BT-Drucksache 17/14279

Zivil-militärische Ausbildung durch EU und NATO in Libyen und Einsatz der Bundespolizei

Vom 25. Juni 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/14279
17. Wahlperiode 25. 06. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Andrej Hunko, Jan van Aken, Christine Buchholz,
Annette Groth, Inge Höger, Harald Koch, Niema Movassat, Jens Petermann,
Frank Tempel, Jörn Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE.

Zivil-militärische Ausbildung durch EU und NATO in Libyen und Einsatz
der Bundespolizei

Die Bundesregierung hat beschlossen, bis zu 20 Beamtinnen und Beamte der
Bundespolizei zur Unterstützung der EU-Mission EUBAM Libyen (European
Union Integrated Border Management Assistance Mission in Libya) nach
Libyen zu entsenden (www.bundesregierung.de „Deutschland unterstützt Grenz-
sicherung“ vom 5. Juni 2013). Als Zweck wird die Unterstützung beim Aufbau
eines „integrierten Grenzmanagements“ angegeben. Allerdings obliegt die Ver-
waltung der Grenzen zum Teil dem Militär und der Marine, viele andere Grenz-
posten stehen indes unter der Kontrolle von früheren Rebellengruppen.

Zu den geplanten Maßnahmen im Rahmen der EU-Mission gehört nach Anga-
ben der Bundesregierung in der Antwort auf die Kleine Anfrage auf Bundestags-
drucksache 17/13462 auch die Ausbildung von Grenzschützern für einen
Einsatz im Süden des Landes, wo die Sicherheitslage besonders prekär ist. Im
Winter hatte das Militär hier den Ausnahmezustand ausgerufen und die Kon-
trolle der Grenzen übernommen.

Bekannt ist, dass dem libyschen Sicherheitsapparat zahlreiche Angehörige ir-
regulärer Milizen angehören, die „reintegriert“ werden sollen.

In Libyen werden selbst nach Einschätzung der EU von Staats wegen bzw. von
Seiten staatlicher Organe gravierende Menschenrechtsverletzungen begangen.
Die Bundesregierung selbst bezeichnete es in ihrer Antwort auf die Kleine An-
frage der Fraktion DIE LINKE. als „zu früh“, um die Umsetzung der Menschen-
rechte durch libysche Sicherheitsbehörden einschätzen zu können (Bundestags-
drucksache 17/13462).

Verstärkt werden die Bedenken hinsichtlich der menschenrechtlichen Verant-
wortbarkeit der Mission durch die Tatsache, dass EUBAM Libyen berechtigt ist,
„internationales und örtliches Personal auf Vertragsbasis“ einzustellen (Be-
schluss 2013/233/GASP des Rates vom 22. Mai 2013 über die Mission der
Europäischen Union zur Unterstützung des integrierten Grenzmanagements in
Libyen – EUBAM Libyen), darunter auch Staatsangehörige von Drittstaaten.

Damit wird letztlich auch die Hinzuziehung von Söldnerfirmen erlaubt, mit all
den bekannten Defiziten hinsichtlich deren (völker)rechtlichen Status und Ver-
antwortlichkeiten.

Die Fragesteller erklären sich angesichts des Umfangs der Kleinen Anfrage im
Voraus mit einer Verlängerung der Antwortfrist einverstanden.

Drucksache 17/14279 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wann und von wem wurde eine offizielle Anfrage der libyschen Regierung
für EUBAM Libyen gestellt?

2. Welche Vorabmissionen hat es in diesem Zusammenhang gegeben, wer
nahm daran teil, und mit welchen zuständigen libyschen Behörden fanden
hierzu Besprechungen statt?

3. Seit wann arbeitet das „Kern-Team“ von EUBAM Libyen in Libyen, und
aus welchen Behörden bzw. sonstigen Akteuren welcher Länder setzt es
sich zusammen?

4. Wie viele Akteure aus welchen Ländern und welchen jeweiligen Behörden
sind derzeit konkret für welche Zeiträume für einen Einsatz von EUBAM
Libyen vorgesehen bzw. bereits vor Ort, wie setzen sich diese zusammen,
und wie lange sollen diese jeweils in Libyen bleiben (bitte nach jeweils ent-
sendenden Behörden bzw. Polizei- oder ggf. Gendarmerieverbänden unter-
gliedern)?

