BT-Drucksache 17/13287

Ergänzende Informationen zur Asylstatistik für das erste Quartal 2013

Vom 23. April 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/13287
17. Wahlperiode 23. 04. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Agnes Alpers, Sevim Dag˘delen,
Petra Pau, Jens Petermann, Kersten Steinke, Frank Tempel, Jörn Wunderlich
und der Fraktion DIE LINKE.

Ergänzende Informationen zur Asylstatistik für das erste Quartal 2013

Die von der Fraktion DIE LINKE. regelmäßig erfragten ergänzenden Informa-
tionen zur Asylstatistik des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge
(BAMF) beleuchten ausgewählte Aspekte, die in der medialen Berichterstat-
tung wenig Beachtung finden.

So gab es im Zeitraum 2005 bis 2010 fast so viele Asyl-Widerrufe (38 500) wie
Anerkennungen (41 000). Im Jahr 2012 wurden gut 10 000 Entscheidungen
über den Widerruf eines Flüchtlingsstatus getroffen, allerdings führte dies nur
noch in jedem 20. Fall zu einer Aberkennung. Dennoch sind diese Verfahren
für die Betroffenen – politisch verfolgte und häufig traumatisierte Flüchtlinge –
extrem verunsichernd und belastend und für Behörden und Gerichte sehr
arbeitsaufwändig. Die europaweit einmalige gesetzgeberische Vorgabe obliga-
torischer Widerrufsprüfungen nach drei Jahren ohne konkreten Anlass sollte
deshalb zurückgenommen werden.

Auch viele durch das BAMF zunächst abgelehnte Asylsuchende sind verfolgt
oder gefährdet. Gut 13 Prozent der Klägerinnen und Kläger gegen eine ableh-
nende Behördenentscheidung erhielten 2012 einen Schutzstatus durch die Ge-
richte zugesprochen, bei afghanischen und iranischen Asylsuchenden lag dieser
Anteil bei 37 bis 38 Prozent.

Bei knapp 18 Prozent aller Asylsuchenden im Jahr 2012 war das BAMF der
Auffassung, dass ein anderes Land der Europäischen Union (EU) für die Asyl-
prüfung zuständig sei. Das Land, das dabei mit Abstand am häufigsten ersucht
wurde, Asylsuchende aus Deutschland zu übernehmen, war ausgerechnet Italien
(2 483 Ersuchen), das unter anderem wegen unzureichender Aufnahmebedin-
gungen in der Kritik steht.

Ein behördliches Asylverfahren in Deutschland dauerte im Jahr 2012 im
Durchschnitt ein knappes halbes Jahr, bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung
inklusive Gerichtsverfahren vergeht etwa ein Jahr. Bei bestimmten Herkunfts-
ländern mit geringen Anerkennungsquoten, etwa Serbien und Mazedonien,
sind die Verfahrensdauern bedeutend kürzer. Im Jahr 2012 lagen sie im behörd-
lichen Verfahren bei etwa zwei Monaten, infolge besonderer Beschleunigungs-

maßnahmen sank die Bearbeitungszeit bei Asylanträgen aus diesen Ländern bis
Ende 2012 dann sogar auf nur noch sieben Tage.

174 Asyl-Anhörungen (0,5 Prozent aller Anhörungen) wurden im Jahr 2012 mit-
tels Videokonferenztechnik durchgeführt, wegen interner Personalprobleme des
BAMF. Betroffen sind unter anderem Asylsuchende aus dem Irak, dem Kosovo,
Syrien, Serbien, Georgien und Indien. Nach Einschätzung des Wissenschaft-
lichen Dienstes des Deutschen Bundestages erfolgen diese Videoanhörungen

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ohne rechtliche Grundlage und sind damit rechtswidrig. Verbände und Rechts-
anwältinnen und Rechtsanwälte kritisieren, dass mangels persönlicher Begeg-
nung und durch die technische Distanz keine vertrauensvolle Atmosphäre ent-
stehen kann. Auch der Innenausschuss des Deutschen Bundestages hatte sich in
seiner Sitzung vom 25. Januar 2012 nahezu einhellig gegen den Einsatz der Vi-
deotechnik ausgesprochen. Dennoch wird an dem umstrittenen Verfahren fest-
gehalten, obwohl angesichts des quantitativ eher geringen Umfangs nicht von
einer wirksamen Entlastung des Personals gesprochen werden kann.

