BT-Drucksache 17/14392

Weiterentwicklung des Prostitutionsgesetzes auf weitere Rechtsbereiche

Vom 11. Juli 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/14392
17. Wahlperiode 11. 07. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Cornelia Möhring, Dr. Kirsten Tackmann, Agnes Alpers,
Heidrun Dittrich, Katja Kipping, Caren Lay, Yvonne Ploetz, Sabine Stüber, Katrin
Werner und der Fraktion DIE LINKE.

Weiterentwicklung des Prostitutionsgesetzes auf weitere Rechtsbereiche

Das zum 1. Januar 2002 in Kraft getretene Prostitutionsgesetz hatte das Ziel,
die rechtliche und soziale Situation von Prostituierten zu verbessern. Mit der
Beseitigung der Sittenwidrigkeit zivilrechtlicher Verträge über sexuelle Dienst-
leistungen erhielten die Prostituierten einen einklagbaren Anspruch auf ein
Honorar. Zugleich sollte ihnen bei einer abhängigen Beschäftigung der Zugang
zur Sozialversicherung eröffnet werden. Zudem wurde die Strafgesetzgebung
dahingehend geändert, dass nicht mehr die Förderung von Prostitution, sondern
die Ausbeutung von Prostituierten bestraft wird.

Wie eine Evaluation des Gesetzes im Jahr 2007 (Bundestagsdrucksache 16/4146)
ergab, konnten die ursprünglichen Ziele nur sehr begrenzt erreicht werden. Es
zeigte sich, dass die Umsetzung in den einzelnen Bundesländern bis hinunter zu
den Kommunen sehr unterschiedlich erfolgte. Vor allem fehlte es an den notwen-
digen Nachbesserungen im Gaststätten- und Gewerberecht, aber auch im Bau-
recht bis hin zum Polizei- und Ordnungsrecht. Die damalige Bundesministerin
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Dr. Ursula von der Leyen, erklärte da-
her, dass sie entsprechende Regelungen im Gaststätten- und Gewerberecht vor-
nehmen lassen wolle. Sie wollte sich für Konzessionen einsetzen und entspre-
chende Absprachen mit den Ländern treffen (www.bmfsfj.de „Bundesministerin
von der Leyen: Prostitution ist kein Beruf wie jeder andere – Ausstieg ist das
Ziel“ vom 24. Januar 2007).

Nachdem es in den letzten Jahren mehrfach zu Gerichtsverfahren zwischen
Finanzämtern und selbständig arbeitenden Prostituierten kam, die deren Tätig-
keit als Gewerbe einstuften und entsprechend besteuern wollten, fasste nun der
Große Senat des Bundesfinanzhofes am 20. Februar 2013 den Beschluss, dass
selbständig tätige Prostituierte Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb erzielen
(GrS 1/12). Damit wurde die Gesetzgebung von 1964 aufgehoben, nach der aus
„gewerbsmäßiger Unzucht“ sonstige Einkünfte nach dem Einkommensteuerge-
setz erzielt werden. Damit ist eine wichtige Reform eingeleitet worden, der nun
auch die anderen notwendigen Nachbesserungen folgen sollten.
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Schritte hat die Bundesregierung in den vergangenen mehr als zehn
Jahren unternommen, um das Prostitutionsgesetz bei den Behörden, den Be-
troffenen sowie einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen?

Drucksache 17/14392 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
2. Geht die Bundesregierung von einer geschätzten Anzahl von 400 000 Prosti-
tuierten in Deutschland aus, und wenn ja, wie entstand diese geschätzte
Zahl?

3. Welche Folgen hat das Urteil des Bundesfinanzhofes für die Gewerbeord-
nung, und in welchen Schritten werden diese vollzogen?

4. Wurde bei den Finanzämtern inzwischen eine Berufskennziffer eingerichtet,
um gezielt festzustellen, welche Steuereinnahmen von Bordellbetrieben und
welche von selbständigen Prostituierten erzielt wurden?

5. In welcher Höhe liegen jeweils Steuereinnahmen von Prostituierten für die
letzten fünf Jahre vor (bitte einzeln aufführen)?

6. Welche Anstrengungen wurden unternommen, um das Werbeverbot für
Prostitution im Ordnungswidrigkeitengesetz aufzuheben?

7. Welche Schritte wurden bisher eingeleitet, um im Gaststätten- und Gewerbe-
recht Konzessionen für bordellartige Betriebe einzurichten, und liegen hier
weitere Planungen und Konzepte vor?

8. Ist eine Berücksichtigung von bordellartigen Betrieben im Bau- bzw.
Baunutzungsrecht vorgesehen?

9. Gibt es Überlegungen, wie bei einer weiteren Implementierung des Prostitu-
tionsgesetzes und einer evtl. Regelung für bordellartige Betriebe sowohl
Prostituierte (bzw. Vertreterinnen und Vertreter ihrer Selbstorganisationen)
als auch die entsprechenden Nichtregierungsorganisationen einbezogen wer-
den können?

Berlin, den 11. Juli 2013

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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