BT-Drucksache 17/13937

zu dem Gesetzentwurf des Bundesrates - Drucksache 17/10511 - Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes

Vom 12. Juni 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/13937
17. Wahlperiode 12. 06. 2013

Beschlussempfehlung und Bericht
des Innenausschusses (4. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf des Bundesrates
– Drucksache 17/10511 –

Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes

A. Problem

Der Gesetzentwurf dient der Vermeidung von Härtefällen aus humanitären
Gründen, die dadurch entstehen können, dass ohne Ausnahmemöglichkeit an
der Voraussetzung des Besitzes von Grundkenntnissen der deutschen Sprache
für Familienangehörige festgehalten wird, die in den Aufnahmebescheid des
Spätaussiedlers aufgenommen werden wollen.

Das Bundesvertriebenenrecht fordert für die Aufnahme von Ehegatten oder
Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers von den Ehe-
gatten oder Abkömmlingen den Nachweis des Besitzes von Grundkenntnissen
der deutschen Sprache vor der Ausreise aus dem Aussiedlungsgebiet.

Das Erfordernis des Besitzes von Grundkenntnissen der deutschen Sprache als
strikte Voraussetzung für die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid des Spät-
aussiedlers kann in Einzelfällen hinsichtlich des Ehegatten bzw. des Abkömm-
lings zu unbilligen Härten führen.

In der Verwaltungspraxis und durch Eingaben hat sich nämlich gezeigt, dass es
in bestimmten Fällen auch über den bereits gesetzlich geregelten Ausnahmefall
der Behinderung im Sinne des Neunten Buches Sozialgesetzbuch weitere Fälle
gibt, in denen das Festhalten an der Voraussetzung des Besitzes von Grund-
kenntnissen der deutschen Sprache eine unbillige Härte darstellt. Dies ist ins-
besondere dann der Fall, wenn der Ehegatte oder Abkömmling aufgrund einer
körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder in einem vergleichbaren
Fall nicht in der Lage ist, die erforderlichen Grundkenntnisse der deutschen
Sprache zu erwerben.

B. Lösung
Die bisherige, restriktive Ausnahmevorschrift hinsichtlich des Absehens von
der Voraussetzung des Besitzes von Grundkenntnissen der deutschen Sprache
wird um die Varianten erweitert, in denen das Festhalten an dem Erfordernis
von Grundkenntnissen der deutschen Sprache eine unbillige Härte darstellt.

Drucksache 17/13937 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.

C. Alternativen

Keine.

D. Finanzielle Auswirkungen

Es existieren keine Statistiken über potenziell Berechtigte in den Aussiedlungs-
gebieten. Deshalb können nur Schätzgrößen genannt und die Anzahl der Per-
sonen, die aufgrund der Erweiterung der Ausnahmemöglichkeit im Bundes-
gebiet Aufnahme finden können, und die damit zu erwartenden Kosten nicht
genau beziffert werden.

Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Neunten Gesetz zur Änderung
des Bundesvertriebenengesetzes im Jahr 2011 unter Zugrundelegung ver-
schiedener Indikatoren (bisher abgelehnte Einbeziehungsanträge, Petitionen
mit nachträglichen Einbeziehungsersuchen, in den Aussiedlungsgebieten ver-
bliebene Abkömmlinge) wurde nach einer qualifizierten Schätzung mit etwa
5 000 Härtefallanträgen gerechnet. Die bisherige Prognose geht davon aus,
dass etwa 2 500 Anträge die gesetzlichen Voraussetzungen des Neunten Geset-
zes zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes (Vorliegen eines Härtefalls
und sonstiger gesetzlicher Voraussetzungen) erfüllen. Mit der erweiterten Aus-
nahmeregelung ist von einer Steigerung um bundesweit etwa 1 000 stattzuge-
bende Anträge auszugehen.