787 Asylsuchende mussten im Jahr 2012 das so genannte Asyl-Flughafenver-
fahren durchlaufen, unter ihnen 230 syrische, 113 afghanische und 108 iranische
Flüchtlinge sowie 28 unbegleitete Minderjährige. Im Ergebnis wurde dabei
58 Asylsuchenden nach einer Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ die
Einreise im Rechtssinne verweigert – wie viele von ihnen tatsächlich freiwillig
oder zwangsweise ausreisen mussten oder in Deutschland verbleiben konnten,
ist ungeklärt.

37,8 Prozent aller Asylsuchenden in Deutschland im Jahr 2012 waren Kinder.
3,2 Prozent waren unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, bei denen die
Gesamtschutzquote zwischen 40,9 und 57,7 Prozent lag. Die Asylverfahren bei
unbegleiteten Minderjährigen dauerten im Jahr 2012 mit durchschnittlich
9,9 Monaten ungewöhnlich lange.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. a) Wie hoch war die Gesamtschutzquote (Anerkennungen nach § 16a
des Grundgesetzes – GG –, nach § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes
– AufenthG – (in Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention – GFK)
und von Abschiebungshindernissen nach § 60 Absatz 2, 3, 5 und 7
AufenthG) in der Entscheidungspraxis des BAMF im ersten Quartal 2013,
und wie lautet der Vergleichswert des vierten Quartals 2012 (bitte in ab-
soluten Zahlen und in Prozent angeben und nach den zehn wichtigsten
Herkunftsländern – hier bitte noch einmal differenzieren nach interna-
tionalem Flüchtlings- bzw. subsidiären Schutzstatus – und der Art der An-
erkennung differenzieren: Asylberechtigung, Flüchtlingsschutz, subsi-
diärer Schutz nach § 60 Absatz 2 und 5 AufenthG – unmenschliche Be-
handlung –, nach § 60 Absatz 3 AufenthG – Todesstrafe –, nach § 60 Ab-
satz 7 Satz 2 AufenthG – bewaffnete Konflikte – und nach § 60 Absatz 7
Satz 1 AufenthG – sonstige existenzielle Gefahren)?

b) Wie hoch war in den genannten Zeiträumen jeweils die „bereinigte Ge-
samtschutzquote“, d. h. die Quote der Anerkennungen bezogen auf tat-
sächlich inhaltliche und nicht rein formelle (Nicht-)Entscheidungen (bitte
wie zuvor differenzieren)?

c) Ist die Bundesregierung bzw. das Bundesamt für Migration und Flücht-
linge inzwischen (vgl. Bundestagsdrucksache 16/7687, Antwort der Bun-
desregierung auf die Kleine Anfrage zu Frage 2) bereit, in ihren monatli-
chen Pressemitteilungen zur Asylstatistik auch bzw. nur diese bereinigte
Gesamtschutzquote darzustellen, da nur diese Angabe eine Aussage über
die Begründetheit von Asylanträgen nach geltender Rechtslage zulässt
(vgl. hierzu auch die Ausführungen und Position der Bundesintegrations-
beauftragten auf Bundestagsdrucksache 17/10221, S. 235, Anm. 1093),
und wenn nein, wie begründet sie dies, auch angesichts des Umstands,
dass sie auch ihre ursprünglich gegenüber den Fragestellern geäußerte
Ablehnung hinsichtlich einer regelmäßigen Veröffentlichung der Gesamt-
schutzquote längst überwunden hat (vgl. Bundestagsdrucksache 16/7687,
Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage zu Frage 8, bitte

ausführen)?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/13287

2. Wie viele der Anerkennungen nach § 60 Absatz 1 AufenthG/GFK im ersten
Quartal 2013 beruhten auf staatlicher, nichtstaatlicher bzw. geschlechtsspe-
zifischer Verfolgung (bitte in absoluten und relativen Zahlen und noch ein-
mal gesondert nach den zehn wichtigsten Herkunftsländern angeben)?

