BT-Drucksache 17/13849

zu dem Antrag der Abgeordneten Angelika Graf (Rosenheim), Wolfgang Gunkel, Dr. h. c. Gernot Erler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD - Drucksache 17/13474 - Religionsfreiheit im Iran stärken und Menschenrechte der Baha'i wahren

Vom 10. Juni 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/13849
17. Wahlperiode 10. 06. 2013

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe (17. Ausschuss)

dem Antrag der Abgeordneten Angelika Graf (Rosenheim), Wolfgang Gunkel,
Dr. h. c. Gernot Erler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
– Drucksache 17/13474 –

Religionsfreiheit im Iran stärken und Menschenrechte der Baha’i wahren

A. Problem

In ihrem Antrag auf Drucksache 17/13474 fordert die Fraktion der SPD die Bun-
desregierung unter anderem auf, die Menschenrechtsverletzungen im Iran bila-
teral und international zu thematisieren und sich konsequent für die Freiheit des
religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses einzusetzen. Zudem soll die
Bundesregierung die Arbeit des UN-Sonderberichterstatters für Menschen-
rechte im Iran weiterhin unterstützen und die iranische Regierung auffordern,
ihn im dritten Jahr seines Mandats ins Land reisen zu lassen. Ferner soll die Bun-
desregierung die verfassungsrechtliche Anerkennung der Baha’i als religiöse
Minderheit anmahnen und die Einstellung der Repressionen und Diskriminie-
rungen von Baha’i fordern.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.

C. Alternativen

Keine.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Keine.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Keiner.

Drucksache 17/13849 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Keiner.

Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten

Keine.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Keiner.

F. Weitere Kosten

Keine.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/13849

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/13474 abzulehnen.

Berlin, den 5. Juni 2013

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe

Tom Koenigs
Vorsitzender und Berichterstatter

Ute Granold
Berichterstatterin

Angelika Graf (Rosenheim)
Berichterstatterin

Pascal Kober
Berichterstatter

Annette Groth
Berichterstatterin

Drucksache 17/13849 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Ute Granold, Angelika Graf (Rosenheim), Pascal Kober,
Annette Groth und Tom Koenigs

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
17/13474 in seiner 240. Sitzung am 16. Mai 2013 beraten
und an den Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre
Hilfe zur federführenden Beratung und an den Auswärtigen
Ausschuss und den Ausschuss für die Angelegenheiten der
Europäischen Union zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

In ihrem Antrag auf Drucksache 17/13474 fordert die Frak-
tion der SPD die Bundesregierung unter anderem auf, die
Menschenrechtsverletzungen im Iran bilateral und interna-
tional zu thematisieren und sich konsequent für die Freiheit
des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses ein-
zusetzen. Zudem soll die Bundesregierung die Arbeit des
UN-Sonderberichterstatters für Menschenrechte im Iran
weiterhin unterstützen und die iranische Regierung auffor-
dern, ihn im dritten Jahr seines Mandats ins Land reisen zu
lassen. Ferner soll die Bundesregierung die verfassungs-
rechtliche Anerkennung der Baha’i als religiöse Minderheit
anmahnen und die Einstellung der Repressionen und Diskri-
minierungen von Baha’i fordern.

Darüber hinaus will die Fraktion der SPD mit diesem Antrag
erreichen, dass die Bundesregierung von der iranischen Re-
gierung die Freilassung aller politischen und aus Gewissens-
gründen Inhaftierten fordert, bei gravierenden Verletzungen
der Menschenrechte religiöser und weltanschaulicher Min-
derheiten den iranischen Botschafter einbestellt und Mitglie-
der der iranischen Baha’i-Gemeinde als Gruppenverfolgte in
Deutschland aufnimmt.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Der Auswärtige Ausschuss hat den Antrag auf Drucksache
17/13474 in seiner 86. Sitzung und der Ausschuss für die
Angelegenheiten der Europäischen Union in seiner
91. Sitzung am 5. Juni 2013 beraten. Beide Ausschüsse emp-
fehlen mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE
LINKE. Ablehnung.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre
Hilfe hat den Antrag in seiner 86. Sitzung am 5. Juni 2013
beraten. Er empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion DIE LINKE., den Antrag abzulehnen.