Aufgrund der erweiterten Ausnahmevorschrift und der damit verbundenen zu-
sätzlichen Aufnahme von Familienangehörigen der Spätaussiedler im Bundes-
gebiet entsteht ein erhöhter Verwaltungsaufwand beim Bundesverwaltungsamt,
das für das Aufnahmeverfahren zuständig ist. Dieser Aufwand wird im Rahmen
der zur Verfügung stehenden Ansätze erwirtschaftet werden müssen. Auch
nach Inkrafttreten der erweiterten Ausnahmevorschrift wird ein jährlicher Zu-
zug von etwa 4 000 Personen voraussichtlich nicht überschritten werden.

Auswirkungen auf die Haushalte der Länder und Kommunen lassen sich nicht
genau ermitteln. Durch die Aufnahme von Familienangehörigen der Spätaus-
siedler auf der Grundlage der erweiterten Ausnahmevorschrift dürfte bei den
Ländern und Kommunen ein Vollzugsaufwand entstehen, der jedoch nicht
beziffert werden kann. Angesichts zurückgehender Zuzugszahlen in den ver-
gangenen Jahren dürften die Kosten für die Aufnahme von Spätaussiedlern und
ihrer Familienangehörigen auch unter Berücksichtigung der erweiterten Aus-
nahmevorschrift die Kosten nicht übersteigen, die von den Ländern gegen-
wärtig zu tragen sind.

E. Sonstige Kosten

Kosten für die Wirtschaft oder Auswirkungen auf das Preisniveau, insbeson-
dere auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten. Etwaige Kosten
für soziale Sicherungssysteme können nicht beziffert werden.

F. Bürokratiekosten

Es werden keine Informationspflichten neu eingeführt, geändert oder aufgeho-
ben. Für die Normadressaten entsteht Verwaltungsaufwand bei Antragstellung.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/13937

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf auf Drucksache 17/10511 mit folgenden Maßgaben, im Üb-
rigen unverändert anzunehmen:

Artikel 1 wird wie folgt gefasst:

,Artikel 1

Änderungen des Bundesvertriebenengesetzes

Das Bundesvertriebenengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom
10. August 2007 (BGBl. I S. 1902), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom
7. Mai 2013 (BGBl. I S. 1122) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. § 6 Absatz 2 wird wie folgt geändert:

a) In Satz 1 wird das Wort „vergleichbare“ durch das Wort „andere“ ersetzt
und wird das Wort „nur“ gestrichen.

b) Satz 2 wird wie folgt gefasst:

„Das Bekenntnis auf andere Weise kann insbesondere durch den Nach-
weis ausreichender deutscher Sprachkenntnisse entsprechend dem Ni-
veau B 1 des Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen
oder durch den Nachweis familiär vermittelter Deutschkenntnisse er-
bracht werden.“

c) Satz 3 wird wie folgt gefasst:

„Das Bekenntnis zum deutschen Volkstum muss bestätigt werden durch
den Nachweis der Fähigkeit, zum Zeitpunkt der verwaltungsbehördlichen
Entscheidung über den Aufnahmeantrag, in Fällen des § 27 Absatz 2 im
Zeitpunkt der Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich
dieses Gesetzes, zumindest ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen zu
können, es sei denn, der Aufnahmebewerber kann diese Fähigkeit wegen
einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer
Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches So-
zialgesetzbuch nicht besitzen.“

d) Satz 4 wird aufgehoben.

2. § 27 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 wird wie folgt geändert:

aa) In Satz 1 wird nach dem Wort „erfüllen“ das Wort „(Bezugsper-
sonen)“ eingefügt.

bb) Die Sätze 2 und 3 werden wie folgt gefasst:

„Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebe-
scheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebe-
scheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 1 Satz 2 nach-
geholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten
würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im
Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach
Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach
Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.“

cc) Die Sätze 4, 5 und 6 werden aufgehoben.

b) Absatz 2 wird wie folgt geändert:

aa) Satz 1 wird wie folgt gefasst:
„Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit
mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet

Drucksache 17/13937 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aus-
siedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen,
wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt
und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehe-
gatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse
der deutschen Sprache besitzen.“

bb) Satz 2 wird wie folgt gefasst:

„Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer
Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während
des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung
nach § 15 Absatz 1 geboren wird.“

cc) Die folgenden Sätze werden angefügt:

„Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verblie-
bene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen
ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträg-
lich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbe-
zogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die
Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahme-
bescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des
sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger
Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er we-
gen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder we-
gen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten
Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Spra-
che besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird
insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor
beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die
Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme
im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.“

c) Absatz 3 wird wie folgt geändert:

aa) Satz 1 wird wie folgt gefasst:

„Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlosse-
nen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf
Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden.“

bb) Satz 2 wird wie folgt gefasst:

„§ 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige
der nach Absatz 3 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen ent-
sprechend.“

cc) Die Sätze 3 und 4 werden aufgehoben.‘

Berlin, den 12. Juni 2013

Der Innenausschuss

Wolfgang Bosbach
Vorsitzender

Stephan Mayer (Altötting)
Berichterstatter

Rüdiger Veit
Berichterstatter

Serkan Tören
Berichterstatter

Ulla Jelpke
Berichterstatterin

Memet Kilic
Berichterstatter

Änderung des Aufenthaltsgesetzes Formularanträgen).

In § 30 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 des Aufenthaltsgesetzes in

der Fassung der Bekanntmachung vom …, zuletzt ge-
ändert durch… werden nach dem Wort „Behinderung“
die Wörter „oder wegen eines vergleichbaren Falls“

Aus dieser Kombination von engem Gesetzeswortlaut und
restriktiver Auslegung durch die Rechtsprechung ergeben
sich in der heutigen Praxis unverhältnismäßig hohe Aufnah-
mehürden, die in vielen Fällen zu unbilligen Ablehnungs-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/13937

Bericht der Abgeordneten Stephan Mayer (Altötting), Rüdiger Veit, Serkan Tören,
Ulla Jelpke und Memet Kilic

I. Zum Verfahren

1. Überweisung

Der Gesetzentwurf auf Drucksache 17/10511 wurde in der
244. Sitzung des Deutschen Bundestages am 7. Juni 2013
an den Innenausschuss federführend sowie an den Rechts-
ausschuss und den Ausschuss für Arbeit und Soziales zur
Mitberatung überwiesen.

2. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Rechtsausschuss hat in seiner 139. Sitzung am 12. Juni
2013 mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD,
FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthal-
tung der Fraktion DIE LINKE. empfohlen, den Gesetzent-
wurf in geänderter Fassung anzunehmen.

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat in seiner
138. Sitzung am 12. Juni 2013 mit den Stimmen der Frak-
tionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.
die Annahme des Gesetzentwurfs in der Fassung des Ände-
rungsantrags empfohlen.

3. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der Innenausschuss hat in seiner 111. Sitzung am 12. Juni
2013 den Gesetzentwurf abschließend beraten und emp-
fiehlt mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD,
FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthal-
tung der Fraktion DIE LINKE. die Annahme des Gesetzent-
wurfs in der Fassung des Änderungsantrags der Koalitions-
fraktionen auf Ausschussdrucksache 17(4)760. Dieser
wurde zuvor mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU, SPD und FDP bei Stimmenthaltung der Fraktionen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenom-
men.

Der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE. auf Aus-
schussdrucksache 17(4)765 wurde mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der
Fraktionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN abgelehnt.

Der Änderungsantrag auf Ausschussdrucksache 17(4)765
hat einschließlich Begründung folgenden Wortlaut:

