BT-Drucksache 17/13168

Politik der Europäischen Union und der Bundesregierung gegenüber Libyen und Tunesien in den Bereichen Justiz und Inneres

Vom 11. April 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/13168
17. Wahlperiode 11. 04. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Jan Korte, Christine Buchholz, Annette Groth,
Inge Höger, Ulla Jelpke, Niema Movassat, Frank Tempel, Katrin Werner und der
Fraktion DIE LINKE.

Politik der Europäischen Union und der Bundesregierung gegenüber Libyen und
Tunesien in den Bereichen Justiz und Inneres

In früheren Anfragen hatte die Bundesregierung bereits Projekte zur Unterstüt-
zung und Ausbildung von Polizeien nordafrikanischer Länder beauskunften
müssen (Bundestagsdrucksachen 17/10107 und 17/11986). Mit Libyen will die
Europäische Union (EU) ein „Memorandum of Understanding“ (MoU) umset-
zen, das vom Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) und der Europäischen
Kommission verhandelt wurde. Ziel ist ein „Kapazitätsaufbau für Krisenbewäl-
tigungskoordinierung und öffentliche Sicherheit“. Die „Reintegration der liby-
schen Milizen nach dem Sturz Muammar al-Gaddafis“ soll erleichtert werden.
Ein „Krisenreaktionszentrum und Frühwarnsystem“ befindet sich im Aufbau,
„nationale Verbrechensdaten“ sollen zukünftig „effektiv zum Kampf gegen na-
tionale und internationale kriminelle Netzwerke“ eingesetzt werden. Gleichzei-
tig verhandelt die Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an
den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der EU (FRONTEX) ein Arbeitsabkom-
men mit der Regierung und wurde hierfür vom EAD zu einer gemeinsamen
Reise eingeladen. Der EAD plant seinerseits die Umsetzung einer „Krisenbe-
wältigungsoperation im Bereich Grenzmanagement in Libyen“. In den betref-
fenden libyschen Regionen wurde der militärisch kontrollierte Ausnahmezu-
stand ausgerufen. Die Bundesregierung plant ein eigenes „bilaterales Projekt
zum Kapazitätsaufbau im Sicherheitsbereich“ in Libyen.

Tunesien und Libyen, aber auch Algerien und Mauretanien haben mitgeteilt,
eigene Grenzüberwachungssysteme aufzubauen. Die EU forciert die Einbindung
dieser Kapazitäten. Die Länder sollen in das von Spanien geführte „Seahorse
Mediterraneo Project“ eingebunden werden, dessen Aufklärungsdaten in der
Grenzüberwachungsplattform EUROSUR (europäisches Grenzkontrollsystem)
zusammenlaufen sollen. Anvisierte Partnerländer sind Algerien, Tunesien,
Ägypten und Libyen. Tunesien weigert sich bislang, an „Seahorse Mediterraneo“
teilzunehmen (Gefangenen Info 373 „International: EU-Migrationsabwehr auf
Kosten des arabischen Frühlings“).

Als erstes Land der arabischen Welt soll Tunesien eine „Sicherheitssektorre-

form” durchlaufen, die von der Bundesregierung maßgeblich unterstützt wird
(Antwort auf die Mündliche Frage 36 des Abgeordneten Andrej Hunko in der
Fragestunde des Deutschen Bundestages vom 20. März 2013, Plenarprotokoll
17/230). Eingebunden sind das Bundesamt für Verfassungsschutz, der Bundes-
nachrichtendienst (BND), das Bundeskriminalamt (BKA) und die Bundespoli-
zei. Obwohl die deutschen Geheimdienste zuletzt wegen ihrer Rolle im NSU-
Skandal (NSU = Nationalsozialistischer Untergrund) vielfach kritisiert wurden,

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betreiben sie „Kooperationsprojekte“ mit den Titeln „Nachrichtendienste im
demokratischen Rechtsstaat“ und „Terrorismusabwehr“. Allein eine als Ausbil-
dungsmaßnahme bezeichnete Mission der Bundespolizei zur Verhinderung un-
erwünschter Migration kostet 650 000 Euro (Antwort auf die Schriftliche Frage 11
des Abgeordneten Dr. Diether Dehm auf Bundestagsdrucksache 17/12949). Die
Europäische Kommission will jetzt zur eigenen Unterstützung der tunesischen
„Sicherheitssektorreform” 14 Spezialisten für „Informationsaustausch und tech-
nische Unterstützung” nach Tunesien entsenden, um Schwachstellen im dorti-
gen Sicherheitsapparat zu finden.