5. Wie viele Polizistinnen und Polizisten des Bundes und der Länder sowie
allfällig weitere Personen aus anderen Behörden sind derzeit konkret für
welche Zeiträume für einen Einsatz in Libyen vorgesehen bzw. bereits vor
Ort, und wie lange sollen diese jeweils in Libyen bleiben (bitte teilneh-
mende Bundesländer einzeln darstellen)?

6. Bleibt es dabei, dass die Mission bis auf weiteres ausschließlich in Tripolis
eingesetzt wird (vgl. Antwort auf die Kleine Anfrage zu Frage 5e auf Bun-
destagsdrucksache 17/13462)?

Wenn ja, inwiefern schließt diese Festlegung Überlandfahrten oder Dienst-
stellenbesuche außerhalb Tripolis aus?

Wenn nein, warum nicht, und in welchen Ortschaften bzw. Regionen sollen
die deutschen Beamtinnen und Beamten eingesetzt werden?

7. Mit welchen Waffen sind die teilnehmenden Polizeien und Militärs aus-
gerüstet, welche Regelungen zur Beachtung von Ausgangssperren werden
getroffen, worin besteht das Training zum Verhalten in „feindlicher Um-
gebung“, und wie wurde eine etwaige Evakuierung der Teilnehmenden ver-
abredet?

a) Inwiefern trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass das liby-
sche Polizeigesetz, das grundlegend für EUBAM Libyen sein dürfte,
noch nicht ins Englische übersetzt ist?

b) Sofern dies zutrifft, sprechen alle an EUBAM Libyen beteiligten Mili-
tärs, Polizeien und Gendarmerien bzw. die deutschen Polizeiangehöri-
gen arabisch, oder auf welche andere Weise wird dessen Inhalt den Teil-
nehmenden bekannt gemacht?

8. Mit welchen von Deutschland zu tragenden Kosten rechnet die Bundes-
regierung für die zunächst vorgesehene Missionsdauer von 24 Monaten
(bitte nach den wichtigsten Ausgabeposten trennen)?

9. Wie setzen sich die vorgesehenen Missionsgesamtkosten von 30,3 Mio.
Euro im Wesentlichen zusammen (bitte wichtigste Ausgabenposten nen-
nen), und in welchem Umfang fließt das Geld an private Unternehmen,
insbesondere private Sicherheits- und Militärunternehmen (Private Military
Company – PMC)?

10. Über welche Mittel, Ressourcen und Informationszugänge soll EUBAM
Libyen verfügen (bitte möglichst vollständig aufzählen)?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/14279

11. Für welche besonderen Aufgaben sind die deutschen Beamtinnen und Be-
amten vorgesehen (bitte ggf. nach Regionen oder Ortschaften aufgliedern),
und mit welchen konkreten libyschen Behörden bzw. nichtstaatlichen Ak-
teuren arbeiten sie dabei jeweils zusammen?

Welche Regelungen gelten für die Zusammenarbeit mit irregulären Milizen?

12. Wie viele Angehörige umfassen nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit
die libyschen Sicherheitskräfte jeweils (bitte soweit möglich dazu angeben,
für welche Sektoren der Sicherheit diese zuständig sind)?

Inwiefern gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung in Libyen eine strikte
Trennung der Zuständigkeit von Sicherheitskräften für die innere und
äußere Sicherheit?

13. Welche konkreten Kenntnisse hat die Bundesregierung über Umfang und
Akteure von in den Grenzregionen aktiven „Banden, die Drogen- Waffen-
und Menschenhandel betreiben“, wie es in der in der Vorbemerkung der
Fragesteller genannten Pressemitteilung der Bundesregierung vom 5. Juni
2013 heißt?

14. Wie definiert und begründet die Europäische Union sowie die Bundesregie-
rung selbst das eigene Interesse an der Mission?

a) Inwieweit dient EUBAM Libyen dazu, libysche Sicherheitskräfte für
eine Beteiligung am Grenzüberwachungssystem „EUROSUR“ oder an
anderen Systemen der Mitgliedstaaten zur Grenzüberwachung zu er-
tüchtigen?

b) Welche Rolle spielt bei der Ausbildung der libyschen Sicherheitskräfte
die Situation in Mali?

c) Inwiefern ist beabsichtigt, die libysche Regierung mit EUBAM Libyen
zu befähigen, mit Nachbarstaaten gemeinsame Patrouillen durchzuführen
oder an Grenzstationen besser zusammenzuarbeiten, und welche konkre-
ten Projekte sind hierfür anvisiert?

d) Inwiefern soll Libyen zukünftig in andere zivil-militärische EU-Missio-
nen in der Region eingebunden werden, darunter im Niger oder in Mali?

