BT-Drucksache 17/12260

Aktivitäten des früheren Anführers der verbotenen "Wehrsportgruppe Hoffmann"

Vom 1. Februar 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/12260
17. Wahlperiode 01. 02. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Heidrun Dittrich, Petra Pau, Jens Petermann,
Frank Tempel und der Fraktion DIE LINKE.

Aktivitäten des früheren Anführers der verbotenen „Wehrsportgruppe Hoffmann“

Der frühere Anführer der verbotenen Wehrsportgruppe Hoffmann (WSGH),
Karl-Heinz Hoffmann, ist nach einem Bericht des ARD-Politikmagazins „Report
Mainz“ weiterhin in der rechtsextremen Szene aktiv. Gegenüber dem Sender
erklärte Karl-Heinz Hoffmann, bundesweit zwölf Vorträge unter anderem vor
Freien Kameradschaften gehalten zu haben. Die Teilnehmer hätten sich meis-
tens „geheim verabredet“. Es seien auch ehemalige Funktionäre der verbotenen
Wiking-Jugend zu Vorträgen gekommen (www.focus.de/politik/deutschland/ex-
wehrsportgruppen-chef-neonazi-karl-heinz-hoffmann-haelt-wieder-vortraege_
aid_898723.html).

Karl-Heinz Hoffmann ist seit den 60er-Jahren in der rechtsextremen Szene aktiv.
Die von ihm geführte rund 440 Mitglieder starke neonazistische WSGH wurde
im Januar 1980 vom damaligen Bundesminister des Innern, Gerhart Baum, ver-
boten. Dabei wurden unter anderem Karabiner, Pistolen und Munition beschlag-
nahmt. Ein Anhänger der WSGH, Gundolf Köhler, verübte am 26. September
1980 einen Bombenanschlag auf das Münchner Oktoberfest. Dabei wurden
13 Menschen einschließlich des Attentäters getötet und über 200 Menschen zum
Teil schwer verletzt. An einer von den Ermittlungsbehörden behaupteten Allein-
täterschaft Gundolf Köhlers bestehen bis heute erhebliche Zweifel. Am 19. De-
zember 1980 erschoss mutmaßlich der Vizechef der WSGH, Uwe Behrendt, den
früheren Vorsitzenden der israelitischen Kultusgemeinde Nürnbergs, Shlomo
Levin und dessen Lebensgefährtin Frieda Poeschke in Erlangen. Uwe Behrendt
flüchtete in den Libanon, wo nach dem Verbot der WSGH ein Teil der Gruppe
unter Karl-Heinz Hoffmanns Führung eine bewaffnete Kampftruppe aufbaute.
Ehemalige Mitglieder berichteten später von Folterungen Abtrünniger. Für Ver-
stöße gegen das Waffengesetz, wegen Freiheitsberaubung, Körperverletzung
und Geldfälschung erhielt Karl-Heinz Hoffmann 1984 eine Freiheitsstrafe von
neuneinhalb Jahren. Schon 1989 kam er wegen guter Führung und aufgrund einer
positiven Sozialprognose wieder frei.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche verfassungsschutzrelevanten Erkenntnisse über die derzeitige politi-

sche Gesinnung und politischen Aktivitäten von Karl-Heinz Hoffmann hat
die Bundesregierung?

2. Welche Rolle spielt beziehungsweise welchen Status genießt Karl-Heinz
Hoffmann nach Einschätzung der Bundesregierung heute innerhalb der
rechtsextremen und neonazistischen Szene in der Bundesrepublik Deutsch-
land?

Drucksache 17/12260 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
3. Auf welchen Versammlungen hat Karl-Heinz Hoffmann nach Kenntnis der
Bundesregierung während der letzten fünf Jahre Vorträge gehalten (bitte
Ort, Datum, Thema, Veranstalter und Teilnehmerzahl nennen)?

4. Sind der Bundesregierung Aufrufe oder Sympathiebekundungen von Karl-
Heinz Hoffmann zu Gewalttaten während der letzten fünf Jahren bekannt,
und wenn ja, welche?

5. Welche Kontakte zwischen Karl-Heinz Hoffmann und der NPD oder ein-
zelnen ihrer Funktionärinnen und Funktionäre sind der Bundesregierung
bekannt?

6. Inwieweit bestehen nach Kenntnis der Bundesregierung Kontakte zwi-
schen Karl-Heinz Hoffmann und Mitgliedern verbotener rechtsextremis-
tischer Gruppierungen wie der Wiking-Jugend, der Hilfsorganisation für
nationale politische Gefangene oder verbotener Kameradschaften?

7. Welche möglichen Verbindungen zwischen Karl-Heinz Hoffmann und
Rechtsextremisten im Ausland bestehen nach Kenntnis der Bundesregie-
rung?

8. Inwieweit gab es nach Kenntnis der Bundesregierung nach Karl-Heinz
Hoffmanns Haftentlassung 1989 weitere einschlägige Strafverfahren gegen
ihn, und mit welchem Ergebnis?

9. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Hintergründe und
Ergebnisse einer Polizeirazzia auf dem Anwesen von Karl-Heinz
Hoffmann im Landkreis Forchheim am 6. Oktober 2010 (Abendzeitung
München vom 12. Oktober 2010) wegen Verdachts auf Verstoßes gegen
das Sprengstoffgesetz?

10. Wie viele und welche Mitglieder der WSGH und der sogenannten Wehr-
sportgruppe Ausland sind nach Kenntnis der Bundesregierung heute noch
in der rechtsextremen Szene aktiv?

11. Inwieweit gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung personelle Verbin-
dungen von ehemaligen Mitgliedern der WSGH bzw. der Wehrsportgruppe
Ausland zum „Nationalsozialistischen Untergrund“?

12. Welche Kenntnisse liegen der Bundesregierung über den Einsatz von
V-Leuten des Bundesamtes oder eines Landesamtes für Verfassungsschutz
innerhalb der WSGH, der Wehrsportgruppe Ausland oder im Umfeld von
Karl-Heinz Hoffmann nach seiner Haftentlassung 1989 vor?

13. Welche Kenntnisse liegen der Bundesregierung über Angehörige ausländi-
scher Nachrichtendienste (welche?) in der WSGH, der Wehrsportgruppe
Ausland oder im Umfeld von Karl-Heinz Hoffmann nach seiner Haftentlas-
sung 1989 vor?

14. Läuft nach Kenntnis der Bundesregierung ein auf eine Meldung von
Karl-Heinz Hoffmann an die Polizei zurückgehendes Ermittlungsverfahren
(Aktenzeichen BY0350-000251-12/9) nach § 129a des Strafgesetzbuchs
gegen den einschlägig vorbestraften bayerischen Neonazi Martin Wiese
und einen gewissen M. K. noch, und wenn nein, wann und mit welcher
Begründung wurde dieses Verfahren eingestellt (www.jungewelt.de/2012/
12-15/040.php)?

Berlin, den 1. Februar 2013

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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