BT-Drucksache 17/1284

Unterstützungsleistungen deutscher Behörden beim Vorgehen dänischer Polizeikräfte gegen Demonstrantinnen und Demonstranten anlässlich des Klimagipfels in Kopenhagen und Einsatz von Gefangenenkäfigen (mobile Verwahrräume)

Vom 26. März 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/1284
17. Wahlperiode 26. 03. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Eva Bulling-Schröter, Wolfgang Gehrcke,
Andrej Hunko, Katja Kipping, Harald Koch, Niema Movassat, Wolfgang Neskovic,
Petra Pau, Alexander Ulrich, Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

Unterstützungsleistungen deutscher Behörden beim Vorgehen dänischer Polizei-
kräfte gegen Demonstrantinnen und Demonstranten anlässlich des Klimagipfels in
Kopenhagen und Einsatz von Gefangenenkäfigen (mobile Verwahrräume)

Während des Klimagipfels in Kopenhagen vom 7. bis 18. Dezember 2009 wurden
über 1 900 Klimaaktivistinnen und -aktivisten bei unterschiedlichen Demonstra-
tionen festgenommen und zu einem großen Teil in mobile Verwahrräume ver-
bracht. Laut Medienberichten handelt es sich bei diesen um dieselben Käfige, die
beim G8-Gipfel in Heiligendamm zum Einsatz kamen (vgl. die tageszeitung vom
15. Dezember 2009, Neues Deutschland vom 17. Dezember 2009).

Deutsche Behörden haben auch bei diesem Gipfeltreffen bzw. anlässlich der
Demonstrationen Repressionsbeihilfe geleistet. Der dänischen Polizei wurden
ausweislich eines Berichts des Bundesministers des Innern zwei Wasserwerfer
nebst acht Beamten sowie fünfzig „Halbgruppenfahrzeuge“ zur Verfügung ge-
stellt. Die Wasserwerfer sollen dabei nicht zum Einsatz gekommen sein. Bundes-
kriminalamt (BKA) und Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hatten Verbin-
dungskräfte in Dänemark stationiert, das BfV hat zudem Lageberichte übersandt
und Auskunftsersuchen beantwortet. Zudem wurden den dänischen Behörden
Datensätze über 240 Personen übersandt, die in der BKA-geführten Datei „Inter-
national agierende gewaltbereite Störer“ (IgaSt) gespeichert sind. Entgegen der
Dateibezeichnung handelt es sich bei den gespeicherten Personen allenfalls um
Verdächtige. Die Bundesregierung hat bereits auf frühere Anfragen der Fraktion
DIE LINKE. eingeräumt, dass sie keine Angaben darüber machen kann, ob bzw.
wie viele der in der Datei IgaSt gespeicherten Personen tatsächlich wegen einer
Gewalttat rechtskräftig verurteilt worden sind (Bundestagsdrucksache 16/13563).
Diese Dateien sind vielmehr politisch motivierte Verdachtsdateien.

Angesichts der massiven Repressionen, mit denen dänische Behörden gegen Per-
sonen vorgegangen sind, die ihr Grundrecht auf Versammlungsfreiheit und freie
Meinungsäußerung wahrnehmen wollten, halten die Fragesteller die Beihilfe
deutscher Behörden hierzu für unverantwortlich.
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Zu welcher Abteilung/welchem Referat gehört der vom 7. bis 19. Dezember
2009 nach Kopenhagen entsandte Vertreter des Bundeskriminalamtes, und
wo genau war er in Dänemark angesiedelt (bitte auch hier das Gremium sowie
die Abteilung/das Referat benennen)?

Drucksache 17/1284 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

2. Sofern die BKA-Verbindungskraft in einem Gremium vertreten war, in dem
auch weitere ausländische Sicherheitskräfte vertreten waren, um welche
Sicherheitskräfte handelte es sich dabei, und aus welchen Ländern wurden
diese entsandt?

3. Mit welchen Behörden und/oder Gremien hatte das BKA im Vorfeld des
Gipfels in Kopenhagen Besprechungen geführt (bitte möglichst die kontak-
tierten Dienststellen/Abteilungen/Referate benennen und angeben, wann die
Besprechungen stattfanden und was ihr Gegenstand war)?

4. Inwiefern waren Aktivitäten globalisierungskritischer bzw. klimapolitischer
Bündnisse, Gruppen oder Einzelpersonen Gegenstand der Gespräche?

