BT-Drucksache 17/13220

zu dem Antrag der Abgeordneten Angelika Graf (Rosenheim), Petra Crone, Dr. h. c. Gernot Erler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD - Drucksache 17/12399 - Menschenrechte älterer Menschen stärken und Erarbeitung einer UN-Konvention fördern

Vom 23. April 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/13220
17. Wahlperiode 23. 04. 2013

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe (17. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Angelika Graf (Rosenheim), Petra Crone,
Dr. h. c. Gernot Erler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
– Drucksache 17/12399 –

Menschenrechte älterer Menschen stärken und Erarbeitung einer UN-Konvention
fördern

A. Problem

In ihrem Antrag auf Drucksache 17/12399 fordert die Fraktion der SPD die Bun-
desregierung auf, sich auf internationaler und nationaler Ebene für die Stärkung
der Menschenrechte älterer Menschen einzusetzen, indem sie unter anderem die
Wahl Deutschlands in den UN-Menschenrechtsrat dazu nutzt, sich für eine UN-
Konvention über die menschenrechtlichen Bedürfnisse älterer Menschen einzu-
setzen. Sie soll ferner die Arbeit der UN-Open-ended Working Group on Ageing
aktiv und konsequent begleiten und regelmäßig darüber berichten. Auf nationa-
ler Ebene soll die Bundesregierung nach dem Willen der Fraktion die seit ihrem
Amtsantritt vorgenommen Kürzungen im Haushalt der Antidiskriminierungs-
stelle des Bundes (ADS) zurücknehmen und Maßnahmen für eine verstärkte Be-
kämpfung von Altendiskriminierung ergreifen.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.

C. Alternativen

Keine.
D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Keine.

Drucksache 17/13220 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Keiner.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Keiner.

Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten

Keine.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Keiner.

F. Weitere Kosten

Keine.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/13220

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/12399 abzulehnen.

Berlin, den 17. April 2013

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe

Tom Koenigs
Vorsitzender und Berichterstatter

Frank Heinrich
Berichterstatter

Angelika Graf (Rosenheim)
Berichterstatterin

Pascal Kober
Berichterstatter

Katrin Werner
Berichterstatterin

Deutschland die Bundesregierung das Engagement für die
Menschenrechte Älterer bislang der Zivilgesellschaft über-

Stärkung der Menschenrechte älterer Menschen einsetzt,
dass sie all die Arbeiten, die im Bereich der UN in diese
lassen habe. Auch habe sie sich an der Arbeitsgruppe bei den
Vereinten Nationen nicht beteiligt. Nach den Vorstellungen
der Fraktion der SPD könnte aber Deutschland seine Erfah-
rungen mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz

Richtung geführt werden, entsprechend unterstützt und dass
sie auch auf nationaler Ebene Maßnahmen ergreift. Das be-
treffe insbesondere den Haushalt der Antidiskriminierungs-
stelle, die sich intensiv mit der Menschenrechtssituation Äl-
Drucksache 17/13220 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Frank Heinrich, Angelika Graf (Rosenheim),
Pascal Kober, Katrin Werner und Tom Koenigs

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
17/12399 in seiner 225. Sitzung am 28. Februar 2013 beraten
und an den Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre
Hilfe zur federführenden Beratung und an den Auswärtigen
Ausschuss, den Rechtsausschuss, den Ausschuss für Arbeit
und Soziales, den Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen
und Jugend, den Ausschuss für Gesundheit und den Aus-
schuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

In ihrem Antrag auf Drucksache 17/12399 fordert die Frak-
tion der SPD die Bundesregierung auf, sich auf internationa-
ler und nationaler Ebene für die Stärkung der Menschenrech-
te älterer Menschen einzusetzen, indem sie unter anderem
die Wahl Deutschlands in den UN-Menschenrechtsrat dazu
nutzt, sich für eine UN-Konvention über die menschenrecht-
lichen Bedürfnisse älterer Menschen einzusetzen. Sie soll
ferner die Arbeit der UN-Open-ended Working Group on
Ageing aktiv und konsequent begleiten und regelmäßig dar-
über berichten. Auf nationaler Ebene soll die Bundesregie-
rung nach dem Willen der Fraktion die seit ihrem Amtsantritt
vorgenommen Kürzungen im Haushalt der Antidiskriminie-
rungsstelle des Bundes (ADS) zurücknehmen und Maßnah-
men für eine verstärkte Bekämpfung von Altendiskriminie-
rung ergreifen. Zudem soll die Bundesregierung auf die
Länder hinwirken, den ordnungsrechtlichen Teil des Heim-
rechts einheitlicher zu gestalten und dabei die Menschen-
rechte Älterer festzuschreiben.

