BT-Drucksache 17/13196

Entwicklung einer Meta-Suchmaschine für internationale, europäische und nationale Polizeidatenbanken durch EUROPOL

Vom 17. April 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/13196
17. Wahlperiode 17. 04. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Annette Groth, Harald Koch, Niema Movassat,
Petra Pau, Dr. Petra Sitte, Frank Tempel, Katrin Werner und der Fraktion
DIE LINKE.

Entwicklung einer Meta-Suchmaschine für internationale, europäische und
nationale Polizeidatenbanken durch EUROPOL

Bereits jetzt ist das Ziel des „Haager Programms“ von 2004 umgesetzt. Das auf
fünf Jahre angelegte Mehrjahresprogramm sah vor, das Prinzip der grenzüber-
schreitenden „Verfügbarkeit“ auch für Polizeidatenbanken umzusetzen. Auch
nach der Ausweitung existierender Informationssysteme (darunter EURODAC,
SIS, Visa Information System) ist der polizeiliche Datenhunger nicht gestillt.
Im Rahmen der Information Management Strategy (IMS) wurde festgelegt,
eine „Plattform für den Informationsaustausch von Strafverfolgungsbehörden“
(Information Exchange Platform for Law Enforcement Agencies – IXP) einzu-
richten. Europäische Polizeien sollen dann Informationen zur grenzüberschrei-
tenden Zusammenarbeit austauschen. Einen ähnlichen Vorschlag machte die
spanische EU-Ratspräsidentschaft 2010 zur Errichtung einer „Police Informa-
tion Exchange Platform“ (PIEP). Nach damaliger Präsentation des IXP durch
EUROPOL (Ratsdokument 11117/10) kämen als „Endnutzer“ zahlreiche Be-
hörden infrage, darunter „lokale, regionale und nationale Polizeibehörden,
Zoll, Küstenwache und Grenzbehörden“. Zudem werden die EU-Agenturen
FRONTEX, OLAF, EMCDDA, CEPOL, EUROJUST, EUROPOL sowie Inter-
pol genannt. Auch Nichtmitglieder der EU könnten eingebunden werden.

Abgefragt werden dann rechtliche Rahmenbedingungen ebenso wie konkrete,
verbrechensbezogene Daten (Ratsdokument 7840/13). Nutzerinnen und Nutzer
werden in drei Kategorien unterteilt. Während manche nur allgemeine Informa-
tionen einsehen dürfen, können andere auf operative Daten zugreifen. In einer
ersten Phase soll für die IXP ein Kommunikationsportal errichtet werden. Phase
Zwei soll existierende Datenbanken einbinden, um in Phase Drei die volle
Operationalität zu gewährleisten. Dann können autorisierte Beamtinnen und Be-
amte über das IXP-Portal auf das SIS II, Visa Information System, Informations-
systeme von Interpol und EUROPOL oder andere Datenbanken zugreifen. Nach
früheren Überlegungen sollte das Projekt bei der EU-Polizeiagentur EUROPOL
angesiedelt werden. Mittlerweile wird aber die Integration in die neue EU-Agen-
tur für IT-Großsysteme favorisiert. Ein entsprechendes Pilotprojekt wird von der

Europäischen Kommission finanziert. Weil für die IXP unterschiedliche Soft-
und Hardware der Zugriffsberechtigten aus 27 EU-Mitgliedstaaten synchroni-
siert werden muss, erscheint das Projekt als schwer umzusetzen. Wie beim sechs
Jahre verspäteten SIS II, dessen Fertigstellung sich um 160 Mio. Euro verteuerte
(www.netzpolitik.org „Morgen startet neue europäische Polizeidatenbank
SIS II“ vom 8. April 2013), würden immense Summen in ein datenschutzrecht-
lich bedenkliches Projekt „versenkt“: Denn die gleichzeitige Suche in mehreren

Drucksache 17/13196 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Datenbanken könnte der Profilbildung Verdächtiger dienen. Eine derartige Er-
mittlung käme aber einer Rasterfahndung gleich.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Auf wessen Initiative wurde die „Plattform für den Informationsaustausch
von Strafverfolgungsbehörden“ (IXP) in der Information Management
Strategy festgelegt, und wie hat sich die Bundesregierung seitdem dazu
positioniert?

2. Welche Details kann die Bundesregierung zu dem Vorschlag der spanischen
EU-Ratspräsidentschaft 2010 zur Errichtung einer „Police Information
Exchange Platform“ (PIEP) berichten?

3. Inwiefern steht die PIEP im Zusammenhang mit der Errichtung einer IXP?

4. Welchen Fortgang nahm die Entwicklung der PIEP, und wer ist daran mit
welchen Aufgaben beteiligt?

5. Welcher Zeitrahmen existiert für die Umsetzung einzelner Phasen der IXP,
und für wie realistisch sieht die Bundesregierung deren Umsetzung an?

6. Welche Informationen sollen nach Fertigstellung des Projekts über die IXP
getauscht werden, und wie sollen die Zugriffsberechtigungen geregelt wer-
den?

