BT-Drucksache 17/12010

Belastung der deutsch-polnischen Beziehungen durch Aktivitäten des Vereins Eigentümerbund Ost e. V. in Polen

Vom 20. Dezember 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/12010
17. Wahlperiode 20. 12. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Annette Groth, Heike Hänsel, Andrej Hunko,
Ulla Jelpke, Katrin Werner und der Fraktion DIE LINKE.

Belastung der deutsch-polnischen Beziehungen durch Aktivitäten des Vereins
Eigentümerbund Ost e. V. in Polen

Der in Berlin im Jahre 2012, nach einer vorangegangen Auflösung, von der ex-
trem rechten „Bürgerbewegung Pro Deutschland“ neugegründete „Verein Eigen-
tümerbund Ost (EBO) e. V.“ hat auf seiner Website angekündigt, mittels Klagen
in Polen und Tschechien die Ansprüche von sog. Vertriebenen auf ehemaliges
Eigentum durchsetzen zu wollen. Dabei wurde auch das „Kulturfestival der deut-
schen Minderheit“, welches vom Verein „Niemieckie Towarzystwo Kulturalno-
Społeczne“ in Wrocław, das alljährlich in der Hala Stulecia veranstaltet und vom
Auswärtigen Amt, dem Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland sowie
der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit finanziert wird, für extrem
rechte Propagandazwecke benutzt. Auf der Website des Vereins heißt es dazu: „In
millionenfacher Auflage werden dann Flugblätter an polnische Haushalte ver-
teilt, die über die polnischen Verbrechen an deutschen Zivilisten und die polni-
schen Verstöße gegen das Völkerrecht aufklären werden. Im September wird in
Breslau auch Kulturfestival der deutschen Minderheit in Polen stattfinden.“
(Schreibweise im Original, www.eigentum-ost.de/?p=546).
Der Präsident des im Januar 2012 gegründeten „Eigentümerbundes Ost“, Lars
Seidensticker, ist Bundesgeschäftsführer und Berliner Landesvorsitzender der
extrem rechten „Bürgerbewegung pro Deutschland“, die im Jahr 2011 bei der
Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus 1,2 Prozent der Stimmen erhielt. Zuvor
gehörte er der Deutschen Volksunion (DVU) an.
Einer der Akteure des neuen „Eigentümerbundes Ost“, Alexander von Waldow,
gehörte bereits zuvor der Vereinigung „Preußische Treuhand“ an, die vor dem
Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte erfolglos gegen die Republik
Polen geklagt hatte. Ende des Jahres 2008 hatte der Gerichtshof die Klage aus
mehreren Gründen für unzulässig erklärt. Die Richter entschieden unter ande-
rem, dass der heutige polnische Staat nicht für „Menschenrechtsverletzungen“
im Jahr 1945 verantwortlich gemacht werden könne. Er habe damals weder de
jure noch de facto die Kontrolle über die deutschen Territorien im heutigen Po-
len gehabt.
Trotz abschließender völkerrechtlicher Anerkennung der deutsch-polnischen
Grenze versuchen deutsche Neonazis unter Berufung auf die Entscheidungen
des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) aus den Jahren 1973 und 1992 zu ar-
gumentieren, dass jeder von der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossene
völkerrechtliche Vertrag, darunter auch die Grenzverträge mit der Republik
Polen, unter dem Vorbehalt seiner Revision durch das Deutsche Reich stehe,
solange dieses zu eigener Handlungsfähigkeit nicht zurückgefunden hat. So soll

