BT-Drucksache 17/12104

Unterstützung des Bundes für die Münchner Sicherheitskonferenz

Vom 15. Januar 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/12104
17. Wahlperiode 15. 01. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan van Aken, Christine Buchholz, Nicole Gohlke,
Annette Groth, Heike Hänsel, Inge Höger, Andrej Hunko, Kathrin Vogler und der
Fraktion DIE LINKE.

Unterstützung des Bundes für die Münchner Sicherheitskonferenz

Seit Jahren unterstützt die Bundesregierung mit mehreren Hunderttausend Euro
und der Bereitstellung von Bundeswehrsoldaten als Logistikhelfer die Münchner
Sicherheitskonferenz. Deren Teilnehmerinnen und Teilnehmer äußern sich über-
wiegend zustimmend zu den aktuellen NATO-Kriegen, welche regelmäßig den
Protest von antimilitaristischen Gruppen und mehreren tausend Demonstrantin-
nen und Demonstranten hervorruft. Auch während der diesjährigen Konferenz,
die vom 1. bis 3. Februar 2013 stattfindet, wird es wieder Proteste geben. Im Auf-
ruf des Aktionsbündnisses heißt es: „Im Februar treffen sich in München wieder
hochrangige Politiker_innen und Kriegsstrategen, Vertreter von Wirtschafts- und
Rüstungskonzernen – vorwiegend aus den NATO- und EU-Staaten – zu ihrer
sogenannten Sicherheitskonferenz. Dort werden Strategien beraten, mit denen
sie ihre wirtschafts- und machtpolitischen Interessen weltweit durchsetzen wol-
len. Sie reden von Frieden und Sicherheit, aber sie sind die Repräsentanten eines
Systems, das zwangsläufig Kriege herbeiführt.“ (http://sicherheitskonferenz.de/
de/Aufruf-2013-Gegen-die-SIKO).

Zu den Teilnehmern der Konferenz gehören finanziell höchst potente Rüstungs-
unternehmen, für die es nicht zuletzt darum geht, die Beziehungen zu ihren Kun-
den weiterzuentwickeln. Die Konferenz dient mithin als Anbahnung weiterer,
Milliardenumsätze versprechender Aufträge. Für die Regierenden der NATO-
Länder und ihre Verbündeten geht es um weitere Absprachen ihrer Krieg ein-
schließenden Politik. Eine staatliche Subventionierung einer solchen Veranstal-
tung halten die Fragesteller für unberechtigt. Auch das auf frühere Anfragen der
Fraktion DIE LINKE. vorgetragene Argument der Bundesregierung, sie
„sponsere“ die Konferenz, weil diese ihr die Möglichkeit gebe, für ihre militär-
politischen Positionen zu „werben“ (Bundestagsdrucksache 17/581), überzeugt
die Fragesteller nicht, da die Bundesregierung bereits vielfältige Möglichkeiten
zur Werbung hat.

Die Fragesteller kritisieren darüber hinaus das umfangreiche Engagement der
Bundeswehr, weil dieses die arbeitsmarktpolitische Neutralität verletzt. Solda-
ten werden als Fahrer, Übersetzer, Techniker, Medienexperten bzw. -betreuer

und für andere logistische Tätigkeiten zweckentfremdet. Das ist zwar besser,
als wenn sie in den Krieg geschickt werden. Ihre kostenlose Bereitstellung für
eine, wie es im Aufruf heißt, „Kriegskonferenz“, ist aber aus Sicht der Frage-
steller weder politisch noch fiskalisch begründbar.

Drucksache 17/12104 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Bundeswehrsoldaten werden im Jahr 2013 voraussichtlich insge-
samt in Zusammenhang mit der Konferenz eingesetzt, und wie viele waren
es im Jahr 2012?

a) Von welchen Einheiten stammen diese?

b) Wie viele Feldjäger sind darunter, und wie viele Feldjäger waren es im
Jahr 2012?