15. Wie beschreibt die Bundesregierung lang-, mittel- und kurzfristige Ziele
von EUBAM Libyen?

16. Welche konkreten Unterstützungsmaßnahmen sind insgesamt im Rahmen
der EU-Mission beabsichtigt?

a) Mit welchen konkreten libyschen Behörden bzw. den Angehörigen wel-
cher konkreten Sicherheitskräfte wird dabei jeweils zusammengearbeitet
(bitte ggf. nach Regionen oder Ortschaften aufgliedern)?

b) Wie gewichten sich die Anstrengungen auf die Landgrenzen (diese bitte
nach geographischen Schwerpunkten unterteilen), Luft- und Seegrenzen?

c) Inwiefern werden nichtstaatliche Kräfte in die projektierte Grenzsiche-
rung bzw. das Grenzmanagement einbezogen?

17. Gehören zum Ausbildungsbeitrag von EUBAM Libyen auch Unterweisun-
gen in Zusammenhang mit dem Führen oder Bedienen von Schusswaffen
oder weniger tödlichen Waffen (LLW), und wenn ja,

a) inwiefern sind deutsche Bundespolizistinnen und -polizisten daran betei-
ligt,

b) welche Ausbildungsinhalte an welchen Waffentypen werden dabei kon-
kret vermittelt,
c) um welche Waffentypen handelt es sich,

Drucksache 17/14279 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

d) wie vielen Angehörigen welcher libyschen Sicherheitskräfte werden
diese Kenntnisse vermittelt, und

e) inwiefern ist ausgeschlossen, dass Angehörige irregulärer Milizen in
diese Ausbildung einbezogen werden?

18. Inwieweit ist die Beachtung des non-refoulement-Gebots aus der Genfer
Flüchtlingskonvention, der Umgang mit besonders verletzlichen Asyl-
suchenden und Schutzbedürftigen und ein menschenrechtlich orientierter
Umgang mit Migrantinnen und Migranten, Bestandteil des Ausbildungs-
programms für die Grenzpolizei bzw. Sicherheitskräfte mit Grenzsiche-
rungsaufgaben?

19. Welche Ausbildungsbestandteile sind für den Umgang mit potentiell
Schutzbedürftigen bzw. Asylsuchenden vorgesehen, die Libyen seeseitig in
Richtung Europäische Union verlassen wollen angesichts der früheren Pra-
xis der libyschen Sicherheitskräfte, solche Personen aktiv an einer Ausreise
aus Libyen zu hindern?

20. Welche Regelungen gelten (angesichts des Fehlens eines funktionstüchti-
gen Asylsystems in Libyen) an den libyschen Grenzen derzeit in Hinsicht
auf schutzbedürftige Personen, und inwieweit wird der Umgang mit diesen
Bestandteil des Ausbildungsprogramms, insbesondere für die Seegrenze?

21. Inwiefern hält es die Bundesregierung für angebracht, bei einer dem Aufbau
von Rechtsstaatlichkeit gewidmeten Mission auf Sicherheitsfirmen zurück-
zugreifen?

a) Wurden, über den Beschluss 2013/233/GASP des Rates hinausgehende,
Regelungen oder Absprachen hinsichtlich der allfälligen Einstellung von
internationalem oder örtlichem Personal auf Vertragsbasis getroffen, und
wenn ja, welche?

b) Wie sollen Personen vor ihrer Einstellung auf Zuverlässigkeit und darauf-
hin geprüft werden, ob sie in der Vergangenheit an Menschenrechtsver-
letzungen beteiligt waren?

c) Ist gewährleistet, dass die Bundesregierung vor Einstellungen von Ein-
zelpersonen oder Vertragsabschlüssen mit Sicherheits- oder Söldnerfir-
men ein Veto einlegen kann?

d) Existiert eine Art Negativliste mit Sicherheitsfirmen oder Milizen, mit
denen bzw. mit deren Angehörigen keine solchen Verträge geschlossen
werden dürfen, und wenn nein, welche Schlussfolgerungen zieht die
Bundesregierung daraus?

e) Falls bereits Einstellungen von internationalem oder örtlichem Personen
vorgenommen oder vereinbart worden sind, wie viele Personen betrifft
dies, und aus welchen PMC stammen diese?