Weitere Forderungen der Fraktion zielen darauf ab, dass die
Bundesregierung die Einsetzung eines UN-Sonderberichter-
statters für die Menschenrechte älterer Menschen verlangt
und dass die Bedürfnisse älterer Menschen in den Partner-
ländern in Entwicklungsprojekten stärker berücksichtigt
werden. Das Potential älterer Menschen für die zivilgesell-
schaftliche Entwicklung müsse erkannt und gestärkt werden.
National soll die Bundesregierung ihre Altenberichte als
wichtiges Monitoringinstrument zur Lage der älteren Men-
schen in Deutschland regelmäßig um eine explizite Men-
schenrechtskomponente ergänzen und dieses Instrument des
Monitorings auch international anregen. Weitere Forderun-
gen zielen darauf ab, dass sich die Bundesregierung für die
Abschaffung diskriminierender Altersgrenzen (Höchstal-
tersgrenzen) im Ehrenamt und im Kirchengesetz einsetzt
und dass sie verstärkt die Altersarmut bekämpft.

Die Fraktion weist in ihrem Antrag darauf hin, dass in

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Auswärtige Ausschuss hat den Antrag auf Drucksache
17/12399 in seiner 83. Sitzung, der Rechtsausschuss in sei-
ner 125. Sitzung, der Ausschuss für Arbeit und Soziales in
seiner 130. Sitzung, der Ausschuss für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend in seiner 94. Sitzung, der Ausschuss
für Gesundheit in seiner 104. Sitzung und der Ausschuss
für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in
seiner 78. Sitzung am 17. April 2013 beraten. Alle mit-
beratenden Ausschüsse empfehlen mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der
Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. Ablehnung.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
hat den Antrag in seiner 83. Sitzung am 17. April 2013 bera-
ten. Er empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion DIE LINKE. Ablehnung.

Die Fraktion der SPD erklärte, die Zahl der älteren Men-
schen wachse rasant, nicht nur in Deutschland bzw. in den
Industrienationen, sondern auch in den Entwicklungslän-
dern. Es gebe kein spezielles Schutzsystem für ältere Men-
schen. Hierüber werde sei längerem innerhalb der UN debat-
tiert. Es gebe zu diesem wichtigen Bereich keine UN-
Konvention. Diese wäre aber notwendig, weil insbesondere
sehr alte Menschen, ebenso wie Kinder, eine vulnerable
Gruppe seien, da sie auf die Hilfe Dritter angewiesen seien.
Es gebe zwar völkerrechtliche Verträge, wie zum Beispiel
das Internationale Übereinkommen zum Schutz der Rechte
aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehöriger
oder die Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit
Behinderungen, die Diskriminierungen aufgrund des Alters
verbieten. Tatsache sei aber, dass ältere Menschen noch im-
mer intensiv diskriminiert würden. Der UN-Menschen-
rechtsrat fordere einen spezifischen Schutz und eine legisla-
tive Neuregelung. Man sehe aber, dass diese Debatten an der
Bundesregierung bzw. an den sie tragenden Parteien vorbei-
gingen. Das habe auch die Debatte im Deutschen Bundestag
über dieses Thema deutlich gemacht. Man genüge dem inter-
nationalen Ansatz des vorliegenden Antrags nicht, wenn
man auf das soziale Sicherungssystem in Deutschland allein
rekurriere. Deswegen fordere die Fraktion der SPD, dass
sich die Bundesregierung auf internationaler Ebene für die
(AGG) einbringen und auf internationaler Ebene die men-
schenrechtliche Situation Älterer positiv beeinflussen.

terer beschäftige. Es gehe ferner um die Situation bei
Heimunterbringungen von Menschen. Das könne man natio-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/13220

nal regeln und lösen. Vor dem Hintergrund der demografi-
schen Entwicklung in vielen Ländern der Welt sei dieser An-
trag sehr wichtig, da er die Unterstützung für die Erarbeitung
dieser UN-Konvention für Ältere durch die Bundesregierung
einfordere. Man bitte um Zustimmung für diesen Antrag.