Obwohl von der EU und der Bundesregierung gefordert (Bundestagsdrucksache
17/11986), sind aus Libyen und Tunesien wenig Anstrengungen zur „Ausrich-
tung ihrer Fähigkeiten zur Bekämpfung von Organisierter Kriminalität und Ter-
rorismus entlang rechtsstaatlicher Normen und zur Wahrung der Menschen-
rechte“ bekannt. Der Bericht einer EU-Delegation vom 13. März 2013 (Local
EU Statement on Religious Freedom and Fundamental Rights) stellt für Libyen
weiterhin gravierende Menschenrechtsverletzungen seitens staatlicher Behörden
fest. Die Behinderung der Bewegungs- und Meinungsfreiheit in Tunesien
illustrierte zuletzt das polizeiliche und militärische Vorgehen gegen migrantische
Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Weltsozialforum (siehe www.ffm-online.org/
category/mittelmeerraum/tunesien seit dem 25. März 2013).

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Inwieweit sind Einrichtungen der EU (soweit der Bundesregierung in Ergän-
zung ihrer Antwort auf Bundestagsdrucksache 17/10107 bekannt, auch der
EU-Mitgliedstaaten) in den Aufbau von Grenzmanagement, Kriminalitätsbe-
kämpfung, Migrationsabwehr oder einer „Sicherheitssektorreform“ in Libyen,
Tunesien, Algerien und Ägypten eingebunden?

2. Welchen konkreten Inhalt haben die „Transformationspartnerschaften in der
MENA-Region“ (Middle East & North Africa) hinsichtlich der Maßnahmen
in den Bereichen Demokratie- und Rechtsstaatsförderung sowie Medien- und
Pressefreiheit (Bundestagsdrucksache 17/10107)?

a) Inwiefern sind die Projekte einer „Anlaufphase“ entwachsen, und welche
(ersten) Einschätzungen kann die Bundesregierung zur Evaluation mittei-
len?

b) Inwieweit hält die Bundesregierung die Maßnahmen zur „Förderung und
Implementierung der Menschenrechte“ für gelungen?

3. Welche Arbeitsbesuche, Fachgespräche, Lehrgänge oder sonstige Ausbil-
dungshilfen haben welche deutschen Behörden seit 2011 mit Behörden nor-
dafrikanischer Länder durchgeführt?

a) Welchen Inhalt hatten die jeweiligen Maßnahmen?

b) Welche Behörden welcher Abteilungen nahmen daran teil?

c) Welche Kosten entstanden hierfür, und wie wurden diese übernommen?

4. Welche neueren Details kann die Bundesregierung zum (geplanten) Ab-
schluss eines MoU zwischen der EU und Libyen mitteilen (Bundestagsdruck-
sache 17/11986)?

a) Welche weiteren Berichte des EAD oder der Europäischen Kommission
hat die Bundesregierung in den letzten drei Monaten erhalten?

b) Welchen Inhalt hat die „Absichtserklärung“ bzw. ein hierzu vorliegender
Entwurf hinsichtlich eines „Kapazitätsaufbaus für Krisenbewältigungs-
koordinierung und öffentliche Sicherheit“?
5. Welchen neuen Stand hat die Umsetzung einer zivil-militärischen „Krisenbe-
wältigungsoperation im Bereich Grenzmanagement in Libyen“ gegenüber

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/13168

den Erläuterungen in der Antwort der Bundesregierung auf Bundestags-
drucksache 17/11986?

a) Welche Treffen auf offizieller Ebene oder im „informelle[n] Format“
haben seit November 2012 mit welchen Beteiligten stattgefunden?

b) Wann soll das Projekt offiziell beginnen?

c) Welche Kosten entstehen für die Operation, und wie werden diese über-
nommen?

d) Welche Maßnahmen werden von welchen Akteurinnen und Akteuren
durchgeführt?

e) Wie bewertet die Bundesregierung den Umstand, dass die besagte „Ope-
ration“ in Regionen umgesetzt werden soll, in denen im Dezember 2012
ein militärisch kontrollierter Ausnahmezustand angeordnet wurde?

