BT-Drucksache 17/12122

Vorschriftsmäßige Mittelverwendung und ordnungsgemäße Geschäftsführung in den Auslandshandelskammern und insbesondere der in Korea

Vom 15. Januar 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/12122
17. Wahlperiode 15. 01. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Johanna Voß, Dr. Barbara Höll, Harald Koch, Richard Pitterle
und der Fraktion DIE LINKE.

Vorschriftsgemäße Mittelverwendung und ordnungsgemäße Geschäftsführung
in den Auslandshandelskammern und insbesondere der in Korea

Auslandshandelskammern (AHK) gibt es in 80 Ländern mit 120 Standorten.
Sie setzen sich für die Interessen der Wirtschaft Deutschlands und des jeweili-
gen Sitzlandes ein und fördern den Wirtschaftsverkehr in beiden Richtungen.
Sie übernehmen laut dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie
(BMWi) „eine wichtige Aufgabe der Außenwirtschaftsförderung im öffentli-
chen Interesse“ und erhalten dafür über dieses Bundesministerium jährliche
Zuwendungen in Höhe von durchschnittlich 25 Prozent ihres Budgets aus dem
Bundeshaushalt. Die Zuwendungen beliefen sich laut Bundesrechnungshof im
Haushaltsjahr 2011 auf einen Gesamtbetrag von 35 Mio. Euro für alle AHK.

AHK sind als bilaterale Auslandshandelskammern, Delegationen der Deut-
schen Wirtschaft oder Repräsentanzen der deutschen Wirtschaft organisiert.
Bilaterale Auslandshandelskammern sind rechtlich unabhängige Einrichtungen
der wirtschaftlichen Selbstverwaltung (in der Regel eingetragene Vereine), die
von Mitgliedsunternehmen des Gastlandes und aus Deutschland getragen wer-
den. Delegationen und Repräsentanzen hingegen sind rechtlich abhängige
Büros des Deutschen Industrie- und Handelskammertages e. V. (DIHK).

Die AHK Korea (KGCCI = Korean-German Chamber of Commerce and
Industry) ist wegen schwerer Vorwürfe gegen den Geschäftsführer in die Medien
gekommen (FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND vom 16. November 2012
und Handelsblatt vom 29. November 2012). Die vom Präsidenten der KGCCI
beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte fand unter anderem Tätig-
keiten des Geschäftsführers heraus, die den Status der Kammer als Non-Profit-
Organisation gefährden. Eine eigene Untersuchung des DIHK zusammen mit
dem BMWi bestätigte Unregelmäßigkeiten bei Reisekostenabrechnungen und
Repräsentationsaufwendungen. Gleichzeitig wurde das Verhalten des Präsiden-
ten untersucht. Er soll mit der Suspendierung und fristlosen Kündigung des Ge-
schäftsführers gegen die Satzung verstoßen haben. Ein von der AHK Korea zu
diesem Prüfungsbericht in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten stellt sich gegen
diese Untersuchungsergebnisse. Es kommt zum Ergebnis, dass der Bericht nur
darauf abzielt, „das eigene – nicht nachvollziehbare – Festhalten an dem Ge-

schäftsführer zu rechtfertigen“. Damit bleibt offen, ob die Vorwürfe bzw. wel-
che Vorwürfe gegenüber dem Geschäftsführer und dem Präsidenten der KGCCI
Bestand haben. Zu klären ist außerdem, ob es sich hierbei um einen Einzelfall
handelt oder ob insgesamt die Verantwortlichkeiten und Kontrollinstrumente für
die korrekte Verwendung der Bundeszuschüsse an die AHK verbessert werden
müssen.

Drucksache 17/12122 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Erfolgen die Zuwendungen an die AHK Korea und die anderen AHK auf
Grundlage von §§ 23 und 44 der Bundeshaushaltsordnung (BHO)?

2. Werden die Zuwendungszwecke in Förderrichtlinien festgelegt?

Wenn ja, was besagen diese?

Wenn nein, warum nicht?

3. Welche weiteren Gesetze, Verträge und inhaltlichen Vereinbarungen liegen
den Geldern zugrunde, die die AHK Korea und die anderen AHK aus dem
Bundeshaushalt erhalten?

4. Wer kontrolliert die korrekte Mittelverwendung, und wie oft finden diese
Kontrollen statt?

5. Welche Nebenbestimmungen sind Bestandteil der Zuwendungsbescheide
an die AHK?

6. Handelt es sich bei den Zuwendungen an die AHK um eine institutionelle
Förderung oder um eine Projektförderung?

7. Wie wird die jährliche Gesamthöhe der Gelder aus dem Bundeshaushalt für
die AHK festgelegt, und nach welchen Kriterien wird die Zuteilung auf die
einzelnen AHK vorgenommen?

8. Seit wann und warum erhält bzw. erhielt die AHK Korea Bundeszuschüsse
in Höhe von einem Drittel des Gesamtbudgets der AHK (siehe Handels-
blatt, 29. November 2012), während die Zuschüsse sonst durchschnittlich
ein Viertel (siehe www.ahk.de) betragen?

9. Welche inhaltlichen und vertraglichen Vereinbarungen gibt es zwischen
dem BMWi und dem DIHK bezüglich der Zuwendungen an die AHK?

10. Welche Inhalte haben nach Kenntnis der Bundesregierung die Vereinbarun-
gen zwischen den AHK und dem DIHK, die der Anerkennung einer Kam-
mer als „Deutsche Auslandshandelskammer“ zugrunde liegen (vgl. Sat-
zung der KGCCI, Artikel 13)?

