BT-Drucksache 17/13711

Zerstörung des kongolesischen Naturerbes verhindern

Vom 4. Juni 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/13711
17. Wahlperiode 04. 06. 2013

Antrag
der Abgeordneten Dr. Christian Ruck, Sibylle Pfeiffer, Hartwig Fischer (Göttingen),
Michael Grosse-Brömer, Helmut Heiderich, Anette Hübinger, Jürgen Klimke,
Stefan Müller (Erlangen), Anita Schäfer (Saalstadt), Dr. Annette Schavan,
Johannes Selle, Sabine Weiss (Wesel I), Dagmar G. Wöhrl, Volker Kauder,
Gerda Hasselfeldt und der Fraktion der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten Dr. Christiane Ratjen-Damerau, Helga Daub,
Michael Kauch, Joachim Günther (Plauen), Harald Leibrecht, Rainer Brüderle
und der Fraktion der FDP

Zerstörung des kongolesischen Naturerbes verhindern

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Region des Kongo-Waldes in Zentralafrika ist einerseits eine der ärmsten
Regionen der Welt, verfügt andererseits aber über riesige mineralische Rohstoff-
vorkommen, die zum Wohle ihrer Bürger und Erreichung der Entwicklungsziele
erschlossen werden könnten. Die Region verfügt gleichzeitig über eine einzig-
artige biologische Vielfalt. Die Länder des Kongo-Beckens, in dem sich ein
Viertel der weltweiten tropischen Regenwälder befinden, haben zudem eine
Schlüsselfunktion für den Waldschutz, der einen wesentlichen Beitrag zur Ein-
dämmung der globalen Klimaerwärmung leisten muss.

Bisher ist es in den meisten Ländern der Region jedoch kaum gelungen, den Ab-
bau von Rohstoffen zu einem wirtschaftlichen und sozialen Nutzen der Bürger
zu machen. Der illegale Rohstoffabbau, insbesondere im Ost-Kongo, ist viel-
mehr eine der zentralen Quellen der Gewalt gegen Mensch und Natur. Insbeson-
dere Frauen und Kinder sind hierbei in einem erschreckenden Ausmaß von se-
xueller Gewalt und Ausbeutung betroffen.

Die gewonnenen Rohstoffe werden durch Rebellengruppen entweder direkt ge-
gen Waffen getauscht oder auf verdeckten Wegen außerhalb des Landes ge-
bracht. Die staatlichen kongolesischen Organe sind immer noch nicht in der
Lage, diese illegale Ausbeutung von Mensch und Natur effektiv zu unterbinden.

Die Bundesrepublik Deutschland unterstützt den Übergang zum kontrollierten
und zertifizierten Abbau der im Ost-Kongo abgebauten Rohstoffe. So fördert

Deutschland die internationale Transparenzinitiative EITI im Kongo-Becken
(Extractive Industry Transparency Initiative) zur Offenlegung der Zahlungs-
ströme im Rohstoffsektor. Auch unterstützt Deutschland gezielt die Reformbe-
mühungen der kongolesischen Regierung, in einer gemeinsamen Wahrnehmung
von Verantwortung durch Staat, Konzerne und Zivilgesellschaft ihre staatlichen
Einnahmen aus den Rohstoffvorkommen offenzulegen. Der Fokus liegt dabei
auf der nachhaltigen Einführung eines Zertifizierungsmechanismus für ausge-

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wählte Rohstoffe. Durch diese Unterstützung soll insbesondere die Bevölkerung
der Republik Kongo in die Lage versetzt werden, ihre Regierung für die Verwen-
dung der öffentlichen Einnahmen aus dem extraktiven Sektor in die Verantwor-
tung zu nehmen.

Die katastrophale Sicherheitslage verhindert zudem einen effektiven Schutz der
Natur. Deutlich wird dies am Beispiel des Virunga-Nationalparks, in dem in
unmittelbarer Nähe zum Habitat der Berg-Gorillas andauernde gewalttätige
Auseinandersetzungen verhindern, dass die Parkverwaltung ihrer Schutzauf-
gabe gerecht werden kann.

Diese ohnehin schwierige Lage für Mensch und Natur wird nun durch kongole-
sische Pläne eines systematischen großflächigen Rohstoffabbaus verschärft, un-
terstützt unter anderem durch ausländische Rohstoffinteressen, z. B. aus der
Volksrepublik China, und großzügige Finanzierungen. Als politisches Ziel wird
hierbei die Entwicklungsfinanzierung genannt. Die Grundlagen regulatorischer
und institutioneller Art dafür, dass dies zum tatsächlichen Nutzen der Bürger
und nicht einzelner einflussreicher Personen und Gruppen und nicht bei gleich-
zeitiger Zerstörung der Natur im Umfeld erfolgt, sind jedoch nicht gelegt. Viel-
mehr ist zu befürchten, dass sich die Sicherheitslage der Menschen weiter ver-
schlechtert und dass nunmehr großflächig Wald und Biodiversität zerstört
werden und damit der lokalen, von den Dienstleistungen und Produkten des
Waldes lebenden Bevölkerung, die Lebensgrundlage entzogen wird.

