BT-Drucksache 17/1377

Entwicklung der Sicherheitslage in Afghanistan

Vom 13. April 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/1377
17. Wahlperiode 13. 04. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Paul Schäfer (Köln), Jan van Aken, Annette Groth, Andrej
Hunko, Harald Koch, Niema Movassat, Alexander Ulrich, Katrin Werner
und der Fraktion DIE LINKE.

Entwicklung der Sicherheitslage in Afghanistan

Seit Ende 2001 beteiligt sich die Bundeswehr im Rahmen von ISAF an der Mi-
litärintervention in Afghanistan. Im Februar 2010 hat der Deutsche Bundestag
den deutschen ISAF-Einsatz um ein weiteres Jahr verlängert und die Truppen-
obergrenze auf 5 350 angehoben. Hierfür werden 2010 fast 1 Mrd. Euro einge-
plant – eine neue Rekordmarke. Die beschlossene Aufstockung der Bundeswehr
fügt sich nahtlos ein in die Gesamtstrategie der NATO, die trotz der Lippen-
bekenntnisse zu einem friedlichen Wiederaufbau vor allem auf mehr Militär und
ein offensiveres Vorgehen gegen die aufständischen Gruppen setzt. Inzwischen
befinden sich mehr als 90 000 NATO-Einheiten im Einsatz in Afghanistan, of-
fensive Kampfoperationen gehören zum Tagesgeschäft.

Über die Konsequenzen dieser Strategie wird dagegen nur zögerlich seitens der
NATO und der Bundesregierung berichtet. Die Bundesregierung räumt zwar ein,
dass parallel zur Aufstockung der ISAF-Einheiten auch eine Verschlechterung
der Sicherheitslage in vielen Regionen Afghanistans zu beobachten ist und auch
die Grenzregion in Pakistan immer stärker destabilisiert wird. Aber weder wur-
den der Öffentlichkeit bislang konkrete Informationen zur Verfügung gestellt,
noch gibt es ein erkennbares Interesse und Bemühen auf Seiten der Bundes-
regierung, solche Informationen in Zukunft bereitzustellen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche finanziellen, personellen und materiellen Ressourcen haben die
ISAF-Truppenstellerstaaten dem ISAF-Kommandeur zur Umsetzung der Re-
solution des UN-Sicherheitsrates 1890 (2009) im Jahr 2010 zur Verfügung
gestellt?

2. Wann ist nach Kenntnis der Bundesregierung die nächste ISAF-Truppenstel-
lerkonferenz geplant?

3. Wann plant der Nordatlantikrat der NATO sich nach Kenntnis der Bundes-
regierung erneut mit der Verlängerung des ISAF-Einsatzes zu befassen?

4. Wie hat sich die Stärke der den „regierungsfeindlichen Kräften“ zugeordne-

ten bewaffneten Gruppen seit 2006 entwickelt (bitte nach den Gruppen
getrennt aufgeschlüsselt)?

5. Hat sich die Sicherheitslage im Zuständigkeitsbereich des Regionalkomman-
dos Nord seit Januar 2006 verbessert oder verschlechtert?

6. Welche Faktoren sind nach Auffassung der Bundesregierung verantwortlich
für diese Entwicklung?

Drucksache 17/1377 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

7. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Entwicklung der
Sicherheitsvorfälle in Afghanistan seit Oktober 2008 (bitte entsprechend
der Antwort zu Frage 42 auf Bundestagsdrucksache 16/10804 aufgeschlüs-
selt nach Anzahl, Monat, Jahr, Region antworten)?

8. Wie hat sich die Anzahl der Selbstmordattentate und Sprengstoffanschläge
seit 2008 entwickelt (bitte jeweils nach Jahren aufgeschlüsselt)?

9. Wie viele dieser Art der Anschläge hatten Einrichtungen und Personal der
ISAF zum Ziel?

10. Wie hat sich die Anzahl von direkten bewaffneten Angriffen durch regie-
rungsfeindliche Kräfte seit 2006 entwickelt (bitte nach Jahren aufgeschlüs-
selt)?

11. Wie viele dieser Angriffe hatten Einrichtungen und Personal der ISAF zum
Ziel?

12. Wie viele Luftschläge und Close-Air-Support-(CAS)-Einsätze fanden seit
2006 im Zuständigkeitsbereich des Regionalkommandos Nord statt (bitte
nach Jahren aufgeschlüsselt)?

a) Wie viele davon dienten der Show-of-Force?

b) Wie viele davon führten zu Bombenabwürfen?