11. Wie wird nach Kenntnis der Bundesregierung die Einhaltung dieser Ver-
einbarungen zwischen AHK und DIHK überprüft?

12. In welcher Form unterstützen nach Kenntnis der Bundesregierung DIHK
und IHK die AHK, und auf welche Höhe beläuft sich die finanzielle Unter-
stützung (siehe DIHK Newsletter 35 vom 29. August 2003, die Wirtschaft
trägt das AHK-Netz weitgehend selbst, über Preise für Dienstleistungen
der AHK, über Beiträge der weltweit rund 40 000 Unternehmen als Mit-
glieder, über die Unterstützung durch IHK und den DIHK)?

13. Bestehen darüber hinaus nach Kenntnis der Bundesregierung Verbindun-
gen zwischen dem DIHK und den AHK (z. B. Kreditbeziehungen, Verein-
barungen über Pensionszahlungen)?

14. Wer stellt nach Kenntnis der Bundesregierung den Wirtschaftsplan der
AHK Korea und der anderen AHK auf, und wer genehmigt diesen?

15. Prüft nach Kenntnis der Bundesregierung neben den Rechnungsprüfern
auch die Rechnungsprüfstelle des DIHK den Jahresabschluss der AHK Ko-
rea und der anderen AHK?

Wenn ja, wie oft?

Wenn nein, warum nicht?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/12122

16. Wurden nach Kenntnis der Bundesregierung Ethikgrundsätze für die Aus-
landsbüros erarbeitet?

Wie sehen diese aus, und werden diese eingehalten?

17. Aus welchen konkreten Gründen hat der DIHK im Einverständnis mit dem
BMWi die Weiterleitung der Zuwendungen an die AHK Korea eingestellt?

18. Unter welchen Bedingungen werden die Zuschüsse an die AHK Korea
wieder gezahlt?

19. Trifft es zu, dass die Bundesregierung ausgezahlte Zuschüsse an die AHK
Korea zurückfordert?

Wenn ja, in welcher Höhe und aus welchen Gründen?

20. Gibt es oder gab es in den vergangenen Jahren bereits Zahlungsstopps bzw.
Rückforderungsansprüche gegen AHK?

Wenn ja, wann, in welcher AHK, und aus welchen Gründen?

21. Welche konkreten Vorwürfe machen der DIHK und das BMWi dem Ge-
schäftsführer der AHK Korea?

22. Ordnet die Bundesregierung die im DIHK/BMWi-Bericht erwähnten Unre-
gelmäßigkeiten bei Reisekosten und Repräsentationsaufwendungen der
Verantwortlichkeit des Geschäftsführers der AHK Korea zu?

23. Bestätigt die Bundesregierung Tätigkeiten des Geschäftsführers, die den
Status der Kammer als Non-Profit-Organisation gefährden?

24. Sieht die Bundesregierung im Verhalten des Geschäftsführers Anhalts-
punkte für „erhebliche Steuerstraftaten“, wie laut Zeitungsberichten ein
AHK-Vorstandsmitglied den DIHK-Hauptgeschäftsführer, Dr. Martin
Wansleben, informierte?

25. Welche konkreten Vorwürfe macht die Bundesregierung dem Präsidenten
der AHK Korea?

26. Wann hat die Bundesregierung erstmals von den möglichen Pflichtverlet-
zungen des Geschäftsführers der AHK Korea erfahren, und was hat sie da-
raufhin unternommen?

27. War diese Reaktion aus Sicht der Bundesregierung der Situation angemes-
sen?

28. Wie verhält sich die Bundesregierung zu den einzelnen Vorwürfen des
Rechtsgutachtens vom Oktober 2012 bezüglich der Ergebnisse des Prü-
fungsberichtes von BMWi und DIHK sowie zum Gesamtergebnis, dass es
nur darum ginge, das eigene „Festhalten an dem Geschäftsführer zu recht-
fertigen“?

29. Teilt die Bundesregierung die Kritik des DIHK am Verhalten des Präsiden-
ten der AHK Korea gegenüber deren Geschäftsführer, bei dem es deutliche
Hinweise darauf gibt, innerhalb seiner Tätigkeiten als Geschäftsführer
strafrechtlich relevant gehandelt zu haben?

Wenn ja, wie hätte der Präsident der AHK Korea nach Ansicht der Bundes-
regierung mit dem Geschäftsführer umgehen sollen (bitte begründen)?

30. Inwiefern ist der DIHK aufgrund welcher Gesetze und Verträge bei Kündi-
gung des Geschäftsführers einer AHK einzubinden?

31. Kann die Bundesregierung ausschließen, dass es ähnliche Mängel in der
Geschäftsführung anderer AHK gibt?

Wenn ja, wie?

Wenn nein, wie gedenkt die Bundesregierung, diesen Missstand abzuschaf-

fen?

Drucksache 17/12122 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
32. Welche Unregelmäßigkeiten (Verstöße gegen das Haushaltsrecht, gegen
das Steuerrecht, mangelndes Controlling …) in anderen AHK sind der
Bundesregierung bekannt?

33. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Struktur der Buch-
führung in den durch Bundeshaushaltsmittel bezuschussten AHK?

34. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den bekannt gewor-
denen Missständen in der AHK Korea, um sicherzustellen, dass die mit
Bundeshaushaltsmitteln bezuschussten 120 AHK vorschriftsgemäß funk-
tionieren?

35. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aufgrund der be-
kannt gewordenen Missstände in der AHK Korea für die koordinierende
Tätigkeit des DIHK?

Berlin, den 15. Januar 2013

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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