BT-Drucksache 17/12499

Kosten von BAföG-Reformvorschlägen

Vom 25. Februar 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/12499
17. Wahlperiode 25. 02. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Kai Gehring, Ekin Deligöz, Katja Dörner, Agnes Krumwiede,
Monika Lazar, Tabea Rößner, Krista Sager, Ulrich Schneider, Arfst Wagner
(Schleswig) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Kosten von BAföG-Reformvorschlägen

In den vergangenen Monaten haben Studierendenvertreterinnen und -vertreter,
Gewerkschaften und Verbände wiederholt dringend notwendige Verbesserun-
gen und eine Erhöhung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG)
eingefordert, darunter auch der Dachverband der Deutschen Studentenwerke
(DSW).

Bei den verschiedenen Forderungen und Reformvorschlägen geht es im Kern
um höhere Fördersätze und Freibeträge, eine bessere Berücksichtigung beson-
derer Lebensumstände von Studierenden, Anpassung an die Auswirkungen der
Bologna-Studienreform sowie eine Entbürokratisierung des BAföG. So steht
u. a. die Umsetzung der Entbürokratisierungsvorschläge des Nationalen Normen-
kontrollrates (NKR) aus, der sich mehrfach in Appellen an die Bundesregierung
gewandt hat, seine Empfehlungen noch in dieser Wahlperiode umzusetzen.

Die amtierende Bundesregierung plant ausweislich des Haushalts 2013 und der
Mittelfristigen Finanzplanung für die nächsten Jahre keine BAföG-Erhöhung
und -Verbesserung. Für den Haushaltsgesetzgeber, die Fraktionen des Deut-
schen Bundestages, ist es gleichwohl geboten, schon jetzt die Kosten einzelner
Reformschritte zu ermitteln und damit finanzielle und hochschulpolitische
Spielräume für eine mögliche Erhöhung, Verbesserung und Vereinfachung des
BAföG auszuloten.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche jährlichen Mehrkosten entstehen nach Schätzung der Bundesregie-
rung durch eine Erhöhung der Fördersätze um 3, 5 oder 10 Prozent und bei
gleichzeitiger Steigerung der Freibeträge um 3, 5 oder 10 Prozent (die Szena-
rien bitte in einer Tabelle sowohl nach Kosten der Erhöhung der Fördersätze
und Freibeträge als auch bezogen auf die unterschiedlich hohen prozentualen
Erhöhungen aufschlüsseln)?

2. Welche jährlichen Mehrkosten wären seit Inkrafttreten der 23. BAföG-No-
velle entstanden, wenn die Höhe der BAföG-Fördersätze an die Steigerung
der Lebenshaltungskosten nach dem Verbraucherpreisindex (VPI) des Statis-

tischen Bundesamts gekoppelt worden wäre?

3. Welche jährlichen Mehrkosten entstünden nach Schätzungen der Bundes-
regierung durch die Absenkung der Verschuldensobergrenze von derzeit
10 000 auf

a) 8 000 Euro,

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b) auf 5 000 Euro bzw.

c) auf null

(bitte beispielhaft für die Jahre 2014 bis 2017 aufschlüsseln)?

4. Welche jährlichen Mehrkosten entstehen nach Schätzungen der Bundes-
regierung durch die Absenkung des Darlehensanteils von derzeit 50 Prozent
auf 40, 30 bzw. 25 Prozent?

Welche Mehrkosten entstehen jährlich bei ersatzlosem Wegfall des Darle-
hensanteils (bitte beispielhaft für die Jahre 2014 bis 2017 aufschlüsseln)?

5. Um welchen Betrag müsste der Freibetrag vom Einkommen der Auszubil-
denden steigen, der nach § 23 Absatz 1 Satz 1 BAföG derzeit bei 255 Euro
liegt, damit für Bezieherinnen und Bezieher von Leistungen nach dem
BAföG Nebeneinkünfte bis 450 Euro anrechnungsfrei bleiben, was seit An-
fang des Jahres 2013 der Geringfügigkeitsgrenze für Minijobber entspricht?

Welche jährlichen Mehrkosten bedeutet diese Anhebung der Freibeträge?

6. Wie steht die Bundesregierung zu einer Berücksichtigung von Pflegezeiten
von Angehörigen im BAföG?

7. Wie groß ist die Personengruppe, die während ihres Studiums Angehörige
pflegt?

8. Inwiefern reicht aus Sicht der Bundesregierung eine Änderung bei der Be-
stimmung der Förderungshöchstdauer, um eine Berücksichtigung von Pfle-
gezeiten von Angehörigen im BAföG zu gewährleisten?