Die Fraktion der FDP hielt dem entgegen, man werde nicht
zustimmen. Die Fraktion der SPD habe den Fokus des An-
trags sehr stark auf die internationale Ausrichtung gelegt.
Man könne darüber streiten, ob von Seiten der UN hier wirk-
lich Verbesserungen möglich sind. Der Antrag habe vor al-
lem aber auch einen innenpolitischen Teil. Und dieser reiche
schon vollkommen für eine Ablehnung. Die Bundesregie-
rung habe im vergangenen Jahr eine Demografie-Strategie
auf den Weg gebracht, bei der Maßnahmen und Aufgaben-
felder konkret benannt und Handlungsziele beschrieben sei-
en, ebenso die Wege, wie man zu diesen Zielen komme. Hier
gehe es um die Stärkung der Familienstrukturen, gerade auch
mit Blick auf den generationenübergreifenden, einander un-
terstützenden Zusammenhalt. Man habe Ziele formuliert,
wie die gesellschaftliche und berufliche Teilhabe Älterer ge-
sichert werden könne, gerade auch mit Blick auf die notwen-
digen Änderungen und Fortschritte im Bereich von Pflege
und Gesundheit. Man habe sich dazu bekannt, welche Ver-
änderungen bzw. welche Herausforderungen bevorstehen,
wenn es um die Erhaltung bzw. Verbesserung des Lebensum-
feldes von Älteren und um die bedarfsgerechte Mobilität-
sicherstellung und deren Ausbau gehe. Man habe darüber hi-
naus die Grundsicherung im Alter finanziell komplett vom
Bund übernommen. Das sei eine große Leistung, die nicht
nur die Kommunen finanziell entlaste, sondern die finanziel-
le Situation dieser Grundsicherungsleistung auf Dauer stabi-
lisiere. Im Bereich der Pflege habe man einiges auf den Weg
gebracht. Seit dem 1. Januar 2013 gebe es aus der Pflegever-
sicherung Leistungen für Demenzerkrankungen. Das sei
sehr wichtig, da zunehmend Familien bzw. demenzkranke
Menschen in der Pflege auf Unterstützung angewiesen seien.
Nun gebe es nicht nur Leistungen für körperliche Einschrän-
kungen, sondern auch psychische Einschränkungen wie De-
menz würden zukünftig unterstützt. Man müsse erkennen,
dass glücklicherweise immer noch der weitaus überwiegen-
de Teil der Pflegebedürftigen in Familien gepflegt werde.
Deshalb sei es so wichtig gewesen, gerade diese Familien-
strukturen zu stärken. Auch habe man den Mindestlohn in
der Pflege in dieser Legislaturperiode eingeführt. Im Bereich
der Pflege und im Sinne der Pflegebedürftigen sei es ferner
wichtig, dass man die Bedeutung der Pflegedokumentation
bei der Beurteilung der Qualität von Pflege gegenüber der in
Augenscheinnahme der Patienten abgestuft habe. Das seien
alles wichtige Maßnahmen, an denen erkennbar sei, dass die
Situation Älterer für die Regierungskoalition im Mittelpunkt
der Politik stehe. Auch die Forderung des Antrags nach
8,50 Euro Mindestlohn führe zu der Ablehnung. Es wäre
klug von Seiten der Opposition, Anträge nicht mit den eige-
nen Wahlkampfschlagern zu überladen, um die Ernsthaf-
tigkeit der Zustimmungsfähigkeit glaubhaft zu machen.
8,50 Euro Mindestlohn würden mit Blick auf die Altersar-
mut nicht weiter helfen. Denn, um über die Grundsicherung
zu kommen bei 35 Beitragsjahren, brauche man einen Min-
destlohn von 10,40 Euro. Man lehne das aber nicht deswegen
ab, sondern man sage, dass 8,50 Euro flächendeckend, bran-

denfalls in Teilen des Arbeitsmarktes und in bestimmten
Regionen. Mit der branchen- und flächenübergreifenden
Einführung eines Mindestlohnes von 8,50 Euro würde man
gerade den unterbrochenen Erwerbsbiografien, die ja haupt-
ursächlich seien für Altersarmut, nichts entgegensetzen, son-
dern diese unterbrochenen Erwerbsbiografien weiter beför-
dern. Sinnvoll wären Lohnuntergrenzen branchendifferen-
ziert und regional differenziert nach der Leistungsfähigkeit
der Branchen und der Regionen. Das würde helfen auch im
Blick auf die finanzielle Situation des Einzelnen im Alter.