6. Über welche neueren Details verfügt die Bundesregierung zum Aufbau eines
„Krisenreaktionszentrums“ und der Ausbildung und internationalen Einbin-
dung der libyschen Polizei?

a) Inwiefern bewertet die Bundesregierung die in ihrer Antwort auf die
Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 17/11986 erwähnte „Sicher-
stellung und Lagerung von Kleinwaffen und Munition“ als erfolgreich?

b) Wie ist die „Reintegration der libyschen Milizen nach dem Sturz
Muammar al-Gaddafis“ aus Sicht der Bundesregierung verlaufen?

7. Mit welchen Techniken und Methoden soll das in Libyen zu etablierende
nationale „Krisenreaktionszentrum und Frühwarnsystem“ (Bundestags-
drucksache 17/11986) nach Kenntnis bzw. Ansicht der Bundesregierung in
„operativen Abläufen und Datenmanagement“ zur „vorausschauenden Risi-
kobewertung und -analyse“ genutzt werden?

a) Welche Behörden und Einrichtungen welcher Länder sind daran beteiligt
oder erbringen Beiträge?

b) Welche weiteren „Projekte zur Verbesserung der Ermittlungsfähigkeiten
der libyschen Polizei“ anderer Länder oder der EU sind der Bundesregie-
rung bekannt, und wie sollen diese helfen, „nationale Verbrechensdaten“
zukünftig „effektiv zum Kampf gegen nationale und internationale krimi-
nelle Netzwerke einzusetzen“?

8. Welche neueren Entwicklungen kann die Bundesregierung zum Mandat der
EU-Agentur FRONTEX mitteilen, Verhandlungen zum Abschluss eines Ar-
beitsabkommens mit Libyen aufzunehmen?

a) Welche weiteren Projekte oder Maßnahmen hat die FRONTEX im Rah-
men der „Fact Finding Mission“ im November 2012 in Libyen themati-
siert?

b) Welchen Regelungsgehalt hat das (angestrebte) „Arbeitsabkommen“ hin-
sichtlich etwaiger Maßnahmen von der FRONTEX?

c) Im Rahmen welcher anderer Vorhaben in welchen Ländern arbeitet die
FRONTEX wie in der „Fact Finding Mission“ mit dem zivil-militärischen
Auswärtigen Dienst zusammen oder wurde zu gemeinsamen Reisen ein-
geladen?

9. Wie hat die libysche Regierung nach Ansicht der Bundesregierung die von
der EU, aber auch der Bundesregierung geforderte und begrüßte „Ausrich-
tung ihrer Fähigkeiten zur Bekämpfung von Organisierter Kriminalität und
Terrorismus entlang rechtsstaatlicher Normen und zur Wahrung der Men-

schenrechte“ (Bundestagsdrucksache 17/11986) bislang umgesetzt?

Drucksache 17/13168 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

a) Inwiefern sieht die Bundesregierung die „umfassende Sicherstellung des
Schutzes persönlicher Daten und d[ie] Achtung der Menschenrechte“ in
den oben genannten Vorhaben umgesetzt?

b) Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dem Bericht
einer EU-Delegation vom 13. März 2013 (Local EU Statement on
Religious Freedom and Fundamental Rights), wonach im Land weiter-
hin gravierende Menschenrechtsverletzungen seitens staatlicher Behör-
den vorgenommen werden, und wie wird sich dies auf ihre eigenen Vor-
haben im Land auswirken?

10. Welches „bilaterale Projekt zum Kapazitätsaufbau im Sicherheitsbereich“
will die Bundesregierung in Libyen fördern, und wie soll dies EU-Maßnah-
men ergänzen (Bundestagsdrucksache 17/11986)?

a) Welche Maßnahmen sind hierzu geplant?

b) Welche Kosten entstehen hierfür, und wie werden diese übernommen?

11. Welche neueren Erkenntnisse hat die Bundesregierung zu Anstrengungen
Tunesiens und Libyens, aber auch Algeriens und Mauretaniens, eigene
Grenzüberwachungssysteme aufzubauen?

a) Wie ist die Haltung der Bundesregierung zur Mitarbeit der genannten
Länder im „Seahorse Mediterraneo Project“?

b) Welche neueren Erkenntnisse hat die Bundesregierung hinsichtlich zur
von der EU gewünschten Beteiligung Tunesiens am „Seahorse Medi-
terraneo Project“ und entsprechenden Initiativen?