3. Wie viele Widerrufsverfahren wurden im ersten Quartal 2013 bzw. im vier-
ten Quartal 2012 eingeleitet (bitte Gesamtzahlen angeben und nach den ver-
schiedenen Formen der Anerkennung und den zehn wichtigsten Herkunfts-
ländern differenzieren), und wie viele Entscheidungen in Widerrufsverfah-
ren mit welchem Ergebnis gab es in diesen Zeiträumen (bitte Gesamtzahlen
angeben und nach den verschiedenen Formen der Anerkennung und den
zehn wichtigsten Herkunftsländern differenzieren, bitte auch die jeweiligen
Widerrufsquoten benennen)?

4. Wie lang war die durchschnittliche Bearbeitungsdauer im ersten Quartal
2013 (bitte auch den Vergleichswert des vierten Quartals 2012 nennen) bis
zu einer behördlichen Entscheidung, wie lang war die Verfahrensdauer im
Jahr 2012 bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung (d. h. inklusive eines
Gerichtsverfahrens), und wie lang war die durchschnittliche Bearbeitungs-
zeit bei Asylerstanträgen von unbegleiteten Minderjährigen (bitte jeweils
nach den zehn wichtigsten Herkunftsländern und Erst- und Folgeanträgen
differenzieren)?

5. Wie viele Verfahren im Rahmen der Dublin-II-Verordnung wurden im ersten
Quartal 2013 eingeleitet (bitte in absoluten Zahlen und in Prozentzahlen die
Relation zu allen Asylerstanträgen sowie die Quote der auf EURODAC-
Treffern – EURODAC = europäische Datenbank zur Speicherung von Fin-
gerabdrücken – basierenden Verfahren angeben und zum Vergleich die
Werte des vierten Quartals 2012 nennen)?

a) Welche waren in den benannten Zeiträumen die zehn am stärksten betrof-
fenen Herkunftsländer, und welche die zehn am stärksten angefragten
EU-Mitgliedstaaten (bitte in absoluten Werten und in Prozentzahlen an-
geben sowie in jedem Fall die Zahlen zu Griechenland, Zypern und Malta
nennen)?

b) Wie viele Dublin-Entscheidungen mit welchem Ergebnis (Zuständigkeit
eines anderen EU-Mitgliedstaats bzw. der Bundesrepublik Deutschland,
Selbsteintritt nach Artikel 3 Absatz 2 DublinV, humanitäre Fälle nach
Artikel 15 DublinV) gab es in den benannten Zeiträumen?

c) Wie viele Überstellungen nach der Dublin-II-Verordnung wurden in den
benannten Zeiträumen vollzogen (bitte in absoluten Werten und in
Prozentzahlen angeben und auch nach den zehn wichtigsten Herkunfts-
ländern und EU-Mitgliedstaaten – in jedem Fall auch Griechenland, Un-
garn, Bulgarien, Zypern und Malta – differenzieren), und wie viele dieser
Personen wurden unter Einschaltung des BAMF, aber ohne Durchfüh-
rung eines Asylverfahrens überstellt, und warum wird die Zahl der über-
stellten unbegleiteten Minderjährigen nicht gesondert statistisch erfasst?

