BT-Drucksache 17/13184

Rüstungsexporte nach Ägypten - Zulieferung deutscher Rüstungsgüter für den Radpanzer Fahd

Vom 18. April 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/13184
17. Wahlperiode 18. 04. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jan van Aken, Paul Schäfer (Köln), Christine Buchholz,
Annette Groth, Stefan Liebich, Niema Movassat, Katrin Werner und
der Fraktion DIE LINKE.

Rüstungsexporte nach Ägypten – Zulieferung deutscher Rüstungsgüter für den
Radpanzer Fahd

Die ägyptische Kader Factory for Developed Industries produziert seit Mitte
der achtziger Jahre den Radpanzer Fahd. Das Fahrzeug basiert auf dem Modell
TH 390 von Thyssen Henschel (heute: Rheinmetall Landsysteme GmbH).
Schätzungen gehen davon aus, dass bis heute in Ägypten über 1 300 Stück in
verschiedenen Varianten hergestellt worden sind: u. a. als Truppentransporter,
Kommandostationen oder Minenleger (www.globalsecurity.org/military/world/
egypt/fahd-240.htm). Neben dem Fahrgestell LAP 1117/32 4×4 wurden konti-
nuierlich auch weitere Komponenten und Zulieferungen aus Deutschland ein-
gebaut, wie z. B. der Mercedes Motortyp OM 366 LA 4 (www.army-guide.com/
eng/product1070.html).

In den vergangenen Jahren wiesen die Rüstungsexportberichte der Bundes-
regierung Exportgenehmigungen für „Teile für gepanzerte Fahrzeuge“ von je-
weils mehr als 15 Mio. Euro aus. Ägypten nutzt den Radpanzer nicht nur in den
eigenen Streitkräften, sondern exportiert ihn auch. So bezogen Algerien 200,
die Demokratische Republik Kongo 30, Kuwait 110, Oman 100 und Sudan
50 Exemplare (www.army-guide.com/eng/product1070.html).

Bild- und Fotomaterial belegt, dass ägyptische Sicherheitskräfte Fahd-Rad-
panzer seit Anfang 2011 wiederholt auch bei Demonstrationen und Protesten
eingesetzt hat.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. In welchem Jahr hat die Bundesregierung den Export von Fertigungsunter-
lagen zum Bau des Radpanzers Fahd nach Ägypten genehmigt?

2. In welchem Jahr wurden nach Kenntnis der Bundesregierung die Ferti-
gungsunterlagen schließlich exportiert, und welchen finanziellen Umfang
hatte dieses Geschäft?

3. Hat die Bundesregierung die Entwicklung des TH 390 von Thyssen Hen-

schel finanziell unterstützt?

4. Hielt oder hält die Bundesregierung Patente bzw. Nachbaurechte am Ge-
samtsystem oder einzelnen Komponenten, und falls ja, in welcher Höhe und
durch welche Nutzungen der Patente bzw. Nachbaurechte sind ihr Einnah-
men zugeflossen (bitte unter Angabe des Datums der jeweiligen Zahlungs-
eingänge und des Zahlungsleisters)?

Drucksache 17/13184 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

5. Welche Bestandteile und Komponenten für den Radpanzer Fahd wurden
von 1980 bis 2003 von Ägypten aus Deutschland importiert, und bei wel-
chen dieser Lieferungen war der Export genehmigungspflichtig, und bei
welchen nicht (bitte nach Jahren aufschlüsseln)?

6. Wie viele Genehmigungen für den Export von welchen Komponenten für
den Radpanzer Fahd wurden in den vergangenen zehn Jahren erteilt (bitte
nach Jahren und Wert der Genehmigungen aufschlüsseln)?

7. Falls es sich bei den in den Rüstungsexportberichten der Bundesregierung
aufgeführten Genehmigungen gemäß Kategorie A0006 der Ausfuhrliste für
Teile von gepanzerten Fahrzeugen nicht um Zulieferungen für die Produk-
tion des Radpanzers Fahd gehandelt hat, für welche Fahrzeuge im Einzel-
nen wurden diese Genehmigungen dann erteilt?

8. Um welches Fahrzeug handelte es sich bei der im Jahr 2007 von der Bun-
desregierung erteilten Exportgenehmigung nach Ägypten für einen „Mann-
schaftstransporter (Testfahrzeug)“ unter der Kategorie A0006 der Ausfuhr-
liste (Rüstungsexportbericht der Bundesregierung 2007)?

Wurde die Genehmigung genutzt, und falls ja, warum wurde die Lieferung
dieses Testfahrzeuges nicht im Bericht der Bundesregierung an das UN-
Waffenregister aufgeführt?