12. Auf welche Art und Weise arbeiten Bundesbehörden mit der tunesischen
Regierung in den Bereichen Justiz und Inneres gegenwärtig zusammen?

a) Welche weiteren Details kann die Bundesregierung zu den Maßnahmen
des Bundesamtes für Verfassungsschutz, des BND, des BKA und der
Bundespolizei in Tunesien mitteilen, deren Inhalte sie bislang nur mit Ti-
teln und Untertiteln umrissen hat (Mündliche Frage 36 des Abgeordne-
ten Andrej Hunko in der Fragestunde des Deutschen Bundestages vom
20. März 2013, Plenarprotokoll 17/230)?

b) Welche Behörden welcher Länder nehmen mit welchen Abteilungen an
den Maßnahmen teil?

c) Welche Kosten entstehen für die jeweiligen Projekte, und wie werden
diese übernommen?

d) Welchen Inhalt haben die Maßnahmen „Nachrichtendienste im demo-
kratischen Rechtsstaat“ und die „Lehrgänge und Workshops“ des Verfas-
sungsschutzes zur „Terrorismusabwehr“ (bitte so ausführlich wie möglich
darstellen und, sofern vorhanden, gehaltene oder geplante Präsentatio-
nen anfügen)?

e) Welchen Inhalt haben die Maßnahmen des BKA und der Bundespolizei,
und inwieweit thematisieren diese auch technische Möglichkeiten zur
Strafverfolgung, Gefahrenabwehr oder Verhinderung unerwünschter
Migration (bitte so ausführlich wie möglich darstellen und, sofern vor-
handen, gehaltene oder geplante Präsentationen anfügen)?

f) Inwieweit thematisiert das „Kooperationsprojekt“ des BND „Nachrich-
tendienste im demokratischen Rechtsstaat“ oder die „Lehrgänge und
Workshops“ des Verfassungsschutzes zur „Terrorismusabwehr“ auch die
kritisierte Rolle deutscher Geheimdienste im NSU-Skandal, unter ande-
rem wegen der Finanzierung einiger Mitglieder der Organisation oder

der behinderten Aufklärung durch Nichtweitergabe von Informationen?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/13168

g) In welchen anderen Ländern haben die genannten Behörden bereits ähn-
liche Projekte durchgeführt, und welche weiteren Details kann die Bun-
desregierung hierzu mitteilen?

13. Aus welchem Grund wurde die nach Angaben des Auswärtigen Amts seit
Frühjahr 2012 bestehende Tätigkeit des Bundesnachrichtendienstes nicht in
der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage auf Bundestags-
drucksache 17/10107 vom Sommer 2012 beauskunftet (siehe die Münd-
liche Frage 36 des Abgeordneten Andrej Hunko in der Fragestunde des
Deutschen Bundestages am 20. März 2013, Plenarprotokoll 17/230), ob-
wohl dort explizit danach gefragt wurde („Auf welche Art und Weise arbei-
ten Bundesbehörden mit der tunesischen Regierung in den Bereichen Justiz
und Inneres zusammen?“)?

14. Inwiefern hat sich an der Haltung der Bundesregierung zur Bitte Tunesiens
nach Ausstattungshilfe (Bundestagsdrucksache 17/7587) mittlerweile etwas
geändert (bitte etwaige Maßnahmen hierzu ebenfalls darstellen)?

15. Welche weiteren Entwicklungen kann die Bundesregierung zur Absicht des
Bundesministerium des Innern (BMI) mitteilen, das mit Tunesien Gesprä-
che über „bilaterale Projekte“ führt, die bei der „Stabilisierung und Demo-
kratisierung des Landes“ helfen sollen (Bundestagsdrucksache 17/10107)?

a) Welche weiteren Entwicklungen nahmen die Überlegungen, „aufbauend
auf der seit 20 Jahren bestehenden Zusammenarbeit zwischen der tune-
sischen Katastrophenschutzbehörde ONPC und dem deutschen Techni-
schen Hilfswerk“ ebenfalls weitere Vorhaben zu prüfen (Bundestags-
drucksache 17/10107)?

b) Wie kann die Bundesregierung ihre Antwort „Aus den Bewertungen im
Sinne der Antwort zu Frage 4e lässt sich die Erforderlichkeit einer Un-
terstützung durch das BMI im Transformationsprozess Tunesiens ablei-
ten“ inhaltlich begründen bzw. mit entsprechenden Nachweisen belegen
(Bundestagsdrucksache 17/10107)?