9. Bietet sich aus Sicht der Bundesregierung die Legaldefinition des Begriffs
„Angehörige“ nach dem Pflegezeitgesetz an, nach dessen § 7 nahe Angehö-
rige im Sinne des Gesetzes Großeltern, Eltern, Schwiegereltern, Ehegatten,
Lebenspartner, Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft, Geschwister, Kin-
der, Adoptiv- oder Pflegekinder des Ehegatten oder Lebenspartners,
Schwiegerkinder und Enkelkinder sind?

10. Welche anderen Definitionen des Begriffs „Angehörige“ kommen aus Sicht
der Bundesregierung in Betracht?

11. Inwiefern hält es die Bundesregierung für sinnvoll, für die Definition des
Begriffs „Angehörige“ zur Berücksichtigung von Pflegezeiten im BAföG
eine völlig neue Definition zu wählen, die zum Beispiel Formen nichtforma-
lisierter Partnerschaften berücksichtigt?

12. Welche jährlichen Mehrkosten entstehen nach Schätzung der Bundesregie-
rung, die Pflege von Angehörigen während des Studiums im BAföG zu be-
rücksichtigen (bitte nach einzelnen Definitionen des Begriffs „Angehörige“
aufschlüsseln)?

13. Welche jährlichen Mehrkosten bedeutet es nach Schätzung der Bundes-
regierung, den Kinderzuschlag, der aktuell 113 Euro für das erste und 85 Euro
für jedes weitere Kind beträgt, auf 113 Euro für jedes Kind anzuheben (bitte
in Szenarien für die heute geltenden Freibeträge und für eine Steigerung der
Freibeträge um 3, 5 oder 10 Prozent angeben)?

14. Wie bewertet die Bundesregierung die Öffnung des BAföG für formale Teil-
zeitstudiengänge sowie duale Studiengänge, und welche jährlichen Mehr-
kosten würde die Öffnung mit sich bringen (bitte in Szenarien für die heute
geltenden Freibeträge und für eine Steigerung der Freibeträge um 3, 5 oder
10 Prozent angeben)?

15. Unter welchen Bedingungen wird das BAföG zwischen Erreichen des

Bachelorabschlusses und der Aufnahme eines Masterstudiums weiter-
gezahlt?

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16. Welche jährlichen Mehrkosten entstehen, wenn das BAföG auch dann ge-
zahlt wird, wenn zwar der Bachelorabschluss nicht vorliegt, aber eine vor-
läufige Zulassung zum Masterstudium bereits erteilt wurde, und welche
Entlastungswirkung entsteht für die einzelnen staatlichen Ebenen, wenn
diese Gruppe keine Leistungen mehr über das Dritte Buch Sozialgesetzbuch
(SGB III) erhalten würde?

17. Wie haben sich die Kosten für BAföG-Zahlungen an Bürgerinnen und Bür-
ger der Europäischen Union an deutschen Hochschulen seit Inkrafttreten der
23. BAföG-Novelle entwickelt?

18. Wie haben sich die Kosten für BAföG-Zahlungen an deutsche Studierende
an Hochschulen in der Schweiz und an Hochschulen in Mitgliedstaaten der
Europäischen Union entwickelt?

19. Welche jährlichen Mehrkosten entstehen nach Schätzungen der Bundes-
regierung, den gesamten Bologna-Raum (aktuell 47 Staaten) für das BAföG
zu öffnen (bitte in Szenarien für die heute geltenden Freibeträge und für eine
Steigerung der Freibeträge um 3, 5 oder 10 Prozent angeben)?

20. Wie bewertet es die Bundesregierung, anstatt der derzeitigen Wohngeldpau-
schale von 224 Euro für auswärts wohnende Studierende die Wohnkosten
für Studierende im BAföG entsprechend der im Wohngeldgesetz festgeleg-
ten Mietenstufen zu erstatten, um den regional sehr unterschiedlichen Miet-
kosten zu entsprechen?

Welche jährlichen Mehrkosten bzw. Minderkosten würde das nach Schät-
zung der Bundesregierung bedeuten?

21. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um die Lücken in der
Deckung der Mehrbedarfe sowie der Unterkunftskosten von Menschen mit
Behinderung, die die derzeitigen Regelungen des SGB II und BAföG be-
wirken, zu beseitigen, und welche Mehrkosten würde dieser notwendige
Lückenschluss nach Ansicht der Bundesregierung jährlich bedeuten?