1. Nach Artikel 1 (Änderung des Bundesvertriebenengeset-
zes) wird Artikel 2 mit folgendem Wortlaut eingefügt:

Artikel 2

Begründung:
Der Bundesrat strebt eine humanitäre Ausnahmeregelung
zu den Sprachanforderungen beim Familiennachzug im
Bundesvertriebenenrecht an. Dies ist zu begrüßen, auch
wenn die antragstellende Fraktion die Hürde der Sprachan-
forderungen beim Familiennachzug im Ausland als unzuläs-
sige Beschränkung des Grundrechts auf Familienzusam-
menleben grundsätzlich ablehnt.
Angestrebt wird nach dem Gesetzentwurf des Bundesrates
eine „Gleichstellung für den Ehegattennachzug von Spät-
aussiedlern mit dem von Ausländern“. Die vorgeschlagene
Regelung geht allerdings über die jetzige Regelung im Auf-
enthaltsgesetz hinaus, weil auch das Alter, Gebrechlichkeit,
Bildungsferne und Lernschwächen durch den unbestimmten
Begriff des „vergleichbaren Falls“ mit berücksichtigt wer-
den sollen. Dies ist zu begrüßen. Da humanitäre Erwägun-
gen für beide unterschiedlichen Arten des Familiennach-
zugs jedoch gleichermaßen gelten müssen, wird diese ge-
plante Änderung im Bundesvertriebenengesetz wortgleich
auf das Aufenthaltsgesetz übertragen, um eine Gleichbe-
handlung sicherzustellen.

II. Zur Begründung

Zur Begründung allgemein wird auf Drucksache 17/10115
hingewiesen. Die vom Innenausschuss auf Grundlage des
Änderungsantrags der Koalitionsfraktionen auf Ausschuss-
drucksache 17(4)760 vorgenommenen Änderungen begrün-
den sich wie folgt:

Zu Nummer 1

Zu Buchstabe a

Derzeit muss der Spätaussiedlerbewerber nachweisen, dass
er sich von Eintritt der Bekenntnisfähigkeit (16. Lebensjahr)
bis zur Aussiedlung „nur“ zum deutschen Volkstum bekannt
hat. In der Rechtsprechung wird insofern gefordert, dass der
Spätaussiedlerbewerber durchgängig alle sich ihm bieten-
den Möglichkeiten zur Nationalitätenerklärung genutzt
haben muss. Die früher bestehende Möglichkeit zur Abgabe
von Nationalitätenerklärungen in Inlandspässen oder ande-
ren amtlichen Dokumenten ist der jüngeren Generation in
einigen Nachfolgestaaten der Sowjetunion wie der Rus-
sischen Föderation und der Ukraine seit 1998 verwehrt.
Soweit das Bekenntnis nicht durch eine Nationalitätenerklä-
rung in weiteren amtlichen Dokumenten (z. B. Heirats- oder
Geburtsurkunden) erfolgt, muss es zumindest auf „ver-
gleichbare Weise“, d. h. in amtlichen Dokumenten ähn-
lichen Formularen erklärt werden (z. B. in universitären
eingefügt.
2. Der bisherige Artikel 2 wird zu Artikel 3.

entscheidungen führen. Deshalb sollte das Wort „nur“ ent-
fallen und die restriktive, auf Erklärungen in amtlichen Do-

Drucksache 17/13937 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

kumenten fokussierte Formulierung „auf vergleichbare
Weise“ ersetzt werden durch die Möglichkeit eines Be-
kenntnisses auf „andere Weise“. Das Bekenntnis kann dann
alternativ in Formen dargetan werden, die die Zugehörigkeit
zur deutschen Volksgruppe bzw. den dahingehenden Willen
glaubhaft machen (vgl. Nummer 1 Buchstabe b).

Zu Buchstabe b

Dieser Änderungsantrag zielt zunächst auf den Wegfall des
– durch das Spätaussiedlerstatusgesetz vom 30. August
2001 eingefügten – Merkmals der familiären Vermittlung
der deutschen Sprache als unabdingbare Voraussetzung für
die deutsche Volkszugehörigkeit. Dieses Erfordernis stellt
eine nicht mehr zeitgemäße Verschärfung dar, die in der
Praxis immer häufiger zu unbilligen Ablehnungsentschei-
dungen führt, wenn die Abstammung von einem deutschen
Volkszugehörigen, das Bekenntnis zum deutschen Volkstum
und deutsche Sprachkenntnisse nachgewiesen werden kön-
nen und es lediglich an einer familiären Vermittlung der
Deutschkenntnisse mangelt. Zu bedenken ist, dass sich eine
deutschstämmige Person auch durch das Erlernen der deut-
schen Sprache außerhalb der Familie mit ihrer Sprache und
Kultur auseinandersetzen und zu ihrem Deutschsein be-
kennen kann.