16. Mit welchen konkreten Maßnahmen ist die Deutsche Gesellschaft für Inter-
nationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH hinsichtlich der Auflösung „rechts-
staatlicher und demokratischer Defizite“ befasst?

a) Welche Inhalte und konkrete Vorhaben sind im Regionalvorhaben „Gute
Regierungsführung – Maghreb“ vorgesehen?

b) Welche staatliche Einrichtungen und „Organisationen der Zivilgesell-
schaft“ aus Algerien, Marokko, Mauretanien und Tunesien werden von
der Maßnahme adressiert?

c) Mit welchem Ziel wurde der Verein forum zenith e. V. seitens der Bun-
desregierung angesprochen?

17. Wie ist es gemeint, wenn der tunesische Staatspräsident gegenüber der
Deutschen Welle (DW) erklärt, „Wir sind sehr froh, dass Deutschland
akzeptiert hat, einen Teil der tunesischen Schulden in Entwicklungsprojekte
umzuwandeln.“, und um welche Maßnahmen handelt es sich dabei (DW,
Interview am 21. März 2013)?

Welche weiteren Details kann die Bundesregierung zur Aussage Moncef
Marzoukis mitteilen, beide Länder wollten in „Schlüsselbereichen wie zum
Beispiel der Energie zusammenarbeiten“?

18. Inwiefern trifft es zu, dass das BKA mit dem Aufspüren von Vermögens-
werten ehemaliger Regierungsmitglieder Tunesiens und Ägyptens befasst ist
(Handelsblatt vom 29. Oktober 2012 „Geldwäsche erreicht neuen Höchst-

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stand“), und welche weiteren Behörden sind hierzu mit welchen Maßnah-
men beauftragt?

a) Wer gab den Auftrag für die Ermittlungen?

b) Welche Ergebnisse erbrachten die Ermittlungen?

c) Inwiefern setzt sich die Bundesregierung mittlerweile gegenüber Saudi-
Arabien dafür ein, den früheren Präsidenten Ben Ali nach Tunesien aus-
zuliefern, um ihm dort unter anderem wegen der Unterschlagung von
Vermögen den Prozess zu machen?

d) Sofern sie hierzu keine Anstrengungen unternimmt, welche Beweg-
gründe führten zu der Entscheidung?

19. In welchen Kriminalitätsbereichen ist der BKA-Verbindungsbeamte in
Tunesien in den letzten zwei Jahren sowohl „ermittlungsinitiierend als auch
ermittlungsunterstützend“ tätig geworden?

Inwiefern bezog sich dessen „Informationssammlung und -auswertung und
sein sonstiger ermittlungsbezogener Einsatz“ auch auf verdeckte Ermittlun-
gen oder politisch motivierte Kriminalität?

20. Mit welchen Vorhaben war der grenzpolizeiliche Verbindungsbeamte der
Bundespolizei in Tunesien in den letzten zwölf Monaten befasst?

a) In wie vielen Fällen wurden in den letzten zwölf Monaten „Lageerkennt-
nisse über illegale Migration mit den tunesischen Sicherheitsbehörden“
ausgetauscht?

b) Mit welchen „Fragen der Ausbildungs- und Ausstattungshilfe“ war der
Beamte in den letzten zwölf Monaten befasst?

21. Welchen konkreten Inhalt hatten die vom BKA im vierten Quartal 2012 in
Tunesien durchgeführten Ausbildungsmaßnahmen „VB-Wesen“, „Kfz-Kri-
minalität“, „Personalgewinnung von Polizeiangehörigen“ sowie „Terroris-
musbekämpfung“ (Bundestagsdrucksache 17/12469), und welche Techniken
und Verfahren wurden in diesem Zusammenhang dargestellt?