5. In welches Gremium wurden die vier Mitarbeiter des Bundesamtes für Ver-
fassungsschutz nach Kopenhagen entsandt, und wer war dort außerdem
vertreten?

6. Was war die Aufgabe dieses Gremiums?

7. Welchen Behörden (möglichst unter Angabe der Abteilung/des Referates)
hat das BfV im Vorfeld des Gipfels Lageberichte übersandt?

a) Welcher Art waren diese Lageberichte?

b) Was war ihr wesentlicher Inhalt?

8. Mit welchen dänischen Behörden (bitte Abteilung/Referat angeben) hat das
BfV im Vorfeld des Gipfels koordinierende Besprechungen durchgeführt?

9. Hat das BfV anderen in- oder ausländischen Behörden personenbezogene
Daten deutscher Staatsbürger übermittelt, und wenn ja, in welchem Umfang,
um Daten welcher Art handelt es sich, auf welcher Rechtsgrundlage basierte
das Vorgehen und welchen Zweck verfolgte es?

10. Inwiefern war die Beobachtung globalisierungskritischer bzw. klimapoli-
tischer Bündnisse, Gruppen bzw. Personen in Zusammenhang mit dem
Klimagipfel Gegenstand der Arbeit des BfV?

11. Haben deutsche Sicherheitsbehörden Fragebögen erhalten, wie sie im Hand-
buch EU-SEC vorgesehen sind, und wenn ja,

a) was war Inhalt dieser Fragebögen,

b) welche Dienststellen haben die Fragen beantwortet,

c) welchen Wortlaut hatten die Antworten?

12. Waren Vertreter der Bundesregierung bzw. deutscher diplomatischer Vertre-
tungen in Dänemark beim Haftprüfungstermin des deutschen Staatsbürgers
T. M. am 19. Dezember 2009 in Kopenhagen zugegen?

Waren sie bei Haftprüfungsterminen anderer (wenn ja, wie vieler) deutscher
Staatsbürger zugegen?

13. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, ob Personen, über die im Vorfeld
oder während des Gipfels Informationen von deutschen an dänische Sicher-
heitsbehörden übermittelt worden sind, in Dänemark in Gewahrsam genom-
men oder festgenommen worden sind, und wenn ja, wie viele Personen be-
trifft dies?

14. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, wie viele in Deutschland wohn-
hafte Personen in Zusammenhang mit dem Klimagipfel bzw. den Demonst-
rationen von den dänischen Sicherheitsbehörden festgenommen worden
sind (wenn ja, bitte angeben und ausführen, wie lange die Freiheitsentzie-
hung dauerte bzw. ob sie noch andauert)?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/1284

15. Wie viele angebliche Gewalttäter waren zum Zeitpunkt der Übermittlung an
die dänischen Behörden insgesamt in der Datei IgaSt gespeichert?

16. Hat die Bundesregierung Kenntnis davon, ob die dänischen Sicherheitsbe-
hörden Käfige (mobile Verwahrräume), wie sie während des G8-Gipfels
2007 in Heiligendamm eingesetzt worden waren, von deutschen Länderpoli-
zeien oder der Bundespolizei erhalten haben (bitte ggf. ausführen)?

17. Verfügt die Bundespolizei über derartige oder ähnliche Käfige und wenn ja,
wie viele und für wie viele Personen sind sie ausgelegt?

18. Hat die Bundespolizei in der Vergangenheit diese oder ähnliche Käfige ein-
gesetzt (aus eigenem Bestand oder von Länderpolizeien überlassen), und
wenn ja,

a) bei welcher Gelegenheit (bitte ab Juli 2007 auflisten) und

b) gibt es hierfür spezielle Einsatzrichtlinien (bitte ggf. als Anlage bei-
fügen)?

19. Hat die Bundespolizei solche Käfige in der Vergangenheit an Länderpoli-
zeien oder ausländische Sicherheitskräfte ausgeliehen (bitte ggf. Anlässe
seit Juli 2007 nennen), und wenn ja, zu welchen Miet- bzw. Verleihkonditio-
nen?

20. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, ob bzw. bei welchen Gelegen-
heiten Länderpolizeien solche Verwahrräume an ausländische Sicherheits-
kräfte ausgeliehen haben?

21. Wie beurteilt die Bundesregierung die Vereinbarkeit des Einsatzes solcher
Käfige mit den Grundrechten der Menschenwürde und der körperlichen
Unversehrtheit?

Berlin, den 26. März 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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