BT-Drucksache 17/11928

V-Leute Problematik im NPD-Verbotsverfahren

Vom 17. Dezember 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/11928
17. Wahlperiode 17. 12. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Steffen Bockhahn, Dr. Rosemarie Hein,
Dr. Lukrezia Jochimsen, Petra Pau, Jens Petermann, Frank Tempel, Halina
Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

V-Leute Problematik im NPD-Verbotsverfahren

Der erste Anlauf zu einem Verbot der Nationaldemokratischen Partei Deutsch-
lands (NPD) scheiterte an der Durchsetzung der Partei und ihrer Führungsstruk-
turen mit V-Leuten der Verfassungsschutzämter. Die V-Leute-Problematik ist
nach Aussagen der Landesinnenminister ausgeräumt worden und sei kein Hin-
dernis mehr für einen erneuten Antrag auf ein NPD-Verbot beim Bundesverfas-
sungsgericht. Nach Aussagen der Länder und des Bundes wurden die V-Leute in
der Führungsebene der NPD bereits im April 2012 abgeschaltet. Um die von
Bund und Länder zusammengetragenen Belege für die Verfassungswidrigkeit
der NPD nicht zu entwerten, sei auf Aussagen von V-Leuten in diesem Material
verzichtet worden. Diese von einzelnen Ministern getroffene Aussage verstellt
jedoch den Blick auf das tatsächliche Problem: Da die Landesämter und das
Bundesamt ihre jeweiligen V-Leute geheim halten, gibt es kein Wissen darüber,
welche Personen insgesamt zu diesem Kreis gezählt werden müssen. Angaben
und Belege eines Landes bzw. des Bundes können über V-Leute eines anderen
Landes, die aber nicht als solche bekannt sind, gewonnen worden sein. Unklar
bleibt auch weiterhin, welchen Einfluss die V-Leute, unabhängig von ihrer mög-
lichen Abschaltung, auf die Ausrichtung der NPD hatten und haben.

Aufmerksam macht in diesem Zusammenhang die angebliche Weigerung der
Landesinnenminister, gegenüber dem Bund mit Unterschrift zu versichern, dass
das von ihnen beigesteuerte Material nicht über V-Leute gewonnen wurde. Im
„DER SPIEGEL“ vom 3. September 2012 heißt es dazu: „Friedrich und seine
Leute hatten in dem Anschreiben zur Beweissammlung um eine ‚Testierung
durch die jeweiligen Innenminister‘ gebeten, die Ressortchefs sollten dem Gericht
persönlich versichern, dass das Material auch wirklich unbelastet von V-Leuten
sei. Es sollte eine Art Versprechen an die Richter sein, dass der Staat keinen ver-
seuchten Antrag wie im Jahr 2003 abliefert. So mutig sind die Innenminister
dann doch nicht. Ein solches Zeugnis solle lieber nicht mit ihrem Namen ver-
bunden werden, darin war sich die Runde schnell einig. Jetzt müssen ihre Abtei-
lungsleiter unterzeichnen.“ (DER SPIEGEL, 36/2012).
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Aus welchen Bundesländern wurde Material für die Materialsammlung zur
Begründung eines Antrags auf Verbot der NPD beigesteuert?

2. Wie verteilt sich die Herkunft der gesammelten Materialien prozentual zwi-
schen Bund und Ländern?

Drucksache 17/11928 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
3. Inwieweit trifft es zu, dass es vonseiten des Bundesministeriums des Innern
(BMI) die Bitte um „Testierung“ seitens der jeweiligen Landesinnenminis-
ter gegeben hat, mit der diese versichern sollten, dass das von ihnen ge-
lieferte Material für ein neues NPD-Verbotsverfahren nicht über V-Leute
gewonnen wurde?

4. Inwieweit trifft es zu, dass die Innenminister der Länder sich geweigert
haben, eine solche Bestätigung durch ihre Unterschrift zu beglaubigen, und
wenn ja, welche Begründung wurde vonseiten der Innenminister dafür
gegeben?

5. Von welchen Innenministern liegt eine Erklärung zum Thema V-Leute
bezogen auf das aus ihren Ländern übergebene Material vor, von welchen
Innenministern fehlt eine solche Erklärung (bitte nach Bundesländern auf-
schlüsseln)?

6. Aus welchen Bundesländern liegen Versicherungen dazu vor, dass das von
ihnen gelieferte Material nicht durch V-Leute gewonnen oder beeinflusst
wurde, und von wem wurden diese Versicherungen gegebenenfalls abgege-
ben (bitte nach Bundesländern aufschlüsseln)?

7. Hat der Bundesminister des Innern per Unterschrift versichert, dass das
vonseiten des Bundes beigesteuerte Material unbelastet von V-Leuten ist?

8. Hat es eine interne Offenlegung aller V-Leute von Bund und Ländern in der
NPD und ihrem Umfeld gegeben, um mit größtmöglicher Sicherheit die
V-Leute Problematik für ein neues NPD-Verbotsverfahren ausschließen zu
können?

9. Wenn ja, wann und wo, und mit welchem Stichtag bezogen auf die V-Leute
fand dieser Austausch zwischen Bund und Länder statt?

Wenn nein, wie ist sichergestellt worden, dass das gesammelte Material frei
von V-Leute-Informationen ist?

10. Seit wann sind die V-Leute des Bundes und der Länder, die sich auf der
Führungsebene der NPD befinden, abgeschaltet, und welche konkreten Vor-
gaben des Bundesverfassungsgerichts sieht die Bundesregierung damit als
erfüllt an?

11. Wie viele V-Leute des Verfassungsschutzes von Bund und Ländern wurden
seit 2002 in und im Umfeld der NPD eingesetzt?

12. Wie hoch schätzt die Bundesregierung den Anteil von V-Leuten beim Ver-
fassen von Bundes- und Landesprogrammen der NPD ein?

13. Haben Bund und Länder auch V-Leute der Polizei im Hinblick auf ein NPD-
Verbotsverfahren abgeschaltet?

Berlin, den 17. Dezember 2012

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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