BT-Drucksache 17/13861

Zugang zu genetischen Ressourcen und Vorteilsausgleich: Umsetzung des Protokolls von Nagoya durch eine EU-Verordnung

Vom 10. Juni 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/13861
17. Wahlperiode 10. 06. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Undine Kurth (Quedlinburg), Cornelia Behm, Harald Ebner,
Bärbel Höhn, Nicole Maisch, Friedrich Ostendorff, Markus Tressel, Thilo Hoppe,
Ute Koczy und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Zugang zu genetischen Ressourcen und Vorteilsausgleich: Umsetzung des
Protokolls von Nagoya durch eine EU-Verordnung

Das Übereinkommen über die biologische Vielfalt (Convention on Biological
Diversity, CBD) wurde im Rahmen der Rio-Konferenz 1992 beschlossen und
hat den Schutz der biologischen Vielfalt, ihre nachhaltige Nutzung sowie die
ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus der Nutzung der genetischen
Ressourcen ergebenden Vorteile zum Ziel.

Letzteres Ziel konnte mit dem „Protokoll von Nagoya über den Zugang zu
genetischen Ressourcen und die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich
aus ihrer Nutzung ergebenden Vorteile zum Übereinkommen über die bio-
logische Vielfalt“ (Nagoya-Protokoll) erst nach jahrelangen Verzögerungen in
den Verhandlungen auf der 10. Vertragsstaatenkonferenz der CBD im japani-
schen Nagoya verabschiedet werden. Damit ist ein Protokoll mit sowohl gesetz-
lich verbindlichen als auch unverbindlichen Vorschriften beschlossen worden.
Deutschland hat das Protokoll bereits unterzeichnet. Die Ratifizierung steht
noch aus.

In der Europäischen Union liegt nun ein Vorschlag für eine „Verordnung des
Europäischen Parlaments und des Rates über den Zugang zu genetischen Res-
sourcen und ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus ihrer Nutzung
ergebenden Vorteile in der Europäischen Union“ (COM(2012) 576 final – 2012/
0278 COD) vor. Dieser Vorschlag soll der Umsetzung der Bestimmungen des
Nagoya-Protokolls dienen und innerhalb der Europäischen Union einheitliche,
klare und harmonisierte Regelungen und Rechtsgrundlagen für alle Nutzer ge-
netischer Ressourcen schaffen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie beurteilt die Bundesregierung den Entwurf der Verordnung in Bezug auf
eine effektive Umsetzung des Nagoya-Protokolls?

2. Wie beurteilt die Bundesregierung die im Vorschlag enthaltenen Maßnahmen

zum Zugang zu genetischen Ressourcen und dem damit zusammenhängenden
traditionellen Wissen?

3. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass diese Maßnahmen ausreichen, um
transparente und nachvollziehbare Prozeduren sicherzustellen, und wenn ja,
wie begründet sie das?

Drucksache 17/13861 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

4. a) Ist die Bundesregierung der Meinung, dass das Nagoya-Protokoll in
Bezug auf die Sicherstellung der gerechten Aufteilung der Vorteile aus
der Nutzung und Vermarktung genetischer Ressourcen und dem damit
zusammenhängenden traditionellen Wissen in dem vorliegenden Verord-
nungsvorschlag der Europäischen Kommission umgesetzt ist?

b) Wenn ja, inwiefern?

c) Wenn nein, welche Maßnahmen und konkreten Änderungsvorschläge
wird die Bundesregierung vorschlagen, um die Umsetzung des Proto-
kolls und seiner völkerrechtlichen Verbindlichkeit auf europäischer
Ebene zu verbessern?

5. Wie bewertet die Bundesregierung die vorgeschlagenen Maßnahmen zur
Einhaltung der Regeln durch die Nutzer genetischer Ressourcen?

6. Welche Maßnahmen zum Aufbau eines effektiven nationalen Systems zur
Überwachung vor allem der Erfüllung der Vorteilsaufteilung sind in dem
Verordnungsvorschlag vorgesehen, und wie bewertet die Bundesregierung
diese?

7. a) Ist die Bundesregierung der Meinung, dass ausreichende Regeln für die
Einhaltung der Eigenverantwortung – aufbauend auf dem Prinzip der
Sorgfaltspflicht – der Nutzer festgelegt sind?

b) Wenn ja, welche sind das?

c) Wenn nein, wie und durch welche behördlichen Strukturen plant die
Bundesregierung, die Überprüfung zu gewährleisten?

8. a) Wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass Regeln auch für die
Vorteilsaufteilung entworfen werden, die seit 1993 für die Nutzung und
Vermarktung von genetischen Ressourcen und dem damit zusammen-
hängenden traditionellen Wissen gelten?

b) Wenn nein, warum nicht?

c) Wenn ja, mit welchen Vorschlägen setzt sich die Bundesregierung dafür
ein?

