BT-Drucksache 17/13606

Aussagen der Bundesnetzagentur zu sogenannten Zwangsroutern

Vom 17. Mai 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/13606
17. Wahlperiode 17. 05. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Halina Wawzyniak, Herbert Behrens, Jens Petermann, Raju
Sharma, Dr. Petra Sitte, Frank Tempel, Johanna Voß und der Fraktion DIE LINKE.

Aussagen der Bundesnetzagentur zu sogenannten Zwangsroutern

Verschiedene Medien berichteten vor einigen Monaten über ein an einen End-
verbraucher gerichtetes Schreiben des Verbraucherservice der Bundesnetzagen-
tur. Dieses Schreiben ist am 10. Januar 2013 anonym im Internet veröffentlicht
worden (http://pastebin.com/F7UHra0h). Die Bundesnetzagentur antwortet hier
auf die Beschwerde eines Endnutzers, der für seinen Internetanschluss gern
einen anderen als den vom Netzbetreiber mitgelieferten Router – einen so-
genannten Zwangsrouter – verwenden möchte, dies aber nicht kann, da der
Anbieter die Herausgabe der in dem mitgelieferten Gerät bei Auslieferung ein-
gespeicherten Zugangsdaten verweigert.

Im Einklang mit dem EU-Recht bestimmt § 11 Absatz 3 des Gesetzes über Funk-
anlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen (FTEG): „Betreiber öffent-
licher Telekommunikationsnetze dürfen den Anschluss von Telekommunika-
tionsendeinrichtungen an die entsprechende Schnittstelle aus technischen Grün-
den nicht verweigern, wenn die Endeinrichtungen die geltenden grundlegenden
Anforderungen erfüllen.“ Tatsächlich kommt auch die Bundesnetzagentur in
ihrem Schreiben zu diesem Schluss, erläutert dann jedoch, es sei nicht gesetzlich
definiert, „welche konkreten Schnittstellen das Netz Ihres Netzbetreibers mit
Ihrem Heim-Netz verbinden“, weshalb es der Entscheidung des Netzbetreibers
obliege, ob es sich bei dem von ihm bereitgestellten Router um einen Netz-
bestandteil oder ein Endgerät handele.

Im Fall der konkreten Beschwerde kommt die Bundesnetzagentur zu dem
Schluss, dass kein Anspruch auf Umgehung des Routers bestehe, da dieser nach
Auskunft des Netzanbieters ein Netzbestandteil sei, nicht etwa ein Endgerät.

Nach § 2 Absatz 5 FTEG ist eine „Schnittstelle ein Netzabschlusspunkt, das
heißt der physische Anschlusspunkt, über den der Benutzer Zugang zu öffent-
lichen Telekommunikationsnetzen erhält“. Eine „Telekommunikationsendein-
richtung“ ist nach § 2 Absatz 2 FTEG „ein die Kommunikation ermöglichendes
Erzeugnis oder ein wesentliches Bauteil davon, das für den mit jedwedem Mittel
herzustellenden direkten oder indirekten Anschluss an Schnittstellen von öffent-
lichen Telekommunikationsnetzen […] bestimmt ist.“
Alarmiert von den Aussagen der Bundesnetzagentur zu Zwangsroutern zeigen
sich insbesondere auch TK-Endgerätehersteller. Mehrere Unternehmen, die in
Deutschland Router entwickeln und produzieren, nahmen jüngst in einer Initia-
tive „Forderung der TK-Endgerätehersteller zu Netzzugangsschnittstellen der
öffentlichen Netzbetreiber“ (26. April 2013) Stellung.

Drucksache 17/13606 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Ist ein handelsüblicher Router für den Anschluss von Endgeräten im End-
nutzerbereich nach Auffassung der Bundesregierung im Sinne von § 2
FTEG eine „Schnittstelle“ oder eine „Telekommunikationsendeinrich-
tung“?

2. Obliegt es nach Ansicht der Bundesregierung der Entscheidung des Netz-
betreibers, ob ein von ihm bereitgestellter Router eine „Telekommunika-
tionsendeinrichtung“ oder eine „Schnittstelle“ im Sinne des FTEG ist bzw.
beinhaltet?

3. Kann das Kabel, das einen handelsüblichen Router für Endnutzer mit der
Telekommunikationsanschlusseinheit (TAE) verbindet, nach Auffassung
der Bundesregierung ein Bestandteil des Netzes des Netzbetreibers sein?

4. Aus welchen Gründen hält die Europäische Kommission, wie nach entspre-
chender Konsultation durch die Bundesnetzagentur mitgeteilt, Maßnahmen
gegen einen „Routerzwang“ gegenwärtig weder für rechtlich möglich noch
für erforderlich?

5. Teilt die Bundesregierung die Auffassung der TK-Endgerätehersteller
(Initiative vom 26. April 2013), dass die Rechtsauffassung der Bundesnetz-
agentur es den TK-Netzbetreibern ermöglicht, den Markt für Endgeräte
einseitig auf sich zu übertragen, und dass es Endkunden künftig nicht mehr
möglich ist, uneingeschränkt handelsübliche DSL-Router, Breitband-
Router oder Telefonie-Endgeräte (IP-Telefon, SIP-Applikation, PBX) an-
zuschließen?

6. Teilt die Bundesregierung die Auffassung der TK-Endgerätehersteller
(Initiative vom 26. April 2013), dass von Netzbetreibern bereitgestellte
„Zwangsrouter“ die nötigen Sicherheitsstandards für Netzdienste des
Gesundheitswesens (bspw. KV-SafeNet zur Anschaltung an das sichere
Netz der kassenärztlichen Vereinigungen) und der öffentlichen Sicherheit
(bspw. bei der Polizei und den Landeskriminalämtern) nicht erfüllen?

Wenn nein, warum nicht?

7. Teilt die Bundesregierung die Auffassung der TK-Endgerätehersteller
(Initiative vom 26. April 2013), dass für die Anbieter von Alarmüber-
tragungssystemen für Brand- und Einbruchmeldesysteme der Zugang
unmittelbar an die Teilnehmeranschlussleitung (TAL) unverzichtbar ist und
der Markt für hochwertige Alarmübertragungsrouter durch vom Netz-
betreiber vorgeschriebenen Router aus dem Consumerbereich zerstört wird?

8. Sind nach Auffassung der Bundesregierung Zwangsrouter erforderlich, um
VDSL2-Vectoring – wie von der Bundesnetzagentur im Konsultations-
entwurf zur Änderung der Regulierungsverfügung für den Zugang zur Teil-
nehmeranschlussleitung vorgeschlagen – zu ermöglichen?

9. Sind nach Auffassung der Bundesregierung Zwangsrouter erforderlich,
um für die von der Telekom Deutschland GmbH angekündigte Internet-
Drosselung, eine Volumenmessung direkt über Router des Nutzers vorzu-
nehmen?

10. Wird die Bundesregierung gegen die veränderte Rechtsauffassung der
Bundesnetzagentur einschreiten?

Berlin, den 17. Mai 2013

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.