BT-Drucksache 17/12424

a) zu dem Gesetzentwurf der Fraktion der SPD - Drucksache 17/1047 - Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 28 Absatz 1) b) zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Memet Kilic, Josef Philip Winkler, Ingrid Hönlinger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 17/1150 - Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 28 Absatz 1 - Kommunales Ausländerwahlrecht) c) zu dem Antrag der Abgeordneten Sevim Dagdelen, Matthias W. Birkwald, Andrej Hunko, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 17/1146 - Kommunales Wahlrecht für Drittstaatenangehörige einführen

Vom 20. Februar 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/12424
17. Wahlperiode 20. 02. 2013

Beschlussempfehlung und Bericht
des Innenausschusses (4. Ausschuss)

a) zu dem Gesetzentwurf der Fraktion der SPD
– Drucksache 17/1047 –

Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes
(Artikel 28 Absatz 1)

b) zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Memet Kilic,
Josef Philip Winkler, Ingrid Hönlinger, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 17/1150 –

Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes
(Artikel 28 Absatz 1 – Kommunales Ausländerwahlrecht)

c) zu dem Antrag der Abgeordneten Sevim Dag˘delen, Matthias W. Birkwald,
Andrej Hunko, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 17/1146 –

Kommunales Wahlrecht für Drittstaatenangehörige einführen

A. Problem

Die Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen mit ihren Gesetz-
entwürfen ebenso wie die Fraktion DIE LINKE. mit ihrem Antrag erreichen,
dass durch Änderung des Grundgesetzes in Deutschland lebenden Auslände-
rinnen und Ausländern, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates
der Europäischen Union besitzen, nach Maßgabe von Landesrecht das aktive
und passive Wahlrecht bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden eingeräumt wird.
Zudem soll klargestellt werden, dass dies auch die Teilnahme an Abstimmungen
auf kommunaler Ebene beinhaltet.

Drucksache 17/12424 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

B. Lösung

Zu Buchstabe a

Ablehnung des Gesetzentwurfs auf Drucksache 17/1047 mit den Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Zu Buchstabe b

Ablehnung des Gesetzentwurfs auf Drucksache 17/1150 mit den Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Zu Buchstabe c

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/1146 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion der SPD.

C. Alternativen

Annahme der Vorlagen.

D. Kosten

Wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/12424

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

a) den Gesetzentwurf auf Drucksache 17/1047 abzulehnen,

b) den Gesetzentwurf auf Drucksache 17/1150 abzulehnen,

c) den Antrag auf Drucksache 17/1146 abzulehnen.

Berlin, den 20. Februar 2013

Der Innenausschuss

Wolfgang Bosbach
Vorsitzender

Ingo Wellenreuther
Berichterstatter

Rüdiger Veit
Berichterstatter

Serkan Tören
Berichterstatter

Sevim Dag˘delen
Berichterstatterin

Wolfgang Wieland
Berichterstatter

Drucksache 17/12424 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Ingo Wellenreuther, Rüdiger Veit, Serkan Tören,
Sevim Dag˘delen und Wolfgang Wieland

I. Überweisung

Die Gesetzentwürfe auf den Drucksachen 17/1047 und
17/1150 sowie der Antrag auf Drucksache 17/1146 wurden
in der 34. Sitzung des Deutschen Bundestages am 25. März
2010 an den Innenausschuss federführend sowie an den
Rechtsausschuss zur Mitberatung überwiesen, der Gesetz-
entwurf auf Drucksache 17/1150 zusätzlich an den Aus-
schuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und der
Antrag auf Drucksache 17/1146 zusätzlich an den Aus-
schuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe.

II. Voten der mitberatenden Ausschüsse

Zu Buchstabe a

Der Rechtsausschuss hat in seiner 117. Sitzung am 20. Fe-
bruar 2013 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD,
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ab-
lehnung des Gesetzentwurfs empfohlen.

Zu Buchstabe b

Der Rechtsausschuss hat in seiner 117. Sitzung am 20. Fe-
bruar 2013 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD,
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ab-
lehnung des Gesetzentwurfs empfohlen.

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
hat in seiner 89. Sitzung am 20. Februar 2013 mit den Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stim-
men der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN empfohlen, den Gesetzentwurf abzulehnen.

Zu Buchstabe c

Der Rechtsausschuss hat in seiner 117. Sitzung am 20. Fe-
bruar 2013 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung
der Fraktion der SPD die Ablehnung des Antrags empfoh-
len.

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
hat in seiner 77. Sitzung am 20. Februar 2013 mit den Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die
Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN empfohlen, den Antrag abzulehnen.

III. Beratungen im federführenden Ausschuss

In seiner 27. Sitzung am 1. Dezember 2010 hat der Innenaus-
schuss die Vorlagen zunächst an den Unterausschuss Kom-
munales zur Beratung überwiesen.

Der Unterausschuss Kommunales hat in seiner 21. Sitzung
am 20. Februar 2013 dem Innenausschuss empfohlen, die
Gesetzentwürfe auf Drucksachen 17/1047 und 17/1150
sowie den Antrag auf Drucksache 17/1146 dem Plenum zur
Ablehnung zu empfehlen.

Der Innenausschuss hat bei den abschließenden Beratungen
in seiner 93. Sitzung am 20. Februar 2013 die Votenempfeh-
lung des Unterausschusses Kommunales bestätigt. Er emp-
fiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den Gesetzentwurf auf
Drucksache 17/1047 abzulehnen.