Die Fraktion der SPD erklärte, die Situation der Baha’i im
Iran sei ein Thema, mit dem sich der Bundestag seit Jahren
befasse. Man wisse, dass die Situation dort schon immer
schlecht gewesen sei. In den letzten Jahren scheine sie sich

aber noch deutlich verschlechtert zu haben. Systematisch
verletzt würden insbesondere einige Artikel des Zivilpaktes.
Da gehe es zum Beispiel um das Recht auf freie Religions-
ausübung, auf das Recht auf Zugang zu Arbeit, willkürliche
Festnahmen und um eine Verletzung des Rechts auf ein
freies Gerichtsverfahren. Im Sozialpakt werde das Recht auf
Bildung und ebenfalls das Recht auf Zugang zu Arbeit ver-
letzt. Die Religionsfreiheit im Iran sei generell relativ stark
eingeschränkt. Von Reisen in den Iran wisse man, dass es
zwar Vertreter von einigen Religionsgemeinschaften im Par-
lament gibt. Pro forma gebe es auch eine Beachtung einzel-
ner Religionsgemeinschaften, aber die Baha’i kämen dabei
ganz besonders schlecht weg, weil sie eben keine im Iran
zugelassene und anerkannte Religionsgemeinschaft sind.
Die Situation der Baha’i sei dadurch gekennzeichnet, dass
ihr Weltbild ein anderes ist, als das, was in der Mehrheit der
muslimischen Gemeinschaft im Iran deutlich nach vorne
getragen werde. Die Baha’i seien kosmopolitisch und demo-
kratisch ausgerichtet in ihrem Weltbild und Frauen und
Männer seien gleichberechtigt. Die Baha’i seien eine auf
Pazifismus sich gründende Religionsgemeinschaft und all
dies mache sie im Iran suspekt und das Leben ganz beson-
ders schwer. Deswegen halte man die Glaubensgemeinschaft
der Baha’i für besonders schutzbedürftig im Iran. Der UN-
Sonderberichterstatter habe dieses Thema auch schon auf-
genommen. Die Fraktion der SPD fordere in ihrem Antrag,
dass man sich konsequent mit den Menschenrechtsverlet-
zungen und dem Thema der Religionsfreiheit im Iran befas-
sen und dies bilateral und international thematisieren sollte.
Ein Schritt hierzu sei dieser Antrag. Man fordere, dass der
UN-Sonderberichterstatter im dritten Jahr seines Mandats
endlich in den Iran reisen darf, dass die Baha’i eine verfas-
sungsrechtliche Anerkennung als religiöse Minderheit be-
kommen und Repressionen gegen und Diskriminierungen
von Baha’i aufhören. Man fordere insbesondere, dass die
politischen und aus Gewissensgründen Inhaftierten frei-
gelassen werden. Gerade vor dem Hintergrund dieser Verfol-
gungssituation sei es zudem wünschenswert, wenn Mitglie-
der der iranischen Baha’i-Gemeinde, denen es besonders
schlecht geht und die überhaupt nicht mehr wissen, wie sie
im Iran leben sollen, als Gruppenverfolgte in Deutschland
aufgenommen werden. Zudem sollten die regelmäßigen
Kontakte mit den Vertretern des Nationalen Geistigen Rates
in Deutschland verstetigt werden, um sich dadurch regel-
mäßig über die Situation der Baha’i im Iran zu informieren.
Man bitte um Zustimmung zu diesem Antrag.