Handelt es sich um eine eher größere oder um eine sehr geringe Zahl, und
welche weiteren Einschätzungen gibt es hierzu?

d) Wie hoch war der Anteil der in der Zuständigkeit der Bundespolizei
durchgeführten Dublin-Verfahren bzw. Überstellungen in den genannten
Zeiträumen?

e) Wie viele Asylanträge wurden in den genannten Zeiträumen mit der Be-
gründung einer Nichtzuständigkeit nach der Dublin-II-Verordnung abge-
lehnt oder eingestellt oder als unbeachtlich betrachtet, ohne dass ein

Asylverfahren mit inhaltlicher Prüfung durchgeführt wurde (bitte in ab-
soluten und relativen Zahlen angeben)?

Drucksache 17/13287 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

f) In wie vielen Fällen wurde seit der Verkündigung eines Überstellungs-
stopps nach Griechenland bei Asylsuchenden festgestellt, dass eigent-
lich Griechenland nach der Dublin-II-Verordnung zuständig gewesen
wäre (bitte nach Jahren und den zehn wichtigsten Herkunftsländern dif-
ferenziert angeben)?

6. Wie viele Asylanträge wurden im ersten Quartal 2013 (bitte zum Vergleich
auch die Werte des vierten Quartals 2012 nennen) nach § 14a Absatz 2 des
Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) von Amts wegen für hier geborene
(oder eingereiste) Kinder von Asylsuchenden gestellt, wie viele Asylanträge
wurden in den genannten Zeiträumen von bzw. für Kinder unter 16 Jahren
bzw. von Jugendlichen zwischen 16 und 18 Jahren bzw. von unbegleiteten
minderjährigen Flüchtlingen gestellt (bitte jeweils in absoluten Zahlen und
in Prozentzahlen in Relation zur Gesamtzahl der Asylanträge sowie die
Gesamtzahl der Anträge unter 18-Jähriger und sich überschneidende Teil-
mengen angeben), und wie hoch war die jeweilige Gesamtschutzquote für
die genannten Gruppen?

7. Wie viele unbegleitete Minderjährige (d. h. unter 18-Jährige) haben im ers-
ten Quartal 2013 einen Asylerstantrag gestellt (bitte nach den wichtigsten
Herkunftsländern und Bundesländern aufgliedern), und wie hoch war die
Gesamtschutzquote bei unbegleiteten Minderjährigen in dem genannten
Zeitraum (bitte nach verschiedenen Schutzstatus und wichtigsten Her-
kunftsländern differenzieren)?

8. Wie viele unbegleitete Minderjährige (d. h. unter 18-Jährige) wurden im
ersten Quartal 2013 an welchen Grenzen durch die Bundespolizei auf-
gegriffen, wie viele von ihnen wurden an die Jugendämter übergeben, wie
viele von ihnen wurden zurückgewiesen oder zurückgeschoben (bitte
nach den fünf wichtigsten Herkunftsländern differenzieren), und inwieweit
werden die besonderen Bedürfnisse und Interessen von 16- und 17-jährigen
Kindern in der Praxis berücksichtigt, wenn diese besonders schutzbedürf-
tige Personengruppe von der Bundespolizei nicht einmal statistisch erfasst
wird (Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage zu Frage 15f
auf Bundestagsdrucksache 17/8408)?

9. Wie viele Asylanträge wurden im ersten Quartal 2013 bzw. im vierten
Quartal 2012 als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt (bitte Angaben
differenziert nach den zehn wichtigsten Herkunftsländern machen und zu-
dem jeweils in Relation zur Gesamtzahl der Ablehnungen setzen)?

10. Wie viele so genannte Flughafenverfahren wurden im ersten Quartal 2013
bzw. im vierten Quartal 2012 an welchen Flughafenstandorten mit welchem
Ergebnis durchgeführt (bitte auch Angaben zum Anteil der unbegleiteten
Minderjährigen und den zehn wichtigsten Herkunftsländern machen)?