Die Fraktion DIE LINKE. erläuterte, dass sie 10 Euro
Mindestlohn fordere und ihr der Antrag der Fraktion der
SPD nicht weit genug gehe. Man werde sich deshalb bei der
Abstimmung enthalten. Es sei klar, dass so eine allgemeine
Forderung von Mindestlohn ohne konkrete Höhe nicht aus-
reicht, um Altersarmut effektiv zu bekämpfen. Man könne
sich vorstellen, zu dem Thema eine Anhörung durchzufüh-
ren. Im Forderungsteil des Antrags fehlten viele Dinge, die
nun von der Fraktion der FDP angesprochen worden seien.
Bei deren Ausführungen habe es aber eher so geklungen,
dass die Regierung schon auf gutem Weg sei und alles richtig
mache. Aber genau dieser Regierungsweg hätte in dem An-
trag viel mehr kritisiert werden müssen. Der Antrag reiche
nicht aus. So komme das Heimrecht bzw. der Pflegebereich
gar nicht vor. Viele Menschen würden durch Familienange-
hörige gepflegt. Das fehle völlig. Auch kämen Finanzie-
rungsfragen zu kurz oder müssten präziser formuliert wer-
den. Das Thema Seniorenbeiräte werde ebenfalls nicht kon-
kret genug behandelt. Es gebe bei einigen Kommunen schon
solche Beiräte, es müsse aber geklärt werden, welche Rech-
te, Pflichten und Möglichkeiten diese generell haben sollen.
Das Generationenmiteinander müsse weiter ausgebaut oder
verstärkt werden. Auch das fehle in dem Papier, das insge-
samt zu oberflächlich sei. Ferner stünden die wichtigen For-
derungen zum gesetzlichen Mindestlohn, fairen Löhnen und
Tarifvereinbarungen zur Verhinderung von Altersarmut zu
weit hinten im Antrag. Man brauche eine Analyse der politi-
schen Ursachen und der gesellschaftlichen Entwicklung im
Bereich des Niedriglohnsektors, der in einigen Regionen oft
noch sehr stark ausgeprägt sei.

Die Fraktion der CDU/CSU betonte, dass die bestehenden
Konventionen zum Schutze der Frauenrechte, der Behinder-
tenrechte und anderer sogenannter WSK-Rechte viele der
spezifischen Probleme älterer Menschen mit ein schließen.
Auch verbürge Artikel 25 der Charta der Grundrechte der
EU von 2009 das Recht älterer Menschen auf ein würdiges
und unabhängiges Leben und auf Teilhabe am sozialen und
kulturellen Leben. Eine Umsetzung derselben ist dringend
geboten. Altersdiskriminierung, die sich schon in Begriff-
lichkeiten wie „Überalterung“ der Gesellschaft spiegele, und
sich am extremsten in einer drohenden Altersarmut bzw.
einer mangelnden Teilhabe am gesellschaftlichen Leben aus-
drücke, sei eine Realität auch in Deutschland, der es ent-
schieden zu begegnen gilt. Die persönliche Situation und im
Einzelfall bestehende Notlage älterer Menschen dürfe nicht
ignoriert werden. Weitere Herausforderungen für Deutsch-
land sind altersbedingte Krankheiten und stereotype Ein-
stellungen, die zu diskriminierendem Verhalten gegenüber
älteren Menschen führen. Es gibt Diskriminierung im Er-
chenübergreifend am Ende gerade die Schwächsten treffen
würde und ihnen den Einstieg in Arbeit verwehren würde, je-

werbsleben, beim Abschluss von Versicherungen und soziale
Isolation. Auch Misshandlungen im Pflegebereich sind be-

