BT-Drucksache 17/12897

Konsequenzen für kommunale Kindertageseinrichtungen aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 12. Juli 2012

Vom 20. März 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/12897
17. Wahlperiode 20. 03. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Caren Marks, Bernd Scheelen, Petra Crone, Petra Ernstberger,
Iris Gleicke, Christel Humme, Ute Kumpf, Franz Müntefering, Thomas Oppermann,
Aydan Özog˘uz, Sönke Rix, Marlene Rupprecht (Tuchenbach), Stefan Schwartze,
Dagmar Ziegler, Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion der SPD

Konsequenzen für kommunale Kindertageseinrichtungen aus dem Urteil des
Bundesfinanzhofs vom 12. Juli 2012

Zahlreiche Kommunen sind Träger von Kindertageseinrichtungen. Kommunale
Kindertageseinrichtungen leisten, ebenso wie andere Kindertageseinrichtungen,
die den Regelungen der §§ 22 ff. des Achten Buches Sozialgesetzbuch
(SGB VIII) unterliegen, einen wichtigen Beitrag zur Bildung, Erziehung und
Betreuung von Kindern und insbesondere zum dringend notwendigen Ausbau
der Förderangebote für Kinder unter drei Jahren. Sie sind ein wichtiger Bestand-
teil der sozialen Infrastruktur für Familien und der öffentlichen Daseinsvor-
sorge.

Laut Urteil des Bundesfinanzhofs vom 12. Juli 2012 (Aktenzeichen I R 106/10),
das im September 2012 bekannt wurde, sind kommunale Kindertageseinrichtun-
gen „keine Hoheitsbetriebe, sondern Betriebe gewerblicher Art (BgA)“. Diese
Bewertung des Gerichts hat zur Folge, dass Kindertageseinrichtungen in kom-
munaler Trägerschaft körperschaftssteuerpflichtig sind. Bislang wurde die
Körperschaftsteuer in vielen Fällen nicht erhoben.

Es ist unklar, inwieweit dieses Urteil durch die nunmehr erforderliche Veranla-
gung zur Körperschaftsteuer zusätzlichen Verwaltungsaufwand und höhere
Kosten für kommunale Kitas, aber auch für Finanzbehörden, zur Folge hat. Fest
steht, dass kaum oder gar nicht mit zusätzlichen Steuereinnahmen zu rechnen ist,
weil kommunale Kindertageseinrichtungen regelmäßig nicht mit Gewinnen ab-
schließen, sondern häufig defizitär betrieben und daher mit öffentlichen Mitteln
bezuschusst werden.

Angesichts des notwendigen Ausbaus der frühkindlichen Bildung und Betreu-
ung in Deutschland und des Inkrafttreten des Rechtsanspruchs zum 1. August
2013 auf einen Platz in einer Kindertageseinrichtung für Kinder ab dem ersten
Geburtstag besteht dringend Klärungsbedarf, welche Anforderungen auf kom-
munale Kindertageseinrichtungen infolge dieses Urteils zukommen.
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Gremien des Bundes (z. B. Bund-Länder-Arbeitsgruppe, interminis-
terielle Arbeitsgruppe auf Bundesebene) befassen sich mit dem Urteil des
Bundesfinanzhofs vom 12. Juli 2012 und den daraus zu ziehenden Konse-
quenzen?

Drucksache 17/12897 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

2. Ist die Bundesregierung an einem entsprechenden Gremium, in dem Kon-
sequenzen aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 12. Juli 2012 erörtert
werden, beteiligt, und wenn ja, welche Ressorts sind dort vertreten?

3. Falls es bislang kein Gremium gibt, das sich mit möglicherweise zu ziehen-
den Schlussfolgerungen aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 12. Juli
2012 beschäftigt, ist die Einrichtung einer entsprechenden Arbeitsgruppe
auf Bundesebene geplant, und wenn ja, bis wann?

4. Falls eine solche Arbeitsgruppe geplant ist, welche Institutionen sollen sich
daran beteiligen?

5. Wieviele kommunale Kindertageseinrichtungen sind nach Kenntnis der
Bundesregierung von dem Urteil des Bundesfinanzhofs betroffen?

6. Rechnet die Bundesregierung infolge des Urteils des Bundesfinanzhofs
vom 12. Juli 2012 auf die nunmehr erforderliche Veranlagung zur Körper-
schaftsteuer mit einem erhöhten Verwaltungsaufwand und entsprechenden
Kosten für Kommunen bzw. kommunale Kindertageseinrichtungen sowie
für Finanzbehörden?

a) Falls ja, wie hoch lässt sich der zu erwartende Verwaltungsaufwand un-
gefähr pro Jahr beziffern?

b) Falls nein, wie begründet es die Bundesregierung, dass sie nicht mit
einem erhöhten Verwaltungsaufwand und entsprechenden Kosten rech-
net?

7. Welche gesetzlichen oder untergesetzlichen Initiativen schlägt die Bundes-
regierung konkret vor, um einen möglichen erhöhten Verwaltungsauf-
wand infolge des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 12. Juli 2012 zu ver-
meiden?

8. Falls die Bundesregierung gesetzliche oder untergesetzliche Initiativen zur
Vermeidung eines möglichen Verwaltungsaufwands infolge des Urteils des
Bundesfinanzhofs vom 12. Juli 2012 ergreift, welche Änderungen werden
konkret vorgeschlagen, und welcher Zeitplan ist für entsprechende Maß-
nahmen vorgesehen?

9. Falls die Bundesregierung keine gesetzlichen oder untergesetzlichen Initia-
tiven zur Vermeidung eines möglichen Verwaltungsaufwands plant, wie
begründet sie dies?

10. Welche Länder sind der Bundesregierung bekannt, in denen kommunale
Kindertageseinrichtungen Nichtveranlagungsbescheinigungen vorlegen
müssen, und welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bun-
desregierung daraus?

11. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus der Aufforderung des Bayerischen Gemeindetags an die Bundesregie-
rung, klarzustellen, dass kommunale Kindertageseinrichtungen von der
Körperschaftsteuer freizustellen sind?

12. Mit welchen (steuer)rechtlichen Folgen haben aus Sicht der Bundesregie-
rung Einrichtungen, wie beispielsweise Kindertageseinrichtungen, zu rech-
nen, wenn diese aus der Steuerpflicht entlassen werden?

13. Welche (steuer)rechtlichen Folgen hat es für kommunale Kindertagesein-
richtungen, wenn sie ihre Rechtsform wechseln und beispielsweise als ge-
meinnützige Einrichtung betrieben werden?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/12897

14. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass Kindertageseinrichtungen
einen wichtigen Beitrag zur Bildung, Erziehung und Betreuung von Kin-
dern leisten und ein wichtiger Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge
sind (bitte Antwort begründen)?

Berlin, den 20. März 2013

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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