BT-Drucksache 17/14116

Datenschutzprobleme bei Spielekonsolen

Vom 25. Juni 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/14116
17. Wahlperiode 25. 06. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jan Korte, Ulla Jelpke, Jens Petermann, Dr. Petra Sitte,
Frank Tempel, Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

Datenschutzprobleme bei Spielekonsolen

Nach Medienberichten sieht der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die
Informationsfreiheit Peter Schaar große Datenschutzprobleme bei der neuen
Spielkonsole Xbox One der Firma Microsoft. „Die Xbox registriert ständig alle
möglichen persönlichen Informationen über mich. Reaktionsgeschwindigkei-
ten, meine Lernfähigkeit oder emotionale Zustände. Die werden dann auf einem
externen Server verarbeitet und möglicherweise sogar an Dritte weitergegeben.
Ob sie jemals gelöscht werden, kann der Betroffene nicht beeinflussen“, so Peter
Schaar (vgl. SPIEGEL ONLINE vom 26. Mai 2013). Ferner wird die neue
Spielkonsole nach aktuellen Informationen zwingend mit einem Kamerasystem
(Kinect) verbunden sein, das räumliche Information in höchster Qualität erfas-
sen kann. Die Kamera zeichnet in Full-HD-Auflösung auf und ist dank einer In-
frarot-Einheit in der Lage, auch bei Dunkelheit aufzunehmen. Auf Basis dieser
Technik soll es möglich sein, Gesichtsausdrücke, die Drehung einzelner Glied-
maßen oder ob ein Bein mehr belastet wird als das andere zu erkennen (vgl.
GameStar Online vom 23. Mai 2013).

Ein im letzten Jahr bekanntgewordener Patentantrag von Microsoft verdeutlicht
die mögliche Art der Kinect-Nutzung. Bei Filmdownloads soll die Kamera die
Personenanzahl vor dem Fernsehgerät erfassen und somit den Abrufpreis nach
eben dieser Erkenntnis bestimmen (vgl. SPIEGEL ONLINE vom 23. Mai 2013).
Ein weiterer Patenteintrag Microsofts, der die Dokumentation des Fernsehver-
haltens der Nutzerinnen und Nutzer ermöglichen soll, um danach ein Beloh-
nungssystem ausrichten zu können, zielt ebenfalls auf die Überwachung der
Nutzerinnen und Nutzer (vgl. heise online 29. Mai 2013).

Des Weiteren ist die neue Konsole mit einer Mikrofonsteuerung ausgestattet,
welche jederzeit auf ein bestimmtes Kommando reagiert und das Gerät darauf-
hin automatisch einschaltet. Laut Microsoft erkennt das Mikrofon im Stand-by-
Modus nur die speziellen Signalworte und diese werden einzig lokal im Gerät
aufgezeichnet. Jedoch muss nach Microsoft-Angaben das Gerät mindestens alle
24 Stunden einmal mit dem Internet verbunden sein, um mit dem Microsoft-Ser-
ver zu kommunizieren. Einzelne Softwareprodukte können gar eine permanente
Internetverbindung erfordern, so Microsoft weiter (vgl. GameStar Online

23. Mai 2013). Peter Schaar selbst relativiert die Vorstellung, dass Microsoft per
Mikrofon die Wohnzimmer ausspioniert als „verdrehte Horrorvision“, bezeich-
net die Konsole aber explizit als „Überwachungsgerät“, weil die Nutzerinnen
und Nutzer nicht kontrollieren können, welche Informationen über sie gespei-
chert werden. Am 19. Juni 2013 reagierte Microsoft auf die weltweite Kritik.
Der Präsident von Microsofts Unterhaltungssparte Don Mattrick erklärte, dass
die Xbox One nun (vorerst) doch ohne DRM (DRM = Digital Rights Manage-

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ment), Regionalsperre und Onlinezwang auskommen werde. Allerdings müss-
ten dafür einige angekündigte Funktionen weichen (vgl. www.news.xbox.com/
2013/06/update). Technisch scheinen die Überwachungsmöglichkeiten aber wei-
ter zu bestehen, zumal Nutzer, wenn sie das volle Programm des „all-in-one
entertainment system“ in Anspruch nehmen wollen, weiterhin Kinect inklusive
einer ständigen Internetverbindung in Kauf nehmen müssen.

