BT-Drucksache 17/14042

Aktueller Stand des Projektes "Optimiertes Meldeverfahren in der sozialen Sicherung"

Vom 14. Juni 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/14042
17. Wahlperiode 14. 06. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jan Korte, Ulla Jelpke, Diana Golze, Dr. Rosemarie Hein,
Jutta Krellmann, Petra Pau, Jens Petermann, Dr. Petra Sitte, Frank Tempel,
Halina Wawzyniak, Sabine Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.

Aktueller Stand des Projektes „Optimiertes Meldeverfahren in der sozialen
Sicherung“

Mit dem IT-Großprojekt „ELENA-Verfahren“ (elektronisches Entgeltnach-
weis-Verfahren) sollte ursprünglich einmal der Einkommensnachweis mithilfe
einer Chipkarte und elektronischer Signatur elektronisch erbracht werden.
ELENA sollte die Meldung von Daten durch die Arbeitgeberinnen und Arbeit-
geber und deren zentrale Speicherung, die seit dem 1. Januar 2010 erfolgte,
sowie die Nutzung dieser Daten durch die Agenturen für Arbeit und weitere
Behörden umfassen. Für Abfragen sollte jede beliebige, nach einheitlichem
Standard (eCard-API) funktionierende Signaturkarte mit Chip (EC-/Maestro-
Card, eGK, nPA etc.) verwendet werden können.

Nachdem die Einführung aufgrund massiver Proteste und zahlreicher techni-
scher Probleme zunächst auf 2014 verschoben werden sollte, einigten sich das
Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und das Bundesministe-
rium für Arbeit und Soziales Mitte Juli 2011 darauf, das Projekt „schnellstmög-
lich einzustellen“ (gemeinsame Pressemitteilung des Bundesministeriums für
Wirtschaft und Technologie und des Bundesministeriums für Arbeit und Sozia-
les vom 18. Juli 2011). Bereits kurz darauf hatte die Bundesregierung erklärt,
dass sie Lösungen suchen wolle, wie die bisherigen Investitionen der Wirt-
schaft gesichert werden könnten. Das Bundesministerium für Arbeit und Sozia-
les wollte „ein Konzept erarbeiten, wie die bereits bestehende Infrastruktur des
ELENA-Verfahrens und das erworbene Know-how für ein einfacheres und
unbürokratisches Meldeverfahren in der Sozialversicherung genutzt werden
können“. Daraufhin wurde das Großprojekt „Optimiertes Meldeverfahren in
der sozialen Sicherung“ (OMS) ins Leben gerufen und am 15. Februar 2012
offiziell gestartet.

Das Projekt OMS beinhaltet „eine zweijährige umfassende Untersuchung der
bestehenden elektronischen Arbeitgebermeldeverfahren in der sozialen Siche-
rung im Hinblick auf ihre Optimierungspotenziale. Inhaltlich begleitet wird das
vor allem durch die Informationstechnische Servicestelle der gesetzlichen
Krankenversicherung GmbH, der ITSG.“ (www.projekt-oms.de). Noch im Jahr

2013 sollen einige Teilprojekte in die Pilotphase gehen.

Bereits im Juni 2012 stellte die Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag
eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung (Bundestagsdrucksache 17/9805).
Aus der Antwort der Bundesregierung (Bundestagsdrucksache 17/9897) ergaben
sich bereits damals erhebliche Bedenken hinsichtlich des Projektes. Es entstand
der Eindruck, dass mit OMS lediglich ein neuer Rahmen für das alte Großprojekt

Drucksache 17/14042 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

ELENA gebaut werden sollte. Die Beteiligung der Privatwirtschaft an der Pro-
jektarbeit legte – wie so oft bei der Entwicklung von Projekten zur elektronischen
Identifikation – die Vermutung nahe, dass bei OMS vor allem kommerzielle
Gründe und die Interessen der Privaten eine Rolle spielen. Aus Bürgeranfragen
an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales geht beispielsweise hervor,
wie sich die 231 am Projekt beteiligten Akteure zusammensetzen: Demnach sind
davon lediglich drei Vertreter des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und
die Informationsfreiheit und ein Repräsentant des Bundesamtes für die Sicher-
heit in der Informationstechnik, wohingegen 42 Vertreter aus der Privatwirt-
schaft kommen (vgl. hierzu auch: https://fragdenstaat.de/anfrage/dritte-ifg-
anfrage-zum-elena-nachfolger-oms/). Das Versprechen der Bundesregierung,
dem Datenschutz bei der Projektentwicklung oberste Priorität zukommen zu las-
sen, scheint bei diesen Mehrheitsverhältnissen nicht einhaltbar zu sein.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wurde die erste Projektphase von OMS – die Erfassung des Ist-Zustandes –
bereits abgeschlossen?