Drucksache 17/12010 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

nach der von deutschen Revisionisten und extremen Rechten verfochtenen sog.
Deutschland-Doktrin der Fortbestand des Deutschen Reiches in nicht näher
bestimmten Grenzen über den 8. Mai 1945 fortgelten. Extrem Rechte und
einige Staatsrechtler begründen ihre Nichtanerkennung des deutsch-polnischen
Grenzvertrags vom 14. November 1990 sowie des Vertrages über die abschlie-
ßende Regelung in Bezug auf Deutschland vom 12. September 1990 („Zwei-
plus-Vier-Vertrag“) mit dem Urteil des BVerfG vom 31. Juli 1973 (2 BvF 1/73)
in dem es heißt: „Das Deutsche Reich existiert fort, besitzt nach wie vor
Rechtsfähigkeit, ist allerdings als Gesamtstaat mangels Organisation, insbeson-
dere mangels institutionalisierter Organe selbst nicht handlungsfähig.“ In dem
Urteil des BVerfG vom 5. Juni 1992 heißt es in diesem Kontext in ausdrück-
licher Bezugnahme auf Ansprüche der Bundesrepublik Deutschland und nicht
die Ansprüche des im Sinne des Urteils des BVerfG 2 BvF 1/73 nach wie vor
fortbestehenden Dritten Reiches, dass „[M]it der Grenzbestätigung keine An-
erkennung früherer polnischer Enteignungsmaßnahmen seitens der Bundes-
republik Deutschland verbunden [sei]. Die Bundesrepublik Deutschland erklärt
in Art. 3 des Vertrages lediglich, daß sie selbst als Völkerrechtssubjekt keine
Gebietsansprüche gegen die Republik Polen hat.“
Extreme Rechte und Neonazis versuchen seit Jahren, die deutsch-polnische
Grenze in Frage zu stellen und dabei gezielt auch mit Gleichgesinnten unter der
deutschen Minderheit in Polen tätig zu werden. Bereits Anfang der 90er-Jahre
haben Neonazis der im Jahr 1990 gegründeten Partei „Nationale Offensive“ un-
ter der Führung von Günter Boschütz versucht, einen „Landesverband Schle-
sien“ aufzubauen. Die neonazistische „Nationale Offensive“ wurde u. a. in den
polnischen Regionen Śląsk und Mazury sowie der russischen Region Kalinin-
grad aktiv. Mitglieder und Sympathisanten der Vereinigung haben dabei in dem
polnischen Dorf Dziewkowice eine Liegenschaft erworben, von der aus sie ihre
neonazistische Propaganda in der Region verbreiten wollten. Die „Nationale
Offensive“ arbeitete dabei mit dem Kulturverein der Deutschstämmigen und
dem bekennenden „Rechtsextremisten“ und Bürgermeister von Dziewkowice
H. W. und T. K. vom „Deutschen Freundschaftskreis“ (DFK) zusammen (vgl.
„Nationale Offensive“, Reportage von Michael Richter, ausgestrahlt in SAT1,
Juli 1992). Gemeinsam mit dem revanchistischen „Verein für das Deutschtum
im Ausland“ (heute: „Verein für Deutsche Kulturbeziehungen im Ausland“) ar-
beiten seit Jahren auch extreme Rechte zusammen und erwerben Liegenschaf-
ten im Ausland (vgl. Der „Verein Deutschtum im Ausland“ – VDA – als Mittler
der Bundesregierung, Bundestagsdrucksache 13/4832).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über volksverhetzende Plaka-

tierungs- und Klebeaktionen sowie die Verteilung von Flugblättern durch
den „Verein Eigentümerbund Ost (EBO) e. V.“ in den polnischen Wojewod-
schaften Warmińsko-Mazurskie, Pomorskie, Zachodnio-Pomorskie, Lubus-
kie, Dolno-Śląskie, Opolskie sowie Śląskie?

2. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die physische und psychi-
sche Bedrohung, Nötigung, Stalking bzw. andere strafrechtlich relevante
Handlungen durch Mitglieder oder Sympathisanten des „Vereins Eigentümer-
bund Ost (EBO) e. V.“ gegen die polnischen Bewohner/-innen und rechtmäßi-
gen Immobilienbesitzer bzw. Immobilienmakler dieser Regionen, insbesondere
in der Ortschaft Otmuchów (vgl. www.eigentum-ost.de/?p=434#more-434)?

3. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Strafverfahren bzw. Anzei-
gen gegen Mitglieder oder Sympathisanten des „Vereins Eigentümerbund Ost
(EBO) e. V.“ bezüglich genannter Propagandaaktionen bzw. strafrechtlich re-
levanten Tätigkeiten gegenüber polnischen Staatsangehörigen in Polen?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/12010

4. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Strafverfahren bzw. An-
zeigen gegen Mitglieder oder Sympathisanten des „Vereins Eigentümer-
bund Ost (EBO) e. V.“ wegen strafrechtlich relevanter Handlungen mit
„rechtsextremen“ Hintergrund in der Bundesrepublik Deutschland?

5. Arbeitet die deutsche Polizei, das Bundesamt für Verfassungsschutz und
andere zuständige deutsche Behörden mit entsprechenden polnischen Be-
hörden bei der Beobachtung extrem Rechter bzw. neonazistischer Aktivi-
täten deutscher Staatsangehöriger in den Wojewodschaften Warmińsko-
Mazurskie, Pomorskie, Zachodnio-Pomorskie, Lubuskie, Dolno-Śląskie,
Opolskie sowie Śląskie zusammen?
Wenn nein, warum nicht?
Wenn ja, welche Form hat diese Zusammenarbeit, und gegen welche Orga-
nisationen oder Einzelpersonen richtet sie sich?

6. Welche Hinweise hat die Bundesregierung über Kontakte des „Vereins Ei-
gentümerbund Ost (EBO) e. V.“, seiner Mitglieder bzw. Sympathisanten
oder anderer extrem rechter deutscher Staatsangehöriger mit dem Verein der
deutschen Minderheit „Niemieckie Towarzystwo Kulturalno-Społeczne“ in
Wrocław bzw. anderen Städten?

7. Welche Hinweise hat die Bundesregierung über Kontakte des „Vereins Ei-
gentümerbund Ost (EBO) e. V.“, seiner Mitglieder bzw. Sympathisanten
oder anderer extrem Rechter deutscher Staatsangehöriger mit dem ehe-
maligen Bürgermeister von Dziewkowice H. W. und T. K. vom „Deutschen
Freundschaftskreis“ (DFK)?

8. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Finanzierungsquellen,
Kontakte zu extremen rechten Gruppierungen und Individualpersonen und
die Tätigkeit der Organisation „Deutscher Freundschaftskreis“ (DFK)?

9. Welche Hinweise hat die Bundesregierung über die heutige politische Tä-
tigkeit und Mitgliedschaft des ehemaligen Bürgermeisters von Dziewko-
wice H. W. und T. K. vom „Deutschen Freundschaftskreis“ (DFK)?

10. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Ziele, Zusammen-
hänge und Kontakte zu bzw. zwischen deutschen und polnischen Neonazis
und extremen Rechten des „Deutschen Freundschaftskreises“ (DFK) in Po-
len?

11. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Ziele, Zusammen-
hänge und Kontakte zu bzw. zwischen deutschen und polnischen Neonazis,
die ehemals in der „Nationalen Offensive“ aktiv waren oder sind sowie
dem „Verein Eigentümerbund Ost (EBO) e. V.“ und dem „Niemieckie
Towarzystwo Kulturalno-Społeczne“ in Wrocław oder anderen Organi-
sationen in Polen die im Rahmen der sog. kulturellen Betreuung von
Deutschstämmigen aktiv sind?

12. In welcher Höhe, von welcher Behörde, unter welchem Haushaltstitel und
seit wann und auf Grundlage welcher Projektziele wird das „Niemieckie
Towarzystwo Kulturalno-Społeczne“, der „Deutsche Freundschaftskreis“
(DFK) sowie der „Verein für Deutsche Kulturbeziehungen im Ausland“ auf
dem Gebiet der Republik Polen gefördert bzw. unterstützt (bitte getrennt
darstellen)?