Der Änderungsantrag führt zwei Regelbeispiele für die neue
Möglichkeit ein, sich zum deutschen Volkstum auch auf
„andere Weise“ zu bekennen. Erstens sollte insbesondere
die jüngere Generation der Spätaussiedlerbewerber die
Chance erhalten, durch den Nachweis ausreichender deut-
scher Sprachkenntnisse entsprechend dem Niveau B 1 des
Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen
ihren Willen zur Zugehörigkeit zur deutschen Volksgruppe
zu bekunden. Zweitens sollte gerade Angehörigen der älte-
ren Generation die Möglichkeit offenbleiben, ihre Zuge-
hörigkeit zur deutschen Volksgruppe dadurch zu belegen,
dass sie die familiäre Vermittlung ihrer Deutschkenntnisse
nachweisen. Weitere Formen eines Bekenntnisses auf „an-
dere Weise“ sind möglich.

Zu Buchstabe c

Dieser Änderungsantrag hält daran fest, dass das Bekennt-
nis zum deutschen Volkstum durch den Nachweis der Fä-
higkeit bestätigt werden muss, zumindest ein einfaches Ge-
spräch auf Deutsch zu führen. Gleichzeitig wird von dieser
Nachweispflicht freigestellt, wer dazu aufgrund einer
Krankheit oder Behinderung nicht in der Lage ist.

Zu Buchstabe d

Die bislang in Satz 4 vorgesehenen Ausnahmevorschrift
zum Erfordernis der familiären Vermittlung der deutschen
Sprache ist wegen des Wegfalls dieses Erfordernisses (siehe
oben Nummer 1 Buchstabe b) zu streichen. Der bisherige
Satz 5 wird im Wege einer Folgeänderung zum neuen
Satz 4.

Zu Nummer 2

Zu Buchstabe a

Die bislang auf die Absätze 1 und 2 verteilten Bestimmun-

führt. Durch die Einfügung des in Klammern gefassten
Wortes „Bezugsperson“ in § 27 Absatz 1 Satz 1 BVFG wird
klargestellt, dass es sich hier um die Legaldefinition der
„Bezugsperson“ handelt. Diese Legaldefinition erlangt Be-
deutung für einige Regelungen zur Einbeziehung von Ehe-
gatten und Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid (vgl.
§ 27 Absatz 2 Sätze 1, 2 und 6 BVFG neue Fassung).

Die bisherigen Sätze 4, 5 und 6 des Absatzes 1 werden (teil-
weise in veränderter Fassung) zu den neuen Sätzen 4, 5
und 6 des Absatzes 2, da sie die zukünftig allein in Absatz 2
geregelte Einbeziehung von Ehegatten und Abkömmlingen
betreffen.

Zu Buchstabe b

Zu Doppelbuchstabe aa

Eine Neuregelung, die verstärkt Familienzusammenführun-
gen von Spätaussiedlern ermöglichen soll, sollte berück-
sichtigen, dass der Verlust der deutschen Sprache zum
Kriegsfolgenschicksal der Russlanddeutschen gehört. Dem-
entsprechend soll zukünftig minderjährigen Kindern des
Spätaussiedlers die Mitaussiedlung oder die nachträgliche
Einbeziehung unter Verzicht auf Spracherfordernisse gestat-
tet werden. Die Befreiung vom Spracherfordernis betrifft
damit nur die wegen ihrer Minderjährigkeit besonders
schutzbedürftigen noch nicht erwachsenen Abkömmlinge
des Spätaussiedlers. Dem Ehegatten und den volljährigen
Abkömmlingen des Spätaussiedlers ist der Erwerb von
Deutschkenntnissen vor Aussiedlung zumutbar; sie müssen
daher – außer im Krankheitsfall und bei Behinderungen –
weiterhin Grundkenntnisse der deutschen Sprache nachwei-
sen (siehe neue Klarstellung im letzten Halbsatz). Dies ist
unter Integrationsgesichtspunkten geboten.

