BT-Drucksache 17/12598

Ermittlungen gegen einen BND-Mitarbeiter

Vom 1. März 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/12598
17. Wahlperiode 01. 03. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jens Petermann, Jörn Wunderlich und der
Fraktion DIE LINKE.

Ermittlungen gegen einen BND-Mitarbeiter

„SPIEGEL ONLINE“ berichtete am 8. Februar 2013 über Ermittlungen der
Staatsanwaltschaft Heidelberg gegen J. S., einen „altgedienten BND-Mann“,
der unter dem Verdacht der Bildung einer bewaffneten Gruppe und des Ver-
stoßes gegen das Waffengesetz stehe. Der Bundesnachrichtendienst (BND)
selbst habe Anzeige erstattet, als die Innenrevision auf den Mann aufmerksam
geworden sei. Sollte die Berichterstattung des Nachrichtenmagazins zutreffen,
gibt es innerhalb des BND erhebliche Unstimmigkeiten, bei denen der Vorwurf
rechtsextremer Umtriebe und das Verhältnis zur Waffengewalt eine Rolle spie-
len – was in diesem Fall zur Anzeige gegen einen hochrangigen Mitarbeiter
führte. Dem Bericht zufolge wurde er zumindest von den Anzeigeerstattenden
als Kopf oder Gründer einer bewaffneten Gruppe verdächtigt – ob es sich dabei
aus ihrer Sicht um BND-Beamte, die ihm unterstellt waren, oder eine „Hilfs-
truppe“ gehandelt haben soll, blieb unklar. Der Anwalt des Betroffenen soll von
einer „bösartigen Intrige“ seiner Vorgesetzten gesprochen haben, die „das Sol-
datische“ seines Mandanten ablehne. Ein BND-General soll ihm „national-
sozialistische Propaganda“ vorgeworfen haben, was zu seiner Versetzung in die
Pullacher Zentrale führte (www.spiegel.de/politik/deutschland/verbindungsstelle-
61-staatsanwaelte-ermitteln-gegen-hohen-bnd-mann-a-882145.html).

Am Tag der Veröffentlichung durch „SPIEGEL ONLINE“ stellte die Staatsan-
waltschaft Heidelberg die Ermittlungen wegen Verdacht auf Verstoß gegen das
Waffengesetz ein, teilte dies der Presse mit, und bestätigte dadurch erstmals,
dass sie gegen den BND-Mitarbeiter ermittelt hatte (www.staatsanwaltschaft-
heidelberg.de/servlet/PB/menu/1282321/index.html?ROOT=1175715).

Die Quellenlage bei „SPIEGEL ONLINE“ lässt zudem vermuten, dass besorgte
oder anderweitig motivierte BND-Mitarbeiter ihre Version der Ereignisse an
das Magazin „durchgestochen“ hatten, um das kritische Auge der Öffentlich-
keit auf die Ermittlungen zu lenken. Dass diese dann genau am Tag der Ver-
öffentlichung eingestellt wurden, wirft mehr Fragen auf als beantwortet wer-
den.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Aufgrund welcher Vorwürfe im Einzelnen erstatteten BND-Mitarbeiter
wann und wo nach Kenntnis der Bundesregierung Anzeige gegen J. S. (bitte
Zeitraum und geographischen Raum bzw. „Operationsgebiet“ nennen, auf
die sich die Vorwürfe beziehen)?

Drucksache 17/12598 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
2. Worauf begründete sich nach Kenntnis der Bundesregierung der Verdacht
auf Verstoß gegen das Waffengesetz im Ermittlungsverfahren gegen J. S.?

a) Um welche Art und Mengen von Waffen ging es nach Kenntnis der Bun-
desregierung bei den Ermittlungen wegen des Verdachts auf Verstoß ge-
gen das Waffengesetz gegen J. S.?

b) Wurden die besagten Waffen nach Kenntnis der Bundesregierung nicht
gefunden, oder gab es für einen Waffenfund im Zuge der Ermittlungen
eine Erklärung, die zur Einstellung des Verfahrens führte?

3. Läuft das Ermittlungsverfahren gegen J. S. wegen Bildung einer bewaffne-
ten Gruppe nach Kenntnis der Bundesregierung noch?

4. Um was für eine „bewaffnete Gruppe“, die zu welchem Zeitpunkt mit wel-
chen und wie vielen Mitgliedern existiert haben soll, handelt es sich?

5. Seit wann war J. S. für den BND tätig, und welche Aufgaben hatte er gege-
benenfalls vor 1990?

6. Welche Aufgabenstellung hat die „Verbindungsstelle 61“ beim BND, und
wann wurde sie gegründet?

a) In welchem Zeitraum leitete J. S. diese Dienststelle?

b) Mit welchen in- und ausländischen Geheimdiensten stand er in dieser
Funktion in Kontakt?

c) Inwieweit unterhielt die „Verbindungsstelle 61“ Kontakt zu deutschstäm-
migen Personen in Südafrika?

7. Inwieweit trifft die Meldung von „SPIEGEL ONLINE“ zu, dass ein BND-
General dem besagten J. S. „nationalsozialistische Propaganda“ vorwarf und
er daraufhin von Mainz in die Pullacher Zentrale des BND versetzt wurde?

a) Zu welchem Zeitpunkt wurde J. S. versetzt?

b) War diese Versetzung mit einer Degradierung oder Abmahnung verbun-
den?

c) Bezog sich der Vorwurf der nationalsozialistischen Propaganda aus-
schließlich auf eine Bilderreihe des Brandenburger Tors im Lauf der Ge-
schichte auf dem Gang seines Dienstsitzes, darunter eine Abbildung aus
dem Jahr 1943 mit der Aufschrift „Führer befiehl – wir folgen“, oder gab
es mehrere Vorkommnisse, die dem BND-General eine rechtsextreme
Gesinnung des J. S. annehmen ließ, und wenn ja, welche?

8. Inwiefern hatten J. S. oder ihm direkt unterstellte BND-Mitarbeiter nach
Kenntnis der Bundesregierung zu irgendeinem Zeitpunkt mit Personen zu
tun, gegen die nach §§ 127, 129, 129a, 129b des Strafgesetzbuchs ermittelt
wurde oder wird?

9. Hatten J. S. oder ihm direkt unterstellte BND-Mitarbeiter zu irgendeinem
Zeitpunkt dienstlich mit in- oder ausländischen Rechtsextremisten – insbe-
sondere Mitgliedern des Netzwerkes Blood&Honour zu tun?

a) Wenn ja, welche Personen waren dies und in welchem Zusammenhang?

b) Wenn ja, waren darunter auch Personen, die nach dem 4. November 2011
als Beschuldigte in Zusammenhang mit dem NSU-Verfahren geführt
wurden?

Berlin, den 1. März 2013

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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