13. Welche Hinweise hat die Bundesregierung über die Tätigkeit, eventuelle
Zusammenschlüsse, Ziele, Veranstaltungen, Treffen und Kontakte zwi-
schen deutschen bzw. in Polen eingetragenen Vereinen, die im Rahmen der
kulturellen Minderheitenförderung aktiv sind bzw. zwischen Personen der
extremen Rechten in Deutschland und Polen (bitte nach Jahren, organisa-
torischen Zusammenhang und Ort auflisten)?

Drucksache 17/12010 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

14. Welche Hinweise hat die Bundesregierung über die heutige Tätigkeit und
Mitgliedschaft des ehemaligen Vorsitzenden der „Nationalen Offensive“
Michael Swierczek und anderer Mitglieder dieser Organisation?

15. Welche Hinweise hat die Bundesregierung über die Tätigkeit, eventuelle
Zusammenschlüsse, Ziele, Veranstaltungen, Treffen und Kontakte zwischen
Mitgliedern bzw. Sympathisanten des „Vereins Eigentümerbund Ost (EBO)
e. V.“ und ehemaligen Mitgliedern bzw. Sympathisanten des Collegium Hu-
manum?

16. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Tätigkeit und Verbin-
dungen von R. S. zu Personen der extremen Rechten in Deutschland und
Polen und die Rolle, die dessen wirtschaftliche Tätigkeit (u. a. eine GmbH)
in der Republik Polen dabei in den vergangenen 20 Jahren spielte?

17. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Tätigkeit und Verbin-
dungen von S. J.-S. zu Personen der extremen Rechten in Deutschland und
Polen und die Rolle, die dabei dessen Kontakte zur Bundeswehr in den ver-
gangenen 20 Jahren spielten?

18. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Tätigkeit und Verbin-
dungen von Karl-Heinz Hoffmann zu Personen der extremen Rechten in
Deutschland und Polen und die Rolle, die dabei die Stiftung Freundschafts-
und Hilfswende Ost in den vergangenen 20 Jahren spielte?

19. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Tätigkeit und Verbin-
dungen des Holocaustleugners Udo Walendy zu Personen der extremen
Rechten in Deutschland und Polen und die Rolle, die er u. a. mit dem Ver-
lag für Volkstum und Zeitgeschichtsforschung in den vergangenen 20 Jah-
ren spielte?

20. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Tätigkeit der Ge-
schichtsrevisionistin Karin Zimmermann – die in zahlreichen Artikeln der
Republik Polen die Schuld für den Überfall Hitlerdeutschlands auf Polen am
1. September 1939 zuweist (z. B. hier: http://preussentag.manuelakokott.de/
html/geschichte.html) und mit Zustimmung des Potsdamer Universitäts-
professors Dr. Eckart Klein sein im Auftrag des Deutschen Bundestages
erstelltes Papier unter dem Titel „Gutachten zur Rechtslage des im heutigen
Polen entzogenen Privateigentums Deutscher“ vertreibt, in dem Entschä-
digungsansprüche von sog. Vertriebenen gegenüber der Republik Polen
begründet werden sollen – und ihre Kontakte zu Personen der extremen
Rechten?

21. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Tätigkeit, Zielsetzung
und Finanzierungsquellen der „AGMO e. V. – Gesellschaft zur Unterstüt-
zung der Deutschen in Schlesien, Ostbrandenburg, Pommern, Ost- und
Westpreußen“ sowie ihre Verbindungen zu Personen der extremen Rechten
in der Bundesrepublik Deutschland und Polen?

22. Welche Hinweise hat die Bundesregierung über die Tätigkeit, eventueller
Zusammenschlüsse, Ziele, Veranstaltungen, Treffen und Kontakte zwischen
Mitgliedern bzw. Sympathisanten des „Vereins Eigentümerbund Ost (EBO)
e. V.“ und der langjährigen Leiterin des Collegium Humanum und Grün-
dungsmitglied des Vereins Gedächtnisstätten e. V. Ursula Haverbeck-Wetzel,
sowie des Begründers des Collegium Humanums Werner Georg Haverbeck?

