BT-Drucksache 17/13209

Polizei- und Zolleinsätze im Ausland (Stand: erstes Quartal 2013)

Vom 23. April 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/13209
17. Wahlperiode 23. 04. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Jan van Aken, Christine Buchholz,
Dr. Dieter Dehm, Sevim Dag˘delen, Wolfgang Gehrcke, Annette Groth,
Heike Hänsel, Inge Höger, Andrej Hunko, Harald Koch, Niema Movassat, Petra Pau,
Jens Petermann, Paul Schäfer (Köln), Frank Tempel, Alexander Ulrich und der
Fraktion DIE LINKE.

Polizei- und Zolleinsätze im Ausland (Stand: erstes Quartal 2013)

Auslandseinsätze von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten entwickeln sich
immer mehr zu einem Mittel deutscher und EU-Außenpolitik. Die Militärdok-
trin der Europäischen Union (EU), die Europäische Sicherheitsstrategie, sieht
ausdrücklich den kombinierten Einsatz militärischer und ziviler (d. h. auch
polizeilicher) Mittel vor, um „einen besonderen Mehrwert“ zu erzielen.

Diese Entwicklung ist aus mehreren Gründen besorgniserregend.

So leistet sie der Vermischung von polizeilichen und militärischen Zuständig-
keiten Vorschub. Die Grenzen zwischen Polizei und Militär drohen zu ver-
schwimmen. Das gilt umso mehr, als gerade bei Einsätzen in Kriegs- und
Krisengebieten, Polizisten immer wieder in lebensbedrohliche Situationen
kommen. Diese Situationen dienen dann wiederum als Legitimation für eine
Aufrüstung der Polizei bis hin zu Überlegungen, schwerbewaffnete Einheiten
der Bundespolizei speziell für Auslandseinsätze aufzustellen.

Hinzu kommt, dass für polizeiliche Auslandseinsätze keinerlei parlamentarische
Zustimmung erforderlich ist. Je nach Rechtsgrundlage ist noch nicht einmal die
Information des Deutschen Bundestages vorgeschrieben. Damit wird ein wich-
tiger Bereich der Außenpolitik der parlamentarischen Kontrolle entzogen.
Bedenklich ist dies vor allem wegen der gerade bei Einsätzen in Kriegs- und Kri-
sengebieten stets vorhandenen Eskalationsgefahr. Bei Einsätzen aufgrund des
§ 65 des Bundespolizeigesetzes (BPolG) hat der Deutsche Bundestag nicht ein-
mal ein verbrieftes Rückholrecht.

Ähnliches gilt für Einsätze von Zollbeamtinnen und Zollbeamten.

Schließlich gewinnen internationale Einsätze innerhalb der EU zunehmend an
Bedeutung. Einsätze ausländischer Polizisten in Deutschland sowie deutscher
Polizisten im (EU-)Ausland auf der Grundlage des Prümer Vertrages oder bila-
teraler Abkommen unterliegen ebenfalls keiner parlamentarischen Kontrolle.
Wir fragen die Bundesregierung:

1. An welchen Missionen auf Grundlage von § 8 Absatz 1 BPolG sind deutsche
Polizistinnen und Polizisten (bitte nach Bundesländern, Zugehörigkeit zur
Bundespolizei bzw. zum Bundeskriminalamt – BKA aufgliedern) sowie Zoll-
beamtinnen und Zollbeamte derzeit beteiligt?

Drucksache 17/13209 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

a) Wie viele deutsche Polizistinnen und Polizisten sowie weiteres ziviles
Personal (bitte nach Zugehörigkeit zu Bundesländern, Bundespolizei,
BKA u. a. aufgliedern) sowie Zollbeamtinnen und Zollbeamte sind dabei
jeweils eingesetzt?

b) An welchen Orten und in welchen Stäben, Einrichtungen und Stellen sind
sie tätig (bitte jeweils die einzelnen Personalzahlen angeben)?

c) Welche tatsächliche Gesamtstärke hat die Mission derzeit?

d) Welche Missionen mit deutscher Beteiligung sind im vierten Quartal 2012
neu hinzugekommen (bitte die rechtliche Grundlage sowie Mandatsgeber
und Missionsträger angeben, die Mandatsobergrenze nennen sowie den
Auftrag der eingesetzten deutschen Kräfte bezeichnen), und inwiefern hat
es Mandatsänderungen bei den bereits bestehenden Missionen gegeben?

e) Wann wird die Mission voraussichtlich beendet sein?

f) Inwieweit beabsichtigt die Bundesregierung eine Veränderung hinsicht-
lich der Art und/oder des Umfangs der deutschen Beteiligung, und bis
wann soll diese umgesetzt sein (bitte ggf. konkrete Angaben machen und
Zahlen zu den einzelnen Missionen bzw. Einsätzen nennen)?