Es erfüllt daher mit großer Sorge, dass die Demokratische Republik Kongo die
Ölexploration in allen Nationalparks, einschließlich des Virunga-Vulkan-Ge-
biets mit seinen unersetzlichen Naturschätzen, und in den UNESCO-Weltnatur-
erbegebieten, gesetzlich erlauben will. Zu befürchten ist, dass dadurch die uner-
messliche Biodiversität und der Regenwald in der Demokratischen Republik
Kongo aufs Höchste gefährdet würden. Die Ergebnisse und Weiterführung der
langjährigen deutsch-kongolesischen Zusammenarbeit beim Biodiversitäts- und
Waldschutz würden hierdurch massiv in Frage gestellt.

Rohstoffabbau führt in fragiler Natur durch den Bau von Straßen und Pipelines
sowie damit verbundenen Entwicklungen (wie z. B. Siedlungsbau) zumeist zu
deren Fragmentierung und letztlich zur Vernichtung von Biodiversität und Wäl-
dern. Mit der Erlaubnis für Ölbohrungen würde die Demokratische Republik
Kongo die Erreichung ihrer eigenen Schutzziele und ihren Beitrag zur Umset-
zung des Strategischen Plans der Konvention über Biologische Vielfalt (CBD)
in Frage stellen. Außerdem würde die Regierung gegen internationale Verpflich-
tungen zum Schutz des Virunga-Nationalparks im Rahmen der UNESCO ver-
stoßen.

Zudem steht zu befürchten, dass das neue Gesetz negative Auswirkungen auf die
lokale Bevölkerung hätte, wie verstärkte Konflikte um Bodennutzung, eine
Zunahme der Migration mit entsprechenden Folgen für die humanitäre und
soziale Situation der Menschen, negative Auswirkungen auf Wasser, Böden und
Luft bei Unfällen oder illegalem Anzapfen der Ölleitungen und damit auf die
Versorgung und Gesundheit der Bevölkerung.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. weiterhin konsequent mit geeigneten Mitteln auf die Länder Zentralafrikas,
insbesondere akut auf die Demokratische Republik Kongo, mit dem Ziel ein-
zuwirken, dem Biodiversitäts- und Waldschutz oberste Priorität einzuräumen
und diesen nicht durch Rohstoffabbau in Nationalparks und Schutzgebieten
zu gefährden. Dies sollte weiterhin in eine Strategie zur Unterstützung von
dauerhafter Stabilität und Entwicklung des Ost-Kongos und anderer Kon-

fliktgebiete in der Demokratischen Republik Kongo eingebettet sein;

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/13711

2. die Regierung der Demokratischen Republik Kongo weiterhin dazu aufzufor-
dern, die Sicherheitslage im Umfeld der Schutzgebiete zu verbessern;

3. auch künftig gegenüber der kongolesischen Seite dafür einzutreten, vom
vorliegenden Gesetzentwurf zur Legalisierung von Ölbohrungen in Schutz-
gebieten Abstand zu nehmen;

4. die Regierung der Demokratischen Republik Kongo weiterhin dabei zu un-
terstützen, im Sinne des jahrzehntelangen Engagements der deutschen und
europäischen Entwicklungspolitik zum Schutz der Nationalparks des Kongos
nachhaltige Lösungen für drängende Entwicklungsfragen zu finden, die den
künftigen Schutz der Nationalparks und Schutzgebiete nicht in Frage stellen;

5. wie geplant mit internationalen Partnern mit Rohstoff- und Handelsinteressen
in der Region, wie der Volksrepublik China, in den Dialog darüber einzutre-
ten, wie Lieferinteressen sowie Entwicklungs- und Umweltinteressen in Ein-
klang zu bringen sind und ggf. gemeinsame Maßnahmen umzusetzen, die
dieses Ziel unterstützen, wie die Einhaltung von internationalen Umwelt- und
Sozialstandards bei der Erkundung, Erschließung, Gewinnung, Verarbeitung
und Nutzung von Rohstoffen im Rahmen konkreter Projekte;

6. sich dafür einzusetzen, und die Regierung der Demokratischen Republik
Kongo gegebenenfalls mit geeigneten Mitteln dabei zu unterstützen, dass die
Entscheidungen über den Abbau von Rohstoffen auf Grundlage von Nach-
haltigkeitskriterien erfolgen, die den Schutz der Natur entsprechend inter-
national vereinbarter Ziele, wie den „Aichi-Zielen“ des Strategischen Plans
der Konvention über Biologische Vielfalt (CBD) gewährleisten;

7. die Gewalt gegen Frauen und Kindern sowie deren Ausbeutung noch stärker
als bisher in den Fokus der Regierungsverhandlungen mit der Demokra-
tischen Republik Kongo zu setzen;

8. sich weiterhin dafür einzusetzen, dass auch die Wilderei als Problem der
organisierten Kriminalität anerkannt und geahndet wird und dabei eng mit
Verbündeten wie Frankreich und den Institutionen der Europäischen Union
zusammengearbeitet wird;

9. sich weiterhin bei den Vereinten Nationen für eine effektivere und nachhalti-
gere Unterstützung der MONUSCO-Mission einzusetzen.

Berlin, den 4. Juni 2013

Volker Kauder, Gerda Hasselfeldt und Fraktion
Rainer Brüderle und Fraktion

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