13. Wie viele Luftschläge bzw. Bombenabwürfe und CAS-Einsätze der NATO-
Staaten in Afghanistan wurden vom ISAF-Hauptquartier bzw. den NATO-
Stellen in Europa seit 2006 erfasst (bitte aufgeschlüsselt nach Jahren)?

14. Wie viele zeitlich begrenzte militärische Operationen zur Vertreibung von
Aufständischen aus Distrikten und Provinzen hat die ISAF seit 2006 in
Afghanistan durchgeführt (bitte aufgeschlüsselt nach Jahren und nach
Regionalkommando)?

a) Wie viele davon erfolgten mit Beteiligung der ANA?

b) Wie viele davon erfolgten mit Beteiligung der ANP?

15. Welche dieser militärischen Operationen haben das gesetzte Ziel erreicht,
welche nicht, und was waren in diesen Fällen die ausschlaggebenden
Gründe?

16. Wie hat sich der Bewegungsspielraum der „regierungsfeindlichen Kräfte“
in den verschiedenen Provinzen Afghanistans seit 2006 verändert, und
welche Gründe waren nach Einschätzung der Bundesregierung ausschlag-
gebend dafür?

17. In wie vielen Distrikten Afghanistans sind seit 2006 keine Aktivitäten der
„regierungsfeindlichen Kräfte“ registriert worden (bitte aufgeschlüsselt
nach Jahren und Regionalkommando)?

18. In wie vielen Distrikten in Afghanistan können sich „regierungsfeindliche
Kräfte“ nach Informationslage der NATO und nach Einschätzung der Bun-
desregierung derzeit frei bewegen (bitte aufgeschlüsselt nach Regionalkom-
mando)?

19. In wie vielen Distrikten gelang es 2009 den „regierungsfeindlichen Kräften“
zumindest temporär die militärische Kontrolle zu übernehmen (bitte aufge-
schlüsselt nach Regionalkommando)?

20. Wie häufig wurden die Bundeswehrstandorte in Mazar-i-Sharif, Kunduz
und Feyzabad seit 2006 beschossen (bitte aufgeschlüsselt nach Quartalen)?

21. Wie viele Kurzzeitpatrouillen hat die Bundeswehr im Zuständigkeitsbereich

des Regionalkommandos Nord seit 2006 durchgeführt (bitte nach Jahren
aufgeschlüsselt)?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/1377

22. Wie viele Langzeitpatrouillen hat die Bundeswehr im Zuständigkeits-
bereich des Regionalkommandos Nord seit 2006 durchgeführt (bitte nach
Provinzen und Jahren aufgeschlüsselt)?

23. Wie beurteilt die Bundesregierung die Konsequenzen der Intensivierung der
bewaffneten Auseinandersetzung zwischen den Aufständischen Gruppie-
rungen, der Regierung und ISAF für die Innere Sicherheit und Stabilität der
Nachbarstaaten (bitte jeweils einzeln auf die Nachbarstaaten eingehen)?

24. Wie hat sich die Sicherheitslage an der Grenze zwischen Afghanistan und
Pakistan seit 2006 entwickelt, und welche Faktoren sind nach Auffassung
der Bundesregierung ausschlaggebend für diese Entwicklung gewesen?

25. Werden die ISAF-Staaten über militärische Operationen der US-Streitkräfte
auf und über pakistanischem Territorium informiert?

a) Wenn ja, wie hat sich die Anzahl der Einsätze von US-Streitkräften seit
2006 entwickelt (bitte aufgeschlüsselt nach Jahren)?

b) Wenn nicht, bedeutet dies nach Auffassung der Bundesregierung ange-
sichts der Verbindungen zwischen den Aufständischen auf beiden Seiten
der Grenze eine Beeinträchtigung der eigenen Entscheidungsgrundlage
im Regionalkommando Nord, das auch an Pakistan grenzt?

26. Unterstützen andere Staaten, die sich an der Operation Enduring Freedom
und/oder an ISAF beteiligen, die militärischen Operationen der US-Streit-
kräfte an der afghanisch-pakistanischen Grenze und auf und über pakistani-
schem Territorium, und wenn ja, welche Staaten?

Berlin, den 13. April 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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