22. Über welche Rechtsstellung verfügen die im Rahmen von EUBAM Libyen
entsandten Personen, und inwiefern laufen diesbezüglich noch Verhandlun-
gen?

23. Wie genau soll angesichts der prekären Sicherheitslage in Libyen für die
Sicherheit des EUBAM-Libyen-Personals gesorgt werden?

a) Wird das EUBAM-Libyen-Personal von libyschen Sicherheitskräften
oder ggf. auch von PMC beschützt, und wenn ja, wie wird die Zuverläs-
sigkeit des dabei eingesetzten Personals gewährleistet?

b) Inwiefern werden die Unterkünfte und Fahrzeuge des EUBAM-Libyen-
Personals gesichert?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/14279

c) Welche Vorkehrungen werden zur medizinischen Notfallversorgung des
EUBAM-Libyen-Personals getroffen?

d) Wie viel Zeit muss bei Einsätzen außerhalb Tripolis kalkuliert werden,
bis das EUBAM-Libyen-Personal das jeweils nächstgelegene Kranken-
haus erreichen kann, und wie schätzt die Bundesregierung die Leistungs-
fähigkeit libyscher Provinzkrankenhäuser ein?

24. Inwiefern ist nach Ansicht der Bundesregierung sichergestellt, dass EUBAM
Libyen nicht die Vermischung militärischer und polizeilicher Belange för-
dert?

a) Welche Details zu libyschen Grenzstationen (See, Land, Luft) sind der
Bundesregierung im Rahmen von EUBAM Libyen bekannt geworden,
welchen Behörden bzw. sonstigen Kräften (wie Polizei, Küstenwache,
Gendarmerie, Marine, Armee oder einzelnen Milizen) sind diese zu-
geordnet, und welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung
daraus?

b) Inwiefern ist eine Umstrukturierung dieser Verantwortlichkeiten im
Rahmen von EUBAM Libyen angestrebt?

25. Auf welche Art und Weise arbeiten EUBAM Libyen, aber auch die Bundes-
regierung mit libyschen Geheimdiensten zusammen?

26. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
hinsichtlich der Durchführung der Mission daraus, dass die Geheimdienste
Libyens mittlerweile in einem einzigen Direktorat gebündelt sind, das für
innere, äußere sowie militärische Aktivitäten gleichermaßen verantwortlich
ist?

27. Was ist der Bundesregierung über den Grund und den Verlauf des Ausnah-
mezustandes bekannt, den das Militär im Winter in Provinzen mit Grenzen
zu Algerien, dem Niger und dem Tschad ausgerufen hatte, und inwiefern
hält sie es für sinnvoll, trotz der brisanten Situation an diesen Grenzen an
EUBAM Libyen festzuhalten?

28. Welche anderen Akteure (Staaten, internationale Organisationen, Unterneh-
men) sind nach Kenntnis der Bundesregierung neben EUBAM Libyen bis-
lang schon auf dem Gebiet der Ausbildung der libyschen Sicherheitskräfte
(bitte diese konkreter spezifizieren) tätig oder werden dies in absehbarer
Zeit sein (bitte möglichst konkreten Auftrag sowie Anzahl der dabei aufge-
wandten finanziellen, personellen und materiellen Ressourcen angeben)?

a) Um welche Sicherheitskräfte und wie viele Angehörige hiervon geht es
hierbei?

b) Inwiefern gehören Unterweisungen in Zusammenhang mit Schusswaf-
fen oder LLW zum jeweiligen Programm?

c) Was ist der jeweilige Schwerpunkt der verschiedenen Ausbildungspro-
gramme, und welche Fähigkeiten sollen dabei insbesondere vermittelt
werden?

d) Welche Mechanismen bzw. Gremien zur Abstimmung gibt es zwischen
den jeweiligen Akteuren?

e) Welche Maßnahmen haben innerhalb des „Instruments für Stabilität“ der
Europäischen Union stattgefunden?

f) Inwiefern trifft es zu, dass die Vereinigten Arabischen Emirate ebenfalls
Ausbildungsinhalte zur Sicherung von Grenzen durchführten, diese aber
dem Militär zugute kamen?