22. Wie bewertet es die Bundesregierung, dass das BAföG für Mastersstudie-
rende zwar bis zum 35. Lebensjahr gezahlt wird, aber der Studierendentarif
in der Krankenversicherung nur dann über das 30. Lebensjahr hinaus erhält-
lich ist, wenn das 14. Fachsemester noch nicht überschritten wurde, wäh-
rend für ein nichtkonsekutives Masterstudium unabhängig von Alter und
Fachsemesterzahl der günstige Tarif der gesetzlichen Krankenkassen nicht
angeboten wird?

23. Welche jährlichen Mehrkosten entstehen nach Schätzung der Bundesregie-
rung, wenn allen Masterstudierenden zwischen 30 und 35 Jahren von den
Krankenversicherern der günstigere Studierendentarif angeboten würde (bitte
nach Krankenversicherern aufschlüsseln)?

24. Inwiefern gibt es aus Sicht der Bundesregierung Lücken bei der Förderung
des Lebensunterhaltes in Studienzeiten, die erst zum Studium hinführen
(wie z. B. Vorbereitungs- und Brückenkurse), und welche Schlussfolgerun-
gen zieht die Bundesregierung daraus?

25. Welche jährlichen Mehrkosten entstünden nach Schätzungen der Bundes-
regierung, wenn Studienzeiten, die erst zum Studium hinführen (wie z. B.
Vorbereitungs- und Brückenkurse), in die Förderung nach dem BAföG auf-
genommen werden?

26. Für welche Gruppen befürwortet die Bundesregierung eine Anpassung der
Förderhöchstdauer, z. B. aufgrund von Tätigkeiten in Hochschulgremien
oder der studentischen Selbstverwaltung, und welche jährlichen Mehrkos-

ten würden dadurch entstehen?

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27. Welche jährlichen Mehrkosten entstehen durch den Vorschlag des NKR,
Krankenkassenbeiträge pauschal anzurechnen, damit Erbringung und Prü-
fung des Krankenversicherungsnachweises entfallen, was die Bundesregie-
rung in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN „Entbürokratisierung des Bundesausbildungsförderungsge-
setzes“ (Bundestagsdrucksache 17/11099) in einem künftigen BAföG-Ände-
rungsgesetz für erörterungswürdig hält?

In welchem Verhältnis stehen diese Mehrkosten im Vergleich zu den vom
NKR abgeschätzten Effizienzgewinnen?

Bei wem fallen die Mehrkosten, und bei wem die Minderausgaben an?

28. Welche jährlichen Mehrkosten entstehen bei einem kompletten Wegfall der
Vorlage des Leistungsnachweises in einem sechssemestrigen Bachelorstu-
dium, der bisher nach vier Semestern erbracht werden muss?

In welchem Verhältnis stehen diese Mehrkosten im Vergleich zu den vom
NKR abgeschätzten Effizienzgewinnen?

Bei wem fallen die Mehrkosten, und bei wem die Minderausgaben an?

29. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung darüber vor, welche Fol-
gen Förderunterbrechungen beim BAföG zwischen dem Ende der letzten
Bachelorprüfung und der Aufnahme eines Masterstudiums haben, weil zwar
gesonderte Bescheinigungen der Hochschule vorliegen, dass das Bachelor-
studium erfolgreich abgeschlossen wurde, aber die Abschlussnote noch
nicht feststeht?

30. Welche jährlichen Mehrkosten entstehen bei einer durchgehenden Förde-
rung zwischen dem Absolvieren der letzten Bachelorprüfung und der Auf-
nahme eines Masterstudiums bei Vorlage einer Bescheinigung der Hoch-
schule, dass das Bachelorstudium erfolgreich abgeschlossen wurde, auch
wenn die Abschlussnote noch nicht feststeht?

31. Welche Vorschläge hat die Bundesregierung den Ländern zur weiteren Ent-
bürokratisierung der einzelfallbezogenen Berechnung der im BAföG zu be-
rücksichtigenden Altersvorsorgebeiträge unterbreitet (siehe Ankündigung
der Bundesregierung in der Antwort zu Frage 11 auf die Kleine Anfrage der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Entbürokratisierung des Bundes-
ausbildungsförderungsgesetzes“, Bundestagsdrucksache 17/11099), und
wie ist dazu der Diskussionsstand zwischen Bund und Ländern?

32. Welche jährlichen Mehrkosten entstehen bei Ersatz der einzelfallbezogenen
Berechnung der nach § 82 des Einkommensteuergesetzes geförderten Al-
tersvorsorgebeiträge (z. B. für Riester-Renten) durch eine Pauschalierung?

In welchem Verhältnis stehen diese Mehrkosten im Vergleich zu den vom
NKR abgeschätzten Effizienzgewinnen?

Bei wem fallen die Mehrkosten, und bei wem die Minderausgaben an?

Berlin, den 22. Februar 2013

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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