BT-Drucksache 17/13933

Syrische Flüchtlinge schützen

Vom 12. Juni 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/13933
17. Wahlperiode 12. 06. 2013

Antrag
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Agnes Alpers, Dr. Rosemarie Hein,
Petra Pau, Jens Petermann, Raju Sharma, Frank Tempel, Halina Wawzyniak und
der Fraktion DIE LINKE.

Syrische Flüchtlinge schützen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Zahl der Syrer, die vor dem Bürgerkrieg in die Nachbarstaaten Syriens ge-
flohen sind, hat im Mai 2013 die Marke von eineinhalb Millionen überschrit-
ten. Nach Einschätzung des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Natio-
nen, António Guterres, kann sie bis zum Ende dieses Jahres die Dreimillionen-
grenze erreichen. Die Anrainerstaaten Syriens sind als Aufnahmestaaten über-
lastet und benötigen dringend unsere Solidarität. Die weitere Unterstützung vor
Ort ist deshalb besonders wichtig und prioritär. Dies gilt vor allem für die ganz
erhebliche finanzielle Unterstützung, die die Bundesregierung in der Region
zur Verfügung stellt, aber auch für die international hoch anerkannte Arbeit der
Bundesanstalt Technisches Hilfswerk und der anderen deutschen Organisatio-
nen, die sich in der Region für die Flüchtlinge engagieren.

Um aber den hohen Belastungsdruck auf die Aufnahmestaaten abzumildern,
muss die Hilfe vor Ort dadurch ergänzt werden, dass auch Staaten aus anderen
Weltregionen Flüchtlinge aufnehmen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung zu folgenden
Maßnahmen auf:

1. Die Bundesregierung setzt sich weiterhin gemeinsam mit UNHCR gegen-
über den anderen EU-Mitgliedstaaten nachdrücklich dafür ein, dass schnell
eine gemeinsame europäische Initiative zur Aufnahme syrischer Flücht-
linge, die in Nachbarstaaten Syriens geflohen sind, ergriffen wird.

2. Unabhängig davon, ob eine Einigung auf EU-Ebene zeitnah zustande
kommt, wie es angesichts der dramatischen Lage geboten ist, setzt die Bun-
desregierung auf nationaler Ebene gemäß § 23 Absatz 2, § 24 des Aufent-
haltsgesetzes (AufenthG) den mit den Ländern abgestimmten Beschluss
über die vorübergehende Aufnahme von 5 000 syrischen Flüchtlingen mög-
lichst zügig um.
Die besondere Schutzbedürftigkeit ist dabei der zentrale Anknüpfungspunkt
für eine Aufnahme. Hierbei sollen insbesondere folgende Kriterien Berück-
sichtigung finden:

a) humanitäre Fälle, insbesondere traumatisierte Flüchtlingskinder mit ihren
Familien, Kranke, Frauen in prekären Lebenssituationen oder Angehö-
rige religiöser Minderheiten,

Drucksache 17/13933 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
b) Bezüge zu Deutschland, wie beispielsweise Verwandtschaftsbeziehungen,
Voraufenthalte, deutsche Sprachkenntnisse sowie sonstige Bindungen
nach Deutschland, insbesondere aufnahmebereite Institutionen syrischer
religiöser Minderheiten, sollen bei Aufnahme und Verteilung berücksich-
tigt werden, um die soziale und wirtschaftliche Integration der Aufge-
nommenen zu erleichtern,

c) Fähigkeit, nach Konfliktende einen besonderen Beitrag zum Wiederauf-
bau des Landes zu leisten, etwa durch die Möglichkeit, vorhandene Qua-
lifikationen während des Aufenthalts in Deutschland zu erhalten und aus-
zubauen, wenn diese Möglichkeit am Fluchtort nicht besteht.

3. Die Bundesländer werden weiterhin dahingehend unterstützt, dass ausländi-
sche Studenten aus Syrien ihr Studium in Deutschland abschließen können.
Soweit die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis der Studenten aufgrund
fehlender Lebensunterhaltssicherung gefährdet ist, weil sie wegen des Bür-
gerkrieges kein Geld mehr aus Syrien erhalten, sollten die Bundesländer ent-
sprechend dem Vorschlag der Bundesregierung gegebenenfalls eine Aufent-
haltserlaubnis nach § 23 Absatz 1 Satz 1 AufenthG erteilen, soweit der Auf-
enthalt und ein Fortgang des Studiums nicht anderweitig sichergestellt wer-
den können.

4. Die Bundesregierung setzt sich gegenüber den Bundesländern dafür ein,
dass der Abschiebestopp nach Syrien verlängert und dass die Auslegungs-
und Ermessensspielräume für die Gewährung von Aufenthaltstiteln aus hu-
manitären Gründen für hier lebende Syrer großzügig ausgeschöpft werden.
Zudem wirbt die Bundesregierung bei anderen EU-Mitgliedstaaten um eine
vergleichbare Verfahrensweise.

5. Die Bundesregierung erteilt den Bundesländern, die dies aufgrund der hohen
Anzahl von dort lebenden syrischen Staatsangehörigen wünschen, das erfor-
derliche Einvernehmen nach § 23 Absatz 1 AufenthG, damit diese Länder in
Ergänzung zur Aufnahmeanordnung des Bundes gegebenenfalls eigene Auf-
nahmeanordnungen für Familienangehörige von Syrern erlassen können.

III. Der Bundestag appelliert an alle Anrainerstaaten Syriens, internationale
Hilfe, unabhängig davon, ob sie von staatlicher Seite, von internationalen
Organisationen oder von Nichtregierungsorganisationen kommen, als Zeichen
der Solidarität und Humanität zu betrachten und im Interesse der Flüchtlinge
anzunehmen.

Berlin, den 11. Juni 2013

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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