BT-Drucksache 17/13182

zu dem Antrag der Abgeordneten Katja Kipping, Diana Golze, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 17/12683 - Für soziale Gerechtigkeit statt gesellschaftlicher Spaltung - Bilanz nach 10 Jahren Agenda 2010

Vom 19. April 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/13182
17. Wahlperiode 19. 04. 2013

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Katja Kipping, Diana Golze,
Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 17/12683 –

Für soziale Gerechtigkeit statt gesellschaftlicher Spaltung –
Bilanz nach 10 Jahren Agenda 2010

A. Problem

Die Antragsteller wenden sich gegen Sozialabbau, die Degulierung des Arbeits-
marktes u. a. m. als Auswirkungen der „Agenda-2010“-Politik.

B. Lösung

Die Antragsteller fordern eine Umverteilung der wirtschaftlichen Erträge von
„oben nach unten“. Dazu schlagen sie eine Reihe von Maßnahmen vor, u. a.
solle ein flächendeckender Mindestlohn in Höhe von 10 Euro eingeführt und
Leiharbeit langfristig verboten werden. Ferner wird ein grundlegender Umbau
des Steuersystems und eine Ausweitung der Schutzrechte von Arbeitnehmern
angestrebt.

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD,
FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion
DIE LINKE.

C. Alternativen

Annahme des Antrags.

D. Kosten
Kostenrechnungen wurden nicht angestellt.

Drucksache 17/13182 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/12683 abzulehnen.

Berlin, den 17. April 2013

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales

Sabine Zimmermann
Vorsitzende

Markus Kurth
Berichterstatter

spielsweise müsse die Bevölkerungsentwicklung berück-
deutschland anzugleichen, Leiharbeit langfristig abzuschaf-
sichtigt werden, um die Rentenbeiträge bezahlbar zu halten.
Teilweise stelle der Antrag auch falsche Behauptungen auf.
So habe die Zahl der Vollzeiterwerbsstellen in den letzten

fen, den Grundsicherungsregelbedarf auf 500 Euro anzu-
heben und die Sanktionen für Erwerbslose komplett ab-
zuschaffen.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/13182

Bericht des Abgeordneten Markus Kurth

I. Überweisung

Der Antrag auf Drucksache 17/12683 ist in der 228. Sitzung
des Deutschen Bundestages am 14. März 2013 an den Aus-
schuss für Arbeit und Soziales zur federführenden Beratung
sowie an den Finanzausschuss und den Ausschuss für
Gesundheit zur Mitberatung überwiesen worden.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Die Antragsteller kritisieren die Auswirkungen der
„Agenda-2010“-Politik und fordern eine Umverteilung der
Wirtschaftserträge von „oben nach unten“. Ihr Konzept sieht
eine Reihe von Maßnahmen vor, zu denen eine grundlegende
Steuerreform gehört. Danach sollen Vermögende und große
Unternehmen stärker zur Finanzierung des Gemeinwesens
herangezogen werden. Hierzu ist durch eine Reform der Erb-
schafts- und Schenkungsteuer sowie die Wiedererhebung
der Vermögensteuer in Form der Millionärsteuer vorgese-
hen. Große Unternehmen sollen insbesondere durch die An-
hebung des Körperschaftsteuersatzes von 15 auf 25 Prozent,
Banken und Finanzinstitute durch die Einführung der Fi-
nanztransaktionsteuer stärker belastet werden. Ferner sollen
die Befristungsmöglichkeiten von Arbeitsverträgen stark
eingeschränkt, der Kündigungsschutz ausgebaut und Leih-
arbeit langfristig verboten werden. Ebenso sollen die Sperr-
zeiten beim Arbeitslosengeld abgeschafft und der Finanzie-
rungsbeitrag des Bundes zur Arbeitsförderung wieder einge-
führt werden. Im Bereich der sozialen Sicherungen sollen
darüber hinaus eine soziale Mindestsicherung eingeführt und
die Regelbedarfssätze auf 500 Euro angehoben werden. Für
die Rente wird ein Sicherungsniveau vor Steuern von
53 Prozent vorgesehen.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Finanzausschuss und der Ausschuss für Gesundheit
haben den Antrag auf Drucksache 17/12683 in ihren Sitzun-
gen am 17. April 2013 beraten und dem Deutschen Bundes-
tag mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der
Fraktion DIE LINKE. die Ablehnung empfohlen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den Antrag auf
Drucksache 17/12683 in seiner 130. Sitzung am 17. April
2013 abschließend beraten und dem Deutschen Bundestag
mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tion DIE LINKE. die Ablehnung des Antrags empfohlen.

