziviles
Personal (bitte nach Zugehörigkeit zu Bundesländern, Bundespolizei,

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BKA u. a. aufgliedern) sowie Zollbeamtinnen und Zollbeamte sind dabei
jeweils eingesetzt?

b) An welchen Orten und in welchen Stäben, Einrichtungen und Stellen sind
sie tätig (bitte jeweils die einzelnen Personalzahlen angeben)?

c) Welche tatsächliche Gesamtstärke hat die Mission derzeit?

d) Welche Missionen mit deutscher Beteiligung sind im zweiten Quartal
2013 neu hinzugekommen (bitte die rechtliche Grundlage sowie Man-
datsgeber und Missionsträger angeben, die Mandatsobergrenze nennen
sowie den Auftrag der eingesetzten deutschen Kräfte bezeichnen), und
inwiefern hat es Mandatsänderungen bei den bereits bestehenden Mis-
sionen gegeben?

e) Wann wird die Mission voraussichtlich beendet sein?

f) Inwieweit beabsichtigt die Bundesregierung eine Veränderung hinsicht-
lich der Art und/oder des Umfangs der deutschen Beteiligung, und bis
wann soll diese umgesetzt sein (bitte ggf. konkrete Angaben machen und
Zahlen zu den einzelnen Missionen bzw. Einsätzen nennen)?

2. An welchen Einsätzen auf Grundlage von § 65 Absatz 2 BPolG (ohne kurz-
fristige Ausbildungslehrgänge im Sinne nachfolgend aufgeführter Fragen)
waren bzw. sind deutsche Polizistinnen und Polizisten sowie Zollbeamtin-
nen und Zollbeamte im zweiten Quartal 2013 beteiligt (bitte nach Bundes-
ländern, Zugehörigkeit zur Bundespolizei bzw. zum BKA aufgliedern)?

a) Wie viele deutsche Polizistinnen und Polizisten sowie weiteres ziviles
Personal (bitte nach Zugehörigkeit zu Bundesländern, Bundespolizei,
BKA u. a. aufgliedern) sowie Zollbeamtinnen und Zollbeamte waren
bzw. sind dabei jeweils eingesetzt?

b) An welchen Orten und in welchen Stäben, Einrichtungen und Stellen
waren bzw. sind sie tätig (bitte jeweils die einzelnen Personalzahlen an-
geben)?

c) Welche tatsächliche Gesamtstärke hat der Einsatz derzeit?

d) Welche Einsätze mit deutscher Beteiligung sind im zweiten Quartal 2013
neu hinzugekommen, und inwiefern hat es relevante Änderungen (vor
allem Auftrag, Zweck, Durchführung und Kräfteansatz) bei den bereits
bestehenden Einsätzen gegeben?

3. Welche Informationen liegen der Bundesregierung bezüglich sicherheits-
relevanter Vorfälle vor, in die deutsche Polizistinnen und Polizisten sowie
Zollbeamtinnen und -beamte im zweiten Quartal 2013 involviert bzw. denen
sie ausgesetzt waren?

4. Wie bewertet die Bundesregierung die politische und militärische Gefähr-
dungslage in den jeweiligen Einsatzgebieten (bitte Veränderungen dar-
stellen)?

5. Wie viele Verbindungsbeamtinnen und -beamte des BKA halten sich derzeit
in welchen Ländern auf (bitte jeweils die Einsatzländer und -orte sowie die
zugehörige Zahl von Beamtinnen und Beamten angeben)?

6. Wie viele deutsche Polizeibeamte werden derzeit im Ausland als

a) Dokumentenberater,

b) Sicherheitsbeamte,

c) Grenzpolizeiliche Verbindungsbeamte,
d) Unterstützungskräfte sowie Berater in Fragen der Grenzsicherheit

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/14453

eingesetzt (bitte jeweils, d. h. zu jedem Unterpunkt, Einsatzland und -ort
sowie die Zahl der eingesetzten Polizeibeamten nennen und angeben, ob
sie vom BKA, der Bundespolizei oder einer Länderpolizei gestellt wer-
den)?

e) In welche der durch die Verordnung (EG) Nr. 377/2004 des Rates zur
Schaffung eines Netzes von Verbindungsbeamten für Einwanderungsfra-
gen geschaffenen örtlichen oder regionalen Kooperationsnetze der Ver-
bindungsbeamten der EU-Staaten für Einwanderungsfragen sind die in
der Frage 6c und 6d genannten Kräfte eingebunden?