9. Welche Maßnahmen in der Verordnung setzen die Erklärung der Vereinten
Nationen über die Rechte der indigenen Völker um, die in Artikel 31 Ab-
satz 1 das Recht auf „die Bewahrung, die Kontrolle, den Schutz und die
Weiterentwicklung“ genetischer Ressourcen und traditionellen Wissens in-
digener Völker einschließlich ihres geistigen Eigentums über dieses Wissen
fordert?

10. Ist die Bundesregierung der Meinung, dass der vorliegende Entwurf den
Absatz 2 der VN-Erklärung umsetzt, der fordert, dass „wirksame Maß-
nahmen zur Anerkennung und zum Schutz der Ausübung dieser Rechte“
ergriffen werden sollen, und wenn ja, wie begründet sie diese?

11. a) Wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass sichergestellt wird,
dass die Entscheidung, ob ABS-Regeln (ABS: Access and Benefit
Sharing) eines anderen Abkommens für bestimmte genetische Res-
sourcen gelten, von den relevanten internationalen Organisationen und
EU-Institutionen getroffen wird?

b) Wenn nein, warum nicht?

12. a) Wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass die Nutzung gene-
tischer Ressourcen auch die Anwendung von Biotechnologie im Sinne
des Artikels 2 der CBD umfasst?
Wenn nein, warum nicht?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/13861

b) Setzt sich die Bundesregierung dafür ein, dass „Derivate“ – wie im
Nagoya-Protokoll in Artikel 2 definiert – in die Verordnung aufgenom-
men werden?

Wenn nein, warum nicht?

c) Setzt sich die Bundesregierung dafür ein, dass die Vorteile, die sich aus
der Nutzung von Derivaten ergeben, auch ausgeglichen werden müssen?

Wenn nein, warum nicht?

13. Wann muss nach Meinung der Bundesregierung die Meldung über die
Nutzung genetischer Ressourcen erfolgen, und wie begründet sie diese
Meinung?

14. a) Ist die Bundesregierung der Meinung, dass Forschung und Entwicklung
eine Nutzung im Sinne des Nagoya-Protokolls sind?

b) Wenn ja, wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass die EU-
Verordnung eine Meldepflicht nicht erst zum Zeitpunkt der Markt-
zulassung bzw. Vermarktung vorsieht, sondern bereits im Stadium der
Forschung und Entwicklung?

c) Wenn nein, warum nicht?

15. Wie sollte nach Auffassung der Bundesregierung die Nutzung von unrecht-
mäßig erworbenen genetischen Ressourcen oder von unrechtmäßig erwor-
benem Wissen über genetische Ressourcen in der Europäischen Union ver-
hindert werden, wenn durch die Terminierung der Meldepflicht auf einen
Zeitpunkt nach Abschluss der Forschungs- und Entwicklungsphase eine
unrechtmäßige oder rechtswidrige Nutzung nicht mehr verhindert werden
kann, und welche Sanktionsmechanismen schlägt sie vor?

16. a) Ist es die Absicht der Bundesregierung, privat finanzierte Nutzer von der
Meldepflicht auszunehmen?

b) Wenn nein, wie wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass der
Interpretationsspielraum in Artikel 7.1 des Verordnungsentwurfs nach-
gebessert wird, damit privat finanzierte Forschung und Entwicklung so-
wie eine sich daraus ergebende Kommerzialisierung auch der Melde-
pflicht unterliegt?

17. a) Wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass die zuständigen
Behörden begründeten Verdachtsfällen von Biopiraterie und Bedenken
Dritter nachgehen müssen?

b) Wenn nein, warum nicht?

c) Wie sollte nach Auffassung der Bundesregierung dann sichergestellt
werden, dass Fälle von Biopiraterie verfolgt und geahndet werden?

18. Wie erklärt die Bundesregierung, dass bei Nichteinhaltung der Sorgfalts-
pflicht Strafen verhängt werden können, diese aber nicht in der Phase der
Kommerzialisierung, sondern nur in der Phase der Forschung und Ent-
wicklung greifen?

19. a) Wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass Institutionen des
Patent- und Sortenschutzrechts als zuständige Behörden für die Mel-
dung genannt werden?

b) Wenn nein, wie plant die Bundesregierung, dann rechtswidrige Nutzun-
gen zu überprüfen?

Drucksache 17/13861 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
20. a) Setzt sich die Bundesregierung dafür ein, dass umfassende Informatio-
nen über die Nutzung genetischer Ressourcen der Öffentlichkeit zur
Verfügung gestellt werden?

b) Wenn nein, wie kann eine effektive Überwachung der Nutzung durch die
Herkunftsländer sichergestellt werden?

21. Wie plant die Bundesregierung, mit Spezimen (Proben) außerhalb der zu-
verlässigen Sammlungen zu verfahren?

22. Wie plant die Bundesregierung, die Verpflichtung der Nutzer zum Vorteils-
ausgleich bei Ex-situ-Sammlungen zu regeln?

Berlin, den 10. Juni 2013

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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