Die Fraktion der CDU/CSU lehnte den Antrag ab. Er
blende die Realität aus. Bei der Rentenentwicklung bei-

etwa bei der Leiharbeit und bei der Berechnung der SGB-II-
und XII-Regelsätze. Stufentarife in der Leiharbeit würden
zunehmend branchenspezifisch von den Tarifparteien ver-
einbart, statt von der Politik verordnet zu werden. Die
Koalition sehe die Zukunftsthemen in anderen Bereichen.
Man müsse sich u. a. darum kümmern, wie Langzeitarbeits-
lose wieder einen Arbeitsplätzen finden könnten und das
System konstruktiv weiterentwickeln.

Die Fraktion der SPD kritisierte den Antrag als zu wenig
differenziert, einseitig und überzogen. Viele der darin kri-
tisierten Entwicklung hätten ganz andere Ursachen als die
„Agenda“-Politik und würden auch von der SPD bekämpft.
Fehlentwicklungen, etwa beim gesunkenen Lohnniveau,
seien teils durch Lücken der Gesetzgebung entstanden, die
man schließen müsse. So sei die Einführung eines allgemei-
nen Mindestlohns unverzichtbar. In der Leiharbeit müsse das
Prinzip des Equal-Pay durchgesetzt werden. Für all das setze
sich die SPD ein. Auf der anderen Seite verschwiege der An-
trag positive Ergebnisse, wie unter anderem die Durchset-
zung des Ganztagsschulprogramms und erfolgreiche Struk-
turveränderungen bei der Bundesagentur für Arbeit. Viele
Forderungen des Antrags seien nicht durchsetzbar und nicht
finanzierbar, ohne gleichzeitig Arbeitsplätze auf’s Spiel zu
setzen.

Die Fraktion der FDP erinnerte daran, dass eine Bilanz
positive wie negative Ergebnisse aufgreifen müsse. Positives
aber fehle in dem Antrag völlig, wie etwa die europaweite
geringste Jugendarbeitslosigkeit und die positive Entwick-
lung am Arbeitsmarkt. DIE LINKE. stelle überzogene For-
derungen, setze diese aber dann in Zeiten eigener Regie-
rungsbeteiligung nicht um. Den Bürgern der Bundesländer
mit Linke-Regierungsbeteiligung gehe es keinesfalls besser
als den anderen Menschen in Deutschland.

Die Fraktion DIE LINKE. kritisierte harte Einschnitte
durch die „Agenda“-Politik. Das Ziel der „Agenda“-Politik
sei die Senkung der Löhne („Niedriglohnsektor“) und der
Abbau des Sozialstaates gewesen. Das Rentenniveau sei
seither deutlich gesunken. Durchschnittlich Verdienende
müssten künftig 35 Jahre für eine Rente oberhalb des Grund-
sicherungsniveaus arbeiten. Die Lohnquote sei um rund fünf
Prozentpunkte gefallen, dies entspreche 100 Mrd. Euro
weniger für die Beschäftigten. Zudem hätten die Hartz-Ge-
setze die Beschäftigten erpressbar gemacht und die Situation
Erwerbsloser massiv verschärft. Im Gegenzug seien aber die
damals versprochenen zusätzlichen Arbeitsplätze nicht
geschaffen worden. Das Arbeitsvolumen sei gegenüber dem
Jahr 2010 unverändert. Massiv verschlechtert habe sich aber
die Qualität der Arbeit. Angestiegen seien prekäre Formen
von Arbeit: insbesondere Leiharbeit und Mini-Jobs. Die Frak-
tion fordere unter anderem, das Rentensicherungsniveau auf
53 Prozent anzuheben, das Rentenrecht in Ost- und West-
Jahren nicht wie behauptet abgenommen. In dieser Legis-
laturperiode habe die Koalition zudem Missstände beseitigt,

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN lehnte den
Antrag als undifferenziert ab. Gleichwohl teile die Fraktion

H. Heene
ese
Drucksache 17/13182 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

die Kritik an einigen der angeprangerten Zustände, insbeson-
dere an der Entwicklung des Lohnniveaus in Deutschland.
Insgesamt gehöre die Kritik an der Hartz-Gesetzgebung zu
den Gründungsmythen der Partei DIE LINKE., was wohl
einige starke Verallgemeinerungen und Auslassungen er-
kläre. Mit der „Agenda“-Politik habe man damals auf eine
schwierige Wirtschaftslage und eine schlechte Kassenlage
der Sozialversicherungen reagiert. Das müsse bei einer
Bilanz berücksichtigt werden, wie auch, dass das Verhältnis
zwischen Beitragszahlern und Versicherten ausgeglichen
bleiben müsse. Bei den Arbeitsämtern habe es damals zudem
teils schwer erklärbare Defizite gegeben. Es sei notwendig
gewesen, dort das Prinzip einer individuelleren Unterstüt-
zung für Arbeitsuchende einzuführen – auch wenn man nicht
allem zustimme, was daraus entstanden sei. Die jetzt vor-
geschlagenen Instrumente seien aber nicht tauglich, die an-
geführten Defizite zu beheben.

Berlin, den 17. April 2013

Markus Kurth
Berichterstatter
mann

x

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