Zudem zeigt die Erfahrung, dass die Fremdeinwirkung Dritter in das Serversys-
tem einer Konsole ein signifikantes Sicherheitsproblem darstellt. So gelang es,
durch sogenannte Cyberangriffe in das Playstation Network der Playstation 3
von Sony im Jahr 2011 einzudringen, und sensible Kundendaten zu entwenden,
die später sogar öffentlich im Internet verbreitet wurden (vgl. SPIEGEL
ONLINE 27. April 2011). Ein ähnliches Szenario wäre auch bei der neuen Xbox
denkbar, bloß das dort die Folgen für die Privatsphäre der Nutzerinnen und Nut-
zer bedeutend schwerwiegender wären.

Die neue Xbox ist allerdings nur ein Beispiel für eine Vielzahl von Endgeräten
einer neuen Konsolengeneration, die mit ähnlichen technischen Fähigkeiten
ausgestattet sind.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Hat die Bundesregierung Kenntnis von der in der Vorbemerkung der Frage-
steller dargestellten Problematik, und wie bewertet sie die aktuellen Entwick-
lungen von potenziellen Einschränkungen der Privatsphäre bei modernen
Spielekonsolen?

2. Verstößt die Sammlung von personenbezogenen oder personenbeziehbaren
Daten auf externen Servern solcher Spielekonsolen nach Meinung der Bun-
desregierung gegen

a) das deutsche Datenschutzrecht,

b) das europäische Datenschutzrecht (bitte jeweils begründen)?

3. Sieht die Bundesregierung einen Verstoß gegen das Grundrecht auf Unver-
letzlichkeit der Wohnung, wenn personenbezogene oder personenbeziehbare
Daten aus der Wohnung von Nutzerinnen und Nutzer durch Spielekonsolen
aufgezeichnet und weitergegeben werden (bitte begründen)?

4. Sind nach Auffassung der Bundesregierung die Bestimmungen zu einer in-
formierten und freiwilligen Einwilligung weiterhin ausreichend, wenn die
Nutzerinnen und Nutzer solcher Spielekonsolen ihre Zustimmung zu den
Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Herstellers erklären, ohne dass sie
kontrollieren können, welche Informationen über sie gespeichert und weiter-
gegeben werden?

5. Sind nach Auffassung der Bundesregierung die Bestimmungen des Safe Har-
bor-Abkommens ausreichend, um einen Missbrauch solcher Dienste zu
unterbinden und die Sicherheit der Serverarchitektur von Microsoft zu ge-
währleisten?

6. Sieht die Bundesregierung gesetzgeberischen Handlungsbedarf, um im Be-
reich der digitalen Consumer Electronics das Sammeln, Zusammenführen
und Rastern von personenbezogenen oder personenbeziehbaren Daten zu
verknüpften Profilen zu unterbinden oder Mindeststandards zu unterwerfen?

Wenn ja,

a) wann wird die Bundesregierung entsprechend handeln, und

b) in welcher Form könnte dies geschehen?
Wenn nein, warum nicht?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/14116

7. Sieht die Bundesregierung, aufgrund der Tatsache, dass ein Großteil der Nut-
zerinnen und Nutzer von Spielekonsolen Minderjährige sind, besonderen
Handlungsbedarf?

Wenn ja, in welcher Form?

Wenn nein, warum nicht?

8. Kann die Bundesregierung ausschließen, dass persönliche Daten von Nutzern
in der Bundesrepublik Deutschland auf Xbox-One-Servern von Microsoft,
künftig im Rahmen von PRISM oder anderen Überwachungsprogrammen
von Geheimdiensten der USA oder anderer Staaten genutzt werden könnten?

Wenn ja, wieso?

Berlin, den 25. Juni 2013

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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