Im neuen § 27 Absatz 2 Satz 1 BVFG wird klargestellt, dass
nur derjenige Abkömmling in den Aufnahmebescheid des
Spätaussiedlers zum Zwecke der gemeinsamen Aussiedlung
einbezogen werden kann, der im Aussiedlungsgebiet lebt.

Zu Doppelbuchstabe bb

Es handelt sich um redaktionelle Folgeänderungen.

Zu Doppelbuchstabe cc

• § 27 Absatz 2 Satz 3 BVFG

Die Vorschrift entspricht zu weiten Teilen dem § 27
Absatz 3 Satz 1 BVFG, wie er durch das 9. BVFG-Än-
derungsgesetz vom 4. Dezember 2011 eingeführt wurde,
verzichtet aber auf das Tatbestandsmerkmal der Härte.
Denn an der bisher für das Aufnahmeverfahren maßgeb-
lichen Regelungsidee (die Aussiedlung hat grundsätzlich
gemeinsam zu erfolgen, d. h. nur im Falle einer Härte ist
eine nachträgliche Einbeziehung ausnahmsweise mög-
lich) soll nicht weiter festgehalten werden. Die Praxis
hat gezeigt, dass die hierdurch in wesentlichem Umfang
verursachten Trennungen der Familien der Spätaussied-
ler nicht ausreichend beseitigt werden können. Selbst die
neue Härtefallregelung des 9. BVFG-Änderungsgesetzes
hat bislang nicht die Hoffnungen erfüllt, die die Politik
und die Verbände in sie gesetzt hatten. Eine praktikable
gen, die die Erteilung eines Aufnahmebescheides an den
Spätaussiedler betreffen, werden in Absatz 1 zusammenge-

Regelung, die es ermöglicht, die Einheit von Spätaus-
siedlerfamilien in möglichst vielen Fällen wieder herzu-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/13937

stellen, muss daher die grundsätzlich jederzeitige Einbe-
ziehung von Ehegatten und Abkömmlingen erlauben.
Dementsprechend lässt § 27 Absatz 2 Satz 2 BVFG
fortan die nachträgliche Einbeziehung unabhängig vom
Nachweis eines Härtefalles und ohne zeitliche Ein-
schränkungen zu. Die nachträgliche Einbeziehung wird
so zu einer weiteren Option, die neben die Möglichkeit
der Einbeziehung zum Zwecke der gemeinsamen Aus-
siedlung nach § 27 Absatz 2 Satz 1 BVFG tritt; wer
Letztere aus welchen Gründen auch immer nicht nutzt,
muss daher für die Zukunft keine Nachteile mehr be-
fürchten.

• § 27 Absatz 3 Satz 4 BVFG

Diese Vorschrift entspricht dem bisherigen § 27
Absatz 1 Satz 3 BVFG.