Den Gesetzentwurf auf Drucksache 17/1150 empfiehlt er mit
demselben Stimmergebnis abzulehnen.

Den Antrag auf Drucksache 17/1146 empfiehlt er mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die
Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der SPD
abzulehnen.

Die Fraktion der CDU/CSU erklärt, sie werde die Vorlagen
ablehnen, da die Gewährung eines kommunalen Wahlrechts
für Drittstaatsangehörige gegen Artikel 20 des Grundgeset-
zes (GG) verstoße. Es gelte der Grundsatz der Volkssouverä-
nität: Das Volk übe die Staatsgewalt aus. Staatsvolk und
Wahlberechtigte müssten sich daher grundsätzlich entspre-
chen. Für Unionsbürger sei eine Ausnahme in Artikel 23 der
Verfassung fixiert. Der Grundsatz sei durch die Ewigkeits-
garantie des Artikel 79 Absatz 3 GG abgesichert. Die Verfas-
sungsänderungen, die die drei Fraktionen anstrebten, seien
daher unzulässig. Diese Auslegung entspreche der eindeu-
tigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und
sei von den drei rechtswissenschaftlichen Hochschullehrern
in der Anhörung des Ausschusses am 22. September 2008
auch klar bestätigt worden.

Die Fraktion der SPD betont, ein kommunales Wahlrecht
für Drittstaatsangehörige sei für sie nur eine Durchgangs-
station auf dem Weg zu einer vollen Teilhabe an den öffent-
lichen Angelegenheiten, zur vollen Staatsangehörigkeit,
deren Erlangung letztlich anzustreben sei. Die SPD sei seit
über 30 Jahren von der Notwendigkeit der Einführung eines
Kommunalwahlrechts für Ausländer überzeugt. Die Aus-
sagen des Bundesverfassungsgerichts verstehe die SPD so,
dass das Grundgesetz nur einem Wahlrecht für Ausländer
auf Bundes- und Landesebene, nicht aber im unmittelbaren
Lebensumfeld, auf der lokalen Ebene entgegenstehe. Dem
Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
werde die SPD zustimmen. Dem Antrag der Fraktion
DIE LINKE. könne man wegen der in der Begründung ent-
haltenen unsachlichen Kritik an der SPD hingegen nicht
beitreten.

Die Fraktion der FDP macht deutlich, dass sie sich ein
kommunales Ausländerwahlrecht – bzw. eine Öffnungsklau-
sel für die Länder – durchaus vorstellen könne, wenn dieses
an klare Kriterien gebunden sei. Solche Kriterien fehlten in
den Oppositionsvorlagen aber vollständig. Der bloße Auf-
enthaltsort könne kein hinreichender Anknüpfungspunkt
sein. Voraussetzung für das Wahlrecht sollte zunächst eine
Mindestdauer des Aufenthalts sein. Wahlberechtigte sollten
zudem über örtliche Kenntnisse verfügen und lokal gebun-
den und integriert sein. Die FDP lehne die Vorlagen daher ab.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/12424

Die Fraktion DIE LINKE. kritisiert, dass die SPD in Zeiten
der Regierungsverantwortung gegen die Einführung eines
kommunalen Wahlrechts für Drittstaatsangehörige gestimmt
habe und auch sonst keine Initiativen in diese Richtung
unternommen habe. DIE LINKE. stimme den Initiativen der
anderen Oppositionsfraktionen zu, da es um ein gemein-
sames Ziel gehe, das DIE LINKE. seit langem verfolge. In
der Anhörung des Ausschusses im September 2008 sei die
Mehrheit der Sachverständigen der Auffassung gewesen,
Artikel 79 Absatz 3 GG stehe der Einführung eines kommu-
nalen Wahlrechts für Drittstaatsangehörige nicht entgegen.
Dieser betreffe nicht die Frage, wie sich das Wahlvolk
zusammensetze. Ohnehin sei die Parallelität von Staatsvolk
und Wahlberechtigten durch die Wahlberechtigung der
Unionsbürger gebrochen. DIE LINKE. sei ohnehin für eine
Einführung des Ausländerwahlrechts auch auf Landes- und
Bundesebene.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN merkt zur Ent-
scheidung des Bundesverfassungsgerichts zum kommunalen
Ausländerwahlrecht an, dass diese aus dem Jahr 1990
stamme, das heißt vor dem Maastricht-Vertrag und der Wahl-
berechtigung von Unionsbürgern. Schon damals habe das
Gericht allerdings das aus dem Demokratieprinzip folgende
Gebot angesprochen, auf eine Angleichung von Wohnbe-
völkerung und Wahlberechtigten hinzuwirken. Dies werde
von der CDU/CSU-Fraktion sabotiert. Deutschland habe die
niedrigste Einbürgerungsrate in der EU. Menschen, die seit
Jahren hier lebten, ihre Kinder in den örtlichen Kindergarten
und die Schule schickten und Steuern zahlten, müssten
zumindest die Möglichkeit bekommen, in kommunalen
Angelegenheiten mitzubestimmen.

Berlin, den 20. Februar 2013

Ingo Wellenreuther
Berichterstatter

Rüdiger Veit
Berichterstatter

Serkan Tören
Berichterstatter

Sevim Dag˘delen
Berichterstatterin

Wolfgang Wieland
Berichterstatter

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