BT-Drucksache 17/13713

Tier- und Artenschutz durch Beschränkung des Wildtierhandels stärken

Vom 4. Juni 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/13713
17. Wahlperiode 04. 06. 2013

Antrag
der Abgeordneten Sabine Stüber, Alexander Süßmair, Dr. Kirsten Tackmann,
Eva Bulling-Schröter, Ralph Lenkert, Dorothee Menzner, Richard Pitterle,
Dr. Axel Troost und der Fraktion DIE LINKE.

Tier- und Artenschutz durch Beschränkung des Wildtierhandels stärken

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der Handel mit sogenannten Exoten nimmt weltweit beständig zu und ebenso
die Wilderei. Bei den Importen nach Deutschland handelt es sich häufig um
freilebende Wildtiere und Wildpflanzenarten. Verbindliche Festlegungen auf
EU-Ebene, die nicht nur den Import aus Drittländern, sondern auch Handel,
Zucht und Haltung von „Exoten“ in Europa regeln, sind überfällig. Ein generel-
les Einfuhrverbot von solchen Naturentnahmen in die EU ist ein konsequenter
Schritt im Sinne des Tier- und Artenschutzes.

Auch in Deutschland nimmt der Handel mit nichtdomestizierten Wildtieren be-
ständig zu. Laut Statistischem Bundesamt liegt beispielsweise die Anzahl der
jährlich nach Deutschland eingeführten lebenden Reptilien zwischen 440 000
und 840 000 Exemplaren.

Besonders bedenklich sind Importe von Arten, die im Herkunftsland bereits na-
tionalen Schutzbestimmungen unterliegen, jedoch nicht international geschützt
sind und bisher weder erfasst noch reglementiert werden. Die wachsende Nach-
frage nach exotischen Tieren für die private Haltung wird großteils durch Wild-
fänge bedient, zumal ständig neue Arten im Handel nachgefragt werden. Die
Einfuhr wildlebender Arten birgt durch die Möglichkeit des Einschleppens von
Krankheitserregern auch gesundheitliche Risiken für den Menschen.

Aus Sicht des Artenschutzes ist für die Gefährdung des Bestandes der gefragten
Exoten in den meisten Fällen die Lebensraumzerstörung das Hauptproblem.
Trotzdem werden die Populationen durch Wildfänge und Naturentnahmen zu-
sätzlich geschwächt. Sie führen auf Dauer zu Veränderungen der Artenzusam-
mensetzung in den Ökosystemen der betroffenen Länder. Bei uns steigt klima-
bedingt durch exotische Arten die Verdrängungsgefahr für Arten der heimischen
Fauna und Flora permanent an. Überdies kann sich das Aussetzen nicht hei-
mischer Arten, durch z. B. Überforderung der Tierhaltenden, ebenfalls negativ
auf die heimische Artenzusammensetzung auswirken.
Mit Blick auf den Tierschutz liegt das Hauptproblem im Stress für die Tiere
beim Einfangen, beim Transport und durch Fehler in der Haltung. Der Verkauf
speziell von Wildtieren erfolgt über Tierbörsen, Baumärkte, Gartencenter, das
Internet und über Zoogeschäfte, ohne dass eine umfassende und qualifizierte
Beratung bezüglich der Haltungsansprüche sichergestellt ist. Das führt insbe-
sondere bei Wüsten-, Berg- und Regenwaldbewohnern mit speziellen Klima-
und Nahrungsansprüchen oft zu Tierschutzproblemen. Zudem können große

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oder gefährliche Tierarten zum Risiko für Leib und Leben des Halters oder der
Halterin werden. Entsprechend steigt die Anzahl der Fund- und Abgabetiere.
Auffangstationen und Tierheime sind längst am Rand ihrer finanziellen und
Platzkapazitäten angelangt.

In den Bundesländern bestehen keine bzw. keine einheitlichen Regelungen für
die private Haltung gefährlicher Wildtiere.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bunderegierung auf,

1. sich auf EU-Ebene für eine umfassende Regelung einzusetzen, um die Aus-
breitung invasiver nichtheimischer Arten einzudämmen. Dabei ist zu be-
rücksichtigen:

a) das invasive Potential vieler Arten aufgrund ihrer biologischen Eigen-
schaften (Anpassungsfähigkeit, Reproduktionsrate, Mobilität, Nahrungs-
spektrum), das bereits bekannt oder absehbar ist, auch wenn es für die
einzelnen EU-Staaten noch nicht als nachgewiesen gilt,

b) das sich ständig ändernde Spektrum der im Heimtierhandel angebotenen
Arten, das von Zugänglichkeit zu Märkten, sich ändernden Schutzbestim-
mungen oder auch Preisentwicklungen bestimmt wird. Es soll geprüft
werden, ob eine „Schwarze Liste“ mit zum Verkauf zu verbietenden Ar-
ten oder eine „Weiße Liste“ unbedenklicher Arten sinnvoll wäre,

c) dass eine künftige EU-Regelung nicht nur den Import aus Drittländern re-
geln sollte, sondern auch Handel und Zucht innerhalb der EU, um eine
Ausbreitung potentiell invasiver Arten einzudämmen;

2. sich auf EU-Ebene für ein generelles Importverbot von Wildfängen für den
kommerziellen Lebendtierhandel in der Europäischen Union einzusetzen,
dabei Ausnahmen, wie z. B. für Nachzucht-Genpools, streng zu definieren
und unter Behördenvorbehalt zu stellen;

3. die Importe von „Nachzuchten“ bzw. „Farmzuchten“ von Exoten nach
Deutschland kritisch auf Falschdeklarationen prüfen zu lassen;

4. sich zur Verbesserung des Artenschutzes auf EU-Ebene für eine Erweiterung
des Monitorings nach Anhang D der EU-Artenschutzverordnung (Verord-
nung (EG) Nr. 338/97) einzusetzen;

5. sich zur Verbesserung des Artenschutzes auf EU-Ebene dafür einzusetzen,
dass Arten, deren kommerzieller Export aus den Herkunftsländern national-
staatlich verboten ist, die aber nicht über das Washingtoner Artenschutzab-
kommen geschützt sind, nicht länger in die EU importiert werden dürfen;

6. rechtsverbindliche Auflagen für die tierschutzkonforme Durchführung von
Tierbörsen zu erlassen und gewerbliche Anbieter von Tierbörsen auszu-
schließen;

7. den Verkauf von Wildfängen und importierten Wildtieren über Tierbörsen zu
verbieten;

8. Regelungen zu erarbeiten, die die private Haltung bestimmter Tiere verbie-
ten, weil sie aufgrund ihrer invasiven Lebensweise sowie ihrer hohen Hal-
tungsansprüche für die Privathaltung ungeeignet sind oder weil sie für den
Menschen gefährlich werden können. Das betrifft Wildtiere, die z. B. sehr
groß werden durch ein enges Nahrungsspektrum ausschließlich auf Spezial-
futter angewiesen sind, diffizile Temperaturansprüche (Tag-Nacht-Schwan-
kungen) haben, sehr alt werden sowie durch Gift bzw. ihre Stärke für den
Menschen gefährlich werden können. Der kommerzielle Handel und die

Haltung von Wildtieren ist auf die Arten zu beschränken, deren Haltung von
Privatpersonen unbedenklich und dauerhaft leistbar ist;

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/13713

9. in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe ein gemeinsam finanziertes bundes-
weites Netz für Auffangkapazitäten zu entwickeln und umzusetzen.

Berlin, den 4. Juni 2013

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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