• § 27 Absatz 3 Satz 5 BVFG

Die Regelung geht zurück auf den bisherigen § 27
Absatz 1 Satz 4 BVFG. Die dort geregelte Ausnahme
vom Spracherfordernis hat künftig nur noch für einzube-
ziehende Ehegatten und volljährige Abkömmlinge Rele-
vanz, weil minderjährige Abkömmlinge keine Grund-
kenntnisse der deutschen Sprache mehr nachweisen
müssen. Dies wurde klargestellt. Die Erweiterung der
Ausnahmevorschrift um die Fälle des krankheitsbeding-
ten Unvermögens, Sprachkenntnisse nachzuweisen, ent-
spricht dem Entwurf des Bundesrates. Die Nichtberück-
sichtigung der Forderung des Bundesrates, auf das
Spracherfordernis auch wegen eines „vergleichbaren
Falles“ zu verzichten, entspricht dagegen der Stellung-
nahme der Bundesregierung vom 22. August 2012 (Bun-
destagsdrucksache 17/10511, S. 8). Denn die vom Bun-
desrat geforderte weitere Ausnahme ist problematisch.
Es wird nicht deutlich, was konkret als „vergleichbarer
Fall“ gemeint ist. Eine derart unbestimmte Fallgruppe
würde bei vielen Angehörigen von Spätaussiedlern, die
über keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache ver-
fügen, Hoffnungen auf eine Einbeziehung wecken, die
nicht erfüllt werden könnten. Die vom Bundesrat in sei-
nem Gesetzentwurf vorgesehene Formulierung „oder
wegen eines vergleichbaren Falles“ wurde daher gestri-
chen.

• § 27 Absatz 3 Satz 6 BVFG

Diese Vorschrift entspricht dem bisherigen § 27 Ab-
satz 1 Satz 5 BVFG.

Zu Buchstabe c

Zu Doppelbuchstabe aa

Diese Vorschrift geht zurück auf den bisherigen § 27
Absatz 3 Satz 3 BVFG. Anträge auf Erteilung eines Auf-
nahmebescheides oder auf Einbeziehung können auch dann
gestellt werden, wenn die Erteilung eines Aufnahmebe-
scheides oder die Einbeziehung in einem früheren Verfahren
bestandskräftig abgelehnt worden ist, nun aber die gesetz-
lichen Voraussetzungen vorliegen. Solche Anträge sind un-
abhängig von der dreimonatigen Befristung für Anträge auf

Zu Doppelbuchstabe bb

Diese Vorschrift enthält eine redaktionelle Folgeänderung
und entspricht im Übrigen dem bisherigen § 27 Absatz 3
Satz 4 BVFG.

Zu Doppelbuchstabe cc

Die bisherigen Sätze 3 und 4 des § 27 Absatz 3 BVFG sind
zu streichen, da sie in dessen neuen Sätzen 1 und 2 auf-
gegangen sind (siehe soeben Nummer 2 Buchstabe c Dop-
pelbuchstabe aa sowie Doppelbuchstabe bb).

Die Fraktion der CDU/CSU bescheinigt dem vom Bun-
desrat eingebrachten Gesetzentwurf, einen in der Praxis
sehr bedeutsamen Aspekt bei der Umsetzung der Härtefall-
regelung in § 27 BVFG aufzugreifen. Aufgrund der derzei-
tigen Gesetzeslage komme es vor allem deshalb immer wie-
der zu unbilligen Härten, weil einwanderungswillige Fami-
lienangehörige bislang vor der Ausreise aus dem Aussied-
lungsgebiet zwingend Grundkenntnisse der deutschen
Sprache besitzen müssten, die oftmals aufgrund einer kör-
perlichen, geistigen oder seelischen Krankheit gar nicht er-
worben werden könnten. Der Verlust der deutschen Sprache
gehöre zum Kriegsfolgenschicksal vieler Russlanddeut-
schen, weshalb minderjährigen Kindern eines Spätaussied-
lers die Mitaussiedlung oder die nachträgliche Einbezie-
hung unter Verzicht auf Spracherfordernisse künftig gestat-
tet werden sollte. Darüber hinaus bestehe Änderungsbedarf
bei den Anforderungen an das Bekenntnis zur Volkszuge-
hörigkeit nach § 6 BVFG. Der Änderungsantrag der Koali-
tionsfraktionen greife die genannten Vorschläge auf. Anders
als die Oppositionsfraktionen behaupteten, gebe es bei den-
jenigen, die nach Deutschland einwandern wollten, durch-
aus Unterschiede zwischen Aussiedlern und Ausländern.
Aussiedler seien eine im Vergleich zu den Ausländern deut-
lich kleinere, und unter anderem deswegen verhältnismäßig
leicht integrierbare Gruppe. Überdies seien Aussiedler an-
ders als Ausländer gemäß Artikel 116 des Grundgesetzes
Deutsche. Den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE.
lehne man ab.