11. Wie lautet die Statistik zu Rechtsmitteln und Gerichtsentscheidungen
im Bereich Asyl für das Jahr 2012 (bitte wie auf Bundestagsdrucksache
17/4627, Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage zu Frage 7
darstellen), und welche Angaben zur Dauer des gerichtlichen Verfahrens
können gemacht werden?

12. Wie viele Asyl-Anhörungen mittels Bild- und Tonübertragung wurden im
ersten Quartal 2013 bzw. im vierten Quartal 2012 unter Beteiligung wel-
cher Außenstellen anberaumt (bitte so differenziert wie möglich angeben
und nach Außenstellen und Staatsangehörigkeiten differenzieren), wie
viele wurden aus welchen Gründen abgebrochen (bitte nach Staatsangehö-
rigkeiten differenzieren), und wie viele der Betroffenen lehnten eine Video-
anhörung ab, was nach der Dienstanweisung des BAMF eine Videoanhö-

rung unmöglich macht?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/13287

a) Wie viele Anhörungen gab es in den genannten Zeiträumen insgesamt
(bitte nach den zehn wichtigsten Staatsangehörigkeiten und solchen dif-
ferenzieren, bei denen Videoanhörungen stattfanden)?

b) Warum werden Asylsuchende vor einer geplanten Videoanhörung nicht
darauf hingewiesen, dass es für sie keinerlei Nachteile hat, wenn sie
eine solche Videoanhörung ablehnen?

c) Warum wurde anlässlich der Gesetzgebung zur Einführung der Video-
konferenztechnik im gerichtlichen und staatsanwaltlichen Verfahren
(Bundestagsdrucksache 17/1224) nicht auch eine ausdrückliche Rechts-
grundlage für Videoasylanhörungen geschaffen, obwohl bekannt ist,
dass wegen fehlender Rechtsgrundlage die Rechtmäßigkeit von Asyl-
videoanhörungen zum Beispiel vom Wissenschaftlichen Dienst des
Deutschen Bundestages bestritten wird (WD 3 – 3000 – 349/11)?

Folgt hieraus nicht im Gegenschluss, dass der Gesetzgeber im Gegen-
satz zu bestimmten Konstellationen im gerichtlichen und staatsanwalt-
lichen Verfahren im Asylverfahren keine Rechtsgrundlage für die An-
wendung der Videokonferenztechnik schaffen wollte (bitte ausführlich
begründen)?

d) Hält die Bundesregierung den Einsatz der Videotechnik im Asylverfah-
ren immer noch für zulässig und rechtmäßig, obwohl es im Asylverfah-
ren zentral auf den persönlichen Eindruck der Asylsuchenden ankommt
und zugleich im oben genannten Gesetzentwurf betont wird (S. 2): „Der
Einsatz der Videokonferenztechnik soll ferner nicht bei Entscheidungen
über einen Bewährungswiderruf und eine Reststrafenaussetzung erlaubt
werden, da in diesen Fällen eine höchstpersönliche Anhörung nicht
durch eine Videokonferenz ersetzt werden könne“ – was vergleichbar ist
(bitte begründen)?

e) Hält die Bundesregierung den Einsatz der Videotechnik im Asylverfah-
ren immer noch für zulässig und rechtmäßig, obwohl es auch in der an-
genommenen Beschlussempfehlung zum oben genannten Gesetzent-
wurf heißt (Bundestagsdrucksache 17/12418, S. 18f): „Der Einsatz von
Videokonferenztechnik muss hier immer dann ausscheiden, wenn es für
die Wahrheitsfindung auch auf den unmittelbaren persönlichen Ein-
druck des Vernehmenden oder Anhörenden von der Person des Vernom-
menen oder Angehörten ankommt“, sowie auf Seite 20: „Auch mag es
im Falle des § 454 StPO deutlich weniger aufwändig sein, wenn ein
Strafgefangener per Videokonferenztechnik angehört werden kann. Die
Anhörung dient in beiden Fällen jedoch in ganz besonderem Maße
dazu, dass sich das Gericht einen unmittelbaren persönlichen Eindruck
vom Verurteilten verschaffen kann (und auch sollte). Eine Videokonfe-
renz sollte hier den unmittelbaren höchstpersönlichen Eindruck nicht
ersetzen“, so dass auch hieraus nach Auffassung der Fragesteller er-
sichtlich wird, dass der Gesetzgeber die Videokonferenztechnik für
unzulässig hält, wenn der unmittelbare persönliche Eindruck von Be-
deutung ist, was bei der Asylanhörung unzweifelbar der Fall ist (bitte
ausführlich begründen)?