Drucksache 17/13220 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

kannt: körperliche Misshandlung durch Festhalten, emotio-
nale Misshandlung durch Beschimpfung oder in Form von
Vernachlässigung. Zudem gibt es Menschenrechtslücken im
Hinblick auf institutionelle und private Pflege. Dafür sind di-
verse politische Weichen gestellt worden und weiterhin zu
stellen, die die Bereiche Arbeit und Soziales ebenso wie Ge-
sundheit und andere betreffen. Auch eine breite gesellschaft-
liche Debatte über den Umgang mit alten Menschen sei not-
wendig. Die Fraktion der CDU/CSU glaube jedoch, dass es
derzeit nicht erforderlich sei, eine spezielle Konvention für
ältere Menschen zu erarbeiten, da es vorhanden Verträge und
Konventionen eine ausreichende Rechtsgrundlage für die
notwendigen Einzelgesetze und die gesellschaftliche Debat-
te darstelle. Die Fraktion der FDP habe ja bereits auf die Bei-
spiele hingewiesen, mit denen deutliche Signale gesetzt wor-
den seien. Die Bundesregierung werde ausreichend zum
Handeln aufgefordert. Der Antrag werde abgelehnt, das The-
ma aber weiter verfolgt. Dabei werde man sich von Artikel
10 des Madrid International Plan of Action on Ageing leiten
lassen: Das Potenzial älterer Menschen ist eine mächtige
Grundlage für die zukünftige Entwicklung. Es befähigt zu-
nehmend die Gesellschaft, sich auf die Fähigkeiten, die Er-
fahrung und die Weisheit älterer Menschen zu verlassen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betonte, man
könne aus diesen Beiträgen ableiten, dass der Antrag nicht
gelesen wurde. In dem Antrag werde zwar von Mindestlohn
gesprochen, die Höhe aber nicht angegeben. Da habe man
den Rednern etwas falsches aufgeschrieben. Die Höhe des
Mindestlohnes – nämlich 8,50 Euro – sei Beschlusslage der
Fraktion der SPD und auch der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN, das stehe aber nicht im Antrag. Deswegen sei es
manchmal hilfreich, nicht nur den Sprechzettel der Regie-
rung vorzulesen, sondern sich den Gegenstand der Debatte
selbst anzuschauen. In dem Antrag stehe eben nur drin, wel-
che Mindeststandards gegeben werden sollten. Man wolle
dies im innenpolitischen Teil mit Blick auf menschenrecht-
liche Vereinbarungen herunterbrechen, um festzustellen,
was menschenrechtlichen Mindestanforderungen sein müss-
ten. Deshalb werde man natürlich keine feste Zahlen hinein-
schreiben, da sich die Welt verändert und damit auch der
Wert der Währung und der Wert der Arbeitsstunde. Dies sei
ja kein Antrag zur Gestaltung der Altenpolitik in Deutsch-
land, sondern er gebe an bestimmten Punkten vor, an wel-
chen Stellen man auf menschenrechtliche Mindeststandards
achten müsse. Einige Punkte, die die Fraktion DIE LINKE.
kritisiert habe, stünden deshalb zu Recht nicht in dem Papier.
Nicht alles, was altenpolitisch richtig ist, sei schon ein men-
schenrechtlicher Mindeststandard, sondern es sei vielleicht
sozialpolitisch und finanzpolitisch klug, vielleicht auch hu-
man wünschenswert, aber nicht immer zwingend ein Min-
deststandard. Deshalb stimme man dem Antrag der Fraktion
der SPD zu. Man finde den Gedanken einer UN-Konvention
richtig. Die Fraktion der CDU/CSU habe gesagt, dass sie
noch nicht so weit sei. Vielleicht sei das ja ein Hinweis da-
rauf, dass sie im Jahre 2020 mal darüber nachdenken werde.
Man selber halte die Konvention für richtig, da man gesehen
habe, dass es auch hilft, wenn man bestimmte Menschen-
gruppen, die besonders vulnerabel sind, zusätzlich mit UN-
Konventionen schützt. Das habe man bei der UN-Kinder-
rechtskonvention und ganz neu auch mit der UN-Behinder-

weltweit müsse dafür gesorgt werden, dass man auf die be-
sonderen Verletzlichkeiten älterer Menschen achtet und sich
bewusst sei, dass, wenn man darauf keine Rücksicht nimmt,
dies eine Verletzung von deren Menschenrechten ist. Für die
Verrechtlichung von Menschenrechten, in der man ohnehin
die Perspektive zu ihrer Durchsetzung am stärksten sehe, sei
dies ein richtiger Gedanke. Im Übrigen werde die Debatte ja
nicht mit Annahme des Antrages abgeschlossen. Und mit
Blick auf den Hinweis der Schutzfunktion von EU-Verträgen
müsse festgehalten werden, dass eine UN-Konvention auch
die alten Menschen in Russland, in China, in Afrika einbe-
ziehe. Für diese würden die EU-Verträge und die Europäi-
sche Menschenrechtskonvention nicht gelten. Deshalb sei
das Instrument eines UN-Paktes zu einem bestimmten Vor-
haben immer auch ein Versuch, weltweit den Mindeststan-
dard zu definieren. Man sollte sich auch nicht damit begnü-
gen, den Mindeststandard gerade mal so zu erreichen.
Deutschland sei ein Land mit einer sehr entwickelten Sozial-
staatlichkeit und mit hohen Menschenrechtsstandards. Man
solle sich deshalb bemühen, dass es nicht nur national besser
werde, sondern dass es auch woanders, wo alles im argen lie-
ge, ebenfalls besser werden könne.