Wenn ja, zu welchem Ergebnis kam man in Gänze und in den einzelnen
Projektgruppen?

2. Auf welchem Stand ist die Projektarbeit in den einzelnen Arbeitsgruppen
zum jetzigen Zeitpunkt?

3. Welche Ergebnisse hat die Arbeitsgruppe „Informationssicherheit und Da-
tenschutz“ bis zum jetzigen Zeitpunkt in den folgenden ihr zugeschriebenen
Aufgabenbereichen erzielen können

a) „Aufstellen einer Verfahrensübersicht aus Sicht des Datenschutzes und
der IT-Sicherheit“,

b) „Erarbeiten von möglichen Alternativen“,

c) „Aufzeigen der Optimierungsansätze zu datenschutzrechtlichen Regelun-
gen und Verbesserungen der Datensicherheit“,

d) „Priorisieren der Machbarkeiten unter Berücksichtigung von Kosten und
Nutzen“?

4. Was beinhalten die im Aufgaben- und Anforderungsprofil der Arbeitsgrup-
pen „Technik“, „Informationssicherheit und Datenschutz“ sowie „Kosten“
angeführten Szenarien 1, 2 und 3?

5. Wie fällt die von der Arbeitsgruppe „Informationssicherheit und Daten-
schutz“ angeforderte Bewertung der Szenarien 1, 2 und 3 in Bezug auf den
Datenschutz aus?

6. Wie begründet die Bundesregierung die umfangreiche Beteiligung von
Firmen aus der Privatwirtschaft im Allgemeinen und vor dem Hintergrund
der im Vergleich geringen Einbindung von gewerkschaftlichen und daten-
schutzinteressierten Akteuren?

7. Wie kam es zu der zahlreichen Beteiligung von Privatunternehmen, und wie
gestaltete sich der Auswahlprozess der beteiligten Gruppen, Unternehmen
und Verbände konkret?

a) Wer hat wann die Auswahl aus welchen Gründen getroffen?

b) Gab es Bewerbungsphasen, und wenn ja, welche waren dies, wer wurde
dazu eingeladen bzw. angeschrieben?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/14042

c) Befanden sich darunter auch Organisationen der Zivilgesellschaft, wie
z. B. der Chaos Computer Club, AK Vorrat, Transparency International
Deutschland e. V., Demokratie jetzt, FoeBuD e. V., und wenn nein,
warum nicht?

8. Wie teuer ist das OMS-Projekt bzw. dessen zweijährige Vorbereitungs-
phase bislang?

Wie viele Mittel davon gingen aus welchen Gründen an die ITSG GmbH?

Werden die Teilnehmer entlohnt, und wenn ja, in welcher Form und Höhe?

9. Warum wird nicht offengelegt, wer als Vertreter namentlich beim OMS-
Projekt tätig ist?

10. Warum hat die ITSG GmbH, die doch auch im gescheiterten ELENA-Pro-
jekt eine wesentliche Rolle gespielt hat, durch die Leitung des Projektbüros
erneut einen so markanten Einfluss innerhalb der zweijährigen Projekt-
phase?

11. Wer hat entschieden, dass die ITSG GmbH in einer so zentralen Rolle er-
neut tätig wird?

12. Gibt es eine eigene Abteilung oder Strategie für Öffentlichkeitsarbeit zu
OMS?

Wenn ja, wo ist diese verortet, wer leitet sie, wie viel Geld steht ihr zur Ver-
fügung, bzw. wer hat die Strategie in wessen Auftrag und zu welchen Kos-
ten wann entwickelt?

13. Gibt es darüberhinaus im Rahmen von OMS eine Zusammenarbeit mit
Agenturen für Öffentlichkeitsarbeit?

Wenn ja, wie sieht diese aus, welche Absicht wird damit verfolgt, welche
Kosten entstehen dadurch, und wie wird dies für die Bürgerinnen und
Bürger transparent gemacht?

14. Misst die Bundesregierung dem Datenschutz bei der Durchführung des
Projekts und der Entwicklung eines optimierten Meldeverfahrens nach wie
vor Priorität bei?

Wenn ja, wie wird versucht, diesem Versprechen gerecht zu werden?

15. Inwieweit wurde der Bundesdatenschutzbeauftrage, die Datenschutzbeauf-
tragten der Länder und andere datenschutzengagierte Akteure in die Pro-
jektarbeit eingebunden, und wie wird sie durch diese beurteilt?

16. Hat der Bundesdatenschutzbeauftragte bereits konkrete datenschutzrechtli-
che Bewertungen und Empfehlungen abgegeben?

Wenn ja, wie lauten diese?

17. Wie ist der Planungsstand hinsichtlich der Durchführung des angekündig-
ten Pilotprojektes?

Berlin, den 14. Juni 2013

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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