22. Welche konkreten Inhalte hatten die von der hessischen Polizei in Verant-
wortung des BKA in Tunesien durchgeführten Lehrgänge (Bundestags-
drucksache 17/12971) hinsichtlich der Themen „Taktische Kommunikation
mit Demonstranten“, „Maßnahmen im Rahmen von Fußballspielen“ sowie
„Aufbau und Einrichtung einer Befehlsstelle“ (bitte in groben Zügen wie-
dergeben, welchen Mehrwert die tunesische Polizei durch die referierten
Maßnahmen aus Sicht der Bundesregierung erzielen soll)?

23. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über so genannte antiterroristi-
sche Krisenzellen, wie sie im Rahmen der von ihr unterstützten „Sicher-
heitssektorreform“ errichtet werden (www.rfi.fr/afrique/20130327-tunisie-
creation-cellules-crise-antiterroristes)?

a) Was ist der Zweck der Einheit, und unter wessen Leitung bzw. Kom-
mando soll sie stehen?

b) Inwiefern ist die Bundesregierung mittelbar oder unmittelbar (auch mit
Beratung) in die Errichtung der neuen Einheit involviert?

c) Welche sonstigen Beziehungen, Absprachen oder Maßnahmen unterhält
die Bundesregierung zum „Conseil supérieur de la sécurité“, das für den
Aufbau der Spezialeinheit verantwortlich ist?

d) Inwieweit wird sie angesichts ihrer umfangreichen Unterstützung und
Beratung bei der „Sicherheitssektorreform“ in Tunesien die Meldung

zum Anlass nehmen, eigene Nachforschungen zu den angeblichen „an-
titerroristischen Krisenzellen“ anzustellen?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/13168

24. Über welche Kenntnis oder Hinweise verfügt die Bundesregierung zur Mel-
dung des renommierten oppositionellen Internetportals „Nawaat“ vom
26. März 2013, wonach in Tunesien eine „parallele Polizei“ aufgebaut wird,
deren Ausbildung in einer Polizeikaserne auf dem Flughafen Tunis-
Carthage vorgenommen wird, und deren Existenz seitens der tunesischen
Regierung als „Flughafenpolizei“ begründet wird (www.tinyurl.com/
clgggoe)?

Inwieweit wird sie angesichts ihrer umfangreichen Unterstützung und Be-
ratung bei der „Sicherheitssektorreform“ in Tunesien die Meldung zum An-
lass nehmen, hierzu eigene Nachforschungen anzustellen?

25. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung darüber, dass angeblich Tau-
sende tunesische Jugendliche in Syrien Kämpfe gegen die Regierung unter-
stützen würden (www.magharebia.com/fr/articles/awi/features/2013/03/27/
feature- 02), und welche tunesischen und deutschen Behörden waren in
einen etwaigen Informationsaustausch eingebunden?

Welche Haltung vertritt die Bundesregierung angesichts ihrer Unterstüt-
zung und Beratung bei der „Sicherheitssektorreform“ in Tunesien zu der
Nachricht, dass in diesem Zusammenhang strafrechtliche Ermittlungen ge-
gen die Betroffenen eingeleitet wurden?

26. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über Inhalte und Teilnehmende
des Workshops „Promoting constructive political participation of and with
Salafi actors in North Africa“, den die tschechische Regierung in Tunis ver-
anstaltet hatte?

27. Welche Treffen der „Taskforce Tunesien“ haben in den letzten zwölf Mona-
ten mit welchem Inhalt stattgefunden, und wer nahm daran teil?

a) Welche konkreten „internationale Finanzinstitutionen“, welche Firmen
aus dem „Privatsektor“, welche Organisationen der „Zivilgesellschaft“
und welche Mitglieder des Europäischen Parlaments sind gegenwärtig
Teil der „Taskforce“ (Bundestagsdrucksache 17/10107)?

b) Welchen „wichtigen Beitrag zur Unterstützung des tunesischen Reform-
prozesses“ leisten die Europäische Investitionsbank, die Europäische
Bank für Wiederaufbau und Entwicklung und andere internationale In-
stitutionen nach Ansicht der Bundesregierung in Tunesien (Bundestags-
drucksache 17/10107)?

c) Mit welchem Anliegen bzw. welchen Initiativen sind nach Kenntnis der
Bundesregierung die Hersteller von Rüstungs- und Sicherheitstechnolo-
gie Finmeccanica, INDRA und Siemens AG sowie die Energiekonzerne
Maire Tecnimont Group, British Gas Tunisia, ACCIONA, Prolea-Sofi-
proteol sowie Gas de France Suez in der „Taskforce Tunesien“ präsent
(sofern dies nicht aus Protokollen ersichtlich ist, bitte soweit erinnerlich
darstellen)?