f) Welche Schlussfolgerungen für die Zulässigkeit und Rechtmäßigkeit von
Videoasylverfahren zieht die Bundesregierung weiterhin daraus, dass in
der Debatte zur Verabschiedung des oben genannten Gesetzentwurfs
auch die Redner der Regierungskoalition erklärten, dass die Videokon-
ferenztechnik nur da eingesetzt werde, „wo ein persönlicher Eindruck
abdingbar ist“ (Dr. Patrick Sensburg, Plenarprotokoll 17/222, S. 27659),
bzw. „Wenn es für die Wahrheitsfindung auch auf den unmittelbaren per-

sönlichen Eindruck des Vernehmenden von der Person des Vernomme-

Drucksache 17/13287 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

nen (…), darf Videokonferenztechnik grundsätzlich nicht zum Einsatz
kommen“; der „höchstpersönliche Eindruck“ könne „schwerlich durch
eine Videokonferenz ersetzt werden“ (Jörg van Essen, ebd., S. 27661;
bitte ausführlich begründen)?

13. Wie waren die Schutzquoten und Zahl der Schutzgesuche bei Asylsuchen-
den aus Tunesien, Ägypten, Marokko, Syrien und Libyen im ersten Quartal
2013?

14. Wie viele Erst- und Folgeanträge (bitte differenzieren) wurden von Staats-
angehörigen aus Serbien, Mazedonien, Montenegro, Albanien und Bos-
nien-Herzegowina in den Monaten Januar, Februar und März 2013 gestellt
(bitte jeweils den prozentualen Anteil der Roma-Angehörigen nennen),
und wie wurden diese Asylanträge in diesen Monaten jeweils mit welchem
Ergebnis beschieden (bitte vergleichend jeweils auch die Gesamtzahlen für
das erste Quartal 2013 und das vierte Quartal 2012 nennen)?

15. Wie ist der derzeitige Stand der Beschleunigungsmaßnahmen bei Asyl-
suchenden aus Serbien und Mazedonien und anderen Ländern des Westbal-
kans (bitte unter anderem genau benennen, wie viele Personen aus welchen
Ressorts im Rahmen der Sondermaßnahmen wo und wofür eingesetzt wer-
den), wie bewertet das BAMF den Erfolg dieser Maßnahmen (bitte nach
einzelnen Maßnahmen, etwa auch die vorrangige Bearbeitung der Länder,
differenzieren), und welche Maßnahmen sind weiterhin für die Zukunft ge-
plant?

a) Wie hat sich die Verfahrensdauer bei Asylsuchenden aus anderen Län-
dern als Serbien und Mazedonien entwickelt, und wie bewertet das
BAMF diese Entwicklung, in Bezug auf das Recht auf ein faires und
schnelles Verfahren bzw. insbesondere in Bezug auf Asylsuchende aus
Ländern mit hoher Anerkennungschance?

b) Wie ist die aktuelle Entwicklung der Asylsuche von Personen aus
Serbien und Mazedonien, bzw. wie wird die Entwicklung der nächsten
Monate eingeschätzt?

c) Was ist der Bundesregierung bekannt über die aktuelle Unterbringungs-
situation von Asylsuchenden in den Bundesländern, und welche Bespre-
chungen mit den Ländern hat es diesbezüglich nach Berichten über ent-
sprechende Engpässe gegeben?

d) Wurden (ehemalige) Bundespolizisten auch bei der Anhörung von Asyl-
suchenden aus Ländern des Westbalkans eingesetzt, wenn ja, in wel-
chem Umfang, und inwieweit wurden diese für diese Aufgabe geschult
und qualifiziert?