7. Wie viele deutsche Polizeibeamte wurden im zweiten Quartal 2013 im Rah-
men der Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den
Außengrenzen (FRONTEX)

a) als Dokumentenberater im Rahmen welcher Operationen, und an welchen
Standorten,

b) als Mitarbeiter in der Warschauer Zentrale (bitte mit der jeweiligen Funk-
tion auflisten),

c) als Teilnehmer von Operationen zur Überwachung und Kontrolle der Au-
ßengrenzen, die deutsches Gerät aus dem FRONTEX-Ausrüstungspool
(CRATE) bedienen (bitte mit Einsatzstandorten und jeweiligem Tätig-
keitsprofil nennen),

d) als Mitglieder der „europäischen Grenzschutzteams“ im Rahmen von ge-
meinsamen Aktionen, Pilotprojekten oder für Soforteinsätze zu Grenzsi-
cherungszwecken (bitte einzeln aufführen),

e) im Rahmen gemeinsamer Rückführungsmaßnahmen unter der Koordina-
tion von FRONTEX (bitte mit dem jeweiligen Zielstaat der Maßnahme,
teilnehmenden EU-Staaten, Gesamtkosten und deutschem Kostenanteil
auflisten) eingesetzt,

f) und wie viele Erkenntnismeldungen oder sonstige Mitteilungen zu beson-
deren Ereignissen gab es von Seiten der deutschen Kräfte an das Bundes-
polizeipräsidium, und was war Inhalt dieser Meldungen?

8. An welchen weiteren internationalen Einsätzen, auf der Grundlage des Prü-
mer Vertrages oder entsprechender bilateraler Abkommen (ausgenommen
die sogenannte Nacheile) haben deutsche Polizisten – soweit die Bundesre-
gierung Kenntnis davon hat – im zweiten Quartal 2013 teilgenommen?

a) Wann und wo fanden diese Einsätze jeweils statt (bitte angeben, in wel-
chen Einheiten bzw. in welchen Stäben bzw. Dienststellen usw. die deut-
schen Polizeikräfte eingesetzt waren)?

b) Was waren Anlass und Zweck der Einsätze?

c) Wie viele deutsche Polizisten waren daran beteiligt (bitte Herkunft nach
Länderpolizeien, Bundespolizei und BKA angeben)?

d) Von wem ging das Ersuchen aus?

e) Inwiefern haben die deutschen Polizisten von ihrer Befugnis zur Anwen-
dung unmittelbaren Zwangs Gebrauch gemacht?

f) Welche Einsatzmittel und Fahrzeuge aus deutschen Beständen wurden je-
weils mitgeführt?

9. Welche Ausbildungsmaßnahmen für ausländische Sicherheitskräfte haben
deutsche Polizeibeamtinnen und -beamte im zweiten Quartal 2013 durchge-
führt, bzw. an welchen waren sie beteiligt (bitte sowohl bereits abgeschlos-

sene als auch aktuell stattfindende sowie fortgesetzte Maßnahmen ange-
ben)?

Drucksache 17/14453 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
a) Wie lauten die Bezeichnungen der Maßnahmen, und wo fanden bzw.
finden sie statt?

b) Was sind die Ziele der Maßnahmen, und über welchen Zeitraum erstre-
cken sie sich?

c) Wie vielen und welchen ausländischen Sicherheitskräften wurde bzw.
wird welche Art der Ausbildung gewährt?

d) Worin bestanden bzw. bestehen die Aufgaben und Tätigkeiten der deut-
schen Polizeibeamtinnen und -beamten, und in welchen Stäben, Ein-
richtungen und sonstigen Stellen waren bzw. sind sie vertreten?

e) Wie viele deutsche Polizeibeamtinnen und -beamte waren jeweils an
den Maßnahmen beteiligt (bitte für die einzelnen Maßnahmen detailliert
ausweisen)?

f) Welche Kosten entstanden bzw. entstehen der Bundesrepublik Deutsch-
land für die Ausbildungsmaßnahmen, und aus welchen Haushaltstiteln
wurden diese bestritten?

10. Welche Ausbildungsmaßnahmen für ausländische Sicherheitskräfte sind
für die nächste Zukunft geplant, welche Kosten werden dem Bund dafür
entstehen, und aus welchen Haushaltstiteln sollen diese bestritten werden
(bitte nach dem Schema der Fragen 9a bis 9f beantworten)?

11. In welchem Rahmen sind außerdem noch deutsche Polizistinnen und Poli-
zisten bzw. Zollbeamtinnen und -beamte im Ausland eingesetzt, und wel-
che Tätigkeiten verrichten sie dort (bitte nach Einsatzländern und -orten
sowie Zugehörigkeit zu Bundesländern, BKA und Bundespolizei auf-
gliedern)?

12. Welche materiellen Ausstattungshilfen sind ausländischen Sicherheits-
behörden in diesem Jahr bislang geliefert sowie zum gegenwärtigen Zeit-
punkt zugesagt, aber noch nicht geliefert worden (bitte konkreten Empfän-
ger, jeweilige Ausstattung und deren Wert angeben)?

Berlin, den 29. Juli 2013

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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