28. Welchen Fortgang zeigte der im Oktober 2011 zwischen der EU und Tune-
sien begonnene „Dialog zu Migration, Mobilität und Sicherheit“, und wer
ist an entsprechenden Initiativen beteiligt?

a) Mit welchen Anliegen oder Vorschlägen waren die Agenturen
FRONTEX, EASO (Europäisches Unterstützungsbüro für Asylfragen),
EUROPOL (Europäisches Polizeiamt) vertreten, und in welche aus dem
„Dialog“ resultierende Kooperationen sind diese auf welche Weise ein-
gebunden?

b) Welchen Stand haben die Verhandlungen um ein Arbeitsabkommen zwi-

schen FRONTEX und Tunesien?

Drucksache 17/13168 – 8 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
c) Welche Organisationen der tunesischen Zivilgesellschaft sind in den
„Dialog“ eingebunden, wozu die Bundesregierung im Sommer 2012 be-
richtete, es sei „geplant, im Rahmen der Mobilitätspartnerschaft Institu-
tionen der Zivilgesellschaft einzubeziehen, beispielsweise Vertreterin-
nen und Vertreter von Diasporaorganisationen aus den Mitgliedstaaten
und tunesische Nichtregierungsorganisationen aus den Bereichen Kampf
gegen Menschenhandel und Korruptionsbekämpfung“ (Bundestags-
drucksache 17/10107)?

29. Welchen Stand kann die Bundesregierung zur Durchführung eines „Ak-
tionsplans“ der Europäischen Union zu Tunesien mitteilen?

Inwiefern werden von dem „Aktionsplan“ Bereiche der Justiz und des In-
nern, vor allem zur Polizeizusammenarbeit und Migrationsabwehr, berührt
(bitte ausführlicher, als in der Antwort auf Bundestagsdrucksache 17/10107
umrissen, darstellen)?

30. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung zu der nach Erkenntnissen der
Fragesteller erfolgten Gründung eines „Rechtsstaatsinstituts“ in Tunesien,
das sich unter anderem mit einer „Rechtsstaatsförderung“ sowie der Beach-
tung von Menschenrechten befassen soll?

a) Inwiefern und wozu soll sich das Institut auch mit „Extremismus“ be-
schäftigen?

b) Welche Rolle spielt das Global Counterterrorism Forum bzw. dessen Ar-
beitsgruppe „Countering Violent Extremism“ hinsichtlich der Initiative?

31. Wie hat sich die Bundesregierung seit Sommer 2012 „für die Gewährleistung
der Grundfreiheiten in Tunesien, darunter die Meinungs-, Versammlungs-
und Vereinigungsfreiheit“ eingesetzt (Bundestagsdrucksache 17/10107)?

Ist der Bundesregierung bekannt, inwieweit die Meinungsfreiheit mittler-
weile von der Regierung Tunesiens garantiert wird, und wie bewertet sie die
in ihrer Antwort auf Bundestagsdrucksache 17/10107 angemahnte Umset-
zung entsprechender Maßnahmen?

32. Inwiefern trifft es zu, dass die Kommission zur Vorbereitung einer „Sicher-
heitssektorreform“ Spezialistinnen oder Spezialisten für „Informationsaus-
tausch und technische Unterstützung“ nach Tunesien entsendet (netz-
politik.org vom 15. März 2013 „The revolution will be intercepted and
databased: EU-Polizeiprojekte beglücken den Arabischen Frühling“), und
welche weiteren Details kann die Bundesregierung hierzu mitteilen?

a) Mit welchen Aufgaben war oder ist die Delegation betraut?

b) Welche Treffen oder sonstige Aktivitäten sind bzw. waren vorgesehen?

c) Auf welche Art und Weise waren Bundesbehörden in die Diskussion,
Durchführung oder Auswertung der Maßnahme involviert?

d) Inwiefern und mit welchem Inhalt liegen bereits Ergebnisse vor?

Berlin, den 11. April 2013

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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