23. Welche Hinweise hat die Bundesregierung über die Tätigkeit, die Teil-
nahme an Veranstaltungen bzw. die Kontaktpflege zwischen ehemaligen
Mitgliedern bzw. Sympathisanten des Collegiums Humanum in Polen,
Tschechen, den baltischen Republiken oder anderen Ländern Osteuropas
und dem „Verein Eigentümerbund Ost (EBO) e. V.“ (bitte nach Jahr, Ort
und Zusammenhang auflisten)?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/12010

24. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnis über die Prüfung der Ein-
leitung von Strafverfahren durch die deutsche Staatsanwaltschaft gegen
Mitglieder und Sympathisanten des „Vereins Eigentümerbund Ost (EBO)
e. V.“ wegen übler Nachrede, Verleumdung bzw. Nötigung im Zusammen-
hang mit der Bedrohung von polnischen Hausbesitzern bzw. Maklerfirmen
bezüglich solcher Aufrufe wie „Vorsicht Hehlerware!" (www.eigentum-
ost.de/?p=434#more-434) sowie „Ostern 2012: Polens Christen sollen für
Deutsche beten und um Vergebung bitten! Das 7. Gebot: Du sollst nicht
stehlen“ (www.eigentum-ost.de/?p=411#more-411)?

25. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass im Sinne des Urteils des
BVerfG 2 BvF 1/73, namentlich des darin behaupteten nach wie vor beste-
henden Dritten Reiches (sog. Deutschland-Doktrin) lediglich die Bundes-
republik Deutschland, nicht jedoch das Deutsche Reich an die Unantastbar-
keit der deutsch-polnischen Grenze gebunden ist, und stellt diese Rechts-
auffassung die völkerrechtliche Position der Bundesrepublik Deutschland
gegenüber der Republik Polen dar?

26. Teilt die Bundesrepublik Deutschland die Auffassung, dass sowohl der
Grenzverlauf der deutsch-polnischen Grenze als auch etwaige Ansprüche
auf Entschädigung sog. Vertriebener aus den heutigen Westgebieten Polens
zweifelsfrei geklärt ist und weder die Bundesrepublik Deutschland noch ein
im Sinne des Urteils des BVerfG 2 BvF 1/73 existierendes sog. Deutschen
Reichs heute und in Zukunft keine Gebietsansprüche und Entschädigungs-
zahlungen gegenüber Polen bestehen und diese auch nicht in Zukunft vor-
gebracht werden?

27. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass im Sinne des Urteils des
BVerfG 2 BvF 1/73, namentlich des darin behaupteten nach wie vor be-
stehenden Deutschen Reiches (sog. Deutschland-Doktrin) gemäß § 31 des
Bundesverfassungsgerichtsgesetzes diese „Entscheidung des Bundesver-
fassungsgerichts die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie
alle Gerichte und Behörden [bindet]“?

28. Welche konkreten Initiativen und Maßnahmen hat die Bundesregierung un-
ternommen, um die Tätigkeit revisionistischer und volksverhetzender Ver-
einigungen in Deutschland und weltweit im Sinne gutnachbarschaftlicher
Beziehungen zu unterbinden?

29. In welcher Höhe und für jeweils welche einzelnen Projekte oder Vorhaben
in jeweils welchen Regionen bzw. Ortschaften hat der „Verein für Deutsche
Kulturbeziehungen im Ausland“ und der Verein „Niemieckie Towarzystwo
Kulturalno-Społeczne“ bzw. andere Organisationen, die im Bereich der
sog. kulturellen Betreuung von Deutschstämmigen aktiv sind, seit dem Jahr
1989 bis zum laufenden Haushaltsjahr Bundesmittel erhalten (bitte nach der
betreffenden Organisation, Jahr, Ort der Tätigkeit und Höhe sowie Zweck-
verwendung der Mittel auflisten)?