Die Fraktion der CDU/CSU wies darauf hin, dass man sich
in der ganzen Wahlperiode auch mit den Baha’i befasst habe.
Es habe mehrere Anträge zum Thema Religionsfreiheit und
dort auch zu speziellen religiösen Minderheiten gegeben.
Das Anliegen, das die Fraktion der SPD vortrage, sei völlig
berechtigt, aber umfasse all das, was die Koalition schon
lange thematisiere. Wenn gefordert werde, dass die Baha’i
als eine religiöse Gemeinschaft anerkannt wird, was sehr zu
befürworten wäre, werde das nicht zu einer Verbesserung
beitragen, weil auch zum Beispiel anerkannte christliche
Minderheiten im Iran diskriminiert und schikaniert würden.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/13849

Das liege am dortigen System. Was an Missständen in dem
Antrag aufgezeigt werde, könne alles auch von der Koalition
unterschrieben werden. Es sei das eigene Anliegen, die
Baha’i zu unterstützen und man stehe auch im Kontakt mit
den Baha’i hier in Deutschland. Man sei am Thema dran, ei-
gene Anträge lägen vor. Man sehe keine Defizite im Handeln
der Bundesregierung bezogen auf den Iran. Wenn man die
Frage der Baha’i anspreche, dann müsse der Blick natürlich
auch nach Ägypten gehen. Dort habe sich auch nichts gebes-
sert nach dem sogenannten Frühling, sondern es sei eher
schlechter geworden.

Die Fraktion DIE LINKE. verwies auf eigene Reisen in
den Iran, bei denen man allerdings nicht die Baha’i besucht
habe, sondern unter anderem in Teheran ein Kloster mit
Schule. Interessant war, dass von unterschiedlicher Seite
eine Diskriminierung zumindest der christlichen Minderheit
und der jüdischen Minderheit, nicht bestätigt werden konnte.
Im Übrigen sei es sehr interessant, dass in Iran die größte
jüdische Gruppe in der gesamten Region lebe. Bei der Reise
habe sich gezeigt, dass das Zerrbild über den Iran, das man
seine Religion nicht ausüben könne, so nicht stimme. Viel-
mehr habe sie in vielen Gesprächen bestätigt bekommen, das
im Rahmen gewisser Grenzen, im Iran eine Religionsaus-
übung auch für Minderheitenreligionen möglich sei. Es gebe
nicht nur einen, sondern mehrere Parlamentsabgeordnete,
die nicht muslimisch seien. Die Baha’i seien aber in der Tat
eine besondere Gruppe und würden im Iran als politisch
unzuverlässige Sekte bezeichnet. Man sei zwar auch gegen
Diskriminierung, der Antrag enthalte aber einige Dinge, mit
denen man nicht konform gehe, so dass man sich enthalten
werde.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN führte aus,
dass man zustimmen werde, weil die Lage der Baha’i im Iran
tatsächlich sehr schwierig sei. Man habe anwaltlich mit An-
gehörigen der Baha’i-Religion zu tun gehabt und sei immer
wieder erschüttert gewesen über deren Berichte. Aktuell
habe sich Anfang Mai 2013 die Inhaftierung der Führungs-
riege der Baha’i zum fünften Mal gejährt. Hinzu komme,
dass im Jahre 2011 das Strafmaß in einem grob unfairen Ge-
richtsverfahren wieder auf 20 Jahre angehoben worden sei.
Die iranische Justiz werfe der Führungsriege Spionage für
Israel und Propaganda gegen den Islam vor. Man müsse
etwas tun und es gebe auch viele positive Ansätze im vorlie-
genden Antrag. Insbesondere sei es richtig, den iranische
Botschafter einzubestellen, weil damit direkt auf die irani-
sche Regierung eingewirkt werden könne. Andererseits
fehle aber noch einiges im Antrag. So hätte man es gut
gefunden, die Nichtregierungsorganisationen (NGO) noch
einzubeziehen, also die Bundesregierung aufzufordern, mit
NGOs und mit Menschenrechtsverteidiger/-innen Kontakt