Die Fraktion der SPD ergänzte, bei den Redebeiträgen der
Koalitionsfraktionen seien einige Dinge miteinander ver-
wechselt worden. Der Ausschuss befasse sich nicht nur mit
den Menschenrechten in den auswärtigen Beziehungen, son-
dern man müsse die auswärtigen Beziehungen auch immer
mit der eigenen Situation in Deutschland verknüpfen. Da sei
es wichtig, dass man auf die Menschenrechtsverletzungen
und die Situationen, wo Menschenrechte von Älteren ver-
letzt werden können, in einem solchen Antrag hinweist. Zur
Diskriminierung Älterer gebe es jede Menge Unterlagen und
Material. Sie empfehle die Lektüre der Berichte der Leiterin
der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Menschen wür-
den bei Heimunterbringung häufig schlecht behandelt und
seien in einer schlechten menschenrechtlichen Lage, weil sie
abhängig sind von Dritten, die sie pflegen müssen und weil
sie abhängig sind von der Situation im Heim. Deswegen sei
es menschenrechtlich wichtig, dass man sich mit dem Heim-
recht der Länder und den Kontrollen im Heimbereich be-
schäftige, um diese Menschenrechtsverletzungen nicht ge-
schehen zu lassen. Da sehe man Defizite. Man brauche recht-
liche Grundlagen für die Beteiligung von älteren Menschen.
Das sei auch eine Frage der Mitbestimmungsrechte. Die
rechtliche Situation von Mitbestimmung in den Kommunen
etc. sei in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich
geregelt. Die Seniorenbeiräte in den Ländern und Kommu-
nen sollten aber nach einheitlichen rechtlichen Grundlagen
agieren. Da seien Defizite, die der Antrag aufnimmt. Der
Antrag beschäftige sich nicht damit, dass im Bereich der
Pflegeversicherung vielleicht das eine oder andere passieren
müsse. Wobei man übrigens glaube, dass die 0,1 Prozent
Aufstockung der Beiträge im Bereich der Pflegeversiche-
rung, dem Defizit Demenz etc. nicht gerecht werde. Man
hätte in den Antrag auch reinschreiben können, dass das
selbstbestimmte Leben im Alter nicht unbedingt dadurch ge-
fördert worden sei, dass das Programm der KfW Banken-
gruppe für den Ausbau von Wohnungen im Falle einer Pfle-
ge und dass der Sozialstaat finanziell zurückgefahren wur-
den. Man habe das aber nicht aufgenommen, weil dies zu
tenkonvention gemacht. Vielleicht brauche man die UN-
Konvention für Ältere nicht zwingend für Deutschland, aber

eng gefasst sei. Im Menschenrechtsausschuss müsse man
sich auf die menschenrechtliche Lage der Menschen be-

Aber man habe so viel auf den Weg gebracht, dass man die-
sen Antrag schon deshalb nicht brauche.

Die Fraktion der FDP verwies ergänzend auf die Plenar-
debatte zu diesem Antrag, bei der man bereits darauf hinge-
wiesen habe, dass die 8,50 Euro Mindestlohn nicht im An-
trag stünden. Insofern stimme, dass man sich jetzt falsch
ausgedrückt habe. In der Sache gehe es darum, dass der An-
trag einen gesetzlichen Mindestlohn fordere. Das bedeute,
dass der Staat und der Bundestag die Lohnhöhe festlege.
Auch werde eine erhöhte Tarifbindung gefordert. Wie sich
aber die Tarifbindung erhöhen werde, wenn der Staat die
Löhne festlege, wisse man nicht. Der gesetzliche Mindest-
lohn stehe aber im Zusammenhang mit der Bekämpfung der
Altersarmut. Und da gelte, dass ein Mindestlohn von
8,50 Euro – und es sei ja allgemein bekannt, dass die SPD
einen Mindestlohn von 8,50 Euro fordere – dem Ziel, Alters-
armut zu bekämpfen, nur wenig näher rücke.