16. Welche besonderen Anweisungen und Maßnahmen gibt es derzeit im Um-
gang mit und bei der Anhörung von Asylsuchenden aus der Russischen
Föderation, wie lange dauert es im Durchschnitt, bis diese Asylsuchenden
angehört werden, und was geschieht mit solchen, die bereits vor längerer
Zeit einen Asylantrag gestellt haben (bitte so ausführlich wie möglich dar-
legen)?

a) Was sind nach Ansicht des BAMF die Gründe dafür, dass die Russische
Föderation an die Spitze der Hauptherkunftsländer gerückt ist, und was
machen russische Asylsuchende für Gründe geltend?

b) Bei wie vielen Asylanträgen russischer Staatsangehöriger im vergange-
nen Jahr 2012 bzw. im ersten Quartal 2013 (bitte differenzieren) stellte
das BAMF fest, dass Polen oder ein anderes EU-Land (bitte differenzie-
ren) nach der Dublin-II-Verordnung für die Asylprüfung zuständig ist

oder sie dort bereits als Flüchtlinge oder subsidiär Schutzberechtigte an-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/13287

erkannt worden waren oder einen anderen Aufenthaltstitel hatten (bitte
so differenziert wie möglich antworten und über die Zahlen hinaus eine
allgemeine Einschätzung hierzu geben)?

17. Was hat die Prüfung des Bundesministeriums des Innern (Bundestagsdruck-
sache 17/12234, Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage zu
Frage 16) erbracht, ob Serbien und Mazedonien zu sicheren Herkunfts-
staaten erklärt werden sollen, und wie ist der Stand der diesbezüglichen
Aktivitäten?

a) Inwieweit berücksichtigt die Bundesregierung dabei den ausführlichen
Bericht von PRO ASYL e. V. „Serbien – ein sicherer Herkunftsstaat von
Asylsuchenden in Deutschland?“, wonach Serbien keinesfalls ein siche-
rer Herkunftsstaat ist (www.proasyl.de/fileadmin/proasyl/Serbien_kein_
sicherer_Herkunftsstaat.pdf)?

b) Welche Schlussfolgerungen zieht sie aus diesem Bericht, insbesondere
im Hinblick auf die Einschränkungen der Ausreisefreiheit, insbesondere
für Roma infolge der restriktiven Maßnahmen Serbiens, die aufgrund
des Drucks der EU zur Verhinderung einer unerwünschten Asylsuche
und Migration aus Serbien und Mazedonien ergriffen wurden (vgl. Vor-
bemerkung der Fragesteller auf Bundestagsdrucksache 17/8984)?

c) Wie ist der aktuelle Stand auf EU-Ebene, was die Einführung eines
Mechanismus zur Wiedereinführung der Visumpflicht anbelangt, wie
genau sieht dieser Mechanismus nach der politisch konsentierten Fas-
sung aus, und wann ist mit einem Inkrafttreten zu rechnen?

18. Wie will die Bundesregierung in der verbliebenen Zeit der Legislatur-
periode der Aufforderung des Bundesverfassungsgerichts nachkommen,
„unverzüglich“ eine Neuregelung des Asylbewerberleistungsgesetzes vor-
zunehmen, und was genau sind die Gründe dafür, dass bislang kein Gesetz-
entwurf eingebracht wurde?

19. Beabsichtigt die Bundesregierung, in dieser Legislaturperiode noch einen
Gesetzentwurf einzubringen, und wenn ja, wann?

Berlin, den 23. April 2013

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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