aufzunehmen. Dies können man aber noch mit einem Fol-
geantrag machen. Es sei sehr bedauerlich, dass der Antrag
keine Mehrheit finde, zumal er eigentlich in allen Aspekten
ein Anliegen aufzeige, das alle Fraktionen gemeinsam
haben. Man wolle auch noch einmal darauf hinweisen, dass
die Baha’i sozusagen Asyl gefunden haben in Israel, einem
religiösen Staat, der aber doch tolerant und liberal genug sei,
den Baha’i nicht nur Religionsfreiheit zu garantieren, son-
dern auch gestatte, einen Tempel von monströser Gewaltig-
keit im Lande zu errichten und Pilgerfahrten dorthin. Das
ziere den Staat Israel, der sonst als religiöser Staat manchmal
unter Kritik stehe. Da es in der Sache keinen Unterschied bei
den Fraktionen gebe, wäre es gut, einen gemeinsamen An-
trag daraus zu machen.

Die Fraktion der FDP erläuterte, die Situation der Baha’i
sei Thema von verschiedenen Initiativen gewesen. Man habe
es auch geschafft, interfraktionell einen Antrag zur Men-
schenrechtssituation des Iran im Jahr 2010 zu verabschieden,
wo ganz explizit auch auf die Situation und vor allem auch
die Rechtlosigkeit der Baha’i abgestellt werde und vor allem,
dass sie in einer besonders schlechten Situation sind da-
durch, dass sie nicht nur als „Ungläubige“, sondern auch als
„Schmutzige“ gelten. Insofern sei das Thema ausführlich,
auch in Zusammenarbeit mit der Internationale Gesellschaft
für Menschenrechte und anderen, erläutert worden. Auch der
Menschenrechtsbeauftragte habe sich mehrmals zu inhaf-
tierten Baha’i im Iran geäußert, zuletzt letzten Monat, am
8. Mai 2013. Es habe aber auch im Ausschuss für Menschen-
rechte und humanitäre Hilfe gemeinsame Erklärungen gege-
ben, wo es um verfolgte religiöse Minderheiten ging, um ein-
zelne Persönlichkeiten, wie Yousef Nadarkhani. Man habe
sich zu einer Reihe von Personen geäußert, z. B. Abdolfattah
Soltani. Das Anliegen sei sehr berechtigt, die Situation der
Baha’i auch noch mal nach vorne zu stellen. Die Forderung,
den iranischen Botschafter einzubestellen, erwecke aber den
Eindruck, als sei nicht schon von höchster Ebene aus Druck
auf die iranische Seite ausgeübt worden. Zudem habe es
schon Initiativen allgemein zum Thema Religionsfreiheit ge-
geben, wo die Baha’i explizit erwähnt wurden. Und auch in
Anhörungen, wenn auch nicht speziell zum Iran, habe sich
der Ausschuss mit der Situation von religiösen Minderheiten
beschäftigt. Im Iran sei im Übrigen nach wie vor das Pro-
blem der Vollstreckung der Todesstrafe aufgrund von Apos-
tasie-, von Blasphemiegesetzen und, dass jede Minderheit,
auch sexuelle Minderheiten und andere Minderheiten ver-
folgt würden. Insofern gehe der Antrag in vielen Punkten mit
dem d’accord, was man bereits tue. Die Notwendigkeit für
diesen Antrag sehe man deshalb akut nicht, weil die Forde-
rungen ohnehin Bestandteil der Politik der Bundesregierung
seien. Man könne der Bundesregierung nicht vorwerfen, sie
sei hier nicht aktiv.

Berlin, den 5. Juni 2013

Ute Granold
Berichterstatterin

Angelika Graf (Rosenheim)
Berichterstatterin

Pascal Kober
Berichterstatter

Annette Groth
Berichterstatterin

Tom Koenigs
Berichterstatter

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