9. Verfügt die Bundesregierung über Informationen darüber, ob es der Kader
Factory gelungen ist, zunächst aus Deutschland bezogene Komponenten
für den Radpanzer Fahd im Verlauf der Produktionszeit nachzubauen (re-
verse engineering), und wenn ja, über welche?

10. Wie bewertet die Bundesregierung im Falle eines solchen erfolgreichen
Nachbaus die bisherige Genehmigungspraxis bei Exporten von Technolo-
gien und Herstellungsausrüstungen für Produktionslinien im Hinblick auf
die Kontrolle über die Weiterverbreitung deutscher Rüstungstechnologie,
und welche Konsequenzen werden daraus gezogen?

11. Verfügt die Bundesregierung über Informationen darüber, ob die Kader
Factory zunächst aus Deutschland bezogene Komponenten später durch
Lieferungen aus anderen Ländern substituiert hat, und wenn ja, über wel-
che?

12. Im Falle einer erfolgreichen Substituierung deutscher Komponenten aus
anderen Quellen, wie bewertet die Bundesregierung in diesem Fall ihre bis-
herige Praxis, Exporte von Technologie und Herstellungsausrüstung für
Produktionslinien zu genehmigen im Hinblick auf die Kontrolle über die
Weiterverbreitung deutscher Rüstungstechnologie, und welche Konsequen-
zen werden daraus gezogen?

13. In welche Staaten hat Ägypten den Radpanzer Fahd in welchen Konfigura-
tionen nach Kenntnis der Bundesregierung seit Produktionsbeginn expor-
tiert?

14. Welchen finanziellen Wert hat nach Kenntnis und Einschätzung der Bun-
desregierung ein Radpanzer Fahd?

15. Übersteigen die genehmigungspflichtigen Zulieferungen aus Deutschland
einen Anteil von 10 Prozent des finanziellen Wertes eines Radpanzers
Fahd, und falls nein, auf welcher Berechnungsgrundlage ist die Bundesre-
gierung zu dieser Schlussfolgerung gelangt, und wie hoch ist der Wert der
genehmigungspflichtigen Zulieferungen seit Produktionsbeginn jeweils ge-
wesen?

16. Bedarf der Export eines Fahd-Radpanzers aus Ägypten im Hinblick auf die

Festlegung der Bundesregierung, dass bei einer Zulieferung von Kompo-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/13184

nenten aus Deutschland für ein in einem Nicht-Nato-Staat bzw. einem
Nato-gleichgestellten Staat produziertes Rüstungsgut, die mehr als
10 Prozent des Gesamtwertes des mit Hilfe der zugelieferten Komponenten
hergestellten Guts ausmachen (Antwort der Bundesregierung auf die
Kleine Anfrage „Waffenexporte – Kontrolle des Endverbleibs deutscher
Kriegswaffen und Rüstungsgüter“, Bundestagsdrucksache 17/3861), der
Zustimmung der Bundesregierung?

17. Wie häufig hat sich die Bundesregierung in der Vergangenheit mit Geneh-
migungsverfahren hinsichtlich des Exports eines Fahd-Radpanzers durch
Ägypten bislang beschäftigt (bitte nach Jahren und unter Angabe des
potentiellen Käuferlandes aufschlüsseln)?

18. Hat die Bundesregierung dem Export jeweils zugestimmt, und falls ja, wel-
che außen- und wirtschaftspolitischen Interessen lagen der Zustimmung
zugrunde, und inwieweit wurden Menschenrechtskriterien berücksichtigt?

19. Für den Fall, dass ein solcher Export in der Vergangenheit zustimmungs-
pflichtig war, heute aber nicht mehr, warum hat sich die Zustimmungs-
pflichtigkeit geändert?

20. Verfügt die Bundesregierung über Informationen, ob die ägyptischen
Streitkräfte den Radpanzer Fahd gegen die Demonstranten der Demokra-
tiebewegung eingesetzt haben, und wenn ja, über welche?

21. Welche weiteren deutschen Rüstungsgüter werden in Ägypten in Lizenz
hergestellt (bitte unter Angabe des Datums der Exportgenehmigung für die
jeweiligen Fertigungsunterlagen und erfolgter bzw. genehmigter Reexporte
der Güter)?

22. Wann hat die Bundesregierung die Aussetzung des Genehmigungsverfah-
rens bzw. den Genehmigungsstopp für Rüstungsexporte nach Ägypten, die
bzw. der vor dem Hintergrund des gewaltsamen Vorgehens gegen die
Demokratiebewegung beschlossen wurde, aufgehoben?

Berlin, den 18. April 2013

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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