BT-Drucksache 17/1256

Die Finanzierung des UNHCR-Programms "PROFILE" zur biometrischen Registrierung von Flüchtlingen durch das Europäischen Amtes für humanitäre Hilfe (ECHO)

Vom 26. März 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/1256
17. Wahlperiode 26. 03. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Jan van Aken, Christine Buchholz,
Sevim Dag˘delen, Dr. Diether Dehm, Wolfgang Gehrke, Heike Hänsel, Inge Höger,
Ulla Jelpke, Harald Koch, Jan Korte, Niema Movassat, Thomas Nord,
Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

Die Finanzierung des UNHCR-Programms „PROFILE“ zur biometrischen
Registrierung von Flüchtlingen durch das Europäische Amt für humanitäre
Hilfe (ECHO)

Das Europäische Amt für humanitäre Hilfe (ECHO) fördert seit 2002 das
„PROFILE“-Projekt des UNHCR (Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten
Nationen; United Nations High Commissioner for Refugees). Dieses Projekt
sieht nach den Worten der EU-Kommission vor, „neue Systeme und Methoden
für die Registrierung, Identifizierung, Dokumentation und Erstellung von Profi-
len von Flüchtlingen und anderen betroffenen Personen zu entwickeln“ und
damit ein standardisiertes, globales Registrierungssystem für Flüchtlinge (stan-
dardized global registration system for refugees) zu schaffen. Dabei kommen
biometrische Verfahren wie Fingerabdrücke und Iris-Erkennung zum Einsatz.
Bei einem „umfassenderen Einsatz dieser Technologie“ soll der UNHCR auf-
grund einer „abschreckenden Wirkung für Betrüger erhebliche Mittel einsparen“
können (Pressemitteilungen der EU-Kommission vom 8. März 2004 und vom
4. Oktober 2002).

Die Unterstützung des „PROFILE“-Projekts durch finanzielle Mittel des ECHO
wird von vielen Bürgerrechtsorganisationen kritisiert. Es bestehen Zweifel, ob
die Förderung des „PROFILE“-Projekts mit dem Prinzip vereinbar ist, nachdem
es das einziges Ziel humanitärer Hilfe ist, Menschenleben zu retten bzw. das
menschliche Leiden der Opfer humanitärer Krisen zu vermeiden oder zu lindern.
Darüber hinaus befürchten Nichtregierungsorganisationen wie Eurostep und
Statewatch eine Verwendung der erhobenen Daten gegen die Interessen der Be-
troffenen, z. B. für die repressive europäische Innen- und Migrationspolitik.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. In welchem Umfang wird das UNHCR-Projekt „PROFILE“ aus dem Haus-
halt von ECHO gefördert (bitte nach Jahren und unter Angabe der Höhe der
Mittel aufschlüsseln)?
2. Bis wann soll der Aufbau des „PROFILE“-Projekts abgeschlossen sein, und
in welcher Höhe liegen die planmäßigen Gesamtkosten des Projekts?

3. Wie bewertet die Bundesregierung das „PROFILE”-Projekt und seine För-
derung durch den ECHO-Haushalt, und welchen Nutzen erwartet sie durch
„PROFILE“ (bitte begründen)?

Drucksache 17/1256 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
4. Seit wann, in welchem Umfang und über welche Förderinstrumente sind
deutsche Entwicklungshilfegelder und andere Finanzmittel in die För-
derung von „PROFILE“ geflossen (bitte einzeln aufschlüsseln)?

5. Welche Unternehmen haben im Rahmen von „PROFILE“ Aufträge in wel-
cher finanziellen Höhe und für welche Leistungen erhalten?

6. In welchen Staaten und in jeweils welchen Zeiträumen wurde das „PRO-
FILE“-System eingesetzt?

7. Worin besteht für die Bundesregierung der Beitrag des Registrierungssys-
tems „PROFILE“ für den einzigen Zweck humanitärer Hilfe, „das Leiden
der Opfer humanitärer Krisen zu vermeiden oder zu lindern“, und inwiefern
entspricht „PROFILE“ der „bestmöglichen Option“ für schnelle und quali-
tätsvolle humanitäre Hilfe (vgl. Europäischer Konsens über die humanitäre
Hilfe, Ratsdok. 15099/07)?

8. Wie bewertet die Bundesregierung die Kritik des Eurostep-Direktors Simon
Stocker, wonach die Förderung von „PROFILE“ aus ECHO-Mitteln eine
Abkehr vom Europäischen Konsens zur humanitären Hilfe darstelle, da sich
humanitäre Hilfe „nicht so sehr an spezifischen Zielen“, sondern an der
„Bedarfsanalyse“ orientieren sollte?

9. Ist eine Weitergabe von „PROFILE”-Daten an Staaten oder an die EU durch
den UNHCR geplant, und wenn ja, für welche konkreten Zwecke, und unter
welchen Modalitäten?

10. In welchem Zusammenhang steht nach Einschätzung der Bundesregierung
die Förderung des „PROFILE”-Projekts mit den Zielen und Vorhaben des
Stockholmer Programms?

11. Strebt die Bundesregierung an, durch „PROFILE“ gewonnene Flüchtlings-
profile von FRONTEX oder anderen Institutionen der EU oder der Mit-
gliedstaaten zur Analyse und Bekämpfung sogenannter illegaler Migra-
tionsströme zu verwenden (bitte begründen)?

12. Wie bewertet die Bundesregierung die internen Arbeitsrichtlinien (guide-
lines) des UNHCR, die die Einsichtnahme von Strafverfolgungsbehörden in
die vom UNHCR erhobenen biometrischen Daten verbieten?

13. Wie bewertet die Bundesregierung die Kritik von Statewatch und anderen
Menschenrechtsorganisationen, wonach Projekte wie „PROFILE“ nicht aus
dem ECHO-Budget finanziert werden sollten und die systematische Erfas-
sung biometrischer Daten per se die Gefahr ihrer Verwendung für andere als
die ursprünglich vorgesehenen Zwecke in sich berge?

Berlin, den 25. März 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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