BT-Drucksache 17/12846

Modellprojekt FSJ Digital - Potenziale in der Anwendung und Vermittlung von Medienkompetenz im bürgerschaftlichen Engagement nutzen

Vom 20. März 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/12846
17. Wahlperiode 20. 03. 2013

Antrag
der Abgeordneten Lars Klingbeil, Sönke Rix, Petra Crone, Martin Dörmann,
Siegmund Ehrmann, Petra Ernstberger, Iris Gleicke, Christel Humme, Johannes
Kahrs, Angelika Krüger-Leißner, Ute Kumpf, Caren Marks, Franz Müntefering,
Aydan Özog˘uz, Thomas Oppermann, Stefan Rebmann, Gerold Reichenbach,
Marlene Rupprecht (Tuchenbach), Ulla Schmidt (Aachen), Stefan Schwartze,
Kerstin Tack, Dr. h. c. Wolfgang Thierse, Dagmar Ziegler, Brigitte Zypries,
Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion der SPD

Modellprojekt FSJ Digital – Potenziale in der Anwendung und Vermittlung von
Medienkompetenz im bürgerschaftlichen Engagement nutzen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Freiwilligendienste sind eine besondere Form des bürgerschaftlichen Engage-
ments. Ihr Kern ist die Definition als Lern- und Bildungsdienste. Das Freiwillige
Soziale Jahr (FSJ) und das Freiwillige Okölogische Jahr (FÖJ) haben sich in den
letzten Jahrzehnten als fester Bestandteil des zivilgesellschaftlichen Engage-
ments junger Menschen in Deutschland etabliert und durch Erweiterungen der
Einsatzfelder um Bereiche wie Sport und Kultur eine weitere Aufwertung erfah-
ren. Die Diskussion um eine Weiterentwicklung der Freiwilligendienste, bei-
spielsweise durch ein Freiwilligendienstestatusgesetz, wird auch im Deutschen
Bundestag, zuletzt im Rahmen des Antrags „Freiwilligendienste in zivilgesell-
schaftlicher Verantwortung stärken“ (Bundestagsdrucksache 17/9926) der Frak-
tionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN geführt. Die Freiwilligen-
dienste sind vor allem deshalb ein Erfolgsmodell, weil sie den Teilnehmerinnen
und Teilnehmern den Erwerb und die Weiterentwicklung wichtiger sozialer und
personaler Kompetenzen als auch Orientierungsmöglichkeiten bieten und
gleichzeitig einen wertvollen Beitrag für die Gesellschaft leisten. Die Akzeptanz
der neuen regulär eingeführten Anwendungsgebiete im FSJ, beispielsweise im
Bereich Kultur, sowie die Erprobung eines Modellprogramms FSJ Politik dürfen
dem Gesetzgeber Mut machen, auch weitere Anwendungsgebiete zu erproben
und anzubieten.

Die Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ des Deutschen
Bundestages hat unlängst die enorme Bedeutung der Medienkompetenz in einer
zunehmend digitalisierten Gesellschaft festgestellt, aber auch deutliche Defizite

und Herausforderungen aufgezeigt. Medienkompetenz gilt heute als Quer-
schnittkompetenz, die eine Grundvoraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe,
Zugang zu Wissen und Chancen auf dem Arbeitsmarkt darstellt. Gleichzeitig
sorgen verschiedene Hürden und Hindernisse für ein Auseinanderdriften der
Gesellschaft im Bereich der Medienkompetenz. Die digitalen Gräben verlaufen
auf sehr unterschiedliche Weisen, etwa zwischen Jung und Alt durch unter-
schiedlich erlerntes und erfahrenes Mediennutzungsverhalten, zwischen Arm

Drucksache 17/12846 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

und Reich durch unterschiedliche materielle Zugänge zu neuen Medien oder
auch zwischen Stadt und Land durch unterschiedliche technische Voraussetzun-
gen im Zugang zu neuen Medien.

Diese Lücke zwischen anerkannter gesellschaftlicher Bedeutung der Medien-
kompetenz und den realen Umsetzungshemmnissen könnte durch ein stärkeres
bürgerschaftliches Engagement in diesem Bereich abgemildert werden. Im
Rahmen eines zu erprobenden FSJ Digital könnten junge Erwachsene – zu-
nächst in Modellprojekten und mit Unterstützung der Träger der Jugendfreiwil-
ligendienste – ihre technischen Fertigkeiten und Fähigkeiten im Umgang und in
der Anwendung von neuen Medien in den Dienst von gemeinnützigen Einrich-
tungen stellen und diese bei der Umsetzung von digitalen Projekten und der
Vermittlung von Medienkompetenz unterstützen. Gleichzeitig bekommen die
Teilnehmerinnen und Teilnehmer durch die pädagogische Begleitung in den
Einsatzstellen die Möglichkeit, Orte des bürgerschaftlichen Engagements in
unterschiedlichen Bereichen kennenzulernen und neue Fähigkeiten, die über
die bisher erlernten hinausreichen, zu entwickeln. Der inhaltlich und technisch
kompetente Umgang mit Medien, insbesondere mit neuen Medien, soll durch
ergänzende Fortbildungsmöglichkeiten und Seminare für die Teilnehmerinnen
und Teilnehmer im Rahmen des Modellprojektes FSJ Digital geschult und ge-
festigt werden. Bei der Erarbeitung und der Durchführung des Modellprojektes
werden die anerkannten Träger des FSJ mit einbezogen.

Im Rahmen generationenübergreifender Aktivitäten können – beispielsweise in
den bereits etablierten Mehrgenerationenhäusern – die Teilnehmerinnen und
Teilnehmer am FSJ Digital älteren Menschen zum Beispiel IT- oder Smart-
phone-Kurse anbieten.

Leitbild der Medienkompetenzvermittlung ist dabei die Entwicklung einer digi-
talen Selbstständigkeit, wie sie die Enquete-Kommission „Internet und digitale
Gesellschaft“ beschrieben hat.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. zusammen mit den anerkannten Trägern des FSJ ein Modellprojekt FSJ
Digital zu initiieren und gemeinsam mit regionalen und überregionalen
Trägern und Institutionen eine begrenzte Anzahl von Einsatzstellen zu
schaffen, die digitale Projekte und die Vermittlung von Medienkompetenz in
gemeinnützigen Einrichtungen in den Mittelpunkt stellen und deren Umset-
zung erprobt;

2. mit einer gezielten Öffentlichkeitsarbeit potenzielle Träger auf die Möglich-
keiten und Chancen eines FSJ Digital hinzuweisen;

3. das Modellprojekt nach zwei Jahren im Hinblick auf eine mögliche Weiter-
führung des FSJ Digital als regulärer Bestandteil der Jugendfreiwilligen-
dienste zu evaluieren;

4. die Aufnahme von Medienkompetenz als Lernziel und mögliches Einsatzge-
biet für Freiwillige in das Jugendfreiwilligendienstegesetz und das Bundes-
freiwilligendienstegesetz zu prüfen;

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/12846

5. darauf hinzuwirken, dass die Teilnahme an einem Freiwilligendienst mehr
Anerkennung erfährt als bisher, beispielsweise durch die Anrechenbarkeit
als Praktikum für eine mögliche Ausbildung oder Studium, um potenziellen
Bewerberinnen und Bewerbern den Entschluss für einen Freiwilligendienst
zu erleichtern. Dabei sind die Forderungen der Anträge auf Bundestags-
drucksachen 17/3429 und 17/9926 einzubeziehen.

Berlin, den 20. März 2013

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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