30. Wie viele Angebote hat der „Verein für Deutsche Kulturbeziehungen im Aus-
land“ und der Verein „Niemieckie Towarzystwo Kulturalno-Społeczne“ seit
dem Jahr 1989 bis zum laufenden Haushaltsjahr eingeholt und geprüft, sofern
Aufträge für die solche Vorhaben und Projekte an Firmen, Organisationen,
Privatpersonen oder sonstige Dritte gegeben wurden?

31. Kann die Bundesregierung zweifelsfrei ausschließen, dass bei der Vergabe
der in Frage 22 genannten Vorhaben und Projekte keine Bundesmittel an
Dritte vergeben wurden, die einen „rechtsextremen“ Hintergrund oder eine
solche Zielrichtung aufweisen?

32. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung darüber, dass der „Verein für
Deutsche Kulturbeziehungen im Ausland“ oder der Verein „Niemieckie

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Towarzystwo Kulturalno-Społeczne“ seit dem Jahr 1989 bis zum laufenden
Haushaltsjahr an Immobilien-, Produktionsstätten- bzw. Liegenschaftser-
werb beteiligt war oder ist (bitte nach der betreffenden Organisation, Jahr
des Erwerbs, Ort und geschätzten Wert der Liegenschaften auflisten)?
a) In welcher Höhe und für jeweils welche einzelnen Projekte oder Vorha-

ben, in jeweils welcher Region oder Ortschaft in Polen hat der „Verein für
Deutsche Kulturbeziehungen im Ausland“ oder der Verein „Niemieckie
Towarzystwo Kulturalno-Społeczne“ Bundesmittel erhalten?

b) In wessen Besitz befinden sich diese Liegenschaften bzw. aus den Vor-
haben und Projekten bereitgestellten oder geförderten Immobilien, Pro-
duktionsstätten bzw. Liegenschaften?

c) Nach welchem Verfahren wurden jeweils die jetzigen Besitzer dieser
Immobilien, Produktionsstätten bzw. Liegenschaften ausgewählt?

d) Wessen Eigentum oder eine nach polnischem Recht dem Eigentum
gleichwertige Rechtsposition waren die in diesem Zusammenhang er-
worbenen Immobilien, Produktionsstätten bzw. Liegenschaften, vor einer
möglichen Eigentumsübertragung?

e) Inwieweit beurteilt die Bundesregierung ihre Projekte und Vorhaben als
erfolgreich, und bei welchen Vorhaben sieht sie Mängel in der Planung
oder Durchführung?

f) Bei welchen Projekten und Vorhaben konnte der Verbleib der Bundes-
mittel nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden, bzw. bei welchen Pro-
jekten wurde gegen haushaltsrechtliche Bestimmungen verstoßen?

33. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung darüber, dass der „Verein Ei-
gentümerbund Ost (EBO) e. V.“ oder andere deutsche Organisationen, ins-
besondere Organisationen der extremen Rechten wie die „Nationale Offen-
sive“ und andere vergleichbare Organisationen oder in Polen eingetragene
deutsche Kulturvereine an Immobilien-, Produktionsstätten- bzw. Liegen-
schaftserwerb beteiligt sind seit dem Jahr 1989 (bitte nach der betreffenden
Organisation, Jahr des Erwerbs, Ort und geschätzten Wert der Liegenschaf-
ten auflisten)?

34. Welche Erkenntnisse besitzt die Bundesregierung über bestehende Kon-
takte, den Austausch und die Zusammenkünfte zwischen der NPD, den
Jungen Nationaldemokraten (JN), den sog. Freien Kameradschaften und/
oder anderen Angehörigen extrem rechter Organisationen aus Deutschland
mit neofaschistischen bzw. extrem rechten Organisationen und Zusammen-
hängen in Polen seit dem Jahr 1989?
Bestanden dabei auch Querverbindungen zum Aktionsfeld des „Vereins Ei-
gentümerbund Ost (EBO) e. V.“?

35. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnis von der Teilnahme deutscher
Nazis bzw. Angehöriger extrem rechter Organisationen wie der NPD, den
Jungen Nationaldemokraten (JN), den sog. Freien Kameradschaften und/
oder anderen Angehörigen extrem rechter Organisationen aus Deutschland
an dem jährlich stattfindenden Marsch der extremen Rechten zum Jahrestag
des Polnischen Unabhängigkeitstages am 11. November?

36. Inwieweit sieht die Bundesregierung die Gefahr, dass nach der zum dritten
Mal erfolgreichen Verhinderung von Europas größtem Naziaufmarsch in
Dresden und der damit weggefallenen symbolhaften Zusammenrottungs-
möglichkeit der europäischen Naziszene, die Instrumentalisierung des Pol-
nischen Unabhängigkeitstages am 11. November zu einer Ersatzveranstal-
tung werden könnte?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/12010

37. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnis von der Teilnahme Angehöri-
ger neofaschistischer bzw. extrem rechter Organisationen und Zusammen-
hänge aus Polen wie „Narodowe Odrodzenie Polski (NOP)“, der „Młodzież
Wschechpolska“, Blood & Honour/Combat 18 Poland sowie dem Verein
„Stowarzyszenie na rzecz Tradycji i Kultury ‚Niklot‘“ an Veranstaltungen
deutscher Nazis bzw. extrem rechter Organisationen beispielsweise am
„Fest der Völker“ (Sommer, Jena/Altenburg), am „Gedenkmarsch“ anläss-
lich der Bombardierung Dresdens (Februar, Dresden) und/oder am „Presse-
fest der Deutschen Stimme“ seit dem Jahr 1989 (bitte entsprechend der
Jahre aufführen)?

38. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Kontakte, Einladungen
und Veranstaltungen von Angehörigen neofaschistischer bzw. extrem rech-
ter Organisationen und Zusammenhänge aus Polen wie „Narodowe Odrod-
zenie Polski (NOP)“, der „Młodzież Wschechpolska“, Blood & Honour/
Combat 18 Poland sowie dem Verein „Stowarzyszenie na rzecz Tradycji i
Kultury ‚Niklot‘“ mit Vereinen oder politisch tätigen Einzelpersonen aus
Deutschland sowohl auf dem Gebiet der Republik Polen als auch in Deutsch-
land?

39. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Aufnahme von Er-
mittlungen gegen deutsche Staatsangehörige in der Republik Polen vor dem
Hintergrund rechtsmotivierter Straftaten seit dem Jahr 1989?

40. Welche Informationen wurden wann, an welche zuständige Stelle in Polen,
durch welche deutschen Sicherheitsbehörden in Zusammenhang mit Rei-
sen, Treffen, geplanten bzw. verübten politisch motivierten rechten Straf-
taten seit dem Jahr 1989 weitergeleitet?

41. Welche Hinweise hat die Bundesregierung über eine mögliche Verwicklung
des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) oder anderer extrem rech-
ter Personen und Gruppierungen in den Mord von zwei polnischen Stu-
dierenden – Anna Kembrowska und Robert Odżga aus Wrocław –, die im
August 1997 auf einer Wanderung in den Sudeten in deren Nähe eines in-
ternationalen Neonazi-Treffens anlässlich des „Rudolf-Heß-Gedenktages“
mit Beteiligung der terroristischen Organisation Blood & Honour aus
Großbritannien, Frankreich, Russland, Slowakei, Italien sowie u. a. auch
NPD-Vertretern aus Deutschland und polnischen extrem Rechten des Na-
rodowe Odrodzenie Polski (NOP) und Mlodzież Wschechpolska (MW), er-
mordet wurden, und welche Erkenntnisse in diesem Zusammenhang besitzt
die Bundesregierung?

Berlin, den 20. Dezember 2012

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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