BT-Drucksache 17/12666

Rechtsextreme in privaten Wachschutzunternehmen

Vom 11. März 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/12666
17. Wahlperiode 11. 03. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Heidrun Dittrich, Jens Petermann, Petra Pau,
Frank Tempel, Jörn Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE.

Rechtsextreme in privaten Wachschutzunternehmen

Viele Neonazis arbeiten in privaten Wachschutzfirmen. Allein in Brandenburg
sollen nach Behördenschätzungen 10 Prozent der dortigen Neonazis im
Wachschutz beschäftigt sein. Auch in Sachsen, Thüringen und Mecklenburg-
Vorpommern drängen Neonazis gezielt in Wachschutzunternehmen
(www.berliner-zeitung.de/berlin/rechtsextreme-unterwanderung-neonazis- als-
wachschuetzer,10809148,21730912.html).

Nach Angaben eines früheren Managers eines Sicherheitsdienstleistungsunter-
nehmens bietet auch die NPD – gemeint sind offensichtlich der Partei nahe-
stehende Unternehmen oder Parteimitglieder – in Ostdeutschland solche
Dienstleistungen an und gewinnt öffentliche Ausschreibungen für Aufträge.
„Bei mehreren Kundenbesuchen in Ostdeutschland, vornehmlich mit Bürger-
meistern und anderen Stadtverantwortlichen hörte ich immer wieder, dass die
NPD billiger sei als wir und gute Arbeit leiste … bis zu diesen Erlebnissen
wäre mir nie eingefallen, dass es sich bei der NPD um ein Wachunternehmen
handelt … wir bezahlten unsere Leute übertariflich gut und mussten zusehen,
wie die Aufträge an uns vorbeigingen, weil die NPD die Ausschreibungen
gewann … eine obskure Realsatire.“ (www.heise.de/tp/artikel/38/38596/
1.html?zanpid=1741818659426755585).

Private Wachschutzunternehmen werden bei öffentlichen Kultur- und Sport-
veranstaltungen eingesetzt, aber auch zur Bewachung von Bundeswehreinrich-
tungen und sogar Asylheimen. Neonazis können eine solche Position als Wach-
schützer gezielt ausnutzen, um Gesinnungsgenossen etwa bei Fußballspielen
oder Konzerten einzuschleusen. „Die meisten von der Borussenfront hatten
zwar Stadionverbot. Rein kamen die aber trotzdem, weil eine Zeit lang die
Security-Firma mit unseren Leuten durchsetzt war“, berichtet ein Aussteiger
der Dortmunder Naziszene im Magazin „11 Freunde“, wie Neonazis bei
Spielen von Borussia Dortmund ins Stadion gelangten, um dort Nachwuchs
unter Fußballfans zu rekrutieren (www.11freunde.de/artikel/nazis-auf-den-
raengen?page=1).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über eine besondere Unterwan-
derung von Wachschutzunternehmen durch Neonazis?

2. Wie viele und welche Wachschutzunternehmen werden nach Kenntnis der
Bundesregierung von Rechtsextremen betrieben oder beschäftigten über-
durchschnittlich viele Rechtsextreme?

Drucksache 17/12666 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
3. Welche Möglichkeiten haben öffentliche Auftraggeber nach Kenntnis der
Bundesregierung, sich über einen möglichen rechtsextremen Hintergrund
eines Wachschutzunternehmens bzw. dessen Angestellter zu informieren,
und inwieweit werden diese Möglichkeiten nach Kenntnis der Bundes-
regierung genutzt (bitte gesondert für den Bereich von Bundesbehörden
und Bundeswehr darstellen)?

4. Wie viele und welche Fälle gab es nach Kenntnis der Bundesregierung in
den letzten fünf Jahren, in denen Wachschutzunternehmen aufgrund rechts-
extremer Einstellung oder Betätigung der Betreiber des Unternehmens oder
ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei derartigen Aufträgen abgelehnt
oder ihnen wieder gekündigt oder Aufträge aus diesem Grund nicht verlän-
gert wurden?

5. Bei wie vielen und welchen Bundeswehreinrichtungen kommen private
Wachschutzunternehmen zum Einsatz?

a) Welche Aufgabenbereiche werden dabei im Einzelnen von privaten
Wachschutzunternehmen übernommen?

b) Gab es während der letzten zehn Jahre Fälle, in denen private Wach-
dienste oder einzelne ihrer Mitarbeiter aufgrund eines rechtsextremen
Hintergrundes abgelehnt oder gekündigt wurden, und wenn ja, welche
Fälle?

c) Inwieweit gab es rechtsextremistische Vorfälle bei der Bundeswehr, in
die private Wachleute verwickelt waren?

6. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über eine Verwicklung priva-
ter Wachdienste in den Diebstahl von Waffen, Munition, Sprengstoff oder
sonstiger militärischer Ausrüstungsgegenstände aus Bundeswehrbeständen
seit dem Jahr 1990?

a) In welchen und wie vielen Fällen des Verlustes militärischer Ausrüs-
tungsgegenstände wurde gegen private Wachdienste ermittelt, und mit
welchem Ergebnis?

b) In welchen dieser Fälle gab es Hinweise auf eine rechtsextremistische
Gesinnung der eingesetzten privaten Wachleute?

7. Sind der Bundesregierung Fälle bekannt, in denen rechtsextremistische
Wachleute privater Wachschutzunternehmen zur Bewachung von Asylhei-
men und Flüchtlingsunterkünften eingesetzt wurden, und wenn ja, wann,
wo, und mit welchen Konsequenzen?

8. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über ein Zusammenwirken
von Wachschützern, die als Ordner bei Fußballspielen eingesetzt werden,
und Neonazis?

9. Was unternimmt die Bundesregierung, um ihre Kenntnis über die Proble-
matik rechtsextremer bzw. rechtsextrem unterwanderter Wachschutzunter-
nehmen zu vertiefen?

10. Inwieweit gibt es im Rahmen des Gemeinsamen Abwehrzentrums gegen
Rechtsextremismus einen Austausch über die Problematik, und welche
weitere Schritte sind bislang von dort angeregt worden?

Berlin, den 11. März 2013

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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