Sind die Feldjäger bereits in der in Frage 1a genannten Zahl enthalten?

c) Wie viele Soldaten werden zur Eigensicherung eingesetzt, und wie viele
waren es im Jahr 2012?

Sind diese Kräfte bereits in der in Frage 1a genannten Zahl enthalten?

d) Welche Einsatzorte und Einsatzzeiten sind vorgesehen (bitte detailliert
angeben)?

e) Ist beabsichtigt, Soldaten mit der Wahrnehmung des Hausrechts im Ta-
gungshotel bzw. anderen Orten oder mit anderen exekutiven Aufgaben zu
beauftragen, und wenn ja, wie viele Soldaten, wo genau, und wann wurde
auf wessen Ersuchen von wem diese Entscheidung getroffen?

2. Welche Kosten werden für den Einsatz der Bundeswehr voraussichtlich ent-
stehen (bitte möglichst nach einzelnen Tätigkeitsbereichen aufgliedern)?

a) Wird auch in diesem Jahr darauf verzichtet, diese Kosten dem Veranstal-
ter in Rechnung zu stellen, und wenn ja, warum, und wer hat diese Ent-
scheidung getroffen?

b) Hält es die Bundesregierung für angemessen, durch die Übernahme von
Tätigkeiten, die auch die Privatwirtschaft übernehmen könnte, die ge-
werbliche Wirtschaft um Einnahmen in Höhe mehrerer Hunderttausend
Euro zu bringen?

3. Welche Kosten sind für den Einsatz im Jahr 2012 angefallen (bitte nach ein-
zelnen Tätigkeitsbereichen aufgliedern)?

4. Welche über den Bundeswehreinsatz hinausgehende Förderung ist für die
Konferenz in diesem Jahr aus Bundesmitteln vorgesehen, für welche Einzel-
posten werden die Mittel bereitgestellt, und aus welchen Haushaltstiteln
stammen diese (bitte Vergleichszahlen für das Jahr 2012 angeben)?

5. Falls es bei den Kosten für den Bundeswehreinsatz oder bei der darüber
hinausgehenden Förderung aus Bundesmitteln signifikante Veränderungen
zum Vorjahr gibt, woraus resultieren diese?

6. Welche konkreten Leistungen erbringen die Soldaten (bitte möglichst ge-
naue Zahlen und Tätigkeitsbeschreibungen angeben sowie die Vergleichs-
zahlen für das Jahr 2012 angeben)

a) im Bereich der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit,

b) bei der Organisation der Konferenz,

c) bei der Transportorganisation sowie

d) in weiteren Bereichen?

7. Wann hat der Veranstalter der Konferenz die Unterstützungsanfrage gestellt,
und welche Dienststellen der Bundeswehr haben über diese zu welchem
Zeitpunkt entschieden?

8. Auf welchen Rechtsgrundlagen beruhen die vorgesehenen Unterstützungs-

leistungen?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/12104

9. Mit welchen Gesamtkosten für die Konferenz kalkuliert der Veranstalter
nach Kenntnis der Bundesregierung, und von welchen Unternehmen wird
die Konferenz gesponsert?

Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über die Höhe der Förderung
durch diese Unternehmen?

10. Welchen konkreten politischen Nutzen zieht die Bundesregierung nach ih-
rer Einschätzung aus der Kofinanzierung dieser als „Privatveranstaltung“
deklarierten Konferenz, und warum nutzt sie nicht billigere Methoden, um
„ihre Position zu ausgewählten Einzelthemen Entscheidungsträgern ande-
rer Staaten und Regionen gegenüber darzustellen“ (Zitat aus der Antwort
der Bundesregierung auf Bundestagsdrucksache 17/8542 (neu))?

11. Sind im Zusammenhang mit der Konferenz weitere Unterstützungsanträge
Dritter oder Amtshilfeanträge seitens Behörden gestellt worden, und wenn
ja, von wem, was wird konkret beantragt, wie ist der Stand der Bearbeitung
dieser Anträge, wie viele Soldaten sollen dabei eingesetzt werden, welche
Kosten entstehen dabei, und wer kommt für diese auf?