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29. Auf welche Art und Weise will sich die NATO in die Anstrengungen von
EUBAM Libyen einbringen, welche Anfrage welcher libyschen Stelle ging
dem voraus, und wann wurde diese gestellt?

a) Welche Maßnahmen der NATO hält die Bundesregierung für geeignet,
und wie sollen diese mit EUBAM Libyen abgestimmt werden?

b) Inwiefern würde eine etwaige NATO-Mission, die parallel oder in Ab-
stimmung mit EUBAM Libyen stattfindet, nach Ansicht der Bundes-
regierung einer Vermischung polizeilicher und militärischer Belange
Vorschub leisten?

c) Mit welchen Aufgaben ist eine „Delegation auf Experten-Ebene“ (www.
nato.int) befasst, und aus welchen Angehörigen welcher Behörden und
welcher Länder setzt sich diese zusammen?

d) Welche Orte werden von der Delegation bereist, und mit welchen Behör-
den oder sonstigen Stellen erfolgen oder erfolgten Gespräche?

30. Mit welchen Maßnahmen war das Flüchtlingshochkommissariat der Ver-
einten Nationen nach Kenntnis der Bundesregierung in Libyen zum
„Migrationsmanagement“ tätig, und wofür wurden entsprechende Gelder
verwendet?

31. Wurde EUBAM Libyen auf einer internationalen Konferenz in Frankreich,
zu deren Teilnehmern nach Informationen der Fragesteller Deutschland,
Italien, Spanien, die USA, Saudi Arabien, Katar und die Türkei gehörten,
mit anderen internationalen Maßnahmen im Bereich „Sicherheit, Justiz und
Strafverfolgung“ synchronisiert, und wenn ja, welche Angaben kann die
Bundesregierung zum Inhalt der gegebenenfalls beabsichtigten Synchroni-
sierung machen?

a) Welche Maßnahmen anderer teilnehmender Regierungen wurden hin-
sichtlich Libyen auf der Konferenz vorgetragen?

b) Inwiefern wurde dabei erörtert, ob diese geeignet sind, die Bereiche poli-
zeilicher und militärischer Belange zu vermischen, und welche Haltung
trug die Bundesregierung hierzu vor?

32. Auf welche Weise sind die Maßnahmen von INTERPOL zum Aufbau von
Polizeidatenbanken in der Gesamtkonzeption von EUBAM Libyen berück-
sichtigt?

a) Welche Kernaussagen traf die Präsentation von INTERPOL bei der
Ratsarbeitsgruppe Strafverfolgung am 22. Mai 2013 zum Thema „Inte-
grated Border Management Task Force Initiative“?

b) Worin bestehen die Anstrengungen von INTERPOL hinsichtlich der
Grenzsicherung?

c) Inwiefern stehen Behörden der Bundesregierung oder von EUBAM
Libyen mit der genannten „Task Force“ in Kontakt?

33. Was ist der Bundesregierung über die weitere Einbindung von Libyen in das
neue, regionale Überwachungsnetzwerk „Seahorse Mediterranian“ be-
kannt, das in das EU-Grenzüberwachungssystem EUROSUR integriert
werden soll?

a) Welche libyschen Lagezentren werden hierfür genutzt, und inwiefern
sind diese innerhalb von EUBAM Libyen Gegenstand von Ausbildungs-
maßnahmen?

b) Ist der Bundesregierung bekannt, ob die Lagezentren an italienische Ein-

richtungen angebunden werden sollen, und wenn ja, welche Informa-
tionen hat sie darüber?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/14279

34. Was ist der Bundesregierung über bilaterale Projekte Italiens und Libyens
hinsichtlich der Grenzsicherung bekannt, und inwiefern baut EUBAM
Libyen auf diese auf?