7. Welche Datenbanken sollen nach jetzigem Stand abgefragt werden können,
und welche Haltung vertritt die Bundesregierung hierzu?

8. Wie soll der Zugriff auch auf operative Daten oder Personendaten geregelt
werden?

9. Welche Daten bleiben nach jetzigem Stand von der zukünftigen Vernet-
zung innerhalb der IXP ausgenommen?

10. Inwiefern und mit welchem Ergebnis hat das Bundeskriminalamt seine Er-
fahrungen mit dem deutschen EXTRAPOL-Netzwerk innerhalb der IXP-
Initiative eingebracht?

11. Welche Datenbanken werden in EXTRAPOL eingebunden, und wer ist mit
welchen Privilegien zugriffsberechtigt?

12. In welchen Fällen werden auf welche Weise auch Personendaten im Rah-
men von EXTRAPOL verarbeitet?

13. Aus welchem Grund hat das Bundeskriminalamt die Marke „EXTRAPOL“
in Bild und Wort schützen lassen, und welche Vorteile hat die Behörde
davon?

14. Inwiefern sind deutsche Behörden von IBM oder der Albert-Ludwigs-Uni-
versität Freiburg zur Entwicklung, Beschaffung oder zum Test der von
ihnen beforschten „Crime Information Platform“ (CIP) angesprochen wor-
den, und welche gegenüber bestehenden Systemen erweiterten Funktionali-
täten erhofft sich die Bundesregierung von der CIP?

15. Welche Behörden oder sonstige Einrichtungen sollen nach jetzigem Vor-
schlag an der IXP beteiligt werden, und welche Haltung vertritt die Bun-
desregierung hierzu?

16. Inwiefern könnten auch Nichtmitglieder der EU eingebunden werden, und
welche Haltung vertritt die Bundesregierung hierzu?

17. Inwiefern könnte eine IXP auch bei der Handhabung polizeilicher Groß-
lagen, darunter Gipfelproteste, genutzt werden, und welche Haltung vertritt

die Bundesregierung hierzu?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/13196

18. Welche verschiedenen Benutzerebenen bzw. -profile werden nach derzei-
tigem Stand erwogen, und welche Haltung vertritt die Bundesregierung
hierzu?

19. Welche Aufgaben sollen „internationale Koordinatoren“ nach derzeitigem
Vorschlag in der IXP erfüllen?

20. Wo soll die IXP nach derzeitigem Stand organisatorisch und administrativ
angesiedelt werden, und welche Haltung vertritt die Bundesregierung
dazu?

21. Inwiefern müsste aus Sicht der Bundesregierung im Falle einer Ansiede-
lung bei EUROPOL oder in der EU-Agentur für IT-Großsysteme auch die
entsprechende Errichtungsanordnung der Agenturen geändert werden?

22. Auf welche Weise orientiert sich die IXP nach gegenwärtigem Stand auch
an der Einbindung des European Police Records Index System (EPRIS)?

23. Inwiefern soll auch die gleichzeitige Suche in mehreren Datenbanken er-
möglicht werden, und wie werden etwaige „Treffer“ dann ausgegeben?

24. Inwiefern kann die Bundesregierung ausschließen, dass die gleichzeitige
Suche in mehreren Informationssystemen nicht einem Data Mining gleich-
kommt, zumal EUROPOL diese Funktionalität für die Analyse seiner
Datenbanken seitens der Europäischen Kommission attestiert wird (Kom-
missionsdokument E-000171/2012)?

25. Welche Vorschläge existieren für die in der IXP genutzten Sprachen, und
welche Haltung vertritt die Bundesregierung hierzu?

26. Welche Kosten sind für die Vorbereitung eines IXP bereits entstanden, wel-
che weiteren Kosten werden (auch auf nationaler Ebene) erwartet, und wie
wurden bzw. werden diese übernommen?

27. Welche Firmen haben hierfür bereits Aufträge für welche Maßnahmen und
in welchem finanziellen Umfang erhalten?

28. Welche technische Infrastruktur hält die Bundesregierung hinsichtlich der
Umsetzung der IXP für am besten geeignet?

29. Inwiefern könnte die IXP nach gegenwärtigem Vorschlag oder bereits ge-
führten Diskussionen auf bestehenden Infrastrukturen, etwa die PCCC,
SISNET oder SIENA aufbauen?

30. Für wie realistisch hält die Bundesregierung die Durchführung des Projek-
tes in allen vorgesehenen Phasen nicht nur hinsichtlich technischer und
finanzieller Aspekte?

31. Welche Risiken sieht die Bundesregierung im Falle der Umsetzung der
IXP?

32. Inwiefern wurden zur Umsetzung der IXP datenschutzrechtliche Exper-
tisen eingeholt, und von wem wurden diese erstellt?

33. Worin besteht nach Ansicht der Bundesregierung der Mehrwert des Up-
grades vom Schengener Informationssystem zum jetzigen SIS II?

34. Welche Gesamtkosten und welche durch die Verspätung bedingten Mehr-
kosten entstanden im Zuge der Fertigstellung des SIS II, und wie wurden
diese jeweils übernommen?

Berlin, den 17. April 2013
Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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