Vom 26. Februar 2013
Deutscher Bundestag Drucksache 17/12568
17. Wahlperiode 26. 02. 2013
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan van Aken, Sevim Dag˘delen, Annette Groth,
Inge Höger, Andrej Hunko, Niema Movassat, Petra Pau, Frank Tempel, Alexander
Ulrich, Kathrin Vogler und der Fraktion DIE LINKE.
Aktivitäten der neofaschistischen griechischen Partei Goldene Morgenröte
in der Bundesrepublik Deutschland
Die neofaschistische Partei Chrysi Avgi (Goldene Morgenröte), die bei den
Wahlen 2009 nur 0,29 Prozent der Stimmen erreichen konnte, zog vor dem Hin-
tergrund der griechischen Wirtschaftskrise und der von der Europäischen Union
verordneten radikalen Sparpolitik erstmals im Mai 2011 mit fast 7 Prozent ins
Griechische Parlament ein. Seit der letzten Parlamentswahl im Juni 2012, bei
der sie 6,92 Prozent erhielt, stellte sie 18 von 300 Abgeordneten. Anhänger der
Partei, die Hitler verehrt und deren Logo an ein Hakenkreuz erinnert, machen
bewaffnet Jagd auf Migrantinnen und Migranten aber auch auf linke Aktivis-
tinnen und Aktivisten. Inzwischen werden hunderte oft unter den Augen der
untätig bleibenden Polizei begangene Überfälle gezählt (www.taz.de/!93474/).
In der Antwort auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 17/11774
bezeichnet die Bundesregierung die von der Fraktion DIE LINKE. getroffene
Einschätzung der Partei Goldene Morgenröte als „faschistisch, neonazistisch
und rechtsextremistisch“ als zutreffend.
Über den seit dem Jahr 2004 bestehenden europaweiten Zusammenschluss
rechtsextremer Parteien „Europäische Nationale Front“ gibt es seit längerem
Kontakte zwischen der Partei Goldene Morgenröte und der deutschen NPD.
Besonders gute Kontakte pflegen die griechischen Faschisten offenbar zu
bayerischen Neonazis. Laut einem Bericht des neonazistischen „Freien Netz
Süd“ (FNS) fand Anfang November 2012 ein gemeinsamer „kulturpolitischer
Ausflug“ von deutschen Neonazis, darunter NPD-Mitglieder und der vor-
bestrafte Holocaustleugner Ernst Zündel, mit Mitgliedern der Chrysi Avgi zum
Reichsparteitagsgelände und weiteren ehemaligen Wirkungsstätten des Nazi-
Regimes statt. Bei einem anschließenden Treffen in Fürth referierten deutsche
und griechische Neonazis über die „Zustände in Deutschland und Griechenland“
(www.endstation-rechts-bayern.de/2012/11/deutsche-und-griechische-nazis-
hand- in-hand-in-der-tradition-der-nsdap/).
In Nürnberg gründete die Goldene Morgenröte laut ihrem Internetauftritt eine
Auslandszelle der Partei, die am 7. Januar 2013 ihre erste Tagung abhielt. „Die
Auslandsgriechen antworten auf die dreckigen Hippies und das Regime der
demokratischen Diktatur in unserer Heimat“, heißt es auf der Website der Nürn-
berger Zelle, „Wir erwarten das Trompetensignal unseres Führers, Nikolaos
Michaloliakos, um uns wie ein gewaltiger Strom auf der ganzen Erde auszubrei-
ten und den Endsieg zu erzielen“ (www.nordbayern.de/nuernberger-zeitung/
nurnberg/nurnberg-als-zentrum-fur-griechische-nazis-1.2665603).
Drucksache 17/12568 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Dagegen nannte der Verband Griechischer Gemeinden (OEK) die Gründung der
Auslandszelle der Goldenen Morgenröte in Nürnberg „unerwünscht“ und eine
„Schande für Griechenland und Europa“ (www.nordbayern.de/nuernberger-
zeitung/nurnberg/nurnberg-als-zentrum-fur-griechische-nazis-1.2665603). In
einem seit November 2012 von über 1 760 im Ausland lebenden Griechinnen
und Griechen unterzeichneten Manifest „Nichts Goldenes an dieser Morgen-
röte“ distanzieren sich die Unterzeichnenden von der neonazistischen Partei und
versichern den in Griechenland lebenden Migrantinnen und Migranten ihre
Solidarität (www.todikomasoxi.org/).
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Gewalttaten von Mit-
gliedern der Partei Goldene Morgenröte in Griechenland?
2. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus dem Versuch der Partei Goldene Morgenröte, unter den griechischstäm-
migen Migrantinnen und Migranten in Deutschland Fuß zu fassen?
3. Welche Aktivitäten der Partei Goldene Morgenröte in der Bundesrepublik
Deutschland sind der Bundesregierung bekannt?
a) Über wie viele Anhängerinnen und Anhänger verfügt die Goldene
Morgenröte nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutschland?
b) Wo und wie sind die Mitglieder der Goldenen Morgenröte in Deutschland
organisiert?
c) Welche Versammlungen, Kundgebungen oder Demonstrationen von Mit-
gliedern der Goldenen Morgenröte in Deutschland sind der Bundes-
regierung bekannt geworden (bitte Ort, Zeitpunkt, Teilnehmerzahl und
Anlass bzw. Thema nennen)?
d) Welche Publikationen, Flugblätter oder Internetauftritte der Goldenen
Morgenröte in Deutschland sind der Bundesregierung bekannt?
e) Inwieweit arbeiten Anhängerinnen und Anhänger oder Mitglieder der
Goldenen Morgenröte nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutsch-
land in anderen griechischen Vereinen oder griechischen Gemeinden mit?
f) Inwieweit haben Mitglieder oder Anhänger der Goldenen Morgenröte
nach Kenntnis der Bundesregierung sich an Wahlen zu Ausländer- oder
Integrationsbeiräten beteiligt, und inwieweit haben sie dabei Mandate
errungen?
4. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Kontakte der Partei
Goldene Morgenröte zu deutschen Rechtsextremen, und welcher Art sind die
Kontakte?
Welche Kontakte bestehen nach Kenntnis der Bundesregierung, insbesondere
a) zur NPD (auch im Rahmen der Europäischen Nationalen Front),
b) zu freien Kameradschaften (welchen) sowie
c) zu sonstigen Rechtsextremen (welchen)?
5. Inwieweit gibt es von bundesdeutscher Seite polizeiliche, juristische oder
nachrichtendienstliche Aktivitäten gegen die Ausbreitung der Goldenen
Morgenröte in der Bundesrepublik Deutschland und ihre Kontakte zu deut-
schen Rechtsextremen?
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/12568
6. Welche Initiativen von in Deutschland lebenden Griechinnen und Griechen
gegen das Erstarken der Goldenen Morgenröte in Griechenland und unter
den griechischstämmigen Migrantinnen und Migranten kennt die Bundes-
regierung?
a) Inwieweit ist sie bereit, solche Initiativen zu unterstützen?
b) Welche Initiativen gehen von der Bundesregierung aus, um die Goldene
Morgenröte in Griechenland und Deutschland zu schwächen?
7. Welche Ursachen hat das Erstarken der Goldenen Morgenröte nach Ein-
schätzung der Bundesregierung?
Berlin, den 26. Februar 2013
Dr. Gregor Gysi und Fraktion