hen würden, aber nicht systematisch betrachtet würden. Und
es gebe Entwürdigungen, zum Beispiel in den Heimen. Und
die wenigen Institutionen, die dagegen vorgehen sollten und
könnten, seien sehr schwach. Die Antidiskriminierungsstelle
hat sich dieses Problems angenommen. Die Antidiskriminie-
rungsstelle seit ja ein ungeliebtes Kind der gegenwärtigen
Regierung, aber auch die Antifolterstelle, die Extremfälle
der Heime betrachten sollte, insbesondere geschlossene,
werde nicht vernünftig ausgestattet. Mindestens dieser Anti-
diskriminierungsbereich würde in einer UN-Konvention
ganz anders aufscheinen. Man könne da auf den Prozess der
Erarbeitung setzen. Das gelte auch für Deutschland. Wenn es
dann Berichtspflichten gebe, gebe es auch entsprechenden
Empfehlungen von anderer Seite. Deshalb stimme man die-
sem Antrag mit steigendem Alter immer beherzter zu.

Berlin, den 17. April 2013

Frank Heinrich
Berichterstatter

Angelika Graf (Rosenheim)
Berichterstatterin

Pascal Kober
Berichterstatter

Katrin Werner
Berichterstatterin

Tom Koenigs
Berichterstatter
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/13220

schränken, sonst schreibe man ein sozialpolitisches Buch.
Hier rate man, doch all die sozialpolitischen und seniorenpo-
litischen Anträge, die die SPD geschrieben habe, auch ein-
mal zu lesen.

Die Fraktion der CDU/CSU erwiderte, es sei vieles ange-
sprochen worden, was man im Auge behalten müsse, auch
im eigenen Land. Auf das, was sich in anderen Ländern be-
wege, habe man nur begrenzte Einflussmöglichkeiten. Da
könne man nicht mehr tun, als die Stimme zu erheben. Im
eigenen Land hätten die Bundesregierung und alle unionsge-
führten Bundesregierungen zuvor für den Bereich der älteren
Menschen mehr getan als viele andere. Man habe die Pflege-
versicherung eingeführt. Und man nehme auch das, was sich
in Heimen an Defiziten zeige, ernst. Es sei zu Recht gesagt
worden, dass nicht alles aufgeführt worden sei. So fehle,
dass es eine Altersgrenze in vielen Bereichen gebe, die abge-
schafft werden solle. Im Bereich der Kommunalpolitik sei
völlig außer Acht gelassen worden, dass ein Bürgermeister
in Hessen zum Beispiel mit 68 nicht mehr als Bürgermeister
gewählt werden kann. Man könne das bundesweit regeln.

Der Vorsitzende erläuterte, dass die Erarbeitung einer UN-
Konvention bei den schon genannten Konventionen der Kin-
derrechte und auch der Behindertenrechte dazu geführt habe,
dass man sehr viel genauer die Diskriminierungstatbestände
ermittele und auch statistisch erhebe und angehe. Ein Diskri-
minierungstatbestand sei schon angesprochen worden, dass
in manchen Gesetzen völlig irrationale Altersgrenzen seien.
Zum Beispiel in Landesgesetze, wo man sich frage, wieso
das die Regierungen nicht ändern. Zudem gebe es eine öko-
nomische Diskriminierung im Arbeitsleben. Die Integration
von Alten in das Arbeitsleben werde nicht hinreichend ge-
fördert. Alle, die über 50 sind hätten da Schwierigkeiten. Das
müsse aber nicht so sein. Die ganzen demografischen Pro-
bleme, die immer wieder von den Medien akzentuiert wür-
den, gebe es in den Nachbarländer nicht, weil diese gerade
die Integration der Alten in das Arbeitsleben stärker förder-
ten. Zudem gebe es in den Institutionen eine Diskriminie-
rung. Hier müsse die Beteiligung der Alten systematisch ge-
fördert werden. Schließlich sei auch die interpersonelle
Diskriminierung nicht völlig aus der Welt. Es gebe Gewalt
gegen Alte, wirkliche Extremfälle, die immer wieder gese-

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