a) Welche Details und Kosten sind der Bundesregierung zur Errichtung ei-
nes Überwachungssystems für die libyschen Grenzen bekannt, das von
Italien bereits unter Muammar al-Gaddafi begonnen wurde und dessen
Zuschlag nach Informationen der Fragesteller die italienische Firma
SELEX/Finmeccanica erhielt, und inwiefern soll die Plattform in andere
Maßnahmen der Europäischen Union, insbesondere in EUBAM Libyen
(etwa bzgl. Ausbildungsmaßnahmen) oder EUROSUR, eingebunden
werden?

b) Inwiefern trifft es zu, dass Patrouillenschiffe, Schiffsüberwachungssys-
teme und Radaranlagen an der libyschen Küste von Italien modernisiert
werden, und inwiefern sollen diese Anstrengungen in andere Maßnah-
men der Europäischen Union, insbesondere in EUBAM Libyen (etwa
bzgl. Ausbildungsmaßnahmen) oder EUROSUR, einfließen?

c) Welche weiteren Ausbildungsmaßnahmen Italiens sind der Bundesregie-
rung hinsichtlich der Grenzsicherung bekannt, und inwiefern adressieren
diese jeweils das Militär, den Zoll, die Gendarmerie und die Polizei?

35. Inwiefern trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass von Italien
und anderen auch bei EUBAM Libyen teilnehmenden Regierungen beab-
sichtigt ist, in Libyen eine Gendarmerie aufzubauen?

a) Welche Aufgaben könnte eine derartige Gendarmerie nach Ansicht der
Bundesregierung bzw. des Europäischen Auswärtigen Dienstes überneh-
men, und wie würde dies innerhalb von EUBAM Libyen berücksichtigt?

b) Wie viele Angehörige welcher libyschen Behörden sind mit welchen In-
halten im „Center of Excellence for Stability Police Units“ (CoESPU),
das im Rahmen des G8-Aktionsplans „Expanding Global Capability for
Peace Support Operations“ eingerichtet wurde, fortgebildet worden?

36. Wozu, und auf welche Art und Weise, ist die Europäische Agentur für die
operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen – FRONTEX – in die Pla-
nung und Durchführung der EUBAM Libyen-Mission involviert?

a) Mit welchen Angehörigen welcher Länder ist FRONTEX selbst (seit
wann) vor Ort, und wo sind diese tätig?

b) Inwiefern ist geplant, dass FRONTEX innerhalb der nächsten zwei Jahre
auch außerhalb von Tripolis, etwa an den teils militärisch kontrollierten
südwestlichen Grenzen, tätig werden könnte?

c) Inwiefern ist geplant, dass libysche Sicherheitskräfte im Hauptquartier
von FRONTEX in Warschau oder im Rahmen anderer FRONTEX-Mis-
sionen hospitieren oder teilnehmen?

d) Wie soll sichergestellt werden, dass die Einbindung von FRONTEX
nicht militärischen Aktivitäten und Interessen Libyens dient, zumal viele
Grenzkontrollstationen bzw. Grenzverläufe vom Militär kontrolliert
werden?

e) Inwiefern ist innerhalb von EUBAM Libyen anvisiert, dass diese dazu
dienen könnte, Libyen in zukünftige Missionen von FRONTEX einzu-
binden oder diese anderweitig aufeinander abzustimmen?

37. Welche Projekte im Bereich der bilateralen Aufbauhilfe unterhält das Bun-
deskriminalamt seit wann in Libyen, woraus bestehen deren Inhalte, wie

viele libysche Angehörige welcher Behörden wurden ausgebildet, und wo
fanden die Maßnahmen statt?

Drucksache 17/14279 – 8 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
38. Welche Mechanismen werden im Rahmen von EUBAM Libyen geschaffen,
um einen ständigen Informationsaustausch der an der EUBAM-Libyen-
Mission beteiligten Akteure bzw. Personen zu gewährleisten, und inwiefern
können die dabei ausgetauschten Informationen öffentlich dem Deutschen
Bundestag zugänglich gemacht werden?

39. Inwiefern ist gewährleistet, dass die Bundespolizei regelmäßig und zuver-
lässig über die Ausbildungsentwicklung, inklusive sicherheitsrelevanter
Vorfälle, der anderen Akteure auf dem Gebiet der Ausbildung libyscher
Sicherheitskräfte unterrichtet wird, und inwiefern können diese Informa-
tionen öffentlich dem Deutschen Bundestag zugänglich gemacht werden?

Berlin, den 25. Juni 2013

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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