12. Soll anlässlich der Konferenz ein militärischer Sicherheitsbereich einge-
richtet werden, und wenn ja, wo, für welchen Zeitraum, und mit welcher
Begründung?

13. Werden im Zusammenhang mit der Konferenz Strukturen der Zivil-Militä-
rischen Zusammenarbeit (ZMZ), Kreis- oder Bezirksverbindungskomman-
dos aktiv, und wenn ja, worin bestehen ihre Tätigkeiten, bzw. für welche
Tätigkeiten halten sie sich bereit?

Inwiefern waren im Vorjahr Strukturen der ZMZ aktiv geworden oder haben
sich bereitgehalten?

14. Wie viele Bundespolizisten waren im Jahr 2012 in Zusammenhang mit der
Konferenz eingesetzt, und welche Kosten sind dabei entstanden?

15. Werden der Bundesnachrichtendienst, der Militärische Abschirmdienst
oder das Bundesamt für Verfassungsschutz im Zusammenhang mit der
Konferenz aktiv oder sind sie bereits aktiv geworden, und welcher Art ist
gegebenenfalls diese Aktivität?

16. Inwieweit sind Polizeien des Bundes oder der Verfassungsschutz und an-
dere Behörden in die polizeilichen Vorbereitungen zur Sicherheitskonfe-
renz eingebunden?

a) Welche Behörden haben wann an welchen Lagebesprechungen oder
sonstigen Treffen zur Vorbereitung teilgenommen?

b) Wie viele (vorbereitende) Aktivitäten zum Protest gegen die Sicher-
heitskonferenz wurden vom Verfassungsschutz beobachtet bzw. festge-
stellt?

Wie viele von anderen Behörden oder Einrichtungen des Bundes, wie
viele, nach Kenntnis der Bundesregierung, vom bayerischen Landes-
kriminalamt oder Landesamt für Verfassungsschutz?

c) Mit welchen Landesämtern für Verfassungsschutz hat das Bundesamt
für Verfassungsschutz dabei zusammengearbeitet?

17. Mit welchen ausländischen Behörden haben oder hatten Polizeien des Bun-
des sowie der Verfassungsschutz oder andere deutsche Behörden zur Vor-
bereitung des Polizeieinsatzes oder geheimdienstlicher Aufklärung von
Gegenaktivitäten Kontakt?

Drucksache 17/12104 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
18. Inwieweit sind welche EU-Agenturen in die Vorbereitung des Polizeiein-
satzes oder sonstige „Risikoanalysen“ anlässlich des Polizeieinsatzes ein-
gebunden?

19. Mit welchen ausländischen Behörden haben oder hatten Polizeien des Bun-
des sowie der Verfassungsschutz oder andere deutsche Behörden zur Vor-
bereitung des Polizeieinsatzes oder geheimdienstlicher Aufklärung von
Gegenaktivitäten Kontakt?

a) Welche Treffen haben hierzu mit welchen ausländischen Behörden statt-
gefunden?

b) Welche weiteren Vereinbarungen wurden für die Vorbereitung des Poli-
zeieinsatzes mit ausländischen Behörden getroffen, und inwieweit sind
Bundesbehörden davon betroffen?

20. Inwiefern werden im Vorfeld der Konferenz und der erwarteten Gegen-
demonstration Personendaten von ausländischen Polizeibehörden angefor-
dert, insbesondere zu (potentiellen) Demonstrationsteilnehmerinnen und
- teilnehmern, bzw. inwiefern ist dies bereits geschehen?

a) Zu wie vielen Personen sind Daten übermittelt worden?

b) Aus welchen Staaten stammen diese Personen bzw. Daten?

c) Wer hat die Daten auf deutscher Seite empfangen und an welche Stellen
weitergeleitet bzw. welche Stellen darüber informiert?

d) Auf welchen Rechtsgrundlagen beruht dieses Vorgehen?

Berlin, den 15. Januar 2013

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.