Die Fraktion der SPD stimmt in der Sache dem Gesetzent-
wurf und den Änderungsanträgen zu. Deutschland habe auf-
grund seiner Geschichte Aussiedlern gegenüber eine beson-
dere Verantwortung. Die durch den Koalitionsantrag künftig
auftretende Ungleichbehandlung innerhalb der Gruppe der
einwanderungswilligen Personen sei aber zu bemängeln.
Aussiedler würden im Verhältnis zu Ausländern, was die er-
forderlichen Deutschkenntnisse angehe, besser gestellt. Es
sei zweifelhaft, ob es bezüglich der Integrationserforder-
nisse und -chancen wirklich Unterschiede zwischen Aus-
siedlern und Ausländern gebe. Überdies sei fraglich, ob die
Zahl der einwanderungswilligen Aussiedler tatsächlich
überschaubar sei. Die vom jeweiligen Gesetz für eine Ein-
wanderung verlangten Spracherfordernisse müssten für
Aussiedler und Ausländer dieselben sein.

Die Fraktion der FDP hält den Gesetzentwurf des Bundes-
rates dahingehend für zutreffend, dass in Fällen, in denen
aufgrund von körperlicher, geistiger oder seelischer Krank-
heit des Ehegatten oder des Abkömmlings ein Spracherwerb
der deutschen Sprache nicht möglich sei, künftig dasselbe
Wiederaufgreifen nach § 51 des Verwaltungsverfahrens-
gesetzes.

gelten solle wie in Fällen der Behinderung. Jedoch gehe der
Bundesratsentwurf darin zu weit, dass auch noch weitere

Drucksache 17/13937 – 8 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

H. Heene
ese

Berlin, den 12. Juni 2013

Stephan Mayer (Altötting
Berichterstatter

Ulla Jelpke
Berichterstatterin
Familienangehörigen – unabhängig davon, ob sie Aussied-
ler oder Ausländer seien – gestrichen werden.

) Rüdiger Veit
Berichterstatter

Serkan Tören
Berichterstatter

Memet Kilic
Berichterstatter
„vergleichbare Fälle“ aufgenommen werden sollten. Die un-
terschiedlichen Spracherfordernisse für Aussiedler und
Ausländern seien gerechtfertigt. Bei den zuwanderungs-
bereiten Aussiedlern handele es sich um eine im Vergleich
zu den einwanderungswilligen Ausländern recht genau ein-
grenzbare, nicht sehr große und daher leicht zu integrie-
rende Personengruppe.
Die Fraktion DIE LINKE. begrüßt den Antrag des Bun-
desrates, die Härtefallregelung zu liberalisieren. Es sei aber
falsch, dass der Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP die vom Bundesrat angeregten weitergehen-
den Modifikationen nicht übernommen habe. Der Ände-
rungsantrag der Fraktion DIE LINKE. sehe vor, die in dem
Gesetzentwurf für Aussiedler angestrebten Erleichterungen
auch auf Ausländer zu übertragen. Das Aufenthaltsgesetz
solle dementsprechend geändert werden, um eine Gleichbe-
handlung von Aussiedlern und Ausländern zu erreichen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unterstützt
den Gesetzentwurf und beide Änderungsanträge. Man for-
dere wie die Fraktionen SPD und DIE LINKE. gleiche Ein-
wanderungsvoraussetzungen für Aussiedler und Ausländer.
Wenn die Familientrennung bei Aussiedlern verhindert
werden solle, müsse sie auch bei Ausländern vermieden
werden. Im Übrigen hätten auch Aussiedler zum Teil erheb-
liche Schwierigkeiten, sich in Deutschland zu integrieren.
Das Erfordernis, vor der Einreise bestimmte Deutschkennt-
nisse nachzuweisen, müsse für alle zuwanderungswilligen
mann

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.