BT-Drucksache 17/12885

Überwachungstechnologie in Schaufensterpuppen

Vom 18. März 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/12885
17. Wahlperiode 18. 03. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jan Korte, Ulla Jelpke, Jens Petermann, Frank Tempel,
Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

Überwachungstechnologie in Schaufensterpuppen

Bereits vor einiger Zeit wurde bekannt, dass einige Modeunternehmen Klei-
dungsstücke in den Filialen mit RFID-Chips (RFID = Radio-frequency identifi-
cation) sichern. Unter anderem nutzt C&A die elektronischen Transponder, an-
geblich um Warenströme innerhalb der Filiale besser nachvollziehen zu können.
Ebenso wie Kleidungsstücke in der Filiale lassen sich mit dem Chip aber auch
die Bewegungen des Kunden, der sie kaufte und gegebenenfalls vergaß, die
Sicherung abzutrennen, nachvollziehen. Denn die Chips können auch ohne
direkten Kontakt zu einem speziellen Gerät und auf weite Entfernung ausgele-
sen werden.

Schon diese Tatsache lies Datenschützerinnen und Datenschützer auf die Barri-
kaden gehen – nun geht man aber noch einen Schritt weiter: Am 21. November
2012 meldeten die „Frankfurter Rundschau“ und „Bloomberg“, dass mehrere
führende Modeketten ihre Kunden mit neuartiger Technik heimlich überwachen.
Mindestens fünf Modeboutiquen sollen bereits Schaufensterpuppen der italieni-
schen Firma Almax SpA einsetzen, um die Kunden zu beobachten und Informa-
tionen von ihnen zu erhalten (vgl. Telepolis vom 27. November 2012). Demnach
verspricht der Schaufensterpuppenhersteller den Händlern eine absolute Neu-
heit in Sachen Verkaufsanpassung: Schaufensterpuppen, die mit ähnlicher Über-
wachungstechnologie ausgestattet sind, wie Ermittlungsbehörden. Auch wenn
die Puppen rein äußerlich den gleichen Eindruck wie die Übrigen vermitteln,
sind kaum erkennbare Videokameras in ihren Augen installiert. Die Kameras
sollen mit einer Gesichtserkennungssoftware verbunden werden, so dass es ohne
weiteres möglich ist, Alter, Geschlecht, Ethnie und sogar Gesichtsmerkmale des
Gegenübers zu erkennen. Die Firma Almax SpA kündigte darüber hinaus an, die
nächste Schaufensterpuppengeneration in Kürze auch noch mit Überwachungs-
mikrofonen auszustatten, damit sie eventuelle Gespräche der Kunden aufneh-
men und auswerten können. Sinn dieser Spionage soll laut dem Geschäftsführer
der Puppenherstellerfirma, Max Catanese, sein, die Auslagen in den Filialen
besser an das Kundeninteresse anzupassen und somit die Verkäufe zu steigern.

Eine dieser Spezialpuppen kostet in etwa 4 000 Euro. Vor allem bei großen
Modeketten sollen sie schon im Einsatz sein. Seit Dezember 2011 will das

Unternehmen Almax SpA bereits mehrere Dutzend Puppen verkauft haben und
die Nachfrage soll stetig steigen.

Peter Schaar, Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfrei-
heit, äußerte sich kritisch hinsichtlich der Technologie. Zusammen mit der Video-
überwachung in den Filialen, der Identifizierung durch das elektronische Bezahlen,
dem aus Kundenkarten gewonnenen Einkaufsverhalten und den RFID-Etiketten
ließen sich so detaillierte Kundenprofile anlegen und das sei datenschutzrecht-

Drucksache 17/12885 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
lich unzulässig (Berliner Zeitung vom 21. November 2012 „Modeketten spio-
nieren Kunden aus“).

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, welche Modeunternehmen die
mit Überwachungstechnologie ausgestatteten Schaufensterpuppen nutzen?

Wenn ja, um welche handelt es sich?

2. Ist der Bundesregierung bekannt, ob auch auf dem deutschen Markt agie-
rende Modeunternehmen die mit Überwachungstechnologie ausgestatteten
Schaufensterpuppen nutzen?

Wenn ja, welche sind dies?

3. Ist der Bundesregierung bekannt, welche auf dem deutschen Markt agieren-
den Modeunternehmen sich für die mit Überwachungstechnologie ausgestat-
teten Schaufensterpuppen interessieren?

Wenn ja, welche sind das?

4. Ist die Ausstattung und Nutzung solcher Art von Schaufensterpuppen recht-
lich legitimiert?

Wenn ja, um welche gesetzlichen Grundlagen handelt es sich dabei, und gibt
es für die Händler Möglichkeiten, diese zu umgehen?

5. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, mit welcher Überwachungssoft-
ware die Kameras der Schaufensterpuppen verbunden sind?

Wenn ja, um welche Software handelt es sich, und welche Daten können da-
mit generiert werden?

6. Ist der Bundesregierung bekannt, wie mit den gewonnenen Daten umgegan-
gen wird?

Wenn ja, werden die Daten gespeichert, weitergegeben oder Ähnliches?

7. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, welche auf dem deutschen Markt
agierenden Modeunternehmen RFID-Chips in ihre Kleidung einnähen las-
sen?

Wenn ja, welche sind dies, und auf welcher gesetzlichen Grundlage ver-
wenden sie die Technologie?

8. Wird die Bundesregierung auf den Einsatz von Überwachungstechnologie in
der Modebranche reagieren?

Wenn ja, wie?

Wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 18. März 2013

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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