2. An welchen Einsätzen auf Grundlage von § 65 Absatz 2 BPolG (ohne kurz-
fristige Ausbildungslehrgänge im Sinne nachfolgend aufgeführter Fragen)
waren bzw. sind deutsche Polizistinnen und Polizisten sowie Zollbeamtinnen
und Zollbeamte im ersten Quartal 2013 beteiligt (bitte nach Bundesländern,
Zugehörigkeit zur Bundespolizei bzw. zum BKA aufgliedern)?

a) Wie viele deutsche Polizistinnen und Polizisten sowie weiteres ziviles
Personal (bitte nach Zugehörigkeit zu Bundesländern, Bundespolizei,
BKA u. a. aufgliedern) sowie Zollbeamtinnen und Zollbeamte waren bzw.
sind dabei jeweils eingesetzt?

b) An welchen Orten und in welchen Stäben, Einrichtungen und Stellen
waren bzw. sind sie tätig (bitte jeweils die einzelnen Personalzahlen ange-
ben)?

c) Welche tatsächliche Gesamtstärke hat der Einsatz derzeit?

d) Welche Einsätze mit deutscher Beteiligung sind im ersten Quartal 2013
neu hinzugekommen und inwiefern hat es relevante Änderungen (vor
allem Auftrag, Zweck, Durchführung und Kräfteansatz) bei den bereits
bestehenden Einsätzen gegeben?

3. Welche Informationen liegen der Bundesregierung bezüglich sicherheitsrele-
vanter Vorfälle vor, in die deutsche Polizistinnen und Polizisten sowie Zoll-
beamtinnen und Zollbeamte im ersten Quartal 2013 involviert bzw. denen sie
ausgesetzt waren?

4. Wie bewertet die Bundesregierung die politische und militärische Gefähr-
dungslage in den jeweiligen Einsatzgebieten (bitte Veränderungen darstel-
len)?

5. Wie viele Verbindungsbeamtinnen und Verbindungsbeamte des BKA halten
sich derzeit in welchen Ländern auf (bitte jeweils die Einsatzländer und -orte
sowie die zugehörige Zahl von Beamtinnen und Beamten angeben)?

6. Wie viele deutsche Polizeibeamte werden derzeit im Ausland als

a) Dokumentenberater,

b) Sicherheitsbeamte,

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/13209

c) Grenzpolizeiliche Verbindungsbeamte,

d) Unterstützungskräfte sowie Berater in Fragen der Grenzsicherheit

eingesetzt (bitte jeweils, d. h. zu jedem Unterpunkt, Einsatzland und -ort so-
wie die Zahl der eingesetzten Polizeibeamten nennen und angeben, ob sie
vom BKA, der Bundespolizei oder einer Länderpolizei gestellt werden)?

e) In welche der durch Verordnung (EG) Nr. 377/2004 des Rates zur Schaf-
fung eines Netzes von Verbindungsbeamten für Einwanderungsfragen ge-
schaffenen örtlichen oder regionalen Kooperationsnetze der Verbindungs-
beamten der EU-Staaten für Einwanderungsfragen sind die in der Frage 6c
und 6d genannten Kräfte eingebunden?

7. Wie viele deutsche Polizeibeamte wurden im ersten Quartal 2013 im Rahmen
der Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außen-
grenzen (FRONTEX) eingesetzt

a) als Dokumentenberater im Rahmen welcher Operationen und an welchen
Standorten,

b) als Mitarbeiter in der Warschauer Zentrale (bitte mit der jeweiligen Funk-
tion auflisten),

c) als Teilnehmer von Operationen zur Überwachung und Kontrolle der Außen-
grenzen, die deutsches Gerät aus dem FRONTEX-Ausrüstungspool
(CRATE) bedienen (bitte mit Einsatzstandorten und jeweiligem Tätig-
keitsprofil nennen),

d) als Mitglieder der „europäischen Grenzschutzteams“ im Rahmen von ge-
meinsamen Aktionen, Pilotprojekten oder für Soforteinsätze zu Grenzsi-
cherungszwecken (bitte einzeln aufführen),

e) im Rahmen gemeinsamer Rückführungsmaßnahmen unter der Koordina-
tion der FRONTEX (bitte mit dem jeweiligen Zielstaat der Maßnahme,
teilnehmenden EU-Staaten, Gesamtkosten und deutschem Kostenanteil
auflisten),

f) und wie viele Erkenntnismeldungen oder sonstige Mitteilungen zu beson-
deren Ereignissen gab es von Seiten der deutschen Kräfte an das Bundes-
polizeipräsidium, und was war Inhalt dieser Meldungen?

8. An welchen weiteren internationalen Einsätzen, auf der Grundlage des Prü-
mer Vertrages oder entsprechender bilateraler Abkommen (ausgenommen
die sogenannte Nacheile) haben deutsche Polizisten – soweit die Bundes-
regierung Kenntnis davon hat – im ersten Quartal 2013 teilgenommen?

a) Wann und wo fanden diese Einsätze jeweils statt (bitte angeben, in welchen
Einheiten bzw. in welchen Stäben bzw. Dienststellen usw. die deutschen
Polizeikräfte eingesetzt waren)?

b) Was waren Anlass und Zweck der Einsätze?

c) Wie viele deutsche Polizisten waren daran beteiligt (bitte Herkunft nach
Länderpolizeien, Bundespolizei und BKA angeben)?

d) Von wem ging das Ersuchen aus?

e) Inwiefern haben die deutschen Polizisten von ihrer Befugnis zur Anwen-
dung unmittelbaren Zwangs Gebrauch gemacht?

f) Welche Einsatzmittel und Fahrzeuge aus deutschen Beständen wurden je-
weils mitgeführt?

Drucksache 17/13209 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
9. Welche Ausbildungsmaßnahmen für ausländische Sicherheitskräfte haben
deutsche Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte im ersten Quartal 2013
durchgeführt, bzw. an welchen waren sie beteiligt (bitte sowohl bereits ab-
geschlossene als auch aktuell stattfindende sowie fortgesetzte Maßnahmen
angeben)?

a) Wie lauten die Bezeichnungen der Maßnahmen, und wo fanden bzw. fin-
den sie statt?

b) Was sind die Ziele der Maßnahmen, und über welchen Zeitraum erstre-
cken sie sich?

c) Wie vielen und welchen ausländischen Sicherheitskräften wurde bzw.
wird welche Art der Ausbildung gewährt?

d) Worin bestanden bzw. bestehen die Aufgaben und Tätigkeiten der deut-
schen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, und in welchen Stäben,
Einrichtungen und sonstigen Stellen waren bzw. sind sie vertreten?

e) Wie viele deutsche Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte waren jeweils
an den Maßnahmen beteiligt (bitte für die einzelnen Maßnahmen detail-
liert ausweisen)?

f) Welche Kosten entstanden bzw. entstehen der Bundesrepublik Deutsch-
land für die Ausbildungsmaßnahmen, und aus welchen Haushaltstiteln
wurden diese bestritten?

10. Welche Ausbildungsmaßnahmen für ausländische Sicherheitskräfte sind für
die nächste Zukunft geplant, welche Kosten werden dem Bund dafür entste-
hen, und aus welchen Haushaltstiteln sollen diese bestritten werden (bitte
nach dem Schema der Fragen 9a bis 9f beantworten)?

11. In welchem Rahmen sind außerdem noch deutsche Polizistinnen und Poli-
zisten bzw. Zollbeamtinnen und Zollbeamte im Ausland eingesetzt, und
welche Tätigkeiten verrichten sie dort (bitte nach Einsatzländern und -orten
sowie Zugehörigkeit zu Bundesländern, BKA und Bundespolizei aufglie-
dern)?

12. Welche materiellen Ausstattungshilfen sind ausländischen Sicherheitsbe-
hörden in diesem Jahr bislang geliefert sowie zum gegenwärtigen Zeitpunkt
zugesagt, aber noch nicht geliefert worden (bitte konkreten Empfänger, je-
weilige Ausstattung und deren Wert angeben